Die 68er-Bewegung und der DAV Der lange Marsch in die ... · PDF fileleitet in die thematik ein. mittwoch, 19. September, ... Das thema Kartografie wird im museum ... tel. 089/21 12

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  • Die 68er-Bewegung und der DAV

    Der lange Marsch in die VerantwortungEinst von der Vereinsfhrung geschmht, bernehmen die Achtundsechziger inzwischen auf der

    Leitungsebene der Sektionen und des Hauptvereins selbst die Verantwortung. e Von nicholas Mailnder

    Nein, und nochmals nein! Wir alten AV-Mitglieder, die wir dieses groe AV-Werk aufge-baut haben, wir lehnen die Sexualisie-rung des AV ebenso ab wie die Politisie-rung. Ich rufe deshalb alle Mitglieder von 30 Jahren ab (...), auf zur Gegen-revolution der AV-Alten! Zu einer Re-volution auch gegen die als greifbar letztes Ziel dieser Jugendleiterresoluti-on geplante Unterwanderung des AV mit Elementen, die mit dem Vereinsziel gar nichts zu tun haben und auch gar nichts zu tun haben wollen.

    Was war geschehen, dass das DAV-Urgestein Walter Flaig so schimpfen musste im Mitteilungsblatt seines ge-liebten Alpenvereins? Man schrieb das Jahr 1971, und im Herbst zuvor hatte sich eine Gruppe norddeutscher Jugendleiter auf der Hermann-von-Barth-Htte zu einer Weiterbildung getroffen. Statt in den Wnden der Wolfebnerspitzen brav Standplatzbau und Fhrungstechnik zu ben, hat-te das aufmpfige Jungvolk aus dem Flachland ber Politik, Sexualitt und die Situation der DAV-Jugend im Ver-ein diskutiert. Eine Resolution der nordgermanischen Jugendleiter war zuerst im Magazin Der Bergsteiger und dann in den AV-Mitteilungen er-schienen. Vor allem die Forderung nach einem politischen Engagement der Vereinsjugend emprte die Altvor-deren. Kein Wunder. Denn nicht nur Flaig, sondern auch der Alpenverein hatten im Dritten Reich eng mit den Nazis zusammengearbeitet. Der reuige Snder DAV hatte Besserung gelobt: Er verbot sich in seiner Satzung jegli-che politische Bettigung.

    Auch ohne den Ansto aus Nord-deutschland war der DAV damals dabei, seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Die Politikenthaltsamkeitsklausel war eines der Hauptthemen einer Kom-

    mission zur berarbeitung der Mus-tersatzung fr die Sektionen. Auf der Freiburger Hauptversammlung 1971 fand folgende Formel nach heftiger Diskussion Zustimmung: Die Verfol-gung politischer Zwecke auerhalb des Vereinszwecks ist unstatthaft. Erst auf der Hauptversammlung 1975 in Burghausen wurde die fr den Ge-samtverband gltige Po l i t ikbes t immung diesem Wortlaut ange-glichen. Ein wichtiges Mitglied jener Kommis-sion, die diese Satzungs-nderung vorbereitete, war eine Jungmann-schaftsleiterin der Sek-tion Leitzachtal namens Lotte Pichler.

    Als Buchhndlerin in Mnchen war Pich-ler mit der Kulturszene der 68er-Bewegung in Kontakt gekommen und hatte sich fr de-ren Ideale begeistert. 1970 in den Bundesjugendausschuss des DAV bestellt, verstrkte Pichler dort die gesellschaftskritische Fraktion. Dennoch war die rote Lotte ihres En-gagements wegen allseits geachtet und wurde zur Kandidatur als Bundesju-gendleiterin ermuntert. An der Formu-lierung und vereinspolitischen Durch-setzung neuer, gesellschaftspolitischer Erziehungs- und Bildungsziele fr die Alpenvereinsjugend war Lotte Pichler mageblich beteiligt sie setzte 1975 eine Jugendbildungssttte durch. Die-se wurde 1977 in Burgberg im Allgu gegrndet. Anfangs als rote Kader-schmiede verunglimpft, entwickelte sich die Jubi bald zum Synonym fr die Kombination von fortschrittlicher Pdagogik mit einer soliden bergsteige-rischen Ausbildung.

    GrabenkmpfeAls Fritz Mrz 1980 das Amt des Ersten Vorsitzenden bernahm und Ludwig Bertle die Nachfolge Lotte Pichlers antrat, wurde das Klima im Verwaltungsausschuss deutlich frosti-ger. Dauerauseinandersetzungen zwi-

    schen der linken Vereinsjugend und der konservativen Fhrungsriege bestimmten die Tagesordnung. Als der Konflikt im Oktober 1986 auf der Bamberger Hauptversammlung dem Hhepunkt entgegensteuerte, war der damalige Bundesjugendleiter Klaus Umbach allerdings so wenig darauf vorbereitet wie seine Gegenspieler. Die Bombe platzte in der Plenarsitzung. Ein Teilnehmer berichtete, die Jugend des Deutschen Alpenvereins Nordwest htte im Wendland ein Stck Land be-setzt, das obwohl westlich des Grenz-zauns gelegen doch zum Staatsgebiet der DDR gehrte. Zweck der Unter-nehmung wenige Monate nach dem GAU in Tschernobyl sei der Protest gegen die Nutzung der Atomkraft auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs.

    Auf der DAV-Hauptversammlung von 1986 in Bamberg erreichte das frostige Klima einen Hhepunkt.

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    DAV Panorama 5/200788

  • Die Grenztruppen des Arbeiter- und Bauernstaats rckten aus. In einer Stellungnahme brachte der Bundes-jugendausschuss sein Verstndnis fr das Anliegen zum Ausdruck, missbil-ligte aber die Methoden.

    Danach war eine gedeihliche Zusam-menarbeit im Verwaltungsausschuss des DAV nicht mehr mglich. Dem konservativen Fhrungsblock um Fritz Mrz stand eine Minderheitsfraktion gegenber, zu der mit Klaus Umbach Ausbildungsreferent Gustav Harder sowie Naturschutzreferent Heinz Rhle zhlten. Zeitzeugen berichten berein-

    stimmend, der Verwaltungsausschuss-vorsitzende Gerhard Friedl sei hufig ein ausgleichendes Element gewesen. Streit gab es auch zwischen Fritz Mrz und Heinz Rhle. Dabei hatte Mrz den promovierten Forstwirt 1982 selbst in den Verwaltungsausschuss geholt, nachdem sich der archetypische Acht-undsechziger als Frontmann der sehr erfolgreichen Arbeitsgruppe Umwelt-schutz der Sektion Oberland (AGUS-SO) hervorgetan hatte.

    Zu ersten Konfrontationen kam es, als der DAV-Naturschutzreferent Mitte der 1980er-Jahre recht pointiert auf die Zusammenhnge zwischen Autover-kehr, Schwefeldioxidaussto und den Schden im Bergwald hinwies. Mrz war darber deshalb so aufgebracht, weil er das Wohlwollen der autofreund-

    lichen Bayerischen Staatsregierung nicht verlieren wollte. Ernsthafte Aus-einandersetzungen zwischen Mrz und Rhle entzndeten sich ab 1986 an der Frage Natursport Naturschutz. Der Alpenvereinsvorsitzende beharrte auf einer relativ rigiden Wir-lassen-uns-nicht-hinausschtzen-Position. Rhle dagegen setzte sich fr die Strategie ein, Konflikte zwischen den Belangen der Kletterer, Bergsteiger und Skifahrer auf der einen Seite und dem Naturschutz auf der anderen proaktiv unter Einbe-ziehung aller Beteiligter zu lsen.

    Angekommen im EstablishmentIn der zweiten Hlfte der 1980er-Jah-re hatte sich der Generationenkonflikt im Alpenverein verselbststndigt. Beide Seiten waren in ein Lagerdenken ver-fallen, das ein konstruktives Mitein-ander nur sehr eingeschrnkt mglich machte. Auf der konservativen Seite taten sich viele schwer mit der Einsicht, dass die Linken genauso begeisterte Bergsteiger waren wie sie selbst. Erst im Lauf der 1990er-Jahre entkrampf-te sich das Verhltnis. An Stelle der Igelhaltung trat ein sachbezogen-ka-meradschaftlicher Umgang zwischen den Vertretern einstmals verfeindeter vereinspolitischer Positionen.

    Selbst ehemals hart gesottene Be-frworter der Wir-lassen-uns-nicht-hinausschtzen-Strategie bezweifeln heute nicht, dass die kooperative L-sung des Konflikts zwischen Bergsport und Naturschutz zielfhrend war. Viele der einst als rote Flhe geschmhten Achtundsechziger haben sich jahrzehn-telang im Alpenverein eingebracht. Im Naturschutz, in der Jugend- und in der Familiengruppenarbeit hinterlieen sie Spuren, die heute einen Gutteil der Attraktivitt und des gesellschaftspo-litisches Einflusses des Groverbands DAV ausmachen. Sie haben damit nicht nur entscheidend dazu beigetragen, dass der Deutsche Alpenverein heute mehr denn je ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft geworden ist. Als konstruk-tive Querdenker sorgen die inzwischen arrivierten vereinspolitischen Gipfel-strmer auch dafr, dass dem DAV die Ideen nicht ausgehen bei seinem langen Marsch durch die Geschichte. f

    Lotte Pichler und Ludwig Bertle auf der Bundesjugendleitertagung 1979.

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    DAV Panorama 5/2007

  • SonderausstellungE Aufwrts! Berg, Begeisterung und der deutsche Alpenverein 19452007Die wechselvolle jngere alpin- und DaV-Geschichte stellt das alpine museum in ei-ner umfangreichen ausstellung anhand von Bergsteiger- und mitgliederportrts, Do-kumenten und Objekten wie alten erinne-rungsalben, Fotografien und ausrstungs-gegenstnden dar. Filme, hrstationen und mitmachelemente bieten nicht nur Berg-fexen, sondern auch Kindern und Familien spannende Unterhaltung. Zur ausstellung erschien ein Begleitband mit ber 300 Sei-ten (erhltlich im alpinen museum oder un-ter www.dav-shop.de).Bis 23. mrz 2008

    FhrungenE Bergsteiger und Gipfelstrmer. Fh-rung durch die Sonderausstellung Auf-wrts!Der ausstellungskurator Beat Gugger gibt einblicke, wie die Geschichte des DaV fr die Sonderausstellung aufgearbeitet und veranschaulicht wurde.Samstag, 29. September, 14 Uhr

    E Fhrung durch die Sonderausstellung Aufwrts!Samstag, 27. Oktober, 14 Uhr, mit thomas Lindner

    VeranstaltungenE Kampf um den Himalaya. Wiederholung der Auffhrung restaurierter nanga-Par-bat-expeditionsfilme (1934, 1937) mit einer einfhrung von dr. Peter MierauDie restaurierten Filme der Nanga-Parbat- expeditionen aus den Jahren 1934 und 1937 werden wegen groer Nachfrage zum zweiten mal aufgefhrt, teilweise in aus-schnitte