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226 Die Thekenberge

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Die Thekenberge

227

Inhaltsverzeichnis

3 Die Thekenberge ............................................................................................. 228

3.1 Sehenswürdigkeiten der Thekenberge ...................................................... 231

3.1.1 Der Gläserner Mönch .......................................................................... 231

3.1.2 Fuchsklippe ......................................................................................... 233

3.1.3 Verlorene Wasser ............................................................................... 234

3.1.4 Waldgaststätten .................................................................................. 235

3.1.4.1 Das Landhaus .............................................................................. 235

3.1.4.2 Die Waldgaststätte Kamerun ........................................................ 240

3.1.4.3 Das Forsthaus .............................................................................. 246

3.2 Wanderwege in den Thekenbergen ........................................................... 249

3.2.1 Eine Tourbeschreibung der Teilnehmer des Projektes ....................... 251

3.3 Die Malachithöhlen und das Komplexlager 12 .......................................... 255

3.3.1 Die Komplexlager (KL–12) der NVA ................................................... 255

3.3.2 Bau der Malachithöhlen in den Thekenbergen.................................... 256

3.3.3 Geschichte des KZ-Außenlagers ........................................................ 257

3.4 Thekenberge aktuell .................................................................................. 258

3.5 In Archiven gestöbert ................................................................................. 259

3.5.1 Mitteilungen eines alten Blankenburgers von 1897 über das Landhaus

259

3.5.2 Wanderung zum Hoppelberg .............................................................. 261

3.5.3 Spaziergang am Stadtrand (Anno 1958) ............................................ 265

3.5.4 Wanderung durch die Thekenberge .................................................... 268

3.6 Bildergalerie .............................................................................................. 275

3.7 Quellenverzeichnis .................................................................................... 284

3.8 Abbildungsverzeichnis ............................................................................... 285

228

3 Die Thekenberge

Im Süden der Klus- und Spiegelsberge von Halberstadt befinden sich die Theken-

berge. Sie sind ein schmaler, langgezogener Höhenzug vor Halberstadt. Der im

Osten sanft auslaufende Höhenrücken wird nach Westen hin, vor allem auf der

Südseite immer steiler. Die felsige, teils bewaldete, teils heideartige Landschaft, ist

Teil des Naturschutzgebietes „Harslebener Berge und Steinholz“. Deshalb gilt im

gesamten Gebiet ein Wegegebot. Höchster Punkt ist der „Große Thekenberg“ mit

205 m über NN. Ihr westlicher Ausläufer wird von einer schon von weitem sichtbaren

bizarren Felsklippe geprägt, dem „Gläsernen Mönch“.

Einer Sage nach wurden vor langer Zeit ein Mönch und eine Nonne wegen eines

Vergehens in Stein verwandelt, von denen der die Nonne verkörpernde Felsen im

Jahre 1864 durch einen Blitzschlag im oberen Bereich zerstört wurde. Die alten

Germanen nannten dieses markante Sandsteingebilde „Thorstein“; Ausgrabungen

zufolge handelte es sich um eine alte Opferstätte, welches durch prähistorische

Funde belegt ist. Die auf dem Gipfel im Fels eingearbeitete Vertiefung diente zum

Auffangen des Opferblutes.

Über eine Treppe mit 169 Stufen ist der Gläserne Mönch vom ehemaligen Landhaus

gut erreichbar. Von dort oben kann man einen herrlichen Rundblick auf das unterhalb

gelegene „Verlorene Wasser“, den nahen Hoppelberg, die Zwieberge, den Brocken

und den Harz genießen.

(Das „Verlorene Wasser“ ist ein kleines Gewässer, das durch ein Bächlein aus einem

verschwiegenen Wiesengrund gespeist wird. Es gibt mehrere Versionen, weshalb

das Gewässer „ein Verlorenes“ sei, aber allen liegt Legende zugrunde, dass in ihm

ein Fuhrwerk oder eine Brautkutsche für immer versunken sein sollen, weil das

Wasser eben so unendlich tief war. Es liegt an der alten historischen Heerstraße

nach Blankenburg, so dass es nicht abwegig ist, dass hier in alter Zeit tatsächlich mal

ein Fuhrmann mit seinem Frachtwagen und seinen Pferden ertrunken ist – wer kann

das heute noch sagen? Das Gewässer hat zwar einen schwachen Zufluss, aber

keinen Abfluss, es versickert im Boden.)*1

Die am Fuße des Gläsernen Mönch gelegene geschichtsträchtige Gaststätte „Land-

haus“ ist am 21.Mai 1998 abgebrannt und wurde noch im 19.Jahrhundert mit Wasser

aus dem etwa 150 Meter entfernten „Verlorenen Wasser“ versorgt.

In den letzten Jahrzehnten brannte es sehr oft in den Thekenbergen.

229

In der Zeit von 1962 – 1989 entstanden 120 Waldbrände, und diese überwiegend in

den Thekenbergen.

05.07.1963 04.03.1980

14.08.1965 27.03.1982 29.04.1967 28.03.1982 09.07.1968 18.04.1982 01.11.1968 16.05.1982 05.05.1971 12.07.1982 13.08.1971 13.07.1982 19.08.1971 Rauchentwicklung am Schießstand des Landhauses, es kommt nicht zum Brand

18.09.1982

20.08.1971 19.09.1982 23.05.1972 21.09.1982 05.07.1973 08.11.1982 25.07.1973 12.03.1983 27.08.1973 26.10.1983 05.09.1973 27.10.1983 06.09.1973 21.04.1984 15.09.1973 27.04.1988 06.08.1975 28.04.1988

11.08.1975 25.05.1989 14.08.1975 06.09.1995 18.08.1975 21.05.1998 Das Landhaus brennt 10.05.1979 14.09.1999 01.06.1979 15.09.1999) *2 03.06.1979

Nördlich vom Gläsernen Mönch befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft ein

weiterer Felsen, der sogenannte „Dohrnstein“, von den Halberstädtern auch wegen

seiner Konturen als „Schlafender Löwe“ bezeichnet.

Noch etwas nördlicher erhebt sich ein weiterer Felsen, der sogenannte „Vorkopf“.

Vom Gläsernen Mönch führt auf dem oberen südlichen Abhang ein Wanderweg in

östlicher Richtung, über den man in Folge die Kalte Warte (höchste Erhebung der

Thekenberge), die „Alte Wache“, die Fuchsklippe (nur als Aussichtspunkt bekannt),

die „Steinkuhlen“, den „Krähenhüttenfelsen“, die „Steile Wand“, die Mookshöhe, die

„Eulenklippe“ die Kaiserhöhe (mit dem leider nicht mehr vorhandenen Aussichtsturm

aus dem Jahre 1892) bis hin zum „Kleinen und Großen Thekenberg“ erreicht.

(Am Fuße des Großen Thekenberges gibt es ein besonderes Naturschauspiel zu

beobachten, wenn auf dem Ackerland plötzlich ein 12 ha großer zu- und abflussloser

Flachwassersee entsteht. Das passiert allerdings nicht in jedem Jahr. Er trägt im

Volksmund den Namen „Schnepfensee“, weil er durchziehenden Schnepfenvögeln,

deren Brutgebiete bis in die arktischen Tundren reichen, Rastmöglichkeiten bietet.

230

Interessant sind zwei große Sickerschächte eines Entwässerungssystems aus dem

19. Jahrhundert.)*3

Bis Mitte des 18.Jahrhunderts waren die Thekenberge wie auch die Klusberge

unbewaldet. 1854 startete man den ersten Versuch, die kahlen Berge aufzuforsten.

(Die heutige Beckerstraße wurde nach dem damaligen Bürgermeister Dr. Becker, der

dieses Amt von 1861 – 1875 verwaltete und sich um die Aufforstung der Klus- und

Thekenberge besondere Verdienste erwarb, benannt.)*4

Ab 1863 begann man mit der planmäßigen Bepflanzung und im Jahre 1884 wurde

ein Förster eingestellt. Im nordöstlichen Ausläufer der Thekenberge erreichte man ab

1885 über die Westerhäuser Straße von Halberstadt kommend das Forsthaus

Thekenberge und auch die Gaststätte gleichen Namens. (beide nicht mehr

vorhanden).

(Die Thekenberge hießen früher Zeckenberge, sie dienten als Schaftrift (Weide) und

sind seit 1860 bewaldet. Die Zecke lebt als Schmarotzer auf den Schafen. Das „T“ ist

ein Plattdeutscher Laut, für hochdeutsch „Z“. So ist eine allerdings bisher noch nicht

erwiesene Namenserklärung entstanden.

Außer den reichen Holzbeständen, waren die Steinbrüche in den Thekenbergen von

wirtschaftlicher Bedeutung, in denen die gelblich grauen, sogenannten mittleren

Quadersandsteine gebrochen wurden. Diese sind von Natur aus ziemlich weich, sie

verhärten aber an der Luft, und erhalten dann eine große Festigkeit.)*5

Ein Drittel der Thekenberge im nordwestlichen Teil sind leider wegen unterirdischer,

von Häftlingen des ehemaligen Konzentrationslagers Langenstein – Zwieberge

1944/45 geschaffenen Höhlenanlage „Malachit“ aus Sicherheitsgründen eingezäunt

und für die Bevölkerung gesperrt.

Fast vergessen sind in den Thekenbergen Katzengrund, Wartnerweg,

Krähenhüttenfelsen oder auch die Kaiserhöhe.

Quelle: (www.halberstädter-berge.de/thekenberge/ Knut Schneider, 2012)

Quelle: (wikipedia.org/wiki/Thekenberge , 2012)

*1 langenstein-harz.de/wasser.html

*2 feuerwehr-langenstein.de/sites/Chronik/hist_einsaetze.

*3 harzregion.de/geopark/14.html

*4 Halberstädter Straßen ABC – Werner Hartmann

*5 Zwischen Harz und Bruch

231

3 .1 S e h e n sw ü rd igk e i t e n de r The k e nb e rg e

3 . 1 . 1 D e r G l ä s e r n e r M ö n c h

Mit etwas Phantasie kann man den Mönch mit Kapuze noch erkennen. Und

eigentlich hieß diese Sandsteinformation in den Thekenbergen in früherer Zeit

„Thorstein“. Politisch hatte mit den heidnischen Göttern und Bräuchen wenig am Hut,

was zum Teil bis heute gilt. Gut also, dass es eine Sage zu dieser Gesteinsformation

bei Halberstadt gab. Angeblich haben erstmals eine Nonne und ein Mönch an dieser

Stelle das Keuschheitsgebot gebrochen und als Strafe in Stein verwandelt“.

Abbildung 1 Der Gläserne Mönch 1911 Quelle: siehe Text

Abbildung 2Der Gläserne Mönch und das Landhaus Quelle: siehe Text

232

Mönch – glaren“, bedeutet Mönch aus Stein, woraus im Volksmund später gelesen

wurde, weil der Fels bei entsprechendem Licht gläsern wirkt. An dieser Sage

angelehnt, heißt der „Thorstein“ heute „gläserne Mönch“. War es, dass diese

Felsgruppe ein nordwestlicher Ausläufer der „Teufelsmauers“ ist. Und die bildete sich

bereits in der Kreidezeit vor ca. 60. Millionen Jahren heraus. Wahr ist auch, und

wissenschaftlich bewiesen, dass der „Gläserne Mönch“ schon vorgeschichtlicher Zeit

ein Aufenthaltsort für Menschen war.

Zahlreiche Funde im Umfeld des „Gläsernen Mönch“, darunter in einem Hockergrab

ein langer Bronze – Nietendolch, weisen bis in die frühe Bronzezeit vor ca. 4.000

Jahren zurück. Dies war die Zeit der Urgermanen. Mindestens seit dieser Zeit war

diese prägnante Gesteinsformation Kultstätte. Später, insbesondere zu Zeiten als

die Menschen begannen sesshaft zu werden, war es ein prädestinierter „Ausguck“

um das umliegende Harzvorland zu überwachen. Heute muss nichts mehr überwacht

werden. Geblieben ist der Mythos und 169 Stufen. Die führen zum Aussichtspunkt

und der bietet einen außergewöhnlichen Ausblick auf den Harz, das Harzvorland den

Huy und die Hoppelberge. Daher ist der „Gläserne Mönch“ auch zu einem beliebten

Ausflugsziel geworden, dass aber mit dem Fahrzeug nicht zu erreichen ist.

Eine Wanderung zum „Gläsernen Mönch“ ist aus Richtung Langenstein oder

Halberstadt zu empfehlen. Von Langenstein (Ortsausgang) ist es der kürzere Weg.

Nach etwa 2 km hat man das Ziel erreicht. Davon führen etwa 1,5 km auf dem gut

ausgebauten Harzvorland – Radweg entlang, bevor der Weg dann rechts zum

„Gläsernen Mönch“ abbiegt. Wer etwas mehr Kondition hat, sollte bei Hin- oder

Rückweg einen in der nahe gelegenen Gedenkstätte KZ Langenstein – Zwieberge

ins Kalkül ziehen.

Von Halberstadt aus empfiehlt es sich vom Tierpark Spiegelsberge zu starten. Durch

den gleichnamigen Landschaftspark in Richtung Langenstein, hat man das Ziel nach

etwa 4 km erreicht. Diese Strecke ist ein Rundweg, der auch als „Rundweg Gläserne

Mönch“ ausgeschildert ist. Eine wunderschöne, zum Großteil Naturgelassene

Vorharzlandschaft, abseits von Touristenströmen, macht diesen Ausflug besonders

empfehlenswert.

Quelle: (www.ausflugsziele-harz.de)

233

3 . 1 . 2 F u c h s k l i p p e

Die Fuchsklippe ist ein Aussichtspunkt auf dem oberen Südhangweg. Dort lädt eine

kleine Bank zum verweilen ein, um von diesem erhöhtem Punkt aus die phan-

tastische Aussicht auf den Hoppelberg und die Zwieberge zu genießen.

Quelle: (Kriesel, 2012)

Abbildung 3 Die Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel

Abbildung 4 Der Hoppelberg 2012 Quelle: G. Kriesel

234

3 . 1 . 3 V e r l o r e n e W a s s e r

Unweit des bekannten „Landhauses unter dem Gläsernen Mönch“ liegt ein kleines

Gewässer, das durch ein Bächlein aus einem verschwiegenen Wiesengrund gespeist

wird. Es gibt mehrere Versionen, weshalb das Gewässer „ein Verlorenes“ sei, aber

allen liegt die Legende zugrunde, dass in ihm ein Fuhrwerk oder eine Brautkutsche

für immer versunken sein sollen, weil das Wasser eben so unendlich tief war. Es liegt

an der alten historischen Heerstraße nach Blankenburg, so dass es nicht abwegig ist,

dass hier in alter Zeit tatsächlich mal ein Fuhrmann mit seinem Frachtwagen und sei-

nen Pferden ertrunken ist – wer kann das heute noch sagen?

Das Gewässer hat zwar einen schwachen Zufluss, aber keinen Abfluss, es versickert

im Boden. Quelle: (www.langenstein-harz.de/vwasser, 2012)

Abbildung 5 Das verlorene Wasser Quelle: siehe Text

235

3 . 1 . 4 W a l d g a s t s t ä t t e n

3 . 1 . 4 . 1 D a s L a n d h a u s

In den Thekenbergen unterhalb des Gläsernen Mönches gelegen, befand sich das

„Landhaus“. Als Grenzstation (nach dem Braunschweigischen) als Dreierkrug um

1764 gegründet, entwickelte sich die Gaststätte zur vielleicht beliebtesten

Halberstädter und Langensteiner Ausflugs-Gaststätte. Das auch „Füllsackkrug"

genannte Objekt wurde ab 1821/22 „Landhaus" genannt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg war sonntags so ein Betrieb, dass zehn Kellner angestellt

waren, um den großen Gartenbetrieb (mit Kleintierzoo) und die zwei Säle versorgen

zu können. Die Menschen kamen zu Fuß, per Rad oder mit Pferdewagen ….!

1944 war das Landhaus Unterkunft für KZ-Häftlinge, die das berüchtigte Lager

Zwieberge aufbauen mussten. 1947 kam die Wiedereröffnung als Gaststätte bis um

1990. Am 20. Mai 1998 fiel es einem Feuerbrand zum Opfer, was alle Halberstädter

bedauern.

Quelle:

Abbildung 6 Kalender 2009 Quelle: W.Hartmann

Abbildung 7 Das Landhaus 1930 Quelle: Zeitschrift „Der Harz“

236

Abbildung 8 Das Landhaus 1996 Quelle: „Z.HuB“ Heft 12-1998

Abbildung 9 Das Landhaus 1999 Quelle: G. Kriesel

Abbildung 10 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel

237

Das „Landhaus“ im Harzvorland

Eines der beliebtesten Ausflugsziele in der waldreichen Umgebung Halberstadts ist

die am Südwestausläufer der Thekenberge liegende Waldgaststätte „Landhaus“ am

Gläsernen Mönch. Dieses Wirtshaus hat eine interessante und wechselvolle

Geschichte.

Die Legende weiß zu berichten: Nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges im

Jahre 1763 erhielt ein invalider preußischer Soldat Friedrichs II. die Konzession, am

Flurstück „zum Füllsack“ dicht an der alten Blankenburger Heerstraße, ein Haus zu

bauen und darin einen Bierausschank einzurichten. Dies geschah, und der Gasthof

hieß „Zu den drei Lilien“. Doch schon kurze Zeit später gab der Schankwirt seinem

Lokal nach der alten, eingetragenen Flurbezeichnung den neuen Namen

„Füllsackkrug“. Auch dieser hielt sich nur recht kurz. Das Gasthaus lag nämlich

nahen der damaligen preußisch - braunschweigerischen Landesgrenze, welche an

den Hoppelbergen entlang und über den Tönningsberg (Antoniusberg) verlief.

Vereinzelte Grenzsteine findet man versteckt im Walde heute noch. Der

durchtriebene und verschlagene Wirt hielt es mit den Schmugglern, die dort ihr

Unwesen trieben. Er warnte sie vor den Zöllner, indem er nachts bei Gefahr eine

Kerze ins Gaststubenfenster stellte. Dafür ließ er sich dafür jeweils einen Dreier

zahlen. So kam es das das Wirtshaus von den Schmugglern, dann auch im

Volksmund und schließlich offiziell „Dreierhäuschen“ genannt wurde.

Erst gegen Anfang des 19. Jahrhunderts kam der idyllischen Lage des Gasthofes

wegen der heutigen Name „Landhaus“ auf. Genauer gesagt: „Landhaus am

Gläsernen Mönch“. Das Grundstück liegt nämlich unterhalb eines sehr eigentümlich

geformten, 208 Meter hohen Felsen. Die Sage erzählt, das hier im Mittelalter ein

Mönch und eine Nonne als Strafe für ein Vergehen zu Stein erstarrt sein soll. Im

Jahre 1821 erwarb den Gasthof der Tischlermeister und Gastwirt Friedrich Kahnert.

Er war sehr geschäftstüchtig und hatte den originellen Einfall, an jedem Mittwoch auf

dem „Gläsernen Mönch“ Kaffeekonzerte und Abendmusiken veranstalten zu lassen,

zu welchen er in der damaligen Halberstädter Lokalzeitung regelmäßig einlud. Auch

war damals noch Bruch, das alljährlich am Himmelsfahrtstage, jeweils dem zweiten

Donnerstag vor Pfingsten, lustige Herrenpartien aus den umliegenden Ortschaften,

meist mit geschmückter Kutsche, zum „Landhaus“ pilgerten, um das berühmte

„Landhaus-Stangenbier“ zu genießen. Das Lokal war nun lange Zeit im Besitz von

Gastwirten aus dem Dorf Langenstein. Mittlerweile wurde ein großer Saal das

Jägerzimmer und die Veranda angebaut sowie eine kleine Landwirtschaft betrieben.

Zur Zeit des faschistischen Terrorherrschaft wurde das schöne Landhaus von den

Faschisten für ihre verbrecherische Zwecke mißbraucht. Eine Gedenktafel erinnert

uns daran, daß 1944 in vernagelten Veranda das erste Vorkommando für den Bau

des damaligen Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge, eines

Außenkommandos von Buchenwald, untergebracht wurde. Nach der Zerschlagung

des Faschismus wurde das Landhaus wieder Ausflugsziel für jung und alt.

Zwischenzeitlich HO-Gaststätte, wurde „Landhaus“ vom VEB Elektroinstallation

Sondershausen/Thüringen als Ferienheim mit öffentlicher Gaststätte betrieben.

Regelmäßig wurden Ferienlager für die Kinder der Werktätigen dieses Betriebes in

238

den Sommermonaten durchgeführt. Das moderne Ferienlager in der früheren

Veranda, die weiter ausgebaut wurde, trägt übrigens den Namen Hans Neuperts,

des damaligen Lagerältesten von Langenstein-Zwieberge.

Zu erwähnen blieb noch, daß die Einrichtung „Naherholung“ des Rates der Stadt

Halberstadt Kutschfahrten und Pferdeschlittenpartien für Erholungssuchende zum

„Landhaus“ anbot.

Übrigens konnte der Wanderer im Gastraum zwei Ölgemälde des unvergessenen

Halberstädter Heimatmalers Walter Gemm betrachten, welche das Landhaus mit

Umgebung als Frühlings- und Herbstlandschaft darstellten.

Quelle: (Zwischen Harz und Bruch, 1987)

239

„Brand zerstörte das Landhaus“

…so konnte man im „Halberstädter Tageblatt“ vom Sonnabend, dem 23. Mai 1998,

lesen. Das einst so beliebte Ausflugslokal „Landhaus“, seit über acht Jahren

leerstehend, ist einem verheerenden Brand am Himmelfahrtstag (21.05.) zum Opfer

gefallen und dabei fast völlig zerstört worden. Kameraden der Feuerwehren aus

Halberstadt, Klein Quenstedt, Emersleben und Aspenstedt konnten zum Glück ein

Über-greifen des Feuers auf den angrenzenden Wald verhindern, das Gebäude

selbst je- doch nicht mehr retten. Damit geht eine fast 250jährige

Landhausgeschichte zu Ende.

Quelle: (Grusche, 1988)

Abbildung 11 Das Landhaus Quelle: Feuerwehr

240

3 . 1 . 4 . 2 D i e W a l d g a s t s t ä t t e K a m e r u n

Halberstadts Waldgaststätte „Kamerun“

Der Brauereibesitzer Gustav Dalljo stellte am 12. März 1886 einen Bauantrag zur

Errichtung eines Wohn- Restaurationsgebäudes vor den Thekenbergen, um

gleichzeitig auch noch die „Konzession zur Schankwirtschaft“ behördlich genehmigen

zu lassen. Den folgte im gleichen Monat die Bekanntmachung in einer Anzeige der

„Halberstädter Zeitung und Intelligenzblatt“, um den benachbarten

Grundstücksbesitzer Widerspruch einzuräumen. Einen Namen für seine Gaststätte

hatte er noch nicht.Dem ersten Gastwirt wurde immer nachgesagt, daß er einst der

kaiserlichen Schutztruppe in Kamerun angehörte. Mit Sicherheit wurde er von der

Euphorie seiner Zeit beeinflusst, als das deutsche Kaiserreich sein Territorium durch

den Erwerb von Kolonialgebieten erweiterte. Eine dieser überseeischen Besitzungen

befand sich in Westafrika und hieß Kamerun. Unter diesen Namen führte Herr Dalljo

nun auch sein Ausflugslokal.

Abbildung 12 Kamerun Quelle: G.Focke

241

„Kamerun“ lag mitten im Wald, umgeben von der wunderschönen Landschaft der

Thekenberge und direkt an dem Weg zum „Landhaus“ bevor man hierher kam,

passierte man die Wirtschaften „Lindenberg“ und „Hubertus“ (später auch als

Wirtshaus „Kuske“ und bis zum Abriss auch als „Grüner Jäger“ bekannt.) Eine

andere Route führte an der „Gaststätte-

Spiegelsberge“, unterhalb der „Wartburg“ sowie dem schon genannten Lokal „Grüner

Jäger“ vorbei.

Betrachtet man sich die ‚Bauzeichnungen und auch noch ältere Ansichtskarten von

„Kamerun“, dann fällt sofort die Fachwerkarchitektur auf, wie man sich bei der

„Molkenmühle“, dem „Felsenkeller“, der „Wartburg“, der „Sternwarte“ sowie beim Kur-

und Forsthaus vorfand. Mit diesem Baustil passten sie sich einfach ihrer Umgebung

an und prägten damit das Landschaftsbild. Alle genannten Ausflugslokale wurden

von der Bevölkerung sehr geliebt und an den Feiertagen als Wanderziele

auserkoren. Die Betreiber verstanden es immer wieder, ihre Gäste mit vielfältigen

Überraschungen zu erfreuen. So verging kein Wochenende, an dem nicht die ganze

Familie irgendeine dieser Gaststätten aufsuchte. Man konnte sich hier richtig

heimisch fühlen, weil sie über einen gepflegten Gartenbereich und über gemütliche

Gasträume verfügten. In ihren Sälen spielte oft eine Kapelle und lud zum Tanz ein. In

der „Halberstädter Zeitung und Intelligenzblatt“ wiesen Anzeigen auf solche

Veranstaltungen in „Neu-Kamerun“ hin, die immer sonntags um 15. Uhr begannen

und von dem Gastwirt Friedrich Kirchner angekündigt wurden. Ein frisch gezapftes

Bier und für die Kinder eine Fassbrause schmeckte nach einem Fußmarsch

besonders gut. In „Neu-Kamerun“ schenkte man Niemanns Biere aus. Für die Kinder

ließ man sich immer etwas anderes einfallen. Von einem Zeitzeugen erfuhr ich, dass

Abbildung 13 Postkarte Quelle: G. Focke

242

die jungen Leute eines Tanzstundenabschlussballes am nächsten Morgen

Katerfrühstück nach „Neu-Kamerun“ wanderten.

Gustav Dalljo stellte bald fest, dass er sein Haus viel zu klein gebaut hatte. Die

Bauunterlagen bestätigten uns 1894 den Neubau eines Saales und 1907 den Antrag

zur Erweiterung der Küche und zum Anbau eines Gesellschaftszimmer. 1911 tritt der

Restaurateur Wilhelm Wilke als neuer Besitzer auf. Durch ihn entstand auch die

später häufig auf Postkarten gezeigte Veranda. In seiner Zeit beeinflusste die

Umbennennung der deutschen Kolonie in Westafrika nach der Neuerwerbung von

Teilen Französich-Äquatorialafrikas in „Neu-Kamerun“ auch sein Lokal. Sowohl auf

einer Postkarte als auch auf einer Bauzeichnung erschien ab November 1911 die

neue Bezeichnung „Neu-Kamerun“. Damit konnte der Beweis erbracht werden, dass

die Halberstädter Ausflugsgaststätte in einem direkten Beziehungsverhältnis zu

dieser ehemaligen deutschen Kolonie stand. Aber die Bevölkerung blieb natürlich

weiterhin bei ihrem vertrauten „Kamerun“.

Weitere Betreiber von „Neu-Kamerun“ ab 1917 waren Friedrich Schmoll und über

einen längeren Zeitraum Friedrich Kirchner. Letzterer erwirkte bei den Behörden die

Aufstellung eines interessant gestalteten Hinweisschildes: „Neu-Kamerun“, direkt im

Walde 15 Minuten, Besitzer Fr. Kirchner „1924 die Genehmigung zum Bau einer

Waschküche. Ab 1925 bewirtschaftete der Schankwirt August Schurm das Lokal,

welche 1931 wegen Aufstellens einer Reklametafel ohne Erlaubnis eine Gebühr an

die Stadt entrichten musste. Der letzte Besitzer bis zur Aufgabe des bekannten

Ausflugslokals war der Bäckermeister Paul Hallmann aus Halberstadt, der die

gastronomische Einrichtung 1942 an den Konfitürengeschäftsmann Friedrich Wolf

Abbildung 14 Postkarte Quelle: G. Focke

243

verbachtete. Über „Neu-Kamerun“ wurde kaum etwas aufgeschrieben. Einige ältere

Halberstädter können sich nur noch verschwommen an Einzelheiten des

Ausflugslokals erinnern. Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg hat das berühmte „Gras

drüber wachsen lassen“. Während des Krieges wurde auch dieser Teil der

Halberstädter Berge 1943 zum militärischen Sperrgebiet erklärt.

„Neu-Kamerun“ wurde von den Militärbehörden nicht okkupiert. Die Besitzer, eine

Wirtin mit ihrer Tochter, blieben in dem Lokal wohnen und bewirtschafteten die

Waldgaststätte weiter.

Ab Frühjahr 1944 verwehrte man auch allen Zivilpersonen den Zugang zu diesem

beliebten Waldgasthaus. Deshalb ist aus dieser Zeit nur Bruchstückhaftes bekannt

geworden. Ich erfuhr wiederholt, dass die Rekruten der Halberstädter Garnisonen

sich mit ihren Vorgesetzten bei kollektiven Ausgängen in dieser Gaststätte

niederließen. Die unrühmlichste Geschichte dieses Gebäudes ist wohl, dass sich die

Lagerleitung des Konzentrationslagers Langenstein-Zwieberge hier häufig traf und

ausgelassen feierte. Ein Drahtzaun, der von den KZ-Häftlingen aufgestellt werden

musste, grenzte das Territorium hermetisch ab. Vielleicht war gerade das

Häftlingskommando des Halberstädter Dachdeckermeister Fritz Bosse hier, der vom

Militärdienst freigestellt wurde, um als dienstverpflichteter im KZ Langenstein-

Zwieberge mitzuarbeiten. In seinen Tagebuchaufzeichnungen vom 15. November

1944 war folgendes zu lesen:

„Heute hat mein Kommando bei Kamerun einen Hasen gefangen. Die

Freude war groß, es gibt zusätzlich Fleisch. Der Hase wird in

Kartoffelsuppe gekocht“.

Einige KZ-Häftlinge haben die Zeit im Lager nur überlebt, weil sie von Fritz Bosse

heimlich mit Lebensmitteln versorgt worden sind. Entlang der Wegstrecke, die vom

„Grünen Jäger“ aus vorbei an „Neu-Kamerun“ bis zum Landhaus führte, befanden

sich zahlreiche Barackenunterkünfte des Junkers – Arbeiter. Ein abseits gelegener

Wohnkomplex der Bauleitung für den Untertagerüstungsbetrieb. Aber auch manches

erfreuliches ist zu berichten:

Als viele Einwohner Halberstadts nach dem Bombenhagel Obdachlos wurden,

fanden sie in „Neu-Kamerun“ eine sofortige Unterkunft und für die nächste Zeit eine

Bleibe. Aber bald wurde das Grundstück aufgegeben und an den Umsiedler Willi

Talko verkauft. Dieser letzte Bewohner lebte anfangs in seinem Haus ohne Gas- und

Stromanschluss. Täglich und zu jeder Jahreszeit fuhr mit einem alten Fahrrad von

hier zu seiner Arbeitsstelle, bis zum Rangierbahnhof Halberstadt. Von seinen

Kollegen wurde er wegen seines Wohnsitzes nur der „Kameruner“ genannt. Der

allmähliche Verfall setzte ein, weil an der Fachwerkstruktur viele Jahre lang keine

erhaltene Investitionen erfolgten. Bis in die sechziger Jahre bot das leergeräumte

Gebäude einen traurigen Anblick, aber uns Kinder einen Ort in dem wir unsere

Phantasien in spielerischer Form ausleben konnten.

Mit der Wiederentdeckung der früheren Stollensysteme für militärische Zwecke

wurde das Territorium „Neu-Kamerun“ wieder mit eingegrenzt und für immer dem

244

öffentlichen Zugang versperrt. Das perfekte Sicherungssystem mit Doppelzaum und

elektrischer Signalanlage sowie mit ständiger Beleuchtung verhinderte ein illegales

Eindringen auf diesem Gebiet. Damit schließt sich wieder ein Kapitel der Geschichte,

welches erfolgreich begann und so unrühmlich endete.

Reflexionen auf die Artikelserie „Neu-Kamerun“

Die beiden Artikel in der „Halberstädter Volksstimme“ über die ehemalige

Waldgaststätte „Kamerun, Neu-Kamerun“ haben unter den Lesern eine große

Resonanz ausgelöst. Die Telefone stand nicht still, um sich beim Autor für die

Kamerungeschichte zu bedanken, aber auch um zu erfahren, wo sich das bekannte

Ausflugslokal genau befand. Deshalb soll der Lageplan für mehr Klarheit sorgen.

Andere erinnern sich wieder an ihren geschätzten ehemaligen Kollegen, den letzten

Bewohner von Kamerun. Eine kleine Gruppe von Bürgern verbannt mit Kamerun

frühere Ausflüge, die sie mit ihren Eltern oder den Großeltern unternahmen. In ihrer

Vorstellungswelt waren der schöne Spielplatz, das Tiergehege mit dem Affenkäfig

und die Empore für die Musikkapellen noch gegenwärtig.

Von einem Stadt bekannten Handwerksmeister, der in der Nähe Kameruns seinen

Bienenwagen stehen hatte, wurde bestätigt, dass die letzten Bewohner, die Familie

Talke, 1965 Halberstadt mit unbekanntem Ziel verließen, aber nach ihnen noch die

Familie Siemon bis 1970 das Haus bewohnte. Sie verfügte über ein Stromanschluss,

nutzte den vorhandenen Brunnen zur Wasserversorgung und beheizte die Räume

mit Kachelöfen.

Danach interessierte sich noch ein Betrieb für das Grundstück, um hier ein

Kinderferienlager einzurichten. Daraus wurde natürlich nichts mehr, weil das Gelände

wieder als militärisches Sperrgebiet erklärt wurde. Deshalb musste auch der Imker

seinen vertrauten Standort aufgeben. Ab 1974 überließ man das ehemalige

Restaurant dem endgültigen Verfall, weil eine weitere Nutzung auch nicht gewünscht

wurde.

Der Autor bekam die Information über ein Buch des gebürtigen Halberstädters,

Alexander Kluge, der in seinem Band „Unheimlichkeit der Zeit“ ein Kapitel der

Waldgaststätte Kamerun widmete. Er schilderte uns die Geschehnisse in unserem

Gebiet vor 60 Jahren, wie er sie mit 13 Jahren bewusst erlebte oder von

Augenzeugen darüber erfuhr. Gegenstand seiner Ausführungen war eine Situation

am 6. Januar 1945 in „Neu-Kamerun“. Dort befand sich eine Gruppe von 38 KZ-

Häftlingen mit ihren Vorarbeitern, die von einem zivilen Handwerksmeister betreut

und von zwei Luftwaffen – Soldaten bewacht wurden. Warum man sich in der

Waldgaststätte aufhielt, welchen Auftrag man dort zu erfüllen hatte und sonst noch

geschah, muss man selbst lesen, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können.

Auf jeden Fall befand sich damals die Waldgaststätte „Neu-Kamerun“ noch in

solchem Zustand, dass ihre Betriebsfähigkeit von einem Tag zum Anderen hätte

wieder herstellen können. Ob der Gaststättenkomplex noch den gegenwärtigen

Bedingungen und Anforderungen genügte, konnte er uns leider nicht mehr beweisen.

245

Quelle: (Focke)

Abbildung 15 Postkarte Quelle: G. Focke

246

3 . 1 . 4 . 3 D a s F o r s t h a u s

Abbildung 16 Kalender 2009 Quelle: W. Hartmann

Abbildung 17 Ansichtskarte 1916 Quelle: M. Grusche

247

Abbildung 18 Postkarte Quelle: G. Kriesel

Abbildung 19 angeblicher Standort Forsthaus Quelle: G. Kriesel

248

Abbildung 20 Standort Forsthaus Quelle: G. Kriesel

249

3 .2 Wa n d er w eg e in d e n Th ek e nb e rg e n

Der Weg in die Thekenberge: Zeitpunkt:ca.1930

Zum „Forsthaus Thekenberge“: Mit der Straßenbahn 3 bis zur Endstation Sternwarte;

hier rechts durch den Hohlweg, dann die Landstraße entlang: linker Hand der

Flugplatz; am Anfang des Waldes rechts das „Forsthaus Thekenberge“ mit großem

Garten. In den Thekenbergen viele schöne Waldwege (Kaiserhöhe, Eulenklippe,

Steile Wand, Franzosengrund, Fuchsklippe, kalte Warte, alte Warte, Gläserner

Mönch).

Quelle: (unbekannt, 1930)

Abbildung 21 privater Prospekt Quelle: G. Kriesel

250

Wanderwege in den Thekenbergen

Auf noch erhaltenen älteren Wanderkarten, sind jede Menge Wanderwege

eingezeichnet. Diese sind zum größten Teil noch vorhanden, werden aber selten

benutzt. Ein Teil der Wege wurde im Laufe der Jahre erneuert und instand gehalten

und ist dadurch in einem sehr guten Zustand. Ein anderer Teil der Wege ist in einem

Zustand, den man zurück zur Natur nennen könnte. Es gibt aber immer wieder

Wanderer, die dieser Wege kundig sind und sie auch nutzen. Dadurch geraten Sie

nicht ganz in Vergessenheit und sind zum Teil dadurch noch als Wege zu erkennen.

Quelle: (Kriesel, 2012)

251

3 . 2 . 1 E i n e T o u r b e s c h r e i b u n g d e r T e i l n e h m e r d e s

P r o j e k t e s

Wir wollen uns etwas mit den Örtlichkeiten der Thekenberge beschäftigen. Um einige

Erkenntnisse vor Ort zu sammeln, werden wir uns per Fahrrad zu den

Sehenswürdigkeiten begeben.

Als Ausgangsort wählen wir das Dreieck, Kirschallee – H.Neupert–Straße –

unbenannte Straße. Wir fahren auf der Straße ohne Namen in Richtung

„Lindenberg“.

(Das Restaurant „Zum Lindenberg“ ist eine der Waldgaststätten welche in

Gebäudebestand und –Struktur noch erhalten ist, jedoch schon lange nicht mehr als

solch-es genutzt wird.) *1

Nachdem wir an den gut erhaltenen Gebäuden vorbei gefahren sind, sehen wir nach

der nächsten Rechtskurve, das Hinweisschild auf den „Grünen Jäger“. Diese

Waldgaststätte gibt es heute nicht mehr. Sie wurde Anfang der sechziger Jahre

geschlossen und ist heute bis auf einige steinerne Reste nicht mehr zu sehen.

Ein Stück weiter befindet sich auf der gleichen Seite eine Gedenksäule, die

Medingschanze. Dieses heute in schlechtem Zustand befindliche Kriegerdenkmal

wurde 1919/1920 errichtet und nach Hauptmann Werner von Meding benannt.

Letzterer ließ im Juni 1916 als Bataillonskommandeur im Halberstädter Infanterie-

Regiment in der Nähe ein Grabensystem als Anschauungsobjekt des berüchtigten

Stellungskrieges anlegen. Einige hundert Meter weiter befindet sich auf der linken

Seite eine Hundepension. Auf diesem Gelände waren die Sozial- und

Verwaltungsgebäude vom Schachtbau Nordhausen während der Ausbauphase der

ehemaligen Malachit-Höhlen. Nach einer kurzen Fahrt auf einem Schotterweg

befinden wir uns auf einer leichten Erhöhung, in welcher sich noch ein Rest von

Eisenbahnschienen befindet. Über diesen Bahnübergang fuhren die Züge von

Blankenburg kommend in die Stollen der ehemaligen Malachit-Höhlen. Dieses

Gelände ist heute Sperrgebiet.

(Bei den Thekenbergen handelt es sich um Felsformationen aus Sandstein, die

charakteristisch für die dem Harz vorgelagerten Erhebungen sind. Sie beherbergten

während der Zeit des 2. Weltkrieges eine Stollenanlage für die Junkers Werke.

Geplant war die Herstellung von Bauteilen von Turbinentriebwerken für Flugzeuge. In

der Zeit des 2. Weltkrieges wurden auf Grund eines „Führerbefehls“ vom 21.04.1944

über den Schutz und die Verlagerung kriegswichtiger Werke, systematische

untertägige Anlagen erkundet und ausgebaut. Das untertägige Stollensystem mit

dem Decknamen „Malachit“ wurde ab April 1944 durch Häftlinge des KZ Buchenwald

(Außenlager, heute Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge) unter unmenschlichen

Bedingungen errichtet. Insgesamt sollen bis zum April 1945 ca. 16 km Stollen

vorgetrieben worden sein.) *1a

252

Nutzungsgeschichte der Malachit Höhlen (http://www.sachsenschiene.net)

Fertigung von Triebwerksteilen durch Junkers Flugzeug- und Motorenwerke

A.G. Dessau auf 11.000 m² Stollenfläche

1976 Übernahme durch MfNV

Ab 1979 Einrichtung des KL–12 Halberstadt für Materialreserve der 5. Armee

Ausbau von 6,5 km Stollen durch Schachtbau Nordhausen

Neutrassierung der Eisenbahnzufahrt, 440m lange Laderampe

1983 Abschluss der Ausbaumaßnahmen

01.05.1984 Inbetriebnahme des Lagers

Oktober 1990 Übernahme durch Bundeswehr

15.12.1993 letzte Zugbedienung des Lagers

29.12.1994 Auflösung des Standortes

1997 Verkauf an Kölner Investor

Ab Sommer 2003 öffentliche Führungen im Neubauteil der Stollenanlage

November 2006 Schließung des Objektes nach illegalen Müllablagerungen

Januar 2008 Verschluss der Zufahrten

Der nächste Standort beherbergt gleich zwei Objekte der Sehenswürdigkeiten. Am

rechten Wegrand sehen wir die Mauerreste des am 21.05.1998 abgebrannten

Landhauses.

Am linken Wegrand befinden sich einige halbzerstörte Gebäudereste, die zu dem

von 1963 bis 1990 bestehendem Ferienheim und Ferienlager mit öffentlicher

Gaststätte (Landhaus) gehörten. Von diesem Gelände gelangt man über 169 Stufen

zu dem Sandsteingebilde, welches der „Gläserne Mönch“ ist.

Abbildung 23 Das Landhaus 1998 Quelle:

G. Kriesel Abbildung 22 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel

253

Wie wir schon festgestellt haben besteht dieser Mönch nicht aus Glas sondern aus

Sandstein. Diese Felsklippe die sich noch etwas über die Baumwipfel erhebt, gilt als

beliebtes Ausflugsziel.

(Einmal im Jahr ist der Platz auf der Bergkuppe auch Station beim „Lauf über den

Gläsernen Mönch“. Jeweils am zweiten Septemberwochenende starten Dutzende

Läuferinnen und Läufer im Halberstädter Friedensstadion und passieren auf der

Strecke den Felsen, der dieser sportlichen Herausforderung den Namen gab.

Die Strecke führt als ausgeschilderter Rundkurs über 6km durch die Spiegelsberge,

vorbei am Mausoleum, am sowjetischen Ehrenmal vorbei, über die Volkswiese,

weiter an der ehemaligen Wartburg entlang, dann links durch einen Waldweg zum

Spiel- platz am sogenannten Fünfeck und als Abkürzung hinter dem Tiergehege

zurück zum Friedensstadion. Geübte Läufer nehmen noch den Kammweg über die

nahe gelegene Bergkette hinter dem Tiergehege mit.

Die längere Strecke, die 13 km beträgt, führt am Landhaus vorbei, die Treppe zum

Gläsernen Mönch hoch, den ausgeschilderten Kammweg durch die Thekenberge

entlang und kommt hinter dem Lindenberg wieder auf die kleine Laufstrecke zurück.

Was die Bezeichnung „Gläserner Mönch“ betrifft, so erzählt die Sage, dass es sich

bei den Felsen um einen Mönch und eine Nonne handelt, die in Stein verwandelt

wurden. Mit einiger Phantasie kann der Beschauer „eine Menschengestalt

vortäuschende Felsbildung „ entdecken, die ihren Namen von „glaren“ (steinern)

bekommen haben soll. Historiker gehen davon aus, dass die Germanen dieses

markante Sandsteingebilde „Thorstein“ nannten. Möglicherweise erinnerte es sie an

den Mjölnir den Hammer ihres Donnergottes. Übrigens wurden in der Nähe der

Felsklippe diverse Funde aus prähistorischer Zeit gemacht, die darauf deuten, dass

sich dort eine alte germanische Kultstätte befand und der Sandsteinfelsen von den

Menschen der Vorzeit vermutlich auch als Aussichtspunkt genutzt wurde.) *2

Ein sehr gut ausgebauter Wanderweg führt uns an eine Kreuzung, die in Richtung

Langensstein Zwieberge weiterführt oder zum Ausgangspunkt zurückführt. Wir

wählen die Variante die uns aus dem Wald herausführt und fahren den

Abbildung 24 Der Gläserne Mönch Quelle: G. Kriesel

254

Ziegenbeinweg in Richtung ehemalige Gaststätte und Forsthaus Thekenberge (nicht

mehr vorhanden).

Dieser Weg ist zum Teil, für Mountainbiker, sehr interessant.

Nach Erreichen des Zielortes, haben wir einen Teil unserer näheren Heimat,

persönlich erkundet und kennengelernt.

*1 Günter Focke Halberstadts Gaststätten – einst und jetzt

*1a www.vimudeap.de Textautor:by FB – Verlag 16352 Basdorf

*2 Gerald Eggert Zeitungsausschnitt Volksstimme (Dach der Thekenberge) Abbildung 1 – 3 Privatfotos

Abbildung 25 Thekenberge 1928 Quelle: Focke

255

3 .3 D i e Ma la c h i t hö h l e n u n d da s K o mpl e x l ag er 1 2

3 . 3 . 1 D i e K o m p l e x l a g e r ( K L –1 2 ) d e r N V A

Das Stollensystem des späteren KL-12 befindet sich unter den Thekenbergen

südwestlich von Halberstadt (westlich der Kaserne Klusberge).

Noch ein Jahr vor Kriegsende, 1944, begann man mit der U-Verlagerung der

Junkerswerke. So wurde unter dem Tarnnamen MALACHIT die Stollenanlage durch

Zwangsarbeiter aus dem Gefangenenlager Langenstein-Zwieberge (Außenlager des

KZ Buchenwald) errichtet. Neben dem Junkerswerk Halberstadt sollten auch andere

Rüstungsbetriebe unter dem Thekenberg ihre Produktion fortsetzen. So wurde ein

17km langes Stollensystem unter unmenschlichen Bedingungen erschaffen.

Nach Sprengungen und weiteren Baumaßnahmen nutze später die NVA die

Untertageanlage (UTA) weiter, wobei nur ca. 13km in Anspruch genommen wurden.

Das spätere KL-12 war dem Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) der DDR

direkt unterstellt.

Zu DDR-Zeiten fungierte es als großes unterirdisches Versorgungslager. Das KL-12

hätte zusammen mit dem KL-02 die Divisionen des Militärbezirks V (im Krieg: 5.

Armeekorps) mit Ausrüstung versorgt. Durch die vorgeschobene Position nahe einer

möglichen militärischen Front hätte das KL-12 eine Schlüsselfunktion in einer

militärischen Auseinandersetzung zwischen Warschauer Vertrag und NATO gespielt.

Nach der NVA nutzte die Bundeswehr die UTA für kurze Zeit als

Luftwaffenmaterialdepot 52 (LWaMa Dep. 52). Lage der beiden Objekte

Quelle: (Stadtarchiv, 1944)

Abbildung 26 Lage Versorgungslager Quelle: siehe Text

256

3 . 3 . 2 B a u d e r M a l a c h i t h ö h l e n i n d e n T h e k e n b e r g e n

Ab 1943 konzentrierten sich die alliierten Angriffe auch auf die deutschen

Flugzeugfertigungsbetriebe. Auf Grund der hohen Gefährdung entschied man, Teile

der „kriegswichtigen“ Rüstungsindustrie unter die Erde zu verlagern. Im

Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion lagen im März 1944 erste

konkrete Planungen für ein Untertage Projekt in den Thekenbergen bei Halberstadt

vor. Geplant war der Bau von Stollen mit 40.000 – 60.000 m² Grundfläche. Hier

sollten bombensichere Produktionsflächen für Flugzeugteile entstehen.

Das Vorhaben erhielt den Tarnnamen „Malachit“.

In der Nähe der Baustelle entstand in diesem Rahmen ein Außenkommando des

Konzentrationslagers Buchenwald, das KZ Langenstein - Zwieberge, in den SS

Unterlagen wurde es „B2“ genannt.

Dort sollte eine Teilproduktion der Jägerfertigung für die Junkers Flugzeug und

Motorenwerke aufgenommen werden.

„Malachit“ war der Deckname eines Außenlagers des KZ Buchenwald bei

Halberstadt/Harzvorland. Im Rahmen der Nazi-Untertageverlagerung von

Rüstungsproduktion entstand Ende April 1944 das Konzentrationslager Langenstein-

Zwieberge. Bis zur Befreiung durch US-amerikanische Truppen am 11. April 1945

mussten über 7.000 Häftlinge aus 23 Ländern ein 13 Kilometer langes Tunnelsystem

in das Sandsteinmassiv der Thekenberge treiben. Nach Fertigstellung der Stollen

sollte dort u.a. eine Teilproduktion der Jägerfertigung für die Junkers-Flugzeug- und

Motorenwerke aufgenommen werden. Viele der Gefangenen überlebten die

unmenschlichen Bedingungen nicht, es herrschte das Prinzip der „Vernichtung durch

Arbeit“.

Im Jahr 1949 wurde am Ort von sechs Massengräbern ein erstes Mahnmal für die

Opfer des Konzentrationslagers errichtet und am 11. September unter großer

Teilnahme der Bevölkerung eingeweiht. Damit begannen Gedenkarbeit und

Erinnerung an die hier verübten Verbrechen. In den folgenden Jahrzehnten wurde

das Gedenkstättengelände mehrfach verändert, ein Gedenkstättengebäude mit einer

Dauerausstellung errichtet. Schließlich ist seit 2005 endlich auch ein kleiner Teil des

Stollensystems für die Gedenkstättenbesucher sichtbar.

Seit April 1991 sind die „Tage der Begegnung“ mit ehemaligen Häftlingen,

Hinterbliebenen der Todesopfer und Angehörigen der ehemaligen Gefangenen der

jährliche Höhepunkt der Erinnerungsarbeit an der Gedenkstätte.

An der Gedenkstätte arbeitet seit 1998 eine internationale „Gruppe der zweiten

Generation“, die sich der Dokumentation und Bewahrung der Erinnerung widmet,

neue Formen der Geschichtsvermittlung entwirft und unter großer Beteiligung von

Bürgerinnen und Bürgern der Region bereits mehrfach verwirklicht hat. Derzeit

besteht die Möglichkeit, sich an der temporären Aktion „GEDENKSTEINE“ zu

beteiligen.

257

3 . 3 . 3 G e s c h i c h t e d e s K Z - A u ß e n l a g e r s

Im April 1944 errichteten die Nationalsozialisten in dem landschaftlich reizvollen Tal

zwischen Zwiebergen, Hasselholz und Tönniesbergen bei Langenstein ein

Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald zur Untertageverlagerung

von Rüstungsproduktion der Junkerswerke in die Thekenberge bei Halberstadt. Nach

nur wenigen Wochen der Vorbereitung wurde das noch unfertige Lager, das nie

vollständig ausgebaut wurde, ab Juli 1944 bezogen. Ursprünglich für 2.000

Gefangene konzipiert, wurden hier später bis zu 5.160 Menschen eingepfercht.

Die Situation der Häftlinge war durch eine selbst für KZ-

Maßstäbe äußerst geringe Verpflegung, mangelhafte

Hygiene und ein Minimum an medizinischer Versorgung

gekennzeichnet. Unter diesen unmenschlichen

Bedingungen mussten die zunehmend entkräfteten

Gefangenen unter Aufsicht von SS und zivilen

Fachkräften eine Untertageanlage errichten. Bis zur

Befreiung durch US-Truppen am 11. April 1945 starben

beim Bau des 13 Kilometer langen Stollensystems über

2.000 Menschen aus fast allen Ländern Europas. Zur

Aufnahme der Rüstungsproduktion ist es nicht mehr

gekommen.

Noch im Februar 1945 schickte man große Transporte mit

jüdischen Häftlingen in das Lager Zwieberge. Viele dieser

Menschen hatten bereits

Auschwitz und Groß Rosen überlebt und aufgrund ihrer körperlichen Verfassung

kaum eine Chance, Langenstein-Zwieberge, das in Buchenwald als

Todeskommando galt, zu überstehen.

Kurz vor der Befreiung formierten die SS-Wachmannschaften am 9. April 1945 einen

Evakuierungstransport, der aus 6 Kolonnen zu je 500 Häftlingen bestand, die zeitlich

versetzt losmarschierten. Während des über eine Wegstrecke von mindestens 320

km führenden Fußmarsches sind die meisten der völlig entkräfteten Häftlinge von der

SS getötet worden oder an den vorherrschenden Bedingungen gestorben. Der

Marsch führte über Quedlinburg in oder an den größeren Städten Aschersleben,

Könnern, Köthen, Bitterfeld, Prettin, Jessen, Zahna, Wittenberg, Coswig vorbei bis in

die Nähe von Genthin. Der Verlauf des Marsches ist noch heute anhand etlicher

Einzel- und Massengräber mit kleinen und größeren Gedenkorten im öffentlichen

Raum wahrnehmbar. Zeitzeugen des Marsches, die damals an den vielen

Wegstationen wohnten, erinnern sich heute noch daran oder haben diese Erinnerung

an ihre Kinder weitergegeben. Die Mitarbeiter der Gedenkstätte Langenstein-

Zwieberge ermuntern dazu, diese Erinnerungen aufzuschreiben und an die

Gedenkstätte zu schicken.

Von 1.700 Insassen, die schwer krank im Lager zurückgelassen wurden, waren etwa

300 bereits gestorben, als die ersten Befreier am 11. April 1945 das Lager erreichten. Quelle: (www.sachsen-anhalt.de)

Abbildung 27 Häftlinge

Quelle: siehe Text

258

3 .4 Th e k e n b e rg e a k t u e l l

Die heutigen Thekenberge bestehen aus einem abgesperrten Bereich und einem

öffentlichen Bereich. Auf dem Gelände des abgesperrten Bereiches befanden sich im

Zweiten Weltkrieg, Produktionsstätten die als kriegssicher galten. Sie befanden sich

zum größten Teil in einer Untertageanlage. Diese Anlage wurde in späteren Jahren,

von der NVA, als geheime Bunkeranlage und Mobreservelager genutzt. Nach 1990

wurde hier die DDR Währung eingemottet, aber später verbrannt. Seit Jahren wird

die Anlage nicht genutzt und das Gelände welches zu sehen ist, verwildert.

Der öffentliche Bereich hat einige, sich in gutem Zustand befindliche Wanderwege,

aber auch etliche zugewachsene, seltener benutzte, aufzuweisen.

Ein vielbesuchter Ausflugspunkt ist der „Gläserne Mönch“, der sich oberhalb der

Landhausruine befindet. Das Landhaus wurde bei einem Brand am 21.05.1998, nach

einem achtjährigen Leerstand fast völlig zerstört.

Ein weiterer Ort der Ruhe und Beschaulichkeit ist die „Fuchsklippe“, die als Aus-

sichtspunkt bekannt ist.

Erwähnenswert ist auch der Krähenhüttenfelsen mit seinen zipfelmützigen Fels-

spitzen. Es führt ein Rundweg um den Berg, über welchem der Franzosengrund zu

erreichen ist. Von bewachsenen Hügeln umgeben präsentiert sich der Franzosen-

grund. Mit etwas Glück kann der Wanderer beim durchqueren des Franzosen-

grundes die noch in den Halberstädter Bergen vorhandene Tierwelt beobachten.

Nordöstlich der Thekenberge und unterhalb der Klusberge ist eine Photovoltaik An-

lage im Bau. Der Betreiber der Anlage plant auf einem anderen Teil des Geländes,

die Ansiedlung von Bisons. Außerdem ist eine Hotelanlage, Lokalitäten und ein In –

formationszentrum geplant.

Quelle: (Kriesel, 2012)

259

3 .5 I n A rc h i v en ge s tö b er t

3 . 5 . 1 M i t t e i l u n g e n e i n e s a l t e n B l a n k e n b u r g e r s v o n

1 8 9 7 ü b e r d a s L a n d h a u s

Eine Schmuggler- und Räubergeschichte von anno dazumal

Werfen wir gemeinsam in Anbetracht der Ereignisse um das Landhaus nochmals

einen Blick zurück in die Geschichte. Sehr interessant sind die Mitteilungen eines

alten Blankenburgers in der „Blankenburger Harz – Zeitung“ vom Jahre 1897 über

das Landhaus. Diese wurden auch in der „Halberstädter Zeitung“ vom 11./12. Juli

1942 abgedruckt, aus der wir die Ausführungen wörtlich übernommen haben.

Wer von den jüngeren Blankenburgern weiß heute noch etwas vom Landhaus? Den

älteren Einwohnern ist die alte Wirtschaft nur allbekannt: war sie doch früher das

einzige Gehöft, dass man berührte, wenn man zu Fuß nach Halberstadt die

sogenannte „alte Halberstädter Straße“ benutzte. Aus noch früherer Zeit, als die

Fahrstraße von Halberstadt am Landhaus vorbeiführte, knüpfte sich an das

Landhaus, das Grenzstation nach dem Braunschweigischen hin war und diesem

Zwecke auch lang gedient hat, manche Erzählung.

Das Kommando des Regiments „Herzog von Braunschweig“ in Halberstadt hatte im

Anfang des 19. Jahrhunderts dort einen ständigen Beobachter postiert, der etwaige

Deserteure abpassen sollte: denn wenn das Landhaus erst glücklich passiert war,

dann waren die Flüchtigen meist geborgen, trotzdem die Profossen (hergeleitet von

Profós = im Mittelalter mit der Polizeigewalt versehener Offizier – Anm. d. Red.) das

Recht hatten, auch im Braunschweigischen die Verfolgung fortzusetzen. In den

Schmuggler – und Räubergeschichten aus dem Ende des 18. Und dem Anfange des

19. Jahrhundert spielte die einsame Schenke fast immer eine gewichtige Rolle. Wie

manchen erschossenen Grenzaufseher hat man da wieder ins Leben zurückzurufen

versucht, wie manchem Verwundeten die erste Hilfe angedeihen lassen. Manchen

Schmuggler, der mit geschwärztem Gesicht in die Hände der Grenzer gefallen war,

hat man dort von der schwarzen Schminke befreit, um seine Identität mit

irgendeinem Bekannten festzustellen. Es kam auch vor, dass ganze Gesellschaften,

die besonders lange im Landhaus in bestimmter Absicht gekneipt hatten, das

geschmuggelte Salz dort in Empfang nahmen und es als zurückkehrende Ausflügler

in kleine Päckchen daheim durch das Tor trugen. So mancher auch, der in die

Fremde hinauszog, hat im Landhaus zum ersten Mal dem dort fast immer „zufällig“

anwesenden Gendarmen sein noch ganz weißes Wanderbuch vorlegen müssen.

Und so knüpfen sich für viele, die die alte Schenke unter dem „Gläsernen Mönch“

kannten, viele Erinnerungen. Im Landhaus nahm Rittmeister von Wulffen, der mit

seinen schwarzen Husaren eine Rekognoszierung nach Blankenburg unternommen

hatte, am Nachmittag des 29. Juli 1809 die Bezirks-Brigade westfälischer

Gendarmen gefangen, die, statt gegen Quedlinburg zu rekognoszieren, im Landhaus

saßen und kneipten, während Herzog Friedrich Wilhelm ungestört den Vormarsch

auf Halberstadt ausführte. Erst durch die von den Gendarmen am Landhause

ausgestellte Vedette (Reiterposten – Anm. d. Red.), die mit verhängten Zügeln nach

260

Halberstadt hineinsprengte, soll Meyronnet benachrichtigt und die Garnison alarmiert

worden sein.

Lange Jahrzehnte ritt der braunschweigische Postillion, der am Vormittage dem

preußischen Postwagen nach Halberstadt gefahren hatte, auf der alten Landstraße

am Landhaus vorbei zurück, und wer es abpasste, konnte auf dem zweiten Pferde,

das ebenfalls einen Sattel trug, mit zurückreiten, - vorausgesetzt, das erwarten

konnte, bis der Schwager die Rast im Landhause „abbrach“ und über den

Hoppelberg wieder gen Blankenburg trabte. Auch die Extraposten führte die

Postillone gern über die alte Straße, nur im Landhaus einkehren zu können. Bei

dieser Gelegenheit soll sich ein königlicher Postrat, den ein nichtsahnender

Schwager einmal die alte Straße nach Blankenburg mittels Extrapost gefahren hatte,

mit einem Bericht an seine Vorgesetzte Behörde fürchterlich blamiert haben. Er hatte

darin die Notwendigkeit der Erbauung einer Chaussee zwischen Blankenburg und

Halberstadt betont, die es schon lange gab, die aber, um der gemütlichen

Kneipstunde willen im Landhaus an der alten Straße wenig benutzt wurde.

„Wenn wir heute“, so schließt der alte Blankenburger seine Erzählung „auf der

Eisenbahnfahrt zwischen den Stationen Spiegelsberge und Langenstein das

Landhaus liegen sehen, den Blick abwärts lenkend, dann kommen all die alten

Geschichten wie ein Stück Poesie aus alter Zeit wieder in die Erinnerung zurück“.

Quelle: (Z HuB, 2001)

261

3 . 5 . 2 W a n d e r u n g z u m H o p p e l b e r g

Unser nationaler Aufbau im Rahmen des 2. Fünfjahresplanes fordert von uns die

Anspannung aller Kräfte. Aber wir bedürfen auch der Erholung und Entspannung.

Es muss uns möglich sein, den Alltag einmal abzustreifen und den Weg zur Natur zu

finden. Unsere Harzvorberge bieten so viel schönes und Sehenswertes, dass wir

Beschaulichkeit und Anregungen finden können. Wir wollen mit offenen Augen und

Herzen wandern, um das, was Natur und Menschen geschaffen haben, recht zu

sehen und zu verstehen.

Unsere Wanderungen beginnen wir am Bahnhof Spiegelsberge Halberstadt und

erreichen auf den von Kastanien umsäumten Fußsteig unsere Spiegelsberge (180 m)

auf diesen wuchsen einst nur Gras und Disteln, Bäume und Sträucher fehlten, eine

Öde Hirtenhütte bildete den einzigen Schmuck. Kein erquickendes Ruheplätzchen

war vorhanden. Aus dem kahlen Hügel hat Freiherr von Spiegel zum Desenberg

(1711 – 1785) eine reizvolle Landschaft gemacht. Gleich nach Beendigung des

Siebenjährigen Krieges begann er, dien Höhen aufzuforsten mit der Absicht, einen

Wildpark anzulegen. Wir steigen zum Jagdschlößchen hinauf, das 1782 feierlich

eingeweiht wurde. Es zeigt einfache Rokokoformen: sein Keller – Renaissanceportal

trägt das Wappen des Herzogs Heinrich-Julius (1566 – 1613) und seiner zwei

Gemallinnen und die Jahreszahl 1606. Einst bildete es den Eingang zum

bischöflichen Schloß von Gröningen. Als dieses im 18. Jahrhundert zerfiel, erwarb

Spiegel mit vielen anderen Skulpturen und dem großen Fass (1330 hl), dass

Heinrich-Julius 1595 durch Michael Werner aus Landau, den Erbauer des

Heidelberger Fasses, herstellen ließ. Wer kennt nicht die schöne Sage „Das große

Fass auf den Spielgelsbergen“? Unweit vom Schloß steht eine Säule, Spiegel zu

ehren von einem seiner Verwandten errichtete. Von dem sechseckigen

Aussichtssturm auf der höchsten Erhebung des Bergfluges genießen wir eine gute

Aussicht über die „Winterberge“ und Frohweinschen Formsandgruben: in diesen

wurden noch vor 30 Jahren ein fast kalkfreier, etwas toniger Sand gewonnen, den

man in den großen Gießereien und Formereien schaffte. Viele Muscheln,

Schnecken, Seeigeln und Ammoniten, die sich hauptsächlich im Jurameer

entwickelten, wurden hier gefunden. Noch sind überall die Kriegs- und

Nachkriegsspuren in erschreckender Weise sichtbar, bald aber werden sie durch die

geplanten Verschönerungen im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks beseitigt sein.

Dann geht es in den Südabhang der Spiegelsberge hinab den Thekenbergen zu.

Diese hießen früher Zeckenberge, dienten Schaftrift und sind erst seit 1980

bewaldet. Die Zecke lebte als Schmarotzer auf den Schafen. Das „T“ ist ein

plattdeutscher Laut für hochdeutsch „Z“. So eine allerdings bisher noch unerwiesene

Namenserklärung gewonnen. Außer den reichen Holzbeständen sind die

Steinbrüche in den Thekenbergen von wirtschaftlicher Bedeutung, in denen die

gelblich – grauen sogenannten mittleren Quadersandsteine gebrochen werden.

Diese von Natur ziemlich weich, sie erhärten aber an der Luft und erhalten große

Festigkeit. Die Steine für den Bau der Halberstädter Käthe-Kollwitz-Schule sind

diesen Steinbrüchen entnommen.

262

Wir erquicken uns an den würzigen Duft der Kiefer und besteigen das

interessanteste Denkmal der Berge, den „Gläsernen Mönch“. Er besteht aus

Sandsteine, an dem Wind, Frost und Hitze ständig nagen, so daß, natürlich nach

langen Zeiträumen, so auffallende Formen entstehen konnten. Wie kommt dieser

Felsen zu seinem Namen? Die Bezeichnung „Mönch“ ist nicht absonderlich. Im

Harz, z. B. im Bode- und Okertal, gibt es an verschiedenen Orten Felsen, die man als

Mönche kennzeichnet. Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Gestalt eines solchen von

langem Gewande umwallten geistlichen Herrn veranlaßte diese Namensgebung.

Auch unser „Mönch“ wird vor Jahrhunderten noch mehr als heute eine menschliche

Gestalt gezeigt haben. Der Felsen hat früher der „glarene“ geheißen, „Glaren“

bedeutet steinern und ist ein Ausdruck, der in unseren Gegenden längst außer

Gebrauch gekommen ist. Die Sage berichtet, dass ein Mönch und eine Nonne als

Strafe für ein Vergehen in Stein verwandelt sein.

Wahrscheinlich trug die ganze Felsgruppe einst den Namen „Thorstein“, denn sie

war eine alte, dem Gott Thor geweihte Opferstätte: sie hat eine vorgeschichtliche

Bedeutung, da hier die Vorfahren auch ihre toten bestatteten, wie zahlreich

gefundene Urnen und Steingräber beweisen. Getreue Abbildungen und

fotographische Aufnahmen der „am Landhause unter dem Gläsernen Mönch

bloßgelegten Hocken- und Steinkistengräber“ finden sich im Halberstädter Museum.

Zwei in der Nähe gelegene Feldstücke tragen die Bezeichnungen Dornsteinfeld und

„an der Dornsteinsgrund am Landhause“.

Vom „Gläsernen Mönch“ steigen wir zum Landhaus hinab. Wir streben unserem Ziele

zu am „Verlorenen Wasser“ vorbei, einem unscheinbaren Bächlein, dass am Fuße

des „Gläsernen Mönches“ im lockeren Formsandstein versinkt und vielleicht mit der

Ypsilanti-Quelle an den Klusbergen in Verbindung steht. Rechts bieten sich unseren

Augen in reicher Abwechslung Weizen-, Kartoffel- und Rübenbreiten dar. Ein

Bussard zieht seine Kreise über uns, der Polizist des Waldes, der Eichelhäher, stößt

im nahen Laubwald seinen heiseren Warnungsruf aus. Wir überqueren den

„Langensteiner Weg“ und erreichen bald die Hoppelberge. An der ehemaligen

Waldhalle beginnen wir den Aufstieg. Ausblicke nach Norden und Osten lassen

hoffen, dass uns auf der Höhe reicher Lohn wird für unsere geringe Mühe. Nach

wenigen Minuten sind wir auf dem Gipfel angelangt, den als selbst ein Alexander von

Humboldt einst bestieg. Aus einer Höhe von 308 m haben wir einen Blick auf den

Nordharzrand, der seines gleichen sucht. Die Karte lehrt, dass im äußeren Westen

der Sachsenberg bei Harzburg emporragt. Von Wernigerode grüßt das Schloß

herüber. Von den näherliegenden Benzingeroder, Heimburger und Blankenburger

Bergen leuchten die roten Ziegeldächer der gleichnamigen Ortschaften. Am Ausgang

des Goldbachtales wird das ehemalige Zisterzienser Kloster Michaelstein sichtbar.

Blankenburg , die an dunklen Berghalden sich terrassenartig aufbauende Harzstadt

mit ihrer anmutigen Umgebung, gewährt einen zauberhaften Anblick. Unsere Augen

finden südlich davon Schornsteine und Kirchturm von dem betriebsamen Hüttenrode.

In östlicher Richtung tauchen der Regenstein und bei Timmenrode ein Teil der

Teufelsmauer auf. Oberhalb von Thale schimmern die hellen Mauern des

Gasthauses auf den Hexentanzplatz durch das Grün der Bäume. Welch prachtvollen

Ausguck haben wir weiter auf das südöstlich unseres Aussichtpunktes gelegene

263

sagenumwobene, an geschichtlichen Erinnerungen reiche Quedlinburg! Über alles

schaut der Brocken. Aber auch der Blick nach Norden ist lohnend. Die „Mulde“ mit

den sie umrahmenden Höhenzügen und schmucken Dörfern, wie Athenstedt,

Aspenstedt, Sargstedt bietet ein reizvolles Bild. Halberstadt, das vieltürmige

Einfallstor in den Harz, zeigt, daß wieder reiches Leben in ihr blüht. Hohe

Schornsteine rauchen, und die Eisenbahnzüge dampfen nach vierschiedenen

Richtungen.

Von der Spitze des Hoppelberges oder gar von der vorspringenden „Hoppelnase“

können wir in herrlichen Rundblick die gesamte Höhenzüge und Talbildungen der

„subherzynischen“ Kreidemulde überschauen und erkennen, dass die geographische

Bildung unserer Gegend dadurch entstanden ist, das durch die Erhebung des Harzes

ein von Südwest nach Nordost gerichteter Druck die dem Harz ursprünglich

horizontal vorgelagerten Schichten in sanfte wellenförmige Falten

zusammengeschoben hat, die dann später im Laufe von Jahrtausenden durch

Verwitterung und Einwirkung der Gewässer mehr oder weniger um- ausgestaltet

wurden. Wie ein alterndes Menschenantlitz oder ein altender Apfel sich Runzeln legt,

so geschah dies mit der stets fortschreitenden Abkühlung des früher glühend

gewesenen Erdkörpers auch für das Antlitz der Erde, die Erdrinde. Es entstanden

Falten, deren tiefere Teile man als Mulden, in höheren als Sättel bezeichnet. Von

dieser Sattelbildung des Hoppelberges will aber Frau Sage nichts wissen, sie

berichtet von seiner Entstehung folgendes: „Vor grauen Jahren bewohnten die

Katten und Wenden die Harzgegenden. Oft wurden sie von Mannen mit nie

gesehener Körpergröße und unüberwindlicher Kraft überfallen – den Hünen. Diese

siegten überall und waren ein Schrecken des Landes. Als sie sich des ganzen

Landes mit einem mächtigen Herr bemächtigten wollten, griffen die Harzvölker

ebenfalls zu den Waffen; in überlegender Zahl traten sie den Hünen entgegen.

Darauf hatten die Hünen nicht gerechnet, sie wagten keinen Kampf mit den mit

Harnisch, Streitaxt und Kolben bewaffneten Gegnern aufzunehmen.

Sobald der Hünenkönig das Zaudern seiner Krieger bemerkte ergrimmte er ; einen

zürnenden Löwen gleich schlüttelte er sein langes Haupthaar, spann seine Streitaxt

und rief wütend: „Da die ihr die Zwerggestalten dadrüben fürchtet, sollt ihr nicht

kämpfen. Ich will das ganze Heer allein besiegen. Komme mir niemand zur Hilfe. Der

ist des Tode, der den Sieg mit mir teilen will.“ Sprachs, schleuderte seinen

Wurfspieß mitten in die Feinde, raffte mit seinen Pfeilen die friedlichen Führer dahin

und drang unaufhaltsam vor. Er mähte die Köpfe seiner Gegner, hunderte fielen und

seinen wuchtigen Hieben. Sie konnten seine Tapferkeit nicht länger widerstehen, sie

hielten ihn für einen unverwundbaren Zauberer und flohen. Nun eilten jauchzend die

Hünen herbei und sangen den Ruhm ihres Herrschers. Doch der stützte sich stumm

auf seinen Speer. Todtraurig und bleichen Lippen befahl er, ihm Helm und Panzer zu

lüften. Da quoll das Blut in Strömen hervor, und mit ihm entfloh seine Seele. Die

Hünen verloren den Tapfersten und Mächtigsten unter ihnen. Groß und bitter war ihr

Schmerz. Endlich unterbrach einer der Ältesten ihre Trauergesänge. „Höret auf zu

klagen“, rief er, „unserem König ist das schönste Los auf Erden geworden. Weinet

nicht mehr, sondern denkt daran, dem König zu ehren. Hier an der Stätte seines

Sieges lasset uns ihn ein Grab errichten, das seinen Ruhm in aller Ewigkeit

264

verkünde. „Und so errichtete man einen mächtigen Scheiterhaufen und verbrannte

den Leichnam. Die Asche wurde in einer Urne gesammelt, der Schild daruntergelegt

und der Harnisch darübergebreitet. Zu Ehren ihres Toten Helden legten die Krieger

Schwerter, Streitäxte und Schmucksachen dazu. Dann bauten sie sein Grab und

trugen Erde und Steine herbei, bis sich ein riesenhafter Berg über die Asche erhob.

Dieser Berg steht noch heute und heißt der Sargberg der Hoppelberg.“

Quelle (Eggeling, 1956)

265

3 . 5 . 3 S p a z i e r g a n g a m S t a d t r a n d ( A n n o 1 9 5 8 )

Als „Tor zum Harz“ war Halberstadt seit jeher Durchgangsstation für alle diejenigen,

die den Zauber der grünen Harzberge genießen wollten. Aber schon unmittelbar vor

der Stadt kann der Wanderer sich an einer landschaftlich sehr reizvollen Umgebung

erfreuen.

Von der Straßenbahnhaltestelle “ Sternwarte“ – die Gaststätte trägt ihren Namen

nach einer hier vor Jahrzehnten einmal gewesenen Beobachtungsstation – hat man

die Möglichkeit, auf Spaziergängen und Wanderungen die Schönheit der

Vorharzberge bereits hier kennenzulernen. Nur wenige Schritte sind es von hier aus

zum Felsenkeller. Vor über hundert Jahren ließ der Halberstädter Brauer Karl

Langenstraß 1837 den ersten Keller in den Sandstein hauen und begründete damit

diese GastwirtschaftOberhalb des vielbesuchten Gartenlokals trifft der Wanderer auf

dem Kamm des Kluswaldes auf einen Wasserturm, der mit dem zu Füßen des

Höhenzuges gelegenen Kluswasserwerk die Wasserversorgung Halberstadts aus

einem hier befindlichen Grundwasserbecken sichert. Dieses unterirdische Becken

füllt sich in regenreichen Perioden so auf, daß die am Nordosthang gelegene

Ypsilantiquelle zeitweise sprudelt. Schattige Waldwege führen auf dem Kamm und

am Wasserwerk vorbei zu ihr hin. Der Kammweg des Klusberges führt uns auch zu

den Sandsteinfelsen, die in ihrer Art Naturdenkmäler ersten Ranges sind. In ihren

Höhlen hatte im 11. Jahrhundert ein Eremit seine Klause, die diesem Höhenzug

dann den Namen Klusberge gab. Erst in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde

hier Wald angepflanzt und damit dem bisher kahlen Bergland sein heute reizvolles

Aussehen verliehen.

Am Südhang hat man von der Touristenstation „Walderholung“ einen weiten Blick

über die Thekenberge zu den größeren Ausläufern des Harzes.

Ostwärts den Klusbergen vorgelagert, dienen die Südhänge des Katzenkopfes den

Segelfliegern der Gesellschaft für Sport und Technik zum üben. Beim Großflugtag

1957 zogen von hier aus erstmalig nach dem zweiten Weltkriege wieder deutsche

Flugzeuge der nationalen Luftstreitkräfte über der alten Harzstadt ihre Kreise.

Die nördlich gelegene Molkenmühle ist ein gern besuchtes Gartenlokal. Alte

Urkunden aus dem 15. Und 16. Jahrhundert erwähnen sie bereits, und im 19.

Jahrhundert wurden hier auch Bäder verabreicht. Zur Stadt gelangt man von hier aus

entweder über den Feldweg zur Quedlinburger Straße oder man geht den Weg am

Kluswasserwerk vorüber zur Straßenbahn.

Das bestbesuchteste Ausflugsziel der Halberstädter sind noch immer die

Spiegelsberge. Man fährt mit der Straßenbahn bis zur Haltestelle „Schafstall“ oder

erreicht sie zu Fuß über den Spiegelsbergenweg.

Hier fuhr vor fast zwei Jahrhunderten der Domsekretär J.W.L. Gleim mit seiner liter-

arischen Freundin, der „Karchin“, an einem Sommertage in einer Kutsche den noch

kahlen „Kattfußbergen“ zu. Begeistert erzählten sie dann am Abend ihrem Gönner,

dem Domherrn Ernst Ludwig Spiegel Freiherr vom Desenberge ihr Naturerlebnis.

266

Ihm danken wir, daß er im Jahre 1763 begann, die öden Hügel in eine reizende

Parklandschaft umzugestalten. Wohl ist heute vieles, was noch Goethe und andere

berühmte Besucher unserer Stadt sahen und auch bewunderten, den Stürmen der

Zeitzum Opfer gefallen. Am schwersten allerdings litten die Anlagen in den Jahren

nach dem zweiten Weltkrieg.

Der Anregung des Kulturbundes folgend, soll zum Heimatfest das Jagdschloß als

Raststätte fertiggestellt werden. In seinem Kellergewölbe beherbergt es ein Faß, das

1327 Hektoliter Rauminhalt besitzt und im Jahre 1594 durch Meister Michael Werner

aus Landau, dem Erbauer des Heidelberger Fasses, im Auftrage des Bischofs Hein-

rich Julius angefertigt wurde. Freiherr von Spiegel erstand es mit anderen wertvollen

Stücken aus dem Schloß zu Gröningen und ließ über dem Kellerraum einen

Jagdsaal erbauen, der dann als moderner Gastraum Erholung bringen wird. Über

dem Kellereingang sind die Wappen des Bischofs und späteren Herzogs Heinrich

Julius (1566 – 1633) und seiner zwei Gemahlinnen in Stein gehauen mit der Jahres-

zahl 1606. Einst bildete das Portal den Eingang zum bischöflichen Schloß in

Gröningen. Einen umfassenden Blick auf das Panorama unserer wiedererstehenden

Stadt gewährt die Terrasse. Unweit des Schlosses steht eine Säule zu Ehren

Spiegels, die ein Verwandter dem Schöpfer dieser Naturanlage widmete. Der

sechseckige Aussichtsturm auf der höchsten Erhebung des Bergzuges gestattet eine

gute Aussicht. Aufbauhelfer säuberten den Unterbau vom Gestrüpp, so daß hier

angebrachte Figuren wieder sichtbar wurden. Am Nordhang des Berges liegt in

stimmungsvoller Umgebung des Mausoleums, das einmal Spiegels sterbliche

Überreste barg. Auf dem Wege zum Aussichtsturm (Bismarckturm), auf dem

Blankenburger Kopf, dem westlichen Ausläufer der Spiegelsberge, wird die neue

Rodel- und Bobbahn überquert. Den wuchtigen Turm des Bismarckdenkmals plant

man zu einer Sternwarte aus-zubauen.

Am Fahrweg zum Landhaus wird zur Linken das frühere Ausfluglokal „Lindenberg“

passiert, das jetzt dem Bahnhof Magdeburg – Rothensee als Betriebsferienlager

dient. Zur Rast ladet der „Grüne Jäger“ mit seinem schattigen Garten ein. Nock vor

Jahrhunderten waren diese Hügel Weinberge, die später von Hopfengärten abgelöst

wurden. Bald nehmen uns die von dunklen Kiefern bestandenen Thekenberge

(228m) auf. Ihre Steinbrüche lieferten zahlreichen Halberstädter Gebäuden, wie der

Käthe-Kollwitz-Schule, das Baumaterial.

Geologisches und vorgeschichtliches Interesse weckt hier der „Gläserne Mönch“.

Einsam ragt der 207m hohe Sandsteinfelsen aus dem tiefgrünen Dunkel der

Thekenberge heraus. Den Namen erhielten die Felsen durch den Volksmund, da sie

vom Tal aus gesehen die Konturen eines Mönches und einer Nonne haben. Bildet

sich im Winter Eis an den Felswänden, in denen sich die Sonnenstrahlen brechen,

könnte man annehmen, die Felsen seien aus Glas. Vorgeschichtliche Funde weisen

auf eine alte Kultstätte hin. Zu Füßen der Felsgruppe liegt das Landhaus. Es sah

schon zwei Jahrhunderte kommen und gehen. Nach dem Siebenjährigen Krieg

erhielt ein verwundeter Soldat die Genehmigung, sich hier ein Haus zu bauen und

einen Bierausschank einzurichten. Da die alte Landstraße Halberstadt – Blankenburg

unmittelbar am Haus vorüberführte, machte der Wirt einträgliche Geschäfte. Das

Haus hieß zunächst „Zu den drei Lilien“. Später wurde daraus der „Füllsackkrug“. Die

267

benachbarte braunschweigisch – preußische Grenze begünstigte das Schmuggler –

unwesen. Auch hieraus zog der Wirt Nutzen. Sobald Grenzjäger in der Nähe waren,

stellte er ein Licht ins Fenster, um die Schmuggler zu warnen. Dafür ließ er sich

einen „Dreier“ zahlen, wodurch der Name „Dreierhäuschen“ entstand. Später erst

kam der jetzige Name „Landhaus“ auf. Unweit des Landhauses verdient am Wege

zum Hoppelberg gelegen noch das „verlorene Wasser“ Beachtung. Ein kleiner Bach

versickert hier plötzlich im Boden.

Quelle: (Erstes Halberstädter Heimatfest, 1958))

268

3 . 5 . 4 W a n d e r u n g d u r c h d i e T h e k e n b e r g e

Diese Beschreibung beginnt am Landhaus, einst ein beliebtes Ausflugsziel, heute

nur noch ein Trümmerhaufen und meterhohes Unkraut. Dabei gehörten die Gebäude

zur traditionsreichsten Gaststätte der Region, die jetzt etwa 250 Jahre alt wäre. Die

Geschichte des „Landhauses“ ist zugleich auch ein Stück Geschichte Halberstadts

und das kam so:

Fluchtpunkt für preußische Soldaten

1749 baute man den hohen und spitzen Kirchturm in Hüttenrode, der weithin zu

sehen war und der für zahlreiche preußische Soldaten aus der Garnison Halberstadt

der Fluchtpunkt war, wenn sie aus der preußischen Armee flüchten wollten, denn die

Soldaten wurden unter Zwang von den Werbern in die preußische Uniform gesteckt,

nachdem sie ihr Handgeld in Empfang genommen hatten. Die Grenze zwischen dem

Königreich Preußen und dem Fürstentum Braunschweig (Hüttenrode) verlief damals

an der Südgrenze des Hoppelberges, nur 20 Minuten vom „Landhaus“ entfernt. Wer

also fahnenflüchtig werden wollte, mußte nur versuchen, ungesehen das

braunschweigische Gebiet zu erreichen. Vergeblich hatten die Kommandeure der

Halber – städter Regimente Eingaben an König Friedrich II. eingereicht, daß er doch

über den Herzog von Braunschweig sorgen solle, daß der Kirchturm von Hüttenrode

abgetragen werden möge, um den Soldaten das Ziel zu nehmen.

Grenze lockte Schmuggler an

Auch der Halberstädter Regimentskommandeur des Inf.-Rgt. 21, Herzog Carl

Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, der sein Amt 1773 erhielt, konnte den Abriß

des Turmes nicht durchsetzen, obwohl er Landesherr war; aber dafür hatte man

schon etwa um 1760 ein kleines Haus gebaut, das man nach einem Flurstück

„Füllsackkrug“ nannte, weil der dort wohnende „invalide Soldat“ einen kleinen

Ausschank unterhielt, der sicher gern besucht wurde, denn damals verlief die Straße

nach Blankenburg hier vorbei, ältere Halberstädter sprechen noch heute von der

alten Blankenburger Straße. Der Invalide sollte verhindern, daß Soldaten die nahe

Grenze erreichten – ein aussichtsloses Bemühen!

Um 1780 kam dann im Volksmund der Name „Dreierhäuschen“ auf, weil die Grenze

auch Schmuggler anlockte, welche versuchten, während der von Napoleon

verhängten Kontinentalsperre bestimmte Waren, so zum Beispiel Salz, über die

Grenze zu bringen. Wenn sie dem Wirt des „Füllsackkruges“ einen Dreier zahlten,

stellte er nach einer Überlieferung eine Laterne ins Fenster, um anzuzeigen, daß sich

kein Grenzgänger in der Nähe befand und die „Luft rein sei.“ Diese

Grenzvorkommnisse hörten erst 1838 auf, als das frühere Fürstentum Braunschweig

in den preußischen Zollverband eingegliedert wurde. Nun brauchte niemand mehr zu

schmuggeln.

Also änderte man auch den Namen der Kneipe, die sich ab 1820 „Landhaus“ nannte.

Das ist bekannt, weil man im „Halberstädter Intelligenzblatt“ vom 28. September

1822 folgendes nachlesen kann:

269

„Ich beehre mich, meinem hochgeehrten Publikum hiermit

ergebenst bekannt zu machen, daß ich künftigen Mittwoch,

also den 2. Oktober durch Herrn Dommusikus Barnbeck eine Abendmusik

veranstalten werde, welche wie unlängst

gegeben, auf dem Gebirge, zum Gläsernen Mönch genannt,

zuletzt durch ein Echo die Anwesenden unterhalten wird.

Der Anfang ist um ½ 5Uhr und die Zahlung nach geblieben.“

-Landhaus, 26.September 1822 F. Krahnert

„Landhaus“ kam in Mode

Wie der Besuch war, ist heute nicht mehr festzustellen, aber sicher werden eine

Anzahl Halberstädter und Langensteiner gekommen sein, die sich nach der

Veranstaltung beim Wirt gelabt haben werden. Es gab noch keine Fahrräder oder

Kraftfahrzeuge, man zog eben zu Fuß los oder nahm sich einfach eine Droschke

oder fuhr mit einem Ackerwagen, der mit einer Strohschütte versehen war, hinaus.

Das „Landhaus“ kam jedenfalls in Mode und wurde bis etwa 1870 gut besucht.

Warum es dann gemieden wurde, weiß man nicht mehr, denn ein Blankenburger

beklagt 1897: “…daß die alte Wirtschaft seit fast 30 Jahren außer Verkehr gesetzt

ist.“

Erst unter dem Wirt Heinrich Schrader zog 1897 wieder neues Leben im „Landhaus“

ein. Dann kam Albert Niemeck, den noch viele kennen werden und der mit seinem

Schwiegersohn Hans Brüser hier ein wahres Kinderparadies schuf, mit einem kleinen

Zoo, Schaukeln und Sandkasten. Man zog in den dreißiger Jahren in Scharen hinaus

um entweder eine Stange Bier für 0,25Pfennig zu trinken oder einen Schoppen

„Thekenberger Sonnenseite“ oder ein Butterbrot mit Harzer Käse für 0,15Pfennig zu

verzehren. „Beide Räume sind täglich gut geheizt!“ „Von de Affen ins Landhaus“

erzählt man sich heute noch.

Kurz vor Kriegsende verbotene Zone

Mit zunehmender Motorisierung ging es nach dem Kriege langsam aber stetig bergab

mit dem „Landhaus“. Schon in den letzten Monaten vor Kriegsende war die ganze

Gegend eine verbotene Zone, weil man dort das KZ – Lager Zwieberge baute.

Nach dem Kriege gab es zwar noch unter dem Wirt Hartmann einen gewissen Höhe-

punkt, wenn man dort zum Spargelessen hin wanderte, denn er war Mitglied der

DDR Nationalmannschaft der Köche.

Dann kam die Abriegelung der Thekenberge nach 1970 (Bau des NVA – Lagers in

den ehemaligen Malachithöhlen) und damit auch die Sperrung des schönen

Waldweges zwischen dem „Grünen Jäger“ und dem „Landhaus“. Die Gäste blieben

weg, wo-ran auch der neue Pächter aus Sondershausen nichts änderte. Das Haus

hielt sich als Schulungs- und Ferienheim des VEB Elektroinstallation noch mühsam

270

am Leben. In der Wendezeit kam das endgültige Aus für das „Landhaus“. Am

Himmelfahrtstag 1990 wurde zwar die Gartenterrasse wieder geöffnet, aber die

Gastronomie lohnte sich nicht und bald war wieder alles vorbei, diesmal endgültig!

Auch der Erwerb des Grundstückes durch die ehemalige „Harzbrauerei“ konnte das

Objekt nicht retten. Das „Landhaus“ wurde zur Ruine und zum Tummelplatz von

Radaubrüdern und Brandstiftern.

Abbildung 28 Das Landhaus 1980 Quelle: W. Hartmann

Abbildung 29 Das Landhaus 1996 Quelle: Z H u B Heft 12 - 1998

271

Wir verlassen schnell den traurigen Ort und steigen auf dem zuletzt 1992 sanierten

Aufstieg über 190 Stufen, meistens aus hölzernen Eisenbahnschwellen, zum Fuß

des Quadersandsteinfelsens und noch einmal 60 Stufen zur Aussichtsplattform des

Gläsernen Mönch (207 m über NN) hinauf, dabei überwinden wir einen Höhenunter-

schied von 60 Metern. Von hier aus haben wir einen herrlichen Rundblick: Im Norden

sehen wir den langgezogenen Huywald und Halberstadt; im Westen befindet sich

Langenstein mit dem Höhenzug der Altenburg, beides überragt vom Hohnekamm

und dem Brocken; im Süden bestimmen der Tönnigsberg und der Hoppel-berg mit

dem Weg vom Landhaus zum Sattel zwischen beiden Bergen das Bild; im Osten

begrenzen die Thekenberge den Blick. Der herausragende, sich in mehreren

Terrassen erhebende Sandsteinblock wurde von den ständig nagenden

Verwitterungskräften geformt und ist dadurch zu einem der interessantesten

Naturdenkmale der Halberstädter Berge geworden. Bis zum Jahre 1864 konnte man,

von Nordwesten aus gesehen, noch mit etwas Phantasie zwei menschenähnlich

aufragende zerklüftete Felssäulen vor dem Aussichtsfelsen ausmachen, bis ein

einschlagender Blitz das obere Ende des einen zerschmetterte. Deshalb entstand die

Sage von einem Mönch und einer Nonne, die für ein Vergehen in Stein verwandelt

wurden. Am obersten Teil des Aussichtsfelsens befindet sich eine gußeiserne Tafel,

gewidmet „Dem Oberbürgermeister Becker Becker in Halberstadt von 1868 – 1875.

Aus Dankbarkeit für Aufforstung der Thekenberge. Der Harzklub, Zweigverein

Halberstadt 1901“. Bekanntlich haben die Thekenberge ihren Namen von den

Zecken, die die hier weiden-den Schafe und Ziegen plagten.

Ab 1860 erfolgte die Aufforstung mit Mischwald, die unter Oberbürgermeister

Wilhelm F. B. Becker (1835 – 1924) ab 1868 verstärkt mit dem Pflanzen von Kiefern

fortgesetzt und bis 1877 beendet wurde.

Schon 1823 wurden bei Ausgrabungen am Fuß des „Gläsernen Mönches“ Urnen,

Stein-, Bronze- und eiserne Geräte sowie Skeletteile von Tieren gefunden. Sie

bestärken die Annahme, daß der weit herausragende Felsen früher als heidnische

Opferstätte für den Gott Thor ( = Donar = Gott des Gewitters und der Fruchtbarkeit)

Abbildung 31 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel

272

diente. Daran anknüpfend gibt eine Umgebungskarte noch um 1909 für den etwas

weiter nördlich vom Gläsernen Mönch befindlichen „Löwenfelsen“ den Namen

„Thorstein“ an, in anderen Quellen auch „Dohrnstein“ genannt und das zwischen

beiden befindliche Feld hieß „Dohrnsteinfeld“, wobei sich der Wortanfang jeweils auf

Thor bezieht. Vermutlich trug die ganze Felsgruppe ursprünglich den Namen

„Thorstein“ aber nach der Christianisierung wurde der Name „Glarener ( = Steinerner

) Mönch“ üblich, woraus später der jetzige Name abgeleitet wurde.

Wir wandern auf dem Weg dicht unter dem Kamm der Hügelkette am Südabhang

entlang. Rechts befindet sich die „Alte Warte“ mit Brockenblick. Leider ist die Sicht

bis auf eine schmale Schneise zugewachsen, durch die der östliche Teil

Langensteins und darüber der Brocken zu sehen sind. Die gleichnamige höchste

Kuppe der Thekenberge (228 m) befindet sich gegenüber, links des Weges. Am

nächsten Querweg biegen wir nach rechts ab und wandern bis zur Linkskrümmung

des Weges.

Hier befindet sich nach Aussagen älterer Halberstädter die nicht ausgeschilderte

„schöne Aussicht“. Auch diese ist bis auf eine schmale Schneise mit Blick auf das

westliche Langenstein und die Wilhelmshöhe fast zugewachsen. Der Weiterweg am

Hang entlang bietet nach rechts Durchblicke zum Hoppelberg zu den Zwiebergen.

Bald wird einer der höchsten Punkte der Thekenberge, die links oberhalb des

Weges befindliche „Kalte Warte“ (225 m) passiert, auf der früher ein Wartturm stand.

Zschiesche führt in seinem 1895 (2. Aufl.) erschienen Buch „Halberstadt sonst und

jetzt“ dazu aus: „Zwei vom Gipfel herabziehende parallele Mauer, behauene Steine

Abbildung 32 Der Gläserne Mönch 1911 Quelle: www.ausflugsziele-harz.de

273

und Mörtel bezeichnen seinen Standort. Er erhob sich in der Mitte zwischen

Steinholzwarte und dem Turme … bei der Wilhelmshöhe“. Kurze Zeit später zweigt

ein Pfad mit dem Schild „Aussicht Fuchsklippe“ nach links ab. Diese erreichen wir

nach wenigen Metern am Südhang. Eine Bank ladet zum Sitzen ein. Die Sicht

zwischen den Bäumen hindurch ist auch hier eingeschränkt, aber doch sehenswert:

Am Hang entlang wird links der zerklüftete Verlauf der Thekenberg mit

herausragendem Klippen sichtbar: Gegenüber sind wieder Zwieberge und

Hoppelberge sowie im Vordergrund unten der „Grabenweg“ zum Mahnmal des

früheren KZ Langenstein – Zwieberge und rechts der Hohnekamm und der Brocken

zu sehen. Wir gehen wieder zurück zum Hangweg und auf diesem später an einen

Zaun entlang. Auf der Bergseite befindet sich einer von mehreren Steinbrüchen, die

früher in den Thekenbergen betrieben worden. Sie lieferten die Steine für solche

bekannten Bauten wie den Bismarckturm und das Käthe-Kollwitz-Gymnasium. Ein

wahrscheinliches Objekt war der Bau der Stadtmauer, dessen Gesamtvolumen etwa

36600 m³ Sandstein betrug. Das Material Sandstein, der vermutlich aus den

Thekenbergen geholt wurde, machte allein eine Masse von 80465 to. aus.

Bald gelangen wir zu einer Wegkreuzung mit Schutzhütte. Von hier aus weist das

bekannte Rundweg – Schild nach links in die nördliche Richtung. Am Wege finden

sich noch Spuren der früher hier entlang fahrenden sowjetischen Panzer in Form

heute gefüllter Wasserlöcher. Die sich hier im Juni zahlreich tummelnden

Kaulquappen machen ein Biotop daraus. Nach einer um 1909 herausgegebenen

Karte müssen wir hier irgendwo den als Fahrrad – und Fußweg eingezeichneten

„Oehlerweg“ kreuzen, aber in den vergangenen Jahrzehnten ist er zugewachsen. Der

Weg war nach dem von 1900 bis 1905 als Erster Bürgermeister Halberstadt

fungierenden Dr. jur. Albert Oehler benannt. An der nächsten Weggablung nehmen

wir den linken durch den Laubwald. Die Wegführung scheint aus älteren Jahrzehnten

zu stammen, denn auf der linken Seite begleitet uns eine Baumreihe und auf der

rechten verwilderte Zierbüsche. Etwa 100 m vor dem Waldrand biegen wir wieder

nach links ab. Leider fehlt hier das entsprechende wegweisende Schild. Nach

wenigen Metern queren wir einen mit Betonteilen belegten breiten Weg und

erreichen eine Sitzgruppe mit Bänken und einem Tisch.

Unser Weg schlängelt sich als schmaler Pfad in westlicher Richtung. Nach dem eine

in westöstlicher Richtung verlaufende Schneise gequert ist, an der sich eine

Schutzhütte befindet, geht es weiter in nördlicher Richtung. Wieder lädt eine

Sitzgruppe zum Ausruhen ein. An der Waldkante gelangen wir auf eine Wiese, auf

der im Juni herrlich blaue Lupinen blühen. Dort wo sich die Wiese nach links weitet

und den Wald zurückdrängt, wird der Zaun der „Untertageanlage“ sichtbar. Nach

rechts tut sich der Blick auf die Klussiedlung auf. An einer Bank biegt der nun breiter

gewordene Weg durch Mischwald nach Westen, später wieder nach Norden, wo sich

wieder eine der zahlreichen am Rundweg vorhandenen Sitzgelegenheiten befindet.

An einer Sperre führt der breite Weg zu einer kleinen Ansiedlung, während wir den

schmalen Pfad nehmen. Letzterer mündet an einer weiteren Sperre auf den früheren

Hauptweg Lindenberg – Landhaus, und jetzt wegen der „Untertageanlage“ wenige

Meter südlich an der Ansiedlung endet. Nach wenigen Schritten in nördlicher

Richtung erreichen wir am Grundstück der abgebrochenen ehemaligen

274

Ausflugsgaststätte „Grüner Jäger“ den Abzweig zum 1980 angelegten neuen Weg

zum „Landhaus“. Der beschriebene Rundweg vom „Landhaus“ bis zum ehemaligen

„Grünen Jäger“ ist etwa 4 km lang. Er ist etwas für Liebhaber der Natur, die die

Einsamkeit nicht fürchten. Wandern am „Lindenberg“ vorbei zur

Straßenbahnhaltestelle „Kirchallee“ (früher „Schafstall“).

Quelle: (Warnecke, 1997)

Quelle: Werner Hartmann

275

3 .6 B i ld e rga l e r i e

Bildergalerie

Abbildung 33 Der Gläserne Mönch Quelle: Köhler & Saemann

Abbildung 34 Das Landhaus 1998 Quelle: G. Kriesel

276

Abbildung 35 Aufstieg zum Gläsernen Mönch Quelle: G. Kriesel

Abbildung 36 Der Gläserne Mönch Quelle: G. Kriesel

277

Abbildung 37 Schild am Gläsernen Mönch Quelle: G.Kriesel

Abbildung 38 Landhaus Quelle: Köhler & Saemann

278

Abbildung 39 Das Landhaus Quelle: W. Hartmann

Abbildung 40 Das Landhaus Quelle: Harz und Bruch Heft 12/1998

279

Abbildung 41 Mauerreste des Landhauses 2012 Quelle: G. Kriesel

280

Kein aktuelles Foto möglich, da sich der Standort im abgesperrten Bereich

der Malachit Höhle befindet.

Abbildung 42 Gaststätte „Neu Kamerun“ Quelle: Kalender 2009 W. Hartmann

281

Besitzer: Max Wittmann

Der Aussichtspunkt Fuchsklippe

Abbildung 43 Forsthaus Quelle: M. Grusche

Abbildung 44 Forsthaus 1910 Quelle: M. Grusche

282

Abbildung 45 Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel

Abbildung 46 Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel

283

Abbildung 47 Das verlorene Wasser Quelle: langenstein-harz.de

284

3 .7 Q u e l l e n ve r ze i c h n i s

(kein Datum).

(1987). Zwischen Harz und Bruch , S. Heft 6.

(2001). Z HuB , S. Heft 25.

Erstes Halberstädter Heimatfest. (1958). Festschrift .

Focke, G. Halberstädter Ausflugslokale "Einst und Jetzt". Neues Halberstadt.

Grusche, M. (1988). Z HuB , S. Heft 12.

Hartmann. (1998). zhbheftll märz98.

Kriesel, G. (2012). Fuchsklippe. Halberstadt.

unbekannt. (1930). altes Prospekt.

Warnecke, V. (1997). Zwischen Harz und Bruch , S. Heft 10.

wikipedia.org/wiki/Thekenberge . (2012).

www.ausflugsziele-harz.de. (kein Datum). Abgerufen am 2012 von

www.ausflugsziele-harz.de

www.halberstädter-berge.de/thekenberge/ Knut Schneider. (2012).

www.langenstein-harz.de/vwasser. (2012). Abgerufen am 2012 von

www.langenstein-harz.de/vwasser

ZHuB. (1956). S. Heft 1.

285

3 .8 A bb i ld u ng sv e r z e i c h n i s

Abbildung 1 Der Gläserne Mönch 1911 Quelle: siehe Text .................................... 231

Abbildung 2Der Gläserne Mönch und das Landhaus Quelle: siehe Text .............. 231

Abbildung 3 Die Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................ 233

Abbildung 4 Der Hoppelberg 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................ 233

Abbildung 5 Das verlorene Wasser Quelle: siehe Text .......................................... 234

Abbildung 6 Kalender 2009 Quelle: W.Hartmann ................................................ 235

Abbildung 7 Das Landhaus 1930 Quelle: Zeitschrift „Der Harz“ ............................. 235

Abbildung 8 Das Landhaus 1996 Quelle: „Z.HuB“ Heft 12-1998 ............................ 236

Abbildung 9 Das Landhaus 1999 Quelle: G. Kriesel ............................................... 236

Abbildung 10 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................. 236

Abbildung 11 Das Landhaus Quelle: Feuerwehr ................................................... 239

Abbildung 12 Kamerun Quelle: G.Focke ............................................................. 240

Abbildung 13 Postkarte Quelle: G. Focke ............................................................ 241

Abbildung 14 Postkarte Quelle: G. Focke ............................................................. 242

Abbildung 15 Postkarte Quelle: G. Focke ............................................................. 245

Abbildung 16 Kalender 2009 Quelle: W. Hartmann ............................................ 246

Abbildung 17 Ansichtskarte 1916 Quelle: M. Grusche ........................................ 246

Abbildung 18 Postkarte Quelle: G. Kriesel .......................................................... 247

Abbildung 19 angeblicher Standort Forsthaus Quelle: G. Kriesel ......................... 247

Abbildung 20 Standort Forsthaus Quelle: G. Kriesel .......................................... 248

Abbildung 21 privater Prospekt Quelle: G. Kriesel .............................................. 249

Abbildung 22 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................. 252

Abbildung 23 Das Landhaus 1998 Quelle: G. Kriesel ............................................. 252

Abbildung 24 Der Gläserne Mönch Quelle: G. Kriesel ............................................ 253

Abbildung 25 Thekenberge 1928 Quelle: Focke ..................................................... 254

Abbildung 26 Lage Versorgungslager Quelle: siehe Text .................................... 255

Abbildung 27 Häftlinge Quelle: siehe Text ............................................................. 257

Abbildung 28 Das Landhaus 1980 Quelle: W. Hartmann ....................................... 270

Abbildung 29 Das Landhaus 1996 Quelle: Z H u B Heft 12 - 1998 ..................... 270

Abbildung 30 Das Landhaus 2011 Quelle: G. Kriesel ............................................. 270

Abbildung 31 Das Landhaus 2012 Quelle: G. Kriesel .......................................... 271

Abbildung 32 Der Gläserne Mönch 1911 Quelle: www.ausflugsziele-harz.de ...... 272

Abbildung 33 Der Gläserne Mönch Quelle: Köhler & Saemann .......................... 275

286

Abbildung 34 Das Landhaus 1998 Quelle: G. Kriesel ........................................... 275

Abbildung 35 Aufstieg zum Gläsernen Mönch Quelle: G. Kriesel ......................... 276

Abbildung 36 Der Gläserne Mönch Quelle: G. Kriesel .......................................... 276

Abbildung 37 Schild am Gläsernen Mönch Quelle: G.Kriesel ............................... 277

Abbildung 38 Landhaus Quelle: Köhler & Saemann ............................................ 277

Abbildung 39 Das Landhaus Quelle: W. Hartmann ............................................. 278

Abbildung 40 Das Landhaus Quelle: Harz und Bruch Heft 12/1998 ..................... 278

Abbildung 41 Mauerreste des Landhauses 2012 Quelle: G. Kriesel ................... 279

Abbildung 42 Gaststätte „Neu Kamerun“ Quelle: Kalender 2009 W. Hartmann .. 280

Abbildung 43 Forsthaus Quelle: M. Grusche ....................................................... 281

Abbildung 44 Forsthaus 1910 Quelle: M. Grusche .............................................. 281

Abbildung 45 Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................. 282

Abbildung 46 Fuchsklippe 2012 Quelle: G. Kriesel ............................................. 282

Abbildung 47 Das verlorene Wasser Quelle: langenstein-harz.de ..................... 283