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Forstw. Cbl. 107 (1988), 274-291 1988VerlagParey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003 Die Auswirkungen von biologischem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna Von U. AMMER, H. UTSCHICK und H. AN-I'ON 1 Einleitung und Problemstellung Es besteht weithin Einigkeit da~ber, dag der Artenschutz in unserem Lande trotz der langen Tradition, die er gerade bei uns besitzt, nicht sehr erfolgreich war (H,,B~ 1985). Die ,,Roten Listen" und ihr mindiges Anwachsen betegen dies zur Geniige. Weniger einig ist man sich hinsichtlich der Strategien, mit denen weitere Artenverluste vermieden werden sollen. Im we- sentlichen sind es zwei Konzepte, die hier diskutiert werden: - ein solches, das - als ,,integrales Schutzgebietssystem" (DEuTSCHER RAT Ft;'RLANDESPFLEGE 1988) bekanntgeworden -von einem Grundraster von Schutzgebieten mit entsprechenden Vernetzungs- und Verbindungsmechanismen ausgeht und versucht, so den Artenschwund in den dazwischenliegenden mehr oder weniger intensiv bewirtschafteten Fl~ichen aufzu- fangen und ein anderes, das sich in seiner Konzeption an die grof~e Vielfalt und den Artenreichtum einer Kulturlandschaft anlehnt, in der die Bewirtschaftung an 6kologisch vertretbaren Normen orientiert war. Etwas vereinfacht lebt diese Strategie vonder "vbrstellung, dag wir auf eine Vietzaht von Schutzgebieten in Wald und Feld verzichten k6nnten und trotzdem im Arten- schutz mehr bewirken wiirden, wenn wir auf groger Fl~iche zu Formen des 6kologischen Landbaus und zu einer naturnahen Waldwirtschaft zurfickkehrten (Br~AUNEWELL et al. 1985; A.'a MF.R1988). Ohne den Handlungsbedarf und die M~gtichkeiten in tier Forstwirtschaft im Sinne einer noch s6irkeren Ausrichtung der Bewirtschaftung auf Naturniihe, Strukturvielfalt und verantwortli- chen Umgang mit der Technik zu unterscMtzen, ist offensichtlich, dag eine Landbewirtschaf- tung nach den GrundsStzen des organisch~biologischen Landbaus nicht nur das Problem der Oberproduktion 16sen, sondern auch den entscheidenden Schritt in Richtung Artenschutz dar- stellen wiirde. Belege hierfi~r linden sich bei SuKoPP, TR^UTMAN:-; und KOR.X~:c~ (1978), die die Landwirtschaft am Artenrackgang etwa fi.infmal so stark beteiligt sehen wie die Forstwirt- schaft, bei Sb'KOPP (1980) bzw. MEISEL (1983), die in nur 30Jahren einen Riickgang yon 65-70 % des Unkr~iuter-Arteninventars in Getreide~ckern feststellten, und auch HF.VDE,'a~,.X,',' und Mr.VER (1983) weisen durch zeitversetzte Studien (1949/51-1979/81) dramatische faunistische Artenverluste in Acker6kosystemen nach. Bislang liegen abet kaum Untersuchungen dariiber vor, wie das Arteninventar bei vergleich- baren Verha'hnissen (Standort, Betriebsgr6f~e, Mechanisierung, Vorfrucht) zwischen organisch- biologischer und konventionelter Landbewirtschaftung aussieht. Die wenigen Arbeiten wie z. B. die Collembolen-Analysen yon HERG.~,~'rEN (1985), die Regenwurm-Untersuchungen von GSHi.Ex und SCHRODER (1985), die K~ifer-Arbeit von ACKERMAN.X (1987) oder die Spinnen-Stu- dien yon KI~ausE(1987) beschriinken sich zum Teil auf Betriebe in der Umstellung oder bezie- hen sich auf Fl~ichen, die soweit auseinanderliegen, da~ Vergleiche wegen der Standortsunter- schiede sehr schwierig werden. BRAUN~;WELi_ et. a[. (1985) garantieren diese Anforderungen an die Vergleichbarkeit im wesentlichen, beschr sich abet auf Vegetationsaufnahmen, so dag unseres Wissens streng vergleichbare Analysen, die auch die Fauna miteinbeziehen, bislang fehlen. Die Untersuchung, fiber die nachstehend berichtet werden soil, versucht eine solche U.S. Copyright Clearance Center Code Statement; 0015-8004/88/10705-000274 $ 0.2.50/0

Die Auswirkungen von biologischem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna

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Page 1: Die Auswirkungen von biologischem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna

Forstw. Cbl. 107 (1988), 274-291 �9 1988 Verlag Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003

Die Auswirkungen von biologischem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna

Von U. AMMER, H. UTSCHICK und H. AN-I'ON

1 Einleitung und Problemstellung Es besteht weithin Einigkeit da~ber, dag der Artenschutz in unserem Lande trotz der langen Tradition, die er gerade bei uns besitzt, nicht sehr erfolgreich war (H,,B~ 1985). Die ,,Roten Listen" und ihr mindiges Anwachsen betegen dies zur Geniige. Weniger einig ist man sich hinsichtlich der Strategien, mit denen weitere Artenverluste vermieden werden sollen. Im we- sentlichen sind es zwei Konzepte, die hier diskutiert werden: - ein solches, das - als ,,integrales Schutzgebietssystem" (DEuTSCHER RAT Ft;'R LANDESPFLEGE

1988) bekanntgeworden -von einem Grundraster von Schutzgebieten mit entsprechenden Vernetzungs- und Verbindungsmechanismen ausgeht und versucht, so den Artenschwund in den dazwischenliegenden mehr oder weniger intensiv bewirtschafteten Fl~ichen aufzu- fangen und

- ein anderes, das sich in seiner Konzeption an die grof~e Vielfalt und den Artenreichtum einer Kulturlandschaft anlehnt, in der die Bewirtschaftung an 6kologisch vertretbaren Normen orientiert war. Etwas vereinfacht lebt diese Strategie vonder "vbrstellung, dag wir auf eine Vietzaht von Schutzgebieten in Wald und Feld verzichten k6nnten und trotzdem im Arten- schutz mehr bewirken wiirden, wenn wir auf groger Fl~iche zu Formen des 6kologischen Landbaus und zu einer naturnahen Waldwirtschaft zurfickkehrten (Br~AUNEWELL et al. 1985; A.'a MF.R 1988).

Ohne den Handlungsbedarf und die M~gtichkeiten in tier Forstwirtschaft im Sinne einer noch s6irkeren Ausrichtung der Bewirtschaftung auf Naturniihe, Strukturvielfalt und verantwortli- chen Umgang mit der Technik zu unterscMtzen, ist offensichtlich, dag eine Landbewirtschaf- tung nach den GrundsStzen des organisch~biologischen Landbaus nicht nur das Problem der Oberproduktion 16sen, sondern auch den entscheidenden Schritt in Richtung Artenschutz dar- stellen wiirde. Belege hierfi~r linden sich bei SuKoPP, TR^UTMAN:-; und KOR.X~:c~ (1978), die die Landwirtschaft am Artenrackgang etwa fi.infmal so stark beteiligt sehen wie die Forstwirt- schaft, bei Sb'KOPP (1980) bzw. MEISEL (1983), die in nur 30Jahren einen Riickgang yon 65-70 % des Unkr~iuter-Arteninventars in Getreide~ckern feststellten, und auch HF.VDE,'a~,.X,',' und Mr.VER (1983) weisen durch zeitversetzte Studien (1949/51-1979/81) dramatische faunistische Artenverluste in Acker6kosystemen nach.

Bislang liegen abet kaum Untersuchungen dariiber vor, wie das Arteninventar bei vergleich- baren Verha'hnissen (Standort, Betriebsgr6f~e, Mechanisierung, Vorfrucht) zwischen organisch- biologischer und konventionelter Landbewirtschaftung aussieht. Die wenigen Arbeiten wie z. B. die Collembolen-Analysen yon HERG.~,~'rEN (1985), die Regenwurm-Untersuchungen von GSHi.Ex und SCHRODER (1985), die K~ifer-Arbeit von ACKERMAN.X (1987) oder die Spinnen-Stu- dien yon KI~ausE (1987) beschriinken sich zum Teil auf Betriebe in der Umstellung oder bezie- hen sich auf Fl~ichen, die soweit auseinanderliegen, da~ Vergleiche wegen der Standortsunter- schiede sehr schwierig werden. BRAUN~;WELi_ et. a[. (1985) garantieren diese Anforderungen an die Vergleichbarkeit im wesentlichen, beschr sich abet auf Vegetationsaufnahmen, so dag unseres Wissens streng vergleichbare Analysen, die auch die Fauna miteinbeziehen, bislang fehlen. Die Untersuchung, fiber die nachstehend berichtet werden soil, versucht eine solche

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement; 0015-8004/88/10705-000274 $ 0.2.50/0

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Auswirkungen yon biologischem und konventionellem Landbau auf Hora und Fm*na 275

Gesamtanalyse, wobei bewugt nicht Extremverh~iltnisse verglichen wurden, d. h. neben klein- fl~ichiger Wirtschaftsweise waren insbesondere auch auf konventioneller Seite hoher fachlicher Kennmisstand und Verantwortungsbewugtsein gegeben.

2 Mate r i a l u n d M e t h o d e

2.1 Untersuchungsgebiet

Spektakul~ire Unterschiede zwischen biologisch-organischer und konventioneller Bewirtschaf- tung sind nach den bisherigen Kenntnissen vor allem bei Vergleichen in hochproduktiven, monostrukturierten Getreideanbaugebieten zu erwarten. Da diese Verh2ilmisse gliicklicher- weise fiir viele Gebiete in S/.iddeutschland nicht oder noch nicht zutreffen, wurden die Ver- suchsparzellen im Alpenvorland (siidlich des Starnberger Sees) ausgew~ihlt, in einem Gebiet, in dem der Grfinlandanteil heute immer noch iiber 50 % in der konkreten Gemarkung iiber 70 % liegt.

Untersucht wurden zwei Weizenfelder, die nach Lage, Exposition, Bodenart und Bodentyp sowie Vorfrucht uncl Umgebung (Griinland) absolut vergleichbar waren (vgl. Abb. 1).

R~iumliche Distanz der Felder und umgebendes Gri.inland stellen sicher, daf~ einerseits agro- chemische Einfliisse (Winddrift von D{inger und Bioziden) ausgeschaket und anderer~eits Ein- wanderungsm6glichkeiten aus dem angrenzenden Griinland gleichermagen gegeben waren. Der wichtigen Frage nach den Randeffekten, auf die u. a. Db'ELi.l (1987) hinweist, soll in einer zweiten Untersuchungsreihe mit ausgedehnten Getreidefl~ichen gesondert nachgegangen wer- den.

In Abbildung 2 ist die Art der Behandlung der untersuchten Weizenfl~ichen fiir den konven- tionellen und den biologischen Betrieb dargestellt. Neben der Intensitiit der Bodenbelastung treten vor allem die Unterschiede hinsichtlich Art und Umfang der Mineraldiingergaben und

Abb. l. U.ntersuchungsft~ichen im Alpenvorland (Landkreis Weilheim/OBB) Fig. l. Research plots in the foothill region of the Alps (\~idlheim.county, upper Bavaria)

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2 7 6 U. Arnmer, H. Utschick und H. Anton

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Auswirkungen yon biologischem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna 277

der Unkraut- bzw. Sch~idlingsbek~mpfung (Herbizide/Fungizide einerseits - Striegeln mit Pferd andererseits) hervor. Der organisch-biologisch wirtschaftende Betrieb besteht in dieser Form seit 1977 und ist ein anerkannter Hofder Bioland-F6rdergemeinschaft.

2.2 Methoden

Im Untersuchungszeitraum yon Mitre April bis Ende August 1987 wurden sowohl vegetations- kundliche als auch faunistische Untersuchungen unter gr/SfltmSglicher Schonung der Vege- tation durchgef0hrt. Gleichzeitig wurden alle Arbeitsgiinge bei der Felderbewirtschaftung (Pfliigen, S~ien, Ernten etc.) und Stoffeintr~ige (Diinge- und Spritzmittel) in ihrer zeitlichen Ab- folge und in ihrem Umfang bzw. ihrer Intensit~it erfaflt (Abb. 2).

2.2.l Vegetationskundliche Aufnahmen

In den biologisch bewirt- schafteten Getreidefeldern wurden ab Mai monatlich wenigstens einmal alle Wildkr':iuter nach der Me- thode yon BR.~,uN/Bt.A.X- QUET auf insgesamt 20 re- pr~isentativen Probefl~ichen mit jeweils 10 m ~" erfaf~t. Im konventionell bewirtschaf- teten Weizenfeld wurde die Gr6ge der Probefl~chen auf jeweils 500 m 2 erweitert, um iiberhaupt den bek~imp- fungsbedingt ~ugerst sp~rli- cben Bestand an Wildkriiu- tern erfassen zu k/Snnen. Im Juli wurden zusiitzlich auf repr~isentativen Testfliichen yon 40x40 cm fiir jede Ge- treide- und Anbauart die einzelnen Getreldehalme und die Wildkr~iuter lage- m~i~ig aufgenommen und nach H6he, Halmdichte etc. vermessen.

2.2.2 ZiJJlungen auf Testqt*adraten

Zum Zeitpunkt geringer Vegetationsh6he (im Mai), w~ihrend der Reife (ira Juli)

und nach der Ernte (Ende Abb. 3. Anordnung der faunistischen Testfl~ichen im konventionellen August - Anfang Septem- bzw. biologischen Fdd und im Griinland. in dieser Arbeit werden nut ber) wurden fiir jede Getrei- die beiden ~izenfelder verglichen de- und Anbauart die auff~il- Fig. 3. Arrangement of the faunal test plots on the conventional and or- ligen, gut fiiegenden tnsek- ganic field, and on pasture land. In this paper, only the wheat fields are tenarten (Tagfalter, Hum- compared

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278 U. Ammer, H. Utschick und H. Anton

meln und Bienen) durch gezielte Beobachtung ermittelt. Dabei wurden auf 16 m 2 grogen, fiber die ganze jeweilige Bewirtschaftungseinheit verteilten Fliichen in einem Ze[traum yon jeweils fiinf Minuten alle anfliegenden Individuen protokolliert (Mehrfachziihlung des gleichen Indivi- diums m6glich). Gleichzeitig wurden die dominierenden, in Vollbliite stehenden WildkrSuter festgehalten (Abb. 3).

2.2.3 Netzfange

Mit einem Streifnetz von 32 cm Durchmesser wurden, wie bei HANDKE und SCH,~EIBER (1985) dargestellt, in den verschiedenen Getreide- und Anbauarten yon Mai-August monatlich ein- real dort lebende Insekten und Spinnen gefangen. Die Vegetation wurde pro Feld und Anbau- art jeweils mit 50 Kescherschl~igen pro Fangtag, die yon unten nach oben gefiihrt wurden, abge- fangen. Die F~inge erfolgten entlang der festgelegten Barber-Fallenlinien, um die Vegetation auf m6glichst geringer Fl~iche durch Tritt zu belasten.

Da die Ergebnisse solcher Netzf~inge stark yon der Witterung abMngen, wurde n sie in den verschiedenen Getreide6kosystemen immer am selben Tag und innerhalb ganz geringer Zeit- abstiinde durchgefiihrt. Sie sind deshalb untereinander vergleichbar.

2.2.4 Barberfallen

Die auf BARI3ER (1931) zurtickgehende Methode arbeitet mit in den Boden eingesetzten Plastik- bechern (handelsiibliche Joghurtbecher), die zu einem Drittel mit einer Fangfliissigkeit (3,Spro- zentige Formalinl6sung) gefiillt sind. In die ebenerdlg abschtiegenden, gegen Regen durch {]'berdachung (400 cm 2 groges Blechdach in 10 cm H6he) geschiitzten Bechern (vgl. Abb. 4) stiirzen vor allem bodenbesiedelnde Arthropoden und werden konserviert. Insgesamt wurden /.iber alle Versuchsparzellen verteilt 54 Fallen in insgesamt sechs Fallenlinien befangen (vgl. Abb. 3). Dazu kommen noch fiinf Fatlen im angrenzenden GrOnland und 14 Fallen in den Oberg~ingen vom Feld zum Grfinland, um Randeffekte berficksichtigen zu k6nnen. Pro Unter- suchungseinheit stehen damit mindestens Fangergebnisse aus fiinf Fallen zur Verfiigung, eine Zahl, die nach BAr, NDT (1976) ausreicht, um zumindest das charakteristische LaufkSferarten- s'pektrum fiir ein Untersuchungsjahr zu erfassen.

Abb. 4. Barberfalle; bodenbewohnende Arthropoden fallen in &}n vergrabenen Becher und werden yon einer Fangfliissigkeit konser- viert Fig. 4. Barber trap; soil-inhabiting arthropods fall into the buried cup and are preserved by a trapping liquid

Die Fallen wurden etwa alle drei Wochen entleert und die Ausbeute nach zuverliissig unter- scheidbaren Tiergruppen bzw. Typen sortiert (z. B. Laufk~ifer in fiinf Typen, Spinnen nach fiinf Gr6gen etc.). Auf Artbestimmungen mugte wegen der FfilIe des Materials (ca. 40 000 Einzel- individuen) zun~chst verzichtet werden. Weitergehende Arbeiten sind jedoch f(ir einzelne Ar- tengruppen oder Typen vorgesehen.

Dutch Abstimmung der Faltenkontrollen und durch Riicksichtnahme bei der Feldbewirt- schaftung konnten Verluste durch Entfernen, Zerst6ren oder Verschlemmen der Fallen ver- mieden werden I.

' Wir danken an dieser Stelle Herrn J~,Hax,', BCux-,~-~, Landwirt in Eichendorf. fiir das groi~e ~brst~indnis und die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

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Ausvairkungen yon biologiscbern rind konventionellern Landbau auf Flora und Fauna 2 7 9

3 Ergebnisse

3.1 Vegetationsaufnahmen

3.1.1 Artenzabl- und Deckungsgrad

Wie sich aus den Vegetationsaufnahmen im Sommer 1987 ergibt (vgl. Tab. 1, "lab. 2 und Abb. 5), ist die Zahl der Ackerwildkr~iuter im biologisch behandelten Feld nicht nur doppelt so hoch wie im konventionellen, sondern die wenigen Arten (meist harm~ickige Unkriiuter wie Poa annua, Galium aparine, Rumex obtusifolius oder Windhalm) beschr~inken sich zudem im

Tabetle l . Weizenfeld: Biologisch (Vegetationsaufnahmen Sommer 1987) Table l. O r g a n i c w h e a t field (Vege ta t ion su rvey s u m m e r 1987)

Datum 23,5. i 6 . 6 , i 2 7 . 6 . [

Stellaria media Taraxacurn officinale Larnium purpureurn Veronica persica 'viola ar"aensis Galiurn aparine Myosotis arvensis Rurnex spec. M entba arvensis Capsella bursa-pastoris Erysirnurn cheirantboides Veronica agrestis Brassica spec. Galeopsis tetrabit Vicea sativa Poa ~rivialis Papaver rhoeas Ranunculus repens Centaurea cyanus Lolium rnultiflo~7,rn Convolvulus arvensis Anagallis arvensis

Zelchenerklfirung siehe bei Abb. 5

1 2 r r 2 3 + l 2 1 1 + l r 1 1 + + 1 [ r r

2 1 1 2 1 r

12. 7. 17. 8.

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+ r 1 1 3 + 2 1 + +

1 +

2 3 1 + 1 2 + + 1 + +

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Tabelte 2. Weizcnfdd: Konventionell (Vegetationsaufnahmen Sommer 1987) Table 2. C o n v e n t i o n a l w h e a t field (Vege ta t ion su rvey s u m m e r 1987)

Datum j 23.5. ~ 6. 6. 19. 7. I7. 8.

Poa annua 1 l 1 1 Galiurn aparine r + + + Rurnex spec. r r r Taraxacurn ojficinale r r Poa triviahs r Apera spica-venti + + + Stellaria media r r Convolvuh,;s arvensis r Myosotis arvensis r Polygom~rn aviculare r Trifolium hybrqdurn r Viola ar'oensis r

Zelchenerkl~irung slehe bei Abb. 5

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280 U. Ammer, H. Utschick und H. Anton

Ackerunkrhuter

Artm~chtigkeit

Abb. 5. Verteilung der Artm~ichtig- keit von Ackerunkr~iutern im kon- ventioneUen und im biologischen Weizenfeld. W~ihrend im konven- tionellen maximal ein Deckungs- grad yon 5 % erreicht wird (1 Art), linden sich im biologischen Feld 10 Arten, die jeweils 5-50 % der Fl~i- che besiedeln

Fig. 5. Species distribution of crop- land weeds growing on the conven- tional and on the oi'ganic wheat field. There is a coverage of maximal 5, % (one species) on the conventio- nal field; but there are 10 species on the organic field which each cover from 5 to 50 % of the area

Abb. 6. Halml~ingen des Getrei- des und der Wildkr~iuter (Ra- ster) im konventionetlen (oben) bzw. biologischen Weizenfeld am 17.8. 1987 auf repr~isentati- ven Testfl~ichen. W~.brend im konventionellen Feld die Hat- me eine Ebene erreichen, sind sie im biotogischen stark gestuft und werden yon ,,Unkr~iutern" unter- und/.iberstanden

Fig. 6. Stalk length of wheat and of weeds (screen) on the con- ventional (top) and on the or- ganic field on August 17, 1987, on representative test plots. All straw on the conventional field is of the same length; but it shows strongly differentiated heights on the organic field, and there are both taller and shorter weeds, too

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Auswirkungen yon biologischern .rid konventionellem Landbau auf Flora und Fauna 281

wesentlichen auf die Spritzgassen (ausgesparte Fahrspuren des Schleppers) und bleiben, was ihren Deckungsgrad angeht, auf wenige (1-5) Prozent beschr~nkt. Erst ca. 6-8 Wochen nach der letzten Spritzung (Ende Juni) setzt verst~irkte Keimung ein; allerdings verhindert das in- zwischen hoch und dicht aufgewachsene Getreide eine nennenswerte Besiedelung.

3.1.2 Vertikalstruktur

Abbildung 6 zeigt die unterschiedliche vertikale Verteilung yon Getreidehalmen und ,,Unkr~iu- tern" in den beiden Feldern. Dartiber hinaus wird anhand dieser Darstellung deutlich, wie un- terschiedlich die H6henentwicklung in den beiden Weizenschl~igen verl~iuft. Auf dem konven- tionellen Acker bleiben die wenigen, sp~itkeimenden Wildkr~iuter unterdrfickt, bei ziemlich einschichtiger Auspriigung der Weizenhalme (63-82 cm). Auf der biologisch bearbeiteten Fl~i- che sind die Ackerwildkr~iuter in praktisch allen H6henstufen angesiedelt und sind teilweise (Vicea, Galium, Rumex) sogar in der Lage, das Getreide zu iiberfli~tgeln, was unter dem Gesichts- punkt der Bltitenbildung von erheblicher Bedeutung ist. Aber auch die Getreidehalme umfas- sen eine wesentlich gr6f~ere Spanne in der H6henentwicklung (von 34 bis 80 cm).

3.1.3 Raumstruktur

Fi~r einen Forstmann dr~ingen sich hier Assoziationen an ein einschichtig geschlossenes Fich- tenaltholz mit etwas Holunder im Unterstand bzw. an einen mehrschichtig bis plenterartig aufgebauten Mischbestand auf, und, in der Tat, die Abbildungen 7 und 8 zeigen f~r die biologi- sche Versuchsparzelle ein riiumliches Zwischen- und Nebeneinander, das dem gestuft ausge- f/~llten Stammraum eines nischenreichen Mischwaldes entspricht. Die Verteilung der Wild- kr~iuter zwischen den Saatreihen und innerhalb derselben macht in Verbindung mit der weiten

40cm

O Welzen 54

~-~.~h Geleopsis tetfahit 4

G eiium aDar 3

~-'~'~'~ Viola arven.si8 2

" ~ Vmea safiva 2

~ ' ~ Myosotis ervensis 4

~ ' ~ Poe ermua 4 ;~"

Veronkca parsica 2

Stellaria media 4

A_

Abb. 7. Verteilung der Weizenhaime und der ,,Unkr~iuter" im konvenfionetlen (rechts) und blologischen Feld (links) am 17. 8. 1987 in zwei repr~isentativen Testparzellen Fig. 7. Distribution of wheat straw and weeds on the conventional (right) and on the organic field (left) on August 17, 1987, on two representative test plots

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282 U. Ammer. H. Utschick und H. Anton

Abb. 8. Blockbilder der Ackervegetatlon auf zwei repr~isentatlven Testparzellen Ende Mai, Mitte und Ende August im konventionellen (links) bzw. biologischen Weizenfeld. Vor allem im Fr~ihjahr und nach der Ernte stellen die bl~henden Ackerwildkr~iuter wertvolle Nahrungsquellen f/~r bliitenbesucbende Insekten dar

Fig. 8. Cropland vegetation on two representative test plots at the end of May, and in the middle and at the end of August on tbe conventional (left) and on the organic wheat field. Especially in the spring and after haiwest, flowering cropland weeds are valuable food sources for insects

Fruchtfolge u. a. verstiindlich, weshalb beim biologischen Anbau trotz des ~v~rzichtes auf eine Behandlung mit Fungiziden in zehn Jahren keine spiirbaren Sch~iden durch Halmbruchkrank- heir, Mehltau, Getreiderost oder Spelzenbriiune aufgetreten sind.

Wie noch zu zeigen sein wird, haben Artenreichtum und Struktur der Wildkr~iuter auch wesentlichen Einflutg auf das faunistische Arteninventar.

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Aus~z'irkungen yon biologlschem und konventionellem Landbau auf Flora und Fauna 283

3.1.4 Nat~rschutzwert der Ackerwildkrauter

Betrachtet man die vegetationskundliche Aufnahme unter dem Gesichtspunkt der Zugeh6rig- keit der kartierten Ackerwildkr~iuter zu verschiedenen Gesellschaften und deren Bedeutung fiir den Artenschutz, dann l~it~t sich zeigen (s. Abb. 9), dalg die Artenzahlen bei den Zwischen- fruchtgesellschaften in den biologischen Parzellen h6her liegen (was sich aus der weiten Frucht- folge und den hohen Anteilen an Zwischenfriichten leicht erkl~irt), wShrend die ,,Unkriiuter", die aus dem angrenzenden Griinland stammen oder als Pioniere gestgrte Pl~tze besiedeln, in beiden Anbausystemen gleichh~iufig vertreten sind (invasionsfreudige Generalisten!). Eine deutliche Differenzierung tritt dann wieder bei den eigentlichen ,,Acker- und Feldunkriiutern" ein. Das vergleichsweise grolge Potential dieser ,,Unkriuter" auf'den biologisch bewirtschafte- ten Parzellen (u. a. zwei der in Bayern gefihrdeten Arten) unterstreicht die Bedeutung dieser Landbauform aus der Sicht des Artenschutzes und begriindet den Gedanken der Ackerrand- streifenprogramme, auch wenn es sich bei diesen nut um ,,einen Tropfen auf den hei~en Stein" handelt.

3.2 Tierbeobachtungen und Tierf~nge

3.2.1 Beobachtungen auf Zdhlqt~adraten

Abbiidung 10 bringt die Bedeutung btfihender Ackerwildkriiuter ffir Bienen, Hummeln und Schmetterlinge zum Ausdruck. Auch wenn man die auf den Z~ihlquadraten innerhalb von fi~nf Minuten festgestellten Individuenzahlen im Hinblick auf ihren absoluten Umfang sehr vorsich- tig einschiitzt, dann wird trotzdem der enorme Verlust deutlich, der dutch den generellen lDbergang zur chemischen Unkrautbek~impfung in der Landwirtschaft entstanden ist, well da- mit Nahrungsquellen verlorengingen, die friiher bis weit in den Sp~itsommer hinein bestanden. PRO~ST (1983) weist darauf bin, wie wichtig diese sogenannte L~ippertracht fiir Bienen ist, wenn grof~e Trachten vor~iber oder unterbrochen sind. Als ergiebige Wildkr~iuter in Ackerfluren gel-

[ ] konventionell [ ] biotogisch

1 Arten aus Zwi~ lchen t ruch tsaa ten

2 U n k r i u t e r aul l dem uml iegenden GrUn l~d

3 Pionierar ten gost~r P l~ fze

4 a | Igeme ine A c k e r - und Fe~dunkr~uter

5 speziatLS~L~te A c k e r - uod Fektunkt~luter

Abb. 9. Naturschutzwert der Ackerunkr2iuter im konventionellen und biologischen Weizenfeld. W:4hrend invasionsfreudige Generalisten unterschiedslos beide Felder besiedeln, treten die eigentlichen ,,Acker- und Feldunkr~iuter" bevorzugt im biologischen Fold auf Fig. 9. Nature conservation value of cropiand weeds on the conventional and on the organic wheat field. There is no difference between generally invasive species on both fields; true cropland weeds, however, appear predominantly on the organic field

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284 1,1. Ammer, H. Utschick und H. Anton

Abb. 10. Auftreten von Tagfaltern, Bienen und Hummeln auf Testquadraten im biologischen bzw. konventio- nellen Fetd. Angegeben ist zusiitzlich die jeweils dominlerende, in BI/ite stehende ,,Unkrautart" (Ende Mai: Lamium purpure~r juli: Vicia sativa, Ende August: Mentha anvensis)

Fig. 10. Occurrence of butterflies, bees, and bumblebees on test quadrats on the organic and on the conven- tional field. At specific times dominating and actually flowering weed species (end of May: Lamiu~n purpur- eum; July: Vicia sativa; end of August: Mentha arvensis) are also shown

ten neben clen in unseren Untersuchungsfl~.chen dominierenden Arten wie Rote Taubnessel, Wicken oder Ackerminze auch Kornblume, Distelarten und Ackersenf.

3.2.2 Netzfdnge

Vergleicht man die Gesamtsumme aller Netzf~inge (Abb. 11 a), so ist der Unterschied zwischen dem konventionellen und dem biologischen Feld zun~ichst nicht grol3. L~if~t man jedoch die

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A uswirkungen yon biologischem und konventionellem Landbau aut-Flora und Fauna 285

Gruppe der Blattl~iuse (Abb. 11 b) auger Betracht, dann sind im biologisch bearbeiteten Acker fast doppelt soviele Tiere gefangen worden wie im konventionell bewirtschafteten, und dies gilt fiir alle untersuchten Tierartengruppen (vgl. Abb. 12). Interessant ist, wie ged~impft - als Folge der im biologischen Weizenfeld reichlich vorhandenen Frel~feinde - die Btattlausentwicklung ohne jede Bekfimpfung verl~iuft. Erst zum Zeitpunkt ihrer maximalen Vermehrung konnten auf der biologischen Fliiche Blattl~iuse gefangen werden (Abb. 11 c und 11 d).

Bei allen anderen Tierartengruppen (Hautfliigler, Spinnen, K~ifer, Wanzen und Larven, Abb. 12) liegen die F~inge auf der konventionell bewirtschafteten Fliiche bei etwa der H~ilfte - bei Spinnen und Raupen sogar noch deutlich darunter - der Funde im biologischen Bereich.

Gesomtsumme ohne Blotlli~use

Blottl6use Blattli~use pro Fongtog

d

Abb. II. Gesamtsumme der dutch Netzfiinge gesammelten Arthropoden im konventionelten bzw. blologi- schen Feld (a); Gesamtsumme ohne Btattl~use (b), Gesamtsumme der Blattl~iuse (c) und Verteilung der Blatt- lausf~nge auf die einzelnen Fangtage (d). Getreideblattl~,use machen einen Grol'~teil der F~nge im konventio- nellen Weizenfeld aus, trotz des Spritzmittelelnsatzes, wiihrend sic im biologischen Feld bei niedrigen Dich- ten von Fret~feinden reguliert werden

Fig. 11. Total net catches of arthropods on the conventional and on the organic field (a), total without aphids (b), aphid total (c), and distribution of aphid catches by trapping days (d). Crop aphids dominate in the catches on the conventional wheat field in spite of chemical sprays; whereas on the organic field they are, at low population densities, being regulated by natural predators.

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Abb. 12. Gruppenvergleich der Netzfiinge ffir die im konventionel- fen bzw. biologischen Weizenfeld gesammelten Tiere; mJt Ausnahme der Blattl~iuse sind die Individ,,en- mengen pro Tiergruppe im bioiogi- schen Feld fast durchweg doppelt so hoch

Fig. 12. Group comparison of net catches on the conventional and on the organic wheat field. On the or- ganic field, number of individuals in each group, with the exception of aphids, is usually twice as high

3.2.3 Feinge in Barberfallen

3.2.3.1 Gesamtes Fangergebnis und Fangperiode

Das in Abbildung 13 dargestellte Fangergebnis und seine Verteilung fiber die Fangperiode hin- weg l~it.~t folgendes erkennen:

Gesomtsumme

Fangperiode

Abb. 13. Ergebnisse yon Bi~rberfallenfiingen im konventionellen bzw. biologischen Wei- zenfeld. ()ben: Gesamtsumme vom 16.4.-11.8. 1987. Unten: Fangverlauf im Untersuchungszeitraum. Die Auswirkungen der Biozid-Applikationen (Ende April bls Anfang Juli) sind an den w~.hrend dieses Zeitraums reduzierten Fangquoten im kon- ventionellen Feld deutlich abzulesen

F~. 13. Results of Barber trap catches on the conventional and on the organic wheat field. Above: Total between April 16 and August I1, 1987. Below: Course of catches during the observation period. Results of biocide applications (end of April until early July) are clearly illustrated by reduced catches on the conventional field during this time

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Auswirkungen yon biologiscbem und konventionellern Landbau auf Flora und Fauna 287

- im biologischen Feld liegt die Individuenzahl pro Falle fiber den Gesamtzeitraum hinweg um ca. 30 % h6her;

- wiihrend der Phase der Spritzungen im konventionellen Feld betriigt der Unterschied bis zu 65 %.

Etwa mit dem Ende der chemischen Behandlung des konventionellen Feldes steigen die Fang- ergebnisse an und fibersteigen zuniichst sogar diejenigen des biologischen Feldes. Auf dieses Ergebnis wird noch einmal zurfickzukommen sein (vgl. Ziffer 3.2.3.3 und 3.2.3.4).

3.2.3.2 Durchschnit tliche Fangergetmisse nach Tierartengruppen

Die Auswertung der fiber 40 000 gefangenen Tiere muf~te sich zun~ichst einmal auf Tierarten- gruppen beschriinken, die im Mittel aller Fiille und /.iber die Fangperiode hinweg in Abbildung 14 wiedergegeben sind. Auch hieraus wird die Uberlegenheit des biologischen Fel- des deutlich. Nicht so recht ins Bild passen wollen allerdings die relativ geringen Unterschiede bei Spinnen und Fliegen bzw. Hautfliiglern und die lDberlegenheit der Larven und Ameisen auf der konventionellen Parzelle. Diese Befunde sollen deshalb an zwei Beispielen noch etwas dif- ferenzierter betrachtet werden:

3.2.3.3 Spinnen

Die Darstellungen Ober die zeitliche Verteilung der gefangenen Spinnen (Abb. 15 a) und ihre Klassifizierung nach Gr6f~enklassen (Abb. 15 b) lassen folgendes erkennen: 1. Zun~ichst leiden auch die Spinnen unter den Spritzungen, sind im Hochsommer aber im

konventionellen Feld zahlreicher als im biologischen. 2. Dieser Unterschied wird entscheidend bewirkt dutch die grof~e Zahl der winzig kleinen

Spinnen (etwa 1 mm). Sie werden leicht mit dem Wind vertragen und k6nnen den Lebens-

Abb. 14. Gruppenvergleich der Barberfallenfiinge zwischen konventionellem und biologischem Weizenfeld. Vor allem K~ifer und Collembolen leiden stark bei konventioneller Wirtschaftsweise Fig. 14. Group comparison of Barber trap catches between conventional and organic wheat field. Especially beetles and collembolans suffer considerably with conventional farming

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288 U. Arnmer, H. Utschick und H. Anton

raum des konventionellen Weizenschlages nach Beendigung der Spritzungen neu besiedeln und eine Massenvermehrung durchlaufen, w~ihrend im biologisch bewirtschafteten Feld die Feinde ein Hochschnellen der Population verhindern.

3. Die Milben dagegen werden dutch die Spritzungen zur Zeit ihres Aktivitfitsmaximums schwer gesch~idigt und k/Snnen diese Vertuste wegen ihrer relativ geringen Mobilitiit im kon- ventionellen Feld nicht mehr ausgleichen.

Abb. 15. Ergebnisse yon Barberfallenf~ingen bei Spinnentieren (Spinnen, Weberknechten, Milben) im konven- tionetlen bzw. biologlschen Weizenfeld. Oben: Fangverlauf im Untersuchungszeitraum. Unten: Gr6P~enklas- sen. Im konventionellen Fetd treten in griSfleren Dichten nur sehr kleine Spinnen auf, und auch dies erst nach Beendigung des Biozideintrags Fig. 15. Results of Barber trap catches with arachnids (spiders, mites) on the conventional and on the organic wheat field. Above: Course of catches during the observation period. Below: Size classes. On the conventional field, only very small spiders occur at higher densities, and this only after biocide application has stopped

3.2.3.4 Lar'aen

Die in Abbildung 14 dargestellte Gesamtbilanz der Larven erkliirt sich in Verbindung mit Abbildung 16 vor allem durch die Massenvermehrung nach der Spritzphase, nachdem zu die- sere Zeitpunkt die Frei~feinde fehlen bzw. ihren Bestand erst langsam aufbauen miissen.

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Auswirkungen yon biologischem und konventionellem Landbau auf Hora und Fauna 289

Abb. 16. Ergebnisse yon Barberfallenf~in- gen bei Larven (v. a. Kiiferlarven). Nach Beendigung des Biozideintrages kommt es infolge des Ausfalls yon Regulatoren zu einer deutlichen Zunahme im kon- ventionetlen Feld Fig. 16. Results of Barber trap catches with larvae (especially beetle larvae). There is a distinct increase on the con- ventional field due.to the toss of regula- tors after bioclde application has stop- ped

4 D i s k u s s i o n

Obwohl eine Vergieichbarkek mit den Ergebnissen yon B~AU~EWELL et. aL 0985) zur Ver~inde- rung der Beg|eitflora beim L)bergang yore bio|ogischen zum konventionetlen Anbau in Hessen im strengen Sinne (z. B. wegen der Standorts- und Bewirtschaftungsunterschiede, der Flur- stiicksgr6Ren und der Saumbiotopsituatlon) nicht gegeben ist, so lassen sich doch die gefunde- nen Tendenzen einander gegeni~berstellen. Zwar liegen die Artenzahlen bei den Untersuchun- gen in Hessen insgesamt um etwa den Faktor 2 h6her als bei unseren Aufnahmen, was mit der Streuung der Versuchsparzdlen bzw. den g~nstigeren Boden- bzw. Wuchsklimaverh~ilmissen in Hessen und einer st~irker differenzierten Artenbestimmung erkl~irt werden kann, abet die Relation zwischen konventionellen und biologischen Fl~ichen ist mit 1:2 praktisch genau diesel- be. Ubereinstimmend ist auch die Beobachmng, daf~ das noch vorhandene Arteninventar im konventionellen Landbau fast nur noch aus herblzidtoleranten ,,Problemunkriiutern" besteht, w~ihrend der Anteil der besonders schutzwiirdigen, well sekeneren Arten auf den biologischen Fliichen rand dreimal so hoch ist. Auch die Angaben zum Deckungsgrad bzw. zur Artenm~ich- tigkeit stimmen bei einigen Proben aus den Weizenfeldern yon BRA~:XE\VELL et. al. (1985), abet auch anderen Getreidesorten (z. B. Sc~uI.z et. al. 1987), gut mit unseren Ergebnlssen i.iberein.

Nach HEVDEMAr~ und MEv~.R (1983) leben an 102 untersuchten Ackerbegleitflora-Arten in Mitteleuropa etwa 1200 phytophage Tierarten. Als Foige des nachgewiesenen Verlustes an Ackerwildkr~iutern muff auch ein Verlust an Tierarten und ein Riickgang der Individuenzahlen erwartet werden. Auch die yon HEVD~,*t^NX und ME~'ER (1983) ver6ffentlichten Zahlen iiber den Riickgang der Artendlchte in Wintergetreide-Okosystemen im Zusammenhang mit den yon 1950 bis 1980 eingetretenen .&nderungen in der konventiondlen Landbewirtschaftung stimmen mit unseren Befunden recht gut iiberein. Schlieglich wird die yon den genannten Au- toren festgestettte Miniaturisierung, die sich unter anderem auch auf die kteinen ntitzlichen Spinnen bezieht, durch unsere Befunde insofern best~itigt, als auch bei uns die Spinnen um 5 mm Gr/51~e und die ganz kleinen Spinnen (etwa 1 mm) keine dauerhafte Beeintr~ichtigung durch die konventionelle Landbewirtschaftung zeigen, ganz im Gegensatz zu den groflen Spin- n e n .

Neben der zumeist indirekten Wirkung auf das Faunainventar dutch die chemische Beseiti- gung der Ackerwildkriiuter konnten wir eine deutliche Verringerung der Artendichte der Col- lembolen feststellen, fiir die DOPPV_t.RtIrER (1978) eine erhebliche Schiidigung durch Herbizide nachgewiesen hat. Auf der anderen Seite sind oft Sch~idlingsdichten, z. B. bei Getreideblattl~iu- sen (siehe auch PtoR~ et. al. 1987) oder Larven trotz Biozideinsatzes bei konventioneller Bewirt- schaftung h6her als bei biologischem Landbau, eine Folge der Mitvernichtung ihrer natiirlichen Feinde. Alles in allem wird man zur Einordnung der nachgewiesenen Unterschiede beziiglich des Arteninventars von Pflanzen und Tieren in konventionellen und biologisch bewirtschafte-

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290 U. Ammer, H. Utschick und H. Anton

ten Weizenfe ldern des Atpenvor landes sagen diirfen, daft die zum Tell e rheb l i chen Verluste mi t Sicherhei t an der un te ren Grenze dessen liegen d~rften, was un te r grogfl i ichigen, mo n o s t ru k t u r i e r t en und in tensiver bewir t schaf te ten Verh~ilmissen im konven t ione l l en Bereich zu e rwar ten w~.re.

Z u s a m m e n f a s s u n g u n d Schlu l~fo lgerungen

1. Die auf streng vergleichbaren gi:izenfeldern mit organisch-blologischer bzw. konventionefler Wirt- schaftsweise durchgefiihrten Vegetationsaufnahmen haben ein Pfianzenartenspektrum ergeben, das im bioiogischen Feld etwa doppelt so grog ist wle im konventionellen, und das in Verbindung mit Deckungsgrad und H6henentwicklung eine Raumstruktur bewirkt, die die geringe Anfiilligkeit der Nutz- pflanzen gegenfiber pilzlichen und tierischen Schiidtlngen plausibel macht.

2. Die fiber Testquadrate, Netz- und Barberfallenfiinge hergeleiteten tierfkologischen Befunde belegen die Bedeutung dec Ackerbegleitflora ffir Blench, "I?.gfaiter und Hummeln, abet auch ffir Wanzen, Fliegen/ Hautfliigler, Blatt- und R/.isselkSfer, Milben u. a. Dariiber hinaus bewirkt dec u auf die Verwen- dung aller denkbaren Agrochemikalien in Verbindung mit der schonenderen Bodenbewirtschaftung und extcnsiveren Dfingung im Bereich der biologischen Bewirtschaftung, dais auch andere, die Bodenoberflii- che bzw. den bodennahen Raum besiedelnde Tierarten (wie Spinnen, Laufkifer, Grillen, TausendfCtgler und Collembolen) in groger Arten- und [ndividuenzahl erhalten werden. Dec lDbergang zur chemieorien- tierten Bewirtschaftung tuft nicht nur Faunenverluste hervor, die mindestens zwischen 30 % und 50 % des auf der biotogischen Parze!le nachgewiesenen Arteninventars ausmachen, sic ffrdern auch Einseitig- keiten und Massenvermehrungen durch das Fehlen yon Fregfeinden.

3. Die Untersuchungen zeigen, dat~ bei einer grogfl:,ichigen Rfickkehr zu den Methoden eines organisch- biologischen Landbaues nicht nut dec Artenschwund bei den Wildkriutern verhindert, sondern auch die dramatischen Verluste im Bereich der bodennahen Fauna gestoppt werden kfnnten. Zusammen mit einem Programm zur Wiederanreicherung der Flur dutch Feldgehflze, Hecken, W~ille, Feldraine und andere Saumbiotope w~ire eln solches Konzept jedem an Schurzgebieten - als Alibi f~ir eine weitere tnten- sivierung und Chemisierung der Landwirtschaft - orientierten System gberlegen. Es hitte augerdem den unschitzbaren Vorzug, wichtige Ressourcen wie Boden und vor allem Wasser gesundzuerhalten und die lDberproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu beenden.

S u m m a r y a n d conc lus ions

Effects of organic and conventional ]arrmng on flora and ]auna.

I. Vegetation surveys were conducted on conventionally and organically farmed but otherwise fully com- parable wheat fields. They have shown a plant species spectrum which is about twice as broad on the organic than on the conventional field. Degree of plant cover and height development on the former bring about a spatial structure which makes plausible the low susceptibility of the cultured plants to fungal and animal pests.

2. The animal-ecological findings derived from measurement quadrats, net and Barber trap catches illustrate the importance of the accompanying agricultural flora for bees, butterflies and bumblebees; but also for other hymenopterans, leaf beetles and weevils, mites, and others. If the use of agrochemicals is stopped - together with more careful soil management and more extensive fertilizer application in organic farming - also other animal species living on and above the soil surface (as for example spiders, carabids, crickets, millipedes, and collembolans) will then occur in large numbers, both in terms of species and individuals. Transition to chemical-oriented farming will not only cause faunal losses of at least 30 percent to 50 per- cent as compared with the species recorded on the organic plot; it will also favor one-sidedness and mass gradations because there are no natural enemies.

3. The investigations show that large-scale returning to methods of organic farming will not only prevent a decline of wild herbs but also may stop dramatical losses of the above-ground fauna. Together with a program of re-establishing tree groves, hedges, earthen walls, natural field-border zones, and other peri- pheral biotopes, such a concept woutd be superior7 to any system geared to nature reserves that is used as an alibi for an ever more intensified and chemical-oriented agriculture. It also would have the invaluable advantage of keeping important resources such as soil and especially water in sound condition, and over- production of agricultural commodities would cease.

L i t e r a t u r

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Anschriften der Verfasser: Prof. Dr. Ucv, icH A.~I,xlER, Dipl. Biologe Dr. H^xs U'rscHlcs, cand. forest. Hcl~r_-R'r A~vox, Lehrstuhl ftir Landschaftstechnik Winzererstr. 45/II, D-8000 Mtinchen 40