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Die ärztliche Aufklärungs- und
Dokumentationspflicht
OA Dr. E. Attems LKH Deutschlandsberg
Hysteroskopie Workshop 2014
I. Präoperative Aufklärung und deren Dokumentation (OP-Aufklärung, Anäaufklärung, Pflegedoku, KG, Anamnese etc.)
II. Dokumentation auf dem Weg in den OP (OP-Checkliste)
III. Intra- und postoperative Dokumentation (Bilddokumentation, OP-Bericht, Narkoseprotokoll)
I. Ärztliche AufklärungspflichtWarum?Wer?Wen?Wann?Worüber?
Warum Aufklärung?
Ärztlicher Eingriff ohne Einwilligung stellt eine (strafbare) eigenmächtige Heilbehandlung dar iSd § 110 StGB
Ordnungsgemäße Aufklärung ist die Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung
Durch Einwilligung macht Patient von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch – steht über med. Therapieempfehlung!
Recht auf vorherige Aufklärung und umfassende Information („informed consent“)
Beweispflicht der Aufklärung durch Arzt („Körperverletzungsdoktrin“)
Wer klärt auf?
der Arzt, der den Patienten aufgeklärt hat, muss den Eingriff nicht durchführen
Kollege des Operateurs, Voraussetzung: entsprechende Fachkenntnis
Keine Delegierung an nichtärztliches Personal, Stationsarzt, TA
Aufklärungsadressat
Vorliegen von Urteils- und Einsichtsfähigkeit
Bei mündigen Minderjährigen ab dem 14. Lebensjahr
Psychisch Kranke, solange diese urteilsfähig sind
Ausländer: bei unzureichender Sprachkenntnis
Dolmetscher beiziehen
Einwilligung von Angehörigen unwirksam
Zeitpunkt der Aufklärung
Angemessene Überlegungsfrist
Idealerweise bei Erstgespräch bzw. Indikationsstellung zur Operation
Faustregel 24 Stunden („Einmal überschlafen“)
Bei kleineren Eingriffen genügt Vorabendaufklärung
Inhalt der Aufklärung
Diagnoseaufklärung
Bei gesicherter Diagnose: Information über den ärztlichen Befund
Bei Verdachtsdiagnose: Patienten auf Zielsetzung der geplanten Maßnahme hinweisen
Therapie(Verlaufs-)Aufklärung
Art und Schwere des EingriffsDringlichkeit und Umfang des EingriffsErfolgsaussichten bzw. VersagerquotenVerlauf ohne Behandlung
Risikoaufklärung
Aufklärung über die Möglichkeit von Komplikationen trotz lege artis Behandlung
Über typische eingriffsspezifische Risiken ist immer aufzuklären
Keine Verpflichtung über alle nur erdenklichen Folgen und allg. Kompl. aufzuklären
Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden
Der Arzt muss den Patienten über mehrere zur Wahl stehende adäquate Verfahren informieren und mit ihm die Vor- und Nachteile abwägen, wenn Unterschiede in Bezug auf Risiken, Eingriffsintensität, Folgen oder Erfolgssicherheit verbunden sind (s. OGH zu GZ 10 Ob 503/93)
Das Selbstbestimmungsrecht wird verletzt, wenn ihm reale Wahlmöglichkeiten vorenthalten werden
Wahl zwischen konservativer Behandlung und operativem Eingriff (s. OGH zu GZ 10 Ob 50/07m)
Aufklärung über Operationserweiterung!!
OGH zu GZ 10 Ob 50/07m Im Falle eines Erweiterungseingriffes bei einer Operation
wiegt die freie Selbstbestimmung des Patienten um so schwerer, je größer die zusätzlichen Risiken des eigenmächtigen Erweiterungseingriffs und je gravierender die Auswirkungen auf den Patienten sind.
Im Zweifel wiegt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten höher.
Kann ein Eingriff ohne besondere Probleme abgebrochen werden, ist die OP abzubrechen und die Aufklärung nachzuholen.
Grundsatz: Je weniger dringlich ein Eingriff ist, desto umfassender ist der Patient aufzuklären.
Aufklärung umso strenger, je mehr der Eingriff bloß der Diagnose und nicht der unmittelbaren Heilung dient.
Aufklärung über Operationserfahrung des Operateurs?
OGH zu GZ 4 Ob 166/08b: Nicht jeder Patient kann darauf bestehen, nur von jenem Arzt operiert zu werden, der die größte Erfahrung und die allerbesten Voraussetzungen für ein geringstmögliches OP-Risiko aufweist.
Aufklärung über die Anzahl der vorher ausgeführten Operationen ist nicht erforderlich
Aufklärungsverzicht:
Dokumentation! betrifft nur Selbstbestimmungsaufklärung fehlendes Nachfragen des Patienten stellt keine
Aufklärungsverzicht dar
Dokumentationsmodalitäten
Formalia (genaues Datum und Uhrzeit, Ort, aufklärender Arzt, anwesende Personen)
Inhalt des Aufklärungsgesprächs
Aufzeichnung in Form von Stichworten
Details immer dann, wenn Angaben sonst nicht nachvollziehbar
„Individuelle Aufklärung“
Vermerke und Zeichnungen handschriftlich unverzichtbar!!
Stand. Aufklärungsbogen geringer Beweiswert (Hilfsfunktion, Gedächtnisstütze)
Aufklärungsumstände z.B. Verhalten des Patienten
II. OP-Checkliste
Ziel der Checkliste ist, die Sicherheit des Patienten im Rahmen von operativen Eingriffen zu erhöhen
Durch korrekte Anwendung ist garantiert, dass alle sicherheitsrelevanten Infos aktiv abgefragt werden – mehrere Stoppfunktionen!!
Verwendung der Checkliste führt zu einer Reduktion der Komplikationen und Mortalität um mehr als 30 % (New England Journal of Medicine 2009)
III. Intra- und postoperative Dokumentation
Bilddokumentation
OP-Bericht
Abfassung des OP-Berichtes
Primär der Operateur (bei Verhinderung erster Ass.)
Zeitnah direkt nach der Operation (Dokumentationskraft deutlich schwächer bei später erstellten Berichten)
Formalia (Pat. Name, Geburtsdatum, OP-Datum, SN-Zeit, Operateur, Ass, Anästhesist, OP –Schwester, OP-Pfleger)
Status einer Operation
Diagnose und durchgeführter Eingriff
Kurz die Indikationsstellung umreißen
Sorgfältige Beschreibung des aufgedeckten Befundes
Begründung bei Abweichen von üblichem Vorgehen; jede Phase der OP muss nachempfunden werden können = Dialog mit FA-Kollegen
Aufgebotene Sorgfalt unbedingt dokumentieren
Übergabe der OP an anderen Operateur oder von Ass. an OA dokumentieren
Routinehandreichungen sind nur bei Anfängeroperationen zu dokumentieren
Insgesamt soll die Pflicht zur ärztl. Aufklärung und Dokumentation nicht überspannt werden!
WAS NICHT DOKUMENTIERT
WURDE HAT NICHT STATTGEFUNDEN!!