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Die Durchsetzung sozialer Normen in Low-Cost und High-Cost Situationen Enforcement of Social Norms in Low-Cost and High-Cost Situations Heiko Rauhut* ETH Zɒrich, Professur fɒr Soziologie, insbesondere Modellierung und Simulation, UniversitȨtsstrasse 41, 8092 Zɒrich, Switzerland E-Mail: [email protected] Ivar Krumpal* UniversitȨt Leipzig, Institut fɒr Soziologie, Beethovenstraße 15, 04107 Leipzig, Germany E-Mail: [email protected] Zusammenfassung: In Feldstudien konnte hȨufig mittels der Low-Cost Hypothese gezeigt werden, dass normkonformes Verhalten von den dafɒr aufzuwendenden Kosten abhȨngt. Doch die Gɒltigkeit der Low-Cost Hypothese ist bei der Durchsetzung sozialer Normen bislang wenig erforscht. In unserer Studie werden diese kollektiven Gɒter zweiter Ord- nung anhand nachbarschaftlicher Kontrollen analysiert. Es werden Daten einer postalischen Befragung von 631 Per- sonen in Leipzig aus dem Jahr 2001 ausgewertet. Der Zusammenhang zwischen der Befɒrwortung sozialer Kontrollen und der Bereitschaft, soziale Kontrollen zu dulden, sinkt mit steigenden Kosten der zu duldenden Kontrollen. Zudem lȨsst sich die Logik der Low-Cost Hypothese auf andere soziologische Konstrukte ɒbertragen: Die Wirkung von Krimi- nalitȨtsfurcht und Autoritarismus ist umso weniger relevant fɒr die Duldung sozialer Kontrollen, je hɆher die Kosten da- fɒr werden. Unsere Befunde demonstrieren somit die Gɒltigkeit der Low-Cost Hypothese im Zusammenhang mit kol- lektiven Gɒtern zweiter Ordnung. Summary: Field studies show that normative behavior depends on the costs of obeying the norm. This effect is known as the low-cost hypothesis. However, does the enforcement of social norms also depend on the costs of enforcing the norm? So far, there has been little research on the validity of the low-cost hypothesis for these so-called “second order collective goods.” In our work, enforcement of social norms is studied by means of analyzing social control in neighborhoods. We use data from 631 respondents in a mail survey conducted in 2001 in Leipzig, Germany. Logistic regression models re- veal that the strength of the relationship between the general approval of social control and the willingness to tolerate social control personally decreases with the increasing costs of tolerating these control activities. In addition, we transfer the logic of the low-cost hypothesis to other sociological constructs: The effect of fear of crime and the effect of authori- tarianism on the tolerance of social control decreases with the increasing costs of these control activities. Our empirical findings confirm the low-cost hypothesis for the production of second-order collective goods. 1. Einleitung Viele wɒrden sich wohl gerne als einen anstȨndigen und normbewussten Menschen sehen. Doch zu wel- chem Preis? Manchmal mɆgen die Kosten fɒr wɒn- schenswerte Handlungen schlichtweg zu hoch sein. Dementsprechend mag es eine geschickte Strategie sein, sich bei vergleichsweise kostengɒnstigen Ak- tionen der eigenen Normtreue zu versichern, jedoch bei kostenintensiven Handlungen von Normen ab- zuweichen. Auf diese Weise kann ein positives Selbstbild mit relativ geringem Aufwand aufrecht- erhalten werden. Eine bekannte Operationalisie- rung dieser Idee ist die Low-Cost Hypothese. Diese Hypothese postuliert, dass der Zusammenhang zwischen der Akzeptanz einer sozialen Norm 1 und der zugehɆrigen normativen Verhaltensweise ab- 380 # Lucius & Lucius Verlag Stuttgart Zeitschrift fɒr Soziologie, Jg. 37, Heft 5, Oktober 2008, S. 380–402 * Wir danken Kurt Mɒhler fɒr fruchtbare Diskussionen und die Bereitstellung des Datensatzes, Thomas Voss und David Glowsky fɒr konstruktive Kommentare zu dem Manuskript, Ben Jann fɒr wichtige Hinweise zu dem Bootstrap-Ansatz, Wolfgang Langer und Herbert Mat- schinger fɒr wertvolle Hinweise und RatschlȨge zur Da- tenanalyse und Jana Adler fɒr Literaturrecherchen. Zu- dem danken wir den beiden anonymen Gutachtern und ei- nem Herausgeber fɒr ihre VerbesserungsvorschlȨge. Der Beitrag ist an der UniversitȨt Leipzig entstanden. 1 Fɒr eine Diskussion des Normbegriffs siehe insbeson- dere Opp (2001).

Die Durchsetzung sozialer Normen in Low-Cost und High-Cost …6fdd4c91-4d1b-4ddd-8b3e... · 2016. 10. 13. · Austin et al. 1999) prgen die f-fentliche Diskussion sozialer Kontrolle

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Die Durchsetzung sozialer Normen in Low-Cost undHigh-Cost SituationenEnforcement of Social Norms in Low-Cost and High-Cost Situations

Heiko Rauhut*ETH Z�rich, Professur f�r Soziologie, insbesondere Modellierung und Simulation, Universit�tsstrasse 41, 8092 Z�rich,SwitzerlandE-Mail: [email protected]

Ivar Krumpal*Universit�t Leipzig, Institut f�r Soziologie, Beethovenstraße 15, 04107 Leipzig, GermanyE-Mail: [email protected]

Zusammenfassung: In Feldstudien konnte h�ufig mittels der Low-Cost Hypothese gezeigt werden, dass normkonformesVerhalten von den daf�r aufzuwendenden Kosten abh�ngt. Doch die G�ltigkeit der Low-Cost Hypothese ist bei derDurchsetzung sozialer Normen bislang wenig erforscht. In unserer Studie werden diese kollektiven G�ter zweiter Ord-nung anhand nachbarschaftlicher Kontrollen analysiert. Es werden Daten einer postalischen Befragung von 631 Per-sonen in Leipzig aus dem Jahr 2001 ausgewertet. Der Zusammenhang zwischen der Bef�rwortung sozialer Kontrollenund der Bereitschaft, soziale Kontrollen zu dulden, sinkt mit steigenden Kosten der zu duldenden Kontrollen. Zudeml�sst sich die Logik der Low-Cost Hypothese auf andere soziologische Konstrukte �bertragen: Die Wirkung von Krimi-nalit�tsfurcht und Autoritarismus ist umso weniger relevant f�r die Duldung sozialer Kontrollen, je h�her die Kosten da-f�r werden. Unsere Befunde demonstrieren somit die G�ltigkeit der Low-Cost Hypothese im Zusammenhang mit kol-lektiven G�tern zweiter Ordnung.

Summary: Field studies show that normative behavior depends on the costs of obeying the norm. This effect is known asthe low-cost hypothesis. However, does the enforcement of social norms also depend on the costs of enforcing the norm?So far, there has been little research on the validity of the low-cost hypothesis for these so-called “second order collectivegoods.” In our work, enforcement of social norms is studied by means of analyzing social control in neighborhoods. Weuse data from 631 respondents in a mail survey conducted in 2001 in Leipzig, Germany. Logistic regression models re-veal that the strength of the relationship between the general approval of social control and the willingness to toleratesocial control personally decreases with the increasing costs of tolerating these control activities. In addition, we transferthe logic of the low-cost hypothesis to other sociological constructs: The effect of fear of crime and the effect of authori-tarianism on the tolerance of social control decreases with the increasing costs of these control activities. Our empiricalfindings confirm the low-cost hypothesis for the production of second-order collective goods.

1. Einleitung

Viele w�rden sich wohl gerne als einen anst�ndigenund normbewussten Menschen sehen. Doch zu wel-chem Preis? Manchmal m�gen die Kosten f�r w�n-

schenswerte Handlungen schlichtweg zu hoch sein.Dementsprechend mag es eine geschickte Strategiesein, sich bei vergleichsweise kosteng�nstigen Ak-tionen der eigenen Normtreue zu versichern, jedochbei kostenintensiven Handlungen von Normen ab-zuweichen. Auf diese Weise kann ein positivesSelbstbild mit relativ geringem Aufwand aufrecht-erhalten werden. Eine bekannte Operationalisie-rung dieser Idee ist die Low-Cost Hypothese. DieseHypothese postuliert, dass der Zusammenhangzwischen der Akzeptanz einer sozialen Norm1 undder zugeh�rigen normativen Verhaltensweise ab-

380 � Lucius & Lucius Verlag Stuttgart Zeitschrift f�r Soziologie, Jg. 37, Heft 5, Oktober 2008, S. 380–402

* Wir danken Kurt M�hler f�r fruchtbare Diskussionenund die Bereitstellung des Datensatzes, Thomas Voss undDavid Glowsky f�r konstruktive Kommentare zu demManuskript, Ben Jann f�r wichtige Hinweise zu demBootstrap-Ansatz, Wolfgang Langer und Herbert Mat-schinger f�r wertvolle Hinweise und Ratschl�ge zur Da-tenanalyse und Jana Adler f�r Literaturrecherchen. Zu-dem danken wir den beiden anonymen Gutachtern und ei-nem Herausgeber f�r ihre Verbesserungsvorschl�ge. DerBeitrag ist an der Universit�t Leipzig entstanden.

1 F�r eine Diskussion des Normbegriffs siehe insbeson-dere Opp (2001).

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nimmt, je h�her die Kosten f�r die jeweilige Verhal-tensweise werden (vgl. North 1986, Braun/Franzen1995, Diekmann/Preisend�rfer 2003). Ab einer ge-wissen Kostenschwelle sollte demnach selbst einstark �berzeugter Normanh�nger nicht mehr bereitsein, seinen Vors�tzen Taten folgen zu lassen.

Dieser Zusammenhang ist bei der direkten Befol-gung sozialer Normen gut erforscht. So konntebeim Umweltverhalten gezeigt werden, dass Um-welteinstellungen umso st�rker mit umweltgerech-tem Verhalten zusammen h�ngen, je geringer dieKosten f�r die jeweiligen umweltgerechten Hand-lungen sind (vgl. Diekmann/Preisend�rfer 1992,1998a, 1998b, 2003). Stark umweltbewusste Ak-teure m�gen sich somit noch von weniger umwelt-bewussten Akteuren darin unterscheiden, ob sieihren M�ll trennen. Kaum einen Unterschied findetman jedoch, wenn es darum geht, ob im hart erar-beiteten Urlaub auf das Auto verzichtet wird.

Nun lassen sich bei der Einhaltung sozialer Normenzwei Ebenen unterscheiden. Neben der direkten Ein-haltung sozialer Normen k�nnen Kontrollen undBestrafungen Akteure dazu bewegen, Normen ein-zuhalten. Dieser Kontroll- und Bestrafungsaspektbeschreibt somit eine zweite Ebene normativen Han-delns, die h�ufig mit dem Begriff der Durchsetzungsozialer Normen bezeichnet wird. Da diese Durch-setzung ebenso Kosten mit sich bringt, stellt sich dieFrage, inwiefern die Low-Cost Hypothese in diesemBereich G�ltigkeit besitzt. Es gibt bisher kaum Feld-studien, die diesen Zusammenhang untersuchen.Hierzu leistet die vorliegende Studie einen Beitrag.

Die Debatte um soziale Kontrollen gewinnt zuneh-mend an Bedeutung, so dass es verwundert, dassempirische Feldstudien dem Kostenaspekt sozialerKontrollen bislang so wenig Beachtung geschenkthaben. Viele westliche Industrienationen zeigten inden letzten Jahren eine immer sch�rfere und feinerjustierte Kontrollkultur. Wir beobachten unter an-derem versch�rfte Bew�hrungsauflagen, verbesserteVideo�berwachungssysteme und eine h�here Ak-zeptanz und Durchsetzung von Nachbarschafts-kontrollen (vgl. Foucault 1977, Feeley/Simon 1982,Cohen 1985, Davis 1990, Garland 2001). Ins-besondere in den USA sind die intensiveren sozialenKontrollen begleitet durch h�rtere Strafen f�r kri-minelle Handlungen (vgl. Zimring 2001). PolitischeProgramme wie Zero Tolerance (vgl. Dreher/Feltes1997) oder Gesetzesentw�rfe wie „three strikes andyou are out“ (vgl. Austin et al. 1999) pr�gen die �f-fentliche Diskussion sozialer Kontrolle. SteigendeStrafen spiegeln sich in einer wachsenden Gef�ng-nispopulation (vgl. Mauer 2001). Ob Europa mit

den USA in dieser Hinsicht gleichzieht, l�sst sichmomentan noch nicht absch�tzen (vgl. Hudson2002: 254). In unserer Studie analysieren wir dieBereitschaft zur Duldung von sozialen Kontrollenin Nachbarschaften. Gerade hier zeigt sich beson-ders deutlich, wie die Alltagswelt der Akteure durchsoziale Normen gepr�gt wird. So konnten fr�hereNachbarschaftsstudien zeigen, dass das nachbar-schaftliche Kontrollniveau einen starken Einflussauf die vorherrschende Kriminalit�t und die Einhal-tung sozialer Normen hat (vgl. Sampson/Rauden-bush 1989, Sampson et al. 1997).

Der Artikel ist wie folgt strukturiert: Zun�chst zeigteine theoretische Analyse den Unterschied zwischenden zwei Ebenen der Befolgung und der Durchset-zung sozialer Normen. Es wird dargestellt, welcheImplikationen aus der Low-Cost Hypothese f�r diezweite Ebene der Durchsetzung sozialer Normenhervorgehen und dass sich soziale Kontrollen inNachbarschaften gut f�r einen empirischen Testeignen. Im Anschluss werden die empirischen Er-gebnisse unserer Analyse besprochen. Hierzu wer-den Probability Plots von logistischen Regressioneninterpretiert. Diese zeigen, dass bei steigenden Kos-ten selbst stark normorientierte Akteure immerweniger bereit sind, soziale Kontrollen zu dulden.Weiterhin sind selbst sehr furchtsame und stark au-torit�r eingestellte Akteure immer weniger bereit,soziale Kontrollen zu dulden, wenn die pers�nli-chen Kosten dieser sozialen Kontrollen steigen. ImAusblick wird diskutiert, welche Aspekte in zu-k�nftigen Umfragen analysiert werden k�nnten.Weiterhin wird vorgeschlagen, kontr�re Ergebnissein Feldstudien und Laborstudien einem systemati-schen Test zu unterziehen.

2. �bertragung der Low-Cost Hypothese aufdie Durchsetzung sozialer Normen

„Oft wird als erwiesen angenommen: Wenn jederin einer Gruppe von Individuen oder Unternehmenein bestimmtes Interesse teilt, dann wird die Grup-pe dazu neigen, dieses Interesse zu f�rdern. …Wenn wir �ber die[se] Logik … nachdenken, …werden wir sehen, dass sie falsch ist“ (Olson 1991:20). In der Tat, nur weil ein Zustand f�r alle gutw�re, liegt es noch lange nicht im Eigeninteresseder beteiligten Akteure, diesen Zustand auch herzu-stellen. Bei kollektiven G�tern wird dieses Dilemmades Auseinanderfallens von Individual- und Kollek-tivinteressen deutlich. Kollektive G�ter sind solcheG�ter, deren Konsum nicht die Menge des vorhan-denen Gutes reduziert und von dessen Konsum nie-

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mand ausgeschlossen werden kann. Ein klassischesBeispiel ist der Umweltschutz. Das Atmen saubererLuft reduziert die vorhandene Menge an saubererLuft nicht, auch kann niemand davon ausgeschlos-sen werden. Das Genießen �ffentlicher Sicherheitist ein weiteres Beispiel.

Olson (1991) argumentiert, dass durch so genannteselektive Anreize dieses Trittbrettfahrerproblem�berwunden werden kann. Selektive Anreize moti-vieren rationale Akteure dazu, kollektive G�ter her-zustellen, da sie zus�tzliche individuelle Motive derAkteure befriedigen und so den Interessenkonfliktzwischen Gruppe und Individuum �berbr�cken.Eine soziale Norm kann ein solcher selektiver An-reiz sein. Soziale Normen sind Imperative, die vor-schreiben, welche Handlungen zu tun sind. SolcheVorschriften werden durch Sanktionen bekr�ftigt,wenn sich die Akteure nicht an diese Vorschriftenhalten. Hierbei werden denjenigen Akteuren Sank-tionen auferlegt, dich sich normwidrig verhalten.2

Daraus folgt, dass zwei unterschiedliche Mechanis-men Akteure dazu veranlassen k�nnen, sich kollek-tiv erw�nscht zu verhalten: Einerseits k�nnen sichAkteure aufgrund pers�nlicher Motive an Sollens-vorschriften halten, andererseits k�nnen sich Ak-teure aufgrund gef�rchteter Sanktionen normkon-form verhalten.

Wenn soziale Normen dazu beitragen k�nnen, dasskollektive G�ter hergestellt werden, stellt sich dieFrage, unter welchen Bedingungen diese Normen insozialen Gruppen entstehen. Eine Antwort derRational-Choice Theorie ist, dass dann soziale Nor-men entstehen, wenn es einen Bedarf an Nor-mierung gibt. Dementsprechend sind soziale Di-lemmata wie das Gefangenendilemma oder dieHerstellung kollektiver G�ter paradigmatische F�l-le, in denen es einen Bedarf an Normierung gibt:Jeder m�chte, dass sich die anderen kooperativ ver-halten, doch jeder hat auch einen Anreiz, individu-ell von Kooperation abzuweichen und keinen Bei-trag zur Herstellung des kollektiven Gutes zuleisten. Ein fr�herer Beitrag zu dieser Theorie derNormentstehung l�sst sich bei Ullmann-Margalit(1977) finden. Ullmann-Margalit argumentiert,dass alleine aufgrund des Bedarfs an Normen in Di-lemmasituationen Normen entstehen. Doch ohneAngabe eines expliziten theoretischen Mechanis-mus der Normentstehung, der auf der individuellenEbene der Akteure ansetzt, bleibt das Argumentfunktionalistisch und wenig erkl�rungskr�ftig.Denn allein den Zweck eines Ph�nomens zu benen-

nen stellt noch keine Erkl�rung dar (vgl. Hempel1975).

Ein Mechanismus, der auf der Ebene der Akteureansetzt und die Entstehung von Normen erkl�renkann, ist der sogenannte Schatten der Zukunft.Hierbei wird argumentiert, dass sich Kooperationlohnen kann, wenn die beteiligten Akteure eine hin-reichend hohe subjektive Wahrscheinlichkeit an-nehmen, in der Zukunft wieder den gleichen Akteu-ren in einem �hnlichen Dilemma zu begegnen.Wenn der Schatten der Zukunft hinreichend großist, lohnt sich Kooperation selbst f�r rationale Ego-isten, da die erwarteten Gewinne aus zuk�nftigerKooperation h�her sind als der Gewinn aus ein-maliger Defektion. Anekdotische Beitr�ge zu dieserIdee wurden schon fr�h in der Anthropologie vonGouldner (1960) und in der Soziologie von Blau(1964) formuliert. Eine formale, modelltheoretischeArgumentation wurde sp�ter aus �konomischerPerspektive von Fudenberg/Maskin (1986) und aussoziologischer Perspektive von Voss (1985) ent-wickelt. Opp (1983) hat in seinem Beitrag gezeigt,wie soziale Normen in verschiedenen soziologischrelevanten Dilemmasituationen entstehen, und hier-mit die Rational-Choice Perspektive auf die Entste-hung sozialer Normen gepr�gt.

In der soziologischen Literatur finden sich prominen-te Beispiele, die zeigen, wie Kooperationsnormenzwischen wiederholt interagierenden Akteuren in Si-tuationen sozialer Dilemmata entstehen: Axelrod(1984) zeigt, wie sich Nicht-Angriffsnormen im Stel-lungskrieg des Ersten Weltkriegs zwischen dauerhafteinander gegen�berstehenden Kriegsfeinden heraus-gebildet haben. Ellickson (1991) demonstriert, wiesich mit der Zeit Normen herausgebildet haben, umdie gemeinschaftliche Beweidung von Weidelandzwischen Farmern zu regeln. Schließlich veran-schaulicht Goldstone (1994), wie Kooperationsnor-men im Zuge des Aufkommens von Revolutionenentstanden sind. Parallel wurde die zugrunde lie-gende theoretische Argumentation in soziologi-schen Beitr�gen weiter formalisiert und entwickelt(vgl. Coleman 1990, Hardin 1995). Voss/Abraham(2000) sowie Voss (2001) geben einen exzellenten�berblick �ber den aktuellen theoretischen For-schungsstand. Bendor/Swistak (2001) haben dievorgestellten Konzepte mit Methoden der evolutio-n�ren Spieltheorie weiterentwickelt. Eine kritischeSichtweise l�sst sich insbesondere bei Elster (1989a,1989b) finden.

Soziale Normen bestehen jedoch nicht nur aus Sol-lensvorschriften, die bestimmte Handlungen vor-schreiben, sondern ebenfalls aus Sanktionen, die

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2 Vgl. Voss (2001) f�r eine �bersicht �ber handlungstheo-retische Definitionen sozialer Normen.

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bei abweichendem Verhalten drohen. Man mag zu-n�chst argumentieren, dass sich selbst Akteure mitzu geringen Anreizen f�r kooperatives Verhalten ansoziale Normen halten werden, da sie sonst mitSanktionen rechnen m�ssen. Hinreichend hohe underwartbare Sanktionen k�nnen selbst egoistischeAkteure motivieren, einen Normbruch zu unterlas-sen, da die Kosten dieses Normbruchs angesichtsder Sanktionen einfach zu hoch w�ren – wer l�sstsich schon gerne bei seinen Fehltritten ertappen?Scham, Peinlichkeiten und Strafen bringen Kostenmit sich, die lieber vermieden werden. Somit kannes auch f�r Akteure, die eine bestimmte Sollensvor-schrift ablehnen, rational sein, sich normkonformzu verhalten, um kostenintensive Sanktionen zuvermeiden.

Das zentrale Problem, kooperatives Verhalten mitdrohenden Sanktionen zu erkl�ren, ist der Um-stand, dass die meisten Sanktionen mit Aufwandund M�hen f�r die strafenden Akteure einhergehen.Auf diese Weise hat man lediglich das Kollektivgut-problem erster Ordnung auf eine zweite Ebene ver-lagert: Es wird zwar rational, sich bei erwartbarenStrafen kooperativ zu verhalten; doch wer nimmtdie Kosten der Normdurchsetzung auf sich? DasProblem auf der zweiten Ebene der Normdurchset-zung gleicht strukturell dem auf der eingangs dis-kutierten ersten Ebene der Normentstehung: Esw�nschen sich alle einen Zustand, in dem das kol-lektive Gut zweiter Ordnung, in diesem Fall alsodas Sanktionieren bei Normbr�chen, bereitgestelltwird. Konsequenterweise spricht man in der Litera-tur zu sozialen Normen von einem Kollektivgutprob-lem erster Ordnung, wenn es darum geht, sichnormkonform zu verhalten und einen Beitrag zurHerstellung eines kollektiven Gutes, wie Umwelt-schutz oder �ffentliche Sicherheit, zu leisten. Von ei-nem Kollektivgutproblem zweiter Ordnung sprichtman, wenn es darum geht, Kosten auf sich zu neh-men, um normabweichende Akteure zu sanktionie-ren, die nicht zur Herstellung eines Kollektivgutsbeitragen (vgl. Yamagishi 1986, Heckathorn 1989,Coleman 1990). W�hrend sich das Kollektivgut-problem erster Ordnung auf die Entstehung sozialerNormen bezieht, problematisiert das Kollektivgut-problem zweiter Ordnung die Durchsetzung dieserNormen. Die zentrale Frage hierbei ist, unter wel-chen Bedingungen rationale Akteure Verletzungensozialer Normen kontrollieren bzw. sanktionierenwerden.

Ist die Kontroll- und Sanktionsebene sozialer Nor-men damit zwar ein wichtiger Erkl�rungsbestand-teil kooperativen Verhaltens, erkl�rt sie dieses je-doch f�r sich genommen nur unvollst�ndig, da es

sich bei Sanktionierungen von Normverletzungenwiederum um kollektive G�ter handelt. Die Wir-kung von Sanktionen auf kooperatives Verhaltengewinnt jedoch an Erkl�rungskraft, wenn wir wie-derum von wiederholt interagierenden Akteurenausgehen. Es kann sich f�r einen rationalen Egois-ten lohnen, seinen Interaktionspartner bei nicht-kooperativem Verhalten zu sanktionieren, wenn er er-wartet, dass er in zuk�nftigen Interaktionen wiederauf ihn treffen wird und ihn dann durch eine aktu-elle Sanktion zu zuk�nftigem kooperativem Verhal-ten bewegen kann. Diese Idee wurde insbesonderein der Literatur zu sozialen Netzwerken umfassendabgehandelt (vgl. hierzu den programmatischenAufsatz von Granovetter 1985). Unter Netzwerkenwird die Verbindung zwischen wiederholt interagie-renden Akteuren verstanden. Hierbei ist die Kon-trolle und Bestrafung von nicht-kooperativen Ak-teuren deshalb lohnend, da es innerhalb vonNetzwerken mit hoher Wahrscheinlichkeit zu wie-derholten Interaktionen kommt. Sanktionen k�n-nen einerseits darin bestehen, die Beziehung zueinem Abweichler zu beenden und auf andere Inter-aktionspartner innerhalb des Netzwerks auszuwei-chen. Andererseits k�nnen Sanktionen darin beste-hen, bekannt zu machen, wer sich in dem Netzwerknicht-kooperativ verhalten hat, um so f�r die Ab-weichler kostspielige Reputationsverluste zu bewir-ken. Hirschmann (1970) nennt die erste Varianteexit und die zweite Variante voice. Es kann empi-risch gezeigt werden, dass eine solche Netzwerkein-bettung kooperatives Verhalten mit Hilfe dieserKontrolleffekte erzeugen kann. So kann Uzzi(1996) in einer ethnographischen Studie zeigen,dass kooperatives Verhalten in Firmen mit der St�r-ke der Beziehungen der Mitarbeiter untereinanderzunimmt. Burt/Knez (1995) k�nnen zeigen, dassunter bestimmten Umst�nden eine h�here Informa-tionsdichte und somit eine geringere Anonymit�tder Mitarbeiter in einer Firma die Entstehung vonVertrauen und von kooperativem Verhalten beg�ns-tigen.3

Die bisherige Argumentation impliziert, dass sozia-le Normen nur dann eingehalten und durchgesetztwerden, wenn sich Akteure in wiederkehrenden In-teraktionen befinden. Doch ist dies tats�chlich einerealistische Annahme? Beobachten wir normkon-formes Verhalten und Sanktionen nur unter mit-einander eng verbundenen Akteuren? Selbst ausdem allt�glichen Leben finden wir leicht Gegenbei-spiele. So beschreibt Eric Uslaner folgendes norm-

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3 F�r einen �berblick siehe insbesondere Buskens (1999),Uslaner (2002) und Braun (2004).

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konformes Verhalten zwischen Fremden, die sichnoch nicht einmal pers�nlich treffen:“On the way from suburban Maryland there is a fruitstand that is only rarely staffed. Yet, there is usually fruitavailable for purchase on the honor system. You takewhat you want and put the money into a lock box. One ofthe customers I met seemed very impressed. He turned toothers and said, �how trusting!’ I bought my fruit, paid,and felt a bit warmer toward society. The owner said […]that people rarely betray him and take fruit without pay-ing. The fruit stand owner […] has to presume that mostpeople are trustworthy. Yes, he has some evidence. Clear-ly, if people routinely ripped him off he would have to closehis stand when he couldn’t be there himself” (Uslaner2002: 14).

Ebenso wissen wir aus dem Alltag, dass norm-abweichendes Verhalten auch unter Fremden sank-tioniert wird, die sich aller Wahrscheinlichkeit nichtwiedertreffen werden. So w�hlt Coleman (1991) inseinem grundlegenden Text zu sozialen Normen alserstes Beispiel folgende Szene:„Ein dreij�hriges Kind, das mit seiner Mutter in Berlin�ber einen B�rgersteig geht, wickelt ein kleines Bonbonaus und wirft das Bonbonpapier auf den Boden. Eine �lte-re Frau, die vorbeigeht, schimpft das Kind aus, weil es dasPapier hingeworfen hat, und macht der Mutter Vorhaltun-gen, weil sie ihr Kind nicht daf�r bestraft hat“ (Coleman1991: 316).

Diese Beispiele sind keine Einzelf�lle. Vielmehrk�nnen wir annehmen, dass Interaktionen zwischenFremden immer pr�gender f�r unsere moderne Ge-sellschaft werden. Wir leben in einer zunehmendmodernen und globalisierten Welt, in der so ge-nannte „One-Shot Interaktionen“ immer st�rkerunser soziales Leben bestimmen. Viele Austausch-beziehungen finden heutzutage zwischen Interak-tionspartnern statt, die sich nur einmal begegnenoder mit einer nur geringen Wahrscheinlichkeitwieder begegnen werden. Dennoch beobachten wirdie Einhaltung und Durchsetzung sozialer Normenauch in solchen Situationen.

Somit stellt sich die Frage, unter welchen Umst�n-den sich rationale Akteure kooperativ verhaltenwerden, selbst wenn sie nicht in Form eines „Schat-tens der Zukunft“ oder in Form von Netzwerk-strukturen miteinander verbunden sind. Eine ele-gante L�sung ist die Annahme, dass sich Akteurezumindest in bestimmten Situationen freiwillig undintrinsisch motiviert an soziale Normen halten.Diese Idee steht in der soziologischen Tradition derweiten Version der Rational-Choice Theorie (vgl.Opp 1999), in der Einstellungen und normativeSollensvorschriften als Pr�ferenzen in die Nutzen-funktion der individuellen Akteure eingef�hrt wer-

den. In einer engen Variante der Rational-ChoiceTheorie gehen demgegen�ber nur Restriktionen indie Nutzenfunktion der Akteure ein. Die weite Ver-sion wird in j�ngerer Zeit zunehmend auch von�konomen akzeptiert, da sich unter Laborbedin-gungen robuste empirische Evidenzen f�r sozialePr�ferenzen finden lassen und intrinsische Nutzen-argumente bei der Prognose von kooperativem Ver-halten erfolgreich sind (vgl. Rabin 1993, Fehr/Schmidt 1999, Bolton/Ockenfels 2000 sowie f�r ei-nen �berblick Camerer 2003, 2004, Fehr/Gintis2007).

Selbst wenn Akteure mit sozial funktionalen Ein-stellungen im Sinne von normativen �berzeugun-gen ausgestattet w�ren, hieße das jedoch nochnicht, dass sie sich auch tats�chlich an ihre �ber-zeugungen halten, wenn das entsprechende Verhal-ten mit hohen Kosten einhergeht. Wir wissen ausder Sozialpsychologie, dass der Zusammenhangzwischen Einstellungen und Verhalten mitunternicht sehr stark ist. Bereits 1934 konnte La Pierrezeigen, dass fremdenfeindliche Einstellungen vonHotelbesitzern (gl�cklicherweise) oft nicht in Tatenm�nden, wenn es darum geht, Ausl�ndern eine Un-terkunft zu verweigern und so f�r die Demonstra-tion der ausl�nderfeindlichen Einstellung auf deneigenen Profit zu verzichten (vgl. La Pierre 1934).Besonders eindrucksvoll ist zudem die Studie �berden barmherzigen Samariter (vgl. Darley/Batson1973). Die Autoren konnten zeigen, dass sich selbstTheologiestudenten einer hilfsbed�rftigen Personnicht annahmen, wenn sie unter Zeitdruck standen,zu einer Klausur �ber den barmherzigen Samariterp�nktlich zu erscheinen. Dass Einstellungen oftnicht in ein entsprechendes Verhalten m�nden istmittlerweile ein weitl�ufig akzeptierter Befund inder Soziologie.4

Dementsprechend nehmen wir an, dass sozialesund kooperatives Verhalten auch von den Kostendieses Verhaltens abh�ngt und nicht ausschließlichvon den zugrundeliegenden normativen Einstellun-gen (vgl. f�r eine �hnliche Position List/Levitt2007). Wir vertreten somit eine Position, die sichsowohl gegen die ausschließliche G�ltigkeit derweiten als auch gegen die ausschließliche G�ltigkeitder engen Variante der Rational-Choice Theorierichtet. Wir nehmen an, dass die Handlungsrele-vanz prosozialer Pr�ferenzen mit zunehmendenKosten der Verwirklichung dieser Pr�ferenzen ab-

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4 F�r einen �berblick �ber die Debatte, inwiefern Einstel-lungen auf Verhalten wirken; vgl. Gross/Niemann (1975),Ajzen/Fishbein (1977), Pety et al. (1997), Hitlin/Piliavin(2004).

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nimmt. Die Befunde der weiten Variante (Opp1999) bzw. die Argumentation mit prosozialen Pr�-ferenzen (z. B. Fehr/Schmidt 1999) w�rde demnachin erster Linie in Niedrigkostensituationen gelten.Dies l�sst sich damit begr�nden, dass normkonfor-mes Handeln intrinsisch belohnend wirkt, dass je-doch die Gr�ße dieses intrinsischen Belohnungswer-tes normalerweise gering ist. Wenn nun die Kostensteigen, dann wird es immer weniger attraktiv, ge-m�ß der Einstellung bzw. der Norm zu handeln, sodass Normen das Handeln eher in Low-Cost Situa-tionen pr�gen. Demzufolge werden sich Akteure inHochkostensituationen st�rker an ihren Restriktio-nen orientieren und dementsprechend seltener ihrennormativen Vorstellungen Taten folgen lassen.

Diese Idee wurde insbesondere von Diekmann/Prei-send�rfer (1992, 2003) mit dem Begriff der Low-Cost Hypothese gepr�gt. �hnliche Ideen wurden je-doch auch schon fr�her, beispielsweise von North(1986) formuliert und schließlich kann man dieLow-Cost Hypothese als spezielle Variante desNachfragegesetzes der Neoklassik interpretieren.Genauer nimmt die Low-Cost Hypothese einen In-teraktionseffekt derart an, dass der Effekt der Zu-

stimmung zu einer sozialen Norm auf das entspre-chende normkonforme Verhalten mit steigendenKosten des Verhaltens abnimmt. Abbildung 1 vi-sualisiert den behaupteten Interaktionseffekt derLow-Cost Hypothese. Hierbei illustriert die ersteX- und Y-Achsenbeschriftung (1) den Low-CostEffekt f�r kollektive G�ter erster Ordnung.

Die Low-Cost Hypothese wurde in mehreren Studi-en zu kollektiven G�tern erster Ordnung empirischbest�tigt. So wurde gezeigt, dass Akteure umso we-niger ihre Umwelteinstellungen in umweltgerechtesVerhalten umsetzen, je h�her die Kosten f�r diesesVerhalten sind (vgl. Diekmann/Preisend�rfer 1992,1998a, 1998b, 2003). Aus diesen Studien l�sst sichsomit die Vermutung ableiten, dass soziale Normeninsbesondere dann in entsprechendes Verhalten um-gesetzt werden, wenn die Kosten hierf�r niedrigsind.

Bislang existieren jedoch keine empirischen Feld-studien, welche einen Low-Cost Effekt f�r kollekti-ve G�ter zweiter Ordnung zeigen. Erst eine sorgf�l-tige Analyse von Kosteneffekten auf dieser zweitenEbene erlaubt die Schlussfolgerung, Normen w�r-den nur bei geringen Kosten eingehalten. Alltags-

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Abb. 1 Low-Cost Hypothese f�r kollektive G�ter erster und zweiter Ordnung

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beobachtungen liefern erste anekdotische Evidenzf�r die Wirksamkeit der Low-Cost Hypothese beikollektiven G�tern zweiter Ordnung. Ein Beispielhierf�r ist der Aufruf zum Boykott gegen den ShellKonzern im Jahre 1995: Schlicht mit dem Auto beieiner anderen Tankstelle f�r das Tanken zu halten,ist eine relativ g�nstige Maßnahme, um zu dem kol-lektiven Gut zweiter Ordnung beizutragen, Shellf�r umweltsch�dliches Verhalten zu sanktionieren.Dementsprechend haben die damaligen Appellegroße Wirkung gezeigt. In Laborexperimentenkonnten diese anekdotischen Evidenzen best�tigtwerden. So konnten Fehr/G�chter (2000, 2002) zei-gen, dass ein großer Teil von Akteuren bereit ist, al-truistisch f�r die Kosten von Sanktionen aufzukom-men. Die Daten zeigen weiterhin, dass solcheBereitschaft Kooperationsraten in Gruppen deut-lich erh�ht. Somit sind Sanktionen tats�chlich einzentraler Mechanismus, um kollektive G�ter ersterOrdnung herzustellen. Jedoch handelt es sich beisolchen Laborstudien meist um Niedrigkostensitua-tionen.5 Aufgrund der von uns erwarteten Sensitivi-t�t der Akteure gegen�ber den Kosten sind inHochkostensituationen im Feld andere Befunde zuerwarten (vgl. List/Levitt 2007).

Die Low-Cost Hypothese f�r kollektive G�ter zwei-ter Ordnung l�sst sich analog zu der Low-Cost Hy-pothese f�r kollektive G�ter erster Ordnung formu-lieren. Jedoch geht es nicht um den Zusammenhangzwischen einer Kooperationsnorm und direktemkooperativen Verhalten, sondern um den Zusam-menhang zwischen einer Kontroll- oder Sanktions-norm und ausge�bten Kontrollen oder Sanktionengegen�ber Akteuren, die sich nicht-kooperativverhalten haben. Da Kontrollen und Sanktionenkostenintensiv sind, wird weiterhin mit Hilfe derweiten Version der Rational-Choice Theorie argu-mentiert, dass Kontroll- und Sanktionsnormen ei-nen intrinsischen Nutzen bei Akteuren ausl�sen,

nicht-kooperative Akteure zu kontrollieren und zusanktionieren. Gem�ß der Low-Cost Hypothesenehmen wir zudem an, es bestehe ein Interaktions-effekt derart, dass die Korrelation zwischen der Zu-stimmung zu einer Kontroll- bzw. Sanktionsnormund dem entsprechenden Kontroll- bzw. Sanktions-verhalten abnimmt, je h�her die Kosten f�r das je-weilige Verhalten werden. Abbildung 1 visualisiertdiese Idee, wobei die zweite X- und Y-Achsen-beschriftung (2) den Low-Cost Effekt f�r kollektiveG�ter zweiter Ordnung beschreibt.

Unser empirischer Beitrag zur Low-Cost Hypothesef�r kollektive G�ter zweiter Ordnung ist zentral f�rdas Verst�ndnis der Bereitstellung kollektiver G�tererster Ordnung. Wenn sich bei kollektiven G�ternzweiter Ordnung kein Kosteneffekt im Sinne derLow-Cost Hypothese zeigen ließe, h�tte dies wie-derum Folgen f�r die Bereitstellung von kollektivenG�tern erster Ordnung: Es w�re glaubhaft, dassselbst hohe Kosten andere nicht daran hinderten,soziale Kontrollen und Strafen durchzuf�hren. F�rdie Generierung einer gesamtgesellschaftlich hohenKooperationsrate w�rde schon ein relativ geringerAnteil an Akteuren ausreichen, der unabh�ngig vonden Kosten bereit w�re, Kontrollen und Strafendurchzuf�hren (vgl. f�r eine �hnliche Argumenta-tion Fehr/Gintis 2007: 49ff.). Durch diese von Kos-ten nicht zu beeinflussenden Altruisten w�rdenselbst rationale Egoisten dazu motiviert, kollektiveG�ter erster Ordnung zu produzieren, da sie an-sonsten mit Kontrollen und Strafen zu rechnen h�t-ten. Auf diese Weise w�rde ein Ausbleiben einesLow-Cost Effektes auf der zweiten Ebene einen vor-handenen Low-Cost Effekt auf der ersten Ebene„aushebeln“.

F�r einen empirischen Test schlagen wir vor, kollek-tive G�ter zweiter Ordnung zu unterteilen nach (a)der Bereitschaft, Kontrollen durchzuf�hren, (b) derBereitschaft, Kontrollen an sich zu dulden und (c)der Bereitschaft, diejenigen Akteure, die sozialeNormen nicht befolgt haben, zu sanktionieren. Inunserem empirischen Teil analysieren wir insbeson-dere die Duldung sozialer Kontrollen (b). Wir be-trachten als kollektives Gut erster Ordnung dieHerstellung von Sicherheit in Nachbarschaften.Das kollektive Gut zweiter Ordnung besteht darin,soziale Kontrollen auszuf�hren oder an sich selbstzu dulden. Dass die pers�nliche Erduldung sozialerKontrollen Kosten mit sich bringt, ist unmittelbareinsichtig. Es entstehen unangenehme Gef�hle derScham, das Gef�hl, unter Beobachtung zu stehensowie das Gef�hl, eingeschr�nkt, unfrei und aus-geliefert zu sein.

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5 Wir gehen davon aus, dass experimentelle Laborstudienin erster Linie als Theorietests f�r Niedrigkostensituatio-nen zu verstehen sind, da in diesen Laborstudien Geld-betr�ge eingesetzt werden, die in etwa ein bis f�nf studen-tischen Stundenl�hnen entsprechen. Dagegen scheinenempirische Feldstudien besser geeignet, das Verhalten derAkteure in Hochkostensituationen zu untersuchen. Jedochsei angemerkt, dass es einige Laborstudien gibt, in denenerhebliche Gewinne – teilweise bis zu einem Monatslohn– ausbezahlt wurden und die Kooperationsraten erstaun-lich stabil blieben (vgl. Cameron 1999, Diekmann 2003;f�r eine �bersicht siehe Camerer/Hogarth 1999). Jedochgibt es auch hierzu kritische Laborstudien zu der Wirkungfinanzieller Anreize auf Kooperationsraten, die eher dieLow-Cost Hypothese best�tigen (vgl. Cherry et al. 2002).

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F�r einen Test der Low-Cost Hypothese ben�tigenwir mehrere Variablen. Die Hypothese behaupteteinen Interaktionseffekt derart, dass der Einfluss ei-ner Norm auf entsprechende Verhaltensweisen vonden Kosten abh�ngt, welche die jeweilige Verhal-tensweise mit sich bringt. Somit spezifizieren wirdas Konzept der Kontrollnorm als Ausmaß der Zu-stimmung zu sozialen Kontrollen in Nachbarschaf-ten. Unsere beobachtete Verhaltensweise ist die Be-reitschaft, soziale Kontrollen zu erdulden. DieseBereitschaft zur Duldung von Kontrollen bezeich-nen wir im Folgenden als Kontrollduldung.6 Imzweiten Teil unserer empirischen Analyse testen wirdie G�ltigkeit der Low-Cost Hypothese bei kollek-tiven G�tern zweiter Ordnung anhand weiterer so-ziologischer Einstellungskonstrukte. Wir unter-suchen, inwiefern Kriminalit�tsfurcht nur dann zueiner st�rkeren Duldung sozialer Kontrollen f�hrt,wenn diese Duldungen relativ kosteng�nstig sind.Schließlich untersuchen wir, inwiefern autorit�reAkteure bei der Duldung von Kontrollen sensitivauf Kosten reagieren.7

3. Datenbasis und Operationalisierung

Wir verwenden f�r unsere empirische Analyse Da-ten einer postalischen Befragung zu Kriminalit�t,die 2001 in Leipzig durchgef�hrt wurde. Unter an-derem wurden Viktimisierungserfahrungen, Krimi-nalit�tsfurcht, Straf- und Kontrollverlangen abge-fragt. Hierzu wurde eine Zufallsstichprobe von2000 Personen aus dem Einwohnermelderegistergezogen, die zwischen 18 und 70 Jahren alt waren.Von den 2000 versendeten Frageb�gen wurden 631

ausgef�llte Frageb�gen zur�ckgesandt, so dass eineAussch�pfung von 32% erzielt wurde.

Das Konstrukt „Bef�rwortung der Norm zur nach-barschaftlichen Kontrolle“, kurz: Kontrollnorm,wurde mit 4 Items gemessen. F�r jedes Item konntejeweils auf einer 5-stufigen Antwortskala der Zu-stimmungsgrad zu nachbarschaftlichen Kontrollenangegeben werden. Nach der Datenerhebung lagf�r jeden Befragten f�r jedes Item ein Zahlenwertvor. Es erfolgte eine Itemanalyse und eine Zusam-menfassung der 4 Items zu einer Faktorskala. DerSkalenwert jedes Befragten berechnet sich aus dermit den Faktorenladungen der einzelnen Items ge-wichteten Summe der Einsch�tzungen der einzelnenItems. Die Sch�tzung der Faktorgewichte erfolgteanhand der Regressionsmethode. Hierbei gehenItems mit h�heren Faktorenladungen mit einem h�-heren Gewicht in die Gesamtskala ein.8 Es zeigtsich, dass die Skala ausreichend reliabel ist: Cron-bachs Alpha liegt bei 0,62. Weiterhin ist die Skalaausreichend valide in der Weise, dass eine Faktoren-analyse mit Hauptachsenverfahren unter Anwen-dung des Kaiserkriteriums die Items auf einen Fak-tor reduziert. Die Items zeigen auf diesem FaktorFaktorenladungen zwischen 0,36 und 0,77. Tabelle1 bildet den Wortlaut und die Verteilungen der 4Items ab:

Bei den ersten 3 Items l�sst sich beobachten, dassviele Akteure eine Zustimmung zur Kontrollnorm�ußern. So w�rden 58% der Befragten mehr nach-barschaftliche Kontrollen in ihrer Wohngegend be-gr�ßen. 55% der Befragten glauben, dass wenigerVerbrechen stattfinden w�rden, wenn sich die B�r-

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6 Da wir kein Verhaltensexperiment, sondern Umfrage-daten analysieren, setzen wir Angaben zur Bereitschaftgleich mit Handlungen bzw. vermuten zumindest einestarke (unbeobachtete), nicht systematisch verzerrte Kor-relation. Ein weiterer Vorteil der Verwendung von Umfra-gedaten liegt darin begr�ndet, dass unsere Analysen mitbisherigen Low-Cost Analysen zu kollektiven G�tern ers-ter Ordnung aus der Umweltsoziologie vergleichbar sind.Dort wird ebenso selbstberichtetes Verhalten anstatt beob-achtetes Verhalten analysiert.7 Die Low-Cost Hypothese f�r Kriminalit�tsfurcht bzw.Autoritarismus postuliert den gleichen funktionalen Zu-sammenhang wie in Abbildung 1 abgebildet, jedoch mitunterschiedlichen Variablen. W�hrend die zweite X-Achseidentisch zu Abbildung 1 w�re, unterschiede sich dieY-Achse folgendermaßen: Bei Kriminalit�tsfurcht lautetedie Beschriftung: „(2) Effekt der Kriminalit�tsfurcht aufKontroll- bzw. Sanktionsverhalten“. Bei Autoritarismuslautete die Beschriftung: „(2) Effekt des Autoritarismusauf Kontroll- bzw. Sanktionsverhalten“.

8 Die Regressionsmethode ist eine von drei Methoden, dieFaktorbetagewichte aus einer Faktoranalyse mit Haupt-achsenverfahren zu bestimmen und damit den unter-schiedlichen Einfluss der jeweiligen Items in der Skala zuermitteln. W�hrend das Hauptkomponentenverfahrenkeine Fehlerterme der Items annimmt, ber�cksichtigt dasHauptachsenverfahren Messfehler. Diese Messfehler f�h-ren dazu, dass wir keine exakten Faktorenbetagewichteund Faktorenwerte berechnen k�nnen. Die Gewichte las-sen sich mit Hilfe der Regressions-, Bartlett- oder Ander-son-Rubin Methode sch�tzen. Wir haben uns f�r die Re-gressionsmethode entschieden. Die Regressionsmethodeverwendet eine Kleinste-Quadrate-Sch�tzung. Hierbeiwird die Summe der quadrierten Fehlerterme der Fak-torenbetagewichte minimiert. Die Bartlett-Methode ver-wendet eine gewichtete Kleinste-Quadrate-Sch�tzung unddie Anderson-Rubin Methode verwendet eine gewichteteKleinste-Quadrate-Sch�tzung unter der Restriktion, dassdie zu ermittelnden Skalen orthogonal sind. F�r eine aus-f�hrlichere Darstellung der Konstruktion von Faktorska-len siehe insbesondere Arminger (1979: 116) und Langer(im Erscheinen).

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ger mehr gegen Kriminalit�t organisieren w�rden,und 41% bef�rworten einen h�heren Beitrag vonprivatem Wachschutz zur Kriminalit�tsvorbeugung.Zu dem vierten, sehr rigiden Item, das eine Infor-mierung der B�rger �ber Vorbestrafte in der eige-nen Wohngegend fordert, �ußern sich dagegen nur19% der Akteure zustimmend.

Kontrollduldung wird definiert als „Bereitschaft,sich sozialen Kontrollen zu beugen und die damitverbundenen Kosten zu erdulden“. Wir messen 3verschiedene Arten von Kontrollduldung mit je-weils einem dichotomen Item. Hierbei konnten dieBefragten angeben, ob sie bereit sind, eine spezi-fische Kontrolle an sich selbst zu erdulden. Tabelle2 bildet den Wortlaut und die Verteilungen der 3dichotomen Items ab:

Wir messen die Kosten der jeweiligen Kontrolldul-dung mit der durchschnittlichen Ablehnung, dieKontrolle an sich selbst zu erdulden. Dieses Vor-gehen wurde bei bisherigen Tests der Low-Cost

Hypothese angewendet und erlaubt somit eine guteVergleichbarkeit unserer Ergebnisse mit fr�herenStudien (Diekmann/Preisend�rfer 1992, 1998a,2003). So verwendeten beispielsweise Diekmann/Preisend�rfer (2003) ein identisches Verfahren zurKostenmessung. Diese Form der Kostenmessungbasiert auf folgender ungetesteter Annahme: Je un-angenehmer und damit kostenintensiver das Erdul-den einer bestimmten Kontrollhandlung ist, destoseltener wird ihr zugestimmt. Unseren empirischenBefunden aus Tabelle 2 folgend ist es somit am kos-tenintensivsten, sich eine begrenzte Zeit festhaltenzu lassen (89% Ablehnung). Sich die Taschen kon-trollieren zu lassen, liegt in der Mitte (75% Ableh-nung). Es bringt am wenigsten Kosten mit sich, sichden Ausweis nach 20 :00 Uhr kontrollieren zu las-sen (40% Ablehnung).

Um die Low Cost Hypothese zu testen, verwendenwir zwei Teststrategien, die im Folgenden nach-einander vorgestellt und besprochen werden. Die

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Tabelle 1 Bef�rwortung der Norm zur nachbarschaftlichen Kontrolle (Kontrollnorm)

Kontrollnorm – ;; 11 n

W�rden Sie es begr�ßen, wenn es in ihrer Wohngegend mehr nachbarschaftlicheKontrollen g�be?

15% 26% 58% 627

Wenn sich die B�rger eines Stadtteils mehr gemeinschaftlich gegen Kriminalit�torganisieren w�rden (z. B. in der „Aktion wachsamer Nachbar“), dann f�nden dortauch weniger Verbrechen statt.

12% 33% 55% 623

Wie hoch sollte Ihrer Meinung nach der Beitrag von privatemWachschutz zurKriminalit�tsvorbeugung bzw. Verminderung sein?

29% 31% 41% 613

Sollten Ihrer Meinung nach die Bewohner eines Wohngebietes informiert werden,wenn ein Vorbestrafter in das betreffende Wohngebiet zieht, um durch verst�rktegemeinschaftliche Kontrolle einer Wiederholungstat vorbeugen zu k�nnen?

58% 22% 19% 624

Anmerkung: Die Items besitzen in der urspr�nglichen Fassung 5-stufige Antwortskalen. Befragte konnten jeweils abgestuft ihre Zustim-mung bzw. Ablehnung zu den einzelnen Items angeben. Hierbei waren jeweils nur die Endpunkte der Antwortskalen gelabelt. Es wurdezwecks einer anschaulicheren Darstellung der Verteilung eine dreistufige Kategorisierung der Items durchgef�hrt: Das „–“ bedeutet v�l-lige Ablehnung oder Ablehnung, „;“ bedeutet Indifferenz und „1“ bedeutet Zustimmung oder v�llige Zustimmung. Das dritte Itemwurde aus einer eigenst�ndigen, weiteren Itembatterie entnommen. Ablesebeispiel (Item 1): 15% aller Befragten lehnen mehr nachbar-schaftliche Kontrollen in ihrer Wohngegend ab bzw. v�llig ab. 26% aller Befragten �ußern sich indifferent zu mehr nachbarschaftlichenKontrollen in ihrer Wohnumgebung. 58% aller Befragten stimmen mehr nachbarschaftlichen Kontrollen in ihrer Wohngegend zu bzw.v�llig zu. Die rechte Spalte gibt die g�ltigen Antworten zu den Items wieder (bei einer Gesamtfallzahl von 631).

Tabelle 2 Bereitschaft zur Duldung von Kontrollen (Kontrollduldung)

Kontrollduldung – 11 n

W�ren Sie auch bereit, im Rahmen nachbarschaftlicher Initiativen zur Vorbeugung vonKriminalit�t, sich in den folgenden Situationen zu f�gen?

Ihren Ausweis nach 20:00 kontrollieren zu lassen 40% 60% 624

Ihre Taschen kontrollieren zu lassen 75% 25% 623

Sich f�r eine begrenzte Zeit festhalten zu lassen 89% 11% 618

Anmerkung: Die Items besitzen dichotome Antwortskalen mit den Auspr�gungen nein (–) und ja (1). Ablesebeispiel (Item 1): 40% allerBefragten sind nicht bereit, ihren Ausweis nach 20:00 Uhr kontrollieren zu lassen. 60% aller Befragten sind bereit, ihren Ausweis nach20:00 Uhr kontrollieren zu lassen. Die rechte Spalte gibt die g�ltigen Antworten zu den Items wieder (bei einer Gesamtfallzahl von 631).

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erste Teststrategie folgt dem Vorgehen von Diek-mann/Preisend�rfer (2003): Es wird getestet, ob dieEffektst�rke der Kontrollnorm auf die Kontrolldul-dung abnimmt, je mehr Kosten die jeweilige Kon-trollduldung mit sich bringt. Die zweite Teststra-tegie untersucht unabh�ngig von Normen dieWirkung anderer Einstellungen auf die Duldung so-zialer Kontrollen. Hierbei verwenden wir Einstel-lungen, die ein unterschiedliches Interesse an derDurchsetzung sozialer Kontrollen erkl�ren. Wirverwenden die Variablen „Kriminalit�tsfurcht“ und„Autoritarismus“ und zeigen, dass der Effekt dieserVariablen auf die Kontrollduldung ebenfalls umsogeringer wird, je h�her die Kosten der Kontrolldul-dung ausfallen. Die Anwendung von zwei Teststra-tegien st�rkt die Robustheit unserer Befunde.

4. Empirischer Test der Low-Cost Hypotheseanhand der Duldung sozialer Kontrolle

4.1 Diskrepanzen zwischen Bef�rwortung undDuldung sozialer Kontrolle

Bei der ersten Teststrategie wird die Low-Cost Hy-pothese direkt getestet. Wir formulieren folgendeHypothese:

Hypothese 1: Mit steigenden Kosten der zu dulden-den Kontrollen wird der Zusammenhang zwischenZustimmung zu Kontrollen und Duldung von Kon-trollen schw�cher.

Da wir die Kosten indirekt �ber die durchschnitt-liche Ablehnung einer bestimmten Kontrolle mes-sen, sch�tzen wir f�r einen Test von Hypothese 1f�r jede Kontrollform ein separates Regressions-modell und vergleichen anschließend die Effektst�r-ken zwischen Kontrollnorm und Kontrollduldung.Wir untersuchen, ob der Effekt zwischen Zustim-mung zu Kontrollen und der Bereitschaft, seinenAusweis kontrollieren zu lassen st�rker ist als derEffekt zwischen der Zustimmung zu Kontrollenund der Bereitschaft, seine Taschen kontrollieren zulassen. Dieser Effekt sollte wiederum st�rker seinals der Effekt zwischen der Zustimmung zu Kon-trollen und der Bereitschaft, sich eine begrenzteZeit festhalten zu lassen. Hierzu verwenden wir im-mer die Variable Kontrollnorm als einzige unab-h�ngige Variable. Die jeweiligen drei abh�ngigenVariablen der Duldung einer bestimmten Kontrollesind dichotom: Entweder wird eine bestimmte Kon-trolle geduldet oder nicht. Wir sch�tzen drei logis-tische Regressionen. Jede logistische Regressionsch�tzt dabei den Zusammenhang zwischen derKontrollnorm und der Bereitschaft zur Duldung je-

weils einer bestimmten Kontrollform. Wir visuali-sieren und vergleichen die Zusammenh�nge zwi-schen Zustimmung zu Kontrollen und Duldung vonKontrollen mit Hilfe von Probability Plots. Zudemberichten wir analog zur Vorgehensweise von Diek-mann/Preisend�rfer (1992, 1998a, 2003) die Logit-Koeffizienten der drei logistischen Regressionen.Die Logit-Koeffizienten sollten bei dem Modell zuden Kontrollen mit den geringsten Kosten amh�chsten sein und entsprechend geringer werdenf�r die beiden Modelle mit den h�heren Kosten derzu duldenden Kontrollen.9

Bei der Darstellung mit Probability Plots wird di-rekt die gesch�tzte Wahrscheinlichkeit, eine be-stimmte Kontrolle zu dulden, abgetragen gegen dieallgemeine Zustimmung zu Kontrollen. Um mit die-sem Verfahren die Low-Cost Hypothese zu testen,vergleichen wir die konditionalen Anstiege der dreiWahrscheinlichkeitskurven f�r jeweils drei unter-schiedlich kostenintensive Kontrollen. Der Anstiegder Wahrscheinlichkeit, Ausweiskontrollen zu dul-den, sollte gr�ßer sein als der Anstieg der Wahr-scheinlichkeit, Taschenkontrollen zu dulden, wel-cher wiederum gr�ßer sein sollte als der Anstieg derWahrscheinlichkeit, sich zeitlich begrenzt festhaltenzu lassen.10 Die Ergebnisse der drei logistischen Re-

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9 In der Literatur werden h�ufig 3 M�glichkeiten unter-schieden, die Ergebnisse aus ein und demselben logisti-schen Regressionsmodell darzustellen. Diese 3 M�glich-keiten lassen sich mathematisch ineinander �berf�hren,erzeugen jedoch einen jeweils anderen Eindruck der Effek-te. Erstens lassen sich Logit-Koeffizienten berechnen undmiteinander vergleichen, die jedoch den Nachteil haben,dass sie intuitiv nur schwer verst�ndlich sind. Zweitenslassen sich Odds Ratios berechnen und miteinander ver-gleichen. Doch sind Odds Ratios stark abh�ngig von dembetrachteten Wahrscheinlichkeitsintervall. So zeigt eineChancenver�nderung von eins zu zehntausend auf eins zutausend einen Odds Ratio von 10 an, mag jedoch inhalt-lich kaum relevant sein, da es sich immer noch um sehr ge-ringe Wahrscheinlichkeiten handelt: „Consequently, wheninterpreting a factor change in odds, it is essential to knowwhat the current level of the odds is“ (Long 1997: 82).Drittens lassen sich Wahrscheinlichkeitsver�nderungenmit Probability Plots graphisch darstellen. Die Vorteile ge-gen�ber den ersten beiden M�glichkeiten liegen in der in-tuitiv einfacheren Interpretation mit Wahrscheinlichkeitenund in der Abbildung des gesamten nichtlinearen Funk-tionsverlaufes der einzelnen logistischen Regressionskur-ven. Zudem wird eine zentrale Eigenschaft des logisti-schen Regressionsmodells mit dieser Darstellungsformsofort erkennbar, n�mlich die aus der nicht-linearen Struk-tur zwingend folgende Nicht-Konstanz der Effektst�rken.Der Nachteil von Probability Plots ist, dass auf eine ein-fache und zusammenfassende Maßzahl verzichtet wird.10 Analog zur Vorgehensweise von Diekmann/Preisend�r-

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gressionen wurden in Probability Plots �bertragenund sind gemeinsam in der Abbildung 2 dargestellt.

Jede der drei dargestellten Kurven zeigt das Ergeb-nis einer logistischen Regression zwischen der Kon-trollnorm und der Bereitschaft, jeweils eine der dreiKontrollhandlungen zu dulden. Hierbei geben diedrei dargestellten Probability Plots in Abbildung 2direkt f�r die jeweiligen Auspr�gungen der Kon-trollnorm auf der X-Achse die gesch�tzte Wahr-scheinlichkeit auf der Y-Achse an, die jeweiligenKontrollhandlung an sich zu dulden. Der Wert 1

f�r die abh�ngige Variable auf der Y-Achse bedeu-tet, die jeweilige Kontrollhandlung an sich zu dul-den, der Wert 0 bedeutet, die jeweilige Handlungnicht an sich zu dulden. Da die unabh�ngige Vari-able Kontrollnorm z-standardisiert wurde, kann derWert 0 als Mittelwert f�r die Population betrachtetwerden. Die X-Achse gibt somit die Auspr�gungder Kontrollnorm in Standardabweichungen vomMittelwert an. Der Bereich +2 bis –2 umfasst denBereich, in dem ungef�hr 95% der F�lle liegen,falls die Variable normalverteilt ist.11 Man kann so-mit sagen, dass Werte �ber +2 auf der VariableKontrollnorm solche Personen erfassen, die sozia-len Kontrollen in Nachbarschaften sehr stark zu-stimmen, w�hrend Werte unter -2 solche Personen

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Abb. 2 Probability Plots zu Kontrollnorm und Kontrollduldungen

fer (2003) verzichten wir auf die Hinzunahme zus�tzlicherKontrollvariablen in unsere logistischen Regressions-modelle. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass unse-re Ergebnisse mit fr�heren Studien zur Low-Cost Hypo-these vergleichbar sind, die ebenfalls bivariate logistischeRegressionsmodelle sch�tzen (vgl. Diekmann/Preisend�r-fer 1992, 1998, 2003). Die hinter dieser Vorgehensweisestehende Annahme lautet, dass m�gliche Kontrollvaria-blen in den Modellen identisch sind und sich nicht auf dieinteressierenden Unterschiede zwischen den Wahrschein-lichkeitskurven bzw. Logit-Koeffizienten auswirken.

11 Auf einen Signifikanztest auf Normalverteilung wurdeanhand der relativ großen Fallzahl von �ber 600 F�llenverzichtet, da in diesem Fall solche Tests meist signifikanteAbweichungen anzeigen. Es konnte jedoch mit graphi-schen Methoden eines Histogramms und eines univariatenKerndichtesch�tzers eine ann�hernde Normalverteilunggezeigt werden.

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erfassen, die soziale Kontrollen in Nachbarschaftensehr stark ablehnen.

Es ist deutlich erkennbar, dass die Zustimmung zurKontrollnorm erheblich st�rker mit der Duldungderjenigen Kontrollhandlungen zusammenh�ngt,die mit geringeren Kosten verbunden sind. Dies istersichtlich anhand der unterschiedlichen Steigungender drei Kurven. Der Abstand der drei Kurven zuei-nander vergr�ßert sich mit zunehmenden Wertender unabh�ngigen Variablen. Betrachten wir zuerstPersonen, deren Zustimmung zur Kontrollnorm –2Standardabweichungen vom Mittelwert entferntliegt. Hier geht es um Personen, die soziale Kontrol-len in Nachbarschaften stark ablehnen: Die Wahr-scheinlichkeit, die vergleichsweise billige Kontroll-handlung zu dulden, seinen Ausweis nach 20:00Uhr kontrollieren zu lassen, liegt bei 25%. DieWahrscheinlichkeit, die teuerste Kontrollhandlungan sich zu dulden (sich f�r eine begrenzte Zeit fest-halten zu lassen), liegt bei 4%. Schließlich liegt dieWahrscheinlichkeit, eine Taschenkontrolle bei sichzu dulden, zwischen diesen beiden Werten. Betrach-tet wir nun Personen mit einer Zustimmung zurKontrollnorm von +2 Standardabweichungen ober-halb des Mittelwerts, also Personen, die sozialeKontrollen in Nachbarschaften stark bef�rworten:Wir bestimmen nun f�r diese Personengruppe jedeWahrscheinlichkeit einzeln, eine bestimmte Kon-trollhandlung zu dulden. Die Wahrscheinlichkeit,die vergleichsweise billige Kontrollhandlung zu dul-den, seinen Ausweis nach 20:00 Uhr kontrollierenzu lassen, liegt bei 89%. Die Wahrscheinlichkeit,die teurere Kontrollhandlung der Taschenkontrollezu dulden, liegt bei 58%. Schließlich liegt dieWahrscheinlichkeit, die teuerste Kontrollhandlungzu dulden (sich f�r eine begrenzte Zeit festhalten zulassen) bei 26%.12 Wir sehen, dass die Spannweiteder Wahrscheinlichkeiten der Duldung sozialer Kon-trollmaßnahmen f�r Akteure mit geringer Zustim-mung zu sozialer Kontrolle erheblich geringer istals f�r Akteure mit hoher Zustimmung zu sozialerKontrolle.13

Zu einer identischen Schlussfolgerung f�hrt auchein Vergleich der drei Logit-Koeffizienten, wennauch diese Koeffizienten weniger informativ sindals die Abbildungen (vgl. Fußnote 9): Der Logit-Koeffizient zwischen der Zustimmung zur Kontroll-norm und der Duldung von Ausweiskontrollen liegtbei 0,79, zwischen Kontrollnorm und Taschenkon-trolle bei 0,77 und zwischen Kontrollnorm und derBereitschaft, sich festhalten zu lassen, bei 0,55. So-mit nimmt die Gr�ße der durchschnittlichen Effekt-st�rken mit steigenden Kosten f�r die Duldung derjeweiligen Kontrollhandlung ab. Alle Logit-Koeffi-zienten sind auf dem 1%-Niveau signifikant vonNull verschieden.

Inwiefern lassen sich nun die Unterschiede der Effekt-st�rken inferenzstatistisch bekr�ftigen? Es f�llt leicht,einen statistischen Test f�r die Differenz des Effektsunabh�ngiger Variablen auf die gleiche abh�ngigeVariable innerhalb des gleichen Regressionsmodellsdurchzuf�hren. Beispielsweise w�re der Wald-Testf�r ein solches Vorhaben geeignet (vgl. Liao 2004).Da wir jedoch die Effektst�rken der gleichen Variable(in diesem Falle Kontrollnorm) auf jeweils drei unter-schiedliche abh�ngige Variablen innerhalb separaterRegressionsmodelle vergleichen, f�llt die Durchf�h-rung eines formal korrekten Signifikanztests schonschwieriger. Diese Schwierigkeiten m�gen auch Diek-mann/Preisend�rfer (2003) dazu veranlasst haben,keine Signifikanztests durchzuf�hren. Wir schlagenim Folgenden zwei Verfahren vor:

In dem ersten Verfahren sch�tzen wir f�r jedes lo-gistische Regressionsmodell die 95%-Konfidenzfl�-chen und pr�fen, inwiefern sich der Abstand derdrei 95%-Konfidenzfl�chen um die Wahrschein-lichkeitsverl�ufe der drei Kurven in den ProbabilityPlots vergr�ßert. Hierzu haben wir die 95%-Kon-fidenzfl�chen mit Hilfe des Stata Ado-Pakets Spost(vgl. Long/Freese 2001) gesch�tzt und in der glei-chen Abbildung grau hervorgehoben. Wir sehen,dass sich die Konfidenzfl�chen bei Akteuren, dieder Kontrollnorm mit einem Z-Wert unter –2 nurgering zustimmen, beim High- und Middle-CostItem �berlappen und beim Low-Cost Item nahezu

Heiko Rauhut und Ivar Krumpal: Die Durchsetzung sozialer Normen in Low-Cost und High-Cost Situationen 391

12 Die angegebenen Wahrscheinlichkeiten lassen sich di-rekt aus den Logit-Koeffizienten berechnen.13 F�r Akteure mit geringer Zustimmung zu sozialer Kon-trolle (–2 Standardabweichungen unterhalb des Mittel-wertes) betr�gt die Spannweite 25%–4% = 21%, f�rAkteure mit hoher Zustimmung zu sozialer Kontrolle (+2Standardabweichungen oberhalb des Mittelwertes) be-tr�gt die Spannweite 89%–26% = 63%. Die Wahr-scheinlichkeitsdifferenz zwischen den beiden �ußeren Kur-ven ist somit entlang dieses Intervalls um ein dreifachesgestiegen. Die Differenz zwischen den Spannweiten be-tr�gt: 63%–21% = 42%. Diese Differenz l�sst sich als

Low-Cost Effekt interpretieren – konditional f�r das Inter-vall der X-Achse, welches betrachtet wird. Das bedeutet,dass die Wahrscheinlichkeit einer Kontrollduldung (im be-trachteten Intervall –2 bis +2 auf der X-Achse) in derLow-Cost Situation um 42% st�rker ansteigt als in derHigh-Cost Situation. Dies bedeutet gleichermaßen, dassdie Effektst�rken zwischen der Zustimmung zur Kontroll-norm auf die Duldung einer spezifischen Kontrollhand-lung gr�ßer werden, je geringer die Kosten f�r die jeweili-gen Kontrollduldungen sind.

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�berlappen. Folglich unterscheiden sich die 3 Funk-tionen in den unteren Wertebereichen der X-Achsenicht signifikant voneinander. Bei mittlerer Zustim-mung zur Kontrollnorm mit einem Z-Wert von 0liegen dagegen die Konfidenzfl�chen weit auseinan-der und fallen auch nicht mehr zusammen mit stei-gender Zustimmung zur Kontrollnorm mit Z-Wer-ten nahe +2. Dies ist ein Beleg daf�r, dass sich die 3Funktionen in den mittleren und oberen Werte-bereichen der X-Achse signifikant voneinander un-terscheiden. Da es sich bei logistischen Regressio-nen um nicht-lineare Wahrscheinlichkeitsmodellehandelt, bei denen die Funktionssteigungen mit denX-Werten variieren, ist die Berechnung von Kon-fidenzfl�chen gegen�ber der Berechnung eines for-malen Signifikanztests von Vorteil, da hier dieM�glichkeit besteht, die statistische Signifikanz f�rbeliebige Wertebereiche der X-Achse anzugeben.

Wir verwenden als zweites Verfahren f�r die Berech-nung von Signifikanztests die Bootstrap-Methode.Bei der Bootstrap-Methode werden wiederholt ausder vorhandenen Stichprobe Teilstichproben mitZur�cklegen gezogen. Eine h�ufige Anwendung desBootstrap-Ansatzes sch�tzt in allen Teilstichprobendas interessierende Regressionsmodell und berech-net mittels der Verteilung der Regressionsko-effizienten die Standardfehler. Der Vorteil vomBootstrappen ist, dass auf Verteilungsannahmenverzichtet werden kann. Wir machen uns die Boots-trap-Methode zu Nutze, um sie in einer speziellenVariante auf unser Problem anzuwenden. Diese Va-riante nennt sich Empirical Strength Probability(ESP) (vgl. Liu/Singh 1997, Davison et al. 2003:151f.). Die ESP gibt den Anteil der gezogenen Teil-stichproben an, in denen die Bedingung der Null-hypothese zutrifft. Die ESP verh�lt sich wie einklassischer p-Wert und kann analog interpretiertwerden. Die Unterschiede zwischen ESP- undp-Werten gehen gegen Null, wenn die Stichproben-gr�ße gegen Unendlich geht. Davison et al. (2003:151f.) zeigen, dass das Verfahren bereits f�r Stich-probengr�ßen von n=100 robust ist, so dass wir dasVerfahren problemlos bei unserer Stichprobe von�ber 600 F�llen anwenden k�nnen. Unsere Null-hypothese bez�glich der Relation der drei Logit-Koeffizienten stellt, genau umgekehrt zu unserertheoretischen Vermutung, die Behauptung auf, dassder Effekt der Kontrollnorm auf die Kontrolldul-dung mit steigenden Kosten ebenfalls steigt odergleich bleibt: Koeffizient (Ausweiskontrollen) )Koeffizient (Taschenkontrollen) ) Koeffizient (fest-halten lassen). Wir berechnen dementsprechend injeder der gezogenen Teilstichroben jeweils die dreilogistischen Regressionen zwischen der Kontroll-

norm und (1) der Duldung von Ausweiskontrollen,(2) der Duldung von Taschenkontrollen und (3) derDuldung des Festhalten Lassens. Die Bedingung derNullhypothese tritt in 2,1% der 50.000 gezogenenTeilstichproben auf. Somit k�nnen wir die Null-hypothese auf dem 5%-Niveau verwerfen und zei-gen, dass der Low-Cost Effekt signifikant ist. Zu-s�tzlich haben wir mit dem Bootstrapverfahren diefolgenden simplifizierten Nullhypothesen getestet:(1) Koeffizient (Ausweiskontrollen) ) Koeffizient(Taschenkontrollen), p = 40,6%, (2) Koeffizient(Ausweiskontrollen) ) Koeffizient (festhalten las-sen), p = 7,6%, und (3) Koeffizient (Taschenkon-trollen) ) Koeffizient (festhalten lassen) p = 8,2%.Es wird deutlich, dass auch der paarweise Test zwi-schen dem High-Cost und dem Low-Cost Item bzw.zwischen dem High-Cost und dem Middle-CostItem auf dem 10%-Niveau signifikant ist.14 Tabelle4 listet die Ergebnisse der Bootstrap-Methode auf.

Zusammenfassend kann somit die Low-Cost Hypo-these mit der Teststrategie eins best�tigt werden: jeh�her die Kosten f�r eine bestimmte Kontrolldul-dung, desto schw�cher der Zusammenhang zwi-schen der Kontrollnorm und der Bereitschaft, dieKontrollhandlung zu dulden. Es kann also gezeigtwerden, dass die Durchsetzung von Normen eben-falls von den Kosten abh�ngt.15 Somit k�nnen auch

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14 Wir haben die Unterschiede der Logit-Koeffizientenebenso mit dem Verfahren der „Seemingly Unrelated Re-gression“ und der entsprechenden Stata ImplementationSuest getestet. Die Ergebnisse f�r die Relationen zwischennur zwei Koeffizienten sind vergleichbar mit den Ergebnis-sen des Bootstrap Verfahrens. Jedoch ist ein gerichteterTest f�r die Unterschiede zwischen allen drei Koeffizientenmit diesem Verfahren nicht m�glich. Es ist nur ein unge-richteter Test mit der Null-Hypothese m�glich, dass Koef-fizient(Ausweiskontrolle) = Koeffizient(Taschenkontrolle)= Koeffizient(Festhalten Lassen). Da wir aufgrund unsererTheorie eine Richtung vorhersagen k�nnen, dies jedochmit einem ungerichteten Test vernachl�ssigt wird, habenwir uns f�r das Bootstrap-Verfahren entschieden. Schließ-lich haben wir die Robustheit unserer Ergebnisse mit demVerfahren „Seemingly Unrelated Bivariate Probit“ und derzugeh�rigen Stata Implementation Biprobit erh�rtet. Diepaarweisen Tests f�r zwei Koeffizienten geben aufgrundder effizienteren Sch�tzung von Biprobit im Vergleich zuSuest geringere p-Werte aus, was jedoch mit st�rkeren An-nahmen des Verfahrens „erkauft“ ist. Das Verfahren birgtzus�tzlich den gleichen Nachteil wie Suest, dass der Unter-schied der drei Koeffizienten nicht mit einer gerichtetenHypothese getestet werden kann. Die zus�tzlichen Ergeb-nisse f�r Suest und biprobit, sowie der Stata-Code f�r dieBootstrap-Variante k�nnen auf Wunsch bei den Autorenangefordert werden.15 Ein denkbarer Einwand w�re, dass es sich bei den fest-gestellten statistischen Zusammenh�ngen zwischen der

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bei der Normdurchsetzung stark norm- und kon-trollorientierte Akteure von wenig norm- und kon-trollorientierten Akteuren nur bei Kontrollarten un-terschieden werden, die vergleichsweise g�nstigsind. Aufw�ndige Kontrollstrukturen w�ren somitkaum in informellen Netzwerken durchsetzbar.Weiterhin ist laut der ersten Teststrategie nicht zuvermuten, dass ein Ausbleiben eines Low-Cost Ef-fektes auf der zweiten Ebene einen vorhandenenLow-Cost Effekt auf erster Ebene „aushebelt“: Teu-re Kontrollen sind anscheinend keine glaubw�rdigeDrohung in informellen Netzwerken. Somit m�ssenGemeinschaften nach m�glichst kosteng�nstigeninformellen Kontroll- und Bestrafungsmechanis-men suchen, um die Produktion kollektiver G�terauf der ersten Ebene durchsetzen zu k�nnen.

4.2 Diskrepanzen zwischen Kriminalit�tsfurcht,Autoritarismus und der Duldung sozialerKontrolle

In der zweiten Teststrategie wird die Grundidee derersten Teststrategie ausgebaut und auf weitereEinstellungskonstrukte angewendet. Es ist anzuneh-

men, dass nicht nur soziale Normen auf Handelnwirken. Es gibt weitere Einstellungen, welche einunterschiedlich hohes Interesse an �ffentlicher Si-cherheit und damit an sozialer Kontrolle und ander Duldung von Kontrollhandlungen erkl�renk�nnen. F�r diesen Zweck wird zun�chst ein spar-sames theoretisches Modell zur Erkl�rung sozialerKontrolle skizziert. Daraufhin wird gepr�ft, inwie-fern die Wirkung dieser Einstellungen auf die Kon-trollduldung von deren Kosten abh�ngt. Die Low-Cost Hypothese kann best�tigt werden, wenn dieSt�rke der Zusammenh�nge zwischen diesen Ein-stellungen und der Duldung von Kontrollhandlun-gen bei steigenden Kosten der Kontrollduldung ab-nimmt.

Das folgende Modell zur Erkl�rung sozialer Kon-trolle hat sich in der empirischen Literatur gut be-w�hrt: Ein rationaler Akteur sollte dann eine starkeZustimmung zu sozialer Kontrolle zeigen, wenn erstarke Furcht vor Kriminalit�t hat. FurchtsamerenAkteuren nutzt ein st�rkeres Kontrollsystem mehrals weniger furchtsamen Akteuren. Dementspre-chend kann man annehmen: Je mehr Kriminalit�ts-furcht ein Akteur zeigt, desto mehr sozialen Kon-trollhandlungen wird er zustimmen (vgl. Braithwaite1989, Reuband 1992; zu Literatur�bersichten zuKriminalit�tsfurcht und deren Wirkungen vgl. Bil-sky et al. 1993, Wetzels et al. 1995, Schwind et al.2001, Kreuter 2002).16

Weiterhin besteht der gut replizierte Befund in derKriminologie, dass autorit�r eingestellte Personenst�rker dazu neigen, sozialen Kontrollen zuzustim-men als weniger autorit�r eingestellte Personen.Autorit�rere Personen werden soziale Kontrollenals konsonant zu ihrem Autoritarismus wahrneh-men, w�hrend weniger autorit�r gepr�gte Akteuredies eher als dissonant empfinden werden (vgl. zurDissonanztheorie insbesondere Festinger 1968).Wir testen folgende Hypothesen:

Hypothese 2: Mit steigenden Kosten der zu dulden-den Kontrollhandlung wird der Zusammenhangzwischen Kriminalit�tsfurcht und Kontrollduldungschw�cher.

Hypothese 3: Mit steigenden Kosten der zu dulden-den Kontrollhandlung wird der Zusammenhangzwischen Autoritarismus und Kontrollduldungschw�cher.

Heiko Rauhut und Ivar Krumpal: Die Durchsetzung sozialer Normen in Low-Cost und High-Cost Situationen 393

Einstellung (Kontrollnorm) und dem Verhalten (Kontroll-duldung) um Scheinkorrelationen handelt und man nurschwer zeigen k�nne, dass die Einstellung das Verhaltentats�chlich kausal beeinflusst. Denkbar w�re beispielswei-se eine Drittvariable Z, die sowohl Einstellungen wie auchVerhalten determiniert. Strenge kausale Tests sind jedochmit Umfragedaten aus einer Querschnittserhebung grund-s�tzlich nicht m�glich bzw. mit sehr starken, ungepr�ftenAnnahmen verbunden. Um Kausalit�t nachzuweisen, be-n�tigt man ein anderes Design wie ein randomisiertes Ex-periment oder eine andere Datenstruktur wie z. B. Panel-Daten (vgl. Winship/Morgan 1999 f�r eine Diskussion derSch�tzung kausaler Effekte sowie Rauhut 2008 f�r Labor-experimente zu sozialen Kontrollen). Da mit der vorlie-genden Datenstruktur kein echter Kausalit�tstest m�glichist, st�tzt sich unsere Argumentation auf die zugrundelie-gende allgemeine Theorie rationalen Handelns und aufdie wissenschaftstheoretischen Leitideen von Replikationund kumulativer Wissensvermehrung: „Have we identi-fied an empirical regularity that has some degree of inva-riance? (...) Generally replication and prediction of newresults provide a harsher and more useful validation re-gime than statistical testing of many models on one dataset“ (Freedman 1991: 306f.). Unsere Analyseergebnissereplizieren einerseits Befunde aus fr�heren Untersuchun-gen zur Low-Cost Hypothese (vgl. Diekmann/Preisend�r-fer 1992, 1998a, 2003), gehen jedoch einen Schritt weiter,da erstmalig in einer Feldstudie gezeigt wird, dass dieLow-Cost Hypothese auf kollektive G�ter zweiter Ord-nung �bertragbar ist. Dar�ber hinaus replizieren wir dieErgebnisse mit den Konstrukten Kriminalit�tsfurcht sowieAutoritarismus.

16 Die Annahme, wonach eine starke Furcht vor Krimina-lit�t eine h�here Zustimmung zu sozialen Kontrollen nachsich zieht, impliziert zudem, dass die individuellen Akteu-re glauben, soziale Kontrollen w�rden eine ad�quateM�glichkeit zur Reduzierung der Kriminalit�t bzw. Furchtdarstellen.

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Zur Operationalisierung von Kriminalit�tsfurchtverwenden wir im Wesentlichen den allgemeinenKriminalit�tsfurchtindikator.17 Skalen zur autorit�-ren Unterw�rfigkeit wurden urspr�nglich vonAdorno et al. (1995) entwickelt. Wir verwenden al-lerdings die von Schmidt et al. (1995) entwickelteKurz-Skala zu Autoritarismus. Die Items stammenaus der daraus konzipierten gr�ßeren Itembatterieder Neuen Allgemeinen Autoritarismus-Skala(NAAS) von Lederer/Schmidt (1995). Tabelle 3 gibtdie verwendeten Indikatoren f�r Kriminalit�ts-furcht und Autoritarismus wieder.18

Die Items zu Kriminalit�tsfurcht und Autoritarismuswurden analog zu dem in Abschnitt III beschriebe-nen Verfahren z-standardisiert und zu Faktorskalenzusammengefasst. Die verwendeten Skalen sind aus-reichend valide und reliabel: Die drei Items zu Kri-

minalit�tsfurcht k�nnen mit einer Faktorenanalysemit Hauptachsenverfahren unter Anwendung desKaiserkriteriums auf einen Faktor reduziert wer-den. Die Items weisen Ladungen zwischen 0,50 und0,76 auf und haben ein Cronbach’s Alpha von0,71. Die Items zu Autoritarismus k�nnen ebensomit Hauptachsenverfahren und Kaiserkriterium aufeine Dimension reduziert werden. Die Faktorladun-gen liegen zwischen 0,53 und 0,63 und Cronbach’sAlpha liegt bei 0,69.

F�r einen Test der Hypothesen 2 und 3 gehen wiranalog zur ersten Teststrategie vor. Wir sch�tzenf�r jede zu duldende Kontrollhandlung ein bivaria-tes logistisches Regressionsmodell. Dies f�hren wirf�r Kriminalit�tsfurcht und Autoritarismus getrenntdurch. Die Low-Cost Hypothese gilt dann als best�-tigt, wenn die Effekte von Kriminalit�tsfrucht bzw.Autoritarismus auf die Kontrollduldung schw�cherwerden f�r steigende Kosten, die mit den jeweiligenDuldungen einhergehen. Effektst�rken werden wie-der anhand von Probability Plots visualisiert, sodass wir die Steigungen der Wahrscheinlichkeits-kurven zwischen den unterschiedlichen Kontroll-formen anhand ausgew�hlter Wertebereiche derX-Achse vergleichen k�nnen. Abbildung 3 stellt diedrei logistischen Regressionen zu Kriminalit�ts-furcht dar.

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Tabelle 3 Kriminalit�tsfurcht und Autoritarismus

Kriminalit�tsfurcht – ;; 11 n

Wie sicher ist Ihrer Meinung nach das Leben in Leipzig und Umgebung insgesamt? 56% 44% 625

Wie sicher f�hlen Sie sich oder w�rden Sie sich f�hlen, wenn Sie in Ihrer Wohngegendnachts alleine draußen sind?

58% 42% 628

F�r wie sicher w�rden Sie Ihre Wohngegend einsch�tzen? 83% 17% 626

Autoritarismus

Die derzeitige Kriminalit�t und sexuelle Unmoral lassen es unumg�nglich erscheinen,mit gewissen Leuten h�rter zu verfahren.

15% 16% 67% 624

Zu den wichtigsten Eigenschaften, die jemand haben kann, geh�rt disziplinierterGehorsam der Autorit�t gegen�ber.

50% 31% 18% 624

Im Allgemeinen ist es einem Kind im sp�teren Leben n�tzlich, wenn es gezwungenwird, sich den Vorstellungen der Eltern anzupassen.

58% 32% 10% 624

Wir sollten dankbar sein f�r f�hrende K�pfe, die uns genau sagen k�nnen, was wirtun sollten und wie.

63% 28% 9% 624

Anmerkung: Die Items zu Kriminalit�tsfurcht besitzen in der urspr�nglichen Fassung 4-stufige Antwortskalen. Befrage konnten jeweils ab-gestuft ihre Wahrnehmung zu den einzelnen Items angeben. Die Antwortkategorien sind „sehr sicher“, „eher sicher“, „eher unsicher“,„sehr unsicher“. Diese Antwortkategorien wurden zwecks einer anschaulicheren Darstellung der Verteilung in „geringe Kriminalit�ts-furcht“ („–“ bedeutet „sehr sicher“ oder „sicher“) und „hohe Kriminalit�tsfurcht“ („1“ bedeutet „eher unsicher“ oder „sehr unsicher“)zusammengefasst.Die Items zu Autoritarismus besitzen in der urspr�nglichen Fassung 5-stufige Antwortskalen: „stimme �berhaupt nicht zu“, „stimme ehernicht zu“, „teils, teils“, „stimme eher zu“ und „stimme sehr zu“. Es wurde zwecks einer anschaulicheren Darstellung der Verteilung einedreistufige Kategorisierung der Items durchgef�hrt: Das „–“ bedeutet v�llige Ablehnung oder Ablehnung, „;“ bedeutet Indifferenz und„1“ bedeutet Zustimmung oder v�llige Zustimmung. Die rechte Spalte gibt die g�ltigen Antworten zu den Items wieder (bei einer Ge-samtfallzahl von 631).

17 Zur Diskussion der Messung von Kriminalit�tsfurcht,die sich aus den beiden Teildimensionen „subjektive Vikti-misierungswahrscheinlichkeit“ und „subjektive Kosten ei-ner Viktimisierung“ zusammensetzt, vgl. insbesondereKreuter (2002) und Krumpal et al. (2008).18 F�r den interessierten Leser sind die deskriptiven H�u-figkeitsangaben zu den Items abgebildet. Da diese Wertejedoch nicht unmittelbar f�r den Test der Low-CostHypothese relevant sind, wird auf eine Diskussion dieserzus�tzlichen Angaben verzichtet.

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Es ist deutlich zu sehen, dass die Steigung der Wahr-scheinlichkeitskurve f�r die Duldung von Ausweis-kontrollen am gr�ßten ist. Die Steigung f�r die Dul-dung von Taschenkontrollen liegt in der Mitte unddie Steigung f�r die Duldung, sich eine begrenzteZeit festhalten zu lassen, ist nahezu Null. Die vor-hergesagten Wahrscheinlichkeiten der Duldung derjeweiligen Kontrollhandlungen liegen f�r sehr we-nig furchtsame Personen, die -2 Standarbweichun-gen vom Mittelwert entfernt sind, zwischen 44%(Low-Cost: „Ausweiskontrolle“) und 11% (High-Cost: „Festhalten lassen“). Dagegen liegen dieWahrscheinlichkeiten f�r sehr furchtsame Personenvon +2 Standardabweichungen �ber dem Mittel-wert zwischen 75% (Low-Cost: „Ausweiskontrol-le“) und 11% (High-Cost: „Festhalten lassen“).Die Spannweite der vorhergesagten Wahrschein-lichkeiten wird also mit zunehmender Kriminali-t�tsfurcht gr�ßer.19 Das bedeutet gleichermaßen,

dass die Effektst�rken zwischen Kriminalit�tsfurchtund der Duldung von Kontrollhandlungen mit sin-kenden Kosten der Kontrollhandlung gr�ßer wer-den. Zu einer identischen Schlussfolgerung f�hrtauch ein Vergleich der drei Logit-Koeffizienten: DerLogit-Koeffizient f�r Ausweiskontrollen liegt bei0,34, f�r Taschenkontrollen bei 0,19 und f�r dasFesthalten Lassen bei 0,01. Der Logit-Koeffizientzu Ausweiskontrollen ist auf dem 1%-Niveau sig-

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Abb. 3 Probability Plots zu Kriminalit�tsfurcht und Kontrollduldungen

19 F�r Akteure mit geringer Kriminalit�tsfurcht (–2 Stan-

dardabweichungen unterhalb des Mittelwertes) betr�gtdie Spannweite 44%–11% = 33%, f�r Akteure mit star-ker Kriminalit�tsfurcht (+2 Standardabweichungen ober-halb des Mittelwertes) betr�gt die Spannweite 75%–11% = 64%. Der Wahrscheinlichkeitsabstand zwischenden beiden �ußeren Kurven hat sich somit entlang diesesIntervalls verdoppelt. Diese Differenz l�sst sich als Low-Cost Effekt interpretieren. Sie besagt, dass die Wahr-scheinlichkeit einer Kontrollduldung – im betrachteten In-tervall –2 bis +2 auf der X-Achse, in der Low-CostSituation um 31% st�rker ansteigt als in der High-CostSituation.

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nifikant, der Logit-Koeffizient zu Taschenkontrol-len auf dem 5%-Niveau signifikant und der Logit-Koeffizient zu der kostenintensiven Kontrolle desFesthalten Lassens ist nicht signifikant von Nullverschieden. Diese Abnahme des Signifikanzniveausist bereits ein Hinweis auf das Zutreffen unsererHypothese in der Grundgesamtheit. Zudem unter-suchen wir, wie bereits bei der Kontrollnorm,inwiefern sich die 95%-Konfidenzfl�chen derWahrscheinlichkeitsfunktionen mit steigender Kri-minalit�tsfurcht weiter auseinander bewegen. Wirsehen in Abbildung 3, dass sich die Konfidenzfl�-chen bei stark furchtsamen Akteuren im Werte-bereich unter -2 Standardabweichungen bei denHigh- und Middle-Cost Funktionen �berlappen.Beim Low-Cost Item �berlappen sich die Kon-fidenzfl�chen nicht, liegen jedoch relativ nah zuden beiden anderen Funktionen. Bei mittlerenFurchtwerten mit einem Z-Wert von 0 liegen dieKonfidenzfl�chen dagegen deutlich auseinanderund treffen auch nicht mehr f�r noch h�hereFurchtwerte zusammen. Wir haben hierdurch Hin-weise, dass sich die festgestellten Stichprobenunter-schiede im Sinne unserer zweiten Hypothese auf dieGrundgesamtheit verallgemeinern lassen.

Mit dem Bootstrap-Ansatz zeigen wir dar�ber hi-naus, dass die Empirical Strength Probability (ESP)f�r die Null-Hypothese, dass der Koeffizient (Aus-weiskontrollen) ) Koeffizient (Taschenkontrollen)) Koeffizient (Festhalten Lassen) lediglich 0,1%betr�gt. Somit k�nnen wir die Nullhypothese aufdem 1% Niveau verwerfen und zeigen, dass derLow-Cost Effekt f�r Kriminalit�tsfurcht signifikantist. Weiterhin sind alle separaten Tests f�r den paar-weisen Vergleich zweier Koeffizienten bei gerichte-ter Nullhypothese jeweils auf einem der drei kon-ventionellen Niveaus (1%, 5%, 10%) signifikant.Tabelle 4 zeigt die entsprechenden ESP-Werte in derZeile „Furcht“. Schließlich haben wir die Robust-heit der Ergebnisse des Bootstrap-Ansatzes wie beider Kontrollnorm mit den Verfahren der „Seemin-gly Unrelated Regression“ und dem „SeeminglyUnrelated Bivarate Probit“ best�tigt, indem wir f�rden paarweisen Vergleich bei jeweils gerichtetenNullhypothesen zu �hnlichen Schlussfolgerungenkommen (vgl. Fußnote 14 f�r Details).

Wir k�nnen die drei logistischen Regressionen zu-sammenfassend so interpretieren, dass sich furcht-samere Akteure zwar bereitwilliger relativ g�ns-tigen sozialen Kontrollen unterziehen als wenigerfurchtsame Akteure. Dieser Unterschied zwischenfurchtsamen und weniger furchtsamen Akteurennimmt jedoch mit den Kosten, die diese Kontrollenmit sich bringen, ab. Bei kostspieligen Kontroll-

maßnahmen sind selbst �ußerst furchtsame Akteurenicht mehr in einem h�heren Maße bereit, sich so-zialen Kontrollen auszusetzen. Kriminalit�tsfurchtmag somit f�r den Aufbau und f�r die Beteiligungan einem wenig kostenintensiven Kontrollnetz f�r-derlich sein. Jedoch werden sich furchtsame vonweniger furchtsamen Akteuren kaum in der Be-reitschaft unterscheiden, starke Einschr�nkungendurch Kontrollmaßnahmen hinzunehmen.

Nun wenden wir das gleiche Vorgehen auf Auto-ritarismus an. Die Teststrategie ist analog zu dembisherigen Vorgehen zur allgemeinen Zustimmungzu Kontrollen und zu Kriminalit�tsfurcht. Entspre-chend vergleichen wir die konditionalen Verl�ufeder Wahrscheinlichkeitskurven f�r die logistischenRegressionen von Autoritarismus auf das Duldenvon jeweils unterschiedlich kostenintensiven Kon-trollen. Abbildung 4 visualisiert die ProbabilityPlots zu den drei logistischen Regressionen.

Die Ergebnisse zu Autoritarismus fallen wenigerklar aus als die bisherigen Befunde zur Kontroll-norm und zu Kriminalit�tsfurcht. Dennoch ist f�rgroße Teile des Wertebereiches der X-Achse einst�rkerer Anstieg der Kurve f�r die kosteng�nstige-ren Ausweiskontrollen erkennbar, verglichen mitdem Anstieg der Kurve f�r die kostenintensivereBereitschaft, sich festhalten zu lassen. F�r geringautorit�r eingestellte Personen (–2 Standardabwei-chungen unterhalb des Mittelwerts) liegt die Wahr-scheinlichkeit der Duldung von Ausweiskontrollenbei 31%, von Taschenkontrollen bei 10% und f�rdas Festhalten Lassen bei 4%. Stark autorit�re Per-sonen (+ 2 Standardabweichungen) lassen sich miteiner Wahrscheinlichkeit von 84% den Ausweiskontrollieren, mit 48% die Taschen kontrollierenund mit 25% festhalten. Die Spannweite bei auto-rit�r eingestellten Personen im oberen Wertebereichder X-Achse ist somit deutlich h�her als bei weni-ger autorit�r eingestellten Personen im unterenWertebereich der X-Achse.20 Dies spricht f�r einenLow-Cost Effekt. Der Low-Cost Effekt l�sst sich je-doch durch einen direkten Blick auf die Logit-Ko-effizienten nur teilweise best�tigen: Die durchschnitt-liche Ver�nderung der logarithmierten Chancen derKontrollduldung, wenn die jeweilige unabh�ngigeVariable um eine Einheit steigt, liegt f�r den Zu-sammenhang zwischen Autoritarismus und der Zu-

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20 F�r Akteure mit geringem Autoritarismus (–2 Standard-abweichungen unterhalb des Mittelwertes) betr�gt dieSpannweite 31%–4% = 27%, f�r Akteure mit starkemAutoritarismus (+2 Standardabweichungen oberhalb desMittelwertes) betr�gt die Spannweite 84%–25% =59%, was eine Verdopplung des Intervalls bedeutet.

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stimmung zu Ausweiskontrollen bei 0,61, f�r dieZustimmung von Taschenkontrollen bei 0,53 undf�r die Bereitschaft, sich f�r eine begrenzte Zeitfesthalten zu lassen, bei 0,54. Alle Effekte sind aufdem 1%-Niveau signifikant. F�r einen inferenzsta-tistischen Test wenden wir wiederum zun�chst daserste der oben beschriebenen Verfahren an: Zu-n�chst vergleichen wir die 95%-Konfidenzfl�chenum die Wahrscheinlichkeitsverl�ufe f�r unter-schiedliche Kostenniveaus f�r gering autorit�r ein-gestellte Personen mit Z-Werten um –2. Hier sehenwir, dass sich die Konfidenzfl�chen der High- undMiddle-Cost Wahrscheinlichkeitsfunktionen �ber-lappen. Mit steigendem Autoritarismus bewegensich diese Fl�chen auseinander. Jedoch fallen siewieder bei stark autorit�r eingestellten Personenmit Z-Werten �ber +2 zusammen. Die 95%-Kon-fidenzfl�che f�r die Low-Cost Kurve zur Ausweis-kontrolle �berlappt sich hingegen �berhaupt nichtmit den zwei anderen Kurven.

Der Bootstrap-Ansatz liefert, ebenso wie die Ana-lyse der Konfidenzfl�chen, eine nur m�ßige Best�ti-

gung der Hypothesen. Die Empirical Strength Pro-bability (ESP) f�r die Nullhypothese, Koeffizient(Ausweiskontrollen) ) Koeffizient (Taschenkon-trollen) ) Koeffizient (Festhalten Lassen), betr�gt8,3%. Somit k�nnen wir die Nullhypothese zumin-dest auf dem 10%-Niveau verwerfen und zeigen,dass der Low-Cost Effekt signifikant ist. Jedochzeigen die gerichteten, paarweisen Tests keine sig-nifikanten Ergebnisse. Dieses Bild kann durch zu-s�tzliche Analysen mit der „Seemingly UnrelatedRegression“ und dem „Seemingly Unrelated Biva-riate Probit“ erh�rtet werden (vgl. Fußnote 14 f�rDetails). Tabelle 4 berichtet zur �bersicht die Er-gebnisse der Bootstrap-Methode f�r alle drei Kon-strukte: Kontrollnorm, Kriminalit�tsfurcht und Au-toritarismus.

Es lassen sich somit aus der Analyse von Autorita-rismus nur begrenzt inferenzstatistische Verall-gemeinerungen ableiten. Deshalb sollten unsereBefunde zu Autoritarismus in zuk�nftigen Unter-suchungen repliziert und dadurch auf Robustheit�berpr�ft werden. Denn es w�re auch die alternati-

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Abb. 4 Probability Plots zu Autoritarismus und Kontrollduldungen

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ve Erkl�rung m�glich, dass f�r autorit�r eingestelltePersonen die Kosten einer rigiden sozialen Kontrol-le gar nicht (extrem) steigen. Man k�nnte argumen-tieren, dass Akteure, welche die starke Meinungvertreten, Autorit�ten gehorchen zu m�ssen, sozialeKontrolle als positiv erleben k�nnten. Als �bertrie-benes Beispiel w�ren Akteure denkbar, die sich mitFreude kontrollieren bzw. festhalten lassen, um soihre Autorit�tsh�rigkeit zu demonstrieren.

5. Schlussfolgerung und Ausblick

Die Low-Cost Hypothese besagt, dass der Zusam-menhang zwischen der Zustimmung zu einer Normund normkonformen Verhalten mit steigenden Kos-ten f�r das Verhalten abnimmt. Bislang wurde dieLow-Cost Hypothese haupts�chlich f�r Normen zukollektiven G�tern erster Ordnung getestet, bei-spielsweise zu umweltgerechtem Verhalten. Dievorliegende Studie erweitert die Anwendbarkeit derLow-Cost Hypothese auf Normen zu kollektivenG�tern zweiter Ordnung. Ein kollektives Gut zwei-ter Ordnung beschreibt einerseits die Bereitschaft,andere Akteure zu kontrollieren, inwiefern diese ei-nen Kollektivgutbeitrag geleistet haben, anderer-seits die Bereitschaft, selber solche Kontrollen zudulden und andere Akteure, die keinen Beitrag ge-leistet haben, zu bestrafen. Die Erweiterung derLow-Cost Hypothese von kollektiven G�tern ersterOrdnung auf kollektive G�ter zweiter Ordnungsch�rft unser Verst�ndnis der Bereitstellung undWirksamkeit von Sanktionen bei der Produktionkollektiver G�ter. Denn w�rden Akteure den Auf-wand von Kontrollen und Strafen, koste es was eswolle, nicht scheuen, w�rde dies dazu f�hren, dassein Ausbleiben eines Low-Cost Effektes auf derzweiten Ebene einen vorhandenen Low-Cost Effektauf der ersten Ebene „aushebelt“: Da Akteure von

einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen m�ssten,bei abweichendem Verhalten selbst unter hohenKosten kontrolliert und bestraft zu werden, w�renauch egoistische Akteure motiviert, selbst bei hohenKosten zu kollektiven G�tern erster Ordnung bei-zutragen.

In dem vorliegenden Artikel konzentrierten wir unsauf die Bereitschaft, nachbarschaftliche Kontrollenzu dulden. Unsere Befunde zeigen, dass ebenso beikollektiven G�tern zweiter Ordnung ein Low-CostEffekt vorliegt: Je h�her die Kosten nachbarschaft-licher Kontrollen, desto weniger Einfluss hat dieZustimmung zu Kontrollnormen auf die Bereit-schaft, sich durch Kontrollen tats�chlich einschr�n-ken zu lassen. Weiterhin sind Akteure mit hoherFurcht vor Kriminalit�t nicht bereit, sich beliebigeinschr�nken zu lassen. Bei stark kostenintensivenKontrollen wie der Bereitschaft, sich von „wach-samen Nachbarn“ f�r eine begrenzte Zeit festhaltenzu lassen, steht die Furcht vor Kriminalit�t nurnoch in einem schwachen Zusammenhang mit derDuldung solch drastischer Maßnahmen. Bei der Be-reitschaft, seinen Ausweis kontrollieren zu lassen,konnte dagegen ein st�rkerer Zusammenhang be-obachtet werden. Bei solch vergleichsweise gerin-gen Einschr�nkungen sind furchtsamere Akteure zuerheblich mehr Einbußen bereit als weniger furcht-same Akteure. Es zeigt sich, dass die Kriminalit�ts-furcht der B�rger von Politikern mit versch�rften si-cherheitspolitischen Pl�nen nicht beliebig f�r ihrepopulistischen Wahlkampfparolen ausgenutzt wer-den kann. Selbst sehr furchtsame potentielle W�h-ler kennen ihre Grenzen, wie weit sie ihre pers�nli-chen Freiheiten aufgeben m�chten. Schließlich istauch beim Autoritarismus eine Tendenz in Rich-tung der Low-Cost Hypothese erkennbar. Aus dengraphischen Darstellungen ist ersichtlich, dass starkautorit�r eingestellte Akteure eine h�here Bereit-schaft zur Duldung kleinerer Einschr�nkungen der

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Tabelle 4 Bootstrap Empirical Strength Probabilities (ESP) zur Signifikanz des Low-Cost Effektes

H0Dimension

Ausweis) Tasche) Festhalten Ausweis) Tasche Ausweis) Festhalten Tasche) Festhalten

Kontrollnorm 0,021 0,406 0,076 0,082

Furcht 0,001 0,049 0,007 0,069

Autoritarismus 0,083 0,207 0,319 0,548

Anmerkung: ESP-Werte sind berechnet auf der Grundlage von 50.000 gezogenen Teilstichproben mit Zur�cklegen. In jeder dieser Teil-stichproben wurden jeweils drei logistische Regressionen f�r die Duldung von Kontrollen in Low-, Middle- und High-Cost Situationen,analog zu den Analysen in den Abbildungen 2–4, gesch�tzt. Bootstrap Analysen sind getrennt f�r Kontrollnorm, Furcht und Autoritarismusberechnet. Die Spalten berichten die entsprechende Nullhypothese, in den Zellen sind die Empirical Strength Probabilities (ESP) angege-ben. Die ESP gibt den Anteil der gezogenen Teilstichproben an, in denen die Bedingung der Nullhypothese auftritt. Hierbei kann die ESPanalog zu klassischen p-Werten interpretiert werden. Die Robustheit der paarweisen Vergleiche wurden durch Seemingly Unrelated Re-gression und Seemingly Unrelated Bivariate Probit best�tigt.

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pers�nlichen Freiheit zeigen. Werden die Einschr�n-kungen jedoch gr�ßer, nimmt der Einfluss von au-torit�ren Einstellungen auf die Duldung sozialerKontrollen ab.21

Da wir den Low-Cost Effekt f�r kollektive G�terzweiter Ordnung gut best�tigen k�nnen, wird alsoder Low-Cost Mechanismus f�r kollektive G�tererster Ordnung nicht „ausgehebelt“. Eine starkeAusbreitung von Kontrollnormen, Kriminalit�ts-furcht und Autoritarismus f�hrt somit in einer Po-pulation nicht zwangsl�ufig zu einer stabilen Kon-trollstruktur. Zentrales Element f�r das Entstehenund die Stabilit�t dieser Kontrollstruktur ist derKostenaspekt. F�r das Funktionieren eines infor-mellen Nachbarschaftsnetzwerkes ist es wichtig,vergleichsweise g�nstige aber dennoch effizienteKontroll- und Strafmechanismen zu finden und zuimplementieren, da andernfalls diese Mechanismenvon den Akteuren nicht umgesetzt und so kaum zueiner erh�hten Sicherheit f�hren werden.

Zuk�nftige Forschung sollte die Low-Cost Hypo-these bei weiteren Aspekten kollektiver G�ter zwei-ter Ordnung analysieren. So k�nnte die Bereitschaftuntersucht werden, aktiv soziale Kontrollen durch-zuf�hren. Weiterhin k�nnten neben Kontrollenauch Kosteneffekte zu Bestrafungen in Nachbar-schaften untersucht werden. F�r die Analyse vonKostenaspekten w�ren insbesondere Mobbing,Rufmord oder Ger�chte in Nachbarschaften auf-schlussreich. Diese Strafmechanismen erzielen mitrelativ geringen Kosten f�r die strafenden Akteuregroße sch�digende Wirkungen bei den Opfern.Schließlich ben�tigen wir systematische Vergleichezwischen Feldstudien und Experimenten. W�hrendes kaum Feldstudien zu Low-Cost Effekten bei kol-lektiven G�tern zweiter Ordnung gibt, finden sichhierzu bereits einige experimentelle Laborstudien:So findet Diekmann (2003) bei einer Variante desDiktatorspiels keinen Low-Cost Effekt, wenn es da-rum geht, Akteure, die unterdurchschnittlich nied-rige Beitr�ge leisten, zu bestrafen. Im Gegensatz da-zu finden Anderson/Putterman (2006) einen Effektder Kostenh�he auf die Bereitschaft, Akteure mitunterdurchschnittlich niedrigen Beitr�gen zu kol-lektiven G�tern erster Ordnung zu bestrafen. Eben-so finden Horne/Cutlip (2002) einen solchen Ef-fekt. Als fruchtbare Synthese zwischen Feld- undLaborstudien k�nnten in zuk�nftigen Studien For-

schungsdesigns entwickelt werden, die sowohlFeld- als auch experimentelle Anwendungen zuKollektivgutproblemen enthalten. So w�re es bei-spielsweise m�glich, eine Zufallsstichprobe einesBev�lkerungsteils zu ziehen, der zuerst postalischbefragt wird und daraufhin in ein Experimental-labor eingeladen wird. So k�nnte verglichen wer-den, inwiefern unterschiedliche Befunde in Labor-und Feldstudien damit zu erkl�ren sind, dass bis-lang unterschiedliche Populationen untersucht wur-den oder dass aufgrund unterschiedlicher Messver-fahren im Feld und im Labor Unterschiede sichtbarwurden.

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21 Diese Befunde zum Autoritarismus sollten jedoch in ei-ner weiteren Studie repliziert werden, da unsere Befundenicht eindeutig zwischen Low-, Middle- und High-CostSituationen auf den konventionellen Signifikanzniveausdiskriminieren.

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Autorenvorstellung: Heiko Rauhut, geb. 1977 in Konstanz. Master of Science in Social Research Methods an der Lon-don School of Economics and Political Sciences, 2003. Promotion in Soziologie an der Universit�t Leipzig mit der Arbeit„Crime and Punishment from a Game Theoretic Perspective“, 2008. Von 2004 bis 2007 wissenschaftlicher Assistent andem Institut f�r Soziologie der Universit�t Leipzig, ab 2007 wissenschaftlicher Assistent an der Professur f�r Modellie-rung und Simulation der ETH Z�rich.Forschungsschwerpunkte: Theorie rationalen Handelns, soziale Normen, abweichendes Verhalten, quantitative Metho-den der empirischen Sozialforschung, empirische �berpr�fung von spieltheoretischen Modellen.Publikationen: Higher Punishment, less control? Experimental evidence on the inspection game (unter Begutachtung beiRationality and Society); Wie wahrscheinlich ist ‚wahrscheinlich�? Zur subjektiven Einsch�tzung und Kommunikationvon Viktimisierungswahrscheinlichkeiten (Methoden, Daten, Analysen: Zeitschrift f�r empirische Sozialforschung, 2,2008, 3–27, zusammen mit I. Krumpal, D. B�hr und E. Naumann); Zum Ausmaß der bundespolitischen Parteipolitik-verflechtung bei Landtagswahlen in Deutschland 1996-2000 (ZParl, 39, 2008, 249–269, zusammen mit I. Krumpal).

Ivar Krumpal, geb. 1975 in Bratislava. Master of Arts in Public Policy and Management an der Universit�t Konstanz,2005. Seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f�r Soziologie der Universit�t Leipzig.Forschungsschwerpunkte: Survey Methodology (insbesondere quantitativ), sozial erw�nschtes Antwortverhalten in Be-v�lkerungsumfragen, Anwendungen der Randomized Response Technik, empirische Wahlforschung, Theorie rationalenHandelns.Publikationen: �konomisches W�hlen: Zum Einfluss von Wahrnehmungen der allgemeinen Wirtschaftlage auf das Ab-schneiden der Bundesregierungsparteien bei Landtagswahlen (ZParl, 39, 2008, 93–111), zusammen mit A. Vatter; ZumAusmaß der bundespolitischen Parteipolitikverflechtung bei Landtagswahlen in Deutschland 1996-2000 (ZParl, 39,2008, 249–269, zusammen mit H. Rauhut); Wie wahrscheinlich ist ‚wahrscheinlich�? Zur subjektiven Einsch�tzung undKommunikation von Viktimisierungswahrscheinlichkeiten (Methoden, Daten, Analysen: Zeitschrift f�r empirische Sozi-alforschung, 2, 2008, 3–27, zusammen mit H. Rauhut, D. B�hr und E. Naumann).

402 Zeitschrift f�r Soziologie, Jg. 37, Heft 5, Oktober 2008, S. 380–402