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93 Diagnose und Therapie der atraumatischen Subarachnoidalblutung H. THEILEN, M. LEIMERT Einleitung Eine atraumatische Subarachnoidalblutung (SAB) beschreibt eine Form der intrakraniel- len Blutung aus einem Aneurysma der proximalen Hirnarterien, die spontan auftritt und mit erheblichen unmittelbaren, aber auch im weiteren Verlauf der Erkrankung jederzeit drohenden Komplikationen aufwartet. Epidemiologische Aspekte Ca. 5-10% aller so bezeichneten Schlaganfälle sind Folge einer Subarachnoidalblutung, die von einer erheblichen Letalität und Morbidität begleitet ist. Bei einer Gesamtletalitäts- rate von nahezu 50% versterben immerhin 10-15% der Patienten vor Erreichen der Kli- nik. Von den überlebenden Patienten büßen mehr als die Hälfte einen deutlichen Anteil ihrer vor Erkrankungsbeginn bestehenden Lebensqualität ein (1). Die jährliche Inzidenz der Erkrankung liegt laut statistischem Bundesamt, auch unter Berücksichtigung der mög- licherweise nicht erkannten SAB, in Deutschland bei ca. 10-13/100.000 Einwohner, was einer Neuerkrankungszahl von ca. 6.000-9.000 Patienten pro Jahr in Deutschland ent- spricht. Diese Zahl ist über die letzten 30 Jahre weitgehend stabil geblieben. Während das Auftreten einer SAB bisher mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr verbunden wurde, weisen neuere Daten darauf hin, dass die Inzi- denz im Alter < 25 Jahre bei 2/100.000 Einwohner liegt und mit zunehmendem Alter bis auf einen Wert von > 30/100.000 Einwohner bei Patienten mit mehr als 85 Lebens- jahren ansteigt (2). Frauen sind ca. 1,2-fach häufiger betroffen als Männer, wobei sich der Geschlechtsunterschied ausgenommen bei Patienten < 25 Jahre erst im Alter > 55 Jahre manifestiert. Zwischen dem 25. und dem 45. Lebensjahr sind Männer häufiger betroffen. Ätiologie Letztlich ist die atraumatische SAB immer die Folge einer Angiopathie. In ca. 80% aller Fälle ist die Ruptur eines in den basalen Hirnarterien lokalisierten Aneurysmas Ursache der Blutung. In 40% der Fälle sind die Aneurysmata in der Arteria communicans anterior oder A. cerebri anterior (ACA) lokalisiert, 30% finden sind in der A. carotis interna (ACI), 20 % in der A. cerebri media (ACM) und 10% in der A. basilaris oder vertebralis. In ca. 6% der Fälle ist eine arterio-venöse Malformation verantwortlich (1). In 20% der Fälle findet sich trotz wiederholter Angiographien keine Blutungsquelle, wobei hier typischer- weise bei 65% der Patienten die Blutungslokalisation perimesencephal ist. Bei dieser speziellen Form der SAB, die meistens einen wesentlich blanderen klinischen Verlauf nimmt, wird eine rein venöse Blutung aus perimesencephalen Venen diskutiert. Die oft erhebliche Menge subarachnoidalen Blutes korreliert nicht mit dem guten klinischen Befinden der Patienten. Es existieren des Weiteren zahlreiche weitere mögliche Ursachen für die Entwicklung einer SAB, die letztlich auf eine entzündliche Genese, eine Tumorer- krankung oder eine Koagulopathie zurückzuführen sind (8). Die Ursache für die Aneurysmabildung ist eine reduzierte Festigkeit des Kollagennetz- werkes in der Tunica media größerer Arterien. So können Anteile der Tunica intima

Diagnose und Therapie der atraumatischen Subarachnoidalblutung · schluss einer SAB die diagnostische Maßnahme der ersten Wahl. Am Tag der Blutung gelingt mit dem CCT in mehr als

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Diagnose und Therapie der atraumatischen Subarachnoidalblutung

H. THeilen, M. leiMerT

Einleitung

Eine atraumatische Subarachnoidalblutung (SAB) beschreibt eine Form der intrakraniel-len Blutung aus einem Aneurysma der proximalen Hirnarterien, die spontan auftritt und mit erheblichen unmittelbaren, aber auch im weiteren Verlauf der Erkrankung jederzeit drohenden Komplikationen aufwartet.

Epidemiologische Aspekte

Ca. 5-10% aller so bezeichneten Schlaganfälle sind Folge einer Subarachnoidalblutung, die von einer erheblichen Letalität und Morbidität begleitet ist. Bei einer Gesamtletalitäts-rate von nahezu 50% versterben immerhin 10-15% der Patienten vor Erreichen der Kli-nik. Von den überlebenden Patienten büßen mehr als die Hälfte einen deutlichen Anteil ihrer vor Erkrankungsbeginn bestehenden Lebensqualität ein (1). Die jährliche Inzidenz der Erkrankung liegt laut statistischem Bundesamt, auch unter Berücksichtigung der mög-licherweise nicht erkannten SAB, in Deutschland bei ca. 10-13/100.000 Einwohner, was einer Neuerkrankungszahl von ca. 6.000-9.000 Patienten pro Jahr in Deutschland ent-spricht. Diese Zahl ist über die letzten 30 Jahre weitgehend stabil geblieben. Während das Auftreten einer SAB bisher mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr verbunden wurde, weisen neuere Daten darauf hin, dass die Inzi-denz im Alter < 25 Jahre bei 2/100.000 Einwohner liegt und mit zunehmendem Alter bis auf einen Wert von > 30/100.000 Einwohner bei Patienten mit mehr als 85 Lebens-jahren ansteigt (2). Frauen sind ca. 1,2-fach häufiger betroffen als Männer, wobei sich der Geschlechtsunterschied ausgenommen bei Patienten < 25 Jahre erst im Alter > 55 Jahre manifestiert. Zwischen dem 25. und dem 45. Lebensjahr sind Männer häufiger betroffen.

Ätiologie

Letztlich ist die atraumatische SAB immer die Folge einer Angiopathie. In ca. 80% aller Fälle ist die Ruptur eines in den basalen Hirnarterien lokalisierten Aneurysmas Ursache der Blutung. In 40% der Fälle sind die Aneurysmata in der Arteria communicans anterior oder A. cerebri anterior (ACA) lokalisiert, 30% finden sind in der A. carotis interna (ACI), 20 % in der A. cerebri media (ACM) und 10% in der A. basilaris oder vertebralis. In ca. 6% der Fälle ist eine arterio-venöse Malformation verantwortlich (1). In 20% der Fälle findet sich trotz wiederholter Angiographien keine Blutungsquelle, wobei hier typischer-weise bei 65% der Patienten die Blutungslokalisation perimesencephal ist. Bei dieser speziellen Form der SAB, die meistens einen wesentlich blanderen klinischen Verlauf nimmt, wird eine rein venöse Blutung aus perimesencephalen Venen diskutiert. Die oft erhebliche Menge subarachnoidalen Blutes korreliert nicht mit dem guten klinischen Befinden der Patienten. Es existieren des Weiteren zahlreiche weitere mögliche Ursachen für die Entwicklung einer SAB, die letztlich auf eine entzündliche Genese, eine Tumorer-krankung oder eine Koagulopathie zurückzuführen sind (8).Die Ursache für die Aneurysmabildung ist eine reduzierte Festigkeit des Kollagennetz-werkes in der Tunica media größerer Arterien. So können Anteile der Tunica intima

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sackförmig durch diese entstehende Lücke prolabieren und es entsteht ein sakkuläres Lumen. Insbesondere beim Ehlers-Danlos-Syndrom oder dem Marfan-Syndrom sind solche im gesamten Gefäßsystem auftretenden pathomorphologischen Vorgänge bekannt, so dass diese Erkrankungen erwartungsgemäß auch mit einer deutlich erhöhten Inzidenz an Hirnarterienaneurysmata einhergehen. In der Mehrheit der Fälle scheint es sich jedoch um Veränderungen zu handeln, die nicht mit gehäuften Gefäßmalformationen im sonsti-gen arteriellen System in Verbindung gebracht werden können. Unter Betrachtung der bevorzugten Lokalisation der Aneurysmata insbesondere an den Teilungsstellen der Hirn-gefäße des Circulosus arteriosus Willisii, sind Überlegungen folgerichtig, die zusätzlich auch Druck- und Blutstromphänomene in den Arterien für die Entwicklung dieser Patho-morphologie verantwortlich machen. Sakkuläre Aneurysmata zeigen dementsprechend eine Wachstumstendenz, die mit einer zunehmenden Rupturgefahr der Gefäßwand einher-geht. Dies erklärt die Zunahme der SAB-Inzidenz mit dem Lebensalter.Die hereditäre Theorie geht von einem genetisch bedingten Defekt der Tunica media aus. Gestützt wird diese Annahme durch den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Hirnarterienaneurysmata und verschiedenen hereditären Erkrankungen wie beim Ehlers-Danlos-Syndrom, der Neurofibromatose I, dem Marfan-Syndrom oder auch der poly-zystischen Nierenerkrankung. In einer großen Kohortenanalyse wurden bei Patienten aus Europa und Japan letztlich drei Genloci identifiziert, deren Mutation mit der vermehrten Ausbildung von Aneurysmata assoziiert wurde (4). Bei der Degenerationstheorie werden degenerative Gefäßwandveränderungen beispielsweise infolge hypertensiver Belastungen für die Entstehung eines Aneurysmas verantwortlich gemacht. Die Annahme, dass beide gleichzeitig bestehenden Phänomene eine entsprechende Rolle spielen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Risikofaktoren und Outcome

Laut einer Prävalenzstudie von Rinkel et al. (3), die besagt, dass bis zu 6% aller Einwoh-ner ein Hirnarterienaneurysma aufweisen, sind in Deutschland ca. 3-4 Mill. Menschen betroffen. Lediglich ca. 8% dieser Aneurysmata sind > 10mm im Durchmesser. Ungefähr 2% rupturieren im weiteren Verlauf pro Jahr, die Gefahr ist deutlich erhöht bei sympto-matischen Aneurysmata bzw. Aneurysmata > 10mm Durchmesser oder solchen, die im hinteren Stromkreislauf lokalisiert sind. Eine familiäre Prädisposition für die Entwicklung von Aneurysmata lässt sich durch das bereits angesprochene Phänomen der hereditären Theorie erklären. In Untersuchungen zeigte sich, dass insbesondere bei Geschwistern von betroffenen Patienten eine Häufung von bis zu 20% für den positiven Nachweis eines Aneurysmas vorliegt (5). Ein angiogra-phisches Screening bei besonders prädisponierten potenziellen Aneurysmaträgern ist jedoch unter Berücksichtigung der Risiken und Nebenwirkungen einer angiographischen Untersuchung zurzeit nicht zu empfehlen (6,7). Weitere Risikofaktoren führten zur Formulierung der oben angesprochenen Degenera-tionstherorie. Hier sind insbesondere eine länger bestehende arterielle Hypertonie, die Arteriosklerose, eine Hypercholesterinämie, der Nikotin- und Alkoholabusus zu nennen, wobei die Hypertonie jedoch eher die Rupturrate als das Auftreten des Aneurysmas begünstigt. Auch der Konsum sympathomimetischer Drogen wie Kokain scheint die Aneurysmaentstehung zu begünstigen. Sonstige Prädiktoren für die Ruptur eines beste-henden Aneurysmas sind die Größenprogredienz, die Lokalisation des Befundes in der ACA, der A. pericallosa, der ACI und der A. basilaris, sowie eine unregelmäßige und multilobuläre Aneurysmaarchitektur. Zuletzt sollte nicht vergessen werden, dass 1-2% Patienten mit stattgehabter SAB pro Jahr erneut ein Aneurysma ausbilden.Bei unveränderter Inzidenz der SAB innerhalb der letzten 30 Jahre zeigte sich hinsichtlich der auf das zunehmende Lebensalter der Patienten mit SAB adjustierten Letalität eine

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Reduktion um nahezu 50% bei zugleich auch sinkender Morbidität (8). Gemäß aktueller Daten liegt die derzeitige Letalität der SAB bei ca. 27% (8). Die Hauptgründe hierfür dürften zum einen in der verbesserten prähospitalen Versorgung als auch der besseren diagnostischen Möglichkeiten sowie der damit verbundenen frühzeitigeren Initialtherapie mit Verschluss des Aneurysmas zu finden sein.

Klinik

Das charakteristische Symptom für eine SAB ist der innerhalb von Sekunden bis Minuten einsetzende Kopfschmerz, der in einer solchen Heftigkeit noch nicht erlebt wurde und deshalb auch oft als „Vernichtungskopfschmerz“ beschrieben wird. Dieses Symptom wird bei einem Drittel aller Patienten initial als einziges klinisches Zeichen beschrieben. Allerdings gibt es eine Reihe von Differentialdiagnosen, die mit einem vergleichbaren intensiven Kopfschmerz einhergehen können und die sich auch innerhalb von Minuten entwickeln. Der sogenannte primäre Thunderclap-Kopfschmerz, dessen Ursache wenig bekannt ist, ischämische Hirnschädigungen, eine intrazerebrale Blutung sowie intrakra-nielle Infektionen oder eine hypertensive Krise sind nur einige Erkrankungen mit ver-gleichbarer Kopfschmerzintensität (9). Lediglich bis zu 37% aller Patienten mit der genannten Klinik weisen letztlich wirklich eine SAB auf (10). Die Ausdehnung der subarachnoidalen Blutung lässt sich nicht ohne Weiteres mit der Heftigkeit des Kopf-schmerzes in Verbindung bringen, wenn hier auch durchaus ein Zusammenhang besteht (Abb. 1). Der Kopfschmerz persistiert in der Regel 1-2 Wochen.Nicht selten werden vom Patienten im nachhinein bereits Tage bis Wochen vor dem Ereignis leichtere, aber länger anhaltende Kopfschmerzen beschrieben, die einer bereits vor dem Hauptereignis durchgemachten kleineren SAB zugeordnet werden können („sen-tinel bleed“ oder Warnblutung). Diese im Charakter wesentlich milderen Kopfschmerzen sind selten mit Übelkeit, Erbrechen oder Meningismus vergesellschaftet und werden oft vom Patienten als Migräneanfall fehlinterpretiert.

Abb. 1: CCT einer 45-jährigen Frau mit ausgeprägter SAB und nachweisbarem Ventrikelaufstau; klinisch zeigte sich lediglich eine Symptomatik gemäß Grad-2 der Hunt&Hess-Klassifikation.

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Als weiteres klinisches Zeichen ist regelmäßig eine ausgeprägte Nackensteifigkeit nach-weisbar, die aber natürlich auch die oben erwähnten Differentialdiagnosen begleiten kann. Im zeitlichen Verlauf braucht es meist 3-12 Stunden, um die volle Ausprägung dieses Symptoms zu entwickeln. Übelkeit und Erbrechen sind ebenso unspezifische Symptome, die auch bei den genannten Differentialdiagnosen auftreten können. Eher pathognomonisch sind begleitende und unmittelbar nach dem Blutungsereignis einsetzen-de Krampfanfälle, die bei Thunderclap-Kopfschmerz oder entzündlichen Hirnerkrankun-gen selten so unmittelbar beginnen (8). Der Schweregrad des Kopfschmerzes ist durch den erstversorgenden Arzt oft nur unzu-reichend ermittelbar, da immerhin ca. 60% aller SAB-Patienten, zumindest bei Aufnahme in das Krankenhaus, eine deutlich reduzierte Vigilanz aufweisen, wovon sich wiederum sogar die Hälfte in einem komatösen Bewusstseinszustand befindet (8). Ebenso kann eine akute psychotisch anmutende Symptomatik auftreten, die als psychiatrische Erkrankung missinterpretiert werden kann. Bei milderen Verläufen sind nicht selten Hirnnervenausfälle begleitendes Phänomen. Der N. oculomotorius ist dabei am häufigsten betroffen, insbesondere bei Ruptur eines Aneurysmas der ACI oder der Arteria communicans posterior. Weitere fokale neurologi-sche Defizite sind infolge der Kompression von Hirnnerven beschrieben, oft bereits durch die Kompression des betroffenen Nervens durch ein wachsendes Aneurysma, ohne dass es zu einer SAB gekommen sein muss. Die Verschlechterung der Sehfähigkeit hingegen ist eine Konsequenz einer in mehr als 10% aller Fälle auftretenden intraokulären Blutung. Diese Form der Blutung wird durch einen Anstieg des Druckes der zerebrospinalen Flüs-sigkeit erklärt, was eine Obstruktion der V. centralis retinae mit einer konsekutiven Stau-ungsblutung zur Folge hat. Je schwerer das Vigilanzdefizit nach SAB, um so häufiger ist dieses Phänomen zu beobachten. Deshalb wird bei Zustand nach SAB eine Fundoskopie als essentieller Bestandteil der Initialuntersuchung gefordert (8).Systemische Begleiterscheinungen nach SAB sind insbesondere in der Akutphase eine ausgeprägte arterielle Hypertension, EKG-Auffälligkeiten im Sinne von ST-Streckenver-änderungen, welche durchaus als Myokardinfarkt gedeutet werden können, und sogar Asystolien bei ca. 3% aller Patienten, die bei entsprechend rascher Reanimation auch eine gutes Outcome zeigen (11). Aufgrund der beschriebenen Bewusstseinsstörungen sind natürlich auch respiratorische Insuffizienzen keine Seltenheit.Als weitere Begleitproblematik entwickelt sich bei 20-30% aller Patienten nach SAB innerhalb von Stunden ein Hydrocephalus internus, dessen Pathogenese nach wie vor nicht sicher geklärt ist (12, Abb. 1). Zum einen wird eine Obstruktion der Liquorab-flusswege diskutiert, wobei zum anderen auch eine Malresorption des produzierten Liquors eine Rolle zu spielen scheint. Klinisch macht sich diese Komplikation als intra-kranielle Drucksteigerung mit den entsprechenden Symptomen bemerkbar.Da der Schweregrad der Blutung und der klinische Zustand bei Aufnahme als Grundlage aller weiteren Maßnahmen von erheblicher Bedeutung sind, und für die Prognose eine wichtige Rolle spielen, sind zahlreiche Einteilungen der aneurysmatischen SAB unter-nommen worden. Es wurde eine Vielzahl von Skalen entwickelt, von denen sich die Hunt & Hess-Skala und später die WFNS-Skala und die Skala nach Fisher im klinischen Alltag durchgesetzt haben. Es besteht ein durchaus nachweisbarer Zusammenhang zwischen dem Hunt & Hess-Grad sowie der Fisher-Klassifikation und der Letalität bzw. Morbidität nach SAB. In den Tabellen 1-3 sind die gebräuchlichsten Klassifikationen dargestellt.

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Grad I asymptomatisch

Grad II Mäßige bis mittelschwere Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, neurologische Ausfälle lediglich im Hirnnervenbereich nachweisbar

Grad III somnolent, moderates fokales Defizit

Grad IV soporös, ausgeprägte fokale Defizite

Grad V komatös, Mittelhirnsymptomatik

Tab. 1: Klassifikation nach Hunt&Hess (13).

Blutnachweis im CCT (< 5 Tage nach SAB) Vasospasmusrisiko

Grad 1 kein subarachnoidales Blut niedrig

Grad 2 diffus oder vertikal mit Schichtdicke < 1mm niedrig

Grad 3 lokal und/oder vertikal mit Schichtdicke > 1mm ausgeprägt

Grad 4 intrazerebral oder intraventrikulär mit diffuser oder fehlender SAB mäßig

Tab. 2: Klassifikation nach Fisher (14).

Grad GCS Fokales Defizit, Aphasie oder Hemiparese vergl. mit Hunt&Hess

1 15 nein 1 - 2

2 13 - 14 nein 2 - 3

3 13 - 14 ja 3

4 7 – 12 ja / nein 3 - 4

5 3 - 6 ja / nein 5

Tab. 3: Klassifikation nach WFNS (World Federation of Neurosurgical Surgeons).

Diagnostik

Zerebrales Computertomogramm (CCT) Die Durchführung eines CCT ohne Kontrastmittel ist zur Sicherstellung bzw. zum Aus-schluss einer SAB die diagnostische Maßnahme der ersten Wahl. Am Tag der Blutung gelingt mit dem CCT in mehr als 95% aller Fälle der Nachweis von Blut im Subarachnoi-dalraum. Mit zunehmendem Abstand zwischen Initialereignis und CCT fällt dieses Unter-suchung jedoch trotz stattgehabter SAB negativ aus, da es zu einer Resorption bzw. Umverteilung des Blutes aus dem Subarachnoidalraum kommt. In der Regel ist 5 Tage nach SAB nur noch bei 50-70% aller Patienten Blut im CCT nachweisbar.

LumbalpunktionInsbesondere bei Patienten mit klassischen klinischen Symptomen einer SAB, aber ohne Blutnachweis im CCT, sollte eine Lumbalpunktion erfolgen. Hier ist jedoch unbedingt zu beachten, dass ein zeitlicher Mindestabstand von 6 Stunden, besser noch 12 Stunden, zwischen dem klinischen Ereignis und der Lumbalpunktion eingehalten werden muss. Diese Zeit ist wegen der langsamen Liquorzirkulation und der dann erst nachweisbaren Verfärbung des Liquors im unteren Spinalbereich absolut erforderlich. Im gewonnenen Liquor ist zudem zwingend darauf zu achten, dass nicht frisches Blut, sondern eine xanthochrome Verfärbung durch Bilirubin hinweisend ist.

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CCT-Angiografie (CTA)Da die CCT-Angiografie nach erfolgtem Nativ-CCT zügig und ohne Umlagerung des Patienten rasch durchgeführt werden kann und dabei bis auf Kontrastmittelreaktionen eine nebenwirkungsarme Untersuchung ist, stellt dieses Verfahren unmittelbar im Anschluss an das Nativ-CCT zum Nachweis und zur Lokalisation eines Aneurysmas die logische Konsequenz dar. Zudem sind die Strahlendosis und die Menge des notwendigen Kontrastmittels zur Darstellung des Aneurysmas deutlich geringer als in der konventio-nellen Angiographie. Mit den modernen CT-Geräten ist - verglichen mit der konventio-nellen Angiographie - eine fast gleichwertige Sensitivität erreicht worden. Durch die Möglichkeit der 3D-Darstellung in der CTA kann zudem auch mit dieser Technik eine Planung des weiteren Vorgehens zum Verschluss des Aneurysmas erfolgen. Für Aneurys-mata > 5mm Durchmesser ist inzwischen mit modernen Geräten eine Sensitivität von 95-100% (15) erreicht worden, bei Aneurysmata < 5mm liegt der Wert noch bei 64-83% (7). Allerdings existieren noch Defizite hinsichtlich der Spezifität, da durch Windungen intrakranieller Gefäße falsch positive Aneurysmanachweise vor allem im Bereich der MCA möglich sind. Zudem wird die Größe des Aneurysmahalses, eine für das weitere therapeutische Vorgehen essentielle Information, durch die CTA noch zu groß gemessen (16). Als weitere Einschränkung wird die noch deutlich geringere Sensitivität bei nahe an der Schädelbasis liegenden Aneurysmata genannt, da hier Knochenstrukturen noch stö-rend auf die Bildqualität einwirken können. Hier mag in der nahen Zukunft die CT-DSA (CT-Angio mit digitaler Subtraktion des Knochenfensters) eine technische Lösung sein.

Abb. 2: Syngo-Neuro DSA® der zuführenden Arterien zum Hirn vom Aortenbogen ausgehend bis zum Carotis-siphon, CTA mit DSA-Modus zur Subtraktion des Knochengewebes, damit bessere Darstellung der Hirn basis-arterien (Quelle: https://www.medical.siemens.com).

Zerebrale MagnetresonanztomographieAusgehend von den technischen Möglichkeiten ist auch das MRT inzwischen durchaus in der Lage, einer CCT vergleichbare Bilder zu liefern. Abgesehen von der noch deutlich geringeren Verfügbarkeit in den Kliniken sind hier jedoch das wesentlich aufwändigere Procedere, d.h. die Versorgung und auch Überwachung des Patienten im MRT, sowie der höhere zeitliche Aufwand praktische Limitierungen des Verfahrens. Bis auf die Möglich-keit, Veränderungen im Hirnparenchym besser beurteilen zu können und eventuell nach selteneren Ursachen der Aneurysmabildung zu suchen, bietet das MRT keine entscheiden-den Vorteile, so dass dieses Verfahren derzeit nur in speziellen Situationen eingesetzt wird. Hier ist beispielsweise die Diagnostik bei schwangeren Patientinnen mit SAB zu nennen, da das MRT keine Strahlenbelastung darstellt.

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Zerebrale arterielle KatheterangiographieDie arterielle Katheterangiographie galt zum Nachweis eines Aneurysmas bisher als die sensitivste diagnostische Methode nach SAB und damit als Goldstandard, wird jedoch zunehmend, wie bereits diskutiert, durch die CTA abgelöst. Letztlich bedeutet eine Kathe-terangiographie eine Schleusenanlage in die A. femoralis mit der postinterventionellen Gefahr der Blutung bzw. Entwicklung eines Aneurysma spurium und auch der Infektion an der Punktionsstelle, vor allem nach Entwicklung eines Hämatoms. Zudem ist die Strahlen-belastung im Vergleich zur CTA deutlich höher. Nicht vergessen werden darf die Möglich-keit einer durch die Angiographie durchaus beschriebenen Aneurysmaruptur (17). Vorteile gegenüber der CTA bieten die höhere Sensitivität v.a. bei Aneurysmata im Bereich der Schädelbasis und der A. vertebralis, sowie die theoretische Option einer unmittelbaren endovaskulären Versorgung nach entsprechender interdisziplinärer Falldiskussion.In den Leitlinien der AHA/ASA, die 2009 publiziert wurden, wird das Verfahren nach wie vor als erste Wahl genannt, hier wird aber wohl in naher Zukunft eine Änderung zu erwarten sein.

Abb. 3: zerebrale CT-DSA mit Darstellung eines ACI-Aneurysma; gut sichtbar der Aneurysmahals sowie hier der Aneurysmaschnabel (Pfeil) als Hinweis auf eine besonders hohe Rerupturgefahr und die wahrscheinliche Blutungsstelle des Aneurysmas.

Da in einer Minderheit der Fälle kein Aneurysmanachweis gelingt, muss diese Untersu-chung zum jetzigen Zeitpunkt nach 4-6 Tagen mittel zerebraler Arteriographie wiederholt werden. Hier zeigen sich nochmals in 3-5% der Fälle Aneurysmata, die entsprechend therapiert werden können. Auf jeden Fall muss die Suche nach der Blutungsquelle mit allen verhältnismäßigen Mittel erfolgen, da eine fahrlässige Diagnostik mit einem 4-fach erhöhten Risiko einer Reblutung mit tödlichem Ausfall einhergeht.

Management des Patienten mit SAB

Die Versorgung des Patienten mit SAB lässt sich in 3 Phasen mit unterschiedlichen Ziel-setzungen gliedern:1. prähospitale- und präoperative Phase2. Aneurysmaausschaltung und periinterventionelle Betreuung inkl. EVD-Anlage3. postinterventionelle Intensivtherapie

Jede Phase bietet für dich spezielle Gefahren und damit auch Anforderungen an die betreuenden Ärzte.

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Prähospitale und präoperative PhaseDie prähospitale Versorgung hängt selbstverständlich von der Bewusstseinslage des Pati-enten ab. Soporöse oder gar komatöse Patienten mit eingeschränkten Schutzreflexen oder gar respiratorischer Insuffizienz müssen mit begleitender Analgosedierung intubiert und beatmet werden. Die rasche Erhebung eines möglichst genauen neurologischen Status sollte vor Intubation erfolgen, um den weiterbehandelnden Ärzten möglichst viele Infor-mationen übermitteln zu können. Zur Aufrechterhaltung einer adäquaten zerebralen Perfusion sollte auf eine stabile Kreislaufsituation mit einem systolischen Blutdruck um 120 mmHg sowie auf Normokapnie geachtet werden, da die Hypokapnie via zerebraler Vasokonstriktion die Hirnperfusion pathologisch relevant beeinträchtigen kann. Beide Maßnahmen besitzen insbesondere bei erhöhtem intrakraniellen Druck einen hohen Stel-lenwert. Die arterielle Sauerstoffsättigung sollte ≥ 95% sein. In den ersten Stunden nach SAB weisen bis zu 15% der Patienten eine akute Vigilanzver-schlechterung infolge einer erneuten Blutung aus dem Aneurysma auf. Obwohl bisher der Beweis aussteht, dass erhöhte Blutdruckwerte die gefürchtete Zweitblutung provozieren, existieren Hinweise in kleineren Untersuchungen, dass ein Blutdruckanstieg auf systoli-sche Werte > 150mmHg die erneute Blutung wahrscheinlicher machen (7). Die Initiierung einer antifibrinolytischen Therapie mit Tranexamsäure ist zwar in der Lage, die Reblu-tungsrate zu reduzieren, dafür traten jedoch gehäuft thrombembolische zerebrale Kompli-kationen auf, so dass bisher keine Evidenz für diese Form der begleitenden Therapie besteht.Bis zum Beweis des Gegenteils sollte jeder akut auftretende heftige Kopfschmerz als SAB betrachtet und behandelt werden, da diese Erkrankung die potenziell schwerwie-gendsten Komplikationen aufweist und deshalb in dieser Phase der größten Aufmerksam-keit bedarf.

Aneurysmaausschaltung und periinterventionelle Betreuung inkl. EVD-AnlageNach aneurysmatischer SAB liegt das Risiko einer Nachblutung innerhalb der ersten 24h bei ca. 4% mit einem kumulativen Risiko von 19% bis zum 14. Tag. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, publiziert bei AWMF-Online, heißt es: „In den ersten 4 Wochen nach einer Aneurysmaruptur kommt es ohne Ausschaltung der Blutungs-quelle in ca. 40% der Fälle zu einer Reruptur. Diese hat eine noch schlechtere Prognose als die erste Blutung. Trotz des Fehlens prospektiv randomisiert gewonnener Evidenz resultiert hieraus die Empfehlung einer möglichst raschen Aneurysmaausschaltung inner-halb der ersten 72 Stunden nach der Blutung, d. h. noch vor Einsetzen der Vasospasmen.“ Diese Ansicht wird auch von den Leitlinien der AHA/ASA vertreten, so dass man inzwi-schen von einem möglichst raschen Verschluss des Aneurysmas als Blutungsquelle inner-halb der ersten 2-3 Tage, besser noch der ersten 24h nach Beginn der SAB-Symptomatik spricht. Wie bei der AWMF-Leitlinie angesprochen, spielt hier auch der zeitliche Verlauf bis zum Einsetzen des gefürchteten Vasospasmus nach SAB eine Rolle, mit dem erfah-rungsgemäß ab dem 4. Tag nach Blutung zu rechnen ist. Eine Operation während eines bestehenden Vasospasmus wird als deutlich risikoreicher angesehen, als vorher.War bis vor 15 Jahren die Ausschaltung des Aneurysmas lediglich operativ durch Ver-schluss des Gefäßes mittels Gefäßclip möglich, so hat sich seitdem in Form einer endovas-kulär interventionellen Therapie mittels sogenanntem Coiling eine wichtige Alternative entwickelt. Clipping bedeutet die operative Freilegung des Aneurysmas und anschließend das Setzen eines Gefäßclips über Aneurysmahals bzw. -basis, um dieses vollständig auszuschließen. Die Gefäßclips, die es in vielfältigen, den jeweiligen anatomischen Verhältnissen ange-passten Formen gibt, verbleiben auf Dauer im Hirngewebe (Abb. 4) und sind MRT kom-patibel.

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Abb. 4 links: Unterschiedliche Gefäßclips zum Verschluss eines Hirnarterienaneurysma Abb. 4 rechts: Postoperatives CCT 5 Tage nach Clipping, Clip sichtbar an der rechten ACM (Pfeil)

Die Frage, welches Verfahren unter welchen Umständen vorteilhafter ist, ist Gegenstand internationaler und kontrovers geführter Diskussionen. Die 2002 erstmals publizierte International Subarachnoid Aneurysm Trial (ISAT) (18) folgerte aus ihren Ergebnissen, dass Coiling hinsichtlich Outcome und Komplikationen dem Clipping eindeutig überle-gen ist. Diese Aussage muss jedoch kritisch hinterfragt werden. Zum ersten sind hier die Ausschlusskriterien für die Zulassung zum Coiling zu nennen, die auch für die Entschei-dung in der klinischen Routine, welches Verfahren im konkreten Fall für den Patienten das optimale Verfahren ist, Gültigkeit besitzen. Von den 9559 Patienten, die für die Studie rekrutiert wurden, wurden 7416 Patienten wegen der Nichteignung für das Coilingverfah-ren ausgeschlossen. Es konnte hier keine Randomisierung stattfinden. Ein Hauptgrund war beispielsweise ein breitbasiges Aneurysma, welches kein Coiling erlaubt, da das Coil in die Blutstrombahn ragen würde und rezidivierende Embolien in der Hirnstrombahn provozieren könnte. Des Weiteren waren Aneurysmata, aus denen weitere wichtige Gefä-ße zur Versorgung anderer Hirnareale abgingen, dieser Methode nicht zugänglich, da es unter Anwendung des Coilings unweigerlich zum Verschluss dieser Arterien gekommen wäre. Hier ist nur die operative Intervention möglich. Andererseits gibt es Aneurysmalo-kalisationen wie beispielsweise an der A. basilaris, die aufgrund des gesichert besseren postprozeduralem Outcome eher mittels Coiling verschlossen werden sollten. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen ist die Annahme eines Selektionsbias nahe liegend. Clipping wurde mit einer erhöhten Zahl an postoperativen Blutungskomplikatio-nen in Verbindung gebracht, die im Erfassungszeitraum der Studie eine Rolle spielten. Im weiteren Verlauf, was durch das Studiendesign nicht mehr erfasst wurde, waren jedoch deutlich mehr erneute endovaskuläre Interventionen notwendig, da das Aneurysma durch das Coil nicht vollständig ausgeschaltet werden konnte bzw. es durch das Phänomen der Kompaktierung in bis zu 55% zu einer Rekanalisation des Aneurysmas kam. Dementspre-chend ereigneten sich auch mehr Zweitblutungen, wenn auch mit gewisser zeitlicher Latenz. Die Diskussion lässt sich noch mit weiteren Argumenten ausweiten, soll jedoch nicht Gegenstand der hiesigen Darstellung sein. Zur Vertiefung sei hier auf ein kürzlich publiziertes und sehr profundes Editorial von E. Figueiredo verwiesen (20). Die für den Patienten richtige Entscheidung kann letztlich nur durch eine sachliche und offene Dis-kussion der zuständigen neuroradiologischen und neurochirurgischen Entscheidungsträ-ger getroffen werden. Eine Anästhesie ist für beide Eingriffe erforderlich. Wie bereits angesprochen, kommt es bei nahezu 30% der Patienten mit SAB rasch zu einem Hydrocephalus occlusus, der eine externe Ableitung des Ventrikelliquors notwen-dig macht. Erkennbar ist diese Komplikation oft schon im ersten CCT, in der sich eine

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Weitung der inneren Liquorräume nachweisen lässt (Abb. 1). Die initiale Anlage einer externen Ventrikeldrainage (EVD) ist oft schon vor der operativen oder endovaskulären Aneurysmaausschaltung erforderlich, da ohne Hirndruckmessung unter Narkose während der jeweiligen Interventionen ein kritischer Hirndruckanstieg durch den Hydrocephalus kaum zu erfassen ist. Letztlich brauchen ca. 20% der Patienten eine dauerhafte artifiziel-le Liquordrainage in Form eines ventrikulo-peritonealen oder ventrikulo-atrialen Shunts (12).Die Narkoseführung während der Intervention sollte bis zum Verschluss des Aneurysmas v.a. darauf ausgerichtet sein, kritische Blutdruckanstiege strikt zu vermeiden. Sowohl beim Clipping als auch beim Coiling kann es zu einer Reruptur des Aneurysmas kommen, was mit einer unmittelbaren Hirndrucksteigerung beim Coiling, jedoch einer ausgepräg-ten intraoperativen Blutung beim Clipping einhergeht. Auf diese Komplikation sollte man durch entsprechende präoperative Maßnahmen vorbereitet sein (z.B. Bereitstellung von Blutkonserven, hirndrucksenkende Maßnahmen vorbereiten, Anlage einer arteriellen Blutdruckmessung). Da in den ersten 72h bis zur Versorgung noch nicht mit einem Vaso-spasmus zu rechnen ist, kann man die Reduktion des Blutdruckniveaus auf einen periin-terventionellen MAP von 70 – 80mmHg verantworten. Beim Clipping ist damit zu rech-nen, dass intermittierend temporäre Clips gesetzt werden, die bei der Präparation am fragilen Gefäßgewebe eine ausgeprägte Blutung unmittelbar beim Setzen des Clips ver-hindern sollen. Da das nachgeschaltete Hirngewebe hier einer potenziellen Ischämiege-fahr unterliegt, sollte man kurz vorher eine Vertiefung der Narkose durch Erhöhung der Dosierung von Propofol oder zusätzliche Bolusapplikation von Thiopental bis hin zum Nachweis einer nahezu vorliegenden neuronalen Stille des Cortex (Nulllinien-EEG, ggf. Burst-Suppression-EEG, sofern überwacht) durchführen. Zudem kann während der Prä-parationsphase am Gefäß eine inspiratorische Sauerstoffkonzentration von 80%, die nachweislich zu einer Erhöhung des Sauerstoffpartialdrucks im Hirngewebe beiträgt, helfen, die kritische Phase ohne ischämische Schädigung zu überstehen. Sollte es zu einer unerwarteten Ruptur des Gefäßes während des Clippings kommen, kann man nach Rück-sprache mit dem Operateur versuchen, durch Kompression der ipsilateralen A. carotis das Ausmaß der Blutung zu reduzieren und dem Operateur damit die Möglichkeit geben, einen temporären Clip zu setzen. Die perioperative Hypothermie als Maßnahme der Hirn-protektion hat sich unter Berücksichtigung der damit verbundenen Komplikationen (Gerinnungsstörung, Reduktion der Immunantwort) als unwirksam hinsichtlich des Out-come erwiesen.Als häufige Begleitkomplikation bei SAB muss auch in dieser Phase schon mit patholo-gisch relevanten kardiopulmonalen Reaktionen gerechnet werden. Insbesondere die syste-mische aber auch pulmonalarterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen, myokardiale Pumpsstörungen und auch ein, wenn auch selten auftretendes, neurogenes Lungenödem können die perioperative Narkoseführung erschweren. EKG-Veränderungen im Sinne von QT-Verlängerungen oder ST-.Elevationen werden oft beobachtet, das kardiale Troponin und auch die CKMB sind in bis zu 30% der Betroffenen pathologisch erhöht. Als Ursache wird eine nach SAB rasch auftretende Katecholaminbelastung des Herzens diskutiert, die durch die exzessive Stressreaktion des Patienten initiiert wird.Die perioperative Überwachung sollte standardisiert mit einer arteriellen Katheterisierung zur kontinuierlichen Blutdruckmessung und der Möglichkeit der wiederholten Abnahme von Blutgasanalysen, einem 5-Pol-EKG, einer Pulsoximetrie, der Kapnographie sowie der Relaxometrie erfolgen. Die Anlage eines ZVK kann helfen, neben der sicheren Anäs-thetikagabe, insbesondere bei totaler intravenöser Anästhesie, nicht selten eine hämody-namisch wirksame Medikation sicher applizieren zu können. V.a. bei Erhöhung der Propofoldosis bzw. bei notwendiger zerebroprotektiver Thiopentalapplikation können medikamentöse druckunterstützende Maßnahmen in Form einer adaptierten Noradrena-linmedikation erforderlich sein. Auch die wiederholt notwendige Gabe von Mannitol als hirndrucksenkende Maßnahme ist über den ZVK besser zu bewerkstelligen. Der Blasen-

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verweilkatheter sollte selbstverständlich nicht vergessen werden. Nach Anlage einer EVD kann dieser Katheter zur Überwachung des intrakraniellen Drucks genutzt werden.Verschiedene periinterventionelle Überwachungsmaßnahmen sind vorgeschlagen wor-den, um in dieser Phase Informationen über die Hirnintegrität zu erlangen. Darunter sind Verfahren wie die bulbärvenöse Oximetrie, die Ableitung somatosensibel evozierter Potentiale, verschiedene prozessierte EEG-Parameter oder die Nah-Infrarot-Spektrosko-pie. Bisher konnte zumindest für die intraoperative Überwachung keines der Verfahren eine wirkliche Verbesserung der Überwachungsmöglichkeit nachweisen.Grundsätzlich sollte, wenn möglich, am Ende einer Intervention die Narkose rasch been-det werden. Die klinisch neurologische Überwachung des Patienten ist allen apparativen Möglichkeiten in Hinsicht auf potenzielle postoperative Komplikationen einschließlich Nachblutung oder auch die Entwicklung eines klinisch relevanten Vasospasmus über-legen.

Postoperative Phase und IntensivtherapieDie postoperative Phase ist hinsichtlich ihrer therapeutischen Ziele darauf ausgerichtet, hirnprotektiv zu wirken und dabei auch die sich erst im Verlaufe der nächsten Tage nach SAB entwickelnden Komplikationen zu erkennen und, soweit möglich, zu behandeln. Optimal ist dabei die klinisch neurologische Überwachung, sofern eine entsprechend reduzierte Bewusstseinslage dem nicht entgegenläuft. Nur zur hypothetisch ausgespro-chenen Zerebroprotektion eine Analgosedierung ohne weitere klinische Notwendigkeit aufrecht zu erhalten, bedeutet die Akzeptanz potenzieller Nebenwirkungen, wie beat-mungsassoziierte Pneumonie, gastrointestinale Störungen, hämodynamische Nebenwir-kungen und vieles mehr. Zudem lässt sich anhand der momentan verfügbaren Monitoring-verfahren eine pathologisch relevante zerebrale Perfusionsstörung nicht sicher einordnen. Die rasche Erkennung neurologischer Defizite ist dazu mit Sicherheit die sensitivste Methode. Das größte Problem nach erfolgreicher Erstversorgung im Anschluss an eine SAB ist die Entwicklung eines verzögerten neurologischen Defizits (DIND, „delayed ischemic neu-rologic deficit“) (21). Sie trägt zu einem erheblichen Teil an der Morbidität und Letalität der SAB bei. Generell wird dieser Pathologie auf einen ausgeprägten arteriellen Vaso-spasmus zurückgeführt, was jedoch inzwischen als eine zu starke Vereinfachung der Problematik gelten muss (Abb. 5).

Abb. 5: Arterielle Angiographie der ACI mit ausgeprägtem Vasospasmus (lks., Pfeil), der nach lokaler intra-arterieller Applikation von 2mg Nimodipin deutlich regredient ist (rechts).

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Je nach Erhebung betrifft dieses Phänomen bis zu 40% aller Patienten, und die Konse-quenzen sind nicht selten dramatisch (Abb. 6). Die DIND-Symptomatik entwickelt sich ab dem 3. Tag nach SAB und dauert ca. bis zum 15. Tag. Grundsätzlich gilt: Je mehr Blut im Subarachnoidalraum, desto größer die Wahrscheinlichkeit, was den Zusammenhang zwischen den pathologischen Vorgängen und der Menge an Blutkomponenten nahe legt. Dieser Beobachtung liegt letztlich auch die Fisher-Skala (s.o.) zugrunde, die den Vaso-spasmus mit der Blutmenge und der Prognose in Zusammenhang bringt. Es existieren zahlreiche Hinweise darauf, dass der Vasospasmus ein begleitendes Phänomen in der Entstehung des DIND ist, jedoch nicht der Auslöser per se.

Abb. 6: CCT-Verlaufskontrolle der in Abb. 1 vorgestellten Patientin, jetzt mit Zustand nach bifrontaler osteo-klastischer Trepanation wegen Hirndrucks infolge ausgedehnter Infarzierungen beidseits frontal und rechts im gesamten ACM-Stromgebiet.

Es sind letztlich 3 Wege, die für sich einzeln, eher aber in unterschiedlichem Ausmaß gemeinsam für die zerebrale Schädigung verantwortlich gemacht werden:1. eine biochemisch getriggerte Dysfunktionen der Gefäßregulation2. Gerinnungsstörungen in der zerebralen Mikrozirkulation mit Ausbildung von Thromben3. Inflammatorische and apoptotische Vorgänge, initiiert durch 1. + 2., sich aber im wei-

teren Krankheitsverlauf verselbständigend.

Biochemisch getriggerte Vasodysregulationen werden v.a. drei Vorgängen zugeschrieben. Die erste Theorie nimmt eine gestörte NO-Regulation an, die zum einen direkt durch eine NO-Scavangerfunktion des durch Erythrozytenzerfall freigesetzten Hämoglobins verur-sacht wird, zum anderen wird eine veränderte NO-Synthetasefunktion vermutet. NO wird jedenfalls als sehr potenter Vasodilatator in geringerer Konzentration zur Verfügung ste-hen, was eine Vasokonstriktion zur Folge hat.In der zweiten Hypothese, die die Endothelin-1 (ET-1)-Freisetzung betrifft, geht man davon aus, dass im Rahmen der inflammatorischen Vorgänge durch den Blutclot vermehrt ET-1 gebildet bzw. freigesetzt wird und damit als bekannter Vasokonstriktor den Spasmus hervorruft. Der statistische Zusammenhang zwischen der ET-1-Konzentration im betrof-fenen Hirngewebe und der Entwicklung des DIND ist jedoch ziemlich schwach. Die dritte Theorie beruht auf der Hypothese der Akkumulation von Arachidonsäure mit kon-sekutiver Veränderung der Vasoregulation sowie Schädigung der Blut-Hirn-Schranke. Gerinnungsstörungen der zerebralen Mikrozirkulation sind insofern nachvollziehbar, da Endothelzellen der Hirngefäße eine besonders hohe Konzentration an sog. Tissue-factor (TF) haben, um Einblutungen in das Hirngewebe mit noch höherer Wahrscheinlichkeit bei kleineren Traumen zu unterbinden. Eine Schädigung von Endothelzellen durch

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inflammatorische Vorgänge könnte die TF-Freisetzung erleichtern, was in einer erhöhten Gerinnungsaktivität resultiert. In der durch den Vasospasmus verminderten zerebralen Perfusion könnte dies bei verlangsamtem Blutstrom zu kleineren Hirnarterienembolien führen. Diese These würde zumindest die wiederholt in autoptischen Untersuchungen festegestellten multiplen disseminierten Infarzierungen bei Zustand nach SAB erklären, die nicht in Zusammenhang mit dem Verschluss großer Hirnarterien in Verbindung zu bringen sind (23).Die dritte These zur Erklärung des DIND geht von einer unmittelbaren Hirngewebsschä-digung durch inflammatorische Vorgänge in Verbindung mit dadurch auch in Gang gesetzten apoptotischen Abläufen aus. Das Interleukin-6, welches in besonders hoher Konzentration in Astrozyten nachgewiesen wurde, könnte hier eine Schlüsselrolle spielen und zusätzlich auch zur Entwicklung des Vasospasmus beitragen. Wahrscheinlich ist, dass alle drei Vorgänge an der Pathologie beteiligt sind, weshalb auch auf die Beeinflussung einzelner Vorgänge abgezielte Therapiemaßnahmen bisher so wenig klinischen Erfolg gezeigt haben. Möglicherweise sind diese Vorgänge auch in dem Einzelverlauf unterschiedlich stark ausgeprägt, so dass therapeutische Ansätze sich auch hier am Individuum und der jeweils intraindividuell gültigen pathologischen Kaskade ausrichten müssen. Lediglich die klinische Konsequenz als Endprodukt, das DIND, bleibt identisch.Zur Diagnostik des Vasospasmus wird die transkranielle Dopplersonographie als Stan-dardmonitoring herangezogen (7). Hinsichtlich Sensitivität und Spezifität besteht jedoch nach wie vor erhebliche Uneinigkeit. Abgesehen von der Untersuchervariabilität des Ver-fahrens werden die Werte durch eine therapeutische Hypertension möglicherweise ver-fälscht. Zudem gibt es erst ab Flussgeschwindigkeiten > 200cm/sec hinreichend sichere Aussagen über einen relevanten Vasospasmus. Aber auch bei diesen Werten sind klinisch-neurologische Defizite durch Hirnischämien nicht regelhaft nachweisbar. Etwas genauer in Bezug auf die Spezifität ist hier die sogenannte Lindegaard-Ratio (Erythrozyten-flussgeschwindigkeit im betroffenen Gefäß im Verhältnis zur ipsilateralen extrakraniellen ACI). Ein Wert > 5 wird hier als Nachweis eines erheblichen Vasospasmus gewertet. Zuverlässiger in der Aussage, jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen belastet, ist die Kontroll-Angiographie, die wegen ihrer Risiken nicht als Standard empfohlen werden kann, aber den bereits erwähnten Vorteil einer intraarteriellen Applikation von Nimodipin bei schweren Vasospasmen bietet (7).

Prävention und Therapie des DINDUnbestritten bleibt, dass der Vasospasmus zu einer erheblichen Einengung der großen arteriellen Gefäße des Gehirns im Bereich des Circulosus Willisii führt (Abb. 5). Gemäß dem Gesetz von Hagen-Poiseuille folgt aus der Lumenverengung ein reduzierter Blut-strom hinter der Stenose. Der primär symptomatisch ausgerichtete therapeutische Ansatz, durch Erhöhung des Druckgradienten bzw. Reduktion der Viskosität dieser Blutromver-minderung entgegenarbeiten zu können, ist sicherlich vom physikalischen Ansatz her korrekt. Aus diesen Überlegungen leitete sich die über lange Jahre als Standard definierte sogenannte Triple-H-Therapie ab. Die drei H stehen für die Maßnahmen Hypertension, Hypervolämie und Hyperhydratation. Die Hypertension, induziert mittels Applikation von Katecholaminen, und die durch forcierte Volumenapplikation auch in Form kolloida-ler Substanzen induzierte Hypervolämie sollen dabei den Druckgradienten erhöhen, die Hyperhydratation intendiert die Senkung der Viskosität. Initial wurde die Triple-H-The-rapie nicht nur zur Behandlung nachgewiesener DIND indiziert, sondern auch prophylak-tisch, um eine solche Symptomatik gar nicht erst entstehen zu lassen. Selbstverständlich kann diese Therapie erst nach Verschluss des Aneurysma induziert werden.Insbesondere die Hypervolämie hat unter Berücksichtigung ihrer erheblichen Nebenwir-kungen (Myokardischämie, Linksherzbelastung, Erhöhung des pulmonalarteriellen Drucks etc.) und dem Nachweis, dass sich die zerebrale Durchblutung durch Hypervolä-

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mie nicht relevant steigern lässt und auch die klinischen Symptome keine Besserung erfahren (23), keinen Stellenwert mehr in der SAB-Therapie (7). Es gilt lediglich die strikte Vermeidung einer Hypovolämie. Die Hypertension, sofern hämodynamisch zu verkraften, kann ein akut auftretendes Defizit suffizient therapieren, wobei durchaus in Einzelfällen auch ein arteriellen Mitteldruck von 150 mmHg notwendig sein kann. Hier muss jedoch sehr exakt auf potenzielle Nebenwirkungen wie beispielsweise die Myokar-dischämie oder Myokardinsuffizienz geachtet werden. Hinsichtlich der Hämodilution als Therapieprinzip ist bisher ebenfalls kein eindeutiger Benefit nachgewiesen worden. Lediglich ein diskreter Zusammenhang zwischen dem Outcome nach SAB und dem Aus-maß an während der Behandlung indizierten Transfusionen wurde insofern formuliert, dass vermehrte Transfusion das Outcome verschlechtert. Ob es an den Nebenwirkungen der Transfusion selbst oder der Steigerung des Hämatokrit gelegen hat, bleibt offen (25). Abschließend sollte zu diesem Therapieprinzip gelten, dass die Hypertension nach Auf-treten eines DIND ein persistierendes neurologisches Defizit verhindern kann, als Präven-tivmaßnahme jedoch mit erheblichen Risiken belastet ist. Die Hämodilution bleibt umstritten, die Hypervolämie kann nicht mehr empfohlen werden, die Normovolämie ist unbedingt einzuhalten. Nicht vergessen werden sollte, das das Gehirn mit dem sog. Cus-hing-Reflex, d.h. der zerebral induzierten systemischen Blutdrucksteigerung bei drohen-der Hirnischämie, selbst über einen Reflexweg verfügt, der dem therapeutischen Ansatz der induzierten Hypertension entspricht. Eine langsam einsetzende Erhöhung des gemes-senen Blutdruckniveaus bei Patienten nach SAB sollte deshalb auch als Warnzeichen verstanden werden.Ein weiterer mechanistischer Therapieansatz zur Behandlung eines klinisch relevanten Vasospasmus ist die Eröffnung des spastischen Gefäßareals durch Ballonangioplastie. Dieses Verfahren ist jedoch nur in den großen proximalen Hirnarterien anwendbar, da in kleineren Gefäßen eine Ruptur droht. Dieser Vorgang ist jedoch oft nur mit zeitlich begrenzter Wirkung und wiederum mit deutlichen Nebenwirkungen versehen. Im Einzel-fall kann jedoch diese Intervention diskutiert werden. Die medikamentöse Prävention bzw. Therapie des Vasospasmus ist zurzeit ein sehr offe-nes Feld. Wie in Tabelle 4 ersichtlich, sind zahlreiche Pharmaka zur Behandlung des DIND untersucht worden. Grundsätzlich unterschieden werden muss dabei zwischen der systemischen und der lokalen Applikation des Agens während der Katheterangio-graphie.

Medikament Einfluss auf DIND bzw. Outcome

Aspirin keine Reduktion

Clazosentan weniger Vasospasmus, keine Outcome-Verbesserung

Ebselen (Radikalenfänger) Keine bis diskrete Besserung des DIND

Endothelin-Antagonist keine Outcome-Verbesserung

Enoxaparin Kein Einfluss

Magnesium keine bis geringe Outcome-Verbesserung

Milrinon protrahierte Reduktion des Vasospasmus

Nimodipin i.v. kein Einfluss

Nimodipin oral besseres Outcome

rTPA intrathekal kein Einfluss

Statine besseres Outcome, weniger DIND

Tirilazad kein Einfluss

Urokinase intrathekal weniger DIND

Tab. 5: Untersuchte Pharmaka zur Behandlung des DIND nach SAB in alphabetischer Reihenfolge.

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Das bekannteste Medikament zur Behandlung des Vasospasmus mit Zulassung ist Nimo-dipin, das sowohl per os als auch i.v. appliziert werden kann. Es handelt sich hier um einen Blut-Hirn-Schranken gängigen Calcium-Antagonisten, der in einer 1989 publizier-ten Untersuchung das Outcome nach SAB gebessert hat (26). Es fehlt jedoch der Nach-weis, dass es sich hier um einen Reduktion des Vasospasmus handelt, die die klinischen Folgen des DIND mindert. Eine intravenöse Gabe hat bisher in keiner Weise ein ver-gleichbares Ergebnis gezeigt, so dass momentan lediglich die orale Gabe (6 x 60mg / die) als wirksam gelten kann und die i.v.-Applikation nur sehr eingeschränkt empfohlen wird. Dies mag auch damit zu begründen sein, dass die systemische Gabe zu einem deutlichen Blutdruckabfall beitragen kann und damit der empfohlenen Hypertension zuwiderläuft. Nicardipin als dem Nimodipin pharmakologisch und chemisch sehr verwandter Cal-ciumantagonist, ist nicht in der Lage das Outcome zu verbessern. Weitere Untersuchun-gen mit durchaus vielversprechenden Resultaten bei systemischer Applikation sind zur-zeit unter Anwendung von Ebselen als Endothelin-1a-Antagonist und den Statinen zur erwarten. Endgültige Empfehlungen lassen sich jedoch anhand der aktuellen Datenlage nicht formulieren (7). Studien mit Acetylsalicylsäure, Enoxaparin und Tirilazad sind ohne positives Ergebnis geblieben.Studien zur Untersuchung der lokalen Anwendung mittels unmittelbar am Spasmus appli-ziertem Agens während der arteriellen Katheterangiographie sind bisher mit Nimodipin, Papaverin und Milrinon durchgeführt worden. Die Wirksamkeit der Maßnahme lässt sich unmittelbar radiologisch nachweisen (Abb. 5), unklar ist jedoch bisher nicht nur, ob sich das Outcome wirklich bessern lässt, sondern auch, wie lange die lokale Wirkung anhält. Bisherigen Untersuchungen bzw. eigenen Beobachtungen mittels TCD zufolge ist eine Wirkdauer von 24 – 48 Stunden zu erwarten (27).Begleitende Maßnahmen bei drohender Hirnischämie mit potenziell pathologischen Kon-sequenzen sollten entsprechend den Maßnahmen nach Hirninfarkt unbedingt beach - tet werden. Hierbei sind die Vermeidung einer ausgeprägten Hyperglykämie (BZ > 10 mmol/l), die Vermeidung einer Azidose und die Hypoxie zu benennen. Ob die Hyperther-miebehandlung zu einer Verbesserung führt, ist bisher nicht erwiesen. Es kann auch hypothetisiert werden, dass nicht die Hyperthermie eine Hirnschädigung forciert, sondern das Ausmaß der Hirnschädigung mit der Entwicklung und Vehemenz des Fiebers korre-liert (28). Nicht vergessen werden darf, dass nahezu jede fiebersenkende Maßnahme eigene Risiken wie Reduktion der körpereigenen Abwehr, renale oder hepatische Funk-tionseinschränkungen und Senkung des arteriellen Blutdrucks birgt.

Zusammenfassung

Der gegenwärtige Therapiestandard nach aneurysmatischer Subarachnoidalblutung umfasst den raschen, innerhalb von spätestens 72 Stunden nach SAB durchzuführenden Verschluss des Aneurysmas mittels operativer oder endovaskulärer Intervention. Welches Verfahren für den Patienten vorteilhafter ist, bedarf eine individuellen Entscheidung durch intensive Diskussion der Operateure und Neuroradiologen. Hier allgemeine Regeln zu formulieren, fällt zurzeit schwer, wenn auch beispielsweise Aneurysmata der A. basi-laris eindeutig günstiger durch das Coiling angehbar sind.Die postinterventionelle Therapie beinhaltet die bereits präventive orale Applikation von Nimodipin sowie bei nachweisbarem DIND die Hypertension und ggf. eine moderate Hämodilution. Unbedingt ist auf eine Normovolämie zu achten, die Hypervolämie kann aktuell nicht mehr empfohlen werden. Des Weiteren ist eine Normoglykämie anzustreben. Wenn möglich, sollte der Patient nicht analgosediert werden, um ein DIND anhand neu-rologischer Zeichen rechtzeitig erkennen zu können. Vielversprechende begleitende medikamentöse Therapieverfahren mit systemischer Applikation von Statinen und ggf. Ebselen sind noch nicht abschließend beurteilbar.

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