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Reitböck-Lehner Marlene Matr.Nr.: 01591915 Die Caprichos von Goya als Anlass, Musik und Bildende Kunst im Instrumentalunterricht zu verbinden. Masterarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts des Studiums Instrumentalpädagogik, Gitarre an der Anton Bruckner Privatuniversität Betreut durch: Univ. Prof. Mag. Dr. Constanze Wimmer Zweitleserin: Michaela Vaught BA BA BEd Linz, Oktober 2019

Die Caprichos von Goya als Anlass, Musik und Bildende

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Reitböck-Lehner Marlene

Matr.Nr.: 01591915

Die Caprichos von Goya als Anlass, Musik und Bildende

Kunst im Instrumentalunterricht zu verbinden.

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts

des Studiums Instrumentalpädagogik, Gitarre

an der

Anton Bruckner Privatuniversität

Betreut durch: Univ. Prof. Mag. Dr. Constanze Wimmer

Zweitleserin: Michaela Vaught BA BA BEd

Linz, Oktober 2019

2

Abstract

Im Mittelpunkt der vorliegenden Masterthesis stehen interdisziplinäre

Verbindungsarten zwischen Musik und Bildender Kunst und deren Einsatz in einem

musikpädagogischen Kontext. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Künste

wurden durch eine intensive Literaturrecherche herausgearbeitet und methodisch-

didaktisch aufbereitet, um diese für den Musik- und Instrumentalunterricht nutzen zu

können.

Einen Exkurs stellt die Thematik Synästhesie dar, der in dieser Arbeit Raum gegeben

wird, um Interdisziplinarität zwischen den beiden Künsten fundiert wissenschaftlich

behandeln zu können.

Die Auseinandersetzung mit dem Bildzyklus „Caprichos“ von Goya sowie die

detaillierte Beschreibung des Projekts, in dem musikalisch und bildnerisch mit den

Caprichos gearbeitet wurde, soll eine Möglichkeit aufzeigen, wie

kunstspartenübergreifender Unterricht praktisch umsetzbar ist.

3

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................................................ 5

1. Einleitung ........................................................................................ 7

1.1. Kunstspartenübergreifender Unterricht ................................................. 8

2. Die Künste im Vergleich .............................................................. 11

2.1. Beziehung zur Wirklichkeit .................................................................... 11

2.2. Ästhetische Erscheinung....................................................................... 15

2.3. Sprache ................................................................................................... 17

2.3.1. Versprachlichung von Bildender Kunst ............................................................... 17

2.3.2. Versprachlichung von Musik .............................................................................. 18

2.3.2.1. Sprechen über Musik im Musik- und Instrumentalunterricht .............. 19

2.3.2.2. Metaphern in der musikalischen Sprache ......................................... 22

2.3.2.3. Der Einsatz von Metaphern beim Sprechen über Musik .................... 24

3. Synästhesie .................................................................................. 26

3.1. Echte Synästhesie .................................................................................. 27

3.2. Intermodale Analogien ........................................................................... 29

3.3. Musikpädagogischer Zusammenhang ................................................. 31

4. Rezeptionsformen zwischen Musik und Bildender Kunst ........ 33

4.1. Musik nach Bildern ................................................................................. 34

4.1.1. Musik nach Bildern in einem musikpädagogischen Kontext ............................... 35

4.2. Bilder nach Musik ................................................................................... 38

4.2.1. Musikalische Grafik - Malen nach Musik in einem musikpädagogischen Kontext

.......................................................................................................................... 38

4.3. Rückübertragungen ............................................................................... 41

4.3.1. Rückübertragungen in einem musikpädagogischen Kontext ............................. 42

4.4. Improvisation in Musik und Bild ........................................................... 43

4.4.1. Improvisation zu Bildern in einem musikpädagogischen Kontext ...................... 44

4.5. Bilder verweisen auf Musik .................................................................... 45

4.5.1. Fuge in Rot ....................................................................................................... 46

4.5.2. Bilder verweisen auf Musik in einem musikpädagogischen Kontext .................. 48

4

4.6. Musik-Bild-Konzeptionen....................................................................... 49

4.7. Grafische Notation ................................................................................. 49

5. Die Caprichos von Goya als Inspirationsquelle in der Musik ... 50

5.1. Francisco de Goya ................................................................................. 51

5.2. Goya in der Musik ................................................................................... 51

5.3. Die Caprichos ......................................................................................... 52

5.3.1. Entstehungsgeschichte der Caprichos ............................................................... 53

5.3.2. Inhalt und Einteilung der Caprichos .................................................................... 54

5.3.3. 24 Caprichos de Goya von Mario Castelnuovo-Tedesco .................................... 55

5.3.4. Caprichos Goyescos - Kompositionsauftrag ....................................................... 59

6. Das Projekt .................................................................................... 61

6.1. Phase 1: Spontanimprovisation ............................................................ 62

6.2. Phase 2: Visuelles wird zu Klang .......................................................... 64

6.3. Phase 3: Storytelling .............................................................................. 66

6.3.1. Charaktere ......................................................................................................... 66

6.3.2. Geschichten erfinden ......................................................................................... 68

6.4. Phase 4: Präsentation ............................................................................ 73

6.5. Phase 5: Vergleich mit den Kompositionen von Mario

Castelnuovo-Tedesco ............................................................................ 75

6.6. Phase 6: Der umgekehrte Prozess ........................................................ 76

6.7. Weiterführungsmöglichkeiten und Fazit .............................................. 79

Schlusswort ...................................................................................... 82

Literaturverzeichnis ......................................................................... 84

Abbildungsverzeichnis .................................................................... 89

Eidesstaatliche Erklärung ................................................................ 93

5

Vorwort

Das Interesse und die Eingrenzung des Themas dieser Masterarbeit stammen aus

meinem pädagogischen Praxisfeld als Instrumentallehrerin in einer Bildungsanstalt

für Elementarpädagogik (kurz BAfEP). Der Gitarrenunterricht findet dort in der Regel

in einer Gruppengröße von fünf Schüler*innen pro Einheit statt. Diese Form des

Instrumentalunterrichts stellt Herausforderungen an die Lehrkraft, bietet aber

gleichzeitig auch Chancen, die im eher üblichen Einzel- beziehungsweise

Partnerunterricht nicht in dieser Weise vorhanden sind. Im Laufe meiner

Unterrichtstätigkeit bin ich immer wieder auf der Suche nach neuen

Unterrichtsmethoden, die es erlauben, den Schüler*innen die Musik ganzheitlich -

und so facettenreich wie die Musik selbst ist - zu vermitteln. Diese Methoden und

Inhalte müssen den Anspruch erfüllen, die Schüler*innen technisch und künstlerisch

weiterzubringen sowie gleichzeitig auch einen Transfer in ihr späteres

pädagogisches Berufsfeld gewährleisten.

Die Beobachtung von Unterrichtssituationen zeigte, dass den Schüler*innen freie

Improvisation mit einem bildhaften Anhaltspunkt leichter fällt. Diese Erkenntnis

weckte mehr und mehr mein Interesse, Musik verbunden mit Bildender Kunst im

Unterricht einzusetzen. Von den Chancen interdisziplinärer Verknüpfungen

begeistert und überzeugt, möchte ich nun in dieser Arbeit dieses Thema auch

wissenschaftlich fundiert bearbeiten. Ein weiterer Aspekt, der die Themenauswahl

begründet, ist, dass Musiker*innen „über den eigenen Tellerrand blicken sollten“. Die

Auseinandersetzung mit anderen Musikrichtungen sowie Disziplinen kann für jede*n

Musiker*in bereichernd sein.

Dass die Wahl des Beispiels auf die Caprichos von Goya fiel, ist auf mein

künstlerisches Hauptfach Gitarre zurückzuführen. Die dazu komponierten Stücke von

Mario Castelnuovo-Tedesco für Gitarre waren mir bekannt und faszinierten mich

bereits seit längerer Zeit. Durch die Musikstücke bin ich wiederum auf die Bilder von

Goya gestoßen. Die Bilder und Musikstücke mit dem Thema dieser Arbeit zu

verbinden und in einen pädagogischen Kontext zu bringen war sowohl naheliegend

als auch reizvoll.

6

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an meine Familie aussprechen, meinen

Partner Federico sowie an meine Kolleg*innen und Freund*innen, die während

meiner gesamten Studienzeit bestärkend an meiner Seite waren und mich durch

zahlreiche Gespräche bei der Verfassung dieser Arbeit vorwärts gebracht haben.

Besonderer Dank gilt meiner Kollegin Mag. Sabina Eisner für die spontane und

kompetente Mitwirkung am für diese Arbeit entstandenen Projekt sowie für Inputs

aus Sicht einer Bildenden Künstlerin. Danke auch an meine Kollegin Mag. Karin

Pramer für das geschärfte Auge einer Germanistin und die aufgewandte Zeit und

Geduld für das Korrekturlesen.

Ein ebenso großes Dankeschön gebührt all meinen Professor*innen an der ABPU,

im Besonderen Univ. Prof. Mag. Martin Schwarz, der die Entwicklung meiner

pädagogischen und künstlerischen Persönlichkeit während meines Masterstudiums

sowohl stärkte als auch prägte, sowie Univ. Prof. Dr. Constanze Wimmer für die

kompetente Betreuung und Unterstützung der vorliegenden Masterarbeit. Bedanken

möchte ich mich auch bei meiner Zweitleserin Michaela Vaught BA BA BEd für ihr

stets offenes Ohr und den maßgeblichen Einfluss an meinem Interesse am

Forschungsthema.

Hiermit sei auch all meinen Schülerinnen der 2b und 3a BAfEP der Kreuzschwestern

Linz gedankt, ohne deren Einsatz, Begeisterungsfähigkeit und Offenheit das

stattgefundene Projekt nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen führen hätte

können. Die interessanten und schönen Musiziermomente, die mit ihnen entstanden

sind, sind all jene Unterrichtssituationen, die mich in meiner Berufswahl bestärken.

7

1. Einleitung

Das Zusammenspiel zwischen Musik und Bildender Kunst wurde in den letzten

Jahrzehnten mehr und mehr zum Interesse der Forschung. Aber nicht nur die

Forschung beschäftigt sich mit interdisziplinären Prozessen und Möglichkeiten,

sondern auch in der Bildnerischen Erziehung und Musikpädagogik werden nach

Zusammenhängen und Gegensätzen gesucht und diese hinterfragt.1

In einem ersten Teil untersucht die vorliegende Masterarbeit Gemeinsamkeiten und

Unterschiede der beiden Künste. Vor allem liegt der Fokus dieses Kapitels auf der

Sprache, also wie man sich verbal über die Künste äußert, da dies für das

entstandene interdisziplinäre Projekt von Relevanz ist. Der zweite große Teil der

Arbeit beleuchtet Verbindungen der beiden Disziplinen in Musik- und

Kunstgeschichte genauer, um daraus interdisziplinäre Möglichkeiten für den

Instrumentalunterricht zu ziehen. Der methodisch-didaktischen Aufbereitung

fächerübergreifender Unterrichtsinhalte wird dabei besondere Beachtung geschenkt.

Ein weiteres Kapitel widmet sich dem in diesem Zusammenhang oft verwendeten

Begriff der Synästhesie und seinem pädagogischen Bezug.

Die sich daraus resultierende Forschungsfrage lautet deshalb: Welche

Verbindungsmöglichkeiten gibt es in der Rezeption von Musik und Bildender Kunst

und wie können Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Künste in einem

musikpädagogischen Zusammenhang fruchtbar gemacht werden?

Diese Frage wird nicht nur theoretisch beantwortet, sondern auch durch ein Beispiel,

die Caprichos von Goya, konkretisiert. Die Caprichos werden zuerst vorgestellt und

ihr Einfluss auf die Musik erläutert. Im letzten Kapitel wird das durchgeführte

interdisziplinäre Projekt mit den Caprichos von Goya detailliert beschrieben, in dem

die zuvor erläuterten Verbindungsmöglichkeiten im Instrumentalunterricht

aufgegriffen wurden. Aus der Projektbeschreibung gehen sowohl eine Analyse als

auch eine Reflexion des Prozesses hervor. Das abschließende Resümee fasst noch

einmal gewonnene Erkenntnisse aus dem theoretischen Teil sowie

Schlussfolgerungen aus dem Projekt zusammen.

1 Vgl. ENSER, Gabriele: Farben und Bilder in der Musikpädagogik.- Mainz: Schott, 2011, S.12f

8

Es sei gesagt, dass der theoretische Teil dieser Arbeit keinen Anspruch auf

Vollständigkeit erhebt, da der Bereich, in dem sich die beiden Künste berühren und

verschmelzen, sehr komplex und umfangreich ist. Die angeführten Verflechtungen

der beiden Sparten in der Geschichte und die sich daraus ergebenden Impulse für

den Instrumentalunterricht sollen dazu beitragen, Kunst vernetzend zu sehen.

Die im Zuge dieser Arbeit gemachten Überlegungen beziehen sich vorwiegend auf

den Instrumentalunterricht. Dabei soll die Verbindung zur Bildenden Kunst als

Bereicherung für Schüler*innen und Lehrer*innen dienen. Die Intention der

nachstehenden Gedanken ist es nicht, musikalische Ziele und handwerkliche

Fertigkeiten am Instrument zu vernachlässigen, ganz im Gegenteil. Vielmehr sollen

neue Wege aufgezeigt werden, wie Musik und alternative Musizierprozesse in Gang

gesetzt werden können.

1.1. Kunstspartenübergreifender Unterricht

Eine Einbindung der Bildenden Kunst in den Musik- und Instrumentalunterricht zielt

auf eine Veränderung der Sichtweise von Schüler*innen und Lehrkräften ab. Vor

allem in der heutigen Lebenswelt, die von einer steigenden Medialisierung geprägt

ist, gewinnt Interdisziplinarität immer mehr an Bedeutung. Der Einbezug von

Bildender Kunst in den Musik- und Instrumentalunterricht soll Schüler*innen ein

ganzheitliches Erleben von Kunst ermöglichen und mithilfe von Bildender Kunst zu

einem Musikverständnis führen und umgekehrt. Schüler*innen sind heutzutage

permanent umgeben von Klang-Bild-Beziehungen, in Form von Computer- und

Onlinespielen sowie Filmen und Videos und vor allem am Smartphone. Allerdings

können diese unreflektiert in der vorhandenen Fülle zu einer Reizüberflutung führen.

Ein kunstspartenübergreifender Unterricht kann einerseits Orientierung und

Hilfestellungen offerieren und andererseits eine Brücke von bekannten Klang-Bild-

Beziehungen zu anderen Epochen schlagen.2

2 Vgl. SCHILLMÖLLER, Mathias: Musikkunst. Kultur verstehen im Wechselspiel der Künste.

(Lehrerband).- Innsbruck/Esslingen/Bern-Belp: Helbling, 2017, S. 5f

9

Studien aus der Wahrnehmungsforschung zeigen, welche Vorteile sich aus der

Verbindung der beiden Künste in einem pädagogischen Zusammenhang ergeben:

- Der Zugang zu Musik wird freier. Schüler*innen sprechen und denken

enthemmter über Musik, da das Visualisieren von abstrakten musikalischen

Zusammenhängen Verständnis und Einsicht in musikalische Strukturen

schafft.

- Das Fachvokabular wird durch Analogien (siehe 3.2. Intermodale

Analogien, S. 29) und fachübergreifende Verbindungen erweitert.

- Die Wahrnehmung der Schüler*innen wird sensibler, da die Sinne und

Gefühle stärker angesprochen werden.

- Die Verbindung der Künste kann die Motivation anregen und die

Schüler*innen sind mit dem Zusammenspiel von Bild und Klang vertraut.

- Das emotionale Erleben von Musik wird durch synästhetische

Wahrnehmung (siehe 3. Synästhesie, S. 26) gestärkt.

- Die rechte und linke Gehirnhälfte werden stetig aktiviert und so können

nachhaltigere Lernprozesse gefördert werden.3 Die Lernpsychologie zeigt,

dass das Aneignen von Fähigkeiten und Kenntnissen durch das Ansprechen

mehrerer Sinne erleichtert wird. Diese können nicht getrennt voneinander

gesehen werden, zumal sie sich gegenseitig stimulieren und potenzieren.

Bezogen auf die Musik heißt das, dass eine Stimulation der Sinnesorgane,

(nicht nur die des Hörsinnes) musikalisches Können und auch die Freude

daran begünstigt.4

Zusammengefasst ist es das Ziel eines fächerübergreifenden Unterrichts „…den

Zugang zur Musik und zur Kunst direkter und hautnaher zu gestalten.“ 5 Sinn ist es

nicht, die beiden Künste zu vermischen, sondern Besonderheiten, Differenzen sowie

Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und den Blick darauf zu schärfen. Durch das

Vergleichen und Gegenüberstellen der beiden Sparten werden Schüler*innen sowohl

zum Nachdenken über die Künste als auch zum Selbsttätig-Werden angeregt.

3 Vgl. SCHILLMÖLLER 2017, S. 5-7

4 Vgl. MAHLERT, Ulrich: Verbindungen der Künste.- In: ÜBEN UND MUSIZIEREN: Verbindungen der

Künste.- Mainz: Schott, 2003, Heft 4, S. 1 5 SCHILLMÖLLER 2017, S. 6

10

Möglichkeiten der Interdisziplinarität erfordern aber Offenheit und Mut seitens der

Lehrkraft, um Neues auszuprobieren, sich möglicherweise aus ihrer Komfortzone zu

wagen und brauchbare Erkenntnisse daraus zu ziehen.6 Voraussetzung für einen

kunstspartenübergreifenden Unterricht ist es, sich über die Besonderheiten der

Künste im Klaren zu sein und diese zu berücksichtigen. Unter diesen Bedingungen

kann ein kunstspartenübergreifender Unterricht entstehen, in dem ergänzende

Kunstformen geschaffen werden und sich gegenseitig bereichern können.7

Zwar wird in der folgenden Arbeit bei den pädagogischen Überlegungen zur

Einbindung interdisziplinärer Ansätze in den Musik- und Instrumentalunterricht über

Schüler*innen gesprochen, die nachstehend angeführten Verbindungsmöglichkeiten

zwischen Musik und Bildender Kunst können aber auch mit anderen

Personengruppen (Kindergruppen, Erwachsenen, Student*innen, Senioren)

umgesetzt werden. Die Forschungsfrage bezieht sich auf den Instrumentalunterricht

und alle Überlegungen im Rahmen dieser Arbeit wurden auf Schüler*innen bezogen.

Deshalb wird in nachfolgenden Kapiteln nur der Begriff Schüler*innen verwendet, um

den Lesefluss nicht zu stören.

Um den Begriff Schüler*innen noch genauer einzugrenzen, sei gesagt, dass das

durchgeführte Projekt mit den Caprichos von Goya (siehe 6. Projekt, S. 61) für

Instrumentalschüler*innen der Oberstufe im Alter zwischen 15 und 19 Jahren

konzipiert wurde, die in Gruppen mit vier oder fünf Schüler*innen unterrichtet werden.

Die Unterrichtsform, in der ich tätig bin, und das Alter der Zielgruppe hatten

erheblichen Einfluss auf meine didaktisch-methodischen Überlegungen, sollen aber

andere Altersgruppen nicht ausschließen. Es könnte lediglich eine Adaption für

andere Altersgruppen und Sozialformen notwendig sein.

6 Vgl. SCHILLMÖLLER 2017, S. 5-7

7 Vgl. BRANDSTÄTTER, Ursula: Bildende Kunst und Musik im Dialog. Ästhetische, zeichentheoretische

und wahrnehmungspsychologische Überlegungen zu einem kunstspartenübergreifenden Konzept ästhetischer Bildung.- Augsburg: Wißner-Verlag, 2004, S. 13f

11

2. Die Künste im Vergleich

Über die Verbindung der Künste wurde im Laufe der Zeit viel diskutiert und sie wurde

von vielen Seiten kritisch betrachtet, da wegen ihrer Verschiedenartigkeit ihre

Trennung der Künste nach wie vor notwendig sei. Bereits Lessing äußerte sich zu

dem Thema:

„Wenn auch die Poesie ‚oft zu malen oder zu tönen, die bildende Kunst und die

Musik zu dichten versuchen‘, so bleibt die Trennung im Grunde bestehen, obwohl

beide, im Stoff der Nachahmung eine gewisse Verwandtschaft haben, doch durch

die Kunstmittel vollkommen getrennt sind, ja daß durch die Mittel schließlich auch

der Inhalt ein anderer wird.“8

Um genauer zu beleuchten, ob und weshalb eine Trennung der Künste unabdingbar

ist, werden in nachstehendem Kapitel Musik und Bildende Kunst auf folgende

Aspekte hin näher überprüft: Gemeinsamkeiten, Unterschiede, worauf sie Bezug

nehmen, ihre ästhetische Erscheinung und ihre Versprachlichung. Diese

Gegenüberstellung dient dazu, um in späterer Folge Möglichkeiten ihrer Verbindung

aufzuweisen und um Gemeinsamkeiten und Unterschiede interdisziplinär und

musikpädagogisch nutzen zu können.

2.1. Beziehung zur Wirklichkeit

Dafür werden in einem ersten Schritt die beiden Künste aus zeichentheoretischer

Perspektive genauer untersucht. Werden die Künste als Zeichensysteme verstanden,

so können sie als Möglichkeit gesehen werden, die Wirklichkeit durch Zeichen

darzustellen und zu erfassen. Mit Wirklichkeit ist gemeint, was wir mit unseren

Sinnen wahrnehmen. Die Meinung, dass sich die Künste in einer zeichenhaften Form

auf die Wirklichkeit beziehen, ist umstritten. Was soll beispielsweise ein abstraktes

Bild oder abstrakte Musik darstellen? Worauf beziehen sie sich?

Besonders in der Musik gibt es die Auffassung, dass sie auf nichts verweise außer

auf sich selbst. Durch diese Unstimmigkeit entsteht eine „Doppelexistenz“ der

8 LESSING, G. Ephraim: Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie. (o.J.) zit. n. FISCHER-

DISKAU, Dietrich: Pigment und Schallwelle.- In: SCHMIERER, Elisabeth u.a. (Hrsg.): Töne Farben Formen. Über Musik und die bildenden Künste.- Laaber: Laaber Verlag, 1995, S. 131

12

Künste. Einerseits sind die Künste durchaus in Beziehung zur Wirklichkeit zu stellen.

Andererseits sind sie trotzdem als Welten für sich anzusehen.9

Um nun genauer darauf einzugehen, worauf die Künste sich beziehen außer auf sich

selbst: die Bildende Kunst kann sich im buchstäblichen Sinne nur auf die visuelle

Welt beziehen (die eine Fülle an Bezugnahmen ermöglicht). Die Musik hingegen

kann sich auf akustische Sinneserfahrungen aus unserem Alltag beziehen, die nur

eine begrenzte Rolle in der Musik spielen. In einem metaphorischen Sinne können

die Künste jedoch weitaus vielfältiger auf Aspekte der Wirklichkeit verweisen. Vor

allem Musik kann Bezug nehmen auf Emotionen, Charaktere, soziale und

gesellschaftliche Verhältnisse, Landschaften, Raum und Zeit, Handlungen,

Personen, persönliche Assoziationen und Erinnerungen. Aber auch abstrakteren

Themen wie Einfachheit, Natürlichkeit oder Religiosität kann in der Musik Bedeutung

gegeben werden.

Diese metaphorische Bezugnahme lässt sich genauso im Bereich der Bildenden

Kunst wiederfinden.10 In den Themen, auf die Bildende Kunst und Musik Bezug

nehmen, kann auch eine Gemeinsamkeit der Künste erkannt werden, wie etwa:

„Alter, Angst, Frieden, Natur, Krankheit, Nacht, Licht und Schatten, Tod, Trennung,

Liebe, Jugend, Abschied, Trost, Vergänglichkeit, Geburt, Feste.“11 Beide Künste

können ähnliche Ideale und Wertvorstellungen transportieren, zum Beispiel

Brüderlichkeit, Frieden und Freiheit.12

Der Unterschied, der dennoch daraus zu erkennen ist, betrifft die Gewichtung von

buchstäblicher und metaphorischer Bezugnahme in der Rezeption durch „Laien“. So

passiert bei der ersten Betrachtung eines Bildenden Kunstwerks meist zuerst eine

buchstäbliche Zuweisung mit der äußeren Wirklichkeit. Der/die Betrachter*in

identifiziert sich mit dem Dargestellten und versucht etwas Erkennbares/Bekanntes

darin zu finden (und ist oftmals dementsprechend enttäuscht, wenn solches nicht

entdeckt wird). Auf einer anderen Ebene, der selbstreflexiven Bedeutungsebene,

findet der Zugang zur Musik statt. Nachdem der Charakter der Musik, die Welt

9 Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 83

10 Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 113f und HESSELMANN, Daniel: In Metaphern über Musik sprechen.

Grundlagen und Differenzierung metaphorischer Sprache im Musikunterricht.- Köln: Verlag Dohr, 2015, S. 33f 11

SCHILLMÖLLER 2016, S. 18 12

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 9

13

abzubilden, so wenig ausgeprägt ist, wird zunächst gar keine Bezugnahme auf nicht-

musikalische Welten erwartet.

Diese Darstellung wird der tatsächlichen Komplexität der beiden Sparten natürlich

nicht gerecht. Sie soll aber eine gewisse Erwartungshaltung gegenüber Kunstwerken

aufzeigen und beruht auf einer jahrhundertelangen Tradition des Verständnisses von

Bildender Kunst und Musik.13

Zusammenfassend kann die Besonderheit der Künste in der zuvor genannten

„Doppelexistenz“ gesehen werden. Je nach Sichtweise und Aufmerksamkeitsrichtung

der Betrachter*innen kann ein Kunstwerk in beiderlei Hinsicht interpretiert werden:

als ein auf die Wirklichkeit bezugnehmendes Objekt oder als ein

Kunstwerk/Musikstück für sich.14 Als Veranschaulichung dieser unterschiedlichen

Herangehensweisen für die Kunstrezeption können die Caprichos von Goya als

Beispiel herangezogen werden (Bildbeispiele siehe S. 57 und 58): Einerseits werden

in den Bildern gesellschaftliche Themen der damaligen Zeit verarbeitet, die aus den

Bildern herausgelesen werden können. Andererseits sind die Bilder auch ohne den

gesellschaftlichen Bezug als Kunstwerke anzusehen oder können auch in Beziehung

zueinander gestellt werden.

In der Bildenden Kunst beschäftigten sich Künstler*innen im 20. Jahrhundert mehr

und mehr mit dem Ansatz einer „Wirklichkeit für sich“. Dieser Idee folgte eine

Ablösung von Wirklichkeitsdarstellungen und ermöglichte abstrakte Malerei. Die

abstrakte Malerei hat die Intention, als eigenständige Wirklichkeit angesehen und

verstanden zu werden. Viele Künstler*innen (beispielsweise Wassily Kandinsky)

wandten sich bei diesem Abstraktionsprozess der Musik zu, die aufgrund ihres

abstrakten Charakters sozusagen als Vorbild wirkte.15 Die reproduktive Funktion der

Bildenden Kunst, die Abbildung der Gegenstandswelt, trat in den Hintergrund und

öffnete sich, um kreativ Erfundenes sichtbar zu machen.16 Die reale Welt bestimmte

nicht mehr Formen und Farben in Bildkompositionen. Dieser Loslösungsprozess

13

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 113f und HESSELMANN, Daniel: In Metaphern über Musik sprechen. Grundlagen und Differenzierung metaphorischer Sprache im Musikunterricht.- Köln: Verlag Dohr, 2015, S. 33f 14

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 93f 15

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 93f 16

Vgl. SCHILLMÖLLER, Mathias: Musikkunst. Kultur verstehen im Wechselspiel der Künste. (Schülerband). Innsbruck/Esslingen/Bern-Belp: Helbling, 2016, S. 6

14

bewirkte eine Annäherung zwischen Musik und Bildender Kunst, die Wassily

Kandinsky (1866-1944) so beschrieb:17

„Aber wie ein Musiker seine Empfindungen vom Sonnenaufgang wiedergeben

kann, ohne die Töne eines krähenden Hahnes zu verwenden, so hat der Maler

rein malerische Mittel, um seine Eindrücke des Morgens ‚einzukleiden‘, ohne

dass er einen Hahn malen muss.“18

Kandinsky war auch der Meinung, dass „…alle Künste […] aus der gleichen Wurzel“

kommen. „Aber das Geheimnisvolle und Kostbare ist, daß die aus demselben Stamm

herrührenden ‚Früchte‘ verschieden sind. Die Verschiedenheit entsteht durch die

Mittel jeder einzelnen Kunst – durch die Mittel des Ausdrucks.“19 So sind in Bezug

zur Wirklichkeit gleichzeitig ein Unterschied und eine Gemeinsamkeit der beiden

Kunstarten zu sehen. Auch Theodor W. Adorno, der sich intensiv mit Ästhetik

auseinandersetzte, teilte Kandinskys Meinung über die Verschiedenheit der

Ausdrucksmittel, deren sich die beiden Sparten bedienen. Versuchen von

Künstler*innen, sich kunstspartenübergreifend zu betätigen und die Künste zu

vermischen, stand er kritisch gegenüber:

„Das Gleiche, das die Künste als ihr Was meinen, wird dadurch, wie sie es

meinen, zu einem Anderen. Ihr Gehalt ist das Verhältnis des Was und des

Wie. Kunst werden sie kraft ihres Gehalts. Es bedarf ihres Wie, ihrer

besonderen Sprache; einem Umfassenderen jenseits der Gattung zerginge

er.“20

17

Vgl. HANDSCHICK, Matthias: Musik als „Medium der sich selbst erfahrenden Wahrnehmung“. Möglichkeiten der Vermittlung Neuer Musik unter dem Aspekt der Auflösung und Reflexion von Gestalthaftigkeit.- Hildesheim: Georg Olms Verlag, 2016. (Bd. 3 d. Reihe Schriften der Hochschule für Musik Freiburg, hgg. v. DOERNE, Andreas u.a.), S. 55 18

KANDINSKY, Wassily: Essays über Kunst und Künstler, 1963 zit. n. HANDSCHICK 2016, S. 55 19

KANDINSKY, Wassily zit. n. PHILIPP, Günter: Das Improvisatorische in Musik und Malerei. Ein Aspekt der Beziehungen zwischen beiden Künsten.- In: ÜBEN UND MUSIZIEREN: Carl Orffs „Musik für Kinder“- Mainz: Schott Music, 1995, Heft 4, S. 15f 20

ADORNO, Theodor W.: Die Kunst und die Künste, 1967 zit. n. BRANDSTÄTTER, Ursula: Grundfragen der Ästhetik. Bild-Musik-Sprache-Körper.- Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag, 2008, S. 189

15

2.2. Ästhetische Erscheinung

Einer der markantesten und offensichtlichsten Unterschiede der Künste ist, wie sie

wahrgenommen werden. Während sich Bildende Kunst mit Farben und Formen

ausdrückt und wir sie durch das Auge wahrnehmen, bedient sich die Musik Klängen

und Tönen, die wir über das Ohr aufnehmen.21 Eine ausführliche Behandlung der

zugrundeliegenden visuellen und auditiven Wahrnehmungsprozesse würde

allerdings den Rahmen dieser Thesis sprengen und zu weit von der Forschungsfrage

wegführen. Dafür sei auf Brandstätter 2004 und Brandstätter 2008 verwiesen, worin

die Künste aus wahrnehmungspsychologischer Perspektive dargestellt werden.

Wird die Rezeption der beiden Künste gegenübergestellt, so ergibt sich der

gravierende Unterschied, dass das bildnerische Kunstwerk sich im Raum befindet

und der/die Betrachter*in selbst entscheiden kann, wie lange er/sie es betrachten

möchte. Die Musik hingegen kann nur im Moment selbst erlebt werden. Sie schwankt

stets zwischen vergangenen Klängen und noch nicht Gehörtem.

Bei der Betrachtung und dem Erleben von Musik und Bildender Kunst ergeben sich

klare Differenzen:22

Bildende Kunst Musik

- Bilder können zeitlich rascher

erfasst werden als Musik.

- Ein Musikstück dauert eine

bestimmte Zeit.

- Bildende Kunstwerke sind

greifbar, zum Antasten und

befinden sich real vor uns.

- Musik wird durch Aufnahmen

oder live wahrgenommen, sie ist

jedoch nicht etwas direkt Reales

und kann nicht angegriffen

werden.

- Bilder können aus

unterschiedlichen Perspektiven

betrachtet werden.

- Musik ergibt normalerweise nur

in eine Richtung Sinn.

21

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 7 22

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 8

16

- Bilder erlauben es, den Fokus

auf verschiedene Aspekte zu

legen.

- Musik erlaubt es, den Fokus auf

einen Augenblick oder auf nur

ein musikalisches Merkmal zu

legen.

- Bilder können beliebig lange

betrachtet werden. Es ist Zeit,

Erinnerungen und Bezüge

herzustellen.

- Musik ist fließend und kann

schwer als Ganzes

wahrgenommen werden, da

dem Hörsinn nicht viel Zeit

bleibt, sich zu erinnern.

Der berühmte Künstler Paul Klee war der festen Meinung, dass Bildende Kunst

wie auch die Musik als Zeitkunst anzusehen ist. Gegen die Trennung der Künste

in Raumkunst (Bildende Kunst) und Zeitkunst (Musik), wie es lange Zeit Usus

war, versuchte er anzukämpfen, denn der Raum an sich war für ihn ein zeitliches

Phänomen.23 In einem Tagebucheintrag von 1905 schrieb Klee über die

Verbindung der Künste: 24

„Immer mehr drängen sich mir Parallelen zwischen Musik und bildender Kunst

auf. Doch will keine Analyse gelingen. Sicher sind beide Künste zeitlich, das

liesse sich leicht nachweisen…“25

Hugo von Hofmannsthal formulierte die Verbindung der Künste wiederum so:

„Malerei verwandelt den Raum in Zeit, Musik die Zeit in Raum.“26

Wie die ästhetische Erscheinung der beiden Künste ihre Gegensätze mit sich

bringt, birgt sie auch Übereinstimmungen in sich, wie Klee es beschrieben hat.

Musik und Bildende Kunst sind in der Lage, ähnliche Emotionen auszulösen:

Entzücken, Angst, Melancholie, Empörung, Grauen, etc. Es sind auch

23

Vgl. RUMMENHÖLLER, Peter: Musik unter Tag. Assoziationen vor einem Bild Paul Klees.- In: SCHMIERER, Elisabeth u.a. (Hrsg.): Töne Farben Formen. Über Musik und die bildenden Künste.- Laaber: Laaber Verlag, 1995, S. 135 24

Vgl. BOVEY-STEINER, Ursula: Paul Klee und die Musik. Online im Internet. URL: http://www.epta.ch/files/2006_bern_bovey.pdf, S.3 [Stand 08-09-2019] 25

KLEE, Paul 1905 zit. n. BOVEY-STEINER 2006, S.3 [Online] 26

VON HOFMANNSTHAL, Hugo (o.J.) zit. n. SCHILLMÖLLER 2016, S. 8

17

gemeinsame Gestaltungsprinzipien und Merkmale erkennbar, die für beide Künste

zutreffen: Höhe-Tiefe, Nähe-Distanz, Helligkeit-Dunkelheit usw.27

2.3. Sprache

Die Verschiedenheit der beiden Künste in ihrer ästhetischen Form spiegelt sich auch

in der Art, wie über die Künste gesprochen wird, wider. Im nachfolgenden Kapitel

wird die Sprache über Bildende Kunst der über Musik gegenübergestellt und ein

spezielles Augenmerk auf Konsequenzen für den Instrumentalunterricht gelegt sowie

die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Metaphern gezeigt.

2.3.1. Versprachlichung von Bildender Kunst

Wird nun die Sprache über die Bildenden Künste analysiert, wird zuallererst

deutlich, dass sie sich viel mehr auf greifbar Reales berufen kann. Im Vergleich

zur akustischen Sprache besteht ein hoher Differenzierungsgrad der visuellen

Sprache. Dieser steht in Verbindung mit der Vorrangstellung des Sehsinnes. Die

Ausbildung einer differenzierteren Sprache ist damit offensichtlich. Der Bildenden

Kunst ist es möglich, direkt auf die sinnlich erfahrbare Realität Bezug zu nehmen.

Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Sprache. Betrachtet man die in der

Bildenden Kunst verwendeten Materialien und Farben, finden sich diese auch in

unserem Alltag wieder (wenn auch in anderer Form und in anderen

Zusammenhängen). Anders verhält es sich mit Tönen und Klängen eines

Musikstückes, die in dieser Art und Weise nicht in unserer Alltagswirklichkeit

vorkommen. Konkrete Bildinhalte vieler Werke erleichtern es, eine konkrete

Sprache mit uns bekannten visuellen Begriffen aus dem Alltag zu verwenden. Dies

ermöglicht zunächst den Verzicht auf metaphorische Übertragungen. Damit ist

jedoch nicht gesagt, dass die Bedeutung und Interpretation von bildenden

Kunstwerken mit einer beschreibenden visuellen Alltagssprache auskommen. Es

soll nur verdeutlichen, dass die Bildende Kunst direkt auf die Wirklichkeit Bezug

nimmt.28

Die Versprachlichung von nicht-gegenständlicher Kunst ist eher vergleichbar mit

der von Musik. Wegen nicht eindeutig-identifizierbarer Bildinhalte haben viele

27

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 9 28

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 223

18

Menschen Schwierigkeiten, diese zu verstehen und in einem weiteren Schritt

darüber zu sprechen.29

2.3.2. Versprachlichung von Musik

Im Laufe der Musikgeschichte entwickelte sich eine sehr differenzierte

Fachsprache, die es ermöglicht, Musik sachlich und systemisch zu analysieren

und zu interpretieren. Dennoch sind die Mittel der Sprache beschränkt, um

subjektive Empfindungen, die Wirkung auf das Individuum und ästhetische

Eindrücke zu verbalisieren. Einerseits ist das auf das Medium Musik selbst und

ihren nonverbalen Charakter zurückzuführen. Andererseits muss auch bedacht

werden, dass im Musikunterricht vorwiegend sachbezogene Terminologien gelehrt

werden, nicht aber Ausdrucksmöglichkeiten subjektiver Eindrücke.30

Auch die musikwissenschaftliche Sprache bezieht sich zu einem großen Teil auf

Begriffe anderer Lebensbereiche, die übertragen wurden. Es gibt eine Unzahl an

Begriffen in der musikanalytischen Sprache, die musikfremd sind und Bezüge zu

physischen Erfahrungen, physikalischen Erscheinungen oder visuellen

Wahrnehmungen schaffen (zum Beispiel: Schwerpunkt, Spiegelung, Spannung).31

Ein Grund dafür ist der abstrakte Charakter der Musik, der eine metaphorische

Übertragung erlaubt. Die Besonderheit der Sprache über Musik liegt in ihrem

Personifikationscharakter, der es zulässt, sich mit der Musik zu identifizieren. Es

lassen sich Aussagen bilden wie: „Die Musik spricht uns an, sie erfüllt uns, sie

schwillt an und ab“. Es wird über „aufwühlende Rhythmen“ oder „melancholische

Melodien“ gesprochen.32 Wird Musik als „fröhlich“, „warm“, „traurig“ oder „hell“

beschrieben, so ist dies nur eine Zuweisung in übertragenem Sinne. Denn das

Musikstück selbst kann nicht „fröhlich“ oder „traurig“ sein.33

Wird die Sprache über Musik reflektiert, so ist auch festzustellen, dass diese einen

Bezug zur Bildenden Kunst herstellt, da etliche Begriffe aus der optischen Welt

verwendet werden, um Klänge zu beschreiben. Diese Ausdrucksformen können

29

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S.165 30

Vgl. STEINCKE, Dietrich: Bildgestaltendes Verstehen von Musik. Entwurf eines Modells einer nonverbal-verbalen Zugangsweise zur Musik als Beitrag zur didaktischen Interpretation.- Würzburg: Verlag Königshausen und Neumann, 2007, S. 12f 31

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S.163 32

Vgl. BRANDSTÄTTER 2004, S. 222 33

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 32

19

wiederum verschiedenen optischen Bereichen zugeordnet werden, beispielsweise:

Licht (grell, strahlend, schillernd), Bewegung (abgehackt, hetzend, schaukelnd),

Raum (aufstrebend, fallend, absteigend) und Wasser (pulsierend, fließend,

tosend).34

2.3.2.1. Sprechen über Musik im Musik- und Instrumentalunterricht

Über Musik zu sprechen stellt vor allem für Laien, aber auch für Schüler*innen,

eine Herausforderung dar. Das Problem das eben Gehörte zu verbalisieren liegt

darin, dass es sich bei Musik um ein flüchtiges Medium handelt. Sie ist an die

Zeitlichkeit gebunden. Im Musik- beziehungsweise Instrumentalunterricht ist es oft

schwierig, sich über etwas zu unterhalten, das nicht greifbar oder anschaulich ist

und genau genommen schon in der Vergangenheit liegt. So darf das Problem

nicht vorrangig bei den Hörkompetenzen der Schüler*innen gesucht werden,

sondern es sollte vielmehr die Vermittlungsfähigkeit der Sprache an sich in diesem

Zusammenhang hinterfragt werden.

Um der Herausforderung gerecht zu werden, kann die Lehrperson ein

musikalisches Verstehen der Schüler*innen durch aktives Tun zur Musik, sei es

durch Singen, Musizieren oder Bewegen, in Gang setzen.35 Durch die Verbindung

zu Bildern und Bewegungen wird Musik erfahrbar gemacht und die Verbalisierung

wird erleichtert. Durch das Beschreiben der Bilder und Bewegungen kann der

verwendete Wortschatz metaphorisch auf die Musik übertragen werden. Die

Übertragung ermöglicht neue Perspektiven, um Berührungspunkte zu sehen, die

davor nicht sichtbar waren.36

Da die Sprache jedoch eine essentielle Stellung als Mitteilungsform einnimmt,

sollte dennoch Raum im Unterricht geschaffen werden, um mit Schüler*innen

über Musik und die damit verbundenen Empfindungen zu sprechen und diese

nicht nur durch aktives Tun zu ersetzen.

34

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 10 35

Vgl. STEINCKE 2007, S. 9f 36

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 194f

20

Denn die Sprache bietet eine spezielle Form der Wirklichkeitserfahrung und

-gestaltung. Sie erlaubt im Austausch mit anderen, Musik zu verstehen, sie zu

beschreiben, zu erklären und zu deuten.37

Brandstätter äußerte sich zur Bedeutung der Sprache wie folgt:

„Das Ziel besteht darin, einen wechselseitigen Austausch zwischen

begrifflichen und begriffslosen Prozessen anzuregen. Verlässt man sich zu

schnell auf die Sprache, so besteht die Gefahr, dass die Komplexität der

Wahrnehmung zu sehr reduziert wird und dass man auf der Basis gewohnter

Begriffe in gewohnten Wahrnehmungsbahnen verbleibt. Verzichtet man

hingegen auf die Sprache, so läuft man Gefahr, genauso in gewohnten

Bahnen und in der undurchschaubaren Komplexität der einmaligen Situation

verhaftet zu bleiben, ohne Chancen auf differenzierende Weiterentwicklung

der Wahrnehmung und ohne Möglichkeit einer intersubjektiven

Verständigung.38

Als pädagogische Konsequenz sei gesagt, dass somit das Sprechen über Musik

dieselbe bewusste und zielorientierte Vorbereitung und Analyse benötigt wie alle

anderen Unterrichtsaktivitäten, egal ob es einer Analyse, Reflexion oder dem

Austausch von erlebter Musik dient.39 Der*die Musikpädagog*in muss sich im

Klaren sein, welchen Zweck das Sprechen über Musik erfüllen soll. Einerseits

kann musikwissenschaftlich an ein Stück herangegangen werden; Material,

Gestaltung sowie Komponist und Epoche können erforscht werden. Andererseits

kann der Fokus mehr auf die mit Musik gemachte ästhetische Erfahrung gelegt

werden, also die Beziehung zwischen Musik und den erlebenden Personen. Je

nach Zielsetzung muss die Wahl der Sprache angepasst werden.40

Ob das Sprechen über Musik zu einem gelingenden Bestandteil des Musik- und

Instrumentalunterrichts wird, ist aber vor allem abhängig von einer guten

Gesprächsführung der Lehrenden. Der/die Lehrer*in ist nicht nur dafür

37

Vgl. RICHTER, Christoph: Genießen-Erleben-Erkennen-Verstehen. Grundfragen und Grundlagen der Musikvermittlung für erwachsene Laien.- In: Diskussion Musikpädagogik, Hamburg: Hildegard-Junker-Verlag, 2014, Heft 5, S. 48 38

BRANDSTÄTTER 2004, S.241 39

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 187 40

Vgl. RICHTER 2014, S. 51f

21

verantwortlich, eine Atmosphäre zu schaffen, in der geübt werden kann, über

Musik sprachlich zu reflektieren, sondern auch für den Gesprächsverlauf.

Voraussetzung dafür ist ein respektvolles und von Toleranz geprägtes

Unterrichtsklima, in dem sich die Schüler*innen ermutigt fühlen, sich offen über

ihre persönlichen Empfindungen und metaphorischen Assoziationen zur Musik zu

äußern.41

Um den Gesprächsverlauf erfolgreich zu gestalten, sind folgende

Verhaltensweisen wertvoll:

- Die Lehrperson unterstützt die Schüler*innen, indem sie sie motiviert, ihre

Gedanken zur und über Musik zu äußern und diese genauer zu erklären (zum

Beispiel mit Hilfe von Metaphern).

- Die Lehrperson schafft Verknüpfungen zwischen möglichen konträren

Beiträgen und veranlasst die Schüler*innen darüber zu diskutieren.

- Sie bezieht bereits vorhandenes sprachliches und musikalisches Vorwissen

mit ein, um dieses zu nutzen und zu erweitern.

- Sie verwendet unklar ausgedrückte oder „falsch“-wirkende Beiträge, um

gemeinsam die Sprache zu differenzieren.42

- Die Lehrperson sollte ein Gespür für die Gesprächssituation mit in den

Unterricht bringen. Äußerungen über persönliche Empfindungen und

Assoziationen sind mit Sensibilität zu behandeln. Eine Wertung der

Kommentare und eine Unterscheidung in „richtig“ und „falsch“ können für die

Beteiligten hemmend sein und den Gesprächsfluss stören.43

- Der*die Musikpädagog*in sollte aber auch einschätzen können, in welchen

Unterrichtssituationen das Reden über ästhetische Erfahrungen angebracht

ist. Manchmal kann eine Versprachlichung als störend empfunden werden.

Wie bereits erwähnt, kann auch durch aktives Tun Musik verstanden werden.

Je nach Gruppengefüge und Situation kann ein ästhetisches Erlebnis,

Gehörtes und Gesehenes ebenso unkommentiert gelassen werden. Auch

41

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 218 42

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 218 43

Vgl. STEINCKE 2007, S. 147f

22

bloßes Zuhören und Stille sind wichtige Formen des Verstehens im Musik-

und Instrumentalunterricht.44

Dietrich Steincke, Musikpädagoge, gab für das Sprechen über Musik allerdings zu

bedenken, dass subjektiv Erfahrenes nicht mit dem sprachlich Mitgeteilten

gleichgesetzt werden darf:45

„Es besteht eine Diskrepanz zwischen dem eigentlich Wahrgenommenen und

der verbalen Aussage, denn das, was als wahrgenommen festgestellt wird, ist

nicht das Wahrgenommene selbst, sondern nur das, was der

Wahrzunehmende darüber mitzuteilen imstande ist. Das Bild oder die Musik

lassen sich in ihrer Wesensart nie verbal erschließen, sie können sich einzig

und allein selbst mitteilen.“46

Denn ein ästhetisches Zeichensystem wie die Musik bleibt letztendlich

unübersetzbar. Was ein Musikstück aussagt, kann nicht anders mitgeteilt werden,

auch nicht verbal. Musik ist eine symbolhafte Sprache für Gefühle und

Sinnhaftigkeit und kann nicht in gesprochene Sprache übersetzt werden. Somit ist

Musik etwa mit Lyrik zu vergleichen, die nahezu unmöglich in eine andere

Sprache zu übersetzen ist. Ein übersetztes Gedicht verliert demnach nicht nur

den charakteristischen Klang der gewählten Worte, sondern womöglich verändert

sich auch die Bedeutung.47

Diese Diskrepanz gilt es zu berücksichtigen und auch in das Bewusstsein der

Schüler*innen zu rufen.

2.3.2.2. Metaphern in der musikalischen Sprache

Eine essentielle Möglichkeit, sich über Musik auszudrücken, ist die Verwendung

von Metaphern, bei denen Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen als

Versprachlichungshilfe herangezogen werden.48

44

Vgl. RICHTER 2014, S. 54 45

Vgl. STEINCKE 2007, S. 12f 46

STEINCKE 2007, S. 13 47

Vgl. WIMMER, Constanze: Musikvermittlung im Kontext. Impulse. Strategien. Berufsfelder.- Regensburg: ConBrio Verlagsgesellschaft, 2010, S. 85f 48

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 193

23

Nach Steincke lassen sich Metaphern folgendermaßen definieren:

„Wenn Worte oder Wortgruppen in einem neuen Bereich Verwendung finden,

der nicht ihrem eigentümlichen Bedeutungszusammenhang entspricht, ohne

dass die notwendige Beziehung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem

sprachlich angezeigt wird, spricht man von einer Metapher.“49

Das aus dem Griechisch stammende Wort bedeutet übersetzt „Übertragung“. Da

sich die Bedeutung eines Begriffes nicht fixieren lässt und auch ständig verändert,

ist es schwierig, die eigentliche von der übertragenen Verwendung eines

Begriffes zu unterscheiden. Metaphern etablieren sich bei häufiger Verwendung

oftmals auch zu feststehenden Begrifflichkeiten und werden dann als „verblasste

Metaphern“ bezeichnet, so wie Flussbett oder Stuhlbein.50 Wie unter 2.3.2.

beschrieben finden sich auch eine Vielzahl an verblassten Metaphern in der

musikalischen Sprache wieder (siehe S. 18).

Metaphern ermöglichen es, etwas Neues und Fremdes mit bereits Bekanntem zu

vergleichen und zu verknüpfen und so in die eigene Erlebenswelt zu integrieren.

Hat ein Musikstück eine fröhliche, heitere Wirkung auf uns, suchen wir

vergleichend nach etwas Fröhlichem aus unseren Erinnerungen und unserer

Lebenswelt: ein fröhliches Beisammensein, eine heitere Geschichte, ein heiteres

Landschaftsbild.51 Ein lang anhaltender Ton wird als „breit“ oder „fließend“

bezeichnet und kann exemplarisch mit der Vorstellung eines breiten Flusses, den

fließenden Bewegungen einer Tänzerin oder scheinbar endlosen Feldern

verglichen werden.

Werden Metaphern beim Sprechen über Musik eingesetzt, bewirken sie zwei

verschiedenartige Dinge: Einerseits begünstigen Metaphern den Übergang zu

fachlichen Begriffen und führen zu einer Wissenschaftssprache hin. Andererseits

helfen sie individuelles Musikverstehen und -erleben auszudrücken. Beides trägt

auf unterschiedliche Weise zum ganzheitlichen Verstehen von Musik - und auch

anderen Künsten - bei.52

49

STEINCKE 2007, S. 138 50

Vgl. BRANDSTÄTTER 2008, S. 25f 51

Vgl. RICHTER 2014, S. 34 52

Vgl. RICHTER 2014, S. 57

24

Dennoch ist anzumerken, dass die Fähigkeiten von Metaphern nicht überschätzt

werden dürfen. Sie sind dafür zu gebrauchen, schwer Fassbares in Worte zu

fassen. Durch ihre gewisse Unbestimmtheit verharren sie aber des Öfteren an der

Oberfläche und schaffen es nicht, in die Tiefe zu gehen, um einzelne Merkmale

zu konkretisieren.

An dieser Stelle erscheint es auch wichtig den Begriff der „intermodalen

Analogien“ zu erwähnen, da dieser in engem Zusammenhang mit dem der

Metaphern steht. Intermodale Analogien können als Ursprung von Metaphern

gesehen werden und tragen wesentlich zum Verständnis derer bei.53 Genauer

wird auf die Begrifflichkeit „intermodale Analogie“ allerdings im nächsten Kapitel

unter 3.2. Intermodale Analogien (S. 29) eingegangen.

2.3.2.3. Der Einsatz von Metaphern beim Sprechen über Musik

Möglichkeiten, um mit Schüler*innen eine metaphorische Sprache beim Sprechen

über Musik anzuregen, können sein: Transformation in ein anderes Medium (wie

etwa in Bilder), Metaphern absichtlich wörtlich nehmen, übergeneralisieren,

Alternativen und Gegensätze finden, Fachbegriffe reflektieren, Gesagtes in

eigene Worte fassen und vergleichen, Adjektivzirkel und Assoziationen

herausfiltern und beschreiben.54 Auch das Bilden eigener Metaphern kann

Anregung für einen kreativen Umgang mit Sprechen über Musik sein und den

Wortschatz erweitern.55

Um den erfassten und erweiterten Wortschatz zu verdeutlichen und zu

reflektieren, ist es nützlich diesen aufzuschreiben.56 Sinnvoll beim Sprechen über

Musik ist es auch ihre Klänge präsent zu halten und mehrmals anzuhören.57

Die Wirkungskraft metaphorischer Sprache im Unterricht soll durch folgende

Zielformulierungen verdeutlicht werden:

- Metaphern ersetzen fehlende Begriffe oder schaffen neue Wortkreationen

- Metaphern schaffen Anschaulichkeit

53

Vgl. STEINCKE 2007, S. 138f 54

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 196f 55

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 193 56

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 205 57

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 196f

25

- Metaphern stellen einen Bezug zur eigenen Lebenswelt her und bilden somit

eine vertraute Beziehung zur Musik

- Metaphern erweitern und vertiefen die Sichtweise auf eine Sache

- Metaphern zeigen Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen

Wirklichkeiten und Wahrnehmungsweisen auf

- Metaphern helfen, mit eigenen Mitteln und Lebenserfahrungen auf

Hörerlebnisse und Eindrücke zu reagieren

- Metaphern regen an, neue Standpunkte einzunehmen und etwas neu sehen

oder hören zu können

- Metaphern bilden eine Verbindung zwischen dem musikalischen Erleben und

dem anderen (verglichenen) Lebensbereich

All die eben aufgezählten Feinziele sammeln sich in einer übergeordneten

Funktion des metaphorischen Sprechens: Es soll dazu beitragen, eine bestimmte

Sache, die Welt (worauf die Sache Bezug nimmt) und sich selbst zu verstehen.

So kann es für das Verständnis von Musik, das Kommunizieren eigener

Empfindungen, wie auch für das gegenseitige Verstehen gewinnbringend sein.58

58

Vgl. RICHTER 2014, S. 56

26

3. Synästhesie

Um Interdisziplinarität zwischen Musik und Bildender Kunst fundiert wissenschaftlich

behandeln zu können, erscheint es unumgänglich, über den viel verwendeten Begriff

der „Synästhesie“ und die dazugehörigen Termini zu sprechen, bevor Varianten der

Verbindungen abgehandelt werden können. Da in dieser Masterarbeit eine

ausführliche Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Gebiet der Synästhesie

nicht stattfinden kann und es nicht Kern der zentralen Forschungsfrage ist, wird in

diesem Kapitel nur ein Überblick gegeben.

Synästhesie kommt aus dem Griechischen und bedeutet wortwörtlich „Zusammen-

Fühlen“ oder „Mitempfinden“. Je nach Fachbereich und Zusammenhang wird der

Begriff sehr unterschiedlich definiert und verwendet. Im psychologischen Sinne wird

Synästhesie als Phänomen definiert, bei dem das Wirken eines Reizes auf ein

Sinnesorgan zu einer anderen Sinneswahrnehmung führt. Die Besonderheit liegt

darin, dass Reize eben nur auf einen Sinn treffen und die Wahrnehmung in einem

anderen Sinnesbereich auslösen.59 Vor allem um die Zeit zwischen 1920 und 1930

hat man sich intensiv mit der Synästhesieforschung auseinandergesetzt.60

Das „coloured hearing“ (auch „audition colorée“ oder „farbiges Hören“ genannt) ist

die häufigste Form der Synästhesie. Dabei wird durch das Hören von Geräuschen,

Musik und Stimmen die Wahrnehmung von Farben und Formen ausgelöst.61 Es

existiert auch das umgekehrte Phänomen, bei dem Töne bei bestimmten Farben

gehört werden.62 Diese sekundären Gehörerlebnisse werden als „Phonismen“

bezeichnet.63 Aber auch zwischen anderen Sinnesbereichen, wie etwa dem

Geruchs- und dem Tastsinn, können synästhetische Prozesse hervorgerufen

werden.64 Das von Synästhetiker*innen Wahrgenommene ist dabei so individuell

unterschiedlich, dass synästhetische Empfindungen nicht absolut sein können und

nicht mit einem absoluten Gehör gleichgesetzt werden können. Das Empfinden dabei

ist subjektiv.65

59

Vgl. ENSER 2011, S. 32ff 60

Vgl. STEINCKE 2007, S. 69 61

Vgl. ENSER 2011, S. 32ff 62

Vgl. ENSER 2011, S. 35 63

Vgl. SIDLER, Natalia: Über die Beziehung von Farbe und Klang. Interdisziplinäre Kunstprojekte für Musiker, Tänzer, Schauspieler und bildende Künstler.- In: ÜBEN UND MUSIZIEREN 2003, S. 44 64

Vgl. ENSER 2011, S. 35 65

Vgl. SIDLER 2003, S. 44

27

Bei dem Versuch, auditive und visuelle Zusammenhänge zu kategorisieren und zu

benennen, wird der Begriff Synästhesie oft als Oberbegriff verschiedenartig

verwendet. Das kann vor allem in interdisziplinären Kontexten sprachliche

Missverständnisse zur Folge haben.66

Deshalb soll im Folgenden exemplarisch auf ausgewählte wichtige Erklärungs- und

Definitionsmodelle eingegangen werden, die in der Synästhesieforschung

entstanden sind und für die Fragestellung von Bedeutung sind.

3.1. Echte Synästhesie

Um eine sogenannte echte (genuine) Synästhesie zu erkennen, formulierte der

Neuropsychologe Richard E. Cytowic folgende Merkmale:

- Synästhesien entstehen durch Reize und finden reflex- und zwangsartig statt

- synästhetische Wahrnehmungen werden körpernahe erlebt und projizieren

sich auf den umgebenden Raum

- Synästhesie ist ein permanentes, abstraktes Phänomen, das eindeutig von

assoziativen Verbindungen auseinandergehalten werden kann

- Synästhesien können leicht in Erinnerung behalten werden

- Synästhesien sind mit starken Gefühlen verbunden und wirken realistisch67

Das Auftreten echter Synästhesien ist allerdings nur sehr selten. Laut Cytowics

Kriterienkatalog, woraus vier von den fünf aufgelisteten Merkmalen zutreffen müssen,

sind drei Synästhetiker*innen unter einer Million Menschen.68

So zählt Filmmusik nicht zu Synästhesie im engeren Sinne, da Reize auf mehrere

Sinnesebenen treffen. Auch Skrjabins Einteilung von Klängen zu Farbspektren oder

seine Farblichtmusik ist nicht synästhetisch.69 Dabei wies der russische Komponist

den zwölf Tönen der Tonleiter jeweils eine konkrete Farbe zu. Ebenso die Tonarten

des Quintenzirkels erhielten eine Farbzuweisung. Diese Zuteilungen setzte er später

in seinem berühmten Orchesterwerk Prometheus praktisch um. Er erfand dafür ein

Farbenklavier, mit dem zur Musik gleichzeitig farbige Lichtprojektionen entstanden.70

66

Vgl. ENSER 2011, S. 35 67

Vgl. ENSER 2011, S. 32ff 68

Vgl. STEINCKE 2007, S. 72 69

Vgl. STEINCKE 2007, S. 69 70

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 25

28

Abbildung 1: Skrjabins Farbzuordnung im Quintenzirkel

Abbildung 2: Farbenklavier nach Skrjabin

Weiter gefasst hat den Begriff Synästhesie - im Gegensatz zu Cytowic - Albert

Wellek, dessen Forschungsergebnisse besonders im 20. Jahrhundert große

Anerkennung fanden. Er bezeichnete diese Form von Doppelempfindungen als

etwas „Allgemeinmenschliches“. Je nach Form des Auftretens des Phänomens

unterteilte er Synästhetiker*innen in vier verschiedene Typen:71

1. Ebene

(z.B. akustisch)

2. Ebene

(z.B. optisch)

A) Doppelempfindung Empfindung Empfindung Beim Hören von Musik

werden real Farben und

Formen gesehen.

B) Folge-Vorstellung Empfindung Vorstellung Beim Hören von Musik

werden Farben und

Formen nur vorgestellt.

C) Folge-Empfindung Vorstellung Empfindung Bei der Vorstellung von

Musik werden real

Farben und Formen

gesehen.

D) Doppelvorstellung Vorstellung Vorstellung Bei der Vorstellung von

Musik werden Farben

und Formen nur

vorgestellt.

Abbildung 3: Vier Typen der Synästhesie von Albert Wellek

71

Vgl. STEINCKE 2007, S. 70

29

Setzt man Welleks Typen der Synästhesie in Beziehung zu Cytowics Auffassungen,

so würden laut Cytowics Definition nur Typ A und C unter echte Synästhetiker*innen

fallen.

Für den Instrumentalunterricht von größter Bedeutung ist Typ B, bei dem Farben und

Formen zu akustischen Ereignissen vorgestellt werden. Typ A stellt eine seltene

Spezialbegabung dar und auch Typ C und D sind bei den meisten Menschen

unrealistisch. Eine Doppelvorstellung, wie in Typ D beschrieben, kann aber dann in

Kraft treten, wenn nach mehrmaligem Hören eines Musikstückes das Gehörte und

die zugehörigen Farben und Formen in der Erinnerung vorgestellt werden können.72

3.2. Intermodale Analogien

Ebenso gehen die sogenannten „Ursynästhesien“ auf Wellek zurück. Er ordnete

akustische und visuelle Empfindungen einander zu, die er in sechs

Grundentsprechungen einteilte. Diese weisen Allgemeingültigkeit auf und müssen

somit auf Grunderfahrungen des Menschen zurückgehen:73

1) a) dünn - dick

b) scharf (spitz) - (stumpf) schwer

= hoch - tief (vom Tone)

= hoch - tief (vom Tone)

2) schnell, beweglich (leicht) -

langsam, schwerfällig (schwer)

= hoch - tief

3) a) hoch - tief (im Raume)

auf (Steigen) - ab (Fallen)

b) Linie

Horizontale

Wellenlinie

= hoch - tief

= höher - tiefer

= Tonfolge

= Tondauer (Tongleichheit)

= Triller (oder Bebung)

4) a) klar - trüb

b) grell (leuchtend), satt -

blass (grau), matt

= hoch - tief

= stark - schwach

72

Vgl. STEINCKE 2007, S. 70f 73

Vgl. STEINCKE 2007, S. 71

30

5) a) hell (weiß) - dunkel (schwarz)

b) warm - kalt (auch von den Farben)

= hoch - tief

= hoch - tief

6) vielfarbig (bunt) – einfarbig (unbunt) = klangvoll – eintönig

Abbildung 4: Ursynästhesien von Albert Wellek

Andere Autoren bezeichnen diese Zusammenhänge unter anderem auch als

archetypische Metaphern, Elementarsymbolik oder intermodale Wahrnehmung.

Diese Zusammenhänge entsprechen also nicht einer genuinen Synästhesie, sondern

sind assoziative Verbindungen hinsichtlich Helligkeit, Intensität, Volumen und Dichte.

Einige dieser Zuordnungen sind auch auf physikalische Gesetze zurückzuführen,

zum Beispiel auf die Schwerkraft: Fällt ein schwerer Gegenstand zu Boden, bewirkt

dieser ein dunkleres Geräusch beim Aufprall, als würde ein leichter fallen. So ist auch

die Zuweisung hell - dunkel = hoch - tief von der Natur abzuleiten. Je näher etwas

dem Sonnenlicht ist (höher), desto heller.74

Was Wellek als „Ursynästhesien“ benannt hat, findet sich auch unter dem Ausdruck

„intermodale Analogien“ wieder. Der Begriff bezeichnet die Verknüpfung

verschiedener Sinne. Anders als bei der genuinen Synästhesie sind diese

Verknüpfungen assoziativ und basieren auf frühkindlichen oder auch später

allmählich erworbenen Erfahrungen. Durch empirische Untersuchungen wurde

festgestellt, dass bei intermodalen Analogien (auch unechte Synästhesien genannt)

die meisten Menschen bestimmte Zuordnungen gleich oder ähnlich erleben (wie

etwa zwischen Farben und Klängen) - so wie es auch Wellek in seinen

Ursynästhesien aufgelistet hat. Selbst wenn die Analogien zweier Menschen durch

individuelle Zuordnungsmuster voneinander abweichen können, so sind sie dennoch

logisch erklärbar und für andere nachvollziehbar.75

74

Vgl. HENNIGFELD, Ursula: Mythos Goya – Überlegungen zu einer transkulturellen und transmedialen Identifikationsfigur. In: HENNIGFELD, Ursula (Hrsg.): Goya im Dialog der Medien, Kulturen und Disziplinen.- Freiburg i.Br./Berlin/Wien: Rombach Verlag KG, 2013, 1. Auflage, Bd. 3, S. 39f 75

Vgl. STEINCKE 2007, S. 74

31

Den Unterschied zwischen (echten) Synästhesien und intermodalen Analogien

verdeutlicht der Synästhesieforscher Klaus-Ernst Behne, für den die Differenzierung

dieser beiden Formen von Bedeutung war:76

„[…] – bei Synästhesien handelt es sich jeweils um eine absolute Zuordnung

(von Reiz und synästhetischem Perzept), die unabhängig vom jeweiligen

Kontext erfolgt und bei der der menschliche Organismus eigentlich nur passiv

reagiert; - intermodale Analogien hingegen sind als eine relative Zuordnung zu

begreifen, deren Relativität sich vor allem aus ihrer Kontextabhängigkeit

ergibt, intermodale Analogien sind das Ergebnis eines jeweils aktuellen,

aktiven Prozesses, an dem ein nach Vergleichsmöglichkeiten suchender,

beziehungsstiftender Geist beteiligt ist.“77

Zum besseren Verständnis soll noch ein Beispiel geben werden: Das Hören eines

bestimmten Klanges bringt die Assoziation mit der Farbe Blau (=unechte

Synästhesie). Das bedeutet aber nicht, dass umgekehrt automatisch bei der Farbe

Blau an diesen Klang gedacht werden muss (=echte Synästhesie).78

3.3. Musikpädagogischer Zusammenhang

Intermodale Analogien sind hingegen den echten Synästhesien bedeutsam für die

Musikpädagogik. Durch das Wissen, dass Analogien immer wieder ähnlich

empfunden werden, können sie helfen, individuelle Empfindungen verständlich zu

machen und anschaulich zu artikulieren. Intermodale Analogien ermöglichen es,

scheinbar räumlich oder zeitlich getrennte Merkmale zu verbinden und so auch eine

bildnerische Versprachlichung entstehen zu lassen.79 Hier sei noch einmal auf den

Zusammenhang zwischen intermodalen Analogien und Metaphern in dem Kapitel

2.3.2.2. Metaphern in der musikalischen Sprache (S. 22) verwiesen.

Das Bilden von Analogien ermöglicht auch, beim Malen nach Musik Musik zu

verstehen. Linien, Farben, Formen und die Verbindung zur Musik können als stimmig

empfunden werden. Den Schüler*innen ist es möglich, einen Zusammenhang

76

Vgl. ENSER 2011, S. 35 77

Vgl. BEHNE 1992 zit. n. ENSER 2011, S. 36 78

Vgl. STEINCKE 2007, S. 77f 79

Vgl. STEINCKE 2007, S. 77ff

32

zwischen Räumlichkeit und Zeitlichkeit (wie etwa zwischen Farbe, Klang und Tönen)

zu entdecken.80

Auch die in 3.2. (S. 29) angeführten Ursynästhesien nach Wellek können im

Instrumentalunterricht Aufschluss über musikalische Entscheidungen bei der

Improvisation nach Bildern geben. Die unterschiedliche musikalische Umsetzung des

Gesehenen kann in Vergleich gestellt und ähnliche Empfindungen können

herausgefiltert werden. Es kann auch der Versuch angestellt werden, ob gewisse

Zuordnungen den Empfindungen aller Mitspieler*innen entsprechen und somit

Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Gruppe festgestellt werden können. Durch die

Auseinandersetzung mit Ursynästhesien und intermodalen Analogien, wie etwa hell-

hoch / dunkel-tief, kann das Bewusstsein dafür und das Aufeinanderhören beim

gemeinsamen Musizieren sensibilisiert werden.

80

Vgl. STEINCKE 2007, S. 78f

33

4. Rezeptionsformen zwischen Musik und Bildender Kunst

Anfang des 20. Jahrhunderts lassen sich immer mehr Verbindungen zwischen Bild

und Musik feststellen. Die Möglichkeiten der Verknüpfungen sind reichlich und die

Versuche der Verbindungsarten vielfältig. So beginnen Künstler*innen beide Künste

in Klanginstallationen zu verbinden oder mit und nach Musik zu malen. Andersrum

verwenden Komponist*innen Werke der Bildenden Kunst als Inspirationsquelle ihrer

Musik oder beschäftigen sich mit der Zuweisung von Klängen und Farben.81

Besonders seit den 1980er Jahren wächst die Aufmerksamkeit dafür, nachweisbar

in Form von Publikationen, Symposien, Untersuchungen und Sammelbänden. Es

finden auch vermehrt Ausstellungen zu dem Thema statt, wie etwa 1985 die

Ausstellung Paul Klee und die Musik, um ein Beispiel zu nennen. Auch heute wirkt

die Tendenz des Interesses steigend.82

Die Verbindungsform Musik nach Bildender Kunst erhält schon in der ersten Hälfte

des 19. Jahrhunderts einen Aufschwung als sich die Programmmusik als eigene

Musikrichtung entwickelt, in der das Instrumentalwerk von einem außermusikalischen

Thema bestimmt oder beeinflusst wird.83 Diese außermusikalischen Themen können

unter anderem Bildvorlagen sein, aber auch Texte.

Je nach Entstehungsprozess und Wahrnehmungsabfolge lassen sich verschiedene

Rezeptionsmöglichkeiten unterscheiden, wie Musik und Bildende Kunst aufeinander

Bezug nehmen.84 Die Rezeptionsformen, die auch später im Projekt vorkommen,

werden hier ausführlicher beschrieben und in weiterer Folge in einen

musikpädagogischen Kontext gesetzt. Andere nicht verwendete Formen werden

trotzdem erwähnt, um das breite Spektrum an Möglichkeiten zwischen den beiden

Künsten aufzuweisen. Sie werden jedoch weniger detailliert behandelt.

81

Vgl. ENSER 2011, S. 74 82

Vgl. JEWANSKI, Jörg/ KETTELER Rolf: Musik und Bildende Kunst, Einführung.- In: MGG Online, hgg. v. LÜTTEKEN Laurenz.- Kassel, Stuttgart, New York, 2016. Online im Internet. URL: www-1mgg-2online-1com-1vmd29ynd0024.han.bruckneruni.at/mgg/stable/11763 [Stand: 08-09-2019] 83

Vgl. ALTENBURG, Detlef: Programmmusik, Zur Ästhetik der Programmmusik: malendes Genre, charakteristische Musik und Programmmusik.- In: MGG Online 2016. Online im Internet. URL: http://www-1mgg-2online-1com-1vmd29ynd0024.han.bruckneruni.at/mgg/stable/15190 [Stand: 08-09-2019] 84

Vgl. ENSER 2011, S. 74

34

4.1. Musik nach Bildern

Dabei entspringen musikalische Ideen aus Bildern, wobei die visuellen Vorstellungen

programmatisch sowie auch unkonkret sein können. Filmmusik, Musik zu bewegten

Bildern kann ebenso diesem Bereich zugeordnet werden.85

Allerdings begannen Komponist*innen erst relativ spät, Bilder als Ausgangspunkt

einer Komposition zu verwenden. Dieser Teilbereich der Programmmusik entstand,

wie bereits erwähnt, im 19. Jahrhundert.86 Diese neue ästhetische Denkweise war

darum bemüht, die Grenzen zwischen den Gattungen aufzuheben.

Einen maßgeblichen Einfluss auf diese Entwicklung hatte Franz Liszt (1811-1886)

mit seinen Symphonischen Dichtungen. Die darin enthaltene Verbindung der

Symphonie mit der Dichtung, aber auch die der Musik und Malerei, kamen Liszts

Absicht die Kunst „umzuwandeln“ nach. Zur Symphonischen Dichtung zählende

Werke, die von Gemälden inspiriert wurden, sind: Die Hunnenschlacht von 1857 und

Von der Wiege bis zum Grabe, entstanden 1881/82.87

Die Verbindungsmöglichkeiten in diesem Bereich sind sehr vielfältig und komplex.

Deshalb ist es auch sehr schwierig, Unterscheidungskategorien zwischen

Verbindungen von Bildvorlage und Musik festzulegen. Bereits der Titel eines Bildes

kann ausschlaggebend für die Idee einer Komposition sein. Es kann aber auch ein

Bildelement Assoziationen zu einem musikalischen Element hervorrufen oder die

Grundstimmung eines Bildes aufgegriffen werden. Genauso kann die Geschichte aus

dem Bild musikalisch erzählt werden. Die unterschiedlichen Einflüsse der

bildnerischen Vorlage können später nur schwer festgemacht werden, da bereits in

der Entstehung der Komposition schwer nachvollziehbare Verbindungsprozesse

stattfinden.88

Der intermediale Bezug von nach Bildern entstandener Musik lässt sich viel schwerer

nachvollziehen als die Bezugnahme von einem Text auf ein Bild. Im Vergleich zu

einem Text, der die Beschreibung eines Bildes beinhalten kann, ist die Verbindung

Bild - Musik meist viel abstrakter und weniger greifbar. So bedarf es Äußerungen der

85

Vgl. ENSER 2011, S. 74f 86

Vgl. JACOBS 2013, S. 255-265 87

Vgl. DE LA MOTTE-HABER, Helga: Musik und Bildende Kunst. Von der Tonmalerei zur Klangskulptur.- Laaber: Laaber Verlag, 1990, S. 80f 88

Vgl. ENSER 2011, S. 77

35

Komponisten zu ihren Stücken und Kompositionsweisen, um ihre Musik angemessen

zu analysieren und zu interpretieren.89

Eines der wohl berühmtesten Werke dieser

Kategorie ist der Klavierzyklus „Bilder einer

Ausstellung“ von Modest Mussorgski. Die

Inspiration für die 1874 entstandene Komposition

entstammt einer Ausstellung im Gedenken an

den Architekten und Maler Victor Hartmann. Die

Bilder wurden dabei nicht direkt in Musik

umgesetzt, sondern dienten als Anlass,

musikalische Bilder zu kreieren. In der

Erstausgabe der Partitur sind Erläuterungen zu

den einzelnen Bildern beziehungsweise Sätzen

zu finden. Ein Bildbeispiel daraus ist die Skizze

eines Stadttors in Kiew.

Paul Klee, der in seinen Werken stark mit der Musik verbunden war und daraus viele

seiner Ideen schöpfte, war wiederum Inspirationsquelle für etliche Musiker im 20.

Jahrhundert. Aber auch Arbeiten von Dürer, Michelangelo Buonarroti, Picasso,

Böcklin und Francisco de Goya wurden vielfach vertont. Häufig darin vorkommende

Themen sind Tod, Melancholie und Krieg.90 Auf die Vertonung Francisco de Goyas

Werken wird unter Punkt 5.2. Goya in der Musik (siehe S. 51) genauer

eingegangen.

4.1.1. Musik nach Bildern in einem musikpädagogischen

Kontext

Es gibt verschiedene Herangehensweisen, wie Musik zu Bildern in einem

pädagogischen Zusammenhang entstehen kann. Für das Vertonen eines Bildes

89

Vgl. JACOBS 2013, S. 255-265 90

Vgl. JEWANSKI, Jörg/ KETTELER, Rolf: Musik und Bildende Kunst, Musiker und Bildende Kunst, Musik nach Bildern.- In: MGG Online 2016. Online im Internet. URL: www-1mgg-2online-1com-1vmd29ynd0024.han.bruckneruni.at/mgg/stable/14940 [Stand: 08-09-2019]

Abbildung 5: Das große Tor von Kiew, Aquarell und Bleistift von Victor Hartmann

36

gab der Musikwissenschaftler und -pädagoge Mathias Schillmöller Anregungen in

folgender Reihenfolge:91

- das Bild betrachten und auf sich wirken lassen, erste Empfindungen und

Eindrücke können aufgeschrieben werden

- Analyse von Farben und Formen, wichtige Elemente herausfiltern und

notieren

- passende Instrumente oder Klänge auswählen und den herausgefilterten

Elementen zuweisen, daraus Melodien und Motive entwickeln

- kreativer Umgang und Einsatz von musikalischen Parametern: Wo ist piano-

forte, hoch-tief, legato-staccato passend?

- die Vorgehensweise organisieren, Aufzeichnungen in Form von Text,

Spielanleitungen oder Notation

- konzentriertes Proben: Aufbau eines Spannungsbogens, Achtung auf Anfang

und Schluss, Vermittlung einer klaren Botschaft

- anschließende Aufführung oder Festhalten durch Video oder Aufnahme

- Feedback und Reflexion

Diese Form der Verbindung bietet aber nicht nur Anreiz, selbst musikalisch tätig

zu werden, sondern Musik nach Bildern kann auch Gelegenheit schaffen, Bilder

mit bereits vorhandenen Kompositionen dazu analytisch zu vergleichen. Wie ein

solches Vergleichen aussehen könnte, ist in Schillmöllers Impulsen für einen

ästhetischen Unterricht zu finden:

1. Allgemeine Beschreibung – Präsentation der beiden Werke

Werk der Bildenden Kunst Werk aus der Musik

Künstler: Künstler:

Epoche: Epoche:

Werktitel: Werktitel:

91

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 15

37

Gattung: Gattung:

Museum/Maße: Besetzung:

Erster Eindruck:

Bildaufbau (kurz): Ton- und Taktart:

Dynamik/Tempo:

Großform:

2. Detailanalysen

Bildende Kunst Musik

Aufbau (im Detail): Aufbau (im Detail):

Klangfarben:

Instrumente:

Pinselstrich:

Rhythmus:

Formen/Linien:

Farbe:

Licht:

Kontraste:

In den Noten zu analysieren:

Artikulation:

Rhythmus:

Melodie:

Harmonik:

Motive und Themen:

Text und dessen Illustration:

3. Kunst-Musik: Die Beziehung der beiden Werke

Bestimmt drei Oberthemen, die in beiden Werken vorkommen (eines kann auch

einen Vergleich der beiden Künstler/Epochen betreffen) und ordnet aus den

Ereignissen von 2. jeweils drei Unterpunkte zu.

Abbildung 6: Vorschlag zur Klang-Bildanalyse von Mathias Schillmöller

38

4.2. Bilder nach Musik

Bei dieser Kunstform existiert zuerst Musik und dazu entstehen Bilder, wobei die

Bilder während der Wahrnehmung von Musik oder danach entwickelt werden

können.92

4.2.1. Musikalische Grafik - Malen nach Musik in einem

musikpädagogischen Kontext

In einem musikpädagogischen Zusammenhang wird bei dieser Sparte von

„musikalischer Grafik“ gesprochen. Sie ist ein Weg, um mit den von der Musik

hervorgerufenen inneren Bildern in Kontakt zu treten, diese zu visualisieren und zu

analysieren. Die hervorgerufenen Bilder nach Musik sind vorwiegend abstrakter

Gestalt. Die persönlichen Assoziationen können durch die bildhafte Darstellung

kognitiv besser erfasst werden. Es erscheint sinnvoll, nach dem Prozess des

Malens (dabei ist auch Zeichnen gemeint) über die hervorgebrachten Emotionen

und Empfindungen zu sprechen.93

Ausdrucksstarkes Bildmaterial zur Musik kann entstehen, wenn der Intuition beim

Malen genügend Platz verschafft wird. Es wird versucht, die Distanz zwischen

Musik, Bild und Hörer*in so klein wie möglich zu halten, indem der Ausdruck der

Musik intuitiv und vorerst unreflektiert in ein Bild umgesetzt wird.94

Durch das Hören von Musik während des Malens wird die innere Vorstellungswelt

angeregt. Durch die zu treffenden Entscheidungen (Material, Farbwahl,

Linienführung) werden die Schüler*innen aufgefordert, sich und ihre

Empfindungen zur Musik nach außen zu tragen und auszudrücken. In diesem

Sinne kann bereits von einem ersten ästhetischen Verstehen gesprochen werden.

Auch wenn noch nicht über die Musik oder das entstandene Bildmaterial

gesprochen wird, hat das Bild selbst Mittteilungscharakter.95 Hans H. Eggebrecht,

der sich mit dem Verstehen von Musik auseinandersetzte, empfand diese erste

92

Vgl. ENSER 2011, S. 74 93

Vgl. ADAM Kamilla, Farbklänge zu Klangfarben in Bewegungsspuren. Neuorientierung in der musikalischen Graphik Oskar Rainers.- Wien: Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, 2000 (Bd. 4 d. Reihe Wiederverwertbare Fundstücke der Kunstpädagogik, hgg. v. MARTISCHNIG, Michael), S. 52f 94

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 198 95

Vgl. EGGEBRECHT 1999 zit. n. STEINCKE 2007, S. 83ff

39

Phase, in der die Musik nonverbal wahrgenommen werden kann, als äußerst

wichtig.96

Die subjektiven Empfindungen der Ausführenden werden durch die Bilder

mitgeteilt. Die Bilder bieten sich aber auch an, die gehörte Musik zu

charakterisieren und darüber zu sprechen, das Gehörte im Bild wiederzufinden

und in sich aufzunehmen. Eggebrecht spricht in diesem Zusammenhang von

einem erkennenden Verstehen von Musik.97 Dieses passiert in Form von

Versprachlichung und soll als Bereicherung des begriffslosen Verstehens

dienen.98 Beide Formen des Verstehens von Musik, ästhetisch sowie erkennend,

sind laut Eggebrecht notwendig, um Musik ganzheitlich zu erleben und zu

verstehen.99

Die Gestaltung des Malprozesses zur Musik kann in verschiedenen Varianten und

Settings stattfinden. Nachstehende didaktisch-methodische Überlegungen sind im

Vorfeld zu bedenken:100

- Materialien:

Um die Beteiligten selbst entscheiden lassen zu können, welche

Materialien sie zur Musik als passend erachten, ist es sinnvoll, eine

möglichst große Vielfalt an Materialien (wenn möglich) anzubieten.

- Raum:

Die vorbereitete Malumgebung sollte auch das Weggehen vom Bild

ermöglichen, um das Entstehende auch von der Ferne betrachten zu

können. Ein reizvoller Weg dies umzusetzen ist das Malen auf dem Boden.

Es erzeugt Bewegungsfreiheit und ermöglicht Distanz.101 Um sich auf die

Musik und die bildnerische Umsetzung konzentrieren und einlassen zu

können, ist auch eine gewisse Abgeschiedenheit für jede*n Einzelne*n

erforderlich. Die Raumgegebenheit muss es ermöglichen, äußere Reize

ausblenden zu können. Kontakt und Vergleiche mit Mitschüler*innen

können das Hineinfühlen in die Musik stören. Oft suchen die Schüler*innen

96

Vgl. ENSER 2011, S. 70 97

Vgl. EGGEBRECHT 1999 zit. n. STEINCKE 2007, S. 83ff 98

Vgl. BANDUR 2004 und EGGEBRECHT 2004 zit. n. ENSER 2011, S. 70 99

Vgl. EGGEBRECHT 1999 zit. n. STEINCKE 2007, S. 83ff 100

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 200f 101

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 200f

40

selbst nach Distanz zur Gruppe, um in ihre eigenen Vorstellungen

versinken zu können.102

- Bewegung:

Malen ist mit Bewegung eng verbunden. Die Verbindung kann noch

gestärkt werden, indem beispielsweise Dirigierbewegungen als

Ausgangspunkt für Malbewegungen verwendet und aus dem Dirigieren

entwickelt werden.103

- Musik:

Die Auswahl der Musik ist mit Gespür zu treffen und soll

Assoziationsreichtum, Beweglichkeit und Sinnlichkeit beinhalten.104 Mit

Gespür bedeutet auch, dass die Musik auf ihre Vermittlungsqualitäten hin

hinterfragt wird und die Lehrkraft selbst Erfahrungen mit der Musik machen

sollte, bevor diese zum Bildgestalten in einer Unterrichtssituation

verwendet wird.105

Entscheidend ist auch, ob die Schüler*innen die Musik bereits kennen oder

nicht. Bekannte Musikstücke sind mit Erinnerungen und bereits

vorhandenen Assoziationen gekoppelt. Die Lehrkraft muss auch im Vorfeld

entscheiden, ob das Musikstück zuerst einmal gehört wird oder ob beim

ersten Hören zeitgleich mit dem bildnerischen Tun gestartet wird. Diese

scheinbar kleinen Entscheidungen beeinflussen den Prozess und das

Ergebnis.

- Hemmschwellen überwinden und visuelle Konventionen durchbrechen:

Es gilt Schüler*innen zu ermuntern, um in ein freies, intuitives Malen zu

kommen. Malen nach Musik ist prozess- und weniger ergebnisorientiert.

Der Fokus liegt auf der individuellen Musikwahrnehmung und darauf, diese

bildnerisch darzustellen. Das Ergebnis – ein Kunstwerk zu schaffen – steht

nicht im Vordergrund. Aufforderungen, wie die Augen während des Malens

zu schließen oder die Nicht-Schreibhand zu verwenden, können dafür

anregend wirken. Auch Bewegungsanweisungen können helfen, stark

vorhandene visuelle Konventionen zu blockieren (zum Beispiel langsame,

102

STEINCKE 2007, S. 84 103

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 200f 104

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 200f 105

Vgl. BAACKE 2004 zit. n. STEINCKE 2007, S. 85

41

schnelle, große, kleine, runde, fließende oder eckige Bewegungen; mit viel

oder wenig Druck).106

- Die Rolle der Lehrkraft:

Nicht zuletzt ist es von Bedeutung, in welcher Rolle sich der*die Lehrende

sieht. Die Lehrkraft sollte sich als Vermittler*in zwischen Musik und

Schüler*innen sehen, die begleitend für die notwendigen

Rahmenbedingungen sorgt, aber nicht aktiv versucht, den Schüler*innen

etwas über die Musik beizubringen. Es muss auch gut überlegt sein, ob

Informationen zum Werk oder zum*zur Komponist*in im Vorfeld fördernd

oder eher hinderlich auf den individuellen Gestaltungsprozess wirken.

Informationen im Vorfeld beeinflussen das Ergebnis und lösen

Hörerwartungen aus. Ebenfalls lenkend und eingrenzend können

Höraufgaben sein, die die Schüler*innen die Musik selektiv wahrnehmen

lassen.107

Dieser nonverbale Prozess des Malens kann durch Reflexion zum Sprechen über

Musik führen und die Sprache kann wiederum eine musikgestalterische Sequenz

einleiten108 (zum Beispiel zu den entstandenen Bildern musizieren, siehe unter

4.1.1. Musik nach Bildern in einem pädagogischen Kontext, S. 35). Dabei sei

noch einmal auf das Kapitel 2.3.2. Versprachlichung von Musik (S. 18)

verwiesen.

4.3. Rückübertragungen

Auch sogenannte Rückübertragungen finden sich in der Kunstgeschichte wieder, sie

schaffen eine Brücke zwischen Musik nach Bildern und musikalischer Grafik. Dabei

handelt es sich um Bildende Kunst, die von Musik angeregt wird, die wiederum nach

Bildern entstanden ist. Häufig sind dabei unverkennbare Parallelen zwischen

Ursprungsbild und dem zur Musik entstandenen Bild zu erkennen.109

Die in diesem Kapitel unter 4.1. Musik nach Bildern (S. 34) erwähnten Bilder einer

Ausstellung von Mussorgski sind Beispiele für Rückübertragungen, die für

106

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 200f 107

STEINCKE 2007, S. 85f 108

Vgl. HESSELMANN 2015, S. 207 109

Vgl. SÜNDERMANN Hans/ERNST Berta: Klang-Farbe-Gebärde. Musikalische Graphik.- Wien/München: Anton Schroll & Co, 1981, S. 105

42

nachfolgende Werke sorgten. Einerseits wurden die ursprünglich für Klavier

geschriebenen Kompositionen mehrfach für andere Besetzungen und Instrumente

bearbeitet. Andererseits entstanden Grafiken, Gemälde sowie auch eine

Bühnenkomposition von Kandinsky, bei denen ein Zusammenhang zum Urbild

ersichtlich ist. Auch zu dem Musikstück Das große Tor von Kiew schuf Kandinsky ein

Bild mit gleichnamigem Titel.110

Abbildung 7: Kandinskys Entwurf zu Das große Tor von Kiew (1928)

4.3.1. Rückübertragungen in einem musikpädagogischen

Kontext

Rückübertragungen in einem musikpädagogischen Kontext entstehen zu lassen

ist besonders reizvoll, da eine Betrachtung von beiden Disziplinen ausgehend

möglich ist. Zum einen kann zu den Ursprungsbildern musiziert werden und

anschließend mit der dazu komponierten Musik verglichen werden. Zum anderen

können Rückübertragungen geschaffen werden, indem zur Musik bildnerisch

gestaltet wird.

110

Vgl. DE LA MOTTE-HABER 1990, S. 140ff

43

Die Form der Rückübertragungen wurden auch im Projekt zu den Caprichos von

Goya aufgegriffen, bei dem die Schüler*innen zu Mario Castelnuovo-Tedescos

Musik, die zu den Bildern von Goya entstanden ist, bildnerisch tätig wurden (siehe

6.6. Phase 5: Der umgekehrte Prozess, S. 76).

4.4. Improvisation in Musik und Bild

Das Improvisatorische ist in beiden Kunstrichtungen getrennt voneinander zu finden.

In der Bildenden Kunst kann exemplarisch das Action Painting genannt werden, bei

dem sich unerwartete Muster und Flächen ergeben, indem Farbe an eine Leinwand

geschleudert wird. In der Musik entsteht etwas Neues, nicht Aufgeschriebenes

während des Musizierens, häufig im Jazz aufzufinden.111

Aber auch in der Verbindung der beiden Künste findet Improvisatorisches seine

Anwendung. Durch die größer werdende Fülle an technischen Möglichkeiten gibt es

immer mehr Performances, in denen Musik und Visuals kombiniert werden, wobei

diese Visuals abgestimmt auf die Musik „improvisiert“ und spontan dazu entstehen.

Für ein Bildbeispiel soll noch einmal Wassily Kandinsky genannt werden, der vielen

seiner Bilder den Titel „Improvisation“ gab.

Abbildung 8: Kandinskys Improvisation Nr. 27, Der Garten der Liebe (1912)

111

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 64

44

4.4.1. Improvisation zu Bildern in einem musikpädagogischen

Kontext

Bilder wie die Improvisation Nr. 27 von Kandinsky können dazu anregen, über

Bildelemente, die etwas Improvisatorisches in sich haben, zu sprechen und diese

anschließend zu vertonen.112 Impulsgebend für die Improvisation können

Elemente, Farben und Formen des Bildes sein, zu denen musikalische Formen

oder eine Geschichte erfunden wird.113

Bilder, abstrakt oder gegenständlich, können aber auch Anstoß sein, im

Instrumentalunterricht spontan zu improvisieren, ohne davor auf eine analytische

Ebene zu kommen. So fand es auch in der ersten Phase des Goya-Projekts statt.

Die Schüler*innen improvisierten dabei zu einem Bild von Goya, was unter 6.1.

Phase 1: Spontanimprovisation (siehe S. 62) genauer beschrieben ist.

Auf die Entstehung einer solchen Gruppenimprovisation sei hier nun kurz

eingegangen. Die Improvisation beginnt, indem die Stille durch einen ersten Klang

durchbrochen wird. Die Mitspieler*innen können dann auf verschiedene Weisen

darauf reagieren: Entweder sie steigen spontan in das Geschehen ein und spielen

das, was ihnen als Erstes einfällt. Oder sie gehen mögliche Varianten im Kopf

durch und entscheiden sich für eine. Oder sie warten zuerst ab und lauschen

vorerst den Reaktionen der anderen und bringen sich erst zu einem späteren

Zeitpunkt ein.

Die erstgenannte Möglichkeit kann ein kraftvolles und kurzfristig spannendes

Klangergebnis bringen. Längerfristig aber können interessante

Improvisationsergebnisse entstehen, wenn die Beteiligten sich Zeit nehmen, das

bereits Entstandene konzentriert in sich aufzunehmen und eigene musikalische

Ideen zuerst gedanklich vorzustellen, bevor sie zu spielen beginnen. Wie sich

dieses Aufeinander-Hören und -Reagieren äußert, ist abhängig von dem Konzept

(gibt es eine Geschichte dazu oder nicht, gibt es Vorgaben) und den Vorstellungen

der jeweiligen Mitspieler*innen.

112

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 65 113

Vgl. SCHILLMÖLLER 2017, S. 81

45

Eine musikalische Aktion kann

- imitiert und weitergeführt werden.

- mit anderem Tonmaterial oder in anderer Tonlage übernommen werden.

- mit veränderter Artikulation oder Dynamik wiederholt werden.

- als Echo wie in weiter Ferne noch einmal erklingen.

- eine gegensätzliche Reaktion zur Antwort haben.

- zur Folge haben, dass ein*e Mitspieler*in nur zuhört und abwartet, wie andere

reagieren.

- auch mit Stille beantwortet werden und das Ende der Improvisation sein.

Irrelevant, ob die aufeinander reagierenden Klänge ähnlich oder verschieden

sind, treten die Klangaktionen (und damit auch die Musiker*innen) in Beziehung

zueinander. Um diese Beziehungen herstellen zu können, bedarf es eines

musikalischen Vorstellungsvermögens der Schüler*innen.114

Die Aufgabe der Lehrenden ist es in diesem Prozess beobachtend und wenn

nötig beratend zur Seite zu stehen. Möglichkeiten, wie miteinander improvisiert

werden kann, sei es tonal oder frei, können gemeinsam mit den Schüler*innen

erarbeitet werden. Eine auf die Improvisation folgende Reflexion kann durch

den/die Lehrer*in als Beobachter*in bereichert werden.

4.5. Bilder verweisen auf Musik

Darunter werden Werke aus der Bildenden Kunst verstanden, die auf Musik

verweisen, ohne einen direkten Bezug auf eine bestimmte Komposition zu haben.

Darunter fallen Portraits von Musiker*innen, Instrumentenstillleben und Bilder, auf

denen Musizierende oder Musikunterricht abgebildet sind.115 Auch Fragmente der

Notenschrift können von Bildenden Künstler*innen eingearbeitet und musikalische

Parameter als Ausgangspunkt herangezogen werden, um neue Ausdrucksformen zu

finden.

Zahlreiche Bilder, die Titel tragen wie Symphonie, Komposition, Polyphonie oder

Fuge, sind um 1900 entstanden.116 Im Zuge dessen kann regelrecht von einer

114

Vgl. HANDSCHICK 2016, S. 260ff 115

Vgl. ENSER 2011, S. 74 116

Vgl. JEWANSKI/KETTELER 2016 [Online]

46

„Musikalisierung der Malerei“ gesprochen werden. Denn die Musik diente als Vorbild

gegenstandsloser Kunst. Die eben genannten musikalischen Themen wurden zu

dieser Zeit in Bildern verarbeitet und verhalfen der Malerei zur Abstraktion (siehe

auch 2.1. Beziehung zur Wirklichkeit, S. 13).117

Es sei jedoch erwähnt, dass manche Texte sowie Bildtitel und Kommentare der

Künstler*innen kritisch zu betrachten sind. Es gilt den Grad der musikalischen

Inspiration beim Malen zu untersuchen. Denn ein bloßes „Im-Hintergrund-Musik-

Hören“ während des Malens ist nicht mit einem bildnerischen Werk gleichzusetzen,

das von musikalischen Strukturen und Parametern geprägt ist.118 Philipp Günter,

Pianist und Bildender Künstler, behauptet sogar, dass wirkliche Bezugnahmen

zwischen den Künsten „viel tiefer im Ursprünglichen“ liegen und „sie nicht unmittelbar

ins Auge und Ohr springen“.119

4.5.1. Paul Klees „Fuge in Rot“

Ein sehr bekanntes Bildbeispiel ist Paul Klees „Fuge in Rot“.120

Abbildung 9: Fuge in Rot, Paul Klee

117

Vgl. DÖMLING, Wolfgang: Wiedervereinigung der Künste. Skizzen zur Geschichte einer Idee.- In: SCHMIERER, Elisabeth u.a. (Hrsg.): Töne Farben Formen. Über Musik und die bildenden Künste.- Laaber: Laaber Verlag, 1995, S. 121 118

Vgl. PHILIPP 1995, S. 16 119

PHILIPP 1995, S. 16 120

Vgl. ENSER 2011, S. 74

47

In der 1921 entstandenen Fuge in Rot setzte Paul Klee, der sich sein Leben lang

mit Musik beschäftigte (im Besonderen mit Bach und Mozart) und selbst Musiker

war, die musikalische Form der Fuge bildnerisch um. Seine Intention war sicher

nicht, eine Fuge grafisch zu notieren, sondern vielmehr der Versuch, die

Zeitlichkeit der Musik sichtbar werden zu lassen. Durch die schwebenden

aquarellen Farbformen ist eine Bewegung von links nach rechts im Bild

erkennbar. Die nacheinander folgenden Einsätze sind zur gleichen Zeit im Bild

sichtbar.121 Die Formen wiederholen sich und ändern sich dabei in ihrer Farbe

und Größe.

Durch diese bewegten Formen ist der Zusammenhang zur musikalischen Form

der Fuge erklärbar. Charakteristisch für die Fuge sind Wiederholungen und ihre

polyphone Mehrstimmigkeit. Ein melodisches Motiv wird zeitlich versetzt in

unterschiedlichen Höhen imitiert. Bis die zweite Melodielinie einsetzt, hat sich die

erste Melodielinie schon verändert. Beide Linien funktionieren selbstständig und

spielen doch harmonisch zusammen und sind miteinander verbunden. Sprachlich

stammt das Wort „Fuge“ von fugere (flüchten) oder von fugare (jemanden in die

Flucht schlagen) ab.122

Polyphonie ist in mehreren Werken Klees ein Thema. So bezeichnet er

mehrschichtiges Geschehen im Bild als Polyphonie. Er versteht diesen Begriff in

seiner Kunst nicht nur als Darstellung unterschiedlicher, rhythmisierter Linien

(Stimmen), sondern auch als abwechselnde, unterschiedlich intensive Flächen.

Wie auch in der Fuge in Rot drückt Klee diese Polyphonie in Farbwechsel und in

Abstufungen von Helligkeit aus.123

Besonders in der Kompositionsform der Fuge ist eine strukturelle Gliederung klar

zu erkennen, die Klee als weiteres Verbindungsglied zwischen den beiden

Künsten sah. Aber auch den Rhythmus sah Klee als wichtige Brücke, der es

vermag, die zeitliche Bewegung in Musik und Bildender Kunst hervorzuheben.124

Rhythmus in Bildern ergibt sich durch das Verhältnis zwischen Formen und

121

Vgl. BOVEY-STEINER, Ursula: Paul Klee und die Musik. Online im Internet. URL: http://www.epta.ch/files/2006_bern_bovey.pdf, S.4 [Stand 08-09-2019] 122

Vgl. MÜHLETHALER, Manuela: Paul Klee. Die abstrakte Dimension. Online im Internet. URL: http://textweide.ch/bildbeschreibung-fuge-in-rot-192169/ [Stand 08-09-2019] 123

Vgl. WEBER, Horst: Ein Konzert auf dem Zweig: Über Klee und die Musik. In: SCHMIERER, Elisabeth u.a. (Hrsg.): Töne Farben Formen. Über Musik und die bildenden Künste.- Laaber: Laaber Verlag, 1995, S. 162f 124

Vgl. JEWANSKI, Jörg: Fuge in Rot. Online im Internet. URL: http://www.see-this-sound.at/werke/133.html [Stand 08-09-2019]

48

Farben. Der Rhythmus in der Musik entsteht durch die Abfolge von verschieden

lang klingenden Tönen und Pausen. Rhythmus strukturiert, auch wenn dieser in

Bild und Musik gleichmäßig oder ungleichmäßig sein kann.125

In Klees Schaffen finden sich etliche Werke mit rhythmischen Landschaften und

Farbfeldern. Dass Rhythmus nicht nur ein Begriff der Musik ist, beschreibt er so:

„Wir können den Rhythmus mit drei Sinnen zugleich wahrnehmen: 1.) ihn

hören 2.) sehen 3.) in unseren Muskeln fühlen, das gibt seiner Wirkung auf

unsern ganzen Organismus die Macht.“126

4.5.2. Bilder verweisen auf Musik in einem

musikpädagogischen Kontext

Bilder, die musikalische Prinzipien enthalten, eignen sich gut für die Vertonung

und das Erarbeiten von theoretischem Wissen. So kann Paul Klees Fuge in Rot

Anlass sein, um musikalische Wesenszüge zu formulieren und Charakteristika der

Fuge herauszufinden. Bei der Ermittlung der Fugencharakteristika kann wieder der

Bezug zum Bild hilfreich sein, zum Beispiel kann Flucht im Bild durch den

Farbverlauf der Formen gesehen werden, die Hellen fliehen vor den Dunklen.

Erarbeitete Fugenprinzipien wie Imitation, Kontrapunkt, Verarbeitung, Einsatz von

Themen und Antwort können Bildelementen zugeordnet werden und anregend

wirken, um sie in die eigene Vertonung miteinzubauen.127

125

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 31ff 126

KLEE, Paul (o.J.) zit. n. SCHILLMÖLLER 2016, S. 34 127

Vgl. SCHILLMÖLLER 2017, S. 75ff

49

4.6. Musik-Bild-Konzeptionen

Der Entstehungsprozess von Musik und Bild (oder oft auch Skulpturen) passiert

dabei zur gleichen Zeit und steht in entsprechender Abhängigkeit zueinander.

Klanginstallationen, aber auch manchmal Filmmusik oder Musikvideos, können zu

diesem Bereich gezählt werden.128 Auch Performances, Formen des Musiktheaters,

Tanzperformances, Musicals oder Opern können dazu zählen.129

4.7. Grafische Notation

Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Musik und Bild löst sich in grafischer Notation

auf. Diese Rezeptionsform kann je nach Entstehungsprozess einem der oben

genannten Bereiche zugeordnet werden, zum Beispiel Verbildlichungen von

klanglichen Ereignissen (Bild nach Musik), Hörpartitur (Bild nach Musik), graphisch-

bildnerische Rezeptionsnotationen als Ausgangspunkt (Musik nach Bildern).130

Unter grafischer Notation werden allerdings vorwiegend grafische Aufzeichnungen

als Spielanweisung verstanden, also grafische Zeichen, die als Impuls für Musik

dienen und ist somit Punkt 4.1. Musik nach Bildern (S. 34) zuzuordnen.131

Diese Form der Verbindung findet auch Anklang im Instrumentalunterricht.

128

Vgl. ENSER 2011, S. 74 129

Vgl. SCHILLMÖLLER 2016, S. 17 130

Vgl. ENSER 2011, S. 75 131 Vgl. ADAM 2000, S. 53f

50

5. Die Caprichos von Goya als Inspirationsquelle in der

Musik

Das nächste Kapitel befasst sich mit der Grundlage des bereits erwähnten

interdisziplinären Projekts dem Bildzyklus „Caprichos“ von Francisco de Goya. Zuerst

werden der Künstler und sein Einfluss auf die Musik generell behandelt, bevor im

Speziellen auf die Caprichos, ihre Entstehung und ihren Inhalt genauer eingegangen

wird. Ein eigener Unterpunkt wurde den Kompositionen von Mario Castelnuovo-

Tedesco zu den Caprichos gewidmet, da diese auch Gegenstand des Projekts

wurden.

5.1. Francisco de Goya

Francisco José de Goya y Lucientes (1746-1828), spanischer Maler und Zeichner,

zählt zu den bedeutendsten Künstlern der europäischen Kunstgeschichte.132 Zu

Lebzeiten ist er Maler am königlichen Hof, Porträtist und Ehrenmitglied der Akademie

der Künste.133

Heute ist er Repräsentant der Kunst des 18. Jahrhunderts. Aber nicht nur wegen

seiner Werke selbst ist er bis heute noch präsent im Kunstsektor, sondern auch

durch seinen großen Einfluss auf andere Disziplinen wie Literatur, Film und Musik.134

Vor allem für Künstler in Diktaturen ist Goya eine Identifikationsfigur, die Kritik am

herrschenden System ausgeübt hat.135

Mit 27 Jahren heiratet er die Schwester eines angesehenen Künstlers zu Hofe. Durch

seinen Schwager kommt er zu einer Stelle in der königlichen Teppichmanufaktur.

Darauffolgend bekommt er Aufträge von namhaften Familien und Fürsten. Es spricht

sich herum, dass Goya durch sein Gespür für Farben und seine geschickte

Pinselführung besonders lebensgetreue Portraits schafft.

Goya ist dem Denken seiner Zeit voraus. In der Zeit, in der Ratio als treibende Kraft

gelehrt wird, beschäftigt sich Goya mit den Schattenseiten der Vernunft und stellt

diese in seinen Bildern in Frage. Dennoch nimmt er keine klare politische Stellung

132

Vgl. HENNIGFELD S. 7-13 133

Vgl. PIOCH, Jochen: Francisco de Goya. Die Caprichos.- In: Geo Epoche Edition: Die Kunst der Romantik. Europas Maler im Zeitalter der Sehnsucht 1790-1860.- Hamburg: Gruner, 2014, S. 32 134

Vgl. HENNIGFELD 2013, S. 7-13 135

Vgl. HENNIGFELD 2013, S. 7-13

51

ein. Dieser Widerspruch wird auch sichtbar in seiner Karriere. So gehörte er als

königlicher Hofmaler auch gewissermaßen zur Elite. Er bezieht ein gutes Gehalt,

indem er Aufträge vom Adel annimmt, königliche Familien porträtiert und Fresken

und Heiligenbilder für Kirchen malt. Nebenbei fertigt er jene Kunstwerke an, die ohne

Auftrag entstehen. Diese werden zu Zeiten der Revolution und nach seiner

Ertaubung immer grotesker und verstörender.

1824, als sich die politische Lage in Spanien nicht bessert, zieht es Goya nach

Frankreich, um sich der Inquisition zu entziehen. Vier Jahre lebt er in Bordeaux, bis

er den Folgen einer schweren Krankheit erliegt.136

Gorka Hermosa, spanischer Akkordeonist und Komponist, der sich durch Goya

inspirieren ließ, schreibt über ihn:

Goya es uno de los pintores que más admiro por muchas razones. Fue un

adelantado a su época y tenía una tenacidad y una coherencia admirables. Su

pintura desborda personalidad, fuerza, sutileza, grandeza de miras …

Goya ist einer derjenigen Maler, die ich aus zahlreichen Gründen am meisten

bewundere. Er war in seiner Zeit ein Fortschrittlicher, hatte eine bewundernswerte

Hartnäckigkeit und Kohärenz. Seine Malerei verströmt Persönlichkeit, Kraft,

Subtilität, Größe des Blicks …137

5.2. Goya in der Musik

Im 19. Jahrhundert kam das Komponieren zu Bildern auf, wie in Kapitel 4.1. Musik

nach Bildern (S. 34) beschrieben. Zu Goyas Bildern wurde allerdings erst im 20.

Jahrhundert komponiert. Eines der ersten dieser Stücke Goyescas - Los majos

enamorados entstand 1911 von dem spanischen Komponisten Enrique Granados

geschrieben. Fünf Jahre später wandelte Granados die sechssätzige Suite für Klavier

zu einer Niederschrift von Fernando Periquet zu einer Oper namens Goyesca um.138

136

Vgl. PIOCH 2014, S. 32-35 137

JACOBS 2013, S. 265 138

Vgl. JACOBS 2013, S. 255-265

52

In dem Artikel „El sueño de la razón produce composiciones – Kompositionen nach

Francisco de Goya“ von Lukas Christensen ist eine Auflistung aller bisher bekannten

Kompositionen nach Goya ersichtlich. Auch wenn dieses Verzeichnis keiner

Vollständigkeit nachkommen kann, zeigt es, wie viele Komponist*innen Goya

inspirieren konnte. Bis 2013 wurden 120 Goya-inspirierte Werke gefunden.139 Unter

Punkt 5.3.3. (S. 55) wurden einzelne Werke daraus angeführt.

5.3. Die Caprichos

Unumstritten sind die 1799 veröffentlichten Caprichos, eine Folge von 80

Radierungen, eine der wichtigsten Arbeiten von Goya.140

Der Komponist Claes J. Biels schrieb 2007 das Stück Dämonenflug - Nachtstück für

Akkordeon zu Goyas Capricho 64. Er beschrieb die Faszination an den Caprichos

von Goya so:141

„Ganz grundsätzlich einmal fasziniert mich bei Goya der ausgeprägte

Personalstil, der sowohl in Goyas Technik als auch Ästhetik zum Ausdruck

kommt. Stark individuelle künstlerische Ausdrucksformen sind für mich (nicht

nur als Komponist) von großem Interesse; bei Goyas Caprichos ist es vor

allem sein Sinn für das Makabre, der mich anspricht. Dieses Makabre ist oft

sehr feinsinnig umgesetzt, so dass eine subtile, jedoch prägnante Atmosphäre

geschaffen wird.“142

139

Vgl. CHRISTENSEN, Lukas: El sueño de la razón produce composiciones – Kompositionen nach Francisco de Goya. In: HENNIGFELD 2013, S. 289-299 140

Vgl. JACOBS, Helmut C.: Der Schlaf der Vernunft. Goyas Capricho 43 in Bildkunst, Literatur und Musik.- Basel: Schwabe Verlag, 2006, S.13 141

JACOBS, Helmut C.: Claes J.Biehls Dämenflug und Gorka Hermosas Capricho 43 – Goyas Caprichos als Inspirationsquelle zweier aktueller Kompositionen für Akkordeon. In: HENNIGFELD 2013, S. 255-265 142

CLAES B. Präsentation und Interview mit dem Komponisten. In: Akkordeon Magazin Nr. 1 (Februar/März) 2011 zit. n. JACOBS 2013, S. 258

53

In etwa die Hälfte der Kompositionen

zu Goyas Bildern sind angelehnt an die

Caprichos, von denen auf Capricho 43

am meisten Bezug genommen wird.143

Dieser Radierung wurde zu Zeiten

Goyas nicht mehr Aufmerksamkeit

geschenkt als den anderen 79 Blättern

der Sammlung. Erst im Laufe des 20.

Jahrhunderts wurde ihr mehr

Beachtung entgegengebracht.

Ursprünglich sollte Nummer 43 mit dem

Titel El sueño de la razón produce

monstruos (Der Schlaf der Vernunft

gebiert Ungeheuer) das Titelblatt der

Serie werden, welches die Position

eines Künstlers in Spanien zu Goyas

Lebzeiten widerspiegeln soll.144

Das Wort sueño, das im Spanischen für

Schlaf und Traum steht, macht es

schwierig eine eindeutige Botschaft

dahinter zu entschlüsseln. Die Frage, die sich im Blatt Nummer 43 ergibt, ist, ob die

Vernunft schläft und in diesem Moment die Schreckenswesen auftauchen oder ob

diese Monster im Traum entstanden sind.

Es wird vermutet, dass der schlafende Mann des Bildes der Künstler selbst ist, was

wiederum bedeuten könnte, dass sich Goya damit auch einer gewissen Selbstkritik

stellt.145

5.3.1. Entstehungsgeschichte der Caprichos

Goyas Leben erlitt im Jänner 1793 einen starken Einschnitt, als er nach schwerer

Krankheit völlig ertaubt. Drei Jahre später fährt er nach Sanlúcar, wo er für

143

Vgl. JACOBS 2013, S. 255-265 144

Vgl. JACOBS 2013, S. 277 145

Vgl. PIOCH 2014, S. 34f

Abbildung 10: Capricho Nr. 43 „El sueño de la

razón produce monstruos“

54

längere Zeit bleibt. Das Album von Sanlúcar, das erste Skizzenbuch, enthält

sowie das auf der Reise nach Andalusien entstandene Madrider Skizzenbuch

erste zeichnerische Entwürfe für die Caprichos. Etliche Motive werden darin

angekündigt. Wahrscheinlich fängt Goya 1796 oder bereits Ende 1795 an, an

diesen Radierungen zu arbeiten. Zunächst soll die Sammlung unter dem Titel

Sueños (Träume) stehen, Goya weicht allerdings wieder davon ab. Jedoch tragen

einzelne Entwürfe noch den Titel Sueño. Die Version des Zyklus von 1797

beinhaltet nur 72 Blätter mit anderer Reihenfolge. Goya entscheidet sich

dagegen, die Sammlung zu diesem Zeitpunkt bereits zu veröffentlichen und

publiziert sie schließlich im Februar 1799 unter dem Namen Caprichos, mit einer

ersten Auflage von 267 Exemplaren.146 Er annonciert sein Werk in zwei Madrider

Zeitungen, in denen er sie als „Formen und Gebärden“ präsentiert, die bis jetzt

nur „Existenz im Geiste gefunden haben“.147 Auch betont er darin, dass er

jegliche Arbeitsschritte von der Idee bis zum Druck selbst getätigt hat. Der

Verkauf wird wegen der Intervention der Inquisition bereits wenige Tage später

verboten. Erst 1803, durch einen Briefwechsel zwischen Goya und dem Minister

Miguel Cayetano Soler belegt, übergibt er 240 Drucke samt Druckplatten dem

König, der sie schließlich öffentlich verkauft.148

5.3.2. Inhalt und Einteilung der Caprichos

Betrachtet man den satirisch-sozialkritischen Inhalt der Caprichos, so erscheint

der gewählte Titel eher verharmlosend und beschwichtigend. Er verwandelt die

Gattung Capricho mithilfe seiner Fantasie zum mehrdeutigen Ausdrucksmittel.149

Der Begriff Capricho, der im spanischen für „Launen“ steht, weicht bei Goya ab

von dem, was bisher bekannt war unter einem Capricho. Der Zyklus spiegelt eine

Gesellschaft wider, die von Missständen, Eigennutz und Betrug geprägt ist. Auf

den Bildern sind Adelige, Mönche und Richter zu sehen, aber auch Ausgestoßene

und Prostituierte, der Ausdruck der Gesichter ist meist angsterfüllt und

schmerzverzerrt. Fantastisch werden die Bilder durch die etlichen Monster und

Fabelwesen, die auch darin vorkommen.

146

Vgl. JACOBS 2006, S. 23ff 147

Vgl. PIOCH 2014, S. 34 148

Vgl. JACOBS 2006, S. 23ff 149

Vgl. JACOBS 2006, S. 303

55

Wie der Titel Caprichos sind auch die Inschriften eines jeden Blattes provokativ,

sarkastisch, anklagend und oft unerwartet. Ihre Bedeutung, sowie die Botschaften

der Abbildungen selbst sind in mehrfacher Weise zu deuten und lassen

Interpretationsspielraum.150

Einteilen lässt sich die Abfolge der 80 Blätter in zwei Teile: Der erste Teil,

bestehend aus 36 Drucken, behandelt gesellschaftskritische Themen: „ (…) das

Verhältnis von Mann und Frau, die Kindererziehung, Mißbräuche und

Fehlverhalten wie Eitelkeit und Bestechlichkeit.“ 151 Auf den Caprichos 37 bis 42,

die noch zum ersten Teil zählen, wird allgemein verbreitete Dummheit kritisiert, die

Goya in Form von Eselsdarstellungen äußert. Besonders die Arroganz und der

Müßiggang des Adels, ohne positiven Effekt auf die restliche Gesellschaft, werden

angeklagt.

Die Blätter 44 bis 80, der zweite Teil der Caprichos, bilden Hexen, Dämonen und

Gespenster ab. Hier wird das Thema der Träume erneut aufgegriffen. Das

populärste Blatt Nummer 43 hat innerhalb des Zyklus eine wichtige Position, in der

es den Übergang der Eselsdarstellungen zu den fantasiereichen Traumbildern

schafft.152

5.3.3. 24 Caprichos de Goya von Mario Castelnuovo-Tedesco

Zu den berühmtesten Werken, die zu Goyas Bildern geschrieben wurden, zählen

Los Caprichos. Fantasia per orchestra von Hans Werner Henze, 1963, oder El

sueño de la razón produce monstruos von Michael Denhoff, für Violoncello und

Klavier op. 32. Nicht zuletzt gehört auch das Werk für Sologitarre, die 24

Caprichos de Goya op. 195 von Mario Castelnuovo-Tedesco dazu.153

Mario Castelnuovo-Tedesco wird 1895 in Florenz geboren, studiert dort und später

in Bologna Komposition und Klavier. Sein Interesse für Gitarre zu schreiben

beginnt, als er 1932 bei dem Venice International Festival den spanischen

Gitarristen Andrés Segovia kennenlernt. Die Verbindung zu dem Gitarristen ist der

Anstoß für die vielen Werke, die Castelnuovo-Tedesco für Gitarre schreibt. Über

150

Vgl. PIOCH 2014, S. 32-35 151

JACOBS 2006, S. 25 152

Vgl. JACOBS 2006, S. 24f 153

Vgl. JACOBS 2013, S. 255

56

100 Werke schreibt er für das Instrument, davon Konzerte, Kammermusik, viele

Solostücke und einige Duos. 1939 emigriert der italienische Komponist nach

Kalifornien, Beverly Hills, wo 1961 neben Filmmusik und vielen Konzertwerken die

Solostücke zu Goyas Bildern entstehen.154

In dieser Suite nimmt der italienische Komponist Bezug auf 23 der 80 Caprichos,

dazu kommt das unveröffentlichte Blatt Sueño de la mentira y la inconstancia

(Traum von der Lüge und der Unbeständigkeit). Geschrieben hat Castelnuovo-

Tedesco das Werk zwischen 25. Jänner und 18. März 1961. Veröffentlicht wurde

es allerdings erst nach seinem Tod im Jahre 1970.

Gegliedert ist das Werk in vier Teile, zu je sechs Stücken. Auch dem

berühmtesten Blatt Nummer 43 kommt ein Stück zu. Es bildet als 18. Satz das

Ende des dritten Teils. Das Stück mit dem gleichnamigen Titel des Bildes, setzte

Castelnuovo-Tedesco in Form einer Chaconne mit fünf Variationen und Coda um.

Die Wahl der strengen, anspruchsvollen Form ist auf das Motiv der Vernunft

zurückzuführen. Der Satz beginnt zunächst in Thema und den ersten beiden

Variationen friedvoll und wird dramatischer ab Variation drei. Die Unruhe der

Traumvision steigert sich bis hin zur fünften Variation und erst am Schluss kehrt er

wieder zur anfänglichen Ruhe zurück.155

Im Folgenden werden Castelnuovo-Tedescos Auswahl sowie die Anordnung der

Blätter mit Titel und englischer Übersetzung aufgelistet:

154

Vgl. WADE, Graham.- In: ZORAN, Dukic: Mario Castelnuovo-Tedesco. 24 Caprichos de Goya, Op. 195, Deutschland: Naxos, 2009 (CD 8.572252-53), S. 3 155

Vgl. JACOBS 2006, S. 573f

57

Abbildung 11:

1. Satz

Francisco Goya y Lucientes,

Pintor (Francisco Goya y

Lucientes, Painter) Blatt Nr.1

Abbildung 12:

2. Satz

Tal para qual (Two of a kind)

Blatt Nr. 5

Abbildung 13:

3. Satz

Nadie se conoce (Nobody

knows himself) Blatt Nr. 6

Abbildung 14:

4. Satz

Ni asi la distingue (Even so he

cannot make her out) Blatt Nr.

7

Abbildung 15:

5. Satz

Muchachos al avío (The boys

getting ready) Blatt Nr. 11

Abbildung 16:

6. Satz

El amor y la muerte (Love and

death) Blatt Nr. 10

Abbildung 17:

7. Satz

Estan calientes (They are hot)

Blatt Nr. 13

Abbildung 18:

8. Satz

Dios la perdone: Y era su madre (God forgive her: and it was her mother) Blatt Nr. 16

Abbildung 19:

9. Satz

Bien tirada está (It is nicely stretched) Blatt Nr. 17

Abbildung 20:

10. Satz

Al Conde Palatino (To the Count Palatine) Blatt Nr. 33

Abbildung 21:

11. Satz

Y se le quema la casa (And he’s burning down the house)

Blatt Nr. 18

Abbildung 22:

12. Satz

No hubo remedio (Nothing could be done about it) Blatt

Nr. 24

58

Abbildung 23:

13. Satz

¿Quién más rendido? (Which of them is more

overwhelmed?) Blatt Nr. 27

Abbildung 24:

14. Satz

Porque fue sensible (Because she was sensitive) Blatt Nr. 32

Abbildung 25:

15. Satz

¿Si sabrá más el discipulo? (Perhaps the pupil knows

better?) Blatt Nr. 37

Abbildung 26:

16. Satz

¡Brabísimo! (Bravissimo!)

Blatt Nr. 38

Abbildung 27:

17. Satz

¿De que mal morira? (Of what

will he die?) Blatt Nr. 40

Abbildung 28:

18. Satz

El sueño de la razón produce monstruos (The sleep oft he reason produces monsters)

Blatt Nr. 43

Abbildung 29:

19. Satz

Hilan delgado (They spin

finely) Blatt Nr. 44

Abbildung 30:

20. Satz

Obsequio a el maestro (Gift to

the master) Blatt Nr. 47

Abbildung 31:

21. Satz

¡Qué pico de oro! (What a

golden beak!) Blatt Nr. 53

Abbildung 32:

22. Satz

Volaverunt (Off they flew)

Blatt Nr. 61

Abbildung 33:

23. Satz

¡Linda maestra! (Pretty

teacher) Blatt Nr. 68

Abbildung 34:

24. Satz

Sueño de la mentira y inconstancia (Dream of lying

and inconstancy)156

156

WADE 2009, S. 4-27

59

5.3.4. Caprichos Goyescos - Kompositionsauftrag

Die Caprichos Goyescos sind Kompositionen für Gitarre solo, die aufgrund einer

Ausstellung der Caprichos von Goya in der Staatsgalerie Stuttgart seit 2003

entstehen. Die Idee war, im Zuge der Ausstellung ein Konzert zu veranstalten, in

dem Stücke mit Bezug auf die Radierungen von Goya gespielt werden. Dazu

wurde der deutsche Gitarrist und Würzburger Hochschulprofessor Jürgen Ruck

eingeladen, der den Vorschlag auf bereits vorhandene Kompositionen

zurückzugreifen als künstlerisch wenig interessant empfand. Selbst die 24

Kompositionen von Mario Castelnuovo-Tedesco erfüllten nicht den gewünschten

Effekt, die Aktualität und Radikalität in Goyas Bildern darzustellen. So kam es

durch die Anregungen von Jürgen Ruck zu dem offenen Auftrag, neue Stücke zu

den Caprichos zu komponieren. Diese Kompositionen für akustische Gitarre solo

sollten zwischen einer bis drei Minuten lang sein und auf eine der 80 Radierungen

der Caprichos Bezug nehmen. Welche der Radierungen ausgewählt wurden,

stand den Komponist*innen frei.

Die Zweifel, ob das kleine Format der Sologitarre den Herausforderungen der

Caprichos gewachsen sei, verflüchtigten sich rasch durch die Einschätzung, dass

gerade durch die begrenzten Möglichkeiten des Instruments auf die Intensität und

Differenziertheit der Radierungen reagiert werden kann. Den Zuhörenden wird

somit ein konzentrierter, individueller Zugang ermöglicht.

Hans Werner Henze äußerte sich über die bedeutende Rolle der Gitarre für ein

aktives Zuhören wie folgt: 157

„die gitarre, die so sehr zu unserer weit zurückliegenden vergangenheit

gehört, zu unserer geschichte, ein „wissendes“ instrument voller limiten, aber

auch voller ungekannter weiten und tiefen, verfügt über einen klanglichen

reichtum, der alles zu umfassen vermag, was ein modernes instrumentarium

besitzt, man muß nur, um das bemerken zu können, in die stille kommen,

warten, und den lärm gründlich ausschließen.“158

157

Vgl. EWERT, Hansjörg/RUCK, Jörg: Caprichos Goyescos – Kompositorische Bezugnahmen auf Radierungen von Goya- In: CHRISTENSEN, Lukas/FINK, Monika (Hrsg.): Wie Bilder klingen. Tagungsband zum Sypmosium Musik nach Bildern.- Innsbruck/Wien: Lit Verlag, 2012, 2.Auflage, S. 195f 158

EWERT/RUCK 2012, S. 196

60

Mit der Gitarre ist eine Verbindung zu Goyas Lebenswelt hergestellt, historisch

sowie lokal. Die Gitarre kommt in verschiedenen Weisen in seinen Werken vor.

Ihre Eigenart und Besonderheit liegt in dem Offenhalten der Grenzen zwischen

hochkomplexer Kunst und volksnaher Musizierpraxis sowie ästhetischem und

politischem Statement – was wiederum die Verbindung zwischen dem Instrument

und der Druckgrafik schafft.

Das Konzert, in dem Jürgen Ruck 15 neue Kompositionen von 15

Komponist*innen uraufführte, übertraf alle Erwartungen. Die Scans der

dazugehörigen Radierungen wurden jeweils zu dem Stück projiziert. Durch dieses

und weitere Konzerte, wie auch durch eine erste CD-Aufnahme inspiriert,

entstanden insgesamt 44 Kompositionen von 21 Komponist*innen zu 26

verschiedenen Radierungen.159

In etwa die Hälfte der Musikstücke zu Goyas Bildern ist für Gitarre komponiert

worden. Dies geht sicherlich auf das von Ruck initiierte Projekt zurück, das nach

wie vor „work in progress“ darstellt.160

159

Vgl. EWERT/RUCK 2012, S.197ff 160

Vgl. CHRISTENSEN 2013, S. 289f

61

6. Das Projekt

Im Zuge dieser Masterarbeit führte ich ein Projekt mit Schülerinnen durch, mit dem

Ziel, Musik sowie Bildende Kunst anhand der Caprichos von Goya zu vermitteln. Die

Intention des Projektes war, dass sich die Schülerinnen mit den Radierungen

beschäftigen und Visuelles in Auditives umwandeln. Die Bilder dienten als

Inspirationsquelle für Improvisation und sollten helfen, danach über das Improvisierte

zu sprechen. In einem zweiten Teil des Projektes erlebten die Schülerinnen den

umgekehrten Prozess, bei dem sie sich zu ausgewählten Caprichos Goyescos von

Castelnuovo-Tedesco zum Bildnerisch-tätig-Werden anregen lassen sollten, also

Auditives zu Visuellem wurde.

Der Workshop wurde mit ausgewählten Instrumentalgruppen der Bildungsanstalt für

Elementarpädagogik (BAfEP) der Kreuzschwestern Linz durchgeführt, in der ich seit

fünf Jahren als Gitarrenlehrerin tätig bin. Die Gruppen setzten sich aus Mädchen des

zweiten und dritten Jahrgangs im Alter von 16 bis 18 Jahren zu je vier oder fünf

Schülerinnen zusammen.

Mit diesem Projekt wollte ich eine Brücke zwischen dem theoretischen Stand meiner

Forschungen und meiner praktischen Arbeit als Instrumentalpädagogin schaffen. Es

war mir ein Anliegen, Chancen interdisziplinärer Verbindungen zwischen Musik und

Bildender Kunst praktisch auszuprobieren und diese in einen pädagogischen Kontext

zu setzen.

Das Projekt bestand aus drei Teilen: Der erste Teil beschäftigte sich mit dem aktiven

Musizieren und vor allem Improvisieren der Schülerinnen zu den Radierungen von

Goya. Dabei habe ich versucht, den Schülerinnen verschiedene Herangehensweisen

und Impulse anzubieten. Der darauffolgende Teil setzte sich mit den 24 Caprichos de

Goya op. 195 von Mario Castelnuovo-Tedesco auseinander und zielte auf das

Sprechen über Musik ab. Im letzten Teil des Projekts wurde der Fokus auf das

eigene Gestalten gelegt. Die Schülerinnen kreierten selber Bilder zu den

Kompositionen von Castelnuovo-Tedesco.

Nachfolgend werden die einzelnen Projektphasen detaillierter beschrieben und ihre

Feinziele und Ergebnisse erläutert.

62

6.1. Phase 1: Spontanimprovisation

Zu Projektbeginn bekamen die Schülerinnen die 24 Radierungen, die auch Mario

Castelnuovo-Tedesco für seine 24 Kompositionen nach Goya als Inspiration

verwendet hat (siehe 5.3.3. 24 Caprichos de Goya von Mario Castelnuovo-

Tedesco, S.55). Sie sollten sich paarweise intuitiv für ein Bild daraus entscheiden

und dazu improvisieren. Die Auswahl des Bildes trafen sie rein auf das Bildliche

fokussiert, ohne zu wissen, was sie mit diesem Bild in Folge machen sollen. In dieser

ersten Runde gab es keine Vorgaben oder Einschränkungen. Das Ziel war es, ihre

spontanen Einfälle und Assoziationen zu dem Bild auf der Gitarre umzusetzen.

Nach dieser ersten Improvisationsrunde bekamen die Schülerinnen

Hintergrundinformationen zum Künstler und zu seinem Werk. Wichtig bei dieser und

auch bei den folgenden Improvisationsphasen waren die anschließenden

Diskussionsrunden, in denen darüber gesprochen wurde, wie es den Schülerinnen

bei den einzelnen Aufgaben ergangen war. Welche Herausforderungen die Aufgaben

für sie stellten, was einfach und was schwer umzusetzen war und wie zufrieden sie

mit dem Ergebnis waren.

Interessant war, dass in dieser Runde das Ergebnis aller Paare zirka zwischen 50

Sekunden und einer Minute lang war. Das Aussuchen eines Bildes fiel den Paaren

nicht schwer. Festzustellen war dabei, dass tendenziell ähnliche Bilder oder oft auch

die gleichen Bilder ausgewählt wurden. Bilder mit Eselsdarstellungen wurden nicht

ausgewählt. Mehrfach wurde Capricho Nr. 53 „¡Qué pico de oro!“ verwendet, das

auch in späteren Phasen sehr beliebt war. Auf diesem Bild sieht es so aus, als würde

ein Papagei, der auf einer Erhöhung sitzt, zu den vor ihm knienden Menschen

sprechen. Die Gesichter der abgebildeten Personen wirken gequält und

schmerzverzerrt. Ein Mann hat die Hände flehend zusammengeschlagen und in

Richtung des Vogels gerichtet (siehe Abb. 31, S. 58 und Abb. 48, S. 77). Öfter

ausgewählt wurde auch das Selbstportrait Goyas, Capricho Nr. 1. Weitere

ausgewählte Radierungen waren: Nadie se conoce Nr. 6, Ni asi la distingue Nr. 7,

Porque fue sensible Nr. 32.

63

Abbildung 35: Blatt Nr.1, Goyas Selbstportrait am

Anfang des Zyklus

Abbildung 36: Blatt Nr. 6

Abbildung 37: Blatt Nr. 7

Abbildung 38: Blatt Nr. 32

Als schwieriger empfanden es die Schülerinnen, in kurzer Zeit etwas auf der Gitarre

zu erfinden, ohne konkrete Vorgaben zu haben. Bei einigen kam Schamgefühl auf,

das sich bei der Präsentation in Kichern äußerte, andere warfen mir verunsicherte

Blicke zu. Die Aufgabe lockte die Schülerinnen ein wenig aus ihrer Komfortzone.

Bereits vor dem Projekt waren meine Beobachtungen im Instrumentalunterricht, dass

Improvisation anfänglich oft mit einer gewissen Hemmschwelle verbunden ist. Es ist

für viele ein ungewohntes Gefühl, nichts falsch machen und den Freiraum genießen

zu können. Dafür muss diese Schwelle überwunden werden. Als Feedback kamen

Äußerungen wie: „Ich war mir nicht sicher, ob das richtig war, was ich gespielt habe.“

Dabei sei auch erwähnt, dass die teilnehmenden Schülerinnengruppen noch wenige

Berührungspunkte mit freier Improvisation hatten. Ohne jegliche Vorgaben „drauf

loszuspielen“ war für sie etwas Neues. Erfahrungen mit Improvisation, die sie bereits

mitbrachten, waren Melodien mit der Pentatonik oder mit ihnen vertrauten und auf

der Gitarre gut umsetzbaren Tonarten (wie G-, C-, D-, F-Dur) zu erfinden.

Um den Schülerinnen Anhaltspunkte zu geben, wurden anschließend

Improvisationstools auf der Gitarre besprochen, die ihnen zur Verfügung stehen.

Folgende Einfälle kamen von den Mitwirkenden:

- tonale Improvisation: Akkorde (Schlagmuster, Zerlegungen), Melodien

erfinden in I., II., V. und VII. Lage (mit Pentatonik, Durtonleiter)

- atonales Tonmaterial: einzelne Töne, Melodien ohne direkten

harmonischen Zusammenhang

64

- Gitarrenpercussion

- Flageoletttöne

- Geräusche wie etwa: über die Saiten streichen (quer oder der Länge

nach), mit dem Fingernagel an den Saiten „kratzen“, mit der Handfläche

über die Decke wischen

Nach dem Sammeln von Ausdrucksmöglichkeiten auf der Gitarre starteten wir eine

zweite Runde einer Spontanimprovisation. Diesmal sollten die Schülerinnen als

Gesamtgruppe zu je fünf Personen ein Bild auswählen und ohne sich vorher

abzusprechen improvisieren.

Manche Gruppen entschieden sich für ein neues Bild, andere hingegen verwendeten

das Bild, das sie bereits zuvor in der Paarsituation hatten. Das Ergebnis war bei allen

Gruppen tendenziell länger als die Improvisation jeweils zu zweit. Das musikalisch

verwendete Material wirkte durch den Einbau von Percussionelementen und von auf

der Gitarre erzeugten Geräuschen bereits facettenreicher. Diese Improvisationsrunde

wurde von den Schülerinnen als angenehmer beschrieben. Sie konnten bereits auf

Ideen der vorherigen Runde zurückgreifen und auf die Einfälle und Motive mehrerer

Mitspielerinnen reagieren.

6.2. Phase 2: Visuelles wird zu Klang

Das nächste Ziel war, bildnerische, visuelle Parameter aus den Radierungen

herauszufiltern und diese klanglichen Möglichkeiten zuzuordnen. Von der Frage

geleitet, was die Schülerinnen grafisch in den Bildern sehen, betrachteten wir

gemeinsam die Radierungen. Die Schülerinnen sammelten Begriffe, die sie aus den

Bildern herauslesen konnten. Zu den einzelnen Begriffen probierten sie anschließend

auf der Gitarre aus, welche Klangvorstellung dieser Begriff in ihnen auslöste. Sie

spielten sich die unterschiedlichen Zuweisungen auf der Gitarre gegenseitig vor und

brachten diese anschließend zu Papier.

65

Nachfolgend sind hier die Ideen der verschiedenen Gruppen gesammelt:

Strich, gerade Linie mehrmaliges Anschlagen des gleichen Tones, mit dem

Finger gleichmäßig über die Saite streichen, Chromatik

geschwungene Linie Verzerren der Saite, Tonreihe, Akkordzerlegungen

Fläche Akkord, mit der Hand auf der Decke Kreise ziehen

hell hohe Töne, Dur

dunkel tiefe Töne, lange Notenwerte, Moll

grau Ghostnotes, Mollpentatonik, mittleres Register, undefinierte

atonale Melodien

schwarz Mollakkorde, Percussion, dunkler Klang, Basstöne

Punkt kurze Note, einzelner Ton, Flageolett, Ghostnotes

Schattierungen auf die Saiten klopfen, Akkorde mit sanfter

Schlagbegleitung

Auch in dieser Projektphase gab es nach dem anfänglichen Begriffe-Sammeln und

Experimentieren eine weitere Improvisation. Diesmal war es die Aufgabe, in der

Gruppe erneut ein Bild auszuwählen und sich visuelle Elemente wie oben genannt

herauszusuchen und zu vertonen. Als Gruppe sollte sozusagen ein klangliches

Gesamtbild entstehen.

Die Resultate dieses Durchgangs lassen sich als sehr „konkret“ beschreiben. Die

einzelnen Motive und Ideen der Schülerinnen sind auch bei späterem Anhören leicht

Abbildung 39: Schülerinnen ordnen Klänge zu visuellen Begriffen zu

Abbildung 40: Schülerinnen schreiben ihre Ideen auf

66

einem visuellen Begriff zuordenbar. Die Schülerinnen empfanden die

Aufgabenstellung weniger herausfordernd als jene zuvor. Der Anhaltspunkt, sich

Visuelles wie hell oder dunkel im Bild zu suchen, erleichterte die Umsetzung und gab

rasch musikalische Ideen. Allerdings meldeten die Schülerinnen auch zurück, dass

diese Anhaltspunkte einschränkten und sich die musikalischen Ideen für ein Stück

schneller erschöpften.

6.3. Phase 3: Storytelling

6.3.1. Charaktere

Vorbereitend für das Überlegen einer Hintergrundstory zu einem Bild wollte ich

zuerst den Fokus auf die Charaktere in den Bildern legen. Die Schülerinnen

gingen dafür paarweise zusammen, entschieden sich für ein Bild und sprachen

über die Charaktere, Menschen, Figuren, die auf dem Bild abgebildet waren.

Mit folgenden Fragen beschäftigten sie sich:

- Welchen Part spielt dieser Charakter in der Situation, die aus dem Bild

hervorgeht?

- Wie stehen die Charaktere zueinander?

- Was wissen die Charaktere und woran glauben sie?

- Welcher Charakter im Bild spricht mich am meisten an?

- Kann ich mich mit ihm identifizieren?161

Es kam auch vor, dass sich auf dem Bild nur ein Charakter befand oder die

Schülerinnen nur einen Charakter auswählten. Dann veränderten sich die eben

aufgelisteten Fragestellungen wie folgt:

- Welchen Part spielt dieser Charakter in der Situation, die aus dem Bild

hervorgeht?

- Was geht der Figur gerade durch den Kopf?

161

LÓPEZ-IBOR, Sofia: Blue is the Sea (2011) zit. n. VAUGHT, Michaela: Klang und Farbe. Kunstbetrachtung als Ausgangspunkt für Improvisation in Musik und Tanz. Skriptum zur Lehrveranstaltung: Modelle elementarer Musikpädagogik 02 (PMA) an der Anton Bruckner Privatuniversität Oberösterreich, 2017, S. 5f

67

- Wie ist ihre Stimmung?

- Spricht dich der Charakter im Bild an?

- Worauf legt der Charakter Wert?

- Was könnte der Charakter wissen oder woran glauben?

Nachdem jedes Paar diese Fragen diskutiert hatte, versuchten alle den Dialog

zwischen den ausgewählten Charakteren (oder die Stimmung eines einzelnen

Charakters) auf der Gitarre musikalisch darzustellen. Dafür bekamen die

Schülerinnen mehr Zeit als in den Runden zuvor, um sich zu besprechen und

gemeinsam auszuprobieren. Eckpunkte für ihr Stück wurden festgelegt.

Anschließend spielten sich die Paare ihr Stück gegenseitig vor. Erst nach dem

Vorspielen erklärten sie ihre Überlegungen dazu. In der Nachbesprechung

beschrieben die Schülerinnen die Herangehensweise als noch einfacher und

angenehmer, als mit visuellen Parametern zu arbeiten. Assoziationen und

Gedanken über die Charaktere und deren Stimmung fanden sie mühelos. Eine

Geschichte zu den Personen und Figuren ergab sich schnell.

Ein möglicher Erklärungsgrund könnte die bereits angesprochene Komfortzone

und die Konfrontation mit dem Unbekannten sein. Die Schülerinnen haben

aufgrund ihrer Ausbildung zur Kindergartenpädagogin Übung darin, Geschichten

zu Bildern zu erfinden und sich in andere hineinzuversetzen. Spontan zu einem

Abbildung 41 und Abbildung 42: Schülerinnen setzen Charaktere in den Bildern klanglich um

68

Bild auf einem Instrument frei zu improvisieren hingegen war, wie bereits erwähnt,

im zweiten und dritten Jahrgang etwas Neues.

6.3.2. Geschichten erfinden

In einem nächsten Schritt wollte ich vom Experimentierprozess und spontanen

Ausprobieren wegkommen hin zum Konzeptionieren eines Musikstückes zu den

Caprichos von Goya. Dazu bot es sich an, die mitwirkenden Schülerinnen eine

Geschichte zu den Bildern erfinden zu lassen. Das Musikstück sollte nach wie vor

gewisse Freiheiten bieten. Mit Konzeptionieren eines Musikstückes ist also nicht

Komponieren (und Aufschreiben) gemeint, sondern ein Rahmenplan, der die

Abfolge musikalischer Geschehnisse festlegt. Die Schülerinnen sollten

Klangelemente und deren Reihenfolge festlegen. Welche Spielerin kommt wann

an die Reihe, wie schaffen sie einen Spannungsbogen und welches

Notenmaterial wird verwendet. Melodien und Motive waren nach wie vor frei und

konnten auch spontan im Musiziermoment erfunden werden.

Wieder zurück in der Gesamtgruppe entschieden sie sich nun ein letztes Mal für

ein Bild. Gemeinsam verfassten sie unter Einbezug nachstehender Fragen eine

Geschichte:

- Was passiert in dem Bild?

- Erzähle die Geschichte, die du auf dem Bild siehst.

- Welche Rolle spielen die abgebildeten Charaktere in der Geschichte?

- Wie verändert sich das Bild, wenn du am Anfang, in der Mitte oder am Ende

der Geschichte bist?

- Welchen Titel würdest du dem Bild geben?162

Erst als das Gerüst der Geschichte feststand, sprachen wir über den jeweiligen

Titel des Bildes mit der verbundenen Frage: „Wie verändert der Titel des Bildes

deine Geschichte?“ Ausnahmslos alle Gruppen negierten die Veränderung der

Geschichte durch den Titel. Der Titel war oft sehr passend und es ließen sich

leicht Verbindungen zu ihren Geschichten herstellen.

162

LÓPEZ-IBOR 2011 zit. n. VAUGHT 2017, S. 5f

69

Die genannten Fragestellungen zum Storytelling entstammen teils dem

sogenannten „Project Zero“. Sofia López-Ibor hat sich im Zuge dessen Gedanken

über Wege der Kunstbetrachtung gemacht, die sie in ihrem Buch „blue is the sea“

beschreibt. Es werden nicht nur Fragen bezüglich Charaktere und deren

Geschichten gestellt, sondern die Fragen zielen auch auf Vergleiche, Farben,

Formen und Linien ab.163

Das Projekt steht unter der Überschrift „I see, I think, I wonder“ und stellt die drei

Hauptfragen zur Kunstbetrachtung in den Raum:

- What do you see?

- What do you think about what you see?

- What do you wonder about?164

Diese Fragestellungen sollen den Betrachter*innen helfen, ausgehend von dem

Gesehenen eigene Ideen und Interpretationen zu entwickeln. Die Trennung der

ersten beiden Fragen strebt an, den Unterschied zwischen Sichtbarem und

Interpretation für Schüler*innen spürbar zu machen.165

Als Anhaltspunkt für ihre Geschichten bekamen die Mädchen zusätzlich zu den

Fragen auch Themenschlagwörter, die sie in die Geschichte einbauen konnten.

Sie überlegten, ob eines dieser Themen auf ihre Geschichte zutrifft.

Die Themen waren: „…Aberglaube, Armut, Brutalität, Betrug, Missbrauch von

Autorität, Erziehung, Stellung in der Gesellschaft von Mann und Frau.“166 Das

sind genau jene Themen in Spaniens damaliger Gesellschaft, die Goya

veranlassten, diese Radierungen anzufertigen.

163

LÓPEZ-IBOR 2011 zit. n. VAUGHT 2017, S. 5f 164

HARVARD UNIVERSITY: Artful Thinking. Online im Internet. URL: http://pzartfulthinking.org/?page_id=2 [Stand 03-09-2019] 165

Vgl. HARVARD UNIVERSITY: Artful Thinking. [Online] 166

JACOBS 2006, S. 25

70

Abbildung 43: Themenschlagwörter und Fragestellungen als Anhaltspunkte

Sich Gedanken über die Hintergrundgeschichte und die musikalische Umsetzung

zu machen nahm die meiste Zeit des Projekts in Anspruch. Es war den

Schülerinnen überlassen, wie sehr sie sich an den Fragen und Schlagwörtern

orientierten. Wie sich herausstellte, war es für manche sehr nützlich

Orientierungshilfen zu haben. Andere hingegen benötigten kaum Hilfestellungen.

Weiters stand es den Schülerinnen frei, ob sie nur die Gitarren einsetzen wollten

oder auch anderes in der Schule vorhandenes Instrumentarium wie:

Schlaginstrumente, Rasseln, Trommeln, Stabspiele, Bass- und Oktavgitarren.

Eine Geschichte, die in

diesem Prozess

entstanden ist, soll hier

exemplarisch erwähnt

werden und danach wird

auch das dazu

entwickelte Musikstück

klanglich beschrieben.

Abbildung 44: Storytelling

71

Sie entstand zu Capricho Nr. 10 „El amor y la muerte“ – „Die Liebe und der Tod“

(siehe Abb. 16, S. 57) von einer Gruppe der 3a BAfEP:

Es waren einmal ein Ritter und seine Frau. Ihre Liebe reichte bis über die

sieben Berge. Allerdings zog es den Ritter von zuhause fort, um seinem König

im Kampf zu dienen. Lange war er von zuhause weg und in unzähligen

Schlachten setzte er sein Leben aufs Spiel, um sein Land und dessen Leute

zu verteidigen. Aber eines Tages war es so weit und er konnte wieder

nachhause zurück. In seinem Heimatort angekommen erfuhr er, dass seine

Frau in der Zwischenzeit einen Geliebten hatte. Er war zutiefst verletzt und in

seiner Ehre gekränkt. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als um seine Frau

zu kämpfen und den Geliebten seiner Frau zum Duell herauszufordern. Er war

von den letzten Kämpfen geschwächt und so schaffte es sein Gegner, ihn mit

dem Schwert zu verletzen, bevor der Ritter diesen besiegte. Mit letzter Kraft

schleppte er sich nachhause zu seiner Frau, welche von dem Duell nichts

wusste und erzählte ihr, was passiert war. Tiefe Schuldgefühle überkamen die

Frau. Das war das Letzte, was sie gewollt hatte. Sie dachte, ihren Mann nie

wieder zu sehen. Doch bevor sie sich erklären konnte oder ihm sagen konnte,

wie sehr sie ihn doch liebte, erlag er in ihren Armen seinen Verletzungen. Von

Schock, Trauer und Schuld überfallen konnte sie es nicht ertragen. Sie konnte

sich nicht vorstellen, nach alldem weiterzuleben und jemals von diesem

Schmerz loszukommen. Deshalb setzte sie sich das Schwert ihres Mannes an

ihre Brust und nahm sich das Leben.

72

Abbildung 45: Überblick des Handlungsstranges einer Geschichte zu Capricho Nr. 10

Klanglich setzten die Schülerinnen ihre Geschichte folgendermaßen um:

Eingeleitet wird das Stück mit verträumten Melodien in G-Dur und zarter

Begleitung auf der Oktavgitarre, die die große Liebe des Ritters und seiner Frau

darstellt. Die Melodien verklingen langsam und das Weggaloppieren des Ritters

ist in Form einer Cajon zu hören. Die Galoppiergeräusche werden immer leiser

und verschwinden. Nach einer kurzen Pause sind sie erneut leise zu hören. Sie

werden immer lauter und man weiß, der Ritter ist nachhause zurückgekehrt. Die

Schläge auf der Cajon werden noch lauter und schneller, bis sie abrupt aufhören

und Mollakkorde kombiniert mit chromatischen Motiven auf der Bassgitarre

ertönen. Der Kampf der beiden Männer beginnt, indem Streichen über

abgedämpfte Saiten erklingt. Diese werden immer schneller und bedrohlicher, bis

ein Schellenkranz (=Schwert) zu Boden fällt und die Saiten verstummen. Die

Cajon spielt noch einmal, diesmal langsamer und nicht so rhythmisch wie zuvor

(=Ritter schleppt sich nachhause).

Das Wiedersehen des Ritters und seiner Frau vertonten die Jugendlichen mit

Glissandi am Bass kombiniert mit hohen Tönen auf der Oktavgitarre. Sie

untermalten dies mit langsamem Rieseln des Regenmachers. Als die letzten

Herzschläge des Mannes in Form von langsamer werdenden Schlägen auf der

Cajon zu hören waren, verstummte diese Kombination. Als die Frau das Schwert

nahm, um sich das Leben zu nehmen, erklang noch ein letztes Mal der zu Boden

73

fallende Schellenkranz. Auch ihre letzten Herzschläge waren mit den Schlägen

auf der Cajon zu hören, bis schließlich Stille eintrat und somit das Stück zu Ende

war.

Die restlichen Gruppen wählten die Caprichos Nummer 27 und zweimal besetzt

Nummer 53 aus. Zwei Gruppen davon wandelten ihre Stücke in Klanggeschichten

mit Erzählerin um, da sie es wichtig fanden, auch die Hintergrundgeschichte zu

präsentieren. Die anderen beiden Gruppen setzten ihre Geschichte als

Instrumentalstück um.

In der Storytelling-Phase erlebte ich die Schülerinnen enthusiastisch,

selbstständig und selbstbewusster als zu Beginn des Projekts. Es machte den

Anschein, als hätten ihnen die Experimentierphasen zuvor und das Ausloten an

Möglichkeiten genügend Spielraum gegeben, sich entfalten zu können und

klanglich auszudrücken. Eine Geschichte zu den Bildern zu erfinden verschaffte

ihnen eine zusätzliche Ebene, um einen roten Faden und einen klaren

Spannungsbogen in ihr Stück zu bringen. Ausnahmslos waren bei jeder Gruppe

eine musikalische Einleitung, Hauptteil und Schluss zu erkennen. In den Phasen

zuvor waren es oft noch Aneinanderreihungen von klanglichen Geschehnissen

oder auch spontanes Reagieren auf andere.

Das Überlegen einer Geschichte (und natürlich auch die längere

Vorbereitungszeit) verschaffte den Musikstücken Klarheit und Struktur.

6.4. Phase 4: Präsentation

Die erarbeiteten Stücke präsentierten die Gruppen folgendermaßen: Da es aus

zeitlichen Gründen keine Möglichkeit mehr gab, die Stücke öffentlich zu präsentieren,

war es mir dennoch ein Anliegen in der Unterrichtssituation einen

„Aufführungscharakter“ zu schaffen. Die Schülerinnen bekamen Zeit, ihr Stück in

gewisser Weise auch szenisch darzustellen. Sie bekamen den Auftrag, sich

Gedanken darüber zu machen, wie sie sich innerhalb der Gruppe und auch im Raum

positionierten, ob sich Personen während des Stückes bewegten oder auf einem

Platz verharrten. Es war auch der Gruppe überlassen, ob und wie sie die Bildvorlage

von Goya in ihre Präsentation einbaute. Sie sollte entscheiden, ob das Bild bereits zu

74

Beginn ihres Stückes für die Zuseher*innen sichtbar ist oder erst im Laufe des

Stückes an Bedeutung gewinnt. Sie konnten auch das Bild zur Gänze weglassen, um

dem/der Betrachter*in Freiraum für die Entstehung eigener Bilder zu geben.

In diesem Teil war es mir wichtig, die Schülerinnen allein ein Präsentationskonzept

entwickeln und auszuprobieren zu lassen, ohne dass sie das Gefühl hatten, von der

Lehrperson beobachtet zu werden. Ich sah meine Aufgabe darin, für die

Bereitstellung weiterer Utensilien und möglicher Tipps zur Verfügung zu stehen, aber

durchaus auch die Schülerinnen selbstständig arbeiten zu lassen und den Raum für

einen vereinbarten Zeitraum zu verlassen.

Abbildung 46: Präsentation des Musikstückes zu Capricho Nr. 53, ¡Qué pico de oro!

(siehe Abbildung 48)

In der Reflexionsrunde nach der Präsentation ihrer Musikstücke beziehungsweise

Geschichten kamen sehr positive Rückmeldungen. Die Schülerinnen hatten die

Kombination von Bild, Geschichte und Musik als reizvoll erlebt. Sie hätten sich noch

mehr Zeit gewünscht, ihre Ideen weiterzuspinnen und noch detailreicher zu

konzipieren.

75

6.5. Phase 4: Vergleich mit den Kompositionen von

Mario Castelnuovo-Tedesco

Die nächste kürzere Phase bestand darin, das ausgesuchte Bild mit dem dazu

komponierten Stück von Castelnuovo-Tedesco zu verbinden, darüber zu sprechen

und mit dem entstandenen Musikstück zu vergleichen.

In einem ersten Schritt ging es um das Hörerlebnis an sich. Wir hörten uns die

jeweilige Komposition kommentarlos an, wer mochte, mit geschlossenen Augen. In

einem nächsten Schritt hörten die Schülerinnen das Stück noch einmal mit dem Blick

auf die dazu passende Radierung. Die Aufgabe war herauszufinden, welche

Elemente Castelnuovo-Tedesco aufgegriffen haben und wie seine mögliche

Hintergrundgeschichte zu dem Bild sein könnte.

Die Geschmäcker und Meinungen stellten sich bei der anschließenden Diskussion

als sehr unterschiedlich dar. Manche waren enttäuscht von der Komposition. Die

Komposition an sich gefiel ihnen, aber sie konnten keinen eindeutigen

Zusammenhang zwischen dem Bild und der Musik sehen. Andere wiederum sahen

für sich sehr klar, welche Bildelemente aufgegriffen wurden, fanden es somit stimmig.

Einige konnten gar nicht genau beschreiben, wie sie das Musikstück oder die

Verbindung zu den Goya-Bildern empfanden. Hier darf ich auf 2.3.2.

Versprachlichung von Musik (siehe S. 18) verweisen und deren Schwierigkeiten.

Da aber für einen Austausch und Diskussion Begrifflichkeiten notwendig sind, habe

ich eine Beschreibungshilfe aus dem Listening Lab 5 „Musik für Saiteninstrumente,

Schlagzeug und Celesta“ entnommen. Darin werden Wege und Materialien zur

Musikvermittlung aufgezeigt. Die darin vorkommenden Beschreibungskategorien

sollen den Hörer*innen behilflich sein, ihren Wortschatz zu erweitern, um die

hervorgerufenen Empfindungen eines Hörerlebnisses zu artikulieren.167

Die daraus entnommenen Beschreibungsmöglichkeiten, die metaphorisch

verschiedenen Erlebnisbereichen entnommen sind, habe ich erweitert und sie

werden nachstehend angeführt:

167

Vgl. WIMMER, Constanze/ SCHMIDINGER Helmut (Hrsg.): Belá Bártok. Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta.- Wien: Universal Edition, 2016. (Listening Lab Bd. 5), S. 38

76

Mithilfe dieser Adjektivkategorien probierten wir, die Musik-Bild-Zusammenhänge

noch genauer zu erläutern. Bei dem Versuch, Metaphern zur Beschreibung von

Empfindungen heranzuziehen, gingen die Assoziationen der Schülerinnen sehr stark

in die Richtung ihrer Geschichten.

6.6. Phase 5: Der umgekehrte Prozess

Im Zuge des Unterrichtsgegenstandes „Bildnerische Erziehung“ war es den

Schülerinnen möglich, auch den umgekehrten Prozess zu erleben. Unter der Leitung

Bewegung stehend, flirrend, zitternd, pulsierend, schnell, langsam,

abgehackt, weich, außer Kontrolle, verkrampft,

verspielt, schwerfällig, schwebend, natürlich

Raum hohl, leer, offen, geschlossen, groß, klein, schmutzig,

alt, neu, hoch, tief, hallend, beengend, groß, hell, finster

Material hölzern, metallisch, seidig, rau, hart, weich, kaputt,

gläsern, stachelig, biegsam

Emotion mulmig, beängstigend, freundlich, verletzt, verliebt,

wütend, gestresst, erschrocken, stolz, eifersüchtig,

hasserfüllt, gleichgültig, deprimiert, enttäuscht,

ängstlich, besorgt, arrogant, ausgebeutet, schuldig,

düster, aufgeregt, friedvoll

Sprache grummelnd, flüsternd, undeutlich, murmelnd, schrill,

laut, deutlich, fremd, unheimlich, sympathisch, klar

Farbe hell, dunkel, schattig, blau, rot, grün, schwarz, weiß,

grau, verschwommen, klar, kräftig, matt, grell, bunt,

dominant, schlicht

Temperatur warm, kalt, schwül, heiß, regnerisch, stürmisch, eisig,

sonnig, bewölkt

Geschmack herb, süß, bitter, scharf, mild, angenehm,

geschmacklos, intensiv, explosiv

Stimmung fröhlich, melancholisch, düster, aufgedreht, kalt, traurig,

erdrückend, angenehm, nachdenklich

Abbildung 47: Wort.Schatz.Suche für Klänge und ihre Klangfarben

77

Abbildung 48: Capricho Nr. 53, ¡Qué pico de oro! (What a golden beak!)

von Mag. Sabina Eisner gestalteten sie Bilder zu Castelnuovo-Tedescos Musik.

Dafür wurde der 21. Satz „¡Qué pico de oro!“ verwendet, dessen Bild sich zwei der

vier Gruppen zuvor im Gitarrenunterricht zur Improvisation ausgewählt hatten.

Der Mal- und Zeichenunterricht findet mit der

halben Klasse statt. So kam es dazu, dass

darunter auch Schülerinnen waren, die zuvor

keinen Kontakt mit den Blättern von Goya im

Instrumentalunterricht hatten. Einige darunter

hingegen schon.

In einer ersten Einheit stellten die

Schülerinnen ihr Material her. Sie bemalten

weißes A3-Papier flächig mit Wasserfarben,

das sie später zur Musik weiterverarbeiteten.

Farbwahl und -einsatz waren ihnen frei

überlassen.

In der nächsten Doppelstunde verwerteten sie

die selbst angefertigten Buntpapiere zum

Musikstück. Es wurde bewusst nur ein Musikstück aus den 24 Caprichos verwendet,

um auf Details aus der Musik besser eingehen zu können. Mehrere zu verwenden

wäre eine Reizüberflutung gewesen.

Abbildung 49 und Abbildung 50: Schneiden zur Musik

78

Die bunten Papiere wurden auf dem Boden aufgelegt und die Schülerinnen konnten

sich daraus ein für sie ansprechendes Blatt auswählen. Mit Stanleymessern schnitten

sie in das Papier. Es wurden teils eckige und kantige Formen aus dem Papier

geschnitten, aber auch runde, schwungvolle Schnitte schufen Bewegung in den

Bildern. Wie auf Abbildung 52 zu sehen, wurden eingeschnittene Ecken und Fransen

in manchen Bildern umgebogen und aufgestellt. Andere Formen wurden

herausgeschnitten und an anderen Stellen aufgeklebt oder eingeflochten. Die

Schülerinnen setzten Tusche, Eddingstifte und Ölkreiden ein, um beliebig abstrakte

Formen und Linien hineinzuzeichnen. Die bearbeiteten, eingeschnittenen Blätter

konnten danach auf andere geklebt werden, einerseits auf einfarbiges, schwarzes

oder weißes Papier, aber auch auf zuvor selbstbemaltes Papier.

Abbildung 52: Formen werden herausgeschnitten und aufgestellt

Abbildung 51: Mit Ölkreide wird in das Bild gezeichnet

79

Die fertigen Bilder wurden am Ende der Einheit auf dem Boden aufgelegt, um sie

gemeinsam zu betrachten. Das Arbeiten an den Bildern war sehr intensiv und die

Schülerinnen waren konzentriert am Werken. Deshalb war bei dem Betrachten der

Werke nicht viel zu sagen. Die Bilder sprachen für sich.

6.7. Weiterführungsmöglichkeiten und Fazit

Aus zeitlichen Gründen kam es zu Schulschluss nicht mehr dazu, das Entstandene

mit Projektionen der Bilder zu präsentieren. Die entstandenen Musikstücke und

deren Geschichten hätten Potential gehabt, in Form eines Konzerts aufgeführt zu

werden. Es wäre auch interessant gewesen, wie sich die Stücke in den

Vorbereitungen für einen Auftritt noch weiterentwickelt und Details verfeinert hätten.

Das Projekt fächerübergreifend mit anderen Instrumentalgruppen aus den

Gegenständen Klavier, Flöte oder Querflöte durchzuführen hätte auch seinen Reiz

gehabt. Somit wäre den Schülerinnengruppen noch mehr Klangdifferenziertheit

ermöglicht worden. Allerdings wäre dann womöglich der Bezug zu den Gitarre-

Solostücken von Castelnuovo-Tedesco verloren gegangen.

Abbildung 53: Gemeinsame Betrachtung der fertigen Bilder

80

Eine andere interessante Option wäre noch gewesen, dass die Schülerinnen die

Stücke, die sie momentan spielen, in Verbindung mit den Radierungen Goyas

setzen, und auch hier Interpretationsfreiraum zu schaffen.

Eine weitere ergänzende Phase des Projekts hätte das Notieren in grafische

Notation sein können, die entstandenen Musikstücke in Spielanweisungen

aufzuzeichnen. Diese könnten wiederum Impulse zum Musizieren für eine weitere

Gruppe geben.

Generell lässt sich sagen, dass Zeit ein wichtiger Faktor für solch einen Prozess ist.

Genügend Zeit, um stressfrei auszuprobieren, Ideen entwickeln zu lassen, über

bereits Entstandenes zu sprechen und zu reflektieren und gewonnene Erkenntnisse

in die nächste Arbeitsphase miteinzubeziehen. Projektorientierten Unterricht in der

regulären Stundentaktung der Schule durchzuführen ist herausfordernd. In einer

Einheit mit 50 Minuten in die Thematik des Projekts einzutauchen, dann mitten im

Tun die Schüler*innen „herauszureißen“ und eine Woche später wieder anzuknüpfen

unterbricht den Prozess. Eine optimale Rahmenbedingung für projektorientiertes

Arbeiten wären geblockte Einheiten oder gar eine Öffnung der gesamten

Unterrichtsorganisation, wodurch noch intensiver fächerübergreifend gearbeitet

werden kann.

Trotz der begrenzt zur Verfügung stehender Zeit kann abschließend gesagt werden,

dass das Projekt aus Schülerinnen- und Lehrer*innensicht eine sehr positive

Erfahrung war.

Zu Beginn war ich sehr gespannt, wie die Schülerinnen auf die Inhalte, die Aufgaben

und die veränderte Unterrichtsorganisation reagieren würden. Denn es war nicht klar,

welche Reaktionen und Ergebnisse zu erwarten waren. Wie sich letztendlich aber

sehr rasch herausstellte, gingen die Schülerinnen sehr offen und flexibel auf die

neuen Anforderungen heran und die sich daraus ergebene „Ernte“ war sehr

ertragreich.

Die Schülerinnen arbeiteten selbstständiger als zuvor, mussten sich im Paar oder in

der Gruppe eigenständig organisieren, trafen Entscheidungen und lernten im

Prozess voneinander. Der Einbezug von außermusikalischen Gebieten diente auch

einer Stärkung des Selbstbewusstseins. Jede Schülerin konnte ihre besonderen

Fähigkeiten einsetzen und einen wertvollen Teil zu einem gemeinsamen Gesamten

81

beitragen: Eine Schülerin ist besonders gut im Verfassen eines Textes und schrieb

die Geschichte zum Bild ausgeschmückt auf. Eine andere Schülerin ist besonders

fantasievoll und schnell im Finden von Klang-Bild-Assoziationen und Erfinden von

Metaphern, wohingegen ein anderes Mädchen besonders geschickt am Instrument

ist und den Mitschülerinnen verschiedene Spieltechniken auf der Gitarre zeigt. Ein

weiteres Gruppenmitglied ist sehr mutig und experimentierfreudig und entdeckt im

Ausprobieren klangliche Möglichkeiten, die besonders gut zur Geschichte passen.

Und die fünfte Teilnehmerin der Gruppe hat schauspielerisches Talent und

übernimmt die leitende Rolle zur Gestaltung der Präsentation des Musikstückes am

Schluss.

Dieses Sich-gegenseitig-Ergänzen und Voneinander-Lernen waren sehr schön zu

beobachten. Die noch intensivere Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe bewirkte

eine veränderte Position der Lehrkraft, zugunsten des individuellen Lerneffekts der

einzelnen Schülerinnen. Mit dieser veränderten Rolle des*der Pädagog*in gilt es

umgehen zu lernen, auch wenn es sich anfänglich möglicherweise ungewohnt und

merkwürdig anfühlt. Die Lehrkraft muss bereit dazu sein, Kontrolle sowie

Entscheidungen abzugeben und mehr als Begleiter*in beratend und beobachtend zur

Seite zu stehen und auch Gespür dafür entwickeln, wann es notwendig ist, in die

Situation einzugreifen und wenn nicht. Auch für mich als Lehrende war dieses

projektorientierte, kunstspartenübergreifende Arbeiten ein Lernprozess, dessen

Erkenntnisse ich in meiner pädagogischen Tätigkeit weiter einfließen lassen und

ausbauen möchte.

82

Schlusswort

Um die Erkenntnisse der gewonnenen Arbeit reflektierend zusammenfassen zu

können, sei hier noch einmal die zu Beginn gestellte Fragestellung erwähnt: Welche

Verbindungsmöglichkeiten gibt es in der Rezeption von Musik und Bildender Kunst

und wie können Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Künste in einem

musikpädagogischen Zusammenhang fruchtbar gemacht werden?

Die Auseinandersetzung mit interdisziplinären Möglichkeiten zwischen Musik und

Bildender Kunst in dieser Arbeit wurde umfangreich bearbeitet und es wurden stets

Aspekte für einen gelingenden Transfer in das musikpädagogische Feld

aufgewiesen. Die aufgezeigte Fülle an Verbindungsarten und -versuchen der

Disziplinen im Laufe der Kunstgeschichte zeigt, welche Chancen und Möglichkeiten

sich daraus ergeben. Wie aufeinander Bezug genommen wurde und wird ist sehr

vielfältig. Dennoch ist allen Versuchen gleich, dass es stets um eine Übertragung

eines Mediums und seiner Botschaft in ein anderes Medium geht, nicht aber um eine

wörtliche Übersetzung.

Mit dieser Transformation von Medien und Künsten ist auch immer einhergehend ein

Botschaftsgewinn und -verlust. Schlussendlich verfügt das Zielmedium über die

Kontrolle, welcher Inhalt und wie dieser den Rezipienten vermittelt werden. So

bildeten die Radierungen von Goya den Ausgangspunkt für die Kompositionen von

Castelnuovo-Tedesco. Trotz Bezugnahme auf den Inhalt der Bilder (und eventuell

auch auf die Ausgestaltung und Ästhetik dieser) unterliegen die Stücke dennoch

ihren eigenen musikalischen Gesetzmäßigkeiten und den spezifischen Parametern

der Sparte Musik. Genauso verhält es sich bei der umgekehrten Übertragung, bei der

Musik den Ausgangspunkt für ein Bildnerisches Werk darstellt.

Es können lediglich Merkmale der einen Kunstsparte von der anderen übernommen

werden und so zu einer Annäherung führen, so wie auch in dieser Arbeit an

Beispielen wie Wassily Kandinsky und Paul Klee aufgezeigt wurde. An den

Schnittpunkten der Künste, wo Grenzen überschritten werden und Material der einen

Gattung in der anderen verwendet wird, entsteht Neues und auch neue

Kunst(misch)formen.168 Die Problematik, diese Prozesse und die Kunstwerke selbst

168

Vgl. BRANDSTÄTTER 2008, S. 184-187

83

zu verbalisieren, wurde thematisiert und dabei wurde stets versucht, Lösungsansätze

und Hilfestellungen dafür zu bieten.

Aus dem Wettstreit zwischen den Künsten im Laufe der Geschichte zum einen um

die Vorherrschaft, welche Kunst es vermag die Wirklichkeit besser zum Ausdruck zu

bringen, und zum anderen, um die Künste zu vereinen, ging eine zunehmende

Selbstreflexion der Künste hervor. Die Kunstsparten beschäftigen sich mit ihren

eigenen Bedingungen und Möglichkeiten und erforschen damit auch zeitgleich die

Grenzen, überschreiten und hinterfragen sie.169

Diese Auseinandersetzung der Künste mit sich selbst und das Ausloten von Grenzen

gehen aus dieser Arbeit hervor, in der Unterschiede und Gemeinsamkeiten

herausgearbeitet wurden. Das führte zu der Einsicht, dass die Herangehensweisen

an das Fruchtbar-Werden dieser in einem künstlerischen oder pädagogischen Sinne

auf unterschiedlichste Weisen passieren können. In dem beschriebenen Goya-

Projekt wurde sichtbar, wie eine praktische Umsetzung von

kunstspartenübergreifendem Unterricht aussehen kann und wie gewinnbringend die

Vernetzung von Musik und Bildender Kunst für Schüler*innen und Pädagog*innen

sein kann. Denn: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“170

169

Vgl. BRANDSTÄTTER 2008, S. 189f 170

KLEE, Paul (o.J.) zit. n. STEPHAN, Rudolf: Vermischte Aufzeichnungen (aus Notizheften).- In: SCHMIERER, Elisabeth u.a. (Hrsg.): Töne Farben Formen. Über Musik und die bildenden Künste.- Laaber: Laaber Verlag, 1995, S. 114

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Skrjabins Farbzuordnung im Quintenzirkel ........................................ 28

SCHILLMÖLLER 2016, S. 25

Abbildung 2: Farbenklavier nach Skrjabin .............................................................. 28

Online im Internet. URL:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Scriabin_keyboard.svg

Abbildung 3: Vier Typen der Synästhesie von Albert Wellek .................................. 28

Vgl. STEINCKE 2007, S. 70

Abbildung 4: Ursynästhesien von Albert Wellek ..................................................... 30

STEINCKE 2007, S. 71

Abbildung 5: Das große Tor von Kiew, Aquarell und Bleistift von Victor Hartmann 35

Online im Internet. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/

Bilder_einer_Ausstellung#/media/Datei:Hartmann_--

_Plan_for_a_City_Gate.jpg [Stand 23-09-2019]

Abbildung 6: Vorschlag zur Klang-Bildanalyse von Mathias Schillmöller ............. 376f

SCHILLMÖLLER 2017, Arbeitsblatt 5

Abbildung 7: Kandinskys Entwurf zu Das große Tor von Kiew (1928) .................... 42

Online im Internet. URL: http://www.kandinskywassily.de/werk-322.php

[Stand 14-10-2019]

Abbildung 8: Kandinskys Improvisation Nr. 27, Der Garten der Liebe (1912) ......... 43

SCHILLMÖLLER 2016, S. 65

Abbildung 9: Fuge in Rot, Paul Klee ....................................................................... 46

Online im Internet. URL: http://textweide.ch/bildbeschreibung-fuge-in-

rot-192169/ [Stand 08-09-2019]

Abbildung 10: Capricho Nr. 43 „El sueño de la razón produce monstruos“ ............ 53

Online im Internet. URL: https://www.bridgemanimages.de/de/search?

filter_text=Caprichos%20Goya&filter_group=all&filter_region=AUT&sort

=most_popular [Stand 21-05-2019]

Abbildung 11: 1. Satz Francisco Goya y Lucientes, Pintor (Francisco Goya and

Lucientes, Painter) Blatt Nr. 1 ................................................................................... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 12: 2. Satz Tal para qual (Two of a kind) Blatt Nr. 5 .............................. 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

90

Abbildung 13: 3. Satz Nadie se conoce (Nobody knows himself) Blatt Nr. 6 .......... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 14: 4. Satz Ni asi la distingue(Even so he cannot make her out) Blatt Nr. 7 ... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 15: 5. Satz Muchachos al avío (The boys getting ready) Blatt Nr. 11 .... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 16: 6. Satz El amor y la muerte (Love and death) Blatt Nr. 10 ............... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 17: 7. Satz Estan calientes (They are hot) Blatt Nr.13 ........................... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 18: 8. Satz Dios la perdone: Y era su madre (God forgive her: and it was

her mother) Blatt Nr. 16 ............................................................................................ 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 19: 9. Satz Bien tirada está (It is nicely stretched) Blatt Nr. 17 .............. 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 20: 10. Satz Al Conde Palatino (To the Count Palatine) Blatt Nr. 33 ..... 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 21: 11. Satz Y se le quema la casa (And he’s burning down the house)

Blatt Nr. 18 ................................................................................................................ 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 22: 12. Satz No hubo remedio (Nothing could be done about it) Blatt Nr. 24 .. 57

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 23: 13. Satz ¿Quién más rendido? (Which of them is more

overwhelmed?) Blatt Nr. 27 ...................................................................................... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 24: 14. Satz Porque fue sensible (Because she was sensitive) Blatt Nr. 32 ... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 25: 15. Satz ¿Si sabrá más el discipulo? (Perhaps the pupil knows

better?) Blatt Nr. 37 .................................................................................................. 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 26: 16. Satz ¡Brabísimo! (Bravissimo!) Blatt Nr. 38 ................................ 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 27: 17. Satz ¿De que mal morira? (Of what will he die?) Blatt Nr. 40 .... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

91

Abbildung 28: 18. Satz El sueño de la razón produce monstruos (The sleep oft he

reason produces monsters) Blatt Nr. 43 ................................................................... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 29: 19. Satz Hilan delgado (They spin finely) Blatt Nr. 44 ...................... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 30: 20. Satz Obsequio a el maestro (Gift to the master) Blatt Nr. 47 ..... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 31: 21. Satz ¡Qué pico de oro! (What a golden beak!) Blatt Nr. 53 ........ 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 32: 22. Satz Volaverunt (Off they flew) Blatt Nr. 61 ............................... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 33: 23. Satz ¡Linda maestra! (Pretty teacher) Blatt Nr. 68 ..................... 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 34: 24. Satz Sueño de la mentira y inconstancia (Dream of lying and

inconstancy) ............................................................................................................. 58

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 35: Blatt Nr.1, Goyas Selbstportrait am Anfang des Zyklus ................... 63

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 36: Blatt Nr. 6 ......................................................................................... 63

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 37: Blatt Nr. 7 ......................................................................................... 63

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 38: Blatt Nr. 32 ....................................................................................... 63

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 39: Schülerinnen schreiben ihre Ideen auf ............................................ 65

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 40: Schülerinnen ordnen Klänge zu visuellen Begriffen zu .................... 65

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 41 und Abbildung 42: Schülerinnen setzen Charaktere in den Bildern

klanglich um .............................................................................................................. 67

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 43: Themenschlagwörter und Fragestellungen als Anhaltspunkte ......... 70

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

92

Abbildung 44: Storytelling ....................................................................................... 70

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 45: Überblick des Handlungsstranges einer Geschichte zu Capricho Nr. 10 .. 72

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 46: Präsentation des Musikstückes zu Capricho Nr. 53, ¡Qué pico de oro!

(siehe Abbildung 48) ................................................................................................. 74

REITBÖCK-LEHNER, Marlene 2019

Abbildung 47: Wort.Schatz.Suche für Klänge und ihre Klangfarben ....................... 76

Vgl. WIMMER/ SCHMIDINGER 2016, S. 38

Abbildung 48: Capricho Nr. 53, ¡Qué pico de oro! (What a golden beak!) .............. 77

BRIDGEMAN ART LIBRARY [Online]

Abbildung 49 und Abbildung 50: Schneiden zur Musik ......................................... 77

EISNER, Sabina 2019

Abbildung 51: Mit Ölkreide wird in das Bild gezeichnet .......................................... 78

EISNER 2019

Abbildung 52: Formen werden herausgeschnitten und aufgestellt ......................... 78

EISNER 2019

Abbildung 53: Gemeinsame Betrachtung der fertigen Bilder .................................. 78

EISNER 2019

93

Eidesstattliche Erklärung

Hiermit erkläre ich eidesstattlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und

ohne fremde Hilfe verfasst habe. Alle Stellen oder Passagen der vorliegenden Arbeit,

die anderen Quellen im Wortlaut oder dem Sinn nach entnommen wurden, sind

durch Angaben der Herkunft kenntlich gemacht. Dies gilt auch für die Reproduktion

von Noten, grafische Darstellungen und andere analoge oder digitale Materialien.

Ich räume der Anton Bruckner Privatuniversität das Recht ein, ein von mir verfasstes

Abstract meiner Arbeit auf der Homepage der ABPU zur Einsichtnahme zur

Verfügung zu stellen.

Linz, am

Marlene Reitböck-Lehner