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Aus der reed. Kiinik der UniversitKt Bonn. (Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. F. Schultze.) Die kbgrenzung der Lungentuberkuloseformen nach klinischen, hauptsSchlich r6ntgenologischen Zeichen. Von Privatdozent Dr. med. et phil. Heinrieh Gerhartz. Mit 29 Abbildungen im Text. Es diirfte lohnen, zu untersuehen, ob der heutige Stand unserer rSntgenologisehen Teehnik im Verein mit den tibrigen 3_nhalts- punkten es gestattet, se'hiirfer, als dies b.isher mSglieh war, klinisehe Typen aus dem vielgestaltigen Bride der Lungentuberkulose abz.u- grenzen. Denn die genaue Kenntnis des Zustandes der tub.erkulSsen Lunge ist heute, wo wir die Indikation fiir unser Handeln mehr als friiher naetl den Erseheinungsformen der Tuberkulose --- z. B. bei der Antegung eines Pneumothorax -- zlu riehten haben, not- wendig'er denn je. Ferner liegt die Vermutung nahe, da~ss die r6nt- genologisehen Typ.en der Lungentuberkulose hinsiehtlieh der Prognose versehieden zu bewerten sind. Das A~ssehen des II6ntgenbildes der Lungentuberkulose ist be- dingt dureh die Gesta.ltung der einz.elnen Herde, ihre Gruppierung, die Art der Konfluierung, duretl die Stellungsdiehte und die tIinter- einanderlagerung der Herde. Dort, wo nut wenige vorhanden sind, wird deshalb am ehesten die reine Form des ursprtingliehen tuber- knlSsen Knotens wiederffefunden. Das Orundelement ftir den Aufbau und die Gestaltung eines tuberkulSsen Knotens ist, wie Nikol auseinandergesetzt ha~, der

Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen nach klinischen, hauptsächlich röntgenologischen Zeichen

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Page 1: Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen nach klinischen, hauptsächlich röntgenologischen Zeichen

Aus der reed. Ki in ik der UniversitKt Bonn . (Direktor : Geh.-Rat Prof. Dr. F. S c h u l t z e . )

Die kbgrenzung der Lungentuberkuloseformen nach klinischen, hauptsSchlich r6ntgenologischen

Zeichen.

Von

Privatdozent Dr. med. et phil. He inr ieh Gerhartz.

Mit 29 Abbildungen im Text.

Es diirfte lohnen, zu untersuehen, ob der heutige Stand unserer rSntgenologisehen Teehnik im Verein mit den tibrigen 3_nhalts- punkten es gestattet, se'hiirfer, als dies b.isher mSglieh war, klinisehe Typen aus dem vielgestaltigen Bride der Lungentuberkulose abz.u- grenzen. Denn die genaue Kenntnis des Zustandes der tub.erkulSsen Lunge ist heute, wo wir die Indikation fiir unser Handeln mehr als friiher naetl den Erseheinungsformen der Tuberkulose --- z. B. bei der Antegung eines Pneumothorax - - zlu riehten haben, not- wendig'er denn je. Ferner liegt die Vermutung nahe, da~ss die r6nt- genologisehen Typ.en der Lungentuberkulose hinsiehtlieh der Prognose versehieden zu bewerten sind.

Das A~ssehen des II6ntgenbildes der Lungentuberkulose ist be- dingt dureh die Gesta.ltung der einz.elnen Herde, ihre Gruppierung, die Art der Konfluierung, duretl die Stellungsdiehte und die tIinter- einanderlagerung der Herde. Dort, wo nut wenige vorhanden sind, wird deshalb am ehesten die reine Form des ursprtingliehen tuber- knlSsen Knotens wiederffefunden.

Das Orundelement ftir den Aufbau und die Gestaltung eines tuberkulSsen Knotens ist, wie N i k o l auseinandergesetzt ha~, der

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192 Heinrich Gerhartz. [2

L u n g e n a z i n u s (1~ lg. 1). Hier, am (tb,ergang des Bronehiolus respiratorius in die Alveolen (Fig. 2) beginnt die Tuberkulose. Sie sehreitet dann fort, his sie schlies:slieh einem Ausguss eines Alveolus

,~

'rtpu/m.

Fig'. 1. Schelnatischer Durchschnitt eines Lungenl~tppchens nach M i l l e r .

vergleiehbar ist. Der so entstandene traubenfSrmige Azinus (Fig. :~ und 4) ist in der tlegel das primfire Bildungselement der r6ntgeno-

Brr

Fig. 2.

Tuberkul. tIerd

TuberkuRiser primarer Herd im Azinus. Schematisch gezelchnet nach einer Abbildung yon N i k o l .

logisch sichtbaren ~[anifestation des ~uberkulSsen Prozesses. Es ist ein in das helle Lungenfeld eingelagertes dunkles, unregelm~issig gestaltetes Gebilde, das auch dort die azinSse Grundform der Sehatten- bildung behalt, wo infolge der peripherischen granulierenden Pro-

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3] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 193

gresslon der tuberkulSsen Erkrankung der Herd im zentralen Teil verk~st (Fig. 5 und 6). Konglomerieren, wie es die Regel ist,

Bronchio lus respirat.

Fig. 3. Alveolargiinge (Schnitt). Nach N i k o l .

Fig. 4. Azin(is-nodCiser Herd (frisch). Schematisch gezeichnet naeh einer

Photographie yon N i k o h

mehrere tub erkul6se Azini, so wird eine k l e e b l a t t - oder r o - s e t t e n f 6 r m i g e K n a t e h e n g r u p p e siehtbar, die sehliesslieh

Fig. 5. AzinSs-nodSse Lungenherde. Gestaltung der Herde auf dem Sehnitt.

Naeh N i k o l .

p' Fig. 6. Azin0ser Herd. Sehematisiert

naeh einer Abbildung yon N i k o l .

einer Traube nieht unithnlieh ist (Fig. 7). Solehe Formen finden sieh bei den meisten Fallen yon .Lnngentuberkulose.

A. K l e i n k n o t i g e , d i s s e m i n i e r t e T u b e r k u l o s e .

Sc.hon die prim~ren Kn6tehen k6nnen mitunter - - b esonders bei Plattenn~he - - r6ntgenologiseh festgestellt werden. Sind sie disseminiert - - was ffir klinisehe Zweeke allein Bedeutung hat - - , so ist das Lungenfeld der R6ntgenp.latte mit feinsten Fleckchen iiber~t. Diese Schattenherdehen setzen sieh aus runden Fleckchen zusammen, die b,ei schnellem Verlauf ungef~ihr stecknadelkopfgross sind und ann~hernd gleich dieht stehen. Eine solche Lungen~eich- nung ist der akuten M i 1 i a r t u b e r k u 1 o s e eigenttimlieh, so dass diese eine ganz besondere klinische Wertlgkeit besitz,ende Tuber- kuloseform heute gut charakterisiert ist.

Zu den kleinknotigen disseminierten Tuberkulosen geh6ren noch andere, nnschwer zu isolierende Tuberkulosetypen mit Oruppen- b i ldungvonKn6tchen , d i e a k u t e s u b m i l i a r e d i s s e m i n i e r t e

Beitr~igo zur Klinik der Tuherkuloso. Bd. XXXlV. U. 2. 13

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194 Heinrich Gerhartz [4

p e r i b r o n c h i t i s c h e K n 6 t c h e n t u b e r k u l o s e und die chro- nische nod6se fibrSse peribronehitische Tuberkulose.

Fig. 7. Xlterer azin0s-nod(iser Herd mit zentraler Vernarbung. Sehematiseh gezeichnet nach einer Photographie yon

N i k o l .

Rechts

Fig. 8. Kleinknotige, disseminierte Lungentuberkulose. [Eigene Be-

obachtung. ]

Die erstere ist meist im Oberla.ppen lokalisiert. Die KnStchen sind scharf begrenzt, gleichgross, etwas grSsser als b ei der Miliar- tuberkulose und die Haufc'hen liegen entlang den Bronchien (Fig. 8).

Fig'. 9.

Rechts Links

Subehron. fibr(ise peribronehitisehe Lnngentuberknlose. (Alte Kaverne im rechten Oberlappen.) [Eigene Beobachtung.]

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5] Die Abgrenzung der Lungontuberkuloseformen etc. 195

5[aa kann eine primate und eine sekund/ire, im Ansehluss an einetl ::a'l'6s~.ereu- Herd etd~tandene Form unterscheiden.

Fiv. 10.

)

Links

Subchronische peribronchit. Lungentuberkulose. (39 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobavhtung.J

Bei diesem kleinknotigen Typ kann r6ntgenologisch die Differentialdiagnose schwierig werden, da es nichttuberkul6se Prozesse gibt, welche dieselben Bilder wie die disseminierte miliare und peribronchitische KnStchentuberkulose machen.

Fig'. 11.

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/

Rechts

Chronische peribronchitische lmngentuberkulose mit Verkalkungsherden. (57 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobaehtung.]

Die S t e i n h a u e r l u n g e erzeugt weichere, nicht so dicht stehende und ferner etwas gr~ssero und zackiger begrenzte Fleckchen als die miliaro Tuberkulose und ausserdem gew~hnlich yore Hilus ausgehonde Schattenzage. Bei der B r o n c h io

13"

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196 Heinrich Gerbartz. [6

l i t i s o b l i t e r a n s (hohe Temperatur, Zyanose, Atemnot, schleimiger Auswurf, feinblasige Rasselgeriiusche), sind nach A s s m a n n s Angabe ebenfalls die Lungen'- felder iibersiit mit etwa stecknadelkopf- bis kleinlinsengrossen Fleckchen yon anniihernder, aber nicht ganz gleicher GrSsse. In Betracht kommen ferner noch die m i l i a r e K a r z i n o s e und die s e p t i s c h e A u s s a a t k l e i n s t e r Ab- s z e s s c h e n .

Die azinSs-nodSsen Herde schreiten selten zu gvSsserer Ein- schmelzung fort. H~ufiger wiegt der indurative Charakter vor. Dieser Typ, die c h r o n i s c h e f i b . r S s e p e r i b r o n e h i t i s c h e L u n g e n t u b e r k u l o s e , yon der Fig. 9, 10, 11 uud 12 eine Darstellung geben, ist h~ufig.

/

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R e c h t s L i n k s

Fig. 12. Chronische fibrtise peribronchitische Lungentuberkulose. (39 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobachtung.]

In den Ab.bildungen sind zahlreiche, traubenfSrmig und ~hn- lich unregelm~ssig gest~ltete Herde fiber die Lunge verteilt zu sehen. Sie haben das Eigenttimliche, da.ss sie erstens Vergstolm~gen eiaes relativ dfinnen Astwerkes darstellen, zweitens znm Teil zu derben, entlang den Bronc'hien z iehenden Str~ngen geformt sind oder auch nut eine Verst~rkung der Lungenzeiehnung maehen und drittens sich nicht an einen grossen Herd anschliesseu.

Zu dieser Form gebSrt ~uoh die prim~re Altersphthise, die ieh d i s s e m i n i e r t e p e r i b r o n c h i t i s c h e G r e i s e n t u b e r - k u l o s e nennen mSchte. Hier pflegen nach meinen bisherigen Er- f~hrungen kleine, ziemlieh gleiebgrosse und scharf begrenzte KnSt- c.hen tiber die ganzen Lnngen disseminiert zu sein. Kliniseh be-

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7] Die hbgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 197

stehen sonst die Zei~hen eines chronischen BronchiMkatarrhs mit ziemlich reichlicher Sekretion, Dysl~loe , event-uell Emphysem, koine Asthmaanf~lle. Dieser T y p i s t also durehaus versvhioden yon der katarrhalisvh-asChmatischen Form der langsam progredienten Alters- tuberkulose, die unter dem rSntgenologischen Bilde der fibrSsen Phthise ab~uff.

B. D i e g r o s s k n o t i g e T u b . e r k u l o s e .

Auch wo es sieh um grSssere Herde, konfluierende Prozesse der gleichen Tendenz handelt, ist der fibr6se, g~tartige Charakter meiner Erfahrung nach an der strangf6rmigen Anordnung, dem

Rechts Links

Fig. 13. Grossknotige fibr(ise Lungentuberkulose (links). Mehrere Kavernen. (41 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobachtung.]

relativ sl~rlichen Vorhandensein kleinerer Herde yon peripher ab- nehmender GrSsse und geringerer Weichheit, eventuell aus der Kleinheit" der Kavernen, s~hon aus dem l~nt~nb,ild ohne weiteres zu entnehmen,, so dass es mir zweekm~ssig ~heint, eine solche Form als grossknotige fib.r5se Tuberkulose abzuzweigen (Fig. 13), um so mehr, als die grossknotige ulzerSse Tuberkulose, das zweite Stadium der progredienten, zur Phthise sich auswachsenden Tuber- kulose, davon gut trennbar ist.

Die Fig~r 14 gib,t ein Beispiel fiir diese grossknotige ulzerSse Tuberkulose. Hier sind die einzelnen, unter den diffusen Spitzen- herden liegenden S~hnttenfiguren breit, klobig, auch wo sie traubige Konfig~ration besitzen. Sie weohseln ab mit wenig ver~telten, ziem- lieh dic~kknotigen, plumpen Herden. Die Stranganordnung fehlt, und

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198 Heinrich Gerhartz. [S

ferner aueh der innige Zusammenhang der-Herde untereinander. Sole'he Prozesse schliesse~l sich an ~ltere, gewShnlieh kavernSse,

Fig. 14. Links Rechts

Grossknotige ulzer~se Lungentuberkulose. (50 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobachtung.]

in den Spitzen gelegene Tuberkulosen an, k6nnen aber auch, wie die Fig~ar 15 zeigt, yore Hilus ausgehen und in klei~lerer Herdfornl

Rechts Links

Fig. 15. Subchronische mitte]grossknotige, yore tlilus ausg'ehende Lungen- tuberkulose. (17 Jahre alter Jiingling.) [Eigene Beobachtung.]

vorkommen. Aueh wenn sie im unteren Lungenfeld auftreten, kann die Prognose gut sein.

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9] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 199

C. H o m o g e n - h e r d i g e T u b e r k u l o s e .

Yon den knotigen Tuberkuloseformen lassell sich die 1nit homogenen Prozessen natiirlich abgren~en. Sehr oft ist die i n z i - p i e n t e T u b e r k u l o s e d e r S p i t z e n , deren Abtrennung als besonderer .Typ sehon ihrer Hiiufigkeit und praktischen Bedeutung wegen notwendig ist, durch eine gleiehm~ssige Beschattung ohne Innenzeidhnung im RSntgenbilde gekennzeie,hnet. Unter dieser Form verbergen sidh aber Prozesse versehiedenster Wertig'keit. Entweder liegen der Triib~ng des Spitzenfeldes di 'ehtstehende kleinste Kn6t- ellen zugrunde, was prognostiseh sehr ungiinstig ist, oder Sehwielen alter Prozesse, Atelektase, 0dem oder die Sehwarten einer Spitzen-

'!

Fig. 16. tIomogenherdige rechtsseitige Lungentuberkulose. (31 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobachtung.]

pleuritis. Akzidentelle Sp]tzenfeldtr~bung kann durch einseitig dickere Muskulatur, Dri~senschwellung, Kompression einer Spitze - - nach meiner Erfahrung gar nicht selten durch fehlerhafte H~ltung und gezwungene Atmunssstellung bedingt -- , durc~h Quersc,hnittsver- grSsserung bei Skoliose, durc'h den Schatten der Art. subclavia und vielleicht noch manches andere hervorgerufen sein. Natiirlich kSnnen initiale Spitzenprozesse auch in anderem Bride ~ls durch eine diffuse Triib.ung sieh darbieten, dureh Sp,itzenfl~ckchen oder peribronchitisvhe steeknadelkopf- his linsengrosse KnStchen (Fig. 11 mad 12).

Geht die Ausdehnung der diffusen Beschattung iiber einen sol ch kleinen Umfang hinaus, so kann doch ein relativ gutartiger Prozess ~grui lde liegen, wie das dutch Fig. 16 dargestellte Beispiel

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200 Heinrich Gerhartz. [10

zeigt, wo ein ziemlieh scharf abgesetzter, sehr dunkler Herd dieser Art vorhanden war. Wo natfirlich die Innengraaulierung und z~ntrale u vor dem Konfluieren der verk~sten Zentra z,urficktritt,

Links Recht s

Fig. 17. Homogenherdige Tuberkulose des rechten Oberlappens. [Eigene Beobachtung.]

ist die Tendenz des diffus-homogenen Herdes eine ungfinstige. Fig. 17 und 18 sind Beispiele far eine ausgedehnte Konfluxion. Fig. 18

/ >

Links Recht s

Fig. 18. Ausgedehnte homogenherdige Lungentuberkulose. [Eigene Beobaehtung.]

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11] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 201

stammt yon einer k~sigen Pneumonie, wo diffuse oxsudative Pro- zesse als Ganzes sequestrieren kSnnen. H~ufig findon sigh aueh

r J

/

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L i n k s

Fig. 19. Vom linken Lungenhilus ausgehende homogenherdige Tuberkulose. [Eigene Beobachtung.]

bier inteusivere disseminierte ~Ierdchen in den homogenen Herd- schatten e ingeslarengt. Abgesehen von der grossen Ausdehnung der

J

J

L i n k s

Fig. 20. Vom linken Hilus ausgehende homogenherdige Tuberkulose bei aus- gedehnter kavern6ser Tuberkulose der rechten Lunge. (40j~ihriger Mann.)

[Eigene Beobachtung.]

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202 Heinrizh Gerhartz. [12

k~sig pneumonischen Herde ist die periphere Neuentstehung yon ziemlic~h grossen Kn6tchen ein Zeiehen f~ir diesen Typ.

Eine besonders rSntgenologiseh sehr markante und deshalb als klinischer Typ gut abtrennbare Form ist aueh

D. die y o r e H i l u s a u s g e h e n d e T u b e r k u l o s e (Fig. 15, 19 und 20). In tier Regel b,efindet sich ein unscharf abgegrenzter Sehatten im Zusammenhang mit dem Hilus. Die Sehattenintensitfit nimmt dabei yore Hilus aus naeh der Perip,herie zu ab, so dass der Herd eventuell diffus in das Lungenfeld fibergeht. Er besitzt Keilform, wob,ei die Basis zentral lieg't. Die Ausbreitung gesehieht gewShnlieh naeh dem Oberlappen hin. Diese Form, die bei SLug-

X

Rechts Links

Fig. 21. Rechtsseitige Bronchialdrt~sentuberkulose. [Eigene Beobachtung.]

lingen relativ t~ufig ist, sollte ~uoh schon deshalb abgetrennt werden, well sie, wenn nicht gerade eine verlS~te Hilusdr~ise (Fig. 21) in das Lungengewebe durchgebroohen ist, einen zSemlieh gutartigen Ver- lauf nimmt und auch noch durch andere, d e r Bronchiuldriisen- beteiligung eigentfimliche Herkm~e ausreichend charakterisiert ist.

E. Es ist ferner notwendig, die ~usgedehnte fib, r 5 s e, z i r - r h o t i s e h e L u n g e n t u b e r k u l o s e klinisch fiir sich z u rubri- zieren. Sie macht so augenf~llige Erseheinungen, dass sie oft schon auf blossen Anb]iok bin erkalmt werden kann an der Schrump.fmlg und Fixation der einen Brustkorbt~lfte, der Einziehung und Ver- schmiilerung der Zwisehenrippenr~ume, dem steilen Abfall der Rippen, der geringen Respirationsfahigkeit, an dem Tiefstand der Schulter der befallenen Seite, lokalen Venenerweiterungen und an der starken Dyspnoe.

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13] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 203

Die zirrhotische Lungentuberkulose ftihrt nieht z ur Kachexie und verlauft immer ohne hohes Fieber, mitunter fieberlos. Im Aus- wur/ fiuden sich h~iufiger ~I u c h sche Gra.nula als Sti4bchen. Die Tuberkulinproben sollen oft negativ ausfallen. RSntgenologSsch ist der Typus dureh eine diffus fl~ichenhafte intensive Verdunkelung oder doch grosse Herde (Fig. 22 und 23), Verkleinerung des er- krankten Lungenfeldes, Verlagerung der Mittelorgane, Zwerchfell- hochstand anf der kranken Seite ausgez.eichnet und yon der k~isigen Pneumonie gut zu unters.cheiden. Auf der gesunden Seite p flegt sich ein vikariierendes Emp.hysem auszubilden. Die Folge ist eine

Rechts Links

Fig. 2"2. Zirrhotische Lungentuberkulose. (41 Jahre alter Mann.) [Eigene Beobachtung.]

Aufhellung des Lungenfeldes der gesunden Seite. Infolge der Schrumpfung der Lunge wird neben dem Sternum auf tier kranken Seite in einem bandfSrmigen Bezirk hooh-tympanitischer Schall nnd W i n t r i o h scher Schallwechsel gefunden. H~ufig sind asthma- ahnliche Zust~nde.

Typisch sind fiir die Gruppe aueh grosse Kavernen in den g rossen Herden, w~hrend es bei den bronehopneumonischen Formen - - weil sie schnell fortschreiten - - und bei der kleinknotigen azin6s- nodSsen initialen Tuberkulose nur z,u kleineren HShlenb.ildungen kommt.

Zu dem letzierwahnten Typ rechnet auch die k a t a r r h a 1 i s c h- a s t h m a t i s c h e F o r m d e r l a n g s a m p r o g r e d i e n t e n A 1 t e r s t u b e r k u 1 o s e. Charakteristisch fiir diese Verlaufsart der

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20t Beinrich Gerhartz. [14

Tuberkulose der Iuvolutionsperiede sind vers~hleierte Di~mpfungen, Emphysem, geriuge Sekretion, asthmaartige AnfElle, die mit lang- dauernder Dyslanoe , sub,febrilen Temperaturen, Appetitlosigkeit und Abmagerung einhergehen und in einen sehr starken, aber bald sich zurfiekb,itdenden Bronehialkatarrh aus~zuklingen p~legen. Die katar- rhalischen und asthmatischen Perioden kSnnen sich jahrzehntelang wiederholen.

F. Die a t y p i s c h e L u n g e n t u b . e r k u l o s e der Diabetiker, Traumatiker, Kinder zeigt sich wie die tier Greise unter den be- sprochenen rSnt~enotogisr Bil.dern. Die Abtrennung dieser Formen

Links Rechts

Fig. 23. Chronische fibr~ise zirrhotlsche Lungentuberkulose. [Eigene Beob- achtung.]

ist haupts~ehlich vom prognostischen Gesichtspunkte aus zweck- m~ssig. Es genfigt, for diese Kutegorien einen entsprec'henden Zu- satz ~u den e~aen besp,rochenen Typen zu maohen.

Die T y p h o b a z i 11 o s e (L a n d o u ~ y) ist gentigend klinisch, abet nicht r6ntgenologiseh gekennzeichnet. An Unterleibstyphus er- innern bei dieser sehr seltenen, akuten - - un~ef~thr 3--4 Wo(~hen dauernden - - Taberkuloseform die grosse Mattigkeit, die geringen subjektiven Beschwerden, tier Fieberverlauf, die Leukop,enie (his auf 2200 Leukozyten im cram herab) und tier Mil~tumor. Roseola, Pulsverlangsamung, Durchf~lle fehlen. Ferner sprechen ~egen Typhus der negative Ausfall der A~glutinationspriifung, die sGhon frfih auf- tretende und rasdh fortsc~reitende An~mie, h~mophile Diathese

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15] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 205

(Haut- und Sehleimhautblutungen, starke Epistuxis, Augenhinter- grundsblutungen, geringe Darmblutung). Im Blutbild fiberwiegen anfangs ;die kleinen Lyml~hozyten, spi~ter, vor dem Exitus, die grossen. Daan tritt an die Stelle tier Leukozytenverminderung eine Hyper- leukozytose. Die Typhotuberkulose, die bei jttgendliehen, vorher an- scheiaend ges~nden Personen aufzutret.en tgiegt, heilt entwoder ab, oder sie geht in eine typis(~he Lungen-, Pleura- oder Mesenterial- tuberkulose fiber.

Die ebenfal]s sehr seltene Sep, t i k o t u b e r k u l o s e N e u - m a n n s ist ein toxisch, niCht durch septische Infektionserreger bedingtes sepsisartiges Interval] im Verlauf meist einer pneumonischen Phthise. Ihre wiehtigsten Zeichen sind Leber- and Milztumor, Ikterus, allgemeine Gelenkschwellungen. Im Blut sind Tuberkelbazillen vor- handen.

Ftir die Erkennung der T e n d e n z d e r E r k r a n k u n g ist vor allem die Beobachtung der Form der Metastasen wertvoll. Ill

Fig'. 24. Herde der klisigen Bronchopneumonie. Schematisch gezeichnet nach einer Photographie von N i k o I.

der Regel gesehieht die Propagation des tuberkulSsen Prozesses durch bronehogene Tochterherde entweder k~sig-exsudativer oder fibrSs-k~siger Natur. Die mehr fibrSsen Prozesse manifestieren sich in der Form kleinster, traubenf6rmig angeordneter Tuberkelherdchen. Figur 5 gibt eine Ansehauung dieser Art tier Verbreitung. In anderen Fiillen kommt es mehr zu diffusen und ununterbroehenen sekund~ren Prozessen. Dann pflegt die Entzfindung und Exsudation eine grSssere za sein and die Verk~sung tritt mehr in den Vorder- grund. Solehe Prozesse erscheinen als kleine lob, ul~re und insulare Herde - - b,ronchopneumonisghe Form, h~upt~chlich bei jugend- lic~hen Individuen (Fig. 24) - - mit Verkitsung der Endbronchien und des umgebenden Lungengeweb.es oder Ms kSsig gewordene Ver- schmelz-ungen mehrerer ]ob,ul~rer und insuliirer, ursp,rfinglich trauben- artig" gestalteter Herde (Aspirationspneumonie). Solche ~kuten und s~b.akuten tuberkul6sen Bronehopneumonien kommen vorwiegend bei Kindem vor.

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206 Heinrich Gerhartz. [16

Ob der im Lungenfeld beobachtete S o 1 i t ~ r k n o t e n mit ein- zureihen ist, ist noch kontrovers. Es handelt sich dabei um einen

�9 isolierten, sdlarf ab~egrenz4en Sehattenherd von Kreisform und einem Durchmesser yon etwa 6 oder mchr ram. Er ist gewShnlich sehr dunkel, also als verkreidet oder verkalkt anzusehen. Sole'he Herde sind sehr selten. Ich selbst h~be in 8 Jahren unter einem grossen Material nur 7 F~ille gefunden. In Figur 25 ist der be- merkenswerteste, der yon einer 55 j~ihrigen Fr~u herstammte, wieder- gegeben. E r besass einen Durchmesser von 25 ram. Ausser ihm war nichts Abnormes im Lungenfeld und am Hilus zu finden. An der reehten Halsseite war die Narbe einer vereiterten Driise

J I / / I

Rechts

Fig. 25. Grosser Solitarknoten. [Eigene Beobachtung.]

zu sehen. Der perkussorische und auskultatorische Befund war auch bei mehrfacher sorgfiiltigster Unters~ehung v611ig normal.

Die Deutung solGher, auch von anderen (K e i n e r , K 5 h l e r und S i m o n) beobachteten Schattenherde (Fig. 26--29) ist des- halb schwierig, weft entscheidende Sektionen noeh fehlen. Zur Dis- kussion stehen einerseits primi~re, sekund~re tuberkulSse Herde, Aspirationsherde bei kKsiger Bronchitis, andererseits erkrankte Pul- monaldrtisen. In letzter Zeit ist die Auffassung, class es sieh um prim~ire Tuberkuloseherde handle (S i m o n), vorherrschend geworden. Diese Anschauung hat vorziiglich dutch die neueren Angaben der Anatomen fiber den Sitz der prim~iren Lungentuberkulose FSrde- rung erfahren. Gegen die Auffassung, die intrap,ulmonalen Solit~r- knoten stellten tuberkulSse Driisen dar, machte man geltend, dass es auffallend sei, d~,ss immer nur eine einzige Drtise einer Driisen-

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]7] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 207

kette befallen sei, ferner der Lung'enherd verkalkt, dor zugehSrige HJlusdrtisellschatten dagegen nieht verkalkt, also doch wohl jtinger sei, endlich tier periphere Lungenherd grSsser als der zugehSrige Bronchialdriisenherd za sein p.flege, also der Ausgan~spunkt der Drtisenerkrankung sein mtisse. Diese Beweisstfic'ke halte ieh nicht fiir bindend. Isoliertes Befallensein nut eiaer einzigen Drtise hat niehts Auffallendes an sich, denn im Hilusschatten einer Seite finder man aueh das eine Mal nur einen einzigen, ein andermal

/

Recbts

Fig. 26. Mehrere (sehr dunkle) iso- lierte Solit~rknStchen im rechten Lungenfeld. Die fibrSse Tuber- kulose dor rechton Lunge ist nicht wiedergegeben. [Eigene

Beobaehtung.]

Rechts

Fig. 27. Peripherer Solit~rknoten mit n u t verstarktem rechtsseitigem ttilus- schatten. (56jahriger Mann.) [Eigene

Beobachtung.]

mehrere Verkalkungsherde. Die Tafela 1 2 (rechte SeRe), 40, 49 und 59 des Z i e g 1 e r - K r a u s e schen Atlas sind dafiir Beispiele. Im Gegensatz zu S i m o a habe ieh immer gefunden, class die Hilus- herdchen ~nd intrap,ulmonalen Horde gleiche Schattendichte besassen. Ich finde alas auch an den Abbildungen des erwi~hnten Arias (Tafel 32, 38, 41 und 51) bes~ti~, mitunter gar den intrap,ulmo- nalen Sc,hattenherd (Tafel 49 trod 59) holler als den hilusnahen. Dass die Gr5sse der Horde keinen sic'heron Hinweis auf ihr Alter gibt, ist yon den anatomisehen Arbeiten tiber die Bronchialdrtisen- tuberkulose her bekannt. Der tuberkulSse Prim~raffekt kann so

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208 Heinrich Gerhartz. [18

winzig sein, dazs er auch b,ei ausg'edehnter Lungentuberkulose nur schwer nuehweisbar wird.

Links

Fig. ~8. Mit dem linken Hilus in Zusammenhang stehender Solit~rknoten bei sonst normMem Lungenbefund. (43j~thrige Frau.) [Eigene Beobachtung.]

Die Auffassung, dass die Solit~rknoten tuberkul6se verkalkte D r i i s e n seien, hat mehr ffir sich. Zun~iehst ist die Ubereinstimmung

Fig. 29.

Recbts

Solit~rknoten im reehten Lungenfeld. (62jahriger Mann mit Tuber- kulose der linken Lunge.) [Eigene Beobachtung.]

in Form, GrSsse und Intensit~t zwischen den intr~Pulmonalen und peripheren Sc'hattenknoten einerseits und den hilusnahen anderer- seits fiberraschend (vgl. Tafel 49 und 51 im Z i e g 1 e r - K r a u s e-

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19] Die Abgrenzung der Lungentuberkuloseformen etc. 209

schen Atlas) . F i i r w ich t ige r hal te ich, dass in a l len F a l l e n (vgl. z. B.

Figm" 28) Verd ieh tungsz i ige vom H i l u s naeh den Scha t t en f l e@en zu bes~ehen. Da die L u n g e n sehr l y m p h r e i c h s ind und die L y m p h - gef/isse en t lang den Blutg'ef/issen ver laufen , diese Str~inge ab,er ana log

dem Zuge der Blutgef / isse h inz iehen, lieg't die A l m a h m e , dass es sieh um in eine Lymphgef/isskette eingelag'erte tuberkulSse Drfisen- herde handeln kaml, doeh nahe. Vor allem seheint mir diese Auf- fassung durch meine Beobaehtung', dass es solitiire grosse Knoten- herde ohne irgend einen anderen Anhalt yogi Tuberkulose an IIilus und Lungenfeld gibt, gest~itzt; denn w~iren solehe grossen, kreis- runden IIerde, die alle Charakteristika einer Kaverne vermissen lassen, tuberkulSse Lungenherde, so wfirden sie, naeh allem, was wir b isher daraber wissen, irgend eine Form der Ausbreitung in die Umgebung" aufweisen, wfihrend Dr/isentumoren, besonders wenn sic relativ gutatq;ig sind und Neigung zur Verkalkung besitzen, gern in dieser Form (vgl. Fig'. 21) erseheinen, leh babe ferner intrapulmonale Solitfirknoten bei Mediastinaltumoren gesehen, wo sie doeh kaum etwas anderes als Driisenmetastasen bedeuten kSnnen.

L i t e r a t u r .

1. Ke in e r , Zur RSntgendiagnostik der kindlicben Bronchialdrfisentuberkulose. 84. Vers. d. Natm'f. u. Xrzte, Mtinster 1912. 23. Abt, Kinderheilk.

2 A. K f h l e r , Zur RSntgendiagnostik der kindlichen Lungendrtisentuberkulose. Hamburg 1906.

3. M i l l e r , Das Lungenl~ppchen, seine Blur- und Lymphgefiisse. Arch. f. Anat. 1900. S. 197.

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5. E. Rach , Beitr/ige zar RCintgendiagnostik der Lungentuberkulose im Kindes- alter. Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 8, H. 4. 1918.

6. S i m o n , G e o r g , 0her den r(intgenograpbischen Nachweis des primaren Lungenherdes bei tier Bronchialdrasentuberkulose. B r a u e r s Beitr. Bd. 26. S. 141--153. 191&.

7. Z i e g l e r , O t to und K r a u s e , P a u l , R(inlgenatlas der Lungen~uberkulose. Warzburg 1910.

�9 Beitrligo zur Klinik der Tuberkniose. B:I. XXXIV. It. 2. 14