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Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft Gerstenkrankheiten Diagnose- und Entscheidungshilfen zum Gerstenmodell Bayern LfL-Information

Diagnose- und Entscheidungshilfen zum Gerstenmodell Bayern · om Lehrstuhl für Phytopathologie in Wei-henstephan wurde analog zum Weizen-modell das Diagnose- und Entscheidungs-system

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Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Gerstenkrankheiten

Diagnose- undEntscheidungshilfen zum

Gerstenmodell Bayern

LfL-Information

Impressum:

Herausgeber: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)Vöttinger Straße 38, 85354 Freising-WeihenstephanInternet: http://www.LfL.bayern.de

Redaktion: Institut für PflanzenschutzLange Point 10, 85354 Freising-WeihenstephanE-Mail: [email protected].: 0 8161/71-56 51

4. geänderte Auflage November / 2005

Druck: Druckhaus Kastner, 85283 Wolnzach

© LfL

om Lehrstuhl für Phytopathologie in Wei-henstephan wurde analog zum Weizen-modell das Diagnose- und Entscheidungs-

system Gerstenmodell Bayern entwickelt. Eswill dem Landwirt beim exakten Bestimmen derSchadensursachen helfen und ihm Entschei-dungsgrundlagen für einen gezielten Fungizid-einsatz vermitteln.

BefallsermittlungDie Befallsuntersuchung erfolgt an 30 Pflanzen,die zufällig über das Feld verteilt zu ziehen sind.Sie wird ab Beginn des Schossens (BBCH 30) imAbstand von sieben bis zehn Tagen durchge-führt. Für die Ertragsbildung sind bei Gerste vorallem die mittleren und oberen Blätter (F-4 bisF-1) mit ihrer Assimilationsleistung von Bedeu-tung; diese sind vor Pilzbefall zu schützen. Hateine Pflanze zum Boniturzeitpunkt noch nichtalle Blätter entfaltet, so sollte man zur Bestim-mung des Entwicklungsstadiums den Haupttriebaufschneiden und auch die eingerollten Blätterberücksichtigen.Bei Mehltau und Rhynchosporium-Blattfleckenist eine sichere Bestimmung mit dem bloßenAuge möglich. Da die Pusteln beim Zwergrostsehr klein sind, wird Anfangsbefall leicht überse-hen. Eine besonders sorgfältige Befallskontrolle,eventuell mit Hilfe einer Handlupe, ist deshalbratsam. Größere Schwierigkeiten bereitet diesichere Ansprache der Netzfleckenkrankheit undder Braunfleckigkeit, da ihre Symptome leichtmit unspezifischen Blattflecken anderer nichtkrankheitsbedingter Ursachen zu verwechselnsind. Erst bei 20facher Vergrößerung sind die ein-zeln stehenden Sporenträger mit den typischenKonidien (= Vermehrungsorgane) zu erkennenund von denen anderer Pilze, die oft in Mischin-fektionen auftreten, zu unterscheiden. Die Halm-bruch-Befallsuntersuchung erfolgt durch Anfär-ben der Pilzstrukturen auf den Blattscheiden derHaupttriebe im Essigsäure-Tinten-Bad.

BekämpfungsentscheidungDen sichtbaren Befall kann keine Fungizidbe-handlung mehr löschen (Ausnahme eradikativ

wirksame Wirkstoffe gegen Mehltau). Der vor-handene Befall mit einem Schadpilz ist vielmehrals Ausgangspunkt weiterer Infektionen zubewerten. Bei Erregern mit schneller Generatio-nenfolge wie Rost oder Drechslera kommt es imWesentlichen auf die protektive (= schützende)Wirkung der Präparate an. Gegen Pathogenemit einem Entwicklungszyklus von mehrerenWochen wie Rhynchosporium secalis ist aucheine kurative (= heilende) Wirkung der Fungizi-de vorteilhaft.

Die Bekämpfungsschwellen sind festgelegt alsBefallshäufigkeiten auf erreger- und stadienspe-zifisch definierten Blattetagen. Als befallen giltein Blatt, wenn darauf auch nur eine einzigePustel von Mehltau oder Rost beziehungsweiseein Fleck von Rhynchosporium oder dem Netz-fleckenerreger entdeckt wird.

Gegen den Halmbrucherreger allein ist bei Win-tergerste keine Fungizidmaßnahme erforderlich.Ist jedoch vom 1-Knoten-Stadium bis Spitzendes Fahnenblatts gleichzeitig eine Behandlunggegen einen Blattkrankheitserreger angezeigt,so sollte dies bei Erreichen der Halmbruch-Befallsschwelle durch entsprechende Fungizid-wahl berücksichtigt werden.

Sobald ein Krankheitserreger die festgelegteBekämpfungsschwelle erreicht hat, kann er sichepidemisch ausbreiten. Ob dies tatsächlicherfolgt, hängt von pflanzenbaulichen Vorausset-zungen und den Witterungsbedingungen ab.Eine Fungizidbehandlung ist nur erforderlich,wenn neue Infektionen in den letzten Tagenwahrscheinlich waren oder unmittelbar bevor-stehen. Bei Rhynchosporium kann durch dasNiederschlagsgeschehen jeder Infektionsschuberkannt werden.

Bei der Fungizidwahl werden neben dem Zielor-ganismus stets auch alle weiteren Schaderregerunterhalb der Bekämpfungsschwellen berück-sichtigt. Informationen über die regionaleBefallssituation und zur Fungizidwahl könneninteressierte Landwirte auch im Internet(www.LfL.bayern.de) abfragen.

GerstenkrankheitenDiagnose- und Entscheidungshilfenzum Gerstenmodell Bayern

V

Trotz niedriger Getreidepreise und eines steigenden Umweltbewusstseinskann der Landwirt auf Fungizide nicht vollkommen verzichten. Ihr Einsatz soll jedoch auf das notwendige Maß begrenzt werden. Das Gerstenmodell Bayern will dafür Entscheidungshilfen geben.

Bekämpfungsschwellen im Gerstenmodell Bayern

Entwicklung der Blattetagen* in den Wachstumsstadien

Gerstenentwicklung Halmbruch Rhyncho- Mehltau Netzflecken Zwergrostsporium Braunflecken

BBCH

31

32/33

37

39

43

49

51

59

61

69

Stadien

1-Knoten-Stadium

2/3-Knoten-Stadium

Fahnenblatt spitzt

Fahnenblatt vollentwickelt

Fahnenblattscheideschwillt an

Fahnenblattscheideöffnet sich

BeginnÄhrenschieben

Ende Ährenschieben

Beginn Blüte

Ende Blüte

Bekämpfungsschwelle: Pflanzen/Blätter mit Befall35%1 50%2 50% 20% 30%4

I II I II I II3 I II

F-4oderF-3

F-4oderF-3

Haupttriebe

F-4underst.Bef.F-3

F-3underst.Bef.F-2

F-2

F-2und15%F-1

F-3oderF-2

F-1

F-3oderF-2

F-2oderF-1

F-1

Haupt-triebe

F-1

BBCH 30 BBCH 31 BBCH 32 BBCH 33 BBCH 37 BBCH 39 BBCH 43

* Beispiel: F = Fahnenblatt; F-4 = 4. Blatt unter Fahnenblatt

1 nur bei Behandlung gleichzeitig gegen Blattkrankheitserreger;2 und ein Niederschlag innerhalb der zurückliegenden 120 Gradtage (aufsummierte Tagesmitteltemperaturen);3 sowie in der zurückliegenden Woche mindestens einmal Niederschlag und an mindestens drei Tagen Tageshöchsttemperaturen über 20 °C;4 sowie in der zurückliegenden Woche an mindestens drei Tagen Tageshöchsttemperaturen über 20 °C;

I, II Schwellenwerte für Erst- bzw. Zweitbehandlung

F-4 F-3

F-6

F-9 F-8

F-7

F-5

F-3

F-5

F-7

F-8F-9

F-6

F-4

F-2F-2

F-1

F-3

F-5

F-7

F-8F-9

F-6

F-4

F-2

F-1

F-3

F-5F-4

F-6

F-9

F-7

F-8

F-4

F-5

F-3

F-1 F-2FF-1

F

F-3

F-5

F-2

F-4

F

F-2

F-4

F-1

F-3

Halmbruchsymptom: Halme an der Basis umgebrochen, unter der Blattscheide verbräunt

HalmbruchkrankheitAllein gegen den Halmbrucherreger wird in Wintergerste kein Fungizid eingesetzt.

Schadbild: Befall der Wintergerstedurch Pseudocercosporella herpo-trichoides kann schon im Herbst aufäußeren Blattscheiden in Bodennähezu länglich-ovalen Verbräunungenführen. Im Frühjahr sind unter Umstän-den ganze Blattscheiden junger Pflan-zen verbräunt. Leichter zu bestimmenist das typische Augenflecksymptom,im Zentrum hellgrau gefärbt und voneinem unscharfen, hellbraunen Randumgeben. Oft reißt die äußere Blatt-scheide in der Mitte des Flecks auf. DieVerbräunung setzt sich durch alle Blatt-scheiden fort. Die typischen Infektions-kissen des Halmbrucherregers zeigensich auf äußeren Blattscheiden nachdem Anfärben im Essigsäure-Tinten-Bad. Im mikroskopischen Bild erkenntman bläschenartige Infektionsstruktu-ren. Schließlich entwickelt sich dasAugenflecksymptom auf der Halmba-sis. Bei starkem Befall fließen dieaugenförmigen Verbräunungen ineinan-der. Im Halminnern hat der Erregergegen Ende der Vegetationszeit unterder Befallsstelle ein dichtes weißgrauesPilzgeflecht gebildet.Wegen der schnel-leren Abreife der Wintergerste kommtes nur selten zum Endstadium derErkrankung, nämlich Halmvermor-schung und Halmbruch.

Verwechsungsmöglichkeit: Häufig wirdein junger Rhynchosporium-Befall derBlattscheide mit den Halmbruchsymp-tomen verwechselt. Während letztere in der Regel an der Bodenoberflächevorkommen, findet man Rhynchospori-um-Befall auf höheren Teilen der Blatt-scheide. Unspezifische Blattscheiden-verbräunungen verursachen auch Fusa-rium und Rhizoctonia (Abbildungensiehe „Weizenkrankheiten“)

Vermehrungsvoraussetzungen: Länge-re Feuchteperioden im Herbst undFrühjahr fördern eine epidemische Ver-mehrung des Halmbrucherregers; tro-ckenwarme Witterung im Vorsommerstoppt die Ausbreitung. Befallsbegüns-tigend wirken auch eine frühe Saat derWintergerste und dichte Bestände aufmittelschweren bis schweren Böden.Eine Fungizidanwendung ist nur dann wirtschaftlich gerechtfertigt, wenngleichzeitig ein Blattkrankheitserregerzu bekämpfen ist.

Typische Blattscheidensymptomeim Frühjahr: Länglich-ovaleAugenflecke nahe der Boden-oberfläche; die äußere Blatt-scheide reißt in der Mitte desFlecks auf

Halmbasisbefall im Milchreife-stadium: Schwarze Pilzgeflecht-verdichtungen, von der Oberhautbedeckt (Halm links); starke Verbräunung (Halme Mitte undrechts)

Nach dem Anfärben im Essig-säure-Tinten-Bad erkennt manauf der äußeren Blattscheide dieInfektionskissen (Myzelverdich-tungen) des Erregers

Rhynchosporium-BlattfleckenkrankheitAnfangsbefall und Niederschläge, die eine weitere Ausbreitung begünstigen, entscheiden über Notwendigkeit und Termin einer Bekämpfung.

Blattscheideninfektionen werdenoft mit Halmbruchbefall ver-wechselt; Rhynchosporiuminfiziert jedoch auch den oberenTeil der äußeren Blattscheiden

Selten ist ein Ährenbefall derarttypisch ausgeprägt: Flecke mit hel-lem Zentrum und dunklem Rand

Häufig wird auch die Blatt-achsel infiziert, weil hier Wassertropfen für die Sporen-keimung lange erhalten bleiben

Ein weniger typisches Erschei-nungsbild der Rhynchosporium-Blattfleckenkrankheit

Junge (r.) und ältere (l.) Befalls-bilder: Rhynchosporium-Fleckeanfangs diffus wässrig-graugrün,später hellgrau mit braunemRand

Befallsstellen mit gelbem Hof, von Toxinen des Pilzes induziert

Schadbild: Auf Blattspreiten, häufigauch in der Blattachsel und sogar aufBlattscheiden, entstehen 1–2 cm lange,wässrig-graugrüne Flecke. Die Symp-tome sind im Frühstadium nur aufeiner Blattseite zu erkennen, späterzeigen sich die Flecke auf beiden Blatt-

seiten. Sie vertrocknen von der Mitteher und verfärben sich innerhalb weni-ger Tage fahlgrau. Die ovalen oderunregelmäßigen Flecke werden beiGerste durch einen dunkelbraunen bispurpurroten Rand scharf vom gesun-den Gewebe abgegrenzt. Oft umgibtdie Befallsstellen ein gelber Hof. Meh-rere Flecke können miteinander ver-schmelzen. Schließlich vergilbt dasgesamte Blatt und stirbt vorzeitig ab.Nach Blattachselinfektionen knickenauch noch weitgehend grüne Blatt-spreiten ab. In den Frühstadien einerEpidemie treten diese Symptomenesterweise auf. Schließlich ist derErreger im Pflanzenbestand gleich-mäßig verteilt, er breitet sich auf obereBlattetagen und Ähre aus. Ährenbefallzeigt sich in Form begrenzter Verbräu-nungen auf Spelzen und Grannen; beieinzelnen Sorten haben diese Nekro-sen ein helles Zentrum.

Verwechslungsmöglichkeit: Nach un-sachgemäßer AHL- oder Harnstoff-spritzung entstehen auf Blattspreitenweiße, meist kreisrunde Flecke mitbraunem Rand. Sekundär siedeln sichdarauf Ascochyta und Schwärzepilzean. Junge Infektionen auf unteren Blatt-scheiden sind mit den Symptomen derHalmbruchkrankheit zu verwechseln.Jene sind vor allem in unmittelbarerNähe der Bodenoberfläche zu finden.Eine Braunfärbung einzelner Ährchen

kann der Grauschimmelpilz Botrytiscinerea verursachen.

Vermehrungsvoraussetzungen: Erstin-fektionen gehen von verseuchtem Saat-gut und/oder befallenen Gersten- undRoggenernterückständen auf der Boden-oberfläche aus. Die Vermehrung vonRhynchosporium beginnt bei 4 °C; dasOptimum liegt bei 15–20 °C. Für die Bil-dung und Keimung der Konidien ge-nügt Blattnässe; ihre Verbreitung setztgroßtropfige Niederschläge voraus.Feuchte Witterungsabschnitte im zeiti-gen Frühjahr und Sommer begünstigenalso eine epidemische Ausbreitung desErregers. Die Gerstensorten zeigensehr unterschiedliche Resistenz.Eine Fungizidbehandlung sollte bei die-sem Erreger mit Regenspritzerverbrei-tung nicht nur nach kritischen Befalls-schwellen ausgerichtet, sondern auchinfektionsbezogen durchgeführt wer-den. Während des Schossens der Gerstewerden hochwirksame Azolfungizidenur kurativ, also nach den infektions-auslösenden Niederschlägen, einge-setzt. Ist die Bekämpfungsschwelleüberschritten, hat man bei 10 °C je nachSortenresistenz einen Handlungsspiel-raum von 8–12 Tagen; bei niedrigerenTemperaturen verlängert, bei höherenverkürzt sich diese Zeitspanne. Ab demFahnenblatt-Stadium kommt auch dievorbeugend-schützende Wirkung einerFungizidmaßnahme voll zum Tragen.

AHL-Schäden: Die Ätzschädensind meist kreisrund. Auf dem toten Gewebe hat sich Ascochyta(kugelförmige Fruchtkörper) angesiedelt

Botrytis-Befall:Durch den Grauschimmel-pilz werden stets nur einzelne Ährchen befallen

Bei großtropfigen Nieder-schlägen kann sich der Erreger im Bestand schnell von unten nach oben ausbreiten

Starker Befall, die mittleren undoberen Blattetagen sind weitge-hend zerstört und funktionslos

Ähnliche Schadbilder – andere Ursachen:

MehltauDie durch Mehltau auf einigen resistenten Sorten hervorgerufenen Blattflecke sind häufigschwer zu diagnostizieren.

Schadbild: Bei Befall mit Erysiphe gra-minis entstehen auf der Pflanzenober-fläche weiße, watteartige Pusteln, diesich zu einem mehligen, abwischbarenBelag ausdehnen. Sie erscheinen zuerst

auf der Oberseite der Blätter. Alleoberirdischen Pflanzenteile einschließ-lich der Grannen können befallen wer-den. Ältere Pusteln verfärben sich zupelzigen, graubraunen Belägen.

Erste Befallsherde zeigen sich vorzugs-weise an dichten Stellen im jungen Ge-treidebestand. Stark erkrankte Blättervergilben und sterben vorzeitig ab. Invergilbenden Blättern findet man auch

Das weiße Pilzgeflecht ist mitdem bloßen Auge zu erkennen.Befallenes Gewebe vergilbt vor-zeitig durch Nährstoffentzug

Das Pilzgeflecht mit denKonidienketten auf der Pflanzenoberfläche im Lupenbild

Starker Befall zu Beginn desSchossens vermindert die Zahlder Bestockungstriebe und dieKornzahl pro Ähre

Mit einer Überempfindlichkeits-reaktion wehrt sich die Gerstegegen eine Infektion; hier Befalleiner teilresistenten Sorte

Nekrotische Blattflecke als Zeichen einer Mehltauresistenz.Es entwickelt sich nur wenig Pilzgeflecht mit Konidien

„Grüne Inseln“:aus Blattteilen ohne Befall zieht der Mehltau die Nährstoffein die Befallszone

„grüne Inseln“ mit den Mehltaupusteln,die die Nährstoffe aus dem befallsfreienGewebe anziehen. Frühzeitiger Befallwirkt sich nachteilig aus auf dieBestockung und die Kornzahl pro Ähre.Befall in späteren Entwicklungsstadienvermindert dagegen vor allem das Tau-sendkorngewicht der Gerste.Große Schwierigkeiten bereitet dieDiagnose von sogenannten Resistenz-flecken, die durch Mehltau auf zahlrei-chen Sorten hervorgerufen werden.Der Mehltaupilz ist nur auf grünen

Pflanzenteilen lebensfähig. EinzelneGerstensorten reagieren auf Mehltau-befall überempfindlich, und zwar mitdem lokalen Absterben der Befallsstel-le. Durch diese Überempfindlichkeits-reaktion entzieht die Pflanze demSchadpilz die Lebensgrundlage. Jenach den in einer Gerstensorte vorhan-denen Resistenzgenen, dem Entwick-lungsstadium der Wirtspflanze, den inder Region auftretenden Mehltauras-sen und den vorherrschenden Umwelt-verhältnissen sind diese Erscheinungs-

bilder einer rassenspezifischen Mehl-tauresistenz der Gerste sehr unter-schiedlich ausgeprägt. Fehlt das Ober-flächen-Mehltaugeflecht vollkommen,ist eine eindeutige Zuordnung dieserVerbräunungen zu einer Schadensursa-che oft schwierig oder sogar unmöglich.

Verwechslungsmöglichkeit: Die Mehl-tau-Abwehrnekrosen können verwech-selt werden mit Symptomen der Netz-fleckenkrankheit (Flecken-Typ), derBraunfleckigkeit sowie mit Mangan-und Magnesiummangel. „Grüne Inseln“entstehen auch bei Befall mit Zwerg-rost; sie ähneln den perlschnurartigenChlorosen eines Magnesiummangels.Auch zahlreiche stressbedingte Ursa-chen rufen auf bestimmten Gerstensor-ten ähnliche Schadbilder hervor.

Vermehrungsvoraussetzungen: Miteinem epidemischen Mehltauauftretenist bei warmer, relativ trockener Früh-jahrs- oder Herbstwitterung zu rechnen.Hohe Luftfeuchtigkeit, nicht aber Re-gen, und Temperaturen zwischen 12 und22 °C wirken befallsfördernd. Gerstekann vom Auflaufen bis Ende desSchossens befallen werden, danach tritteine gewisse Altersresistenz ein. Es gibtin der Anfälligkeit der Sorten großeUnterschiede. Hohe mineralische undorganische Stickstoffdüngung sowieeine hohe Stickstoffmineralisierung imBoden begünstigen die Mehltauent-wicklung. – Durch die Mehltau-beding-ten Nekrosen wird die Vermehrung desErregers stark gehemmt; die Wirtspflan-ze muss für diese Abwehrreaktion auchEnergie aufbringen, die bei der Einkör-nung dann fehlt.

Das Erscheinungsbild einer Mehltauabwehr bei der Sorte Arena.Allein anhand der Verbräunungen auf der Blattoberseite (l.) ist eine sichere Diagnose nicht möglich; blattunterseits (r.) findet man das Mehltaugeflecht

Erst nach einer Untersuchung aller Blattetagen ergab sich, dass die Flecke auf dem ersten (l.) beziehungsweise dem zweiten Blatt (r.) unter dem Fahnenblatt bei der Sorte Dorett allein auf Mehltaubefall zurückzuführenwaren

Mehltauabwehrnekrose auf der Ähre. Diese Diagnose ergibt sich nach Untersuchen der Blattsymptome

NetzfleckenkrankheitBei epidemischer Vermehrung des Erregers kommt es zu großen Ertragsverlusten.

Schadbild: Von Drechslera (= Helmin-thosporium) teres gibt es zwei Formen.Beim verbreiteten Netzflecken-Typentwickelt sich auf den Blättern inlänglichen, gelben Aufhellungen einbraunes Netzmuster, von den Blatta-dern begrenzt. Die Flecke färben sichspäter braun und dehnen sich aus; dietypische Netzzeichnung geht verloren.Stets bleiben sie von einem chloroti-schen Hof umgeben. Von der Blattspit-ze setzt zusätzlich eine Vergilbung ein,

sodass schließlich die ganze Blattsprei-te vorzeitig abstirbt. Auch Blattschei-den, seltener Spelzen und Grannen,werden befallen. – Der weniger häufigeFlecken-Typ führt zu kleinen dunkel-braunen Blattflecken. Selten habendiese Flecke sogar ein helleres Zent-rum. – Beide Fleckentypen sind aufBlattober- und -unterseite ausgeprägt.Eindeutig zuzuordnen sind die Blatt-verbräunungen erst, wenn sich einzelnstehende bräunliche Konidienträger

gebildet haben (Lupenbetrachtung!),von denen sich die durchscheinendenKonidien leicht ablösen.

Verwechslungsmöglichkeit: Flecken-symptome auf Blatt und Ähre bildensich auch bei Mehltauabwehrreaktioneinzelner Gerstensorten, durch Befallmit Braunfleckigkeit, nach Rhyncho-sporium- und Ramularia-Infektionensowie bei einigen nichtparasitärenSchadensursachen. Die Konidienträger

Symptome des Netzflecken-Typs:Braune Netzmuster, von den Blattadern begrenzt, umgebenvon einem gelben Hof

Die Befallszonen verfärben sichin braune Streifen. Von Anfang ansind die Symptome auf beidenBlattseiten ausgebildet

Typische Streifensymptome im Feldbestand

Die Symptome des Flecken-Typs werden insbesondere in der zweiten Jahreshälfte gefunden

Oft ist eine sichere Diagnose nuranhand der einzeln stehenden,bräunlichen Konidienträger desSchadpilzes möglich

Befallssymptome auf der Ähre; es ist mit einer starkenSaatgutverseuchung zu rechnen

BraunfleckigkeitDer Krankheitserreger entwickelt sich nur bei warmen Bedingungen.

des Erregers der Braunfleckigkeit sindkürzer und tragen dunklere Konidienals jene von Drechslera teres. Typischfür Ramularia sind kleine, reihig ange-ordnete Konidienträgerbüschel insbe-sondere auf der Blattunterseite; beimSchwärzepilz Cladosporium stehen dieKonidienträger ebenfalls in Büscheln. –Streifensymptome, die schließlich auf-reißen, entstehen in der späten Schoss-phase der Gerste durch die Streifen-krankheit. Die befallenen Pflanzensterben vorzeitig ab.

Vermehrungsvoraussetzungen: EinWechsel von ein- bis mehrtägig regneri-scher Witterung und 2–4 Tagen mithoher Sonneneinstrahlung begünstigteine epidemische Vermehrung des Netz-fleckenerregers. Unter sommerlichfeucht-warmen Bedingungen ist dahermit einer schnellen Ausbreitung zu rech-nen. Die Symptome des Flecken-Typsfindet man insbesondere in der zweitenJahreshälfte. – In der Anfälligkeitgegenüber dem Netzflecken-Typ gibt esgroße Sortenunterschiede.

Schadbild: Nach Befall durch Drechs-lera sorokiniana (= Helminthosporiumsativum) entstehen auf den Blattsprei-ten rundliche bis ovale, dunkelbrauneFlecke. Meist sind sie von einem gelbenHof umgeben. Größere Nekrosen kön-nen eine Zonierung aufweisen. DieFlecke fließen schließlich zusammen. –Alle Pflanzenteile können befallenwerden.

Verwechslungsmöglichkeit: Von denFleckensymptomen des Netzfleckener-regers sind jene der Braunfleckigkeitdurch ihre ebenfalls einzeln stehenden,jedoch kürzeren Konidienträger zuunterscheiden. Sie tragen schwarzeKonidien. Ähnliche Flecke entstehendurch Ramularia, blattunterseits mitreihig angeordneten Konidienträger-büscheln. Auch der Schwächeparasit

Alternaria bildet schwärzliche Konidien,jeweils mehrere aneinandergereiht, aufeinzeln stehenden Sporenträgern.

Vermehrungsvoraussetzungen: Eineepidemische Vermehrung setzt hoheTemperaturen und ausreichendeFeuchtigkeit voraus. Es wird regionalein Befall einzelner Sommergersten-sorten festgestellt.

Länglich-ovale, dunkelbrauneFlecke, von einem gelben Hofumgeben, sind typische Zeichender Braunfleckigkeit

Konidienträger mit Konidien von Drechslera sorokiniana (l.),D. teres (m.) und Ascochyta-Pyknidien (r.)

In Ketten angeordnete Konidienvon Alternaria, zu verwechseln mitden Sporen von D. sorokiniana:Jene sind jedoch viel größer

Streifenkrankheit: Wenige Streifennekrosen durchziehen dieganze Blattspreite; später zer-schlitzen die Blätter dieserBefallszonen

Der Schwärzepilz Cladosporium:Die langen, grauen Koni-dienträger kommen in Büschelform aus dem Blatt-gewebe

Ähnliche Schadbilder – andere Ursachen:

ZwergrostAls „späte“ Rostart wird der Zwergrost vor allem für die Sommergerste gefährlich.

Schadbild: Puccinia hordei bildet aufBlattspreiten punktförmige, gelbbrau-ne Rostpusteln. Auch Blattscheiden,Halme, Spelzen und Grannen werdenbefallen. Die Sommersporenlagerhaben meist einen gelblichen Hof. Beistarkem Befall sterben die Blätter vor-zeitig ab. Typisch sind auf vergilbendenBlättern auch „grüne Inseln“ mit Rost-pusteln im Zentrum. Der Pilz induziertnämlich einen Nährstoffzufluss ausdem befallsfreien Gewebe. – Bei wenig

anfälligen Sorten oder ungünstigenInfektionsbedingungen entstehen nurnadelstichartige, gelbe Flecke. – BeimAbreifen der Gerste erscheinen kleineschwarze Wintersporenlager, von derBlattoberhaut bedeckt.

Verwechslungsmöglichkeit: Zwergrostkann nur an junger Gerste mit Gelbrostverwechselt werden, da letzterer späterdie Pusteln in Streifen anlegt. „Grüne In-seln“ werden auch von Mehltau gebildet.

Vermehrungsvoraussetzungen: Zwerg-rost überdauert auf Ausfallgerste biszum Auflaufen der Winterung. HöhereTemperaturen und Taubenetzung för-dern seine Entwicklung. Bei Tages-höchsttemperaturen ab 20 °C ist miteiner epidemischen Vermehrung zurechnen. In der Anfälligkeit gibt esgroße Sortenunterschiede. Hohe Stick-stoffdüngung, Wachstumsregler und ge-ringe Bestandesdichten sind weiterebefallsbegünstigende Voraussetzungen.

Winzige, hellbraune Sporenlagerdes Zwergrostes, von einem gelben Hof umgeben. Sie werdenim Bestand leicht übersehen

Nur anhand seiner Sommer-sporenlager auf dem Blatt ist der Zwergrost sicher anzu-sprechen

Starker Befall auf einer Blattspreite

Nadelstichartige Flecke auf einer teilresistenten Sorte;aus wenigen entwickeln sich Sporenlager

Sommer- und Wintersporenlagerdes Zwergrostes auf Gersten-grannen

Gegen Vegetationsende bildet der Rostpilz schwarze Winter-sporenlager, von der Blattober-haut bedeckt

Die Symptomausprägung beginntmit punktförmigen Vergilbungenauf den der Sonne ausgesetztenBlattteilen

Auf Standorten mit extrem starkem Auftreten sterben dieoberen Blattspreiten um bis zudrei Wochen verfrüht ab

Die Vergilbungen gehen inner-halb weniger Tage in rotbrauneSprenkelnekrosen über

Auch die sogenannten mlo-Blatt-flecke an einigen Sommergersten-sorten sind physiologisch bedingt

Zunächst verbräunen nur diewaagerechten, der Sonnenein-strahlung am stärksten ausgesetz-ten Blattteile

Nicht parasitär bedingte Blatt-flecke treten bei Gerste in vielenAusprägungsstufen auf, hier ander Sorte Nebelia

Als physiologische Blattflecke werdenjene Blattsymptome zusammengefasst,die primär nicht auf pilzliche oderandere biotische Schaderreger zu-rückzuführen sind. Man findet dafürauch die Bezeichnungen nicht para-sitär bedingte Blattverbräunungen, un-spezifische Blattflecke, genetisch oderatmosphärisch bedingte Blattfleckeoder -verbräunungen sowie Teerflecke.

Derartige Flecke treten in Süddeutsch-land gehäuft bei Winter- und Sommer-gerste ab dem Fahnenblatt-Stadiumauf den oberen Blattetagen auf.

Schadbild: Es beginnt auf den waage-rechten Teilen der Blattspreiten mitpunktförmigen Vergilbungen, die inner-halb weniger Tage in rotbraune Spren-kelnekrosen übergehen. Auf Standorten

mit extrem starkem Auftreten übersäendie Verbräunungen das ganze Blatt, dasdann circa drei Wochen zu früh abreift.Die Symptome beginnen meist auf F-2,entstehen später auch auf F-1 und demFahnenblatt. Bei Überlappen oder Ver-drehen von Blättern bleibt der beschat-tete Blattteil zunächst noch grün. Imfrühen Milchreifestadium können dieSpreiten aller Blattetagen vollkommen

Physiologische BlattfleckeEinige Fungizide, zu Beginn einer Stresssituation eingesetzt, mindern auch die nicht parasitärbedingten Blattflecke.

Schadbild: Nach dem Ährenschiebender Gerste erscheinen auf Blattsprei-ten und Blattscheiden erste schokola-denbraune Flecke des Erregers Ramu-laria collo-cygni. Die 1–2 mm2 großenFlecke sind seitlich von den Blattadernbegrenzt und meistens von einem gel-ben Hof umgeben. Bei stärkerem Auf-treten erhalten Blätter, später auchSpelzen und Grannen, ein gesprenkel-tes Aussehen. Die dunkelbrauneSprenkelung bleibt auch in vergilben-

dem Pflanzengewebe erhalten. ImLupenbild (mindestens 30fache Ver-größerung!) erkennt man zuerst blatt-unterseits die reihig angeordnetenweißen Sporenträgerbüschel des Pilzes.

Verwechslungsmöglichkeit: Die rot-braunen Sprenkelnekrosen der physio-logischen Blattflecke werden häufig alsprimäre Befallssymptome von Ramula-ria angesehen, doch der Pilz besiedelt alsSchwächeparasit das stressgeschädigte

Pflanzengewebe besonders schnell. DieRamularia-Flecke werden auch leichtverwechselt mit den Fleckensymptomendes Netzfleckenerregers; letztere wer-den allerdings größer.

Vermehrungsvoraussetzungen: Ramu-laria vermehrt sich nur in feuchten Wit-terungsabschnitten. Jegliche (auchnoch unsichtbare) Schwächung desPflanzengewebes begünstigt die Aus-breitung des Erregers.

Typisch für Ramularia sind kleine braune Flecke, seitlich von Blattadern begrenzt

Erste Ramularia-Symptome(Bildmitte) haben sich in einemstressgeschädigten Blatt ent-wickelt

Starker Ramularia-Befall mitblattunterseits reihig angeordne-ten weißen Sporenträgerbüschelndes Pilzes

Ramularia-SprenkelkrankheitRamularia entwickelt sich meist als Folge der physiologischen Blattflecke, nicht als ihre Ursache.

abgestorben sein. Schließlich verbräu-nen selbst die Blattscheiden, und dieGrannen verfärben sich grauweiß. Jenach Standort, Sorte, Witterungsverlaufund Ernährungszustand der Gerste gibtes in Geschwindigkeit und Umfang derBlattverbräunung große Unterschiede.

Verwechslungsmöglichkeit: Die An-fangssymptome können mit demFlecken-Typ der Netzfleckenkrankheitverwechselt werden. Die physiologi-schen Blattflecke werden auch mitMehltauabwehrnekrosen oder mit Man-gan- bzw. Magnesiummangelsympto-men verwechselt. In feuchten Jahren

kommen gegen Vegetationsende dieschokoladenbraunen Erstbefallssymp-tome des Schwächeparasiten Ramulariacollo-cygni hinzu; dieser Pilz ist jedochnicht als die primäre Ursache des Schad-geschehens anzusehen.

Ursachen: Das Schadgeschehen ist aufeinen Komplex von Stressfaktoren zu-rückzuführen. Der wichtigste ist hoheSonneneinstrahlung in den empfindli-chen Stadien Ende des Schossens bisBeginn der Kornbildung. Mit einer hohen Strahlungsintensität gekoppelttreten für die Pflanze weitere Belastun-gen auf, wie Hitze, Trockenheit, unter

Umständen verminderte Verfügbarkeitvon Haupt- und Spurennährstoffen sowie Luftschadstoffe. Diese Faktorenführen in den Fotosynthesezentren derPflanze zu einem oxidativen Stress: Gif-tige Sauerstoffverbindungen zerstörendie betroffenen Zellen. – Einige Fungizi-de können in der Pflanze das antioxida-tive Schutzsystem anregen und damitdas Schadgeschehen mindern, wenn voroder zu Beginn der Hochstrahlungspha-se ausgebracht.Wichtigste Vorbeugemaßnahme fürden Landwirt ist in Risikolagen derAnbau weniger empfindlicher Winter-und Sommergerstensorten.