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Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen 1

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen · Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen 4 1. Abstract Musik ist ein Medium, dem in der heutigen Zeit kaum mehr

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Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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Inhaltsverzeichnis

1. Abstract ............................................................................................................. 4

2. Vorwort ............................................................................................................. 5

3. Einleitung .......................................................................................................... 6

3.1 Methoden und Vorgehen .................................................................................................. 6

3.2 Fragestellung .................................................................................................................... 6

3.3 Eingrenzung des Themas .................................................................................................. 6

3.4 Definition der Musik ........................................................................................................ 7

3.5 Kurzer Überblick über die Musik und ihre Entwicklung ................................................. 7

4. Von der Entstehung der Töne bis zur Verarbeitung im Gehirn ........................ 9

4.1 Entstehung von Tönen ...................................................................................................... 9

4.2 Der Weg des Schalls durch das Ohr bis zum Gehirn ..................................................... 10

4.2.1 Die Verarbeitung des ankommenden Schalls im Ohr .......................................................... 10

4.2.2 Der Weg durch die Hörbahn................................................................................................. 11

4.3 Was hat Musik mit unserem Gedächtnis zu tun? ........................................................... 13

4.4 Wo wird Musik verarbeitet? ........................................................................................... 14

4.4.1 Zuordnung der verschiedenen Musik verarbeitenden Areale im Gehirn .............................. 14

4.4.2 Die Verarbeitung von Musik auf den verschiedenen Ebenen .............................................. 15

4.5 Musik und Emotionen .................................................................................................... 16

4.5.1 Musik und ihre Hörzugänge ................................................................................................. 17

4.5.2 Emotionen und Hirnaktivität ................................................................................................ 18

4.5.3 Das limbische System .......................................................................................................... 19

5. Musiktherapie .................................................................................................. 22

5.1 Entstehung der Musiktherapie ........................................................................................ 22

5.2 Einsatzmöglichkeiten der Musiktherapie ....................................................................... 23

5.3 Methoden der Musiktherapie .......................................................................................... 23

5.3.1 Die rezeptive Musiktherapie................................................................................................. 24

5.3.2 Die aktive Musiktherapie ..................................................................................................... 24

5.3.3 Einzel- und Gruppentherapie ................................................................................................ 25

5.4 Wie wirkt die Musiktherapie? ........................................................................................ 25

5.5 Ziele der Musiktherapie .................................................................................................. 26

5.6 Die Wirkung unterschiedlicher Musikgenres ................................................................. 26

6. Feldarbeit ......................................................................................................... 28

6.1 Vorgehen „Musik im Alltag“ ......................................................................................... 28

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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6.2 Darlegung und Auswertung der Ergebnisse „Musik im Alltag“ .................................... 29

6.3 Vorgehen „Musiktherapie“ ............................................................................................. 36

6.4 Darlegung und Auswertung der Ergebnisse „Musiktherapie“ ....................................... 37

6.5 Erfahrungsbericht: Gruppentherapie im April 2015 ....................................................... 42

6.6 Auswertung der Interviews ............................................................................................. 44

7. Fazit ................................................................................................................. 45

8. Schlusswort ..................................................................................................... 47

9. Glossar ............................................................................................................. 49

10. Quellenverzeichnis ........................................................................................ 52

10.1 Literaturquellen ............................................................................................................ 52

10.2 Internetquellen .............................................................................................................. 53

11. Abbildungsverzeichnis .................................................................................. 54

12. Eigenständigkeitserklärung ........................................................................... 56

13. Anhang .......................................................................................................... 57

13.1 Fragebogen: „Musik im Alltag“ ................................................................................... 57

13.2 Grundauswertung: „Musik im Alltag“ ......................................................................... 60

13.3 Fragebogen: „Musiktherapie“ ....................................................................................... 70

13.4 Grundauswertung „Musiktherapie“ .............................................................................. 74

13.5 Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin ........... 83

13.6 Interview mit der Musikgruppenbetreuerin .................................................................. 89

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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1. Abstract

Musik ist ein Medium, dem in der heutigen Zeit kaum mehr aus dem Weg gegangen werden kann.

Überall ist Musik, in Warenhäusern, Filmen, Restaurants. Durch die moderne Technik, wie beispiels-

weise den iPod®, wurde es uns ermöglicht Musik immer und überall zu hören. Aber wieso hat es uns

die Musik so angetan?

In meiner Maturaarbeit will ich unter anderem genau dieser Frage nachgehen. So habe ich mich mit

dem anatomischen, neurologischen und psychologischen Aspekt der Musik auseinandergesetzt.

Obwohl die Forschungen auf diesem Gebiet noch lange nicht abgeschlossen sind, gibt es bereits einige

Erkenntnisse. Mich interessiert hauptsächlich die Wirkung der Musik auf die Psyche und das Befinden

des Menschen. Aber auch wie die Erkenntnisse daraus für die Medizin, insbesondere der Musik-

therapie, genutzt werden, ist Teil meiner Arbeit.

Um die oben erwähnte Individualität des Hörers aufzuzeigen, habe ich zwei verschiedene Personen-

umfragen durchgeführt. Die eine fand innerhalb der Musiktherapie statt und die andere im Bereich der

Musik im Alltag. Zudem führte ich zwei Interviews durch und konnte an einer Gruppentherapiestunde

der Musiktherapie teilnehmen. Auf diese Weise kam ich meinem Thema immer mehr auf die Spur und

mir wurde die Komplexität des ganzen Themas immer bewusster. So war ich an vielen Stellen sehr

überrascht, welches Ausmass das Ganze annimmt.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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2. Vorwort

Mehr aus Ironie als aus bitterem Ernst meinte ich während eines Abendessens: „Ich schreibe meine

Maturaarbeit doch einfach über die Auswirkungen der Musik.“ Diese Aussage entstand durch die

Enttäuschung, dass ich keinen Betreuer für mein erstes Thema gefunden hatte. Doch zurück zu dieser

Aussage. Als ich das ganze nochmals überdachte, wurde mir bewusst, dass es genau das war, was

mich interessierte.

Von allem Anfang an war für mich klar, dass wenn ich mich schon ein ganzes Jahr mit ein und

demselben Thema beschäftigen muss, es etwas sein sollte, das in meinem Alltag eine sehr grosse und

wichtige Rolle spielt. Da ich in meiner Freizeit liebend gern tanze und mehrmals in der Woche ins

Balletttraining gehe, passte dieses Thema perfekt. Denn das Tanzen ist für mich ein Ort, an dem ich

meine Sorgen vergessen kann. Aber auch zu Hause muss meine Familie tagtäglich die laute Musik aus

meinem Zimmer ertragen. Mit Musik kann ich den Alltagsstress vergessen und mich beruhigen.

Immer wenn ich Musik höre, verbessert sich schlagartig meine Stimmung.

Wieso bewegt die Musik mich auf eine solche Art und Weise? Machen andere gleiche Erfahrungen?

Genau das wollte ich entdecken und so ging es los auf eine Reise, in der ich viel darüber lernte.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen Personen bedanken, die mir mit Rat und Tat

beiseite gestanden haben und ohne die diese Arbeit auf eine solche Art und Weise nicht hätte

entstehen können. Ein grosses Dankeschön geht an meine Betreuungsperson Frau Anita Haapamäki.

Sie hat mich die ganze Zeit unterstützt, mir Ideen, aber auch hilfreiche Tipps gegeben und trotz allem

Freiheiten gelassen.

Einen weiteren Dank möchte ich denjenigen Personen aussprechen, die auf irgendeine Weise zu

meiner Arbeit etwas beigesteuert haben:

Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin: Durch sie habe ich einen Ein-

blick in das Themengebiet der Musiktherapie erhalten und konnte auch an einer Gruppen-

stunde selbst erfahren, wie eine solche Therapie abläuft und auf mich selbst wirkt.

Musikgruppenbetreuerin (Sie will anonym bleiben.): Auch sie liess mich einen Blick auf ihren

Alltag werfen, wodurch mir auch klar wurde, wie einfach Musikinstrumente selbst zu basteln

sind.

Die Personen, die sich bereit erklärt haben einen Fragebogen auszufüllen. Ohne diese wäre es

mir nie möglich gewesen, zwei Umfragen auszuwerten und in meine Arbeit zu integrieren. An

dieser Stelle spreche ich einen besonderen Dank denjenigen Patienten der Musiktherapie der

psychiatrischen Klinik Schlössli in Oetwil am See aus, die mich in der Gruppentherapiestunde

akzeptierten.

Meinen Freunden, insbesondere Alessia Meyer und Stefan Betschart danke ich für ihre Hilfe

bezüglich den Ideen und Inspirationen für das Titelbild und deren Umsetzung. Aber auch Lea

Bischoff danke ich herzlich für die Unterstützung bei der Gestaltung des Titelbildes.

Zum Schluss danke ich auch meiner Familie für ihre tatkräftige Unterstützung. Immer wieder mussten

sie sich anhören, was ich gemacht habe und meine Fragen schienen kein Ende zu nehmen. Doch ich

konnte immer auf ihre Hilfe zählen und sie waren stets bereit, sich längeren Gesprächen mit mir zu

widmen, die mir sehr weitergeholfen haben. Nicht zuletzt diese Gespräche haben mich immer wieder

aufs Neue inspiriert und motiviert.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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3. Einleitung

In den folgenden Unterkapiteln werde ich das Vorgehen und die Methoden sowie die Fragestellung

und die Eingrenzung des Themas erläutern. Weitere Inhalte sind die Definition der Musik und die

Entwicklung der Musik.

3.1 Methoden und Vorgehen

Um einen guten Überblick über das ganze Thema meiner Maturaarbeit zu erhalten, habe ich mir mit

Hilfe von Büchern, Lexiken und ganz selten auch Fachzeitschriftartikeln eine gute theoretische

Grundlage angeeignet. Neben der Wirkung der Musik im Allgemeinen habe ich mir auch Literatur zur

Musiktherapie beschafft. Wichtig erschien mir vor allem auch in Bezug auf die Musiktherapie,

Interviews mit Personen zumachen, die in diesem Bereich berufstätig sind. Um realitätsnahe Beispiele

zur Verbreitung der Musik und deren Wirkung auf das System Mensch aufzeigen zu können, habe ich

zwei Personenumfragen durchgeführt. Die eine fand im Bereich Musik und Alltag statt und die andere

im Rahmen der Musiktherapie. Insbesondere in der Musiktherapie wollte ich unter anderem heraus-

finden, wie wirkungsvoll eine solche Therapie ist. Es war mir zudem möglich an einer Gruppen-

therapiestunde teilzunehmen, wodurch ich am eigenen Leib die Wirkung erfahren durfte. Auf Grund

des Patientenschutzes verwende ich in dieser Arbeit die männliche Form, also Patient, womit aber eine

Patientin oder ein Patient gemeint sein kann. Für das bessere Verständnis dieser Arbeit sind einige

Begriffe im Glossar erklärt.

3.2 Fragestellung

Damit ich nicht völlig im Dunkeln tappte, habe ich mir zu Beginn einige Fragen aufgeschrieben, von

denen ich folgenden nachgegangen bin:

Was löst die Musik aus?

Wie verarbeitet das Gehirn Musik?

Weshalb bewegt Musik die Menschen?

Wieso reagieren nicht alle Menschen gleich auf die Musik?

Wie macht sich die Musiktherapie das zu nutzen?

Wo wird die Musiktherapie eingesetzt?

3.3 Eingrenzung des Themas

Musik ist ein sehr vielseitiges Themengebiet. Wie der Titel meiner Maturaarbeit schon betont, werde

ich mich vor allem mit den anatomischen, neurologischen und psychologischen Aspekten der Musik

auseinandersetzen. Die Aspekte rund um die Entstehung, die Entwicklung, die Theorie und die

Funktion, so wie auch weitere Aspekte der Musik werden nicht berücksichtigt. Denn dies würde den

Rahmen meiner Maturaarbeit sprengen.

Meine Arbeit ist in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil ist ein kurzer Abriss über die Entwicklung der

Musik zu finden. Das Kerngebiet des zweiten Teils stellt den neurologischen wie auch psycho-

logischen Bereich rund um das Thema Musik dar. Ich habe mich mit dem Weg des Schalls durch das

Ohr, der Verarbeitung des Schalls im Gehirn, aber auch mit den Emotionen auseinandergesetzt. Im

dritten Teil habe ich mich mit der Musiktherapie beschäftigt. Es geht unter anderem darum, einen

Einblick in die Musiktherapie zu erhalten: Wie ist die Musiktherapie entstanden, wie läuft eine solche

Therapiestunde ab und wo wird sie eingesetzt? Im vierten und letzten Abschnitt geht es um meine

Feldarbeit und deren Auswertung. Ich gehe dabei auf einzelne Fragen detailliert ein und

veranschauliche sie anhand von Grafiken.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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3.4 Definition der Musik

Der Begriff Musik geht auf das griechische Wort musiké zurück, worunter das griechische Altertum

zunächst die drei musischen Künste Dichtung, Musik und Tanz als eine Einheit verstanden hat.

Danach wurde das Wort als Tonkunst im Besonderen aufgefasst.1 Trotz zahlreicher Versuche im

Laufe der Geschichte, eine allgemeine und grundlegende Beschreibung von Musik begrifflich zu

erfassen, gibt es dafür bis heute keine allgemein gültige Definition.2

Gerade weil das Empfinden für die Musik sehr individuell ist, gibt es ebenso viele Definitionen, unter

anderem von Komponisten, Philosophen aber auch von Musikwissenschaftlern. Folgende Definition

scheint für diese Arbeit am passendsten zu sein:

„Music has been defined as patterns of sound and varying in pitch and time produced for emotional,

social, cultural, and cognitive purposes.“3

Das heisst so viel wie: Die Musik wird definiert als Klangmuster oder Schallmuster mit

unterschiedlicher Tonhöhe und Tonlänge, das für emotionale, soziale, kulturelle und kognitive Zwecke

produziert wird.4

3.5 Kurzer Überblick über die Musik und ihre Entwicklung5

Musik ist heutzutage etwas Alltägliches und ein Leben ohne sie wäre trostlos. Wie die Musik

entstanden ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die ältesten Musikinstrumente werden etwa

auf 50‘000 Jahre geschätzt. Weil diese archäologischen Funde über die ganze Welt verteilt sind, liegt

es nahe, dass es überall lokale Musiktraditionen gegeben hat. Daraus lässt sich schliessen, dass die

Musik von Beginn weg zum Menschen dazugehörte. Die Ursprünge der Musik haben sich in der

Mythologie wiedergefunden. Dies ist nicht verwunderlich, da die Menschen auf eine solche Art und

Weise von der Musik berührt wurden, dass sie diese mit besonderen Kräften in Verbindung brachten.

Der Einsatz von Musik in medizinischen Bereichen ist bis weit ins Altertum zurück verfolgbar.6 Die

Musik und die Medizin gehören also schon seit Menschengedenken zusammen. Dies liegt unter

anderem an der Natur des Hörens. Denn die Ohren gehören zu den ältesten Organen. Die Gehörzellen,

die sich im Innenohr befinden, waren nämlich die ersten spezialisierten Zellen der Evolution.7

Schon Pythagoras (570-497 v.Chr.) setzte sich mit dem Thema Musik auseinander. Aus heutiger Sicht

ist es umstritten, ob er überhaupt gelebt hatte, aber es ist nicht unmöglich, dass er durch Experimen-

tieren sowohl Erkenntnisse im Zusammenhang von musikalischer Wahrnehmung als auch zu den

Zahlenverhältnissen erworben hatte. Ausserdem waren die Anhänger von Pythagoras davon überzeugt,

dass die Sterne und Planeten durch Intervalle voneinander getrennt sind. Durch die Bewegung der

Planeten entsteht so die sogenannte Sphärenmusik.8 Diese Musik hören wir Menschen allerdings nicht,

da wir uns an sie gewöhnt haben.

Der griechische Philosoph Platon (427 – 347 v.Chr.) entwickelte ein System zur Wirkung der Musik,

um daraus gesellschaftliche Konsequenzen abzuleiten. Denn seiner Meinung nach war mit Musik

1 Vgl. Michels, Ulrich: Dtv-Atlas Musik: Systematischer Teil und Musikgeschichte von den Anfängen bis zur

Rennaissance, S. 11

2 Vgl. Finscher, Ludwig: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Sachteil 6, S.1198

3 Zitat von Grey, Patricia M. und weitere: The Music of Nature and the Nature of Music, S. 52 aus Science, New

Series, Vol. 291, No. 5501

4 Übersetzung durch die Autorin

5 Vgl. Spitzer Manfred: Musik im Kopf, S.1-20, sofern auf nichts anderes verwiesen wird

6 Vgl. Escher, Joseph: Die Bedeutung der Musik in der modernen Medizin, S.113 aus Landau, Annette und

Stulz, Peter (Hrsg.): Musik und Medizin, zwei Künste im Dialog

7 In Anlehnung an das Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

8 Vgl. Escher, Joseph: Die Bedeutung der Musik in der modernen Medizin, S.114 aus Landau, Annette und

Stulz, Peter Musik (Hrsg.): Musik und Medizin, zwei Künste im Dialog

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

8

nicht zu spassen. Dafür war die Musik von viel zu grosser Bedeutung für die harmonische Ausbildung

der Seele und die Modulation der Emotionen.

Im Mittelalter entwickelte sich die Musik immer weiter. Um die Jahrtausendwende entstand die erste

Notenschrift und die Minnesänger kamen auf. Die wichtigste Entwicklung dieser Zeit war die

gesangliche Mehrstimmigkeit. Anfangs des 17. Jahrhunderts trennten sich die Wege der Musik und

Medizin im Rahmen der allgemeinen Spezialisierung der Wissenschaften.9

Réné Descartes (1596 - 1650) suchte in seinem „Compendium der Musik“ nicht nur nach einer

mathematischen Begründung der Musik, sondern auch nach psychischen Gründen zur Wirkung von

Musik.

Um das 18. Jahrhundert herum entwickelte sich die Musik als eigenständige Kunstform und erste

Berufsmusiker etablierten sich. Schliesslich wurde dem emotionalen Aspekt immer mehr Bedeutung

zugesprochen. Die Einschätzung der Musik wurde dadurch vom anfangs Kognitiven hin zum

Emotionalen verschoben.

Mit Immanuel Kant (1724 - 1804) wurde dann die höchste aller Künste zur niedersten. Seiner

Meinung nach war die Musik ein blosses Spielen mit den Empfindungen. Und das Schlimmste daran

sei, dass es keinen Weg gebe, ihr zu entkommen. Doch auch er schätzte die Musik als Unterhaltung in

der Gesellschaft.

In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Musik als begleitendes Mittel in der Therapie

wiederentdeckt. Die Musik findet Anwendung in der Schmerztherapie, Geburtshilfe, Neugeborenen-

betreuung, aber auch zur Beschleunigung postoperativer Heilungsprozesse. Musiktherapeutische

Massnahmen zeigen sich auch bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen, in der Reha-

bilitation oder zum Beispiel auch bei der Arbeit mit behinderten Menschen als sehr wirkungsvoll.

Sogar bei Komapatienten erweist die Musik ihre Wirkung.10

Die Musik ist der Begleiter des Lebens und heute ist sie zu jederzeit und überall mit einem Knopfklick

abrufbar. Der Mensch ist sich gar nicht mehr wirklich bewusst, was für eine Bedeutung und

Kostbarkeit die Musik in sich birgt. Noch heute wird im Gebiet der Musik und deren Wirkung

geforscht.

9 In Anlehnung an das Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

10 In Anlehnung an das Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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4. Von der Entstehung der Töne bis zur Verarbeitung im Gehirn

In diesem Kapitel wird erläutert wie Töne entstehen, wie der Schall durch das Ohr gelangt und das

Gehirn die ankommenden Informationen verarbeitet. Schliesslich wird aufgezeigt wie durch die Musik

Emotionen hervorgerufen werden.

4.1 Entstehung von Tönen11

Der Mensch besitzt 5 Sinne und einer davon ist der Gehörsinn. Über das Gehör werden uns Geräusche

und Töne, Klänge und Rhythmen, Signale und Sprache vermittelt. Beim Gehör handelt es sich um

einen Fernsinn. Da Schall ein Ausbreitungsmedium benötigt, müssen unsere Ohren in etwas baden,

um etwas hören zu können. Hierbei handelt es sich meist um Luft, aber es kann auch Wasser sein.

Unter Schall versteht man Druckschwankungen, sogenannte Longitudinalwellen, die sich kugelförmig

in Luft oder anderen Medien ausbreiten. Schall lässt sich physikalisch prinzipiell in zwei Kategorien

einteilen: Rauschen und Töne. Mathematisch betrachtet ist ein reiner Ton eine Sinusschwingung, d.h.

die Druckschwankungen sind regelmässig. Wenn die Luftteilchen eine vollkommen zufällige

Bewegung ausführen oder anders gesagt, die Druckschwankungen unregelmässig sind, spricht man

von Rauschen. Rauschen enthält alle Töne und somit auch wieder keinen, was mit der Zusammen-

setzung des weissen Licht vergleichbar ist. Durch diese Druckschwankungen werden viele Gegen-

stände in Schwingung versetzt, die dadurch Töne erzeugen. Dadurch, dass Gegenstände oft auf

verschiedene Arten schwingen, können unterschiedliche Töne entstehen. Der Klang selbst wird nicht

nur von den erzeugten Obertönen12

, sondern auch durch den zeitlichen Verlauf des Grundtons und der

Obertöne bestimmt. Charakterisiert wird dieser Verlauf durch sogenannte Hüllkurven13

. Ausserdem

erreichen die meisten Musikinstrumente erst durch das Phänomen der Resonanz14

ihre Lautstärke.

Mit dem Erklingen eines natürlichen Tons, klingen automatisch die Grund- und Oberschwingungen

mit. Durch das Erklingen von zwei natürlichen Tönen, überlagern sich deren Grund- und Ober-

schwingungen. Der Abstand der Grundtöne sowie auch die Anzahl der Obertöne, die in der kritischen

Bandbreite liegen, sind dabei entscheidend. Wenn die Obertöne beider Naturtöne ganz nahe

beieinander liegen, entsteht eine Schwebung. Liegen die Töne ausserhalb des Bereiches der

Schwebung, aber innerhalb der kritischen Bandbreite15

, wird eine bestimmte Rauheit empfunden, eine

Dissonanz16

wird erlebt. Je mehr Obertöne in diesem Bereich liegen, umso dissonanter klingen die

beiden natürlichen Töne zusammen.17

Harmonisch klingt für uns also das, was nicht innerhalb dieser kritischen Bandbreite und nicht im

Bereich der Schwebung liegt. Allerdings muss bedacht werden, dass die Harmonie nicht nur auf

unveränderlichen Naturgesetzen beruht, sondern auch die Konsequenz aus ästhetischen Prinzipien18

ist. Diese Prinzipien haben sich, wie das Helmholtz deutlich zum Ausdruck gebracht hat, im Laufe der

Menschheitsentwicklung ebenfalls gewandelt.19

Die Wurzeln der Melodie und Harmonie liegen also in

der Neurobiologie des menschlichen Gehörs, das sich an den physikalischen Gesetzmässigkeiten der

Schallausbreitung orientierte und entsprechend entwickelte.20

11 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 21-46, sofern auf nichts anderes verwiesen

12 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

13 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

14 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

15 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

16 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

17 Vgl. Spitzer Manfred: Musik im Kopf, S.97-99 18 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

19 Vgl. Spitzer Manfred: Musik im Kopf, S.97-99

20 Vgl. Spitzer Manfred: Musik im Kopf, S.107

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

10

4.2 Der Weg des Schalls durch das Ohr bis zum Gehirn

In den nächsten zwei Unterkapiteln wird vor allem der anatomische Aspekt, also der Aufbau des Ohrs

und die Verarbeitung des Schalls genauer erläutert. Dabei erreicht der Schall zuerst das Ohr und

gelangt über einen längeren Weg zum Innenohr, von dort wird die Informationen über die Hörbahn zur

Grosshirnrinde weitergeleitet. Da es sich beim Ohr und auch der Hörbahn um sehr komplexe Systeme

handelt, sollen die Abbildungen zum besseren Verständnis dieser Vorgänge beitragen.

4.2.1 Die Verarbeitung des ankommenden Schalls im Ohr21

Die Ohrmuschel bildet zusammen mit dem etwa 2.5 cm langen Gehörgang das äussere Ohr. In der

Ohrmuschel wird der eintreffende Schall konzentriert. Durch die Form der Ohrmuschel klingt der

Schall, der von vorne auf uns zukommt anders, da hohe Frequenzen weniger gut um die Ecke gehen,

als tiefe. Durch die Ohrmuschelstruktur kann der Schall auf direktem oder indirektem Weg in den

Gehörgang gelangen. Der äussere Gehörgang ist ein Resonanzrohr, das eingehende Schwingungen im

Frequenzbereich von 2000-5500 Hz um fünf bis mehr als zehn Dezibel verstärkt. Durch dieses

Resonanzrohr wird der Schall an das

Trommelfell weitergeleitet.

Das Trommelfell befindet sich an der

Grenze zwischen dem äusseren Ohr

und dem Mittelohr und wird durch die

Druckschwankungen der Luft in

Schwingung versetzt. Die drei Gehör-

knöchelchen Hammer, Amboss und

Steigbügel übertragen die Schwing-

ungen ans innere Fenster. Diese drei

Knöchelchen sorgen dafür, dass genü-

gend Schalldruck im Innenrohr an-

kommt. Somit sind sie dafür verant-

wortlich, dass die Töne nicht leise

sind. Neben der Funktion als mecha-

nischer Verstärker schützen sie zeit-

gleich auch das Innenohr. Das Innen-

ohr besteht aus dem Hörorgan, das

wegen seiner Form auch Schnecke

genannt wird, und dem Gleichgewichtsorgan. An der Grenze vom Mittel- zum Innenohr findet der

Übergang von Luft zu Wasser statt. Durch das Eintreten von Schallwellen am ovalen Fenster

verschiebt sich die darin enthaltene Flüssigkeit zum runden Fenster. Diese Verschiebung löst eine

Wanderwelle aus, die sich von der Basis (Anfang) bis zum Apex (Ende) fortpflanzt.

Bis heute ist die Umsetzung von den Druckschwankungen in Nervenimpulse nicht völlig geklärt, das

Prinzip dahinter wurde jedoch verstanden. Durch die Bewegung der Basilarmembran werden Härchen

der Haarzellen verbogen. Wenn sich diese Härchen verbiegen, lassen Kanäle an der Spitze der

Haarzelle mehr oder weniger Ionen einströmen als im Ruhezustand23

. Wegen der unterschiedlichen

Ionenkonzentration von innen und aussen ist eine elektrische Spannung über der Zellmembran

vorhanden. Damit wird der Zeitverlauf der Auslenkung der Basilarmembran in die Spannung über der

Membran umgewandelt. Je nach Membranpotenzial24

schütten die Haarzellen eine bestimmte Menge

eines Botenstoffes aus, der in eine elektrische Spannung umgewandelt wird. Dieses Feuern von

Aktionspotentialen25

übernehmen Neuronen im Spiralganglion.

21 Vgl. Spitzer Manfred: Musik im Kopf, S. 47- 68

22 Abbildung 1 Ohr, Zalpour, Christoff: Anatomie, Physiologie, S. 240 23 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

24 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt. 25 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

Abbildung 1: Das Ohr22

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

11

Das Ohr besteht aus 3`500 inneren Haarzellen und 12`000 äusseren Haarzellen. Die letzteren sind

elektromotil, d.h. sie ziehen sich zusammen oder strecken sich, sobald sie aktiviert werden. Durch

diese Streckung oder Verkürzung entsteht eine Schwingung, die sich aus der Cochlea zum Trommel-

fell zurückbewegt und von dort aus in den Gehörgang weiter geleitet wird. Durch diesen Mechanismus

ist unser Ohr auch eine Art Lautsprecher.

Wenn der Schall beispielsweise von rechts kommt, dann ist im rechten Ohr der Schall lauter. Dieser

Effekt ist allerdings frequenzabhängig. Tiefe Frequenzen stellen für den Kopf kein Hindernis dar,

denn die Schallwellen erreichen beide Ohren mit gleicher Amplitude und Lautstärke. Im Gegensatz

dazu werden hohe Töne gedämpft und erscheinen dem Ohr, welches sich auf der abgewandten

Schallseite befindet mit verringerter Amplitude. Aber auch die Ohrmuschel dient der Erkennung

woher das Geräusch kommt. Schall, der von vorne kommt, klingt anders, als der, der von hinten

kommt, was durch die Form der Ohrmuschel bedingt ist. Das hat damit zu tun, dass hohe Frequenzen

schlechter um die Ecke gehen als tiefe. Ausserdem kann der Schall direkt oder indirekt in den

Gehörgang gelangen, was zur Folge hat, dass wir bereits mit nur einem Ohr räumlich hören können.

Das Gehirn berechnet anhand dieser akustischen Signale die Eigenschaft des Raumes, in dem sich der

Mensch befindet. Auf diese Art und Weise wird das Gehör kalibriert und die Akustik eines Raumes

gespeichert, um sie dann zur Orientierung zu benutzen.

Ein Ton ist durch folgende drei Komponenten charakterisiert: Die Frequenz, die Amplitude und die

Phase26

. In einem Versuch hat Helmholtz herausgefunden, dass wir bei einem komplexen Ton, der aus

überlagerten Sinustönen besteht, nicht heraushören, wie sich die Phasen der beteiligten Komponenten

zueinander verhalten. Unser Gehör verwendet diese Informationen der Phasen, um den Standort der

Schallquelle zu erkunden. Weil Nervenzellen ziemlich langsam sind und sie so nur maximal etwa 300

Impulse pro Sekunde weitergeben können, kodiert nicht jedes Neuron einen Wellenberg, sondern nur

jedes zweite oder dritte.

4.2.2 Der Weg durch die Hörbahn27

Die Zellen und Fasern, über welche Impulse vom Innenohr zur Grosshirnrinde gelangen, werden als

Hörbahn bezeichnet. In dieser Bahn werden die vom Innenohr stammenden Daten nicht nur bloss

weitergeleitet, sondern vor allem verarbeitet. Zu einer Sinneszelle gehören etwa 10 Fasern im Hörnerv

und 100 Zellen in der letzten Station der Grosshirnrinde. Die Fasernverbindung ist ebenfalls ein

komplexes System, das heisst ein Kern der Hörbahn hat keineswegs nur Eingänge von dem

unmittelbar vorgeschalteten Kern, sondern auch von parallel dazu geschalteten Kernen. Ausserdem

gibt es wie beim ganzen Sehprozess auch efferent verlaufende Nervenfasern28

.

Nachdem der mechanische Schall nun in elektrische Impulse, auch Aktionspotential genannt, umge-

wandelt wurde, werden diese auf verschiedene Weise verarbeitet. Ein Aktionspotential hat überall die

gleiche Form und wird von den Nervenfasern zu anderen Nervenzellen weitergeleitet. Die Über-

tragung auf eine neue Nervenzelle findet über den chemischen Weg an einer Synapse mittels eines

Transmitters statt. Die sogenannte Synapsenstärke entscheidet, wie gross der Effekt der Erregung auf

das nachfolgende Neuron ist. Diese Signale lassen sich auch mathematisch beschreiben. Wegen den

Ansammlungen der Neuronen wird auch von einem neuronalen Netzwerk29

gesprochen.

Die Neuronenzahl nimmt mit dem Aufstieg in der Hörbahn immer weiter zu, was sich auf folgende

Weise erklären lässt: Bestimmte zeitliche Eigenschaften des Schalls werden auf den genauen Ort von

bestimmten Neuronen abgebildet. Daraus resultiert, dass ein Neuron nur dann Signale weiterleitet,

wenn seine bevorzugte Schalleigenschaft eingetroffen ist.

26 Diese drei Begriffe werden im Glossar erklärt

27 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 68-74

28 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

29 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

12

Der mediale obere Olivenkern

Der mediale obere Olivenkern enthält Neu-

ronen, die ihren Input vom rechten und linken

Ohr erhalten. Es wird davon ausgegangen,

dass diese Neuronen als Gleichzeitigkeits-

Detektoren arbeiten. Sie werden also nur dann

erregt, wenn sie den Input vom linken und

rechten Ohr gleichzeitig erhalten. Wenn nun

beispielsweise der Schall von links vorne

kommt, erreicht er das linke Ohr als erstes

und so entstehen dort die Aktionspotentiale

früher als im rechten Ohr. Durch diesen zeit-

lichen Unterschied treffen sich die Impulse

nicht in der Mitte des Gatters, sondern weiter

rechts, da der Impuls von links weiterkommen

kann als der von rechts. Somit ist die Ortsin-

formation aus dem Umfeld zu einer Orts-

information im Neuronengatter geworden.

Der laterale obere Olivenkern

Im lateralen oberen Olivenkern wird die

Ortsinformation aus dem Lautstärkenunter-

schied gewonnen. Dabei hemmt das stärkere

Signal jeweils aktiv das schwächere. Weshalb

dann die stärkeren Signale deutlicher von der

jeweiligen Seite weitergeleitet werden.

Vom lateralen Leminiscus bis zu den beiden Hügeln der Vierhügelplatten (Colliculus inferior)

Im lateralen Lemniscus werden zeitliche Schalleigenschaften verarbeitet. Einzelne Zellen feuern

(Aktionspotentiale auslösen) hier beispielsweise nur dann, wenn ein Ton beginnt, während andere die

Dauer des Tons anzeigen. Der Output dieses Systems sowie die Signale aus den Olivenkernen und

Fasern, die direkt aus der Cochlea kommen, treffen sich in den unteren beiden Hügeln der

Vierhügelplatte und gelangen weiter in die oberen beiden Hügel. In diesen beiden Kernen entstehen

aus allen dort zusammenkommenden Informationen akustische Landkarten.

Der mediale Kniehöcker

In der nächsten Station der Hörbahn, im medialen Kniehöcker, reagieren die Neuronen auf bestimmte

Frequenzkombinationen oder auch auf ganz bestimmte zeitliche Abfolgen. Der Analysegrad wird

demnach immer komplexer, was schon durch die zunehmend grösser werdende Anzahl der beteiligten

Neuronen ersichtlich ist.

Diese komplexe Verarbeitung des Schalls macht die Sprache und die Musik zu dem, was wir hören.

Interessant dabei sind die kompliziertesten, schnell wechselnden zeitlichen Muster, Frequenzfolgen

und Modulationen. Für das Verstehen von Sprache ist hauptsächlich die Modulation der Stimme

verantwortlich, der Ton der Stimme ist dabei weniger relevant. Damit Sprache auch noch verständlich

ist, wenn statt Tönen ein Rauschen vorhanden ist, müssen die Neuronen im Hörkortex vor allem auf

Veränderungen reagieren. Dafür gibt es zwei Arten von Neuronen. Die eine Sorte feuert schon

synchronisiert bei langsamen Klicks. Bei rascheren Klicks geben die Neuronen sozusagen auf und

feuern am Anfang und Ende der Stimulation. Die zweite Art feuert im Gegensatz zur Ersten

normalerweise bei raschen Klicks, die Langsameren sind diesen Neuronen zu langweilig. Im

Gegensatz zur ersten Art der Neuronen feuert diese Art nicht synchronisiert mit den Klicks. Dieser

Klickwechsel findet etwa bei der Signalfrequenz von 30 Hz statt. Im Hörkortex kommt schliesslich

schon die vorverarbeitete akustische Information an.

30 Abbildung 2 Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.69

Abbildung 2: Die Hörbahn: Hier sind nur die Verbindungen

eines Ohrs gekennzeichnet, denn es gibt mehrfache Kreuzun-

gen. Auf der rechten Seite der Abbildung ist der Anteil der

beteiligten Neuronen ersichtlich. 30

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

13

4.3 Was hat Musik mit unserem Gedächtnis zu tun?31

Musik kann nur dann existieren, wenn Vergangenes und Gegenwärtiges zueinander in Beziehung

gesetzt wird. Vergangenes kann in unserem Gedächtnis abgespeichert sein. Da Musik eine Struktur in

der Zeit ist, ist auch die wichtigste Rolle des Gedächtnisses im Zusammenhang mit Musik die Zeit.

Als Hören bezeichnet man die über die Hörnerven eingehenden Impulse, die mit bereits gespeicherten

Informationen in Zusammenhang gebracht werden.

Das Ultrakurzzeitgedächtnis, auch Echogedächtnis genannt, ermöglicht es uns, einen Ton für kurze

Zeit noch nachklingen lassen zu können, d.h. der ganze Wahrnehmungseindruck ist noch vorhanden.

Im Kurzzeitgedächtnis können die Inhalte schon etwas länger behalten werden. Durch Chunking und

Clustering, d.h. dass beispielsweise statt einer Ziffer zwei Ziffern zu einer Zahl zusammengefasst

werden, lässt sich die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses deutlich erhöhen.

Das Langzeitgedächtnis speichert Ereignisse und Fähigkeiten, unsere Sprache und unser Wissen, aber

auch emotionale Reaktionen. Dabei sind folgende Gedächtnissysteme zu unterscheiden: Das

episodische Gedächtnis (einzelne Daten von Lebenserfahrungen), das semantische Gedächtnis

(allgemeines Weltwissen), das prozedurale Gedächtnis (erlernte Fähigkeiten) und das Sinnengedächt-

nis (Strukturen des Wahrgenommenen).

Das Echogedächtnis bewerkstelligt die Aufnahme und Verarbeitung der eingehenden Reize. Durch die

zeitliche Eigenschaft dieses akustischen Gedächtnisses werden einzelne Frequenzen einem Objekt

zugeordnet. Bestimmte Frequenzen erscheinen, vergehen oder ändern sich gemeinsam, weshalb sie zu

einem Ereignis zusammengebunden und von anderen Frequenzen abgetrennt werden. Es wird also das,

was zusammengehört, verbunden und das, was nicht zusammengehört, getrennt. Auf diese Weise wird

die Umgebung rekonstruiert und der kontinuierliche Strom des akustischen Inputs wird in abgegrenzte

Ganzheiten, wie Geräusche und Töne segmentiert. Wie eine solche Bindung aber vonstattengeht ist bis

heute nicht genau geklärt. Diese Informationen werden dann kurzfristig durch das Kurzzeitgedächtnis

bereitgehalten. Durch das oben genannte Chunking und Clustering steigert sich deren Speicher-

kapazität. Mit Hilfe der Gruppierung, die automatisch stattfindet, werden Motive gebildet. Der

Gruppierungsprozess basiert auf folgenden drei Prinzipien: Das Prinzip der Nähe, der Kontinuität und

der Ähnlichkeit. Manche dieser Prinzipien sind stärker und haben somit eine grössere Auswirkung auf

den Gruppierungsprozess. Durch das Zusammenbringen mehrerer Motive entsteht eine Phrase, was

vergleichbar ist mit der Sprache (Wort und Satz). Eine Phrase kann das Kurzzeitgedächtnis gerade

noch abspeichern. Diese Phrasen sind in der Musik beispielsweise durch Pausen abgetrennt. Das

Langzeitgedächtnis hat eine Dauer von Tagen, Wochen bis hin zu Jahren, je nachdem, ob die

Information wieder gebraucht wird. Die Verbindungsstärke zwischen zwei Nervenzellen nimmt

nämlich immer dann zu, wenn diese gleichzeitig aktiv sind. Das Langzeitgedächtnis ist dabei der

langfristige Niederschlag für die Änderung dieser Verbindungsstärke zwischen zwei Nervenzellen.

Im Langzeitgedächtnis sind auch allgemeine musikalische Prinzipien abgespeichert. In diesem

Gedächtnis sind Episoden, d.h. bedeutsame einzelne Ereignisse und allgemeines Wissen abge-

speichert. Das allgemeine Wissen besteht aus Kategorien und Schemata. Letztere sind ein Hinter-

grundwissen, das es uns ermöglicht Neues von Gewohntem zu unterscheiden und so unsere

Aufmerksamkeit leitet. Diese Wechselwirkung zwischen dem neuen Input und dem bereits Bekannten

lässt es überhaupt zu, dass wir hören können.

Damit wir die Musik erleben können, ist die Metaphorik32

ein wichtiger Teil im Umgang mit der

Musik. Sie greift auf konkrete körperliche Strukturen, d.h. sowohl physikalisch als auch

physiologisch, zurück, was vieles in der Musik verständlich macht. Die früheren Erfahrungen bahnen

neue Wahrnehmungserlebnisse, weshalb die Gedächtnisprozesse auch als Priming bezeichnet werden.

Alle diese Gedächtnisprozesse spielen beim Hören von Musik eine Rolle.

31 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.109-132

32 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

14

4.4 Wo wird Musik verarbeitet?

Inhalt der nächsten zwei Abschnitte sind die Musik verarbeitenden Areale im Gehirn in Bezug auf die

anatomische Lage und auf die zeitliche Abfolge der Verarbeitung der musikalischen Reize.

4.4.1 Zuordnung der verschiedenen Musik verarbeitenden Areale im Gehirn33

Die Verbindungen zwischen Nervenzellen im Gehirn werden erfahrungsabhängig kontinuierlich neu

geknüpft, so dass sogar neue Nervenzellen entstehen können. Die kortikalen Karten34

organisieren sich

anhand der Erfahrungen, die von ihnen verarbeitet wurden, um. Dieser Prozess wird auch als

Neuroplastizität bezeichnet. Das Gehirn verändert sich also ständig. Hirngebiete die an intensivem

Training einer bestimmten Funktion beteiligt sind, verändern sich aufgrund dieser Plastizität

anatomisch.

Paul Broca (1824-1880) war Arzt und Anthropologe. Bei einem seiner Patienten lag eine strukturelle

Hirnschädigung in der linken Hemisphäre vor, die dazu führte, dass dieser Patient in den letzten

Jahren vor seinem Tod Sprache zwar verstand, aber sie nicht mehr produzieren konnte. Dieses

Hirngebiet wird auch als Broca-Areal bezeichnet. Der Neurologe Carl Wernicke (1848-1905)

untersuchte Gehirne von Patienten, die zwar Sprache produzieren konnten, aber nicht in der Lage

waren, diese zu verstehen. Dies war auf Grund von strukturellen Schäden in den oberen Schläfen-

lappenwindungen in der linken Hemisphäre der Fall. Dieses Gebiet wird seitdem als Wernicke-Areal

bezeichnet. Deshalb wird bis heute angenommen, dass die linke Hemisphäre sprachdominant ist. Aus

diesem Grund ging man auch davon aus, dass die Musik als Kontrast in der rechten Hirnhälfte

verarbeitet wird.

Andere Studien zeigten, dass Musiklaien die Musik eher ganzheitlich wahrnehmen und deshalb in der

rechten Hemisphäre verarbeiten. Bei Musikern, die analytisch hören, wurde die Verarbeitung links

registriert. Aufgrund dieser Neuroplastizität werden bei Musikern Hirngebiete für die Musikanalyse

eingesetzt, die bei Nichtmusikern vorwiegend für die Analyse von Sprachlauten eingesetzt werden.

Eine andere Studie hat gezeigt, dass Klangfarbe, Tonhöhe und Rhythmus nicht in der gleichen Gehirn-

region verarbeitet werden. Der Rhythmus wird beispielsweise auch in Gehirnzentren verarbeitet, in der

Sprache verarbeitet wird. Dies ist sehr realistisch, schliesslich lebt eine Sprache auch vom Rhythmus.

Wie zu erwarten ist, gibt es im Gehirn kein Musikzentrum. Die Repräsentation der Musik wird gemäss

neuesten Studien viel mehr durch das gesamte Gehirn bewerkstelligt. Deshalb wird heute eher von

einem Netzwerk für die Musikwahrnehmung gesprochen. Die Trennung von Sprache und Musik kann

nicht mehr aufrechterhalten werden, denn für deren Wahrnehmung sind stark überlappende

Nervenzellnetzwerke zuständig. Dabei ist wichtig, dass an der Analyse sowohl von der Sprache als

auch der Musik beide Hirnhälften beteiligt sind. Allerdings befinden sich in der rechten Hemisphäre

Funktionsmodule, die eher an der Analyse von wesentlichen Musikaspekten beteiligt sind. Die linke

Hemisphäre dagegen enthält einige Funktionsmodule, die vorwiegend für die Sprachanalyse genutzt

werden.

Dieses verknüpfte Nervenzellnetzwerk bewerkstelligt, dass jeder ohne bewusste Anstrengung während

des Musikhörens, die räumlich-zeitlichen Muster von der an das Ohr dringenden mechanischen

Energie in Melodien, Harmonien und Rhythmen übersetzen kann. An diesem Punkt ist es wichtig

festzuhalten, dass infolge der Musikerfahrung unterschiedliche Hirngebiete an der Verarbeitung der

akustischen Reize beteiligt sind.

33 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.158-199 und Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S. 282-287, 293-

302, 349-354 und 357-361 und teilweise Koelsch Stefan: Auch Nichtmusiker sind musikalisch, S.71-79 aus

Landau, Annette und Stulz, Peter (Hrsg.): Buch Musik und Medizin, Zwei Künste im Dialog.

34 Dieser Begriff wird im Glossar erklärt.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

15

1. akustische Analyse und Repräsentation

2. Tastenempfinden beim Musizieren

3. Motorik beim Musizieren

4. Noten lesen

5. Raum und Körpersprache, Singen, Tanzen

6. Metrum (Takt)

7. Erwartungen, Pläne, allgemeines Wissen

8. Persönlichkeit, Vorlieben, Musikgeschmack

9. Emotionen

10. Stimme hören

11. Melodie hören

12. Assoziationen, Erfahrungen, Episoden

A Hören

B Musizieren, Tanzen

C Verstehen

D Erleben , Fühlen

Abbildung 3: Das gesamte Gehirn macht Musik,

die Stirnseite des Gehirns befindet sich rechts.35

Diese Hirngebiete sind nicht ausschliesslich an der Verarbeitung von Musik, sondern auch an vielen

anderen Funktionen beteiligt.

4.4.2 Die Verarbeitung von Musik auf den verschiedenen Ebenen36

Wenn wir Musik hören, ist unser Gehirn in eine schnelle Abfolge von Serien-Parallel-Wandlungen

miteingebunden, d.h. dass die nacheinander eintreffenden Ereignisse zu einem einzigen Ereignis

zusammengefasst werden. Auch bei der Musikwahrnehmung durchlaufen die einzelnen Musikreize

eine schnelle Abfolge von Verarbeitungen auf unterschiedlichen Ebenen. Auf jeder Verarbeitungsstufe

befinden sich jeweils Querverbindungen zu motorischen Modulen.

10 – 100 Millisekunden nach der Reizpräsentation werden elementare akustische Muster der

Musikreize verarbeitet. (Tonhöhe, Klangfarbe, Intensität etc.)

Auf der nächsten Verarbeitungsstufe, die etwa den Zeitraum 100 – 200 Millisekunden um-

fasst, werden erste Melodien erschlossen. Dies erfordert die Integration der Einzelinfor-

mationen und der daraus erhaltenen Gesamtinformation. Zeitgleich werden diese Melodien in

einem eigenen Gedächtnisspeicher abgelegt. Hierbei handelt es sich um das auditorisch-

sensorische Gedächtnis.

Zeitgleich oder leicht verzögert werden Tonintervalle, Klänge und komplexere Melodien

analysiert.

180 – 400 Millisekunden später wird die Harmonie und der Takt analysiert und es erfolgt eine

vertiefende Analyse der Klangfarbe.

35 Abbildung 2, sowie Zitat der Erläuterungen vgl. mit S. 196 aus Musik im Kopf von Manfred Spitzer.

36 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S279-283 und S.289-293

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

16

Erst 600 – 900 Millisekunden nach der Tonpräsentation werden rhythmische und melodische

Fehler der Musik erkannt. Eventuell werden dann Korrekturen und weitergehende Analyse-

prozesse ausgelöst.

Wahrscheinlich werden auf den ersten Verarbeitungsebenen, dies betrifft etwa den Zeitraum

um 100 Millisekunden herum, Querverbindungen zum semantischen Gedächtnis37

und zu den

emotionsverarbeitenden Zentren gezogen.

Erst etwa im Bereich von 200 bis 300 Millisekunden scheinen die wichtigsten und

nachhaltigsten semantischen und emotionalen Verarbeitung angestossen zu werden.

Es ist bemerkenswert, dass schon nach weniger als einer halben Sekunde so komplexe Informationen

aus dem Musikreiz gewonnen werden. Durch die auf jeder Verarbeitungsstufe vorhandenen Quer-

verbindungen zu den motorischen Modulen können selbst auf der ersten Verarbeitungsebene schon

motorische Reaktionen ausgelöst werden. Komplexere Musikreize brauchen aber etwas länger, um

motorische Reize auslösen zu können. Wir sprechen hier von bis zu 300 Millisekunden nach der

Reizpräsentation. Durch individuelle und spezifische Erfahrung ist es möglich, dass das Gehirn diese

Analyse unter Umständen schneller, effizienter und qualitativ anders durchführt.

EEG (Elektroenzephalographie)38

- und MEG (Magnetenzophalographie)39

-Untersuchungen gewähren

ausserdem Einblicke in die Verarbeitung der Musik im Gehirn. Mit diesen Techniken ist es möglich

den Netzwerkcharakter jener Hirngebiete herauszuarbeiten, die die Musik verarbeiten. Wir haben

unterschiedliche Frequenzbänder, in unserem Falle sind vor allem die folgenden vier Frequenzbänder

interessant:

Das Theta-Band (3-6 Hz) ist im Zusammenhang mit dem Speichern und Abrufen von

Informationen im episodischen Gedächtnis und Arbeitsgedächtnis besonders dominant.

Das untere Alpha-Band (7-10 Hz) wird mit Aufmerksamkeit und Erwartungsprozessen in

Verbindung gebracht.

Das obere Alpha-Band (11-12 Hz) gilt als verlässlicher Indikator für das semantische

Gedächtnis.

Das Gamma-Band (30-100 Hz) scheint für das Zusammenführen und Synchronisieren weit

entfernter Funktionsmodule verantwortlich zu sein. Es ist deshalb bei komplexen Wahr-

nehmungs- und Gedächtnisprozessen vermehrt deren Aktivität zu messen.

4.5 Musik und Emotionen40

Sicherlich haben sie auch schon emotionale Momente erlebt, die durch die Musik hervorgerufen

worden sind. Gänsehaut, die einem eiskalt den Rücken hinunterläuft, wie aus dem Nichts kommende

Traurigkeit oder Erinnerungen an Momente des Glücks, während Sie einem Musikstück lauschten.

Bedauerlicherweise ist dieses Gebiet aber erst spärlich erforscht.

Die Theorie der Emotionen nach Davies besagt, dass Musik einen sehr direkten und automatischen

Zugriff auf bestimmte Gedächtnisinhalte bewirkt. So wird eine emotional aufwühlende Situation

gemeinsam mit vielen Assoziationen und der dazugehörigen Begleitmusik abgespeichert. Dement-

sprechend werden die visuell entstandenen Bilder dieser Situation durch das erneute Hören der

Begleitmusik erinnert. Da es sich hierbei um eine individuelle Verbindung handelt, ist diese Art von

Verbindung der Musik mit den Emotionen wissenschaftlich eher uninteressant. Neben diesen

sogenannten episodischen Assoziationen, besteht noch eine zweite Möglichkeit. Durch Eigenschaften

der Musik werden sogenannte ikonische41

und metaphorische42

Assoziationen hervorgerufen, die

37 Der Begriff wird im Glossar erklärt.

38 Der Begriff wird im Glossar erklärt.

39 Der Begriff wird im Glossar erklärt. 40 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf: S.357-370 41 Der Begriff wird im Glossar erklärt.

42 Der Begriff wird im Glossar erklärt.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

17

nicht-musikalischen Klangereignissen ähneln oder diese nachahmen. Untersuchungen haben aber auch

gezeigt, dass bestimmte Eigenschaften der Musik selbst Emotionen hervorrufen können.

Nicht jeder Mensch funktioniert gleich und wird von denselben Dingen berührt. Ein und dasselbe

Musikstück kann bei verschiedenen Personen unterschiedliche emotionale Reaktionen hervorrufen.

Eine Untersuchung von Waterman hat aber gezeigt, dass eine deutliche Übereinstimmung der

Versuchspersonen besteht, je nachdem welche Zeitpunkte sie bei einem Musikstück als wichtig und

bewegend bewertet haben. Dabei handelte es sich unter anderem um folgende Zeitpunkte:

Enharmonische Verwechslung, den Beginn einer Singstimme, den Höhepunkt eines Crescendo, einen

Rhythmuswechsel oder musikalisch unerwartetes Material.

4.5.1 Musik und ihre Hörzugänge43

Der Musikpsychologe Behne (1986) hat anhand von umfangreichen Befragungen von Jugendlichen

analysiert, dass diese 8 verschiedene Hörweisen von Musik wählen. Es ist zu vermuten, dass auch die

Erwachsenen Hörgewohnheiten haben, sie sich aber in der Kombination und im Ausmass von den

Jugendlichen differenzieren. Die meisten von diesen Hörzugängen modulieren eine emotionale

Wirkung. Die 8 Hörweisen sind:

motorisches Hören: Motorische und rhythmische Komponente, die mit dem Musikhören

verbunden sein können. Dies ist am besten durch das Tanzen charakterisiert.

kompensatorisches Hören: Musikhören wird zur Stimmungsregulation benutzt.

Beispielsweise bei Müdigkeit: Eine stimmungsaufhellende Musik wird gewählt.

vegetatives Hören: Insbesondere das vegetative Nervensystem wird durch diesen Hörzugang

aktiviert, z.B. die Erhöhung der Herzschlagfrequenz.

diffuses Hören: Es handelt sich um ein beiläufiges Musikhören im Sinne von Hinter-

grundmusik.

emotionales Hören: Die emotionale und gefühlsvolle Hingabe steht im Vordergrund.

sentimentales Hören: Durch diesen Hörzugang wird sehr stark auf die Gedächtnisinformation

aus unserem eigenen Leben zurückgegriffen. Gedächtnisinhalte der Vergangenheit, die mit

bestimmten Emotionen gekoppelt sind, werden reaktiviert.

assoziatives Hören: Die Gedächtnisinhalte, die mit Emotionen gekoppelt sind, werden

aktiviert. Diese müssen aber nicht mit der eigenen Vergangenheit in Verbindung stehen. Z.B.

das Plätschern eines Baches, das uns vielleicht an eine romantische Situation erinnert.

distanziertes Hören: Die Analyse der Musik steht im Vordergrund. Die Konzentration des

Hörers liegt eher auf der Struktur der Musik.

Diese Hörzugänge unterliegen einem stetigen historischen und kulturellen Wandel.

Auch in der Medienpsychologie wird seit längerem die Motivation des Hörers thematisiert. Die

Grundlagen der Motivation werden auf folgenden drei Ebenen zusammengefasst:

geistig-intellektuelle Ebene: Diese Ebene ist dem distanzierten Hören ähnlich. Die

Wahrnehmung und die Analyse der Musikstruktur und der kompositorischen Elemente stehen

im Vordergrund.

seelisch-gefühlshafte Ebene: Die Emotionen und Gefühle stehen im Vordergrund.

körperliche Ebene: Sie ist deckungsgleich mit dem motorischen Hören und beschreibt die

motorischen und rhythmischen Komponenten, die mit dem Musikhören in Verbindung

gebracht werden können.

Ausserdem haben auch noch die folgenden Faktoren einen Einfluss auf die emotionale Wirkung von

Musik:44

43 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?: S.240-257

44 Zitat von Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.249

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

18

„Aktivitäten beim Musikhören“

„aktuelle Stimmungslage des Hörenden“

„Persönlichkeitsmerkmale des Hörenden“

„vorübergehende Schwankungen der Anforderung an die Musik“

„lebenszeitliche Schwankungen“

„historisch-kulturelle Schwankungen“

Des Weiteren bevorzugt jeder Mensch eine bestimmte Musik. Diese sogenannte emotionale Präferenz

hängt von biologisch vorgegebenen Reaktionen auf bestimmte akustische Reizkonstellationen und der

gelernten Vorliebe für bestimmte akustische Reize ab. Diese zwei Faktoren können sich auch

gegenseitig beeinflussen. Aus diesem Grund lösen einzelne akustische Reize bei uns, aber auch bei

vielen Tieren, eine Abwehr- und Fluchtreaktion aus. Auf der anderen Seite gibt es auch Reize, die

meist Zuwendung und positive Reaktionen hervorrufen. Einige Wissenschaftler argumentieren, dass

diese Reize ähnlich wie das Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren. Das heisst, dass ein bestimmter

Reiz zu einem Musterdetektor passt, der dann automatisch die bestimmte Reaktion auslöst.

Abwehr- und Fluchtreaktion45

Zuwendung und positive Reaktionen

- laute Reize

- chaotische unregelmässige Lautmuster

- schnell laut werdende Reize

- laute Knallgeräusche

- dumpfe und tiefe Klänge

- extrem hochfrequente Töne

- dissonante Klänge

- regelmässige Lautmuster

- akustische Reize im mittleren Lautstärke-

bereich

- langsam einsetzende und sich verändern-

de Reize

- konsonante Klänge

Zudem sind Konsonanz46

und Dissonanz wichtige Elemente der Musikstruktur, die mit angenehmen

oder unangenehmen Reaktionen gekoppelt sind. Viele Musikwissenschaftler argumentieren, dass

konsonantische Musik durch das häufige Hören dieser bestimmten Art von Musik und Klängen

bevorzugt wird. Deshalb ist es auch möglich, dissonante Musik als angenehm zu empfinden. Wie

einige Studien gezeigt haben, reagieren bereits Babys auf Konsonanz und Dissonanz, auch sie

bevorzugen konsonantische Musik. Wir mögen also, was wir häufig hören.

4.5.2 Emotionen und Hirnaktivität47

Emotionale Musik stimuliert das limbische System, das ein Zusammenschluss von unterschiedlichen

Hirnstrukturen ist und als eine zentrale Funktionseinheit bei der Verarbeitung der Emotionen

aufgefasst wird. Doch später mehr dazu.

Eine Studie von Blood ergab, dass mit zunehmender Gänsehaut die Aktivierung einiger Areale

zunimmt und in anderen eine Abnahme festzustellen ist. Interessant ist die Zunahme der Durchblutung

in Hirngebieten, die auch für die Verstärkungsprozesse, Motivations- und Erregungskontrollen von

zentraler Bedeutung sind. Es zeigte sich, dass die Musik prinzipiell das gleiche bewirkt, wie andere

biologisch, wichtige Reize. Sie stimuliert das körpereigene Belohnungssystem, das auch durch

Rauschdrogen oder Sex stimuliert wird. Dieses Belohnungssystem geht auch mit der Ausschüttung

von Dopamin und Opioiden einher. Angenehme Musik mindert allerdings auch die Aktivierung

zentralnervöser Strukturen, die Emotionen wie Angst hervorrufen. So ist eine Abnahme in den

Mandelkernen und im Hippocampus feststellbar. Die Musik hat somit eine doppelte Wirkung und

wirkt sich günstig auf unser Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit aus.

45 Zitat der Tabelle von Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S. 241

46 Der Begriff wird im Glossar erklärt.

47 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.258-270 und 274-275, Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.372-

375 und Dr. med. Dehner Rau, Cornelia und Prof. Dr. Reddemann, Luise: Gefühle besser verstehen, S.55-56

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

19

Abbildung 4: Zusammengefasste Darstellung der Hirnareale, die durch sehr angenehme Musik stärker durchblutet

sind.48

„1. Orbitofrontalkortex (OFC) – dehnt sich seitlich zum ventralen Stirnhirn (Nucleus accumbens) aus

2. anteriores Cingulum (AC)

3. supplementärmotorisches Areal

4. Thalamus

5. Insel“49

Wie aus einer Untersuchung von Altenmüller und Kollegen hervorgeht, ruft gemochte Musik eine

stärkere linksseitige Hirnaktivierung des Stirnhirns hervor, während weniger gut bewertete Musik ein

Aktivierungsmuster erzeugt, das auf beiden Hemisphären etwa gleich gross ist. Denn im linksseitigen

Stirnhirn laufen neuronale Prozesse ab, die zur Erzeugung von angenehmen Empfindungen beitragen.

Eine neuere Studie von Koelsch, der sich vor allem für den Frequenzbereich von 4-8 Hz (Thetaband)

interessierte, ergab, dass durch das Hören von angenehmer Musik eine Zunahme der Aktivität in

diesem Frequenzbereich über dem mittleren Stirnhirn vorhanden war. Dies ist durch das anteriore

Cingulum bedingt, welches eine enge Verbindung zum limbischen System aufweist und für

verschiedene Kontrollprozesse (Kontrolle von Emotionen und Aufmerksamkeit) von Bedeutung ist.

Nachfolgend sind nochmals die für diese Arbeit zentralen Hirnstrukturen aufgelistet:

„der Orbitofrontalkortex (OFC)

die Amygdala

das ventrale Striatum mit dem Nucleus accumbens

das Inselgebiet“50

Musik stimuliert das limbische System und spricht zusätzlich das Belohnungssystem an. Bei

angenehmer Musik ist die linke Seite und bei unangenehmer Musik die rechte stärker aktiviert. Wie

für die Musik, gibt es auch für eine Emotion kein spezifisches Hirnareal. Jede Denktätigkeit erzeugt

im Gehirn eine Art Feuerwerk der Nervenzellverbände, die sich über das ganze Gehirn verteilen.

4.5.3 Das limbische System51

Das limbische System ist aus Strukturen des Grosshirns, des Zwischenhirns und des Mittelhirns

gebildet. Dabei umgibt es die Kerngebiete des Hirnstamms und den Balken wie ein Saum. Das System

wird durch das Gewölbe mit den Stirn-, Scheitel und Schläfenlappen, sowie mit Bestandteilen des

Hypothalamus verbunden. Das limbische System besteht unter anderem aus:

48 Abbildung 3 Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S. 264

49 Zitat von Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.264

50 Zitat von Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S. 267

51 Vgl. Zervos-Kopp, Jürgen: Anatomie, Biologie, Physiologie, S.299-301, Zalpour, Christoff: Anatomie

Physiologie, S. 177-178 und Campell, Neil A. und Reece, Jane B.: Biologie, S.1448-1449, Dr. med. Dehner-

Rau, Cornelia und Prof. Dr. Reddemann, Luise: Gefühle besser verstehen, S.43-46 und 51-54

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

20

Hippocampus

Mandelkern (Amygdala)

Teile des Hypothalamus, wie beispiels-

weise der Mamillarkörper

Die Amygdala ist als zentraler Bestandteil des

limbischen Systems vielfältig verschaltet. Über

die Verbindungen mit dem präfrontalen und dem

sensorischen Kortex, sowie über den Hippo-

campus nimmt sie einen Einfluss auf die

laufende Wahrnehmung und den damit einher-

gehenden Emotionen. Ein gewisser Erregungs-

zustand ist dabei wichtig. Die Erregung wird

über verschiedene Botenstoffe vermittelt.

Dem limbischen System sind keine einzelnen Funktionen zuteilbar. Die Strukturen des limbischen

Systems übernehmen vielmehr zahlreiche Aufgaben. Sie spielen für Emotionen, Motivation,

Geruchswahrnehmung, Verhalten und Gedächtnis eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sind auch Teile

des Gehirns, die ausserhalb des limbischen Systems liegen, am Erzeugen und Empfinden von

Gefühlen beteiligt. Emotionen, die sich beispielsweise durch die Verhaltensweisen Lachen und

Weinen bemerkbar machen, erfordern neben Teilen des limbischen Systems auch sensorische Areale

des Grosshirns. So verknüpfen Strukturen im Vorderhirn emotionale Gefühle auch mit grundlegenden,

überlebenswichtigen Funktionen, die vom Hirnstamm kontrolliert werden.

Emotionale Erfahrungen werden meist als Erinnerungen gespeichert, die später wieder unter ähnlichen

Situationen abrufbar sind. Bei angstbelastenden Erinnerungen werden die emotionalen Einträge

getrennt von dem Gedächtnissystem, das den expliziten Abruf von Ereignissen ermöglicht, ge-

speichert. Die Amygdala liegt im Zentrum dieses emotionalen Gedächtnisses. Sie ist besonders für die

Bildung von Emotionen im Zusammenhang mit Ängsten zuständig. Sie ist aber auch das zentrale

Vermittlungs- und Interpretationszentrum aller Gefühlsregungen und deshalb auch an allen Sinnes-

wahrnehmungen und geistigen Prozessen beteiligt. Der präfrontale Kortex, ein Teil der Frontallappen,

spielt eine entscheidende Rolle für das emotionale Erleben und ist auch für Charakter und

Entscheidungsfindung eines Menschen wichtig.

Wie bereits oben erwähnt, wird durch die Musik auch das Belohnungssystem aktiviert. Das

Belohnungssystem entspringt dem Mittelhirn und ist Teil des limbischen Systems. Deshalb wird auch

vom mesolimbischen Belohnungssystem gesprochen. Das Belohnungssystem ist aktiv, wenn eine

Belohnung erwartet wird oder wenn sie besser ist, als erwartet. Der Botenstoff dieses Systems ist

Dopamin. Die Ausschüttung von Dopamin bewirkt ein wohliges Gefühl und wirkt sich ausserdem

auch positiv auf die Konzentration aus. Die dopaminergen Neuronen feuern immer dann

Aktionspotentiale, wenn ein Ereignis geschieht, das besser ist als erwartet. Viele Suchtstoffe

aktivieren ebenfalls dieses System. Zu viel kann aber auch zu Besessenheit, Machtrausch und

Grössenwahn führen. Weitere Botenstoffe des limbischen Systems sind:

Noradrenalin: Dieser Neurotransmitter ist an der Erhaltung des Wachzustandes, an Träumen

und der Regulierung der Stimmungslage beteiligt. Adrenalin und Noradrenalin können als

Stresshormone auch eine Stessreaktion hervorrufen.

GABA: Dieser Botenstoff wirkt hemmend und filtert die Flut der eintreffenden Informationen.

Opioide: Dieser Stoff wirkt sich positiv auf das Ich-Gefühl und die Stimmung aus und kann

ausserdem die Schmerzempfindlichkeit mindern. Das körpereigene Opioidsystem kann durch

zwischenmenschliche Zuwendung und das Gefühl von Unterstützung aktiviert werden.

Oxytocin: Hierbei handelt es sich um einen Wohlfühlstoff, der mit Bindungserfahrungen und

Vertrauen in Verbindung steht. Dieser Neurotransmitter verhilft zu Glücks- und Genusspo-

tential. Angeregt wird es durch freundliche Interaktionen oder menschliche Nähe. Oxytocin

dient unserem sozialen Gedächtnis und reduziert sowohl Stress als auch Angst, was durch die

Regulation mit den Mandelkernen einhergeht. Es werden nicht nur die Gefühle von

52 Abbildung 5 Campell, Neil A. und Reece, Jane B.: Biologie, S. 1449

Abbildung 5: Das limbische System52

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

21

Vertrautheit, Mitgefühl und Grosszügigkeit erweckt, sondern auch Neid und Schadenfreude

können sich verstärken.

Seretonin: Dieser Botenstoff schafft ein Gefühl von Zufriedenheit und Gelassenheit. Zu viel

macht gleichgültig und zu wenig kann Depressivität hervorrufen. Die Wirkung der

Glückshormone Seretonin und Dopamin wird durch das Zusammenspiel von Gefühl und

Bewusstsein, sowie auch der Wechselwirkung des limbischen Systems und dem präfrontalen

Kortex beeinflusst.

Interessanterweise hat der Mensch gelernt, diese Gefühle, die im limbischen System entstehen, zu

kontrollieren und hat sie an die äusseren sozialen Bedingungen angepasst. Die Lebenserfahrungen

prägen den Menschen, so dass er mit der Zeit lernt seine Triebe, Motivation und Emotionen zu

steuern.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

22

5. Musiktherapie

Ähnlich wie beim Begriff Musik, ist auch hier die Frage, was Musiktherapie überhaupt ist, leichter

gestellt als beantwortet.53

Folgende Definition scheint am passendsten zu sein:

„Musiktherapie ist eine psychotherapeutische Behandlungsmethode, bei der die Musik im thera-

peutischen Prozess als vertiefendes Mittel für Ausdruck und Kommunikation verwendet wird. Im

Vordergrund der modernen Musiktherapie steht die Beziehung, die zwischen dem Patienten und dem

Therapeuten durch das Medium Musik entsteht. Es ist eine erlebniszentrierte, psychodynamische

Behandlungsmethode, die seelisches und körperliches Gleichgewicht anstrebt. Das reflektierende

Gespräch hilft, Erlebtes als Erfahrung einzuordnen und im Alltag umzusetzen.“54

Wer dachte, dass es für die Teilnahme an der Musiktherapie musikalische Vorkenntnisse braucht, liegt

falsch. Es geht nicht um Leistung und es gibt auch kein richtig oder falsch. Wie bei jeder anderen

Therapie auch, muss der Patient bereit sein, sich mit seinen Problemen, respektive mit seiner

Krankheit zu beschäftigen. Bei der Musiktherapie ist es allerdings noch wichtig, dass der Patient auch

bereit ist, über die Musikimprovisation und andere musikalischen Ausdrucksspiele sein Thema

anzugehen.55

Die in der Medizin relevantesten Wirkungen von Musik auf den Menschen sind die angstlösende, die

schmerzlindernde und die stressvermindernde Wirkung. Im psychischen Bereich lindert die Musik die

Angst und das Schmerzempfinden, stärkt das Vertrauen in die Mitmenschen und in sich selbst. Aber

sie löst auch emotionale Spannung und Ablenkung wie auch Tagträume aus. Musik setzt ausserdem

die Freisetzung der Stresshormone herab und kann antriebsfördernd (ergotrop), entspannend

(trophotrop) oder harmonisierend sein, wenn sie funktionell eingesetzt wird. Für die Musiktherapie ist

allerdings die regressive Wirkung entscheidend. Das heisst, dass die Musik Erinnerung an frühere

Zeiten hervorruft. So führt das Hören von Musik zu Assoziationen und Situationen, die gekoppelt sind

mit Erinnerungen an Zeiten, Orte und Personen. Diese Wirkung wird sowohl von der rezeptiven als

auch von der aktiven Musiktherapie eingesetzt. Auf diese Therapieformen wird später näher

eingegangen.56

5.1 Entstehung der Musiktherapie

Die Idee, Musik für das Heilen von Krankheiten einzusetzen, ist keineswegs neu. Schon in der Bibel,

in vielen Stammesriten, aber auch in der griechischen Tradition wurde von Musik und Heilkunst

gesprochen.57

Die Heilung von Krankheiten durch musikalische Klänge hat also schon eine Jahr-

hunderte lange Geschichte, die sich durch alle Kulturen zieht. So bestand z.B. die Aufgabe des

Schamanen darin, dem Kranken Heilgesänge vorzutragen, anstatt ihm Arzneien zu geben. Rasseln und

Geräuschinstrumente wurden das Mittel, um der Krankheit die bösen Geister auszutreiben und

beispielsweise Trommelschläge begleiteten heilmagnetisches Händeauflegen. Diese Kräfte sind bis

heute in einigen aussereuropäischen Kulturen in ihrer Wirksamkeit vorhanden. Es muss jedoch

beachtet werden, dass der Durchblick in diesem Thema sehr schwierig ist, da einzelne Sachverhalte,

zumindest aus westlicher Weltansicht schon nahe dem Aberglauben sind. Wir können uns nicht mehr

so einfach vorstellen, dass Musik Krankheiten heilen soll. Aber ob die Geschichten über die Heilung

von Krankheiten durch Musik aus früheren Zeiten wirklich stimmen, wie wir sie vernehmen, bleibt

offen.58

53 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.401

54 Zitat von Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

55 Vgl. Van Beuningen, Birgit: Ratgeber Musiktherapie, S. 11 und in Anlehnung an das Interview mit Frau

Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

56 Vgl. Escher, Joseph: Die Bedeutung der Musik in der modernen Medizin, S. 115-121 aus Landau, Annette

und Stulzer, Peter (Hrsg.): Musik und Medizin, Zwei Künste im Dialog.

57 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.400

58 Vgl. Hamel, Michael Peter: Durch Musik zum selbst, S. 199

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

23

Die Musiktherapie entstand nach dem zweiten Weltkrieg in den USA. Damals wurden Musiker

systematisch bei der Rehabilitation von Kriegsveteranen eingesetzt. 1950 wurde die erste Gesellschaft

der Musiktherapie, die National Association of Music Therapy oder kurz NAMT, gegründet. Später

kam die American Music Therapy Association (AMTA) hinzu.59

In der Schweiz wurde 1981 der

Schweizerische Fachverband für Musiktherapie (SFMT) gegründet. Das Ziel dieses Verbandes ist die

Weiterentwicklung und Förderung der Musiktherapie in Praxis, Lehre und Forschung.60

5.2 Einsatzmöglichkeiten der Musiktherapie

Die Musiktherapie ist für alle Menschen mit körperlichen oder seelischen Störungen geeignet, die in

ihrer Lebensqualität, respektive in ihrer Gestaltungsfreiheit eingeschränkt sind. Es kommt dabei auch

nicht auf das Alter an, denn Musiktherapie wird in jeder Altersstufe angewandt. Wie aus Kap. 3.4

ersichtlich ist, hat die Musiktherapie einen vielseitigen Einsatzbereich. Dieser Einsatzbereich geht von

psychischen Erkrankungen über Drogenabhängigkeit, Sprach- und Hörbehinderung, Entwicklungs-

verzögerung bis hin zu Demenz und anderen altersbedingten Erkrankungen. Aber auch in der

Rehabilitation hat die Musiktherapie ihren Platz.61

Ausserdem wird die Musiktherapie auch bei älteren

Menschen eingesetzt, um ihre sozialen, psychologischen, intellektuellen und kognitiven Fähigkeiten

zu verbessern.62

5.3 Methoden der Musiktherapie

In der Musiktherapie lassen sich im Wesentlichen drei methodische Richtungen unterscheiden: Die

funktionelle Musik, die rezeptive und die aktive Musiktherapie. Dabei kann die funktionelle Musik

auch als eine Art Übergangsbereich zur eigentlichen Musiktherapie angesehen werden. Denn bei

dieser Methode wird die therapeutische Beziehung, die für das Bearbeiten von emotionalen und

psychischen Problemen notwendig ist, noch nicht gefordert. Aus diesem Grund werde ich mich

hauptsächlich auf die rezeptive und die aktive Musiktherapie konzentrieren, da es auch bei diesen zwei

Gruppen wieder verschiedene Methoden gibt.63

Im Unterschied zu anderen Therapien nimmt der

Therapeut meist aktiv an der Musiktherapie teil und ist gleichzeitig ein wacher Beobachter.64

Auch ein

sehr wichtiger Faktor, der aber jede Therapie betrifft ist die Beziehung zwischen Therapeut und

Patient. Nur wenn die Chemie zwischen diesen zwei Akteuren stimmt, kann die Therapie ihre

Wirkung entfalten.65

Eine Therapiesitzung ist vereinfacht gesagt aus den folgenden drei Teilen zusammengesetzt:

„Anfangsgespräch: wie geht es dem Patienten gerade, was braucht er, was möchte er evtl.

thematisch angehen usw.;

musiktherapeutische Interventionen: aktive und auch rezeptive Musiktherapie;

reflektierendes Gespräch: was hat der Patient erlebt, wie kann er das Erlebte als Erfahrung

einordnen und wie kann er diese Erfahrung im Alltag umsetzen.“66

59 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 403

60 http://www.musictherapy.ch/Verband.6.0.html , letzte Aktualisierung 11.12.2012, Abruf der Seite am

05.08.2015

61 Vgl. Van Beuningen, Birgit: Ratgeber Musiktherapie, S.9

62 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 407

63 Vgl. Nöcker-Ribaupierre, Monika: Geschichte, Methoden und Anwendungsgebiete der Musiktherapie, S. 34-

38 aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik

64 Vgl. Timmermann, Tonius: Rezeptive und aktive Musiktherapie in der Praxis von Tonius Timmermann,

S.50, aus Kraus, Werner (Hrsg.):Die Heilkraft der Musik

65 Vgl. Kraus, Werner: Von der Heilkraft der Musik, S.15, aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik

und in Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

66 Zitat von Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

24

5.3.1 Die rezeptive Musiktherapie

Bei der rezeptiven Musiktherapie steht das Hören von Musik im Mittelpunkt. Zu dieser Methode

gehören die „Regulative Musiktherapie“, das „Katathyme Bilderleben mit Musik“ und die „Guided

Imagery and Music“.67

Folgende Erscheinungsformen werden in der rezeptiven Musiktherapie

genutzt:68

eine elementare Klang-Rhythmus-Rezeption;

Livemusikspiel: Der Therapeut spielt für den Patienten. Dabei wird das Instrument durch den

Therapeuten oder den Patienten gewählt. Ebenso wird frei oder mit bestimmten Vorgaben

improvisiert. Es kann sich dabei auch um ein gewünschtes oder situativ gewähltes Stück aus

der musikalischen Literatur handeln;

Vorspiel eines Musikstückes ab Kassette oder CD, das von dem Therapeuten begründet ist.

Eine weitere Möglichkeit bietet auch das Klangbett. Auf der Unterseite des Klangbettes sind

viele Saiten angebracht. Durch das Spielen entsteht ein Klangteppich, in dem viele Obertöne

mitschwingen. Der Patient erfährt dadurch eine Vibration, die entspannend aber auch

anregend, belebend sein kann. Je nachdem kann das auch mit einer Übung für Körperwahr-

nehmung oder einer geführten Bilderreise verbunden sein.

Die Wirkung der musikalischen Inhalte kann in verschiedenen Formen wahrgenommen werden. Es

gibt dabei folgende drei Grundformen: Liegen, sitzen, stehen. Als Besonderheit der stehenden Position

können Bewegung und Tanz als wichtige Ausdrucksformen hinzugenommen werden. Zudem ist es

von Bedeutung, wie der Therapeut den Patienten auf das Hören einstimmt und welche Aufgabe der

Patient erhält. Hierbei kann es beispielsweise sein, dass der Patient darauf achten soll, wie er vom

inneren seelischen Leben bewegt wird.69

5.3.2 Die aktive Musiktherapie

Die aktive Musiktherapie bezeichnet alle Methoden der Musiktherapie, bei denen der Patient aktiv mit

einem Instrument musiziert oder er mit seiner Stimme beteiligt ist. Zu dieser Methode gehören

folgende: Die „Orff-Musiktherapie“, die „anthroposophische Musiktherapie“, die „Schöpferische

Musiktherapie nach Nordoff/Robbins“ und die „aktive Musik-Psychotherapie“.70

Im Folgenden sollen

einige Beispiele der aktiven Musiktherapie zum besseren Verständnis führen.

Beispiele für aktive Musiktherapie:71

Bei der aktiven Musiktherapie geht es darum, dass der Patient selber aktiv an der Handlung

beteiligt ist und sich handelnd beim Musikspielen und Improvisieren, beim Ausprobieren und

spielerischen Experimentieren erlebt. Der Patient kann dabei eines oder auch zwei Instrumente

entsprechend seines jetzigen Befindens auswählen.

Der thematisch, ausdrucksmässige Ansatz: Der Patient wählt zu einer Fragestellung, einem

Problem oder einem Thema, das ihn beschäftigt, die für ihn entsprechenden Musikinstrumente

sowie auch den für ihn stimmigen Platz aus.

67 Vgl. Nöcker-Ribaupierre, Monika: Geschichte, Methoden und Anwendungsgebiete der Musiktherapie, S. 38-

42 aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik ,sofern nichts anderes erwähnt ist.

68 Vgl. Timmermann Tonius: Rezeptive und Aktive Musiktherapie in der Praxis, S.57 aus Kraus, Werner: Die

Heilkraft der Musik und in Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und

Ausdruckstherapeutin

69 Vgl. Timmermann Tonius: Rezeptive und Aktive Musiktherapie in der Praxis, S.57 aus Kraus, Werner: Die

Heilkraft der Musik

70 Vgl. Nöcker-Ribaupierre, Monika: Geschichte, Methoden und Anwendungsgebiete der Musiktherapie, S. 42 -

45 aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik ,sofern nichts anderes erwähnt ist.

71 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

25

Eine weitere Möglichkeit ist, mit einer geführten Körperwahrnehmungsübung zu beginnen

und ein Körpersymptom, beispielsweise einen Schmerz in der Brust, klanglich auszudrücken

und hörbar zu machen.

Bei Musikimprovisationen ohne jegliche Vorgaben hat der Patient die grösste Freiheit. Aber nicht

jeder Mensch ist in der Lage, mit dieser Freiheit, der freien Musikimprovisation als Selbstinszenierung

umzugehen und braucht deshalb Spielregeln, Vorgaben und Themen, die ihm in diesem Prozess

weiterhelfen können. Bei dieser Art des gemeinsamen Handelns spielt auch die Nähe und Distanz

zwischen zwei Menschen eine wichtige Rolle.72

5.3.3 Einzel- und Gruppentherapie73

Die Musiktherapie kann einzeln aber auch in einer Gruppe stattfinden. In beiden Therapiesettings

können sowohl rezeptive, als auch aktive Elemente der Musiktherapie angewendet werden.

Musiktherapie ist bei keiner Krankheit kontraindiziert, allerdings ist bei der Settingwahl Vorsicht

geboten. Denn es hängt immer vom jeweiligen Patienten ab. So reagieren einzelne Patienten z.B sehr

empfindlich auf Lärm. Für diese Patienten ist die Gruppentherapie ungeeignet, aber für die

Einzeltherapie besteht keine Hinderung, sofern sie mit dem Medium Musik zurechtkommen. In der

Einzeltherapie steht der Patient mit seinem Anliegen im Zentrum. In der Gruppentherapie geht es

meist um das gemeinsame Zusammenspiel und auch um das Erfahren in einer Gruppe. Hier können

auch Rückmeldungen der anderen Teilnehmer eine sehr wichtige Erfahrung sein.

5.4 Wie wirkt die Musiktherapie?

Die Musik wirkt auf unser limbisches System (siehe Kapitel 4.5.3). Nochmals zur Erinnerung, das

limbische System steuert die Gefühle, aber auch das Lernverhalten und das Gedächtnis. Mit dem

Anspielen einer bestimmten Melodie können gleichzeitig andere Erinnerungen an eine bestimmte

Situation angestossen werden.74

Die Klänge können somit tiefere Schichten des Seelenlebens

erreichen, was durch eine reine Gesprächstherapie nicht möglich wäre.75

Dieses Ansprechen des

Körpers auf Musik wird durch die folgenden fünf Komponenten gewährleistet:76

Klang: Der Klang eines Instruments berührt bis in sehr feine Ebenen des Bewusstseins und

wird oft als grenzenlos und gefühlshaft oder aber auch als tragend beschrieben;

Rhythmus: Der Rhythmus ist direkt mit dem körperlichen Empfinden verbunden, ordnet in der

Musik die Zeit und wird deshalb für die Strukturierung in Beziehungssituationen verwendet.

Ein konstanter Rhythmus kann so einerseits Sicherheit und Halt, andererseits aber auch die

Gefahr des Abhebens vermitteln;

Harmonie: Harmonie ist nach Fritz Hegi Übereinstimmung von Ausdruck und Gefühl. Es wird

oft als wohltuende Entspannung, Friedlichkeit, respektive Sicherheit bezeichnet;

Melodie: Sowohl Fritz Hegi als auch Daniel Stern bezeichnen die Melodie als eine Art

Verbindung zur Sprache. Die Melodie gibt Halt und Sicherheit und ihre Art ist ein Ausdruck

innerer Spannungsbogen;

72 Vgl. Timmermann Tonius: Rezeptive und Aktive Musiktherapie in der Praxis, S.61-62 aus Kraus, Werner:

Die Heilkraft der Musik 73 Vgl. Nöcker-Ribeaupierre, Monika: Geschichte, Methoden und Anwendungsgebiete der Musiktherapie, S. 46,

aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik und in Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara

Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin 74 Vgl. Van Beuningen, Birgit: Ratgeber Musik, S. 11

75 Vgl. Nöcker-Ribeaupierre, Monika: Geschichte, Methode und Anwendungsgebiete der Musiktherapie, S. 46

aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik

76 Vgl. Münzberg, Christian: Rhythmus und Klang – Wege zur Seele, S. 67 -77, aus Die Heilkraft der Musik

von Kraus, Werner (Hrsg.)

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

26

Dynamik: Die Dynamik ist ein Ausdruck der Kräfteverhältnisse. Erst durch die Dynamik ist

die Musik ausdrucksstark. Das Ziel ist es, einen Ausgleich zwischen diesen Kräften zu

schaffen.

5.5 Ziele der Musiktherapie77

Grob gesagt, ist das Ziel der Musiktherapie die Verbesserung der Fähigkeit den Alltag zu erleben, also

der Lebensqualität. Die Ziele sind natürlich sehr individuell, da jeder mit einer anderen Geschichte an

der Therapie teilnimmt. Christian Münzberg beschreibt das Ziel sowohl musiktherapeutisch wie auch

psychotherapeutisch als einen „Ausgleich zwischen den Extremen unserer Gefühle, zwischen Denken

und Fühlen, Handeln und Begreifen, Rationalität und Intuition.“78

Grundsätzlich sind es also gleiche

Ziele wie in einer normalen Gesprächstherapie. Allerdings vertiefen die musikalische Handlung und

die dadurch gemachten Erfahrungen den Prozess und verdeutlichen ihn auch oft.

Mögliche Ziele können beispielsweise sein:

„sich selbst schöpferisch und gestaltend erleben und die Eigenkompetenz, die Ressourcen und

Fähigkeiten (wieder)entdecken und entfalten;

neue Verhaltensmuster ausprobieren und das Selbstvertrauen sowie die eigene Identität

stärken;

die Wahrnehmung der seelischen und körperlichen Befindlichkeit fördern;

Erleben von Entspannung und innerer Ruhe, sowie auch Aktivierung und Anregung

(Spannungsregulation);

mittels Improvisation blockierende und einengende Gefühle, Ängste oder schwierige Lebens-

situationen klanglich ausdrücken, verändern und verarbeiten;

die Selbst- und Fremdwahrnehmung durch die Rückmeldungen der andern Gruppenteilnehmer

und der Therapeutin stärken.“79

5.6 Die Wirkung unterschiedlicher Musikgenres

Ein spannender Aspekt ist sicherlich, wie die Wirkung von verschiedenen Musikgenres auf uns

Menschen ist. Denn jeder hat seine eigene Lieblingsmusik, um sich beispielsweise nach einem

stressigen Tag zu entspannen. Da die Wahrnehmung jedes Menschen variiert und weil die Wirkung

von Musik von vielen Faktoren, die oben bereits erwähnt worden sind, abhängt, ist eine Einteilung der

Musik und ihrer Wirkung sehr schwierig. Auch die Unterteilung der Musik in verschiedene

Untergruppen macht es nicht leichter. Es handelt sich deshalb nur um eine Grobeinteilung. Zudem hat

die aktuelle Lebens- und Gemütssituation des Menschen einen grossen Einfluss.80

Langsamere Barockmusik, wie beispielsweise Händel, Bach und Vivaldi, vermittelt Stabilität,

Ordnung, Voraussagbarkeit und Sicherheit. Sie bietet auch eine anregende Atmosphäre zum

Lernen und Arbeiten.

Klassische Musik von Mozart und Haydn steht für Klarheit, Eleganz und Transparenz. Des

Weiteren kann durch sie die Konzentration, die räumliche Wahrnehmung und das Gedächtnis

gesteigert werden.

Romantische Musik, u.a. von Tschaikowsky und Schubert, betont den Ausdruck und das

Gefühl. Sie handelt oft von Individualität, Nationalgefühl und Mystik. Diese Musik eignet

sich deshalb ideal, um Sympathie, Mitgefühl und Liebe zu erwecken.

77 Vgl. Van Beuningen, Birgit: Ratgeber Musiktherapie, S. 14 und in Anlehnung an das Interview mit Frau

Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

78 Zitat von Münzberg, Christian: Rhythmus und Klang von, S. 77, aus Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der

Musik

79 Zitat von Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

80 Vgl. Campbell Don: Die Heilkraft der Musik, S.102-104

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

27

Impressionistische Musik (z.B. Ravel) kann durch ihre frei fliessende musikalische Stimmung

traumähnliche Bilder hervorrufen. Kreative Kräfte können durch sie mobilisiert werden.

Jazz, Blues, Soul, Reggae usw. wirkt inspirierend und kann Freude, Trauer, Witz und Ironie

vermitteln. Ausserdem wird das Verständnis der Mitmenschen untereinander verbessert.

Salsa, Rumba Macarena usw. beschleunigt mit ihrem lebhaftem Rhythmus und Beat den

Herzschlag und kann den ganzen Körper aktivieren.

Big Band, Pop, Country-Western, etc. rufen ein Wohlbefinden hervor und können zu

körperlicher Bewegung anregen.

Rockmusik (beispielsweise Rolling Stones, Elvis Presley) kann auf der einen Seite begeistern,

Verspannungen lösen und von Schmerzen ablenken. Andererseits kann Rock auch zu

Verspannungen, Missgestimmtheit und Stress führen.

New-Age-Musik erweitert aufgrund des fehlenden dominanten Rhythmus unser Raum- und

Zeitempfinden und kann in uns einen Zustand von entspannter Wachheit hervorrufen.

Heavy Metal, Punk, Rap, Hip Hop können das selbstbewusste Auftreten fördern und einen

enthusiastisch stimmen. Aussenstehenden vermittelt sie die Aufruhr der jüngeren Generation

und deren Bedürfnis nach Selbstdarstellung.

Spirituelle Musik lässt uns tiefen Frieden empfinden und kann uns so mit unserem Be-

wusstsein verbinden. Sie kann zudem helfen, uns von Leid zu befreien.81

Im Zusammenhang mit der Barockmusik und der klassischen Musik wird die Musik mit mehr

Konzentration und besserem Lernen in Verbindung gebracht. Es kann nicht gesagt werden, dass

solche Musik diese Prozesse fördert. Es kommt vielmehr auf die fördernden und nichtfördernden

Einflüsse des passiven Musikhörens an, die kognitive und motorische Leistungen beeinflussen können

bzw. nicht können. Normalerweise wirkt die Hintergrundmusik umso negativer, je schwieriger die

Primäraufgabe ist, denn unser Gehirn hat keine unendlichen Kapazitäten. Kurze Phasen von Musik

können aber stimmungsaufhellend und aktivierend wirken und somit auch die Arbeitsleistung ver-

bessern. Aber auch die Persönlichkeit spielt eine Rolle. Extrovertierte Menschen werden durch

Hintergrundmusik weniger stark gestört als introvertierte Menschen. Neben diesem Aspekt kommt es

zusätzlich noch auf den gewählten Hörzugang an. Mit dem Modell des kontextabhängigen Gedächt-

nisses kann dieser Zusammenhang erklärt werden. Die Gedächtnisstärke hängt davon ab, wie viele

weitere Informationen mit dieser Information gekoppelt sind. Die Musik hätte auf diese Art und Weise

die Funktion des Hinweisreizes. Wie beim Mozart-Effekt ist nicht auszuschliessen, dass ein

bestimmtes Hirnaktivierungsmuster evoziert wird, welches das Lernen begünstigt. Diese können durch

Emotionen und bestimmte Bewusstseinszustände hervorgerufen werden, die wiederum durch

bestimmte Musikstücke ausgelöst worden sind. In diesem Gebiet ist aber noch weitere Forschung

notwendig.82

81 Vgl. Campbell Don: Die Heilkraft der Musik, S.102-104 82 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S. 197-235 und 405-407

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

28

6. Feldarbeit

Meine Feldarbeit besteht aus zwei Personenumfragen. In der einen Befragung geht es um das Thema

Musik im Alltag und die andere Umfrage fand im Bereich der Musiktherapie statt. Einerseits wollte

ich damit herausfinden, wie verbreitet das Musizieren und das Musikhören ist und auf der anderen

Seite wollte ich erfahren, welche Wirkung die Musik auf die Zielpersonen hat. Insbesondere bei der

Musiktherapie hat mich der Erfolg dieser Therapie interessiert. Ausserdem war es mir möglich an

einer Gruppentherapiestunde teilzunehmen und einen Erfahrungsbericht darüber zu schreiben. Des

Weiteren konnte ich mein Wissen mit zwei Interviews vergrössern.

6.1 Vorgehen „Musik im Alltag“

Insgesamt haben sich 100 Personen an der Umfrage beteiligt. Das Ziel war es, möglichst verschiedene

Personen hinsichtlich des Alters und auch des Musizierens zu befragen. Dabei galt es herauszufinden,

welche Rolle die Musik im Alltag spielt und welche Emotionen sie hervorruft. Eine Personenumfrage

erschien deshalb das geeignetste Mittel dazu.

Der grösste Teil der ausgefüllten Fragebögen kam schnell zurück, doch als es dann um den Endspurt

ging, wurde es mühsam. Alles in allem war der Rücklauf ausgezeichnet war. Die Rücklaufquote

beträgt 93%. Trotz grosser Sorgfalt beim Verteilen der Fragebogen, gelang die Aufteilung von männ-

lichen und weiblichen Personen nicht wirklich. So beteiligten sich 57 Frauen und 43 Männer. Aus

diesem Grund ist eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern nicht möglich. Die Einteilung in

die Altersgruppe fand in Bezug auf die Musikwahl statt, womit praktisch die Hälfte der Personen im

Alter von 15-29 Jahren ist. Davon sind allerdings auch mehrere Personen Ende 20, womit sich durch

andere Altersgruppen, auch wieder ein ganz anderes Bild ergeben hätte. Die Aufteilung geschah

demzufolge in 15 Jahresschritten, denn auch die Regelmässigkeit sollte gegeben sein. Die obere

Altersgrenze lag bei 87 Jahren und die untere bei 8 Jahren.

Bei dieser Umfrage handelt es sich um eine Momentaufnahme. Das Ergebnis wäre also kaum gleich,

wenn die Umfrage zum jetzigen Zeitpunkt nochmals mit denselben Personen durchgeführt werden

würde. Dies hat sicherlich auch damit zu tun, dass sich jeder Mensch mit jedem Tag verändert und

sich somit im Laufe der Zeit auch die Vorlieben ändern. Bei einigen Ja/Nein-Fragen wurde beides

angekreuzt und zum Teil auch mit „manchmal“ ergänzt. Bei der Auswertung wurden diese Antworten

als „Ja“ gewertet, weil die Antwort „manchmal“ nicht jeder Person zur Verfügung gestanden hat.

Denn es ist davon auszugehen, dass keine dieser Personen während des Musikhörens immer mitsingt.

Wenn sowohl „Ja“ als auch „Nein“ angekreuzt wurden, ist dies bei der Auswertung als unterschiedlich

gewertet worden, da diese Möglichkeit jeder befragten Person vorhanden war.

Die Grundauswertung sowie die Umfrage selbst sind im Anhang vorzufinden.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

29

6.2 Darlegung und Auswertung der Ergebnisse „Musik im Alltag“

Alle 100 Personen hören mehr oder weniger regelmässig Musik. Es wäre auch zu erstaunlich gewesen,

wenn jemand gar keine Musik hören würde. Dies nicht zuletzt weil wir der Musik gar nicht

entkommen können, da sie an vielen Orten gezielt im Hintergrund abgespielt wird, ohne dass wir sie

bewusst wahrnehmen. In dieser Umfrage ging es aber um das bewusste Hören der Musik.

Von den insgesamt 100 befragten Personen haben 71 Prozent, darunter 47 Frauen und 24 Männer ein

Instrument erlernt. Davon spielen heute noch 33 Prozent.

Abbildung 6: Gefühle beim Musizieren

Ein Drittel der 33 musizierenden Personen hat Glück, Fröhlichkeit und Entspannung gleichzeitig

angekreuzt. Die Kombination Glück und Fröhlichkeit wurde von der Hälfte empfunden. Im

Allgemeinen erfahren ungefähr ¾ der Personen, die noch musizieren Fröhlichkeit und Entspannung.

Andere Personen haben auch angegeben, dass sie durch das Musizieren motivierter sind, aber dass sie

auch frustriert werden, wenn nichts klappt. Des Weiteren hat jemand geschrieben, dass Musizieren

bei Wut beruhigend wirkt. Nur eine Person erfährt durch das Musizieren keine Veränderung. Das

beweist, dass Musizieren sehr bewegt.

0

10

20

30

40

50

60

70

12

3

19

0 5

10 16

6 0 0

35

2 7

0 6

0 0 3 8

3 1 1

32

1

19

3

25

0 5

13

24

9 1 1

67

3

An

gab

e in

Pro

zen

t

Welche Gefühle löst das Musizieren bei Ihnen aus?

weiblich

männlich

Summe

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

30

Abbildung 7: Häufigkeit des Musikhörens

88%, d.h. 88 Personen hören täglich Musik, weitere 7% 1 – 2 mal in der Woche und die restlichen 4

Prozent jeden zweiten Tag. Das letzte 1 %, das heisst eine Person, hört immer dann Musik, wenn sie

die Gelegenheit dazu hat. Wie in der Grafik zu sehen ist, sind diejenigen Personen, die nicht täglich

Musik hören, nicht einer Altersgruppe zuzuordnen. Aber der Trend täglich Musik zu hören wird schon

von den Jüngsten ausgeführt. Der Durchschnitt der Dauer des Musikhörens beträgt 2 h 45 min, wir

sprechen hier aber nur von der bewusst wahrgenommenen und höchstwahrscheinlich auch selbst

eingestellten Musik. Deshalb bewusst, da einigen die Musik in einem Kaufhaus sicherlich gar nicht

auffällt, was in diesem Moment auch der Zweck dieser Musik ist. Dabei beeinflusst die Musik die

Kunden so, dass sie mehr einkaufen und sich nicht ausgestellt fühlen.83

In jeder Altersgruppe ist auch fast jeder Musikstil vorhanden. Allerdings hören die jüngsten Personen,

sowie die 30 – 45 Jährigen als auch die älteste Generation keine Jazzmusik. Ausserdem hört die

jüngste Generation keine Volksmusik und die älteste zusätzlich auch keine neue Musik. Dieser

Generation gefällt stets das Vorhandene und nicht das Neue. So hören sie am liebsten Volksmusik und

klassische Musik. Alles was wir häufig hören, gefällt uns. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb es

keinen dominanten Musikstil innerhalb einer Altersgruppe gibt. Im Übrigen hören 90% aller Befragten

ausschliesslich jeden Rhythmus und bevorzugen somit kein bestimmtes Tempo.

83 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S. 377-381 und 398

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

bis 14

Jahre

15 - 29

Jahre

30 - 45

Jahre

46 - 59

Jahre

ab 60

Jahre

Summe

10

40

13

20

5

88

0 3

0 1 0 4

0 3 1 2 1

7

0 1 0 0 0 1

An

ga

ben

in

Pro

zen

t

Wie häufig hören Sie Musik?

täglich

jeden zweiten Tag

1 - 2 mal in der Woche

Andere Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

31

Abbildung 8: Grund des Musikhörens

Der Abbildung 8 ist zu entnehmen, dass die Musik vor allem der Entspannung (68 %) und als

Background im Alltag (64 %) dient. Die Kombination von Entspannung und Background im Alltag

wurde 42 mal gewählt. Im Mittelfeld steht dann die Schöpfung nach Kraft, das Ablenken vom Alltag

oder um sich besser zu fühlen. Lediglich 11 % hören unter anderem Musik, um mit Problemen besser

klar zu kommen. Andere Personen hören ausserdem Musik während sportlicher Aktivität, aus Lust

und Freude, für den Beruf oder als Zeitvertreib. Eine Person hat auch angegeben Musik zu hören, um

den Gefühlen mehr Tiefe zu geben, was auch sehr für die Wirkung der Musik spricht. Die Gründe,

weshalb der Mensch überhaupt Musik hört, sind also sehr vielfältig, wie diese Abbildung

veranschaulicht.

0

10

20

30

40

50

60

7068%

34% 36%

64%

7%

11%

38%

7%

14%

An

ga

ben

in

Pro

zen

t

Ich höre Musik, ...

um mich zu entspannen.

um neue Kraft zu schöpfen.

um mich vom Alltag abzulenken.

als Background im Alltag.

um Probleme zu verarbeiten.

um mit Problemen besser klar zu

kommen.

damit ich mich besser fühle.

während dem Autofahren.

Andere Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

32

Abbildung 9: Situation des vermehrten Musikhörens

In jeder Situation wird Musik gehört, meistens während des Betreibens anderer Aktivitäten (61%).

Darauf folgen Momente der Entspannung und Fröhlichkeit mit 46%, respektive 43 %. Des Weiteren

wurden auch Nervosität, beim Sport treiben, aber auch ohne eine bestimmte Situation als Grund ange-

geben.

0

10

20

30

40

50

60

70

28%

9%

35%

11%

46%

8%

43%

61%

6% 5%

An

ga

ben

in

Pro

zen

t

In welchen Situationen hören Sie vermehrt Musik?

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

33

Abbildung: 10 Gefühle beim Musikhören

Wie schon beim Musizieren steht hier mit 73 % an erster Stelle Fröhlichkeit gefolgt von Entspannung

(62%) und Glück (59%). Dabei haben 47 % aller Personen Fröhlichkeit und Entspannung zusammen

gewählt. Bei nur 5 % tritt keine Veränderung der Stimmung auf. Unter anderem wurde auch erwähnt,

dass die Musik die Stimmung verstärkt. Schon beim Auswerten ist aufgefallen, dass einige Personen

bei diesen zwei Fragen, in welchen Situationen sie vermehrt Musik hören und welche Gefühle sie

erfahren, dasselbe genantwortet haben. Es ist deshalb gut möglich, dass durch das Musikhören die

Stimmung verstärkt wurde oder diese erfahrenen Gefühle besser ausgelebt werden konnten. Ausser-

dem erfahren einzelne Personen durch die Musik mehr Energie und Tatendrang, werden in Träumerei

versetzt oder abgelenkt. Aber auch das Gefühl von loslassen wurde erwähnt. Doch ziemlich

erstaunlich ist, dass fast ein Viertel der Befragten ein gestärktes Selbstbewusstsein erhalten und 28 %

die Musik als Bereicherung empfinden.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

59%

23%

16%

62%

18% 13%

2%

73%

6%

28%

5% 10% A

ng

ab

en i

n P

roze

nt

Was löst die Musik bei Ihnen aus, welche Gefühle

erfahren Sie?

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

34

Abbildung 11: Dauer der Stimmung, Musikhören

Abbildung 12: Dauer der Stimmung, Musizieren

Wie der Abbildung links zu entnehmen ist, dauert die Stimmung, die während des Musikhörens

erlangt wurde, für die Mehrheit mit 44% nur einige Minuten an. Beim Musizieren, wie man in der

Abbildung rechts sieht, hält die Stimmung für die Mehrheit, nur auf die 33 Personen bezogen, die

überhaupt ein Instrument spielen, einige Stunden an. Es handelt sich hierbei um 45 %. Das Musizieren

scheint wohl eine stärkere Wirkung auf das limbische System auszuüben, als das blosse Zuhören.

Sowohl 6% der Personen beim Musikhören, als auch 6% der Personen beim Musizieren empfinden die

Stimmung nach beenden des Musikhörens, respektive des Musizierens nicht mehr. Diese 6% beziehen

sich auf die 33 musizierenden Personen, wenn 33 Personen als 100% angesehen werden. Es gibt

keinen Trend der zeigen würde, dass die Stimmung beim Musizieren von der Spieldauer abhängig ist.

Mehr als die Hälfte, die sich mehrere Stunden danach noch in dieser Gemütslage befindet, hat mehr

als 30 Minuten gespielt. Während die Mehrheit von denen Personen, bei denen die Stimmung nur

einige Minuten anhält weniger als eine Halbestunde spielen. Interessanterweise hält die Gemütslage

bei fast allen 12 Musikern, die diese Befindlichkeit nur für einige Minuten empfinden, auch beim

blossen Musikhören nur einige Minuten an. Allerdings haben 4 Musiker, die einige Stunden

angegeben haben, beim Musikhören die Stimmung nur noch einige Minuten danach verspürt. Dies

zeigt auch nochmal, wenn nur schwach, dass das Musizieren offenbar anders auf den Menschen wirkt

als das blosse Musikhören. Überraschenderweise hat eine Person geschrieben, dass wenn das Lied

einen Ohrwurm auslöst, d.h. dass einem eine bestimmte Melodie im Ohr bleibt, die Stimmung länger

aufrechterhalten wird. Bei einem Ohrwurm ist die zwangsauftretende Melodie im musikalischen

Arbeitsgedächtnis gespeichert, an deren Präsenz wir nichts ändern können. Die Arbeitsgruppe um den

Psychiater Stein hat beim Auftreten dieser Zwangsmelodie in zwei Fällen eine Minderdurchblutung im

Temporalhirn festgestellt. Dies steht im Widerspruch zur Erkenntnis, dass die vermehrte Aktivierung

dieses Areals im Temporalhirn zu spontan auftretenden Musikerlebnissen führt. Denn diese Minder-

durchblutung könnte auf eine Fehlfunktion hinweisen, die über mehrere Zwischenschritte die

Fähigkeit zur Kontrolle über spontane Aktivierungen im Temporalhirn reduziert, wodurch der

Ohrwurm verursacht wird.84

Während dem Musikhören singen insgesamt 76% mit und empfinden dabei Fröhlichkeit und Glück.

Ausserdem haben auch 16% angegeben, dass sie durch das Singen Aggressivität abbauen können.

66% geben an während des Musikhörens zu tanzen. Auch hier wird wieder vor allem Fröhlichkeit

erlebt. Aber es wird auch von etwa der Hälfte als Abwechslung vom Alltag angesehen. Sowohl beim

84 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.191

6%

44% 37%

2% 6%

5%

Dauer der Stimmung,

Musikhören

gar nicht

einige Minuten

einige Stunden

den ganzen Tag

unterschiedlich

Andere

Antwort

2%

12%

15%

1%

0% 67%

3%

Dauer der Stimmung,

Musizieren

gar nicht

einige Minuten

einige Stunden

den ganzen Tag

unterschiedlich

Spiele kein

Instrument.

Andere

Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

35

Singen, Tanzen und dem Musikhören kommt auch immer wieder der Aspekt der Problembearbeitung

ins Spiel, was dann vor allem wieder auch Teil der Musiktherapie ist. Ferner ist es spannend, dass bei

diesen drei Themen immer der Abbau von Aggressivität/Wut von etwa 15 Personen angegeben wird.

Ich selbst erlebe es tagtäglich, dass ich durch das Tanzen, Singen oder nur durch das Musikhören,

meine Wut loswerde. Jeweils mindestens eine Person erfährt beim Musizieren, Musikhören oder

Singen keine Veränderungen. Nur das Tanzen macht hier eine Ausnahme. Die Individualität des

Hörers könnte nicht besser zum Ausdruck gebracht werden, als mit den obigen Ergebnissen. Jeder

reagiert in Abhängigkeit des gewählten Hörzuganges, der Tagesverfassung und des sozialen Umfeldes

anders.

Die Mehrheit der Menschen singt nicht gerne alleine vor Publikum. Einige Personen haben deshalb

vermerkt, dass sie nur singen, wenn sie alleine sind. Aber wieso ist die Stimme für uns Menschen so

persönlich? Die Stimme ist eine Art Fingerabdruck. Niemand hat den gleichen Klang, es gibt nur

Stimmen, die ähnlich klingen, aber nicht gleich sind. So trägt die Stimme den tiefsten Wesenskern

eines Menschen während des Singens nach aussen. Das Innerste eines Menschen wird offenbart.85

Etwa einen Viertel aller Personen hört Musik zum Einschlafen, da sie auch eine beruhigende Wirkung

auf sie hat. Wenn die Musik eine rhythmische Bassführung hat und einen sich rhythmisch wieder-

holenden Grundschlag, kann sich der Körperrhythmus an den Rhythmus der Musik anpassen. So kann

es durch die Musik zu einer Hebung oder Senkung des Pulses und Blutdruckes kommen. Das Tempo

der Grundschläge entscheidet, ob es zu einer aufputschenden oder beruhigenden Wirkung kommt. Da

normale Körperfunktionen bei 72 Hz ablaufen, wirkt Musik mit einem Tempo höher als 72 Hz als

aufputschend und bei weniger als beruhigend. Allerdings ruft ein Tempo von 60 Hz die stärkste

Reaktion des menschlichen Körpers hervor. Dadurch kommt es zur grössten Entspannung und zu einer

Entkrampfung. Die bis heute einzige Erklärung dafür, beruht auf der Theorie, dass 60 Hz die

ursprüngliche Herzfrequenz des Menschen war, als es noch keinen Zivilstress gab.86

Aus diesem

Grund ist es also gar keine so schlechte Idee sich mit Musik in den Schlaf zu wiegen.

Fast die Hälfte der Befragten Personen hört direkt nach dem Aufstehen Musik. Wie sagt man so

schön? Ja genau, den Tag sollte man mit einem Lächeln beginnen, wieso also nicht auch mit Musik,

die einem diese Fröhlichkeit mit auf den Weg gibt?

Abbildung 13: Lebensfreude durch Musik

Diese Grafik könnte nicht deutlicher zeigen, dass 87 %, also 87 Personen durch Musik einen

angenehmeren Alltag erfahren. 8% der befragten Personen beschert die Musik keinen besseren Tag

und bei den restlichen 5% sind offensichtlich andere Faktoren mitentscheidend. Aufregung war bei

85 In Anlehnung an das Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

86 In Anlehnung an das Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

87%

8%

5%

Beschert Ihnen die Musik einen

besseren Tag? (mehr Lebensfreude)

Ja

Nein

unterschiedlich

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

36

dieser Frage zur Gewohnheit geworden und so dann auch die Enttäuschung, als beim ersten

Fragebogen die Antwort „Nein“ schwarz auf weiss vorzufinden war.

Die ganze Umfrage zeigt, wie bewegt die Menschen durch Musik sind und was für ein grosser Teil sie

im Leben ausmacht. Aber wie bewusst nehmen wir die Musik wahr? Geniessen wir sie auch noch oder

benutzen wir sie lediglich als Mittel zum Zweck, um uns unseren Alltag schöner zu gestalten? Dieser

Frage kann sich jeder selbst bewusst werden. Für die Menschen von früheren Generationen war die

Musik sicherlich bewusster und von speziellerer Bedeutung, da sie nicht wie gegenwärtig überall

abrufbar war. Aber gerade das Angebot von Konzerten der klassischen Musik inkl. der Oper zeigen,

dass sich viele Menschen die Zeit nehmen, sich bewusst der Musik hinzugeben.

6.3 Vorgehen „Musiktherapie“

Bis zum Schluss kamen insgesamt 26 ausgefüllte Fragebogen zusammen. Es war mir möglich diese

Befragung in der psychiatrischen Klinik Schlössli in Oetwil am See im Bereich der Musiktherapie

durchführen zu lassen. Da im klinischen Bereich der Patientenschutz gesetzliche Pflicht ist, übernahm

die Musik- und Ausdruckstherapeutin Frau Barbara Heller die Verteilung und Rücknahme der Frage-

bogen. Gegen Mitte Juni gelangten die ausgefüllten Fragebogen zu mir. Aufgrund des Patienten-

schutzes ist sowohl auf die Angabe des Alters als auch des Geschlechts der Patienten verzichtet

worden. Um ja keine Chance zu verpassen, fragte ich ausserdem nach einer persönlichen Teilnahme

an der Gruppentherapie. Ich war erleichtert und glücklich über die Zusage von Frau Heller. Mir war es

wichtig, diesen Abschnitt mit Selbsterfahrung schreiben zu können. Selbstverständlich musste ich eine

Patientenschutzerklärung unterschreiben. Der Erfahrungsbericht zu dieser Gruppentherapiestunde wird

in Kapitel 6.5 dargelegt.

Doch zurück zur Umfrage. Das Ziel war es herauszufinden, ob die Musiktherapie bei psychischen

Erkrankungen einen grossen Nutzen hat. Durch meine Selbsterfahrung während der Gruppentherapie,

war die Aufregung beim Auswerten der Fragebogen umso grösser. Es stand vor allem folgende Frage

im Vordergrund: „Haben die Patienten ähnliche Erlebnisse?“ Auch bei dieser Befragung haben

einzelne „manchmal“ dazugeschrieben oder sowohl „Ja“ und „Nein“ angekreuzt. Darauf wurde beim

Auswerten auch Rücksicht genommen, indem zusätzlich die Auswahl „manchmal“ und

„unterschiedlich“ in die Auswertung integriert wurde. Da „manchmal“ aber nicht jeder Person zur

Verfügung stand, wird es als „Ja“ gewertet. Unterschiedlich wurde gewählt, um ein gleichzeitig

angekreuztes „Ja“ und „Nein“ zu berücksichtigen, denn meines Erachtens hätten alle Patienten die

Möglichkeit gehabt, beides anzukreuzen. Zum Schluss gilt es auch hier wieder zu sagen, dass es sich

um eine Momentaufnahme handelt und die Befragung zu einem anderen Zeitpunkt zu einem ähnlichen

oder vielleicht ganz anderen Ergebnis geführt hätte. Bei den Befragten handelte es sich um

erwachsene Patienten mit einer psychischen Erkrankung, die entweder die Einzeltherapie, die Grup-

pentherapie oder eine Kombination von beiden Musiktherapiesettings besucht haben. Dabei nahmen

24 Patienten einmal in der Woche und lediglich 2 Patienten zweimal in der Woche an der

Musiktherapie teil, weshalb keine Rücksicht darauf genommen wurde. Ebenso wurde auch keine

Unterscheidung in Bezug auf die Kombination des Therapiesettings gemacht, da dies keine Rolle

spielt, da keine markanten Unterschiede auftraten.

Ausserdem wurden die Prozentwerte gerundet, da es sonst unübersichtlich und unschön aussehen

würde. Der Fragebogen sowie auch dessen Grundauswertung sind im Anhang zu finden.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

37

6.4 Darlegung und Auswertung der Ergebnisse „Musiktherapie“

Für 58 % der Patienten, das entspricht 15 Patienten, ist die Musiktherapie eine Mischung aus Vor-

freude und Unsicherheit. 11 Patienten, also 42 % empfinden die Musiktherapie als Highlight der

Woche. Lediglich ein Patient empfindet es als Müssen und auch nur eine Person gab keine Antwort.

Abbildung 14: Gefühle und Erwartungen vor der Therapie

Die Mehrheit aller befragten Patienten haben eine positive Einstellung (73%) gegenüber der

Musiktherapie und nehmen sie als Bereicherung (65%) und als Herausforderung wahr (58%). Im

Übrigen haben 9 Patienten, also 35 Prozent, die gegenüber der Musiktherapie eine positive Einstellung

haben, auch angegeben, dass sie die Therapie als Herausforderung wahrnehmen. Und 31 % haben

unter anderem Vorfreude und Bereicherung angegeben. Nur 8 Prozent empfinden vor der Musik-

therapie Traurigkeit. Es hätte nicht verwundert, wenn jemand ängstlich hinzugeschrieben hätte, aber

das war nicht der Fall. Glücklicherweise hat niemand gesagt, dass die Musiktherapie in ihm eine

negative Einstellung hervorruft, denn eine Therapie nützt nur, wenn es der Patient selbst will und da

wäre eine negative Einstellung keine gute Voraussetzung.87

Auch wurden Neugier und die Erwartung

an eine gute Atmosphäre in der Therapie erwähnt. Ein Patient konnte sogar sagen, dass er anfänglich

Traurigkeit empfunden hat, die sich nun gelegt hat.

87 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

0

5

10

15

2046%

73% 65%

58%

8% 0% 0%

27%

An

zah

l P

ati

ente

n

Wie fühlen Sie sich vor der Therapie, welche

Erwartungen haben Sie?

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

38

Abbildung 15: Gefühle und Erfahrungen während der Therapie

65% der Patienten erfahren eine Befreiung, was klar zeigt, dass die Musiktherapie eine Wirkung hat.

Diese Aussage wird auch dadurch unterstützt, dass niemand „keine Veränderung“ angekreuzt hat. Wie

in dieser Grafik ersichtlich ist, wird durch die Therapie eine ganze Palette unterschiedlicher Gefühle

hervorgerufen, was die Wirkung der Musik an sich, aber auch deren Individualität, bestätigt.

Erstaunlich ist, dass 38% der Patienten ein gestärktes Selbstbewusstsein erfahren, was für einen

Therapieerfolg spricht. Durch die Musiktherapie können auch unschöne Erlebnisse in Form von

Angst, Traurigkeit und Wut und anderen negativen Veränderungen hervorgerufen werden. Die

negative Veränderung heisst nichts Schlechtes, denn durch die Therapie kann ein altes Trauma

nochmals wachgerufen werden. Dies ist keinesfalls das Ziel der Therapie, ist manchmal aber

unausweichlich, um ein altes Thema endgültig abschliessen zu können. Dies führt schliesslich zu einer

momentan negativen Veränderung.88

Einige haben bei andere Antworten angegeben, dass sie sich

entspannen oder sogar die Wut ausdrücken konnten. Aber auch dass ihnen ein trauriges Erlebnis

bewusst geworden ist, und dass ihre soziale Fähigkeit zum Zuge kam. Des Weiteren hat ein Patient

geschrieben, dass er sich von den Anwesenden auf der Gefühlsebene verstanden fühlt. Nur ein Patient

gab an, dass er den Zugang zu den Gefühlen noch nicht gefunden hat. Wahrscheinlich können die

Gefühle erst nach der Verarbeitung des ursächlich negativen Erlebnisses wieder wachgerüttelt werden.

88 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

02468

1012141618

0% 8%

31%

42% 42%

4%

46%

35%

65%

8% 15%

38%

23% 23%

0%

38%

An

zah

l P

ati

ente

n

Was für Gefühle erfahren Sie während der

Therapie, welche Erfahrungen machen Sie?

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

39

Abbildung 16: Gefühle unmittelbar nach der Therapie

Mit 65%, das entspricht 17 Patienten, fühlte sich die Mehrheit der befragten Patienten befreit. Von

diesen 17 Patienten haben 15 schon während der Musiktherapie Befreiung erlebt. Ähnliches zeigt sich

auch beim gestärkten Selbstbewusstsein, so konnten 7 von den 10 Personen, die während der Therapie

ein gestärktes Selbstbewusstsein erfuhren, dieses Selbstbewusstsein aus der Therapie mitnehmen und

in den Alltag integrieren. Dasselbe Phänomen zeigt sich unter anderem auch bei Fröhlichkeit, Glück,

Müdigkeit und Energie. Spannend ist ausserdem, dass 31% der Patienten während der Therapie

Traurigkeit verspürt haben, die durch die Therapie aber so verarbeitet wurde, dass sie danach ver-

schwunden war. Wie oben in der Grafik zu sehen ist, sind 8% nach der Musiktherapie nieder-

geschlagen, was bei dieser Vielfalt der hervorgerufenen Reaktionen nicht aussergewöhnlich ist. Einige

gaben auch an entspannter oder verhalten zu sein, fühlten sich aufgestellt, beschwingt und

zuversichtlicher. Zudem erwähnte ein Patient auch Nachdenklichkeit im positiven Sinne.

02468

1012141618

38%

0% 8%

31% 38%

15%

27%

65%

4% 0%

42%

An

zah

l P

ati

ente

n

Wie fühlen Sie sich unmittelbar nach der Therapie?

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

40

Abbildung 17: Dauer der Stimmung, Musiktherapie

Mit 46% empfindet die Mehrheit der Patienten diese Gefühle für einige Stunden. Für weitere 23%

dauert diese Stimmung sogar noch den ganzen Tag an. Für einen Patienten ist das sogar für mehrere

Tage der Fall. Bei einigen Patienten hält die Stimmung unterschiedlich lange an. Ausserdem war es

für 12% eher schwierig zu sagen, wie lange die Gemütslage andauert, weshalb sie sich nicht dazu

äusserten. Ein Patient unter diesen hat seine Gefühle noch nicht gefunden, weshalb sich dieser Patient

wie auch bei den zwei vorherigen Fragen nicht dazu äussern konnte. Im Vergleich zum Musizieren

und Musikhören in der ersten Umfrage hält die Wirkung nach der Musiktherapie deutlich länger an.

Dies ist ein sehr spannender Aspekt und lässt darauf schliessen, dass die Musiktherapie das limbische

System gezielter aktiviert und die Musik viel bewusster wahrgenommen wird. Dadurch laufen

Prozesse klarer ab und können sie vertiefen, gerade weil die Musik tief in die Seele des Menschen

eintreten kann.89

92% haben das Gefühl, dass sich durch die Musiktherapie etwas verändert. Aus den Kommentaren der

anderen 8% ist herauszulesen, dass die Dauer der Therapie zu kurz ist, um eine Aussage darüber

machen zu können, respektive der Zugang zu den Gefühlen noch nicht vorhanden ist.

89 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

0%

46%

23%

4%

0%

15%

0% 12%

Dauer der Stimmung, Musiktherapie

einige Minuten

einige Stunden

einen Tag

mehrere Tage

bis zur nächsten Therapiestunde

unterschiedlich

Andere Antwort

Keine Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

41

Abbildung 18: Veränderungen durch die Therapie

Allgemein lässt sich herauslesen, dass sich alles zum Besseren verändert. So haben 65% eine bessere

Stimmung und 62% fühlen sich entspannter. 46% haben Entspannung und eine bessere Stimmung

gleichzeitig ausgewählt. Des Weiteren konnten 35% ein Problem verarbeiten und ebenfalls 35%

spüren wie langsam eine Last von ihnen fällt. Es wurde auch erwähnt, dass durch die Therapie eine

bessere Konzentration vorhanden ist, aber auch von Erschöpfung und Niedergeschlagenheit ist die

Rede. Zudem hat jemand erwähnt, dass er durch die Musiktherapie an schwierige Emotionen besser

herankommt. Bei 2/3 der Patienten, die spürten, wie eine Last von ihnen fällt, kam gleichzeitig ein

Gefühl von Befreiung auf.

Nach der Therapie bevorzugt es die Mehrheit der Patienten entweder mehr Zeit für sich zu haben, oder

sich mit anderen Menschen austauschen zu können. Aber auch Bewegung und Ruhe spielt für einzelne

Patienten eine wichtige Rolle.

Weil die Patienten ausser der Musiktherapie noch viele weitere Therapien besuchen, war für sie nicht

immer klar, ob es ein Erfolg der Musiktherapie ist oder nicht. So hat auch die Musiktherapeutin Frau

Barbara Heller zur Frage, ob die Musiktherapie die Abgabe von Psychopharmaka und Schlafmittel

vermindert, geantwortet, dass das ein Zusammenspiel von allen Therapien ist. Die Musiktherapie trägt

jedoch ihren Teil dazu bei. So haben auch schon Patienten nach der Musiktherapie kein Beruhigungs-

mittel genommen.90

Trotz allem haben 81% angegeben, dass sich durch die Musiktherapie neue

Perspektiven für das Leben geöffnet haben. 62% fühlen sich selbstsicherer im Alltag. Vor allem bei

der Frage bezüglich des Schlafens ist die oben genannte Unklarheit am grössten. Trotzdem haben 31%

angegeben, dass sie nach der Musiktherapie besser schlafen können. 27% konnten diese Frage klar mit

einem „Nein“ beantworten und die restlichen 42% waren sich nicht im Klaren darüber. Ausserdem

konnte kein Patient sagen, dass er nach der Musiktherapie vermehrt Träume erlebt.

Fast alle Patienten (85%) hören neben der Therapie noch Musik. Nur ein Patient (4%) hört fast nie

Musik, weshalb er auch keine Angaben dazu gemacht hat und drei Patienten (11%) hören während der

Therapie keine Musik. Im Gegensatz zur anderen Umfrage hören diese Patienten vor allem klassische

Musik und Popmusik. Des Weiteren hört mit 46% fast die Hälfte der Patienten ausschliesslich Musik

mit langsamerem Rhythmus. Der Grund liegt womöglich darin, dass die Patienten mehr Ruhe

benötigen und sich entspannen möchten. Ausserdem singen 77% aller befragten Personen während des

Musikhörens mit.

90 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

0

2

4

6

8

10

12

14

16

1865%

27%

35%

0%

15%

35%

62%

4%

12%

An

zah

l P

ati

ente

n

Was verändert sich durch die Therapie?

Ich habe eine bessere Stimmung.

Ich habe neue Kraft geschöpft.

Ich spüre, wie langsam eine Last von

mir fällt.Mir geht es schlechter.

Ich habe eine neue Einstellung

gegenüber Problemen.Ich konnte ein Problem bearbeiten.

Ich fühle mich entspannter.

Keine Antwort

Andere Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

42

Abbildung 19: Grund des Musikhörens

Mit 69% bildet die Beruhigung die Hauptwirkung. 65 % der Patienten geht es mit Musik besser und

für die Hälfte ist es eine Ablenkung. Dies verwundert mich nicht, denn ich mache selbst jeweils die

Erfahrung, dass durch die Musik die Welt schon viel besser aussieht und die Bedrückungen der

Realität in die Ferne rücken. Äusserst spannend ist, dass 38% der Patienten Musik hören, um ihren

Emotionen freien Lauf zu lassen. Dies ist aus den Erkenntnissen dieser Arbeit erklärbar, die zeigen,

dass die Musik auf das limbische System wirkt, welches wiederum Emotionen auslöst. Es ist aller-

dings spannend, weil die Patienten die Musik gezielt dafür einsetzen. In diesem Zusammenhang wurde

auch noch die Power und Kraft erwähnt, so wie eine Belebung auf positive Weise und dass man sich

nicht alleine fühlt. Des Weiteren regt die Musik zu Nachdenklichkeit und Traurigkeit an. Aber am

schönsten war für mich der Moment, als ich las: „Musik ist Leben.“ Nach den gemachten Erfahrungen

im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit, könnte es nicht besser ausgedrückt werden. Die

Musik begleitet uns in unserem Leben und unterstützt uns auf eine Art und Weise, wie es anders gar

nicht möglich ist.

Ausserdem haben 17 von 26 Patienten ein Musikinstrument erlernt. Leider spielen von diesen 17

lediglich noch 3 Patienten mit diesen. Zu 100% empfehlen die Patienten die Musiktherapie weiter.

Allerdings hängt es wie ein Patient so schön erwähnt hat vom Therapeuten ab. Wenn die Chemie

zwischen Therapeut und Patient nicht stimmt, bringt die ganze Therapie nichts, wie unter anderem

auch Frau Heller in ihrem Interview deutlich gemacht hat.91

Einige Bemerkungen der Patienten zu

einzelnen Fragen, wie „die Musiktherapie ist der beste Start in den Tag“ oder „sie ist die schönste

Therapie in der Klinik“, verdeutlichen nochmals den Nutzen der Musiktherapie.

6.5 Erfahrungsbericht: Gruppentherapie im April 2015

Im April habe ich die Gelegenheit erhalten, an einer Musiktherapie-Gruppensitzung in der

psychiatrischen Klinik Schlössli in Oetwil am See teilzunehmen.

Am Anfang erklärte die Musiktherapeutin, Frau Barbara Heller Weber, Grundlegendes für eine solche

Stunde, z. B. dass es nicht um Musikschulunterricht geht und die Klänge ganz unterschiedlich erlebt

werden. Aber auch dass sich jeder Patient schützen und für einen Moment hinausgehen darf, wenn es

für ihn beispielsweise zu viel wird. Es wird aber auch immer gefragt, ob etwas für alle in Ordnung ist.

91 In Anlehnung an das Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

38%

69%

8%

50%

15%

65%

38%

35%

4%

19%

An

zah

l P

ati

ente

n

Warum hören Sie Musik?

Es ist für mich unterhaltend.

Es ist für mich beruhigend.

Ich kann mit Musik besser einschlafen.

Die Musik lenkt mich ab.

Sie unterstützt meine Konzentration.

Es geht mir besser.

Ich kann meinen Emotionen freien Lauf

lassen.Ich finde neuen Mut.

Keine Antwort

Andere Antwort

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

43

Den Ablauf dieser Stunde durfte ein Patient auswählen, der das letzte Mal an der

Gruppenmusiktherapie teilgenommen hat. Als erstes wünschte er sich auf den Gongs zu spielen, und

jeder, der wollte, durfte danach auch noch spielen. Das war sehr laut und der ganze Raum, vor allem

der Boden, fing an zu zittern. Nur schon das blosse Zuhören versetzte mich in Schwingung. Aber erst

das eigene Spiel auf den Gongen bewirte, dass die Schwingungen noch viel stärker zu spüren waren.

Ich hatte einen Moment lang das Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen. Die Wucht, die dabei auf mich

zukam, ist unbeschreiblich. Es brauchte jedoch viel Mut, vor anderen auf einem Instrument zu spielen,

das ich noch nie gespielt hatte. Nach kurzem Zögern habe aber auch ich mir einen Ruck gegeben und

im Nachhinein war ich stolz auf mich, diesen Schritt gewagt zu haben.

Danach machten wir eine Gruppenimprovisation. Jeder durfte sich ein Instrument aussuchen. Ich ent-

schied mich für ein eher leises Instrument, das Xylophon. Es wurden ganz verschiedene Musikinstru-

mente ausgewählt und einige davon konnten ziemlich laut sein.

Das Ziel war es, musikalisch miteinander unterwegs zu sein, das heisst nicht nur für sich zu spielen,

sondern auch auf die anderen zu hören und zu versuchen einen Rhythmus zu übernehmen oder selbst

Impulse zu geben. Damit sichergestellt war, dass auch die leiseren Instrumente einmal zu hören waren,

sollten auch verschiedene Lautstärken vorhanden sein.

Bevor wir mit der Gruppenimprovisation begannen, spielte einer nach dem anderen etwas Kurzes auf

seinem Instrument. Auf diese Weise hatte jeder den Klang der anderen Instrumente in den Ohren und

konnte sein eigenes Instrument noch ein wenig ausprobieren.

Nach diesen kurzen Vorspielen fing jemand an zu spielen und jeder versuchte sich einzubringen. Man

musste nicht immer spielen, es war erlaubt, zwischendurch auch einfach nur den anderen zuzuhören.

Es war nicht ganz einfach, ein unbekanntes Instrument zu spielen und gleichzeitig auf die anderen zu

hören, um einen Rhythmus zu übernehmen. Ich musste so manchmal auch die Erfahrung machen, dass

ein Rhythmus die Kapazitäten meines eigenen Instrumentes überschritt.

Nachdem ungefähr 8 Minuten vorbei waren gab die Musiktherapeutin mit dem Schlag an eine

Klangschale das Zeichen, langsam einen Schluss zu finden. Anschliessend galt es einen Titel für

dieses Musikstück zu finden, der das Erlebte auf den Punkt bringen sollte.

Ein Patient beschrieb es als eine alte, zerrüttete Lokomotive, ein anderer Patient empfand es wiederum

als harmonische Katzenmusik. Es wurde auch als Alleinsein oder als Spannung und Entspannung

empfunden. Für mich selbst hatte das Musikstück etwas Nachdenkliches und es erinnerte mich an

schwierige Ereignisse in der Vergangenheit.

Ich fand es sehr eindrücklich, als ein Patient erwähnte, dass die Musikinstrumente einfach schön sind.

Im Grunde stimmt das ja auch, aber uns ist oft die Bedeutung der Musikinstrumente zu wenig bewusst.

Ich habe während des Spiels ziemlich rasch bemerkt, wie stark mich das Spiel innerlich bewegt.

Einzelne Patienten verhalten sich eher zurückhaltend, aus Angst etwas Falsches zu spielen und zu sehr

aufzufallen. Meist ist dies jedoch nur die eigene Wahrnehmung und Einschätzung, die anderen

Teilnehmer haben ganz andere Empfindungen. Gerade deshalb ist der Austausch über solche

Erfahrungen sehr wichtig. Dies war dann auch der Fall und jeder sagte, was er von dieser Stunde mit

auf den Weg nimmt, sei es beispielsweise, dass er gemerkt hat, dass er noch labil ist oder einfach die

eigene Meinung mithineinbringen sollte. Entsprechend der individuellen Charaktere und Lebens-

erfahrungen der einzelnen Patienten sind es meist verschiedenartige Erfahrungen.

In einem Punkt war ich total überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass alle so locker sind und viel

gelacht wird. Es gab einige Momente in denen die Freude, die das Zusammenspiel machte, sehr gut

spürbar war.

In der Gruppentherapie ist es ein Miteinander und es entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl, das einfach

toll ist. Mir hat es sehr viel Spass bereitet, auch wenn es sich bei der Improvisation eher anfühlte wie

ein Suchen als ein Finden. Teilweise klang es für mich aber auch harmonisch. Am Ende der Therapie-

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

44

stunde war ich ziemlich erschöpft, was mich doch sehr überraschte. Mir wurde klar, dass diese Art von

Therapie auch für gesunde Menschen sehr wertvoll sein kann. Ich habe in diesen 90 Minuten viele

Erfahrungen gemacht und Überraschungen erlebt, die ich nicht mehr missen möchte.

6.6 Auswertung der Interviews

Ich habe mit 2 verschiedenen Personen ein Interview durchgeführt: Mit einer Musiktherapeutin und

einer Musikgruppenbetreuerin. Diese Interviews haben mir einen tieferen Einblick in die Thematik

gegeben und lieferten hilfreiche Inputs für die Auswertung.

Durch die Musik- und Ausdruckstherapeutin Frau Barbara Heller Weber92

war es mir einerseits durch

das Interview und andererseits durch die Teilnahme an der Gruppentherapie möglich einen Einblick in

die Musiktherapie zu erlangen. Auf Grund dessen war mir eine gute Basis gelegt, um die Thematik

rund um die Musiktherapie besser zu verstehen und um bei der Auswertung der Umfrage

„Musiktherapie“ ein tieferes Verständnis zu entwickeln.

Die Musik-AG-Betreuerin93

hat mir bis dahin noch unbekannte Aspekte der Auswirkung von Musik

gezeigt und einige Sachverhalte haben zu meinem besseren Verständnis geführt. Bis zu diesem

Zeitpunkt war mir gar nicht bewusst, wie viele Musikinstrumente man selbst basteln kann, um danach

zusammen musizieren zu können.

In beiden Interviews wurde das gegenseitige Zuhören, der Austausch und das Miteinander betont. Nur

so kann gute Musik entstehen. Im übertragenen Sinn ist es auch auf das Leben bezogen.

92 Vgl. Interview mit Frau Barbara Heller Weber, im Anhang

93 Vgl. Interview mit der Musik-AG-Betreuerin, im Anhang

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

45

7. Fazit

Zugegeben, anfangs hätte ich nicht gedacht, dass das ganze Thema rund um die Musik und ihre

Wirkung so komplex ist. Doch allein die vielen Definitionen von Musik hätten auf diese Komplexität

und das nicht Fassbare der Musik hinweisen können.

Nur schon das Ohr alleine, das zu den ältesten Organen überhaupt gehört, da die Gehörzellen die

ersten spezialisierten Zellen der Evolution waren, stellt einen sehr komplexen Organismus dar. Den

Ohren haben wir vieles zu verdanken. Sie dienen nicht nur dem Hören, sondern auch der Orientierung.

Zuerst steht dem Schall eine Reise durch das Ohr bevor, wodurch im Innenohr die Sinneszellen erregt

werden und diese dann elektrische Impulse durch die Hörbahn senden. Die Hörbahn ist wie das Ohr

ein komplexes System, in dem die Information nicht nur weitergeleitet sondern auch schon verarbeitet

wird. Wenn diese vorverarbeiteten Informationen in die Grosshirnrinde gelangen, werden sie durch

unterschiedliche Hirnareale weiter verarbeitet. Ein Musikzentrum gibt es nicht, vielmehr macht das

ganze Gehirn Musik. Musik kann wiederum nur existieren, wenn Vergangenes mit Gegenwärtigem in

Verbindung gebracht werden kann, weshalb auch das Gedächtnis im ganzen Verarbeitungsprozess

eine wichtige Rolle spielt. Zudem werden Sprache und Musik teilweise in gleichen Hirngebieten

verarbeitet. Auch diese Tatsache zeigt, wieso die Musik eine aussergewöhnliche Wirkung hat. Durch

den ständigen Umbau des Gehirns, auch sogenannte Neuroplastizität genannt, passen sich die

Verbindungen der Nervenzellen den gemachten Erfahrungen eines Menschen an. Dies ist auch der

Grund, weshalb Musiker Musik nicht in den gleichen Hirnarealen verarbeiten wie Nichtmusiker.

Durch die Musik wird das limbische System stimuliert und das Belohnungssystem stark aktiviert. Das

limbische System übernimmt viele Funktionen und ist unter anderem auch für Emotionen und

Motivation zuständig. Für das emotionale Erleben der Musik spielt auch der präfrontale Kortex eine

wichtige Rolle. Doch das Erleben der Musik hängt vom gewählten Hörzugang, sowie auch vom

Umfeld, der Situation und dem Charakter des Hörers ab. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass wir

das gerne hören, was wir häufig hören, weshalb viele Menschen konsonantische Musik als angenehm

empfinden und dissonante Klänge eher nicht. Deshalb ist auch das Empfinden der Musik sehr

individuell.

Die Musiktherapie ist eine Therapieform die im medizinischen Bereich eingesetzt wird. Musik allein

wird aber auch beispielsweise zur Beruhigung und als vertiefendes Mittel für den Ausdruck und die

Kommunikation verwendet. Die Idee der heilenden Wirkung von Musik ist aber keineswegs neu,

sondern war schon im Altertum bekannt. Die Musiktherapie hat sich nach dem zweiten Weltkrieg in

den USA entwickelt und bis heute einen grossen Einsatzbereich erreicht. Sie wirkt, wie das Phänomen

Musik selbst auf das limbische System und kann so Lebensprozesse vertiefen und oft auch

verdeutlichen. Lebensmuster können durch die Musik erkannt und bewusst gemacht werden, damit sie

auch verändert werden können. Das allgemeine Ziel dieser Therapie ist die Verbesserung der Lebens-

qualität, wie das auch in jeder anderen Therapie der Fall ist. Zu unterscheiden ist die rezeptive

Musiktherapie, in der passiv Musik gehört wird, und die aktive Musiktherapie, in der aktiv musiziert

wird. Wie in jeder anderen Therapie auch sollte eine Vertrauensbasis zwischen Patient und Therapeut

vorhanden sein und der Patient muss gewillt sein, etwas an seiner Situation verändern zu wollen.

Ansonsten bringt die ganze Therapie nichts.

Mittels der zwei Umfragen wird die Auswirkung der Musik verdeutlicht. Es wurde gezeigt, dass

Musik unter allen Menschen verbreitet ist. Tatsächlich sind wir der Musik tagtäglich ausgesetzt, nur

nehmen wir es nicht mehr bewusst war, weil sie immer da ist. Die Musik wird von uns Menschen

grosszügig konsumiert und dies nahezu fast täglich. Sie bringt uns mehr Lebensfreude und begleitet

uns auf unserem Lebensweg. Durch die unterschiedlichen ausgelösten Emotionen sowohl in der

Musiktherapie als auch im Alltag, wird sehr gut die Individualität des Hörers veranschaulicht, nicht

jeder erlebt die Musik gleich. Jeder macht seine eigenen Erfahrungen mit Musik abhängig von der

aktuellen Lebenssituation, der Tagesverfassung und vom gewählten Hörzugang. Die Umfrage in der

Musiktherapie hat die positive Wirkung dieser Therapiemethode deutlich gemacht. Aus den zwei

Umfragen lässt sich schliessen, dass die Auswirkung der Musik umso intensiver ist, je bewusster der

Mensch sich mit der Musik auseinandersetzt. Da die Musiktherapie bewusst das limbische System

aktiviert, hat sie die nachhaltigste Wirkung. Dem gegenüber weist das passive Musikhören die kleinste

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

46

Wirkung auf. Ausserdem muss zwischen Livemusik, also Konzerten, und Musik ab CD unterschieden

werden. Die Aufmerksamkeit an einem Konzert ist grösser als beim Hören ab Stereoanlage.

Schliesslich kann durch die Musik die Stimmung verstärkt und den Emotionen mehr Tiefe gegeben

werden.

Die Musik berührt den Menschen auf eine Art und Weise, wie nichts anderes. Musik berührt unsere

Seele. Sie war schon immer unser Begleiter und wird es sicherlich auch immer sein.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

47

8. Schlusswort

„Musik wirkt wie die Sonne, die alle Blumen des Feldes mit ihrem Strahlen zum Leben erweckt.“94

Ein Zitat von Gibran zum Schluss. Jeder Mensch ist eine Blume auf dieser Welt. Ein Feld voll unter-

schiedlicher, individueller Blumen, keine ist gleich wie die andere oder haben Sie schon einmal ein

Feld mit alles genau den gleich aussehenden Blumen gesehen? Jede dieser Blumen wächst auf ihre

eigene, individuelle Art. Doch erst durch die Sonne kann sie zum Leben erweckt werden, aufblühen

und in ihrer ganzen Schönheit erstrahlen, wie das auch die Musik mit uns Menschen auf ganz

unterschiedliche Weise tut. Ich bin fasziniert von diesem Zitat, da die Metaphorik Bände spricht.

Musik macht nicht nur das verständlich, was wir nicht ausdrücken können, nein es handelt sich auch

um ein Phänomen, das sprachen- und kulturübergreifend auf der ganzen Welt verstanden wird. Wenn

wir uns in einem fremden Land befinden und deren Sprache nicht sprechen können, können wir nicht

miteinander kommunizieren.Vielleicht kann uns die Zeichensprache noch helfen, aber auch die hat

ihre Grenzen. Die Musik aber versteht jeder, egal welche Sprache die Zuhörer sprechen. Die Musik

verbindet alle Menschen. Sie drückt auf ihre eigene Art und Weise das aus, was anders nicht möglich

ist und trotzdem ist das Verständnis vorhanden.

Musik wird nicht nur von allen verstanden, sondern ist auch der Begleiter in unserem Leben. Stets

beiseite, wenn wir sie brauchen. Egal in welcher Situation wir gerade sind, die Musik hilft uns in der

Not. Aber hat die Musik durch die Alltäglichkeit nicht an Bedeutung verloren? Es mag sein, dass wir

die Musik nicht immer wahrnehmen, aber das ist gerade in diesem Fall auch die Funktion der Musik.

Sie wird gezielt zu Marketing-Zwecken eingesetzt, gerade weil sie eine solch grosse Wirkung auf uns

Menschen hat. So war ich einige Male überrascht, was die Hintergrundmusik beim Einkaufen mit mir

macht, wenn ich bewusst darauf achte: Ruhige Musik wirkt entschleunigend und ich nehme mir mehr

Zeit als geplant. Schnellere und fröhlichere Rhythmen wirken lockernd und machen mich kauffreudig.

Laute Popmusik gibt mir mehr Selbstvertrauen und ich bin geneigt Kleider zu kaufen, die ich sonst

eher als unpassend erachte. Selbstverständlich ist das immer abhängig von der jeweiligen Tages-

verfassung.

Musik und Sprache, dass diese zwei Wörter so verschieden sie auch sein mögen, viele

Gemeinsamkeiten haben, hat mich ebenfalls überrascht. Aber tatsächlich ist es naheliegend, denn

Sprache hat auch eine Melodie, einen Rhythmus. Ja, sie werden teilweise sogar in gleichen

Hirnarealen verarbeitet. Sprache kann zwar vieles ausdrücken, aber die Musik kann die Emotionen

zum Sprechen bringen, wie das wohl kein anderes Medium kann. Darin liegt die Begründung für das

Leitzitat meiner Arbeit, das auf der Titelseite steht:

„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.“95

Anschliessend könnte ich nun sagen, dass alles für die vorliegende Arbeit nach Plan lief. Das würde

wohl kaum der Wahrheit entsprechen. Vieles lief nach Plan, aber genauso viele andere Sachen stellten

sich in den Weg. Die Zeit war zwar vorhanden, aber der Reiz mit Freunden Spass zu haben war oft

viel grösser. Anfangs dachte ich, da werde ich nie fertig, aber je länger ich mit meiner Arbeit be-

schäftig war, desto weniger konnte ich mich von ihr losreissen, bis sie dann endlich vor mir lag. An

dieser Stelle möchte ich nochmals meiner Betreuerin Frau Anita Haapamäki herzlich danken, die mir

diese Arbeit ermöglicht hat. Aber auch allen anderen, die daran beteiligt waren.

Musik ist so unfassbar, dass sie uns zugleich in ihren Bann zieht und uns tief fasziniert. Doch um alles

fassen zu können, reicht weder die Zeit noch der Umfang dieser Arbeit aus. Die Maturaarbeit hat mir

geholfen mit mehr Selbstvertrauen auf fremde Personen zuzugehen und selbst wichtige Entschei-

dungen zu treffen. Ausserdem habe ich gelernt, dass man durch fragen nichts verlieren, sondern nur

94 Zitat von Khalil Gibran, URL: http://zitatezumnachdenken.com/khalil-gibran/4915 {Stand: 12.08.2015}

95 Zitat von Victor Hugo, URL:

http://www.zitate-online.de/literaturzitate/allgemein/1454/die-musik-drueckt-das-aus-was-nicht-gesagt.html

{Stand: 14.08.2015}

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

48

gewinnen kann. Die Musik wird nicht nur weiterhin eine treue Begleiterin meiner grenzenlosen

Tanzlust sein. Durch die vorliegende Arbeit hat die Musik für mich einen ganz neuen, noch grösseren

Stellenwert erhalten und ich werde sie noch bewusster einsetzen, um in den Genuss der Leichtigkeit

des Seins in jeder Lebenssituation zu kommen.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

49

9. Glossar

Obertöne (S.9)

Diese Töne treten zeitgleich mit dem Grundton, dem tiefsten Ton eines Tongemisches, auf. Die

Obertöne haben dabei eine höhere Frequenz als ihr Grundton. Wenn es sich bei den Frequenzen der

Obertöne um ganzzahlige Vielfache der Frequenz des Grundtones handelt, wird von harmonischen

und ansonsten von unharmonischen Obertönen gesprochen.96

Hüllkurven (S.9)

Eine Kurve, die den Verlauf der Maxima des Luftdrucks beschreibt. Auf eine Art und Weise hüllt sie

damit die Tonkurve ein.97

Resonanz (S.9)

Führt man einem schwingendem System, dass fähig ist Energie aufzunehmen, intermittierend mit der

Eigenfrequenz des Systems Energie zu, so nimmt der Energiegehalt des Systems zu.98

Dissonanz (S.9)

Dissonanz kommt vom lateinischen Verb dis-sonare und heisst übersetzt „misstönen.“ In der Musik

werden Intervalle und Akkorde als auflösungsbedürftig empfunden, wenn sie dissonant klingen.

Insbesondere Intervalle, deren Frequenzen komplizierte Zahlenverhältnisse aufweisen, werden als

dissonant empfunden. Dazu gehören etwa die Septime (15:8), die kleine None (17:8), die kleine

Sekunde (16:15) oder die übermässige Quarte und der Tritonus (1:2).99

kritische Bandbreite (S.9)

Der umgebende Frequenzbereich in welchem ein zweiter Ton liegen muss, damit entweder ein

schwebender oder rauer Ton zu hören ist. Es werden aber sicherlich keine zwei Töne zu hören sein. 100

ästhetische Prinzipien (S.9)

Dies sind Prinzipien der Ästhetik, d.h. von der Wissenschaft, die allgemeine Probleme der Kunst und

im engeren Sinn des Schönen behandelt.101

Ruhezustand (S.10)

Der Ruhezustand entspricht dem Ruhepotential, dass etwa -70 mV beträgt. Dabei ist das Zellinnere

gegenüber dem Zelläusseren negativ geladen. Dieses Potential wird durch unterschiedliche

Ionenkonzentrationen innerhalb und ausserhalb der Zelle aufrechterhalten.102

Membranpotential (S.10)

Die Differenz des Ladungsunterschieds zwischen der Aussen- und Innenseite der Membran wird als

elektrisches Potential oder eben als Membranpotential bezeichnet.103

Aktionspotential (S.10)

Es handelt sich hierbei um eine vorübergehende Änderung des Membranpotentials einer erregbaren

Zelle, die für jede Zelle, z.B Nerven- oder Muskelzellen, gleichförmig und nach dem „Alles oder

nichts Gesetz“ verläuft. Das heisst, dass nur wenn der Schwellenwert erreicht wird, wird ein

Aktionspotential ausgelöst. Durch das Erreichen dieses Schwellenwertes können Na-Ionen in die Zelle

einströmen. Die Kalium-Kanäle sind während dieses Vorganges geschlossen.104

96 Vgl. Der Brockhaus von GP-PHNOM, S.506

97 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.37

98 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.42

99 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.242

100 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.94

101 Vgl. Der Brockhaus von A-GOZ, S.101

102 Vgl. Zalpour, Christoff (Hrsg.): Anatomie Physiologie, S.164

103 Vgl. Becker, Andrea: NATURA Biologie für Gymnasien, S. 244 und Zalpour, Christoff: Anatomie und

Physiologie, S. 163

104 Vgl. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2011, S.41

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

50

Frequenz (S.11)

Anzahl Schwingungen pro Zeit105

Amplitude (S.11)

maximale Auslenkung von der Ruhelage106

Phase (S.11)

Die Lage des Momentanwertes innerhalb einer Periode einer Schwingung107

efferent verlaufende Nervenfasern (S.11)

Efferente Nervenfasern führen vom ZNS weg und bewerkstelligen, dass die auszuführende Reaktion

veranlasst wird.108

neuronales Netzwerk (S.11)

Dies ist ein informationsverarbeitendes System, das aus einer grossen Zahl von einfachen

Schalteinheiten, den Neuronen, zusammengesetzt ist. In den neuronalen Netzen wird durch

Aktivierung und Hemmung von solchen Neuronen Information verarbeitet.109

Metaphorik (S.13)

Unter der Metaphorik wird das Verhältnis zweier Strukturen verstanden. Bereits vorhandene,

allgemeine Strukturen werden verwendet, um neue Sachverhalte begreifen zu können.110

kortikale Karten (S.14)

Das sind Karten, die in der Gehirnrinde lokalisiert sind.111

semantisches Gedächtnis (S.16)

Dieses Gedächtnis wird auch als Faktengedächtnis bezeichnet. In diesem Gedächtnis werden

Definitionen mit Bezügen zu anderen Definitionen und Fakten abgespeichert.112

EEG (Elektroenzephalographie) (S.16)

Dies ist eine Methode zur Registrierung von Potentialschwankungen, den sogenannten Hirnströmen,

des Gehirns, die sich aus den Summenpotentialen der Neuronenverbände ergeben. Diese Potentiale

werden von Elektroden erfasst, verstärkt und kontinuierlich aufgezeichnet.113

MEG (Magnetenzephalographie) (S.16)

Es handelt sich um eine Methode, die zur Aufzeichnung von Magnetfeldveränderungen des Gehirns

dienen. Diese Magnetfeldveränderungen werden durch Potentialschwankungen von zerebralen

Neuronenverbänden verursacht. Die Hirnaktivität wird von kontaktlosen Sensoren erfasst, digitalisiert

und mit Unterstützung des Computers analysiert. Dadurch können Erregungsmuster lokalisiert und die

sensorischen, motorischen und kognitiven Hirnareale nach wiederholten Reizen dargestellt werden.114

ikonisch (S.16)

Ikonisch bedeutet bildhaft, anschaulich.115

105 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.65

106 Vgl. Bredthauer, Wilhelm: Impulse Physik Oberstufe, S.76

107 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.65

108 Vgl. Zalpour, Christoff (Hrsg): Anatomie Physiologie, S.162

109 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.70 110 Vgl. Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.128

111 Vgl. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2011, S. 1114

112 Vgl. Jäncke Lutz, Macht Musik schlau?, S.314

113 Vgl. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2011, S.528

114 Vgl. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2011, S.1244 115 http://www.duden.de/rechtschreibung/ikonisch {Stand: 19.09.2015}

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

51

metaphorisch (S.16)

Etwas ist metaphorisch, wenn das gemeinte Wort durch ein anderes ersetzt wird, das eine sachliche

oder gedankliche Ähnlichkeit oder dieselbe Bildstruktur hat.116

Konsonanz (S.18)

Konsonanz kommt aus dem Lateinischen vom Wort con-sonare, was so viel heisst wie „zusammen- ,

mittönen“. In der Musik wird damit ein Wohl- und Zusammenklang bezeichnet. Intervalle und

Akkorde, die sich nicht auflösungsbedürftig sondern in sich ruhend empfunden werden, werden als

konsonant bezeichnet. Zwei Töne klingen umso wohlklingender, also konsonanter, je besser ihre

Obertöne miteinander übereinstimmen. Typische konsonantische Intervalle weisen einfache

Zahlenverhältnisse auf wie die Oktave (2:1), die Quinte (3:2) und die Quarte (4:3).117

116 Vgl. Der Brockhaus von GP-PHNOM, S.400 117 Vgl. Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.242

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

52

10. Quellenverzeichnis

10.1 Literaturquellen

Becker, Andrea und weitere: NATURA, Biologie für Gymnasien, 1. Auflage, Ernst Klett Verlag

GmbH, Stuttgart 2012

Bredthauer, Wilhelm und weitere: Impulse, Physik Oberstufe, 1.Auflage, Ernst Klett Verlag GmbH,

Stuttgart 2007

Campbell, Don: Die Heilkraft der Musik, Klänge für Körper und Seele, Delfi bei Droemer Verlag,

München 1998

Campbell, Neil A. und Reece, Jane B.: Biologie, 8.Auflage, Pearson Verlag, München 2009

Der Brockhaus von A-GOZ und von GP-PHNOM, Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 2000

Dr. med. Dehner Rau, Cornelia und Prof. Dr. Reddemann, Luise: Gefühle besser verstehen, 1.

Auflage, TRIAS Verlag, Stuttgart 2011

Finscher, Ludwig (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart: allgemeine Enzyklopädie der

Musik Sachteil 6, 2. Auflage, deutscher Taschenbuch Verlag, Stuttgart 1997

Gray, Patricia M./ Krause, Bernie/ Atema, Jelle/ Payne, Roger/ Krumhansl Carol und Baptista Luis:

The Music of Nature and the Nature of Music, American Association for the Advancement of Science,

Vol.92, No 5501, 5.Jan 2001, S.52-54

Hamel, Peter Michael: Durch Musik zum selbst, Wie man Musik neu erleben und erfassen kann, 1.

Auflage, Scherz Verlag, Bern 1976

Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau? Neue Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der

kognitiven Psychologie, 2.Nachdruck, Hans Huber Verlag, Bern 2012

Kraus, Werner (Hrsg.): Die Heilkraft der Musik, Einführung in die Musiktherapie, 3.Auflage, C.H.

Beck Verlag, München 2012

Landau, Annette und Stulz, Peter (Hrsg.): Musik und Medizin, Zwei Künste im Dialog, Chronos

Verlag, Zürich 2003

Michels, Ullrich: dtv-Atlas Musik, Systematischer Teil und Musikgeschichte von den Anfängen bis

zur Renaissance Bd. 1, 20. Auflage, deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co., München 2001

Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 262. Auflage, Walter de Gruyter GmbH & Co., Berlin 2010

Spitzer Manfred: Musik im Kopf, Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen

Netzwerk, 2. Auflage, Schattauer GmbH, Stuttgart 2014

Van Beuningen, Birgit: Musiktherapie, Ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige, Therapeuten und

Betreuungspersonen, 1. Auflage, Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 2015

Zalpour, Christoff: Anatomie Physiologie, Lehrbuch für Physiotherapeuten, Masseure/medizinische

Bademeister und Sportwissenschaftler, 3. Auflage, Elsevier GmbH Urban und Fischer Verlag,

München 2012

Zervos-Kopp , Jürgen (Hrsg.): Anatomie, Biologie und Physiologie, Ergotherapie Prüfungswissen,

3.Auflage, Georg Thieme Verlag, 2013 Stuttgart

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

53

10.2 Internetquellen

Schweizerischer Fachverband für Musiktherapie SFMT, Verband, URL:

http://www.musictherapy.ch/Verband.6.0.html, letzte Aktualisierung: 11.12.2012 {Stand: 05.08.2015}

Zitat von Khalil Gibran, URL:

http://zitatezumnachdenken.com/khalil-gibran/4915 {Stand: 12.08.2015}

Zitat von Victor Hugo, URL:

http://www.zitate-online.de/literaturzitate/allgemein/1454/die-musik-drueckt-das-aus-was-nicht-

gesagt.html {Stand: 14.08.2015}

Online Duden, Worterklärung, URL:

http://www.duden.de/rechtschreibung/ikonisch {Stand: 19.09.2015}

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

54

11. Abbildungsverzeichnis

Titelbild:

Wolken

Quelle: Bild von Lea Bischoff

Personenbild

Quelle: Eigene Erhebung

Zitat von Victor Hugo

Quelle: http://www.zitate-online.de/literaturzitate/allgemein/1454/die-musik-drueckt-das-aus-was-

nicht-gesagt.html {Stand: 14.08.2015}

Abbildung 1: Das Ohr

Quelle: Zalpour, Christoff: Anatomie Physiologie, S.240

Abbildung 2: Die Hörbahn

Quelle: Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.69

Abbildung 3: Das ganze Gehirn macht Musik

Quelle: Spitzer, Manfred: Musik im Kopf, S.196

Abbildung 4: Zusammengefasste Darstellung der Hirnareale, die durch sehr angenehme Musik stärker

durchblutet sind.

Quelle: Jäncke, Lutz: Macht Musik schlau?, S.264

Abbildung 5: Das limbische System

Quelle: Jäncke Lutz: Campbell, Neil A. und Reece, Jane B.: Biologie, S.1449

Abbildung 6: Gefühle beim Musizieren

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 7: Häufigkeit des Musikhörens

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 8: Grund des Musikhörens

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 9: Situationen des vermehrten Musikhörens

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 10: Gefühle beim Musikhören

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 11: Dauer der Stimmung, Musikhören

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 12: Dauer der Stimmung, Musizieren

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 13: Lebensfreude durch Musik

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 14: Gefühle und Erwartungen vor der Therapie

Quelle: Eigene Erhebung

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

55

Abbildung 15: Gefühle und Erfahrungen während der Therapie

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 16: Gefühle unmittelbar nach der Therapie

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 17: Dauer der Stimmung, Musiktherapie

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 18: Veränderungen durch die Therapie

Quelle: Eigene Erhebung

Abbildung 19: Grund des Musikhörens

Quelle: Eigene Erhebung

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

56

12. Eigenständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter der Benutzung der

angegebenen Quellen verfasst habe, und ich auf eventuelle Hilfe von Drittpersonen in der Matura-

arbeit ausdrücklich hinweise.

Lachen, den 19.10.2015

Martina Schwander

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

57

13. Anhang

13.1 Fragebogen: „Musik im Alltag“

Ich heisse Martina Schwander, bin 17 Jahre alt und besuche die Kantonsschule Ausser-

schwyz. In meiner Freizeit höre ich sehr gerne Musik und besuche auch regelmässig Ballett-

lektionen. Deshalb habe ich mich entschieden, in meiner Maturaarbeit die Auswirkung von

Musik auf die Psyche des Menschen zu untersuchen. In diesem Rahmen möchte ich eine

Umfrage über das Hören von Musik im Alltag machen. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Mithilfe.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich die Zeit nehmen würden diesen Fragebogen

auszufüllen.

Herzlichen Dank für Ihre Mithilfe,

Martina Schwander, KSA

Bitte kreuzen oder geben Sie das Zutreffende an.

Wie alt sind Sie? ___________ Jahre

Sind Sie männlich oder weiblich?

o männlich o weiblich

Haben Sie ein Musikinstrument erlernt?

o Ja

o Nein

Spielen Sie dieses Musikinstrument noch immer?

o Ja

o Nein

Wie häufig spielen Sie mit dem Musikinstrument?

o täglich

o 1 mal in der Woche

o 2 mal in der Woche

o 3 mal in der Woche

o 1 mal im Monat

o Andere Antwort:

____________________________

Wie lange spielen Sie jeweils mit dem Musikinstrument? _____________________________

Welche Gefühle löst das Musizieren bei Ihnen aus?

o Glück

o Traurigkeit

o Fröhlichkeit

o Wut

o gestärktes Selbstbewusstsein

o Befreiung

o Entspannung

o voller Energie

o Aggressivität

o keine Veränderung

o Andere Antwort:

____________________________

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

58

Wie lange hält diese Stimmung an?

o gar nicht

o einige Stunden

o einige Minuten

o Andere Antwort:

____________________________

Hören Sie Musik?

o Ja

o Nein

Wie häufig hören Sie Musik?

o täglich

o jeden zweiten Tag

o 1 bis 2 mal in der Woche

o Andere Antwort:

____________________________

Wie lange hören Sie Musik?____________________________________________________

Welchen Musikstil hören Sie?

o Volksmusik

o klassische Musik

o Rockmusik

o Popmusik

o Jazzmusik

o Neue Musik

Ich Höre Musik, …

o um mich zu entspannen.

o um neue Kraft zu schöpfen.

o um mich vom Alltag abzulenken.

o als Background im Alltag.

o um Probleme zu verarbeiten.

o um mit Problemen besser klar zu

kommen.

o damit ich mich besser fühle.

o während dem Autofahren.

o Andere Antwort: _______________________________________________________

Hören Sie allgemein Songs mit langsamen oder schnellen Rhythmen?

o langsamer Rhythmus

o schneller Rhythmus

o beides

In welchen Situationen hören Sie vermehrt Musik?

o Traurigkeit

o Aggressivität

o Glück

o Müdigkeit

o Entspannung

o Wut

o Fröhlichkeit

o Während ich andere Aktivitäten

mache.

o Andere Antwort:

____________________________

Was löst die Musik bei Ihnen aus, welche Gefühle erfahren Sie?

o Glück

o gestärktes Selbstbewusstsein

o Traurigkeit

o Entspannung

o Abbau von Aggressivität

o auseinandersetzen mit Problemen

o Müdigkeit

o Fröhlichkeit

o Niedergeschlagenheit

o Bereicherung

o keine Veränderung

o Andere Antwort:

____________________________

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

59

Wie lange halten diese Gefühle an? (nach beenden des Musikhörens)

o einige Minuten

o einige Stunden

o den ganzen Tag

o gar nicht

o Andere Antwort:

____________________________

Singen Sie während des Musikhörens mit?

o Ja

o Nein

Was löst das Singen bei Ihnen aus?

o Glück

o Fröhlichkeit

o Abbau von Aggressivität

o Verarbeitung von Problemen

o Traurigkeit

o Entspannung

o Keine Veränderung

o Andere Antwort:

____________________________

Tanzen Sie auch zu Musik?

o Ja

o Nein

Was löst das Tanzen bei Ihnen aus?

o Glück

o Traurigkeit

o Fröhlichkeit

o Abbau von Wut/Aggressivität

o Entspannung

o Abwechslung vom Alltag

o Verarbeitung von Problemen

o Keine Veränderung

o Andere Antwort:

____________________________

Hören Sie Musik, um besser einschlafen zu können?

o Ja

o Nein

Hören Sie am Morgen schon direkt nach dem Aufstehen Musik?

o Ja

o Nein

Beschert Ihnen die Musik einen besseren Tag? (mehr Lebensfreude)

o Ja

o Nein

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

60

13.2 Grundauswertung: „Musik im Alltag“

Grundauswertung der Befragung: „Musik im Alltag“

1

Alter

bis 14 Jahre 10 10.00%

15 - 29 Jahre 47 47.00%

30 - 45 Jahre 14 14.00%

46 - 59 Jahre 23 23.00%

ab 60 Jahre 6 6.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

2

Geschlecht

weiblich 57 57.00%

männlich 43 43.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

3

Haben Sie ein Musikinstrument erlernt?

Ja 71 71.00%

Nein 29 29.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

4

Spielen Sie dieses Musikinstrument noch immer?

Ja 33 33.00%

Nein 38 38.00%

Kein Instrument erlernt. 29 29.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

61

5

Wie häufig spielen Sie mit dem Musikinstrument?

täglich 5 5.00%

1 mal in der Woche 6 6.00%

2 mal in der Woche 3 3.00%

3 mal in der Woche 5 5.00%

1 mal im Monat 6 6.00%

Andere Antwort 8 8.00%

Spiele kein Instrument. 67 67.00%

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antwort:

4 – 6 mal in der Woche (3)

4 mal im Jahr (2)

nach Lust und Laune (3)

6

Wie lange spielen Sie jeweils mit dem Musikinstrument?

10 - 20 min 8 8.00%

20 - 30 min 8 8.00%

30 - 45 min 3 3.00%

45 - 60 min 7 7.00%

mehr als 60 min 4 4.00%

Keine Antwort oder kein Instrument 70 70.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

62

7

Welche Gefühle löst das Musizieren bei Ihnen aus?

Glück 19 19.00%

Traurigkeit 3 3.00%

Fröhlichkeit 25 25.00%

Wut 0 0.00%

gestärktes Selbstbewusstsein 5 5.00%

Befreiung 13 13.00%

Entspannung 24 24.00%

voller Energie 9 9.00%

Aggressivität 1 1.00%

keine Veränderung 1 1.00%

Spiele kein Instrument. 67 67.00%

Andere Antwort 3 3.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 170

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

Motivation

Frustration, Motivation, Freude, das Gefühl von wach werden

bei Wut wirkt es beruhigend

8

Wie lange hält diese Stimmung an?

gar nicht 2 2.00%

einige Minuten 12 12.00%

einige Stunden 15 15.00%

den ganzen Tag 1 1.00%

unterschiedlich 0 0.00%

Spiele kein Instrument. 67 67.00%

Andere Antwort 3 3.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

mehrere Tage

30 min

lange

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

63

9

Hören Sie Musik?

Ja 100 100.00%

Nein 0 0.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

10

Wie häufig hören Sie Musik?

täglich 88 88.00%

jeden zweiten Tag 4 4.00%

1 - 2 mal in der Woche 7 7.00%

Andere Antwort 1 1.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

Wenn ich die Gelegenheit dazu habe.

11

Wie lange hören Sie Musik?

5 - 30 min 9 9.00%

30 - 60 min 14 14.00%

1 - 2 h 19 19.00%

2 - 4 h 16 16.00%

5 - 7 h 10 10.00%

den ganzen Tag (8 - 12 h) 7 7.00%

Keine Antwort 25 25.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

64

12

Welchen Musikstil hören Sie?

Volksmusik 20 20.00%

klassische Musik 33 33.00%

Rockmusik 46 46.00%

Popmusik 77 77.00%

Jazzmusik 13 13.00%

Neue Musik 53 53.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 242

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

13

Ich höre Musik, ...

um mich zu entspannen. 68 68.00%

um neue Kraft zu schöpfen. 34 34.00%

um mich vom Alltag abzulenken. 36 36.00%

als Background im Alltag. 64 64.00%

um Probleme zu verarbeiten. 7 7.00%

um mit Problemen besser klar zu kommen. 11 11.00%

damit ich mich besser fühle. 38 38.00%

während dem Autofahren. 7 7.00%

Andere Antwort 14 14.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 279

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

weil es lustig ist.

Keine Antwort

aus Freude

während ich Sport betreibe. (4)

um meine Fantasie walten zu lassen.

für meine Arbeit. (3)

weil ich Lust habe.

Als Zeitvertreib

um meinen Gefühlen mehr Tiefe zu geben (im positiven Sinne).

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

65

14

Hören Sie allgemein Songs mit langsamen oder schnellen Rhythmen?

langsamer Rhythmus 2 2.00%

schneller Rhythmus 8 8.00%

beides 90 90.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

15

In welchen Situationen hören Sie vermehrt Musik?

Traurigkeit 28 28.00%

Aggressivität 9 9.00%

Glück 35 35.00%

Müdigkeit 11 11.00%

Entspannung 46 46.00%

Wut 8 8.00%

Fröhlichkeit 43 43.00%

Während ich andere Aktivitäten mache. 61 61.00%

bei jeder Gefühlsregung 6 6.00%

Andere Antwort 5 5.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 252

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

ab und zu ohne eine bestimmte Situation

Nervosität

beim Tanzen

während sportlicher Aktivität

während dem Autofahren

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

66

16

Was löst die Musik bei Ihnen aus, welche Gefühle erfahren Sie?

Glück 59 59.00%

gestärktes Selbstbewusstsein 23 23.00%

Traurigkeit 16 16.00%

Entspannung 62 62.00%

Abbau von Aggressivität 18 18.00%

auseinandersetzen mit Problemen 13 13.00%

Müdigkeit 2 2.00%

Fröhlichkeit 73 73.00%

Niedergeschlagenheit 6 6.00%

Bereicherung 28 28.00%

keine Veränderung 5 5.00%

Andere Antwort 10 10.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 315

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

Energie, beispielsweise beim Joggen

loslassen

Verstärkung meiner Stimmung

Bewegungsdrang

Die Musik pusht mich. Motivation zu Taten, die man ungerne macht.

Energie und Tatendrang

vieles

Ablenkung

Träumerei

versetzt in eine Art Träumerei. (beispielsweise Meditation beim Joggen)

17

Wie lange halten diese Gefühle an? (nach beenden des Musikhörens)

gar nicht 6 6.00%

einige Minuten 44 44.00%

einige Stunden 37 37.00%

den ganzen Tag 2 2.00%

unterschiedlich 6 6.00%

Andere Antwort 5 5.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

mehrere Tage (5)

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

67

18

Singen Sie während des Musikhörens mit?

Ja 62 62.00%

Nein 24 24.00%

manchmal 14 14.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

19

Was löst das Singen bei Ihnen aus?

Glück 53 53.00%

Fröhlichkeit 64 64.00%

Abbau von Aggressivität 16 16.00%

Verarbeitung von Problemen 10 10.00%

Traurigkeit 4 4.00%

Entspannung 34 34.00%

Keine Veränderung 3 3.00%

Keine Antwort 24 24.00%

Andere Antwort 3 3.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 211

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

Befreiung

Erkennungswert: tieferes Verständnis

Manchmal Frust, da ich nicht wirklich singen kann.

20

Tanzen Sie auch zu Musik?

Ja 54 54.00%

Nein 34 34.00%

manchmal 12 12.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

68

21

Was löst das Tanzen bei Ihnen aus?

Glück 45 45.00%

Traurigkeit 3 3.00%

Fröhlichkeit 51 51.00%

Abbau von Wut/Aggressivität 14 14.00%

Entspannung 22 22.00%

Abwechslung vom Alltag 34 34.00%

Verarbeitung von Problemen 6 6.00%

Keine Veränderung 0 0.00%

Keine Antwort 34 34.00%

Andere Antwort 2 2.00%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 211

geantwortet haben 100

ohne Antwort 0

Andere Antwort:

auspowern

vor der Realität flüchten, mehr Energie, ruhiger werden

22

Hören Sie Musik, um besser einschlafen zu können?

Ja 18 18.00%

Nein 77 77.00%

manchmal 5 5.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

23

Hören Sie am Morgen schon direkt nach dem Aufstehen Musik?

Ja 44 44.00%

Nein 53 53.00%

manchmal 3 3.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

69

24

Beschert Ihnen die Musik einen besseren Tag? (mehr Lebensfreude)

Ja 87 87.00%

Nein 8 8.00%

unterschiedlich 5 5.00%

Summe 100

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

70

13.3 Fragebogen: „Musiktherapie“

Liebe Patientinnen und Patienten,

Ich heisse Martina Schwander, bin 17 Jahre alt und besuche die Kantonsschule Ausser-

schwyz. In meiner Freizeit höre ich sehr gerne Musik und besuche regelmässig Ballett-

lektionen. Deswegen wollte ich in meiner Maturaarbeit die Auswirkung von Musik auf die

Psyche des Menschen untersuchen. In diesem Rahmen möchte ich die Wirkung der Musik-

therapie analysieren. Ich bitte Sie deshalb um Mithilfe. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn

Sie diesen Fragebogen ausfüllen könnten. Diese Umfrage ist anonym und Ihre Anonymität

hat für mich auch höchste Priorität.

Herzlichen Dank für Ihre Mithilfe.

Martina Schwander, KSA

Bitte kreuzen Sie das Zutreffende an.

o Jugendliche(r)

o Erwachsene(r)

Leiden Sie an einer psychischen oder physischen Erkrankung?

o Psychische Erkrankung

o Physische Erkrankung

Welches Therapiesetting besuchen Sie?

o Einzeltherapie

o Gruppentherapie

o Kombination von Einzel- und Gruppentherapie.

Wie oft gehen Sie in die Musiktherapie?

o 1 mal in der Woche

o 2 mal in der Woche

Die Musiktherapie ist für Sie…

o das Highlight der Woche

o ein Müssen. Sie denken, ach nein, nicht schon wieder.

o eine Mischung aus Vorfreude und Unsicherheit.

Wie fühlen Sie sich vor der Therapie und welche Erwartungen haben Sie? (mehrere

Antworten möglich)

o Vorfreude

o positive Einstellung

o Bereicherung

o Herausforderung

o Traurigkeit

o ängstlich

o negative Einstellung

o Andere Antwort:

____________________________

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

71

Was für Gefühle erfahren Sie während der Therapie und welche Erfahrungen machen Sie

dabei? (mehrere Antworten möglich)

o Keine Veränderung

o Angst

o Traurigkeit

o Bereicherung

o Herausforderung

o negative Veränderung

o positive Einstellung

o Fröhlichkeit

o Befreiung

o Müdigkeit

o Wut

o gestärktes Selbstbewusstsein

o Glück

o voller Energie

o Niedergeschlagenheit

o Andere Antwort:

___________________________

Wie fühlen Sie sich unmittelbar nach der Therapiestunde? (mehrere Antworten möglich)

o fröhlich

o traurig

o niedergeschlagen

o glücklich

o selbstbewusster

o müde

o voller Energie

o befreit

o aggressiv

o wütend

o Andere Antwort:

____________________________

Wie lange hält diese Stimmung an?

o einige Minuten

o einige Stunden

o einen Tag

o mehrere Tage

o bis zur nächsten Therapiestunde

o Andere Antwort:

___________________________

Haben Sie das Gefühl, dass sich bei Ihnen durch die Musiktherapie etwas verändert?

o Ja

o Nein

Wenn „Ja“ was verändert sich? (mehrere Antworten möglich)

o Ich habe eine bessere Stimmung.

o Ich habe neue Kraft geschöpft.

o Ich spüre wie langsam eine Last

von mir fällt.

o Mir geht es schlechter.

o Ich habe eine neue Einstellung

gegenüber Problemen.

o Ich konnte ein Problem bearbeiten.

o Ich fühle mich entspannter.

o Andere Antwort:

____________________________

Nach der Therapie bevorzuge ich es …

o mehr Zeit für mich zu haben.

o mich mit anderen Menschen austauschen zu können.

o zu schlafen.

o Andere Antwort: _______________________________________________________

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

72

Haben Sie nach der Musiktherapie das Gefühl, dass sich neue Perspektiven für das Leben

geöffnet haben? (Hoffnung)

o Ja

o Nein

Fühlen Sie sich nach der Musiktherapie selbstsicherer im Alltag?

o Ja

o Nein

Können Sie nach der Musiktherapie besser schlafen?

o Ja

o Nein

Haben Sie nach der Musiktherapie vermehrt Träume?

o Ja

o Nein

Wenn „Ja“, was für Träume?

o klärende Träume

o befreiende Träume

o Albträume

o Wirre und undefinierbare Träume

Hören Sie neben der Therapie für sich alleine auch Musik?

o Ja

o Nein

Welchen Musikstil hören Sie?

o klassische Musik

o Pop

o Jazz

o Volksmusik

Hören Sie allgemein Songs mit langsamen oder schnellen Rhythmen?

o langsamer Rhythmus

o schneller Rhythmus

Singen Sie während dem Musikhören mit?

o Ja

o Nein

Warum hören Sie Musik? (mehrere Antworten möglich)

o Es ist für mich unterhaltend.

o Es ist für mich beruhigend.

o Ich kann mit Musik besser

einschlafen.

o Die Musik lenkt mich ab.

o Sie unterstützt meine

Konzentration.

o Es geht mir besser.

o Ich kann meinen Emotionen freien

Lauf lassen.

o Ich finde neuen Mut.

o Andere Antwort:

_________________________

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

73

Haben Sie ein Musikinstrument erlernt?

o Ja

o Nein

Spielen Sie dieses Musikinstrument immer noch?

o Ja

o Nein

Können Sie die Musiktherapie weiterempfehlen?

o Ja

o Nein

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

74

13.4 Grundauswertung „Musiktherapie“

Grundauswertung der Befragung: „Musiktherapie“

1

Welches Therapiesetting besuchen Sie?

Einzeltherapie 11 42.31%

Gruppentherapie 9 34.62%

Kombination von Einzel- und Gruppentherapie 6 23.08%

Summe 26

ohne Antwort 0

2

Wie oft gehen Sie in die Musiktherapie?

1 mal in der Woche 24 92.31%

2 mal in der Woche 2 7.69%

Summe 26

ohne Antwort 0

3

Die Musiktherapie ist für Sie, ...

das Highlight der Woche. 11 42.31%

ein Müssen. Sie denken, ach nein, nicht schon wieder. 1 3.85%

eine Mischung aus Vorfreude und Unsicherheit. 15 57.69%

Andere Antwort 2 7.69%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 29

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

Keine Antwort

- Vorfreude

- ausgeglichener

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

75

4

Wie fühlen Sie sich unmittelbar vor der Therapie und welche Erwartungen haben Sie?

Vorfreude 12 46.15%

positive Einstellung 19 73.08%

Bereicherung 17 65.38%

Herausforderung 15 57.69%

Traurigkeit 2 7.69%

ängstlich 0 0.00%

negative Einstellung 0 0.00%

Andere Antwort 7 26.92%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 72

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

- Herausforderung in Form von Denken

- je nach Befinden

eine gute Atmosphäre in der Therapie

Neugier (2)

erwartungsvoll

Herausforderung: positiv oder negativ

anfänglich Traurigkeit

5

Was für Gefühle erfahren Sie während der Therapie und welche Erfahrungen machen

Sie dabei?

keine Veränderung 0 0.00%

Angst 2 7.69%

Traurigkeit 8 30.77%

Bereicherung 11 42.31%

Herausforderung 11 42.31%

negative Veränderung 1 3.85%

positive Einstellung 12 46.15%

Fröhlichkeit 9 34.62%

Befreiung 17 65.38%

Müdigkeit 2 7.69%

Wut 4 15.38%

gestärktes Selbstbewusstsein 10 38.46%

Glück 6 23.08%

voller Energie 6 23.08%

Niedergeschlagenheit 0 0.00%

Andere Antwort 10 38.46%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 109

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

76

Andere Antworten:

- soziale Fähigkeit kommt zum Zuge (Gruppe)

- gestärktes Selbstbewusstsein, ich merke meine Ressourcen

- angeregt (kognitiv und emotional)

Entspannung (3)

gestärktes Selbstbewusstsein:

Ich fühle mich von den Anwesenden auf Gefühlsebene verstanden.

Aufbau von positiver Energie

beschwingt

Ich habe den Zugang zu den Gefühlen noch nicht gefunden.

- Prozess zur Lösung im Innern

- Ruhe

- Traurigkeit: trauriges Erlebnis wurde bewusst

- Herausforderung auf positive Art

- Befreiung / entspannter / gelöster

- Müdigkeit: entspannt

- Ich konnte die Wut ausdrücken.

6

Wie fühlen Sie sich unmittelbar nach der Therapiestunde?

fröhlich 10 38.46%

traurig 0 0.00%

niedergeschlagen 2 7.69%

glücklich 8 30.77%

selbstbewusster 10 38.46%

müde 4 15.38%

voller Energie 7 26.92%

befreit 17 65.38%

aggressiv 1 3.85%

wütend 0 0.00%

Andere Antwort 11 42.31%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 70

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

nachdenklich im positiven Sinne

bleibende Entspannung

entspannt (2)

zuversichtlicher

aufgestellt

beschwingt

verhalten

Ich habe den Zugang zu den Gefühlen noch nicht gefunden.

niedergeschlagen: Weil es mir zurzeit noch so schlecht geht.

Impulse in "Sachen" neu anzugehen

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

77

7

Wie lange hält diese Stimmung an?

einige Minuten 0 0.00%

einige Stunden 12 46.15%

einen Tag 6 23.08%

mehrere Tage 1 3.85%

bis zur nächsten Therapiestunde 0 0.00%

unterschiedlich 4 15.38%

Keine Antwort 3 11.54%

Andere Antwort 0 0.00%

Summe 26

ohne Antwort 0

8

Haben Sie das Gefühl, dass sich bei Ihnen durch die Musiktherapie etwas verändert?

Ja 24 92.31%

Nein 1 3.85%

Keine Antwort 1 3.85%

Summe 26

ohne Antwort 0

9

Wenn "Ja", was verändert sich?

Ich habe eine bessere Stimmung. 17 65.38%

Ich habe neue Kraft geschöpft. 7 26.92%

Ich spüre, wie langsam eine Last von mir fällt. 9 34.62%

Mir geht es schlechter. 0 0.00%

Ich habe eine neue Einstellung gegenüber Problemen. 4 15.38%

Ich konnte ein Problem bearbeiten. 9 34.62%

Ich fühle mich entspannter. 16 61.54%

Keine Antwort 1 3.85%

Andere Antwort 3 11.54%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 66

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

bessere Konzentration

- niedergeschlagen

- erschöpft

Ich komme an schwierige Emotionen besser heran.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

78

10

Nach der Therapie bevorzuge ich es, ...

mehr Zeit für mich zu haben. 10 38.46%

mich mit anderen Menschen austauschen zu können. 11 42.31%

zu schlafen. 0 0.00%

Keine Antwort 2 7.69%

Andere Antwort 6 23.08%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 29

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

spazieren und Bewegung an sich (2)

Mich auszuruhen und der Entspannung nachzuhängen.

Ruhe

einfach Ruhe und ein wenig Distanz zum Alltag

Mich etwas hinzulegen und zu ruhen.

11 Haben Sie nach der Musiktherapie das Gefühl, dass sich neue Perspektiven für

das Leben geöffnet haben? (Hoffnung)

Ja 21 80.77%

Nein 3 11.54%

Keine Antwort / (unklar) 2 7.69%

Summe 26

ohne Antwort 0

12

Fühlen Sie sich nach der Musiktherapie selbstsicherer im Alltag?

Ja 16 61.54%

Nein 4 15.38%

unterschiedlich 4 15.38%

Keine Antwort / (unklar) 2 7.69%

Summe 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

79

13

Können Sie nach der Musiktherapie besser schlafen?

Ja 8 30.77%

Nein 7 26.92%

Keine Antwort / (unklar) 11 42.31%

Summe 26

ohne Antwort 0

14

Haben Sie nach der Musiktherapie vermehrt Träume?

Ja 0 0.00%

Nein 16 61.54%

Keine Antwort / (unklar) 10 38.46%

Summe 26

ohne Antwort 0

15

Wenn "Ja", was für Träume?

klärende Träume 0 0.00%

befreiende Träume 0 0.00%

Albträume 0 0.00%

wirre und undefinierbare Träume 0 0.00%

Keine Antwort 26 100.00%

Summe 26

ohne Antwort 0

16

Hören Sie neben der Therapie für sich alleine auch Musik?

Ja 22 84.62%

Nein 1 3.85%

während der Therapie nicht 3 11.54%

Summe 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

80

17

Welchen Musikstil hören Sie?

klassische Musik 16 61.54%

Pop 14 53.85%

Jazz 8 30.77%

Volksmusik 4 15.38%

Keine Antwort 1 3.85%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 43

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

18

Hören Sie Songs mit langsamen oder schnellen Rhythmen?

langsamer Rhythmus 12 46.15%

schneller Rhythmus 2 7.69%

beides 11 42.31%

Keine Antwort 1 3.85%

Summe 26

ohne Antwort 0

19

Singen Sie während dem Musikhören mit?

Ja 14 53.85%

Nein 5 19.23%

manchmal 6 23.08%

Keine Antwort 1 3.85%

Summe 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

81

20

Warum Hören Sie Musik?

Es ist für mich unterhaltend. 10 38.46%

Es ist für mich beruhigend. 18 69.23%

Ich kann mit Musik besser einschlafen. 2 7.69%

Die Musik lenkt mich ab. 13 50.00%

Sie unterstützt meine Konzentration. 4 15.38%

Es geht mir besser. 17 65.38%

Ich kann meinen Emotionen freien Lauf lassen. 10 38.46%

Ich finde neuen Mut. 9 34.62%

Keine Antwort 1 3.85%

Andere Antwort 5 19.23%

Nennungen (Mehrfachwahl möglich!) 89

geantwortet haben 26

ohne Antwort 0

Andere Antworten:

gibt Power und Kraft

belebt auf positive Art

- Man fühlt sich nicht alleine.

- ruhiger

- Musik ist Leben.

- nachdenklich

- erschöpft

- führt auch zu Traurigkeit

- je nach Verfassung

21

Haben Sie ein Musikinstrument erlernt?

Ja 17 65.38%

Nein 9 34.62%

Summe 26

ohne Antwort 0

22

Spielen Sie dieses Musikinstrument immer noch?

Ja 3 11.54%

Nein 15 57.69%

Keine Antwort 8 30.77%

Summe 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

82

23

Können Sie die Musiktherapie weiterempfehlen?

Ja 26 100.00%

Nein 0 0.00%

Summe 26

ohne Antwort 0

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

83

13.5 Interview mit Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

Interview Frau Barbara Heller Weber, Musik- und Ausdruckstherapeutin

Oetwil am See, 16.04.2015, Wortprotokoll des Interviews

1. Mit welcher Methode arbeiten Sie?

Zu dieser Frage möchte ich kurz etwas zu meinem Werdegang schildern: Nach meiner Erstausbildung

zur Primarlehrerin und 7-jähriger Berufsausübung folgte die berufsbegleitende Ausbildung in kunst-

und ausdrucksorientierter Psychotherapie. In der psychiatrischen Klinik, in der ich nun schon seit 25

Jahren arbeite, konnte ich nach und nach die Musiktherapie aufbauen und erweitern. Ich arbeite hier

seit längerem zu 60% als Musik- und Ausdruckstherapeutin. Vor drei Jahren konnte eine weitere Mu-

siktherapeutin zu 30 % angestellt werden. Über all die Jahre besuchte ich kontinuierlich viele musik-

und psychotherapeutische Weiterbildungen.

Ich arbeite neben der Kliniktätigkeit auch noch in eigener Praxis, dort mit verschiedenen Ausdrucks-

mitteln und natürlich immer auch mit dem begleitenden therapeutischen Gespräch.

Die verschiedenen Aus- und Weiterbildungen und die Erfahrungen in meiner klinischen Arbeit und in

der Praxistätigkeit und natürlich vielen weiteren Lebenserfahrungen fliessen in meine therapeutische

Arbeit ein. Das heisst also auch verschiedene methodische Ansätze.

(Zur Musiktherapie allgemein: siehe Punkt 13)

2. Wie wird eine Therapiestunde gestaltet und wie ist der Ablauf einer ganzen Therapie?

Ich arbeite in der Klinik einzeltherapeutisch und auch in Gruppen.

Zur Einzeltherapie:

Wichtig in der ersten Sitzung ist sicher, dass eine gewisse Vertrauensbasis zwischen dem Patienten

und mir aufgebaut werden kann. Dazu kommt oft auch, dass ich erst erklären muss, worum es in der

Musiktherapie geht und dass es nicht um Musikunterricht oder eine Instrumentalstunde geht. Manche

Patienten kennen die Musiktherapie noch nicht oder haben sie noch nie selber erfahren. Ich erkläre

ihnen auch, dass es keine musikalischen Kenntnisse braucht und es auch kein "richtig oder falsch"

gibt. Zu Beginn besprechen wir auch mögliche Themen, Ziele und Wünsche für die Musiktherapie.

Ich erfahre vom Patienten über seine aktuelle Situation und seine aktuellen Schwierigkeiten.

Eine Therapiesitzung besteht, vereinfacht gesagt, aus drei Teilen:

Anfangsgespräch: wie geht es dem Patienten gerade, was braucht er, was möchte er ev. thema-

tisch angehen usw.

musiktherapeutische Interventionen: aktive und auch rezeptive Musiktherapie;

reflektierendes Gespräch: was hat der Patient erlebt, wie kann er das Erlebte als Erfahrung

einordnen und wie kann er diese Erfahrung im Alltag umsetzen.

Beispiele von aktiven Musiktherapieansätzen:

Da geht es darum, dass der Patient selber aktiv in Handlung ist und sich handelnd beim Musikspielen

und Improvisieren, beim Ausprobieren und spielerischen Experimentieren erlebt. Der Patient wählt

zum Beispiel ein oder mehrere Musikinstrumente aus dem jetzigen Befinden heraus, was er im

Moment braucht, was ihm gut tut, was ihn anspricht, aus.

Bei dem thematisch, ausdrucksmässigen Ansatz wählt der Patient zu einer Fragestellung, einem

Problem oder einem Thema, das ihn beschäftigt, die für ihn entsprechenden Musikinstrumente und

wählt auch die für ihn stimmigen Plätze im Raum, wo er spielen möchte.

Ein weitere Möglichkeit ist auch, mit einer geführten Körperwahrnehmungsübung (Körperfocusing)

zu beginnen und ein Körpersymptom ( z.B. Druck in der Brust, Engegefühl im Hals, inneres Kribbeln

usw.) klanglich auszudrücken und hörbar zu machen.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

84

Bei allen Varianten ist es immer ein Begleiten des Patienten in seinem momentanen Prozess. Es gibt

Situationen, da spielt der Patient alleine und andere, wo ich mit einem Musikinstrument mitspiele,

unterstütze oder auch einen Part übernehme.

Das Austauschen über das Erfahrene und Erlebte und das musikalische Werk ist ein wichtiger

Bestandteil in der Einzel- und auch in der Gruppentherapie. Dabei teile ich auch meine

Beobachtungen oder Fragen mit.

Beispiele von rezeptiven Musiktherapiemöglichkeiten:

Eine Möglichkeit ist das Klangbett oder Tabula sonora genannt. Auf der Unterseite des Klangbettes

sind viele Saiten angebracht (auf 2 Töne in der Quint gestimmt). Beim Bespielen der Saiten durch

Darüberstreichen mit den Händen entsteht ein Klangteppich, bei dem viele Obertöne mitschwingen.

Gleichzeitig spürt der Patient, der auf dem Klangbett liegt, die dadurch entstehenden Vibrationen, was

entspannend oder auch, werden die Saiten stärker angespielt, anregend und belebend sein kann.

Manchmal ist es sinnvoll, den Patienten auf dem Klangbett mit einer Übung für Körperwahrnehmung

oder einer geführten Bilderreise zu begleiten (Imaginationsübung, zum Bespiel an einen Wohlfühl-

oder Kraftort).

Es gibt verschiedene weitere rezeptive Musiktherapiemöglichkeiten: Musik ab CD hören und darüber

austauschen, in der Gruppentherapie kurze Musikimprovisationen einer Kleingruppe oder eines

einzelnen, und die andern Patienten hören zu, usw.

Die Therapiedauer richtet sich hier in der Klinik nach der Aufenthaltszeit des Patienten. Bei der Ab-

schlusssitzung mache ich mit dem Patienten einen Rückblick, bei dem wir den Verlauf mit den

wichtigsten Erfahrungen besprechen.

3. Wie wirkt sich die Musik auf das System Mensch und Psyche aus?

Musik hat die Menschen seit eh und je begleitet. Schon seit der Antike ist die Heilkraft der Musik

bekannt. Musik ist fast immer ein Bestandteil von Festen, Feierlichkeiten und Ritualen, instrumental

und mit Gesang.

Musik hat sicher eine Wirkung auf den Menschen und dessen Psyche; sie kann beruhigen, aufwecken

und erheitern, aber auch abschrecken oder nerven. Die Wirkung ist abhängig von der individuellen

Prägung, der eigenen Lebensgeschichte und der momentanen inneren Gestimmtheit eines Menschen.

Musik kann Menschen auch verbinden. Im Kontext einer Gruppe kann Musik u.U. eine starke Be-

einflussung ausüben, eben zum Beispiel bei Festen und religiösen Ritualen, aber auch in Sportstadien,

bei Marschmusik im Krieg, usw. Mit der Dauerberieselung durch psychologisch gezielt ausgewählte

Musik wird zum Beispiel auch versucht, die Menschen in eine konsumfreundlichere Stimmung zu

versetzen.

Da werden Sie sicher selber schon viel gelesen und in Ihrer Arbeit beschrieben haben!

4. Bei welchen Krankheitsbildern kann man die Musiktherapie einsetzen?

Gibt es auch Kontraindikationen?

Es gibt keine Krankheitsbilder, bei denen Musiktherapie kontraindiziert wäre. Musiktherapie kann

grundsätzlich wie jede Gesprächstherapie einem Menschen in seinem persönlichen Leid und in seiner

Not weiterhelfen. Wichtig in jedem therapeutischen Prozess ist, dass eine Vertrauensbasis besteht und

der Patient bereit ist, sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen. Bei der Musiktherapie ist es

wichtig, dass der Patient auch bereit ist, nicht nur über das Gespräch seine Fragen und Themen

anzugehen, sondern dass er eben auch bereit dazu ist, sich selber immer wieder handelnd in der

Musikimprovisation und den musikalischen Ausdrucksspielen zu erfahren.

In der Psychiatrischen Klinik sind die Musiktherapiegruppen nicht immer für jeden Patienten geeignet.

Für Patienten, die sehr lärmempfindlich und sehr dünnhäutig sind, zum Beispiel Menschen mit einer

schweren Depression oder oft auch Schmerzpatienten mit chronischen Schmerzen und depressiver

Symptomatik, ist die Gruppentherapie nicht indiziert. Da ist oft schon das Ausprobieren der Musik-

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

85

instrumente (wenn sich jeder Patient sein Instrument auswählt) eine zu starke akustische

Reizüberflutung. In der Einzeltherapie aber kann individuell und behutsam ausprobiert werden,

welche Klänge dem betreffenden Patienten gut tun.

Für Patienten, die in einer akuten Psychose sind, ist die Gruppentherapie auch nicht geeignet. Diese

brauchen eine stark strukturierte Form und enge Begleitung. Weiter können Menschen mit Flucht-

gefahr oder gewalttätige Patienten nicht an der Gruppentherapie teilnehmen. Bei bettlägerigen älteren

Patienten kann die Therapeutin ein paar kleinere Musikinstrumente mitnehmen und in deren Zimmer

spielen.

5. Wie lange dauert in der Regel eine Musiktherapiesitzung?

Hier in der Klinik arbeite ich in der Einzeltherapie zwischen 45 - 60 Min. Bei einzelnen Patienten sind

30 Min. genügend lang.

In meiner eigenen Praxis arbeite ich zwischen 60 - 90 Min. Bei Studenten, die eine therapeutische

Ausbildung machen, kann das auch mal 120 Min. sein. Diese kommen dann aber in grösseren

zeitlichen Intervallen.

Das Therapiesetting ist also sehr individuell und wird zu Beginn einer Therapie abgemacht.

Die beiden Gruppentherapien, die ich hier in der Klinik führe, dauern 75 und 90 Minuten. Meine

Kollegin macht zum Beispiel für die Patienten einer Akutstation eine 45-minütige Gruppenzeit. Die

Dauer der Therapien legen wir Therapeutinnen selber fest.

6. Ich nehme an, die Patienten können ein Instrument selber auswählen?

Ja, das können sie. Bei den Gruppentherapien gebe ich manchmal eine Spielidee oder ein Thema ein,

oder wir erarbeiten eines gemeinsam. Dann kann die Auswahl etwas eingegrenzt sein.

In der Einzeltherapie ist die Instrumentenauswahl nicht von mir vorgegeben.

7. Was ist der Unterschied zwischen Gruppen- und Einzeltherapie?

In der Einzeltherapie ist der einzelne Patient mit seinen Anliegen, seiner Geschichte, seinen

momentanen Bedürfnissen im Zentrum. Die Patienten bringen da sehr persönliche und intime, aber

auch schambesetzte Themen ein.

In der Gruppentherapie geht es oft um ein gemeinsames Zusammenspiel, um die musikalische Inter-

aktion mit andern und um den Erfahrungsaustausch in einer Gruppe. In der Gruppe können auch die

verschiedenen Rückmeldungen der andern Gruppenteilnehmer eine sehr wichtige Erfahrung sein.

8. Wann kommt welche Therapieform zum Tragen?

Hier in der Klinik müssen die Patienten von der fallführenden Person, das heisst vom Arzt oder

Psychologen angemeldet werden. Mit jedem Patienten sollte das individuelle Therapieprogramm aus

Gruppen- und Einzeltherapien zusammengestellt werden.

Es gibt ein grosses Angebot verschiedenster Therapien: Gesprächsgruppen mit unterschiedlichen

Inhalten, Ergotherapie, Physio- und Bewegungstherapie, auch Nordic Walking, Entspannungsgruppen,

aber auch Tanzen für Frauen, Massage, Krafttraining usw. und eben auch die Musiktherapie.

Auf den Stationen gibt es auch Plakate und Flyer der verschiedenen Gruppen- und Einzelangebote, so

dass die Patienten sich informieren und ihre Wünsche anbringen können.

Patienten, die bei einem früheren Aufenthalt bereits Musiktherapie-Erfahrungen gemacht haben,

wünschen oftmals wieder dieses Angebot, was mich natürlich freut!

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

86

9. Aus welchen Gründen kommt ein Patient zu Ihnen in die Musiktherapie?

Das können ganz unterschiedliche Gründe sein! Je nachdem, welche Ziele auch angestrebt werden.

Oft erzählen die Patienten andern Patienten über gemachte Erfahrungen in der Musiktherapie und

machen sie so neugierig. Immer wieder schlagen auch Pflegepersonen die Musiktherapie vor.

(Vergleiche auch mögliche Ziele der Musiktherapie unter 13.1.)

10. Therapieren Sie nur stationäre Patienten oder auch externe?

Wenn ja, welche Unterschiede bestehen?

Es gibt verschiedene Stationen, bei denen Patienten im Anschluss an den stationären Aufenthalt die

Möglichkeit haben, für 2 Tage ca. 2-4 Wochen auch teilstationäre Angebote besuchen zu kommen.

In der Musiktherapie ist das leider nicht möglich, weil keine Kapazität dafür besteht. Es kommt leider

immer wieder vor, dass sogar stationäre Patienten auf die Warteliste kommen!

11. Arbeiten Sie auch mit Kindern? Wenn ja, ab welchem Alter?

Diese Klinik nimmt keine Kinder auf. Die Psychiatrische Klinik in Littenheid hat sich u.a. auch für die

Jugendpsychiatrie spezialisiert.

In der eigenen Praxis für kunst- und ausdrucksorientierte Psychotherapie arbeite ich auch mit Kindern.

Das jüngste Kind war 4 Jahre alt. Mit diesem Kind habe ich viel gespielt und gemalt oder auch mit

ihm gemeinsam mit Musikinstrumenten gespielt.

12. Wie äussert sich das, gerade bei einem so kleinen Kind, dass eine Therapie von Vorteil wäre?

Es gibt viele verschiedene Gründe für eine Therapie: Auffälligkeiten im Verhalten, übermässige

Ängste, Verzögerung in der Entwicklung, spätes Bettnässen, sich nicht mit andern Kindern im Spiel

zusammenzutun usw.

13.1. Welches sind Ziele der Musiktherapie?

Zunächst eine knappe Definition der Musiktherapie:

Musiktherapie ist eine psychotherapeutische Behandlungsmethode, bei der die Musik im thera-

peutischen Prozess als vertiefendes Mittel für Ausdruck und Kommunikation verwendet wird. Im

Vordergrund der modernen Musiktherapie steht die Beziehung, die zwischen dem Patienten und dem

Therapeuten durch das Medium Musik entsteht. Es ist eine erlebniszentrierte, psychodynamische

Behandlungsmethode, die seelisches und körperliches Gleichgewicht anstrebt. Das reflektierende

Gespräch hilft, Erlebtes als Erfahrung einzuordnen und im Alltag umzusetzen.

Weitere Zielsetzungen der Musiktherapie sind:

sich selbst schöpferisch und gestaltend erleben und die Eigenkompetenz, die Ressourcen und

Fähigkeiten (wieder)entdecken und entfalten;

neue Verhaltensmuster ausprobieren und das Selbstvertrauen sowie die eigene Identität

stärken;

die Wahrnehmung der seelischen und körperlichen Befindlichkeit fördern;

Erleben von Entspannung und innerer Ruhe, sowie auch Aktivierung und Anregung

(Spannungsregulation);

mittels Improvisation blockierende und einengende Gefühle, Ängste oder schwierige Lebens-

situationen klanglich ausdrücken, verändern und verarbeiten;

die Selbst- und Fremdwahrnehmung durch die Rückmeldungen der andern Gruppenteilnehmer

und der Therapeutin stärken.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

87

In der Musiktherapie können die gleichen Ziele und Themen wie in einer Gesprächstherapie

angegangen werden. Wichtigster Unterschied ist, dass neben dem Gespräch eben die musikalische

Handlung und die dadurch gemachten Erfahrungen den Prozess vertiefen und oft auch verdeutlichen.

13.2. Ist es das Ziel, ein verdrängtes Trauma zu wecken, um bearbeitet zu werden oder Harmonie

ins System Mensch und Psyche zu bringen?

Nein, es ist nicht das Ziel, ein verdrängtes Trauma mittels Musiktherapie zu wecken. Es kann aber mal

vorkommen, dass mittels Musik an ein Trauma gedacht wird, und dass negative Erlebnisse hoch-

kommen können.

In der psychiatrischen Klinik Littenheid gibt es eine auf Traumata spezialisierte Station. Meine Kolle-

gin, die eine Trauma spezifische Zusatzausbildung hat, arbeitet auch mit Patienten dieser Station.

Wie schon angedeutet: Es geht hauptsächlich darum, individuell auf den Patienten einzugehen und die

Themen anzugehen, mit denen er zu mir kommt.

14. Bemerken Sie während der Therapie Änderungen des Verhaltens der Patienten oder der

Gefühlslage?

Ja, das passiert fast immer, auch wenn die veränderte Stimmung manchmal nur ganz kurz andauert. So

kann es zum Beispiel vorkommen, dass der Patient beim Verabschieden bereits wieder in den Ängsten

gefangen ist. Es scheint mir wichtig, dass der Patient selbst kleine Veränderungen wahrnehmen kann

oder von mir darauf aufmerksam gemacht wird. Ich spreche die Patienten zum Abschluss immer

darauf an: Wie gehen Sie? Welche Erfahrung nehmen Sie mit? usw.

Neben stärkenden Erfahrungen können auch schwierige Momente, traurige Gefühle und Ver-

zweiflung, oder auch mal angestaute Wut hochkommen und der Patient ist aufgewühlt. Da gilt es

abzuklären, ob der Patient damit selber zurechtkommt oder ob ich eventuell die Station informieren

muss, damit er, wenn nötig, auch später eine Ansprechperson aufsuchen könnte.

15. Wie lange hält die Wirkung einer Therapiesitzung an?

Das ist ganz unterschiedlich. Manche Patienten erzählen mir in der nächsten Sitzung, wie sie die

Erfahrungen umzusetzen versucht haben, oder wie sie in einer andern Therapie mit dem selben Thema

weiter gearbeitet haben. Manche schätzen, dass sie neben den kranken Anteilen wieder ihre gesunden

Fähigkeiten spüren und erfahren durften.

16. Geben Sie Ihren Patienten Aufträge, die sie auf das nächste Mal zu machen haben?

Es sind weniger Aufgaben, die der Patient abhäkeln kann, sondern mehr Beobachtungsaufgaben oder

Anregungen, die gemachte Erfahrung bei sich oder auch im Umgang mit andern anzuwenden. Das

kann u.U. auch eine Wahrnehmungsübung sein. Es kann auch sein, dass ein in der Musiktherapie

aufgetauchtes inneres Bild wie symbolisch in bestimmten Situationen erinnert werden kann und

Selbstsicherheit oder Beruhigung bewirken kann.

So in diesem Sinne sind die Anregungen.

17. Kann die Musiktherapie den Patienten aus seiner sogenannten Opferrolle befreien, in der man

sich oft befindet, da man in dieser sehr viel Aufmerksamkeit geniesst?

Grundsätzlich geht es ja darum, dass der Patient wieder so gestärkt ist, dass er sich den Aufgaben des

Alltags gewachsen fühlt, austreten und in einer weiterer ambulanten Therapie die nötige Unterstützung

holen kann.

Hier in der Klinik ist die Musiktherapie ein kleiner Bestandteil neben vielen verschiedensten Therapie-

angeboten.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

88

Allgemein lässt sich vielleicht sagen, dass die Befreiung aus einer Opferrolle nur dann gelingen kann,

wenn der Patient diese erkennt und auch bereit ist, dies zu verändern.

18. Die Patienten nehmen ja oft auch Medikamente. Wie kann die Medikamentenabgabe

(Psychopharmaka, Schlafmittel, Blutdruckmittel, Beruhigungsmittel) mit der Musiktherapie

reduziert werden?

Es wäre schön, wenn die Musiktherapie dazu beitragen könnte, dass die Patienten weniger

Psychopharmaka brauchen würden! Meist ist die Erkrankung der Patienten so schwer, dass die

Patienten Antidepressiva oder andere Psychopharmaka (auch Beruhigungsmittel) brauchen, um wieder

einigermassen eine Stabilisierung zu erlangen. Neben den schulmedizinischen Mitteln werden auch

pflanzliche Mittel angewendet.

Die verschiedenen Therapien (medikamentöse und psychotherapeutische) können alle mithelfen, dass

es dem Patienten wieder besser geht.

Immer wieder mal sagen mir Patienten, dass sie, obwohl sie sehr angespannt seien, kein Beruhigungs-

mittel verlangt hätten, weil sie durch die Musiktherapie eine gewisse Beruhigung erhoffen. Manchmal

mit Erfolg, manchmal hält die Beruhigung aber leider nur während der Musiktherapie selber an.

Verschiedene Patienten, die sich gut auf dem Klangbett entspannen können, hätten eine solche

"Klangmassage" am liebsten abends vor dem Einschlafen!

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

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13.6 Interview mit der Musikgruppenbetreuerin

Interview Musikgruppenbetreuerin

Friedrichshafen, 22.05.2015, Wortprotokoll des Interviews

1. Wie arbeiten Sie genau?

Ich arbeite seit 4 Jahren im Ganztagsbereich der Schule X in Ort Y. Vor 4 Jahren wurde der Ganztag

an dieser Schule ermöglicht. Die Schüler sind zwischen 5 und 10 Jahre alt. Unser Team besteht aus 14

Mitarbeitern, die für die Betreuung der Kinder nach dem Regelunterricht zuständig sind.

Die Mitarbeiter weisen verschiedene berufliche Hintergründe auf und sind daher für unterschiedliche

Beschäftigungsbereiche zuständig. Mein Bereich ist der der Musik. Den therapeutischen Aspekt der

Musik lasse ich während meiner AG-Zeit (Arbeitsgemeinschaft) mit einfließen. Meine Gruppe besteht

aus 12 Kindern im Altern zwischen 7 und 11 Jahren.

Die Kinder trommeln mit Holzstäben, die sie selber gesägt und geschliffen haben, auf selbst-

bespannten und besprühten Plastiktonnen, Autoreifen, Bechern und Stahlfässern in unterschiedlichen

Größen. Auch Salatschüsseln in unterschiedlichen Größen und Materialien kommen zum Einsatz. Sie

dienen als Klangschalen und wirken beruhigend, entspannend und ausgleichend.

Da die Kinder ihre Musikinstrumente selber herstellen, achten sie sehr auf einen achtsamen Umgang

damit. Beispiele sind selbstbespannte Plastiktonnen mit breitem Tesaklebeband, Holzstäbe zum Schla-

gen der Tonnen, eine Kadzoo aus einer Klopapierrolle, einem Gummi und einem Stück Backpapier,

oder eine Dröte aus einem dickeren Strohhalm, in den kleine Löcher geschnitten werden. Und vieles

mehr.

Mit zwei kleinen flachen Steinen, die sie sich selber gesucht haben, zaubern sie blitzschnell eine

„Mundtrommel“. Einer der Steine wird auf die Backe gelegt und mit dem anderen klopft man leicht

gegen den Stein an der Backe. Dabei ist der Mund zu einem „o“ geformt. Setzt man dann noch die

Zunge dazu ein, entstehen unterschiedliche Tonhöhen.

2. Wie wirkt sich die Musik auf das System Mensch und Psyche aus?

Die Kraft der Musik wird in der modernen Medizin bereits vielfach genutzt. Es wurden bereits

physiologische Musikprogramme entwickelt, die sowohl andere medizinische Maßnahmen unter-

stützen, effektive Hilfe zur Selbsthilfe als auch vorbeugende Maßnahme gegen schwerwiegende

Leiden sein kann.

Seit Menschengedenken gehören Musik und Medizin zusammen. Was unter anderem in der Natur des

Hörens liegt. Die Ohren gehören zu den ältesten Organen überhaupt, denn die Gehörzellen im

Innenohr waren die ersten spezialisierten Zellen der Evolution. Mit der Basilarmembran zusammen

bilden sie tief im Zentrum der Schnecke das eigentliche Hörorgan, genannt ,,Cortisches Organ". Hier

wandeln feine Haarzellen Schallwellen in elektrische Impulse um. Diese Informationen werden über

den Hörnerv zur Hörrinde im Gehirn weitergeleitet, wo das Gehörte dem Bewusstsein vermittelt wird.

Musik ist eine ganz besondere Form von Geräusch: in vielerlei Hinsicht. Es wird sowohl zum

Kleinhirn, das Körperbewegungen und den Gleichgewichtssinn kontrolliert, zum Großhirn, das für

höhere Funktionen des Bewusstseins zuständig ist, als auch zum limbischen System. Der Limbus ist

für die Entstehung von Gefühlen verantwortlich. Somit wird Musik zu einem Auslöser von Gefühlen.

Musikhören spricht somit sämtliche Bereiche des Menschen an. Kein Wunder, dass große Denker, wie

Konfuzius oder Platon einen heilsamen, medizinischen Aspekt der Musik beobachteten. Leonardo da

Vinci verfasste eine Pulsschrift, die den Zusammenhang von Takt, Musik und Herzschlag

wissenschaftlich-systematisch behandelte. Erst Anfang des 17. Jahrhunderts trennten sich im Rahmen

der allgemeinen Spezialisierung der Wissenschaften die Wege von Musik und Medizin. Mitte des 20.

Jahrhunderts wurde die Musik als Therapie begleitendes Mittel wiederentdeckt. In der Schmerz-

therapie, Geburtshilfe und Neugeborenenbetreuung findet Musik ebenso Anwendung, wie bei der

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

90

Beschleunigung postoperativer Heilungsprozesse, der Behandlung von Depressionen und Asthma

sowie der Drogen- und Alkoholvergiftung. Auch zur Angstverminderung in der präoperativen Phase,

bei Rehabilitationsmaßnahmen in der Physiotherapie und bei der Arbeit mit geistig Behinderten,

Lernbehinderten und psychologisch - psychiatrischen Problemfällen. Sogar bei Komapatienten erweist

sich der Einsatz von Musik als wirkungsvoll.

Die Anpassung der Körperrhythmen an die Rhythmen der Musik hängt nicht von der Musikalität des

Zuhörers ab. Grundsätzlich gibt es eine Voraussetzung dafür, dass Musik den Körper beeinflusst,

nämlich ob diese eine rhythmische Bassführung hat. Ebenso sollte sie dominante Perkussions-

instrumente mit einem sich rhythmisch wiederholenden Grundschlag enthalten. Die Anpassung der

Körperrhythmen an die Rhythmen der Musik hängt aber nicht von der Musikalität des Zuhörers ab.

Durch die Musik kann es zu einer Hebung oder Senkung des Pulses und des Blutdrucks kommen.

Hierbei bestimmt das Tempo der Grundschläge, ob eine aufputschende oder beruhigende Wirkung

eintritt. Normale Körperfunktionen laufen bei 72 Herzschlägen pro Minute ab. Bei einem Tempo von

mehr als 72 Hz wirkt Musik aufputschend, bei weniger beruhigend. Auffällig hierbei ist, dass ein

Tempo von 60 Hz die stärkste Reaktion des menschlichen Körpers hervorruft. Dabei kommt es zur

größten Entspannung und zu einer Entkrampfung. Die einzige Erklärung, die bis heute dafür gefunden

wurde, beruht auf der Theorie, dass 60 Hz die ursprüngliche Herzfrequenz des Menschen war in einer

Zeit vor dem Zivilstress.

Der Bulgarier Georgie Losanow führte dazu einige Experimente durch. Bei Barockmusik mit einem

Grundschlag von 60 Hz kam es bei einem Probanden zu einer Verlangsamung des Herzrhythmus um 5

Hz. Der Blutdruck sank und die Gehirnwellenaktivität fiel auf Entspannungsniveau bei hoher geistiger

Wachheit. Diese Messungen zeigen eindeutige Parallelen zu den Gehirnwellenaktivitäten von Yogis

während der Meditation.

3. „Neueste Studien zur Repräsentation von Musik im Gehirn ergaben, dass praktisch das ganze

Gehirn zur Musik beiträgt.“118

Wie nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage?

Von Manfred Spitzer habe ich auch schon einiges gelesen und bin von ihm als Persönlichkeit

überzeugt. Er forscht viel und fundiert und seine Bücher lesen sich sehr überzeugend. Ich kann mir

daher gut vorstellen, dass „praktisch das ganze Gehirn zur Musik beiträgt“.

4. Gibt es Krankheitsbilder die ungeeignet sind für die Musikgruppe? (Kinder die eher nicht

geeignet sind dafür?)

Ja, das gäbe es, weil der Rahmen an der Schule dafür nicht vorgesehen ist. Zum Beispiel würde ein

schizophrenes Kind nicht an der Schule, sondern in einer Klinik therapeutisch betreut werden.

5.1 Wie ist der Ablauf in einer solchen Musikgruppe? Wie lange dauert eine solche Lektion?

Zu Beginn der AG treffen wir uns im Sitzkreis und jeder darf nacheinander erzählen, wie es ihm geht.

Manche haben viel zu erzählen, manche weniger. Danach dürfen sich die Kinder aus dem großen

Angebot an Musikinstrumenten eines ihrer selbsthergestellten Instrumente aussuchen, um damit zu

musizieren.

Oft gehen die Kinder an die großen Tonnen. Sie können mit den Holzstäben „geschlagen“ werden,

oder mit den Händen, und geben ihnen die Möglichkeit endlich einmal zuzuschlagen. Das Tolle daran

ist, dass es gut klingt, Spaß macht und keinen verletzt. Die großen Tonnen dienen somit als Vermittler,

um angestaute Aggressionen mit einem vorgegebenen Rhythmus abzubauen. Der Rhythmus gibt Halt

und Struktur. Er holt die Kinder wieder in sich zurück.

Eine Lektion dauert 90 Minuten mit einer Pause dazwischen. Am Ende der Lektion treffen wir uns alle

wieder im Kreis. Die Kinder werden von mir verabschiedet und manch einer hat noch etwas zu

erzählen.

118

Zitat aus dem Kap.7, S.199, aus Musik im Kopf von Manfred Spitzer.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

91

5.2 Wird gemeinsam musiziert? Also ist es das Ziel, dass die Kinder eine sogenannte Improvisation

machen?

Wir sind eine Gruppe und das Ziel der Lektion ist, dass wir am Ende der Lektion gemeinsam

musizieren.

Zu Beginn der Lektion biete ich als Vorgabe eine rhythmische Einheit und/oder eine Melodie an, die

als Orientierungshilfe dient. Die Kinder haben die Wahl diese zu adaptieren, oder selber einen

Rhythmus oder eine Melodie zu erfinden, der/die zu der Vorgabe passt. Sie üben und proben dann, je

nachdem wie ich die Aufteilung gemacht habe, in 2 Gruppen, in mehreren kleineren Gruppen oder

auch einmal alleine. Nach einiger Zeit kommen die Gruppen zusammen und wir spielen gemeinsam.

Manche Rhythmen oder Melodien üben wir auch ein. Zum Beispiel gibt es den „Becher-Rhythmus“.

Den haben wir eingeübt. Dazu improvisieren wir mit anderen Instrumenten, selbst erfundenen

Bodyperkussioneinheiten, Melodien und selbst gedichteten Texten.

5.3 Gibt es auch kurze Vorspielrunden? Wenn ja, wie gehen diese vonstatten?

Ja, der Aufbau und Ablauf des Solierens ist ähnlich wie in einem Orchester. Jede/r SpielerIn bekommt

innerhalb des Spiels die Möglichkeit des Solierens. Teilweise wird das Solieren begleitet und an

anderen Stellen spielt der/die SolistIn alleine. Das Solieren ist den Kindern aber freigestellt.

5.4 Geben Sie auch Vorgaben für das Spiel oder darf jedes Kind nach Lust und Laune darauf

losmusizieren?

Wie schon oben beschrieben gibt es Vorgaben, die als Rahmen, Struktur und Orientierungshilfe

dienen. Ohne Vorgabe entsteht ein völliges Geräuschchaos, das nur schwer zu ertragen ist. In einer

großen Gruppe ist das undenkbar.

6.1 Aus welchen Gründen kommen die Kinder zu Ihnen?

Die Kinder werden von ihren Eltern über die Schule in meiner AG angemeldet. Sie kommen auch,

weil sie trommeln wollen, weil ihnen Musik machen Spaß macht, weil sie es spannend finden,

Musikinstrumente selber zu bauen und auch, weil mancher Lehrer und Betreuer den Eltern eine

Empfehlung über eine Anmeldung in meiner Gruppe ausspricht.

6.2 Ich nehme an, die Kinder müssen keine musikalischen Vorkenntnisse besitzen?

Nein.

7. In welchem Alter sind die Kinder, mit denen Sie arbeiten?

Die Kinder sind zwischen 7 und 11 Jahre alt.

8. Was ist das Ziel von der Musikgruppe? Welche Ziele wollen Sie erreichen und wie?

in der Gemeinschaft aufeinander Acht geben;

sich gegenseitig zuhören;

taktvoll miteinander umgehen;

Verantwortung für sich und andere übernehmen;

die Selbsteinschätzung und die Selbstwahrnehmung fördern und entwickeln;

das Selbstwertgefühl stärken;

etwas aushalten können, z.B. die Wut, oder die schlechte Stimmung eines anderen;

sich in Geduld und Gelassenheit üben.

Die Auswirkung der Musik auf die Psyche des Menschen

92

9.1 Bemerken Sie während der Lektion eine Änderung des Verhaltens oder der Gefühlslage der

Kinder?

Ja, natürlich.

9.2 Wie zeigen sich diese Veränderungen im Verhalten oder in der Gefühlslage? Gibt es auch

negative Veränderungen?

Die Aufmerksamkeit und die Konzentration, die Wahrnehmung des Gegenübers und das dem anderen

Menschen Zuhören steigt. Die Kinder sind ausgeglichener, ruhiger, entspannter, gelassener und mehr

in ihrer Mitte. Über die Instrumente können sie ihren Gefühlen aktiv Ausdruck verleihen. So können

die Gefühle, die Emotionen nach außen gebracht, verarbeitet und integriert werden.

Bisher habe ich noch keine negativen Veränderungen erlebt.

9.3. Reagieren in der Regel eher die Frauen oder die Männer mehr, also emotionaler auf die

Musik?

Meine Erfahrung ist die, dass beide Geschlechter emotional gleich stark reagieren.

9.4 Ist es manchmal auch der Fall, dass einem Kind die Musik zu laut ist und es ihm zu viel wird?

Wenn ja, was machen Sie?

Jedes Kind hat ein Paar Ohrstöpsel. Getrommelt wird nur mit Ohrstöpseln. Wenn es einem Kind

jedoch zu laut wird, hat es die Möglichkeit sich eine Auszeit zu nehmen. Bisher kam das noch nicht

vor. In den Lektionen sind auch viele leise Passagen eingebaut. Zudem gibt es ein strenges Regelwerk,

welches ich einfordere.

10. Wieso ist die Stimme für einen so persönlich, bzw. wieso haben viele Menschen Hemmungen

vor anderen Menschen zu singen?

Unser Wort „Persönlichkeit“ leitet sich ab vom Lateinischen „personare“ und das heißt „hindurch-

klingen“. Damit wird die Stimme zum Ausdruck unseres tiefsten Wesenskerns.

Die Stimme ist wie ein Fingerabdruck. Es gibt keinen Mensch auf der ganzen Welt, der den gleichen

Stimmklang hat. Es gibt ähnlich klingende Stimmen, aber keine gleich klingenden Stimmen.

Weil die Stimme beim Singen den eigenen tiefen Wesenskern nach außen trägt, den es zu schützen

gilt. Beim Singen wird das Innerste offenbart. Es ist ein Gefühl, als stünde man ohne Kleider vor dem

anderen.

11. Wie lange hält die Wirkung an von einer Lektion?

Das hängt vom Kind ab. Bei manchen bis zur nächsten Lektion, bei manchen zwischen Stunden und

Tagen. Das ist schwer zu sagen, ich sehe nicht alle Kinder am folgenden Tag, oder an den folgenden

Tagen.

12. Geben Sie den Kindern Aufträge, die Sie auf das nächste Mal zu machen haben?

Nein.