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1788 Knösel: Die Begutachtung künstlicher Dünger. Lan Zeitschrift für gewandte Chemie. Die Begutachtung künstlicher / Dünger. ^ Von Ti. K wo SEI,. (Eingeg. d. 4. 6. 1904.) DieBegutachtungkünstlich erDünger wird seitens der Versuchstationen mitunter rein nach einer Schablone vorgenommen. Dabei kommen dann auch Urteile mit zutage, wie das in Nr. 10 der Hannoverschen Land- und Forstwirt- schaftlichen Zeitung ds. Js. von der landwirt- schaftlichen Versuchsstation in Hildesheim zum Abdruck gebrachte. Da werden die beiden mir patentierten künstlichen Dünger von Herrn Dr. Aumann kurzerhand begutachtet und abge- fertigt, ohne daß er dieselben überhaupt nur gesehen hat! Da beide Dünger sehr viel organische, also humusbildende Substanz mit enthalten, hatte ich auf Anraten von befreundeter Seite die kgl. Landwirtschaftskammer in Hannover darauf aufmerksam gemacht, weil sie gerade besonders für den leichten Boden der Lüne- burger Heide und ähnlichen Gegenden geeignet erscheinen und ihn ertragsfähiger machen müssen. Das erste Verfahren — D. E. P. 101238 — bezieht sich auf einen feinen eigenartigen Schlick, welcher sich in einem größeren Landsee Pom- merns angesammelt, denselben nach und nach ganz ausgefüllt und so zum völligen Verschwin- den gebracht hat; er enthält im trockenen Zu- stande: 66 % Humus und andere organische Sub- stanz (einschließlich 3,5—4,25% N), 16,0 % feinsten weißen Sand, 9,5 % Kieselpanzer, 1,5% Gips, 4,0% Ton und 3,0% kohlensauren Kalk, Alkalien, P 2 O 6 und ganz wenig Fe. Man sieht, die unorganischen Substanzen außer Sand und Kieselpanzer verschwinden hier geradezu, so daß diese Masse nach meiner festen Überzeugung sich nicht auf primärer Lagerstätte befindet, sondern auf sekundärer; die feinen und leichten Teile sind nach und nach ausge- waschen, weggeschlämmt und in den See geführt worden, während die schweren zurückgeblieben sind; das Flüßchen, welches ehedem den See quer durchströmte, geht jetzt außen um den- selben herum. An Stelle das Sees hat man heute eine über 7000 Morgen große, sehr ertrags- reiche Wiese, unter welcher der Schlick 8—14 und mehr Meter mächtig liegt und überall in gleicher Zusammensetzung. Das Flüßchen führt auch heute noch immer Klümpchen dieses feinen Schlicks, aber nun in die See. Der Schlick ist so fein, daß man ihn zwischen den Fingern kaum fühlt; sowie er aber an der Luft trocknet, bildet er ganz harte und feste Stücke, welche kaum zu zerkleinern sind und selbst der Ein- wirkung der stärksten Chemikalien den größten Widerstand entgegensetzen; das Zeug brennt dann mit leuchtender, stark rußender Flamme und entwickelt viel Teer, Öle usw. von wenig angenehmem Gerüche; man hat es zum Heizen im Ofen zu verwenden versucht, aber schnell waren alle Züge verstopft. Das Lager enthält nun mindestens 100 Mil- lionen dz, auf trockene Masse berechnet, und darin rund 4 Millionen dz Stickstoff; auf Wunsch des Eigentümers befaßte ich mich nun damit, ein einfaches Verfahren ausfindig zu machen, bei dem man die feuchte Masse aufs beste verwerten könnte; nach längerem Arbeiten gelang mir dies, indem ich den Schlick, nach- dem er etwas abgesackt ist, mit großem Über- schuß von Schwefelsäure vermische, wobei fast der ganze Stickstoff in Ammoniak übergeführt und die organische Substanz sozusagen etwas aufgeschlossen wird; dann wird die nötige Menge irgend eines Phosphates hinzu gegeben und so in der Masse selbst Superphosphat erzeugt; dadurch wird die organische Substanz derart verteilt, daß sie nicht mehr zu harten Stücken zusammentrocknen kann; sie bleibt fein zerteilt und ist so den Wurzeln der Pflanzen am besten zugänglich. Auf diese Weise wird der Schlick schnell in einen trockenen Dünger ver- wandelt. Ich habe große Mengen davon hier ver- arbeitet und dann den Dünger mit bestem Er- folge zur Anwendung gebracht. Dabei be- obachtete ich, daß die fast weiße Masse in der Erde später schwarz und außerdem von den Regenwürmern besonders aufgesucht, von ihnen verzehrt und verdaut und so den Pflanzen aufs beste zugänglich gemacht wird. Bei gewöhn- lichem Superphosphat habe ich derartiges nie- mals beobachtet. Ich betone dies deshalb gerade, weil in der organischen Substanz ziemlich viel Ozokerit enthalten ist, und man diesen vielfach für pflanzenschädlich hält. Könnte aber dann auf dem Schlick selbst auch nur das geringste wachsen und gedeihen? Derselbe enthält ja so viel Wasser, daß die anderen Bestandteile außer der organischen Substanz und dem Sand geradezu verschwinden; er hat dann nämlich: 89,00% Wasser, 6,81 % organische Substanz, 0,45% N, 1,76 % feinen Sand, 1,05 % Kieselpanzer, 0,16% Gips, 0,44% Ton, 0,33%' Kalk, Alkalien, P. 2 O 5 und etwas Fe. 100,00 % Herr Dr. Aumann spricht nun den organi- schen Substanzen jeden Wert ab; auf und durch was mag dezm aber die schöne Wiese hier wachsen und gedeihen? Je nach den verschie- denen Mengen von Schlick und Phosphat und der Zusammensetzung des letzteren wird selbst- redend auch die Zusammensetzung des gebilde- ten Düngers eine verschiedene sein; ich hatte sie angegeben mit 1,5% N, 12—16% wasserlös- licher P 2 O 5 ,0,2—0,4 % K 2 O und 12—15% orga- nische Substanz. Es leuchtet doch nun Jedem ohne weiteres ein, daß, wenn man mehr Phos- phat und weniger Schlick nimmt, man mehr P 2 O 6 und weniger der anderen Bestandteile

Die Begutachtung künstlicher Dünger

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1788 Knösel: Die Begutachtung künstlicher Dünger. LanZeitschrift für

gewandte Chemie.

Die Begutachtung künstlicher/ Dünger.

^ Von Ti . K wo SEI,.(Eingeg. d. 4. 6. 1904.)

D i e B e g u t a c h t u n g k ü n s t l i c h erDüngerwird seitens der Versuchstationen mitunter reinnach einer Schablone vorgenommen. Dabeikommen dann auch Urteile mit zutage, wie das inNr. 10 der Hannoverschen Land- und Forstwirt-schaftlichen Zeitung ds. Js. von der landwirt-schaftlichen Versuchsstation in Hildesheim zumAbdruck gebrachte. Da werden die beiden mirpatentierten künstlichen Dünger von Herrn Dr.Aumann kurzerhand begutachtet und abge-fertigt, ohne daß er dieselben überhauptnur gesehen hat!

Da beide Dünger sehr viel organische,also humusbi ldende Substanz mit enthalten,hatte ich auf Anraten von befreundeter Seitedie kgl. Landwirtschaftskammer in Hannoverdarauf aufmerksam gemacht, weil sie geradebesonders für den leichten Boden der Lüne-burger Heide und ähnlichen Gegenden geeigneterscheinen und ihn ertragsfähiger machenmüssen.

Das erste Verfahren — D. E. P. 101238 —bezieht sich auf einen feinen eigenartigen Schlick,welcher sich in einem größeren Landsee Pom-merns angesammelt, denselben nach und nachganz ausgefüllt und so zum völligen Verschwin-den gebracht hat; er enthält im trockenen Zu-stande:

66 % Humus und andere organische Sub-stanz (einschließlich 3,5—4,25% N),

16,0 % feinsten weißen Sand,9,5 % Kieselpanzer,1,5% Gips,4,0% Ton und3,0% kohlensauren Kalk, Alkalien, P2O6

und ganz wenig Fe.Man sieht, die unorganischen Substanzen

außer Sand und Kieselpanzer verschwinden hiergeradezu, so daß diese Masse nach meiner festenÜberzeugung sich nicht auf primärer Lagerstättebefindet, sondern auf sekundärer ; die feinenund leichten Teile sind nach und nach ausge-waschen, weggeschlämmt und in den See geführtworden, während die schweren zurückgebliebensind; das Flüßchen, welches ehedem den Seequer durchströmte, geht jetzt außen um den-selben herum. An Stelle das Sees hat manheute eine über 7000 Morgen große, sehr ertrags-reiche Wiese, unter welcher der Schlick 8—14und mehr Meter mächtig liegt und überall ingleicher Zusammensetzung. Das Flüßchen führtauch heute noch immer Klümpchen dieses feinenSchlicks, aber nun in die See. Der Schlick istso fein, daß man ihn zwischen den Fingernkaum fühlt; sowie er aber an der Luft trocknet,bildet er ganz harte und feste Stücke, welchekaum zu zerkleinern sind und selbst der Ein-wirkung der stärksten Chemikalien den größtenWiderstand entgegensetzen; das Zeug brenntdann mit leuchtender, stark rußender Flammeund entwickelt viel Teer, Öle usw. von wenig

angenehmem Gerüche; man hat es zum Heizenim Ofen zu verwenden versucht, aber schnellwaren alle Züge verstopft.

Das Lager enthält nun mindestens 100 Mil-lionen dz, auf trockene Masse berechnet, unddarin rund 4 Millionen dz Stickstoff; aufWunsch des Eigentümers befaßte ich mich nundamit, ein einfaches Verfahren ausfindig zumachen, bei dem man die feuchte Masse aufsbeste verwerten könnte; nach längerem Arbeitengelang mir dies, indem ich den Schlick, nach-dem er etwas abgesackt ist, mit großem Über-schuß von Schwefelsäure vermische, wobei fastder ganze Stickstoff in Ammoniak übergeführtund die organische Substanz sozusagen etwasaufgeschlossen wird; dann wird die nötigeMenge irgend eines Phosphates hinzu gegebenund so in der Masse selbst Superphosphaterzeugt; dadurch wird die organische Substanzderart verteilt, daß sie nicht mehr zu hartenStücken zusammentrocknen kann; sie bleibt feinzerteilt und ist so den Wurzeln der Pflanzen ambesten zugänglich. Auf diese Weise wird derSchlick schnell in einen trockenen Dünger ver-wandelt.

Ich habe große Mengen davon hier ver-arbeitet und dann den Dünger mit bestem Er-folge zur Anwendung gebracht. Dabei be-obachtete ich, daß die fast weiße Masse in derErde später schwarz und außerdem von denRegenwürmern besonders aufgesucht, von ihnenverzehrt und verdaut und so den Pflanzen aufsbeste zugänglich gemacht wird. Bei gewöhn-lichem Superphosphat habe ich derartiges nie-mals beobachtet. Ich betone dies deshalb gerade,weil in der organischen Substanz ziemlich vielOzokerit enthalten ist, und man diesen vielfachfür pflanzenschädlich hält. Könnte aber dannauf dem Schlick selbst auch nur das geringstewachsen und gedeihen? Derselbe enthält ja soviel Wasser, daß die anderen Bestandteile außerder organischen Substanz und dem Sand geradezuverschwinden; er hat dann nämlich:

89,00% Wasser,6,81 % organische Substanz,0,45% N,1,76 % feinen Sand,1,05 % Kieselpanzer,0,16% Gips,0,44% Ton,0,33%' Kalk, Alkalien, P.2O5 und etwas Fe.

100,00 %Herr Dr. A u m a n n spricht nun den organi-

schen Substanzen jeden Wert ab; auf und durchwas mag dezm aber die schöne Wiese hierwachsen und gedeihen? Je nach den verschie-denen Mengen von Schlick und Phosphat undder Zusammensetzung des letzteren wird selbst-redend auch die Zusammensetzung des gebilde-ten Düngers eine verschiedene sein; ich hattesie angegeben mit 1,5% N, 12—16% wasserlös-licher P2O5,0,2—0,4 % K2O und 12—15% orga-nische Substanz. Es leuchtet doch nun Jedemohne weiteres ein, daß, wenn man mehr Phos-phat und weniger Schlick nimmt, man mehrP2O6 und weniger der anderen Bestandteile

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XVII. Jahrgang.Heft 47. 18. November 190i1 Knösel: Die Begutachtung künstlicher Dünger. 1789

haben wird; Herr Dr. Au m a n n nimmt aberfür a l l e die u n t e r s t e n Gehaltszahlen undkommt so zu einem niedrigeren Werte desDüngers, zumal er die wasserlösliche P2O. nur mit31Pf per kg ansetzt. DieletztenHandelsberichte derChemikerzeitnng brachten keine Preise dafüraus Mannheim, sondern nur aus Frankreich, unddiese sind wesentlich höher. Ich habe ebenfallsnur gesagt, daß man diese Bestandteile zu densonst üblichen Preisen berechnen und bezahlenund die ganze organische Substanz z u n ä c h s tg r a t i s dazu haben soll; erkennt man durch ihregute Wirkung deren hohen Wert, so wird mannatürlich diesen Dünger bevorzugen und die orga-nische Substanz darin dann ebenfalls bezahlen.

Herr Dr. Aumann spricht von einer Gabevon 50 kg Dünger pro Morgen, also 6—8 kgP2Oä nur. Das ei'scheint sehr wenig. WelcheSpuren kommen dann auf eine Pflanze? Nachihm liegt also gar kein Grund vor, die organi-sche Substanz zu bewerten, da man dies z. 3 .in den Knochenmehlen auch nicht tut. Nun istaber auch gerade Knochenmehl eines deram allerlangsamsten und am wenigsten wirken-den Düngemittel. Wie lange liegen erst garKnochenstücke in der Erde, bis sie eine Zer-setzung zeigen; das ist ja namentlich auf denFettgehalt mit zurückzuführen; und deswegenwird ja von der Verwendung des Knochenmehlsvielfach entschieden abgeraten. Kosten dennaber andererseits die von Dr. A u m a n n emp-fohlenen Stall- und Gründüngungen dem Land-wirte etwa nichts?

Nun ist die organische Substanz im Schlickdoch viel feiner verteilt und leichter von denPflanzen aufzunehmen, resp. in Humus zu ver-wandeln als in Stroh, Gründüngung usw., wie-viel Wasser ist darin, wieviel Zellstoff, der amlängsten der Verrottung widersteht, und wiehindert der stark kieselhaltige Panzer des Strohsden Verwesungsprozeß.

Trotz alledern muß der Landwirt d ieseorganische Substanz stets und nicht zu billigbezahlen; warum also soll sie ihm in nochbesserer Form nicht auch entsprechend wertsein und dann im Dünger mit berechnet werden?

Was meinen zweiten Dünger anlangt, sokann ich mich kürzer fassen, indem ich michauf meine früheren Aufsätze in der Chem.-Ztg.Nr. 21 von 1902 und Nr. 4 von 1904 beziehe,und jetzt hauptsächlich nur die Irrtümer desHerrn Dr. A u m a n n richtig stelle.

Zunächst behauptet er, die Sulfitlauge wäreein Abfallprodukt bei der Papierfabrikation;das stimmt schon nicht, denn diese Ablaugenstammen von der Zellstofffabrikation, wennman nach dem Sulfitverfahren arbeitet. Weitersollen sie im wesentlichen aus Schwefelsäurebestehen: das stimmt wieder nicht, denn sieenthalten in der Hauptsache su l fo l i gn in -sauren K a l k gelöst, welcher das Thomasmehlganz und gar aufschließt und verwandelt.Schwefelsäure würde doch durch den Kalk fastganz als u n l ö s l i c h e r Gips ausgeschieden werden,wenn sie in den Ablaugen in nennenswerterMenge enthalten wäre.

Bei meiner Wertberechnung des Sulfitlaugen-düngers habe ich den des Thomasmehls zugrundegelegt, nach dem 13—14% citratlösliche und18 % Gesamt-P2O5 durchschnittlich überall mit5 M per 100 kg bezahlt werden, während esnach der Berechnung des Herrn Dr. A u m a n nnur 3,44 31 kosten dürfte! Aber in derselbenNummer seiner Zeitung wird Seite 182 der Preisnach Herrn Gutsbesitzer RommeickeinMichelauebenfalls mit 5 M angegeben, von dem er 450 kgpro ha ausgestreut hat, also ungefähr 20 kgGesamt-P.,O5 pro Morgen, nicht bloß 6—9 etwa,wie Herr Dr. A u m a n n vorschlug.

Ist das Thomasmehl billiger, wird auchnatürlich mein daraus gefertigter Laugen-dünger billiger und umgekehrt.

Nun sagt Herr Dr. Aumann weiter, daßderselbe nur 9% Kalk enthielte; auch dies istnicht richtig. Diese 9% l e i c h t l ö s l i c h e rKalk, welche ich besonders anführe und be-werte, stammen nur aus den Sulfitlaugen, indenen sie sich voll in Lösung befinden. Da ich— wie in Nr. 4 der Chem.-Ztg. von 1904 ge-sagt — aus 100 kg Thomas- rund 200 kg Knösel-mehl erhalte, muß dasselbe nicht bloß 9, sondernetwa 34 % Kalk enthalten. Ich bewerte abernur die 9%, trotzdem auch die anderen 25%,welche vom Thomasmehl stammen, durch dieBehandlung mit den Sulfitablaugen leichter lös-lich geworden sind. Auch wird das schädlicheCaS des Thomasmehls zersetzt und das CaOgebunden.

Die Bewertung des Kalks habe ich nachdem Vorschlag des verstorbenen H e r r n Geh.H a t Dr. Mae rcke r vorgenommen, welchersogar den ganzen K a l k g e h a l t , nicht bloßjene 9%, zu 32 M per 100 kg ansetzt, als leichtlöslichen Mergel.

Auch hier spricht nun Herr Dr. A u m a n nder organischen Substanz wieder jeden Wert ab.Er wird es mir nun nicht im geringsten verdenkenkönnen, wenn ich dem Gutachten des HerrnProf. Dr. H. W i s l i c e n u s von der kgl. Forst-akademie zu Tharand einen höheren Wert beilege,als dem seinigen, da dieser nicht bloß den Düngergenau untersucht, sondern es auch veranlaßthat, daß man denselben in großen Mengen, nichtbloß grammweise, sondern über 400 kg zu ver-gleichenden Versuchen verwandt hat, welche,wie schon in Nr. 4 der Chemikerzeitung be-richtet, überraschend günstige Resultate ergebenhaben. Solche Versuche haben doch einenganz anderen Wert, eine ganz andere Bedeutung,als Ansichten, welche nur am Schreibtisch ohnejede Kenntnis des betreffenden Objekts aufge-stellt werden. Das Gutachten ist in Nr. 21 derChemikerzeitung von 1902 mit zum Abdruck ge-kommen. Welchen Bestandteilen des neuenDüngers möchte nun wohl Herr Dr. A u m a n ndessen günstige Wirkung zuschreiben? und wo-her mag es kommen, das selbst die abgestumpf-ten dünnen Ablaugen, wenn sie zu Berieselungenbenutzt werden, schon so vortreffliche Resultategeben? In ihnen ist doch nur in sehr verdünn-tem Zustande sulfoligninsaurer Kalk mit ganzgeringen Mengen von Kali und Stickstoff vor-handen; und gerade die günstigen Wirkungen

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führten mich auf den Gedanken, diese Ablaugenin einen festen, versandfähigen Dünger zuverwandeln, damit man nicht bloß auf die aller-nächsten Umgebungen der Sulfitstofffabrikenangewiesen ist. Zunächst dachte ich mehr nuran ein mechanisches Aufsaugen, fand aber späterdie stark aufschließende Wirkung der Ablaugenganz besonders auf das Thomasmehl Die leichtlösl ichen, schwarzen Ablaugen geben mitdem u n l ö s l i c h e n , grauen Thomasmehleine ganz neue Masse, braungelb undschwer lös l ich , welche sich nach einigenTagen Stehens mit Wasser in einen fast schoko-ladefarbenen Schlamm verwandelt. Jedenfallsist hier die Phosphorsäure nicht bloß ganz undgar, sondern sogar noch le ich te r als nurcitratlöslich geworden, so daß sie zwischendieser und der wasserlöslichen stehen wird.

Welchen hohen Wert Herr Prof. Dr. Wis-l icenus gerade der organischen Substanz indem neuen Dünger beimißt, sagt er ja in seinemGutachten ganz besonders. Es liegt dies jaeigentlich auch auf der Hand, denn in den Ab-laugen sind sämtliche Bestandteile des Holzesmit Ausnahme des Zellstoffs in Lösung; siemüssen also zur Bildung von Humus undneuen Pflanzen besonders tauglich sein. Ichhabe die guten Wirkungen auch in meinemGarten, den ich 1894 und später neu angelegthabe, erkennen können. In den ersten Jahrengediehen alle Bäume nur wenig. Aber wie ganzanders haben sie sich entwickelt, seitdem ichmit meinen beiden neuen Düngern nachgeholfenhabe. Auf die Bildung des Stammes und derganzen Krone, den Ansatz von Blüten undFrüchten wirken beide ganz außerordentlich hin,besonders bei Kirsch- und Äpfelbäumen, Linden,Birken, Nadelhölzern usw. In diesem Winter habeich versucht, Erdbeeren in Töpfen im Zimmer jzu treiben. Anfangs kamen sie gar nicht vomFlecke, seitdem ich aber nicht mehr mit reinemWasser gieße, sondern demselben ganz geringeMengen von Sulfitlaugendüngerlösung zusetze,gedeihen sie vortrefflich, entwickeln kräftigeBlätter von auffallend schöner grüner Färbung,blühen und setzen reichlich Früchte an. Dabeiist die Lösung sehr schwach, wirkt also sichernur hauptsächlich wegen des Gehalts an organi-scher Substanz, weil die anderen Bestandteiledagegen verschwinden. In dem Dünger sind jarund 31% t rockene organische Substanz ent-halten. Diese müssen doch viel besser wirkenund daher auch mehr wert sein, als etwa Stroh,Gründüngung usw.

Es ist ja wahr, daß viele Versuchsstationeneinen Gehalt an organischer Substanz, in denkünstlichen Düngern gar nicht weiter beachtenund bewerten. Ganz anders aber ist dies beiden Landwirten. Viele von ihnen, besondersaber diejenigen, welche leichten Boden bebauen,sagen ja geradezu, daß die sonstigen künstlichenDünger den Boden nach und nach aussaugen,indem sie keinen Ersatz für den verbrauchtenHumus liefern; und Stalldünger haben großeGüter für an und für sich schon humusarmenBoden bei weitem nicht genug; deshalb ist beivielen Landwirten, namentlich auch bei zucker-

rübenbauenden, ein großes Interesse für meinebeiden künstlichen Dünger vorhanden. Siewünschen ihre baldige Herstellung in großenMengen, um sie in ausgedehnter Weise ver-wenden zu können, zumal sie zunächst die or-ganische 'Substanz darin umsonst mit habensollen. Da beide nicht hoch im Preise seinwerden, wird man sie um so lieber zu großenVersuchen benutzen. Erkennt man durch diegünstigen Erfolge dann ihren hohen Wert, sowerden ganz von selbst Nachfragen darnach undPreise steigen, ganz wie dies seinerzeit beimThomasmehl der Fall war; erst kostete das Kilo-gramm P2O5 im Thomasmehl nur 12 Pf, währenddie wasserlösliche fünfmal so hoch bezahltwurde; heute stehen beide fast gleich, wenigunter, resp. über 30 Pf!! Und nur hierauf be-zieht sich meine Bemerkung, daß der Preis fürden Laugendünger ganz von selbst bald aufM 4.50 und noch höher steigen wird, je mehr ereingeführt und nach seinem wahren Werte er-ykannt werden wird.

Von so mancher wunderbaren Analyse undso manchem absonderlichen Gutachten, welchemeine beiden neuen Dünger über sich ergehenlassen mußten, will ich nicht weiter reden, son-dern nur nochmals auf jene geradezu unbegreif-liche Befürchtung hinweisen, nach welchen derSulfitlaugendünger sogar für den Menschen nach-teilig und gefährlich werden würde. Ich habesie schon in Nr. 21 der Chemiker-Zeitung von1902 mit erwähnt und ebenso den drastischenGegenbeweis, den ich an mir selbst geführthabe.

Die beiden Dünger sind namentlich durchihren Gehalt an organischer Substanz langsamwirkende geworden, was man bei den Super-phosphaten ebenfalls mehr und mehr anstrebtund durch die verschiedensten Mittel zu erreichensucht und auch wirklich erreicht. Ich erinnerehier z. B. an das D. K. P. 120174 von C. Koth-Berlin, nach welchem Superphosphate mit denverschiedensten Stoffen, wie bituminöser Kohle,Asphalt, Ozokerit, Ceresin, Teerpech, Paraffin,Harzen usw. vermischt und gleichsam umhülltwerden und ebenso an die Superphosphate, welchemit Abfallschwefelsäure aus Mineralölfabriken,welche 17—18% teerige Bestandteile enthalten,hergestellt werden. Diese Bestandteile verwan-deln sich nach und nach im Boden ebenfalls inHumus, und diesem LTmstande schreibt man ihresonst so überaus günstigen Wirkungen zu. Ichverweise hier auch noch auf Nr. 69 der Che-miker-Zeitung von 1901, in der Herr FabrikdirektorTszschucke sich über solche Superphosphatekurz äußert. Mit den von ihm hergestelltenSuperphosphate haben die Landwirte trotz desnicht sehr hohen Gehaltes von 8—9 % wasser-licher und 13,2% Gesamt-P2Oä sehr gute Kesul-tate erzielt.

Herr Dr. Au mann schließt nun seine Kritikdamit, die beiden Düngemittel zur Anwendungnicht zu empfehlen. Ich denke, die geradeentgegengesetzte wanne Empfehlung von Prof.Dr. H. Wisl icenus hat einen ganz anderenWert und höheren Grad von Beachtung, weilsie — wie gesagt — auf Untersuchungen und

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XVIZ. Jahrgang. lHeft 47. 18. November 1904.J Sitzungsberichte. 1791

Besultaten von Versuchen im Großen basiert undnicht bloß auf einer Berechnung nach einemPreiskurant, der auf die vorliegenden neuenDünger nur z. T. paßt. Hätte Herr Dr. Aumannvorher das Gutachten studiert, würde er inseiner Kritik wohl etwas vorsichtiger und zurück-haltender gewesen sein.

Ich schließe nun meine Entgegnung wedermit einer Empfehlung, noch mit einer Warnung,sondern stelle alles der Anwendung der beidenDünger im Großen anheim, diese wird den Aus-schlag geben und die Entscheidung über ihrenWert treffen. AVie äußerst gering schätzte manehedem das Thomasmehl nach dem damalsgeltenden Preiskurant, und wie hat sich im Laufe

der Jahre durch die immer größere Anwendung unddie guten Erfolge die Sache vollständig geändert.

Nun wird aber das Thomasmehl durch Sul-fitablaugen noch bedeutend verbessert, es verliertseine sämtlichen nachteiligen und schädlichenEigenschaften und erhält neue Vorzüge nochdazu. Es muß also auch noch besser wirkenund noch mehr wert sein, als vorher. Deshalbkann man nur wünschen, daß nach und nachimmer weniger das Thomasmehl als solches, da-gegen immer mehr als Sulfitlaugendünger An-wendung findet. Die sämtlichen Ablaugen derdeutschen Sulfitstofffabriken reichen aber nochnicht aus, um sämtliches in Deutschland ver-wendete Thomasmehl aufzuschließen.

Sitzungsberichte.Russische Physikalisch-chemische Gesell-

j schaft zu St. Petersburg.Sitzung am 22./9. 1904. — W. Mokiew-

sky macht Mitteilung über Isopren. Bei Be-handeln des Dribromglykols, das beim Addierenvon 2 Mol. unterbromiger Säure zum Isoprenentsteht, mit Wasser, wurde ein Oxyd

C6H8O-HBrO (F. 59—59,5 °jerhalten. Das ungesättigte Dibromür von Iso-pren liefert nicht dieses Oxyd beim Oxydierenmit Permanganat, gibt beim Behandeln mitWasser und Bleioxyd, wie es scheint Tiglinal-dehyd, was der Verf. für einen Beweis dafürhält, daß die Bromaddition hier nicht nach derRegel von Thiele abläuft, und regeneriert Isoprenbei Reduktion mit Zink in saurer alkoholischerLösung. — Derselbe Forscher hat die Produkteder Zersetzung von Terpentindämpfen imGlasrohr bei dunkler Kotglut der Unter-suchung unterworfen. In den Gasen und flüs-sigen Teilen wurden Äthylen, Propylen, Äthylen-kohlenwasserstoffe mit Doppelbindung beim ter-tiären Kohlenstoffe, Diäthylenderivate (Homo-loge des Isoprens), deren Menge mit dem Wachsender Molekulargröße stark herabfällt, und Benzol-kohlenwasserstoffe aufgefunden, deren Quantitätumgekehrt mit dem Anwachsen des Molekular-gewichts sich noch bedeutend vergrößert. — W.M o k i e w s k y berichtet weiter über die WirkungvonPhosphorpentachlor id auf Alkohole,Aldehyde und Ketone. — E. Biron machtMitteilung über Metazinnchlori d. Der Verf.hat nach Angele Meta- und Parazinnchloridbereitet, fand aber in dem Meta zweimal sovielChlor, wie Angele angibt. Nach Verf. bildetdie a-Zinnsäure bei Veränderung eine ganzeReihe von /3-Zinnsäuren; je höher die Umwand-lungstemperatur liegt, desto weiter geht die Po-lymerisation. Verschiedene ß - Säuren bildenbeim Einwirken mit Salzsäure Oxychloride mitvariierendem Chlorgehalt; wenn die Oxychlo-ride sich ihrer Zusammensetzung nach starkunterscheiden, so kann man sie auch nach ihrerqualitativen Reaktion unterscheiden, wie es beidem Meta- und Parazinnchlorid von Angeleder Fall war. — W. Kistiakowsky hat dieOxvdation von Oxalsäure mit Sublimat

bei Wirkung von Licht studiert. Die Reak-tion verläuft nach der Gleichung:

2 HgCl2 + H2 C2O4 = "Hg2Cl2 + 2 HCH-2 0 0 ,

und wird sehr bedeutend durch Zusatz von mi-nimalen Mengen von Kaliumpermanganat be-schleunigt. Der Verf. führt diese Wirkung aufBildung von komplexen Manganealzen zurück; eswurde das Doppelsalz

K3Mn(C2O4)3 + 3H2O

dargestellt und gezeigt, daß es ebenfalls dieReaktionsgeschwindigkeit stark vergrößert. —L. Pissarjewski hat die Größe der Gleich-gewichtskonstante der Reaktion

2 KC1 + Hg,SO4 ;±Hg2Cl2 + K2SO4

in verschiedenen Lösungen bestimmt. InAlkohol- und Glycerinlösung war die Konstantegrößer, als in der wässerigen; wahrscheinlichsind die Salze in den beiden ersten Lösungenschwächer dissoziiert. — Über ka ta ly t i scheErscheinungen bei Dars te l lung von Über-schwefelsäure berichtet S. Petrenko. Beider Elektrolyse der Schwefelsäure wird die Pla-tinanode oxydiert und wirkt dann katalytisch,indem sie die Ausbeute der Überschwefelsäureerniedrigt. Noch stärker wirkt in dieser Rich-tung eine Iridiumanode; Salzsäure erhöht dieAusbeute fast um das Doppelte. — A. Dum anskihat durch Sättigung von Eisenchlorid mit Ain-moniumcarbonat und Dialysieren eine Lösungvon kol loidalem Eisenoxyd (5,3g Fe2O3 in1 1), die keine Fe-Ionen enthielt, bereitet. Elek-trolyte, wie

Ba(OH)2, KONS, HC1, ZnSO4,nicht aber

Hg(NO3)2,HgNO3undFe2Cl6

koagulieren die Lösung. Ammoniakalische Kupfer-oxydlösung fällt Eisenoxyd mit Kupferoxyd;iu Gegenwart von Oxysäuren (Wein-, Zitronen-säure) wird aber Kupferoxyd zu Kupferoxydulreduziert. — W. A. Plotnikoff hat zwei Ver-bindungen von Dimethylpyron mit Tri-chloressigsäure

[O7H8O2 • (CC1, • COOH), F. 45,75—46,5 °und

07H8O2 • (2 CC13 • COOH), F. 66,5—67,5 °]