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Diamant als neues Elektronik-Material Der Bau von Diamant-Transistoren steht unmittelbar bevor

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Page 1: Diamant als neues Elektronik-Material Der Bau von Diamant-Transistoren steht unmittelbar bevor

Fortscbritte in der Elektronik

Nach Galliumarsenid verspricht Diamant die neue High-Tech Elektronik-Substanz zu wer- den. Fieberhaft versuchen Materialforscher in aller Welt bei der Entwicklung von Diamant- schichten den entscheidenden Vorsprung und damit auch die Patente zu erringen.

Im Jahre 1792 konnte Antoine Lavoisier zei- gen, dai3 bei der Verbrennung von Diamant nur Kohlendioxid freigesetzt wird, daB der begehrte Edelstein also nur aus Kohlenstoff besteht. Seitdem haben Scharlatane und Wis- senschaftler gleichermai3en versucht, diesen Prozef3 umzukehren und kohlenstoffhaltige Substanzen in den Edelstein umzuwandeln. Dabei waren letztlich zwei Wege vom Erfolg gekront:

0 1954 gelang es H. Tracy Hall und seinen Mitarbeitern bei General Electric, aus Gra- phit bei hohem Druck und hohen Temperatu- ren Diamanten zu gewinnen. Die so entstan- denen Diamanten sind wie die ,,naturlichen", in der Erde geformten, bei Zimmertempera- tur metastabil. Jedoch existiert die Diamant- phase bis zu einer Temperatur von 1100 O C .

0 Fur die Elektronik diirfte eine Technik an Bedeutung gewinnen, die 1958 von W. G. Eversole/Union Carbide ersonnen wurde. Dabei wurden Diamantschichten durch Py- rolyse von Methan gewonnen. Da sich aller- dings sets mehr Graphit als Diamant auf dem Substrat bildete, mui3te der Prozel3 oft unterbrochen und das Graphit weggeatzt werden.

Ein wesentlicher Fortschritt gelang im Jahre 1977 einer sowjetischen Forschergruppe um B. Derjaguin und D. V. Fedoseyev am Institut fur Physikalische Chemie in Moskau. Die russischen Wissenschaftler studierten die Ki- netik der Pyrolyse von Hydrokarbonen und wiesen auf die Bedeutung von atomarem Wasserstoff hin. Dieser vermoge den Nieder- schlag von Graphit zu verhindern. 1981 konnten B. V. Spitsyn, L. L. Bouilov und Der- jaguin erstmals auf einer Diamantunterlage epitaxial einkristalline Diamantfilme erzeu- gen. Sie nutzten eine elektrische Entladung,

Diamant als neues Elektronik- Material Der Bau von Diamant-Transistoren steht unmittelbar bevor

Transistoren aus Diamant versprechen sehr schnell und unempfindlich gegen therrni- sche Einfliisse zu sein.

um in der Niederschlagszone atomaren Was- serstoff freizusetzten. Die Wachstumsge- schwindigkeit des Diamantfilms lag bei 1 pm pro Stunde. Auf diese Erfolge bauten vor al- lem japanische Forschergruppen auf. Pionier- arbeit wurde von Seiidiro Matsumoto und Mitarbeitern am National Institut for Re- search on Inorganic Materials in Ibaraki ge- leistet. Sie verwendeten eine Wolframheizung (2 OOO "C), um Wasserstoff vor dem Substrat zu dissoziieren (Abbildung 1). Eine Methan- H,-Mischung wurde der Reaktionskammer kontinuierlich zugefuhrt. Dabei entstanden auf dem heii3en Substrat Diamantkristalle. Auch Mikrowellen- und Radiofrequenz- Plasmas wurden zur H,-Dissoziation einge- setzt. Heute gelingt der Niederschlag von ein- oder polykristallinen Diamantschichten mit Wachstumsraten von 10 pm/h. Entschei- dend bei diesen Prozessen ist nach heutigem Kenntnisstand, die Entstehung von Kohlen- stoff-Doppelbindungen zu verhindern. Die- se ermoglichen das unerwunschte Graphit- wachstum. Durch die Anwesenheit von H- Atomen werden die Doppelbindungen auf- gebrochen und die fur das Diamantwachstum wesentliche Einfachbindung geschaffen.

Warum erscheint den Wissenschaftlern der Diamant so attraktiv? Zunachst zeichnet sich das Material durch extreme Inertheit, groi3e Harte, hohe Warmeleitfahigkeit und - im undotierten Zustand - durch sehr gutes elek-

Pbysik in umerer Zeit / 18. Jahrg. 1987 / Nr. 5 0 VCH Verlagsgesellscbafi mbH, D-6940 Weinheim. 1987 0031-9252/87/0509-0129 R 02.50lO

trisches Isolationsvermogen aus. Gerade eine gute Warmeabfuhr aus den dichtgepackten elektronischen Bauteilen ist heute eine vor- dringliche Aufgabe fur die weitere Integra- tion. Diamant besitzt das hierfur erforderli- che hohe Warmeleitvermogen, das sogar gro- Ber ist, als jenes von Kupfer und Silber. Diamantschichten sind jedoch nicht nur als Substrate fur elektronische Schaltungen at- traktiv. Durch geeignete Dotierung ergibt sich direkt die Moglichkeit, Transistoren mit Diamant als Grundmaterial (anstatt z. B. Sili- zium) zu fertigen. Diamant hat eine sehr groi3e Bandlucke von 5,45 eV gegenuber 1,1 eV fur Si. Die groge Bandlucke verspricht Diamanttransistoren unempfindlich gegen Temperaturschocks und Strahlungseinwir- kung zu machen. So denkt man an den Ein- satz derartiger Transistoren im Automobil oder fur die Telekommunikation im Alk, wo ein hoher Strahlenpegel herrscht. Diamant- Transistoren sollen noch 1987 bei der japani- schen Firma Sumitomo gefertigt werden. Mit Diamant lassen sich voraussichtlich sehr schnelle Transistoren bauen. Die Geschwin- digkeit der freien Ladungstrager nimmt in Diamant monoton rnit der elektrischen Feld- starke zu - anders als in vielen Halbleitern, wo die Geschwindigkeit ein Maximum durchlauft und mit steigender Feldstarke wie- der abnimmt. Da die Durchbruchfeldstarken in Diamant sehr hoch sind, liegen die erwar- teten Ladungstragergeschwindigkeiten hoher als im Rekordhalter Galliumarsenid.

Diamant hat auch faszinierende optische Ei- genschaften. Es ist oberhalb einer Wellenlan- ge von 230 nm lichtdurchlassig. Das hohe Warmeleitvermogen zusammen mit der gro- Ben Bandlucke ergibt die Moglichkeit, dieses Material fur Hochenergie-Laserspiegel einzu- setzen. Diamant konnte sogar als UV-Laser- system verwendet werden.

Bis diese Ziele erreicht sind, ist allerdings noch vie1 Entwicklungsarbeit zu leisten. Na- her liegen da vielleicht der Diamantuberzug auf dem Kuchenmesser oder auf den Lese- und Schreibkopfen von Diskettensystemen. (Science 234, 1074 (1986)). Redaktion

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