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 Seminar „Merger s and Acquisitions“ Die Einbringung eines Betrie bsteils in ein Joint V enture Vorgelegt am 11. März 2011 von Raphael Fisch Im Obstgarten 24 CH-9526 Zuckenriet Matrikel-Nr.: 07-718-687 E-Mail: r.[email protected] Mobile: +41 79 450 96 06 6. Semester bei Prof. Dr. Hans-Ueli Vogt & Prof. Dr. Rolf Watter Rechtswissenscha ftliche Fakultät Universität Zürich

Die Einbringung eines Betriebsteils in ein Joint Venture

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Diese Arbeit gibt einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten im Schweizer Recht, einen Betriebsteil in ein Joint Venture einzubringen.

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Seminar „Mergers and Acquisitions“

Die Einbringung eines Betriebsteils in ein Joint Venture

Vorgelegt am 11. März 2011

von

Raphael Fisch

Im Obstgarten 24

CH-9526 Zuckenriet

Matrikel-Nr.: 07-718-687

E-Mail: [email protected]

Mobile: +41 79 450 96 06

6. Semester

bei

Prof. Dr. Hans-Ueli Vogt & Prof. Dr. Rolf Watter

Rechtswissenschaftliche Fakultät

Universität Zürich

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis I

Abkürzungsverzeichnis II

Literaturverzeichnis IV

1 Einleitung 1

2 Das Joint Venture im Schweizer Recht 1

2.1 Begriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2.2 Das Equity Joint Venture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2.3 Arten der Gründung eines Joint Venture . . . . . . . . . . . . . 3

3 Die Einbringung eines Betriebsteils in ein JV 4

3.1 Die Einbringung von Werten in ein Joint Venture . . . . . . . . 4

3.1.1 Einbringung durch Singularsukzession . . . . . . . . . . 4

3.1.2 Einbringung nach OR 181 . . . . . . . . . . . . . . . . 5

3.1.3 Einbringung durch Abspaltung (FusG 29 ff.) . . . . . . 6

3.1.4 Einbringung durch Vermögensübertragung (FusG 69 ff.) 7

3.1.4.1 Das Institut der Vermögensübertragung . . . . 7

3.1.4.2 Partielle Universalsukzession . . . . . . . . . 8

3.1.4.3 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 93.1.4.4 Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

3.1.5 Einbringung durch Fusion zweier Tochtergesellschaften 11

3.2 Kapitalschutzvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3.2.1 Kapitalschutz bei der übernehmenden Gesellschaft . . . 12

3.2.2 Kapitalschutz bei der übertragenden Gesellschaft . . . . 13

3.3 Hindernisse bei der Einbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.4 Ersatzgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3.5 Beteiligung und Ausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3.6 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

4 Fazit 17

5 Anwendungsbeispiel 18

Selbständigkeitserklärung VI

I

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Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz, Absätze

AG Aktiengesellschaft im Sinne von Art. 620 ff. OR

Art. Artikel

BewG Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Perso-

nen im Ausland vom 16. Dezember 1983 (SR 211.412.41)

BGE Bundesgerichtsentscheid

bzw. beziehungsweise

CHF Schweizer Franken

E. Erwägung

f. fortfolgend

ff. fortfolgende

FusG Bundesgesetz über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermö-

gensübertragung vom 3. Oktober 2003 (SR 221.301)

GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Sinne von Art. 772 ff.

OR

GSP General Swiss Products AG

h. L. herrschende Lehre

HRegV Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (SR 221.411)

i. S. v. im Sinne von

i. V. m. in Verbindung mit

JV Joint Venture

kfr. kurzfristig

KG Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschrän-

kungen vom 6. Oktober 1995 (SR 251)

lfr. langfristig

lit. litera, Buchstabe

M&A Mergers and Acquisitions

Mio. Million, Millionen

N Randnummer, Randnummern

OR Bundesgesetz über die Ergänzung des Schweizerischen Zivilge-

setzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911

(SR 220)

S. Seite, Seiten

sog. sogenanntu. a. unter anderem

II

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v. a. vor allem

vgl. vergleiche

z. B. zum Beispiel

ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (SR

210)

Ziff. Ziffer

III

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Literaturverzeichnis

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SCHUMACHER , RETO T., Die Vermögensübertragung nach dem Fusionsgesetz,

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TSCHÄNI, RUDOLF, Kommentar zu Art. 181 OR, in: HONSELL, HEINRICH / 

VOG T, NEDIM PETER /G EISER, THOMAS (Hrsg.), Basler Kommentar zum Obli-

gationenrecht I, Art. 1-529, 4. Auflage, Basel 2007 (zitiert: BSK OR I-TSCHÄNI)

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SCHATZ, CHRISTIAN J. (Hrsg.), Kooperations- und Joint-Venture-Verträge,

Bern/Stuttgart/Wien 1994 (zitiert: WATTER, Einbringung)

V

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1 Einleitung

Das Joint Venture (im Folgenden mit JV  abgekürzt) ist eine wichtige Form der

Kooperation von Unternehmen. Die Gründung eines JV beruht auf einem Inves-

titionsentscheid. Die beteiligten Unternehmen entscheiden sich, eigene Kapazi-

täten in das JV einzubringen in der Hoffnung, dass sie einen Ertrag in Form einer

Dividende, eines Liquidationsüberschusses, eines Erlöses aus späterem Verkauf 

oder durch Erlangung günstiger Konditionen erzielen.1 Typische Beweggründe

für die Errichtung des JV sind dabei etwa die Sicherung der Versorgung mit

Input-Gütern, die Senkung der Beschaffungs- und Produktionskosten, die Er-

schliessung neuer Märkte und Vertriebswege, die gemeinsame Finanzierung ka-

pitalintensiver Investitionen oder die Zusammenarbeit in der Forschung und Ent-

wicklung.2 Um die mit dem JV verfolgten Ziele zu erreichen, ist es oft sinnvoll

und nötig, dass die beteiligten Unternehmen Teile ihres bestehenden Betriebes

in das JV einbringen. In rechtlicher Hinsicht stellen sich dabei vertrags- und ge-

sellschaftsrechtliche Fragen, aber auch das Steuer- und Kartellrecht müssen stets

berücksichtigt werden. In dieser Arbeit liegt das Augenmerk v. a. auf den ers-

ten beiden Aspekten. In einem ersten Schritt wird die Behandlung des JV imSchweizer Recht kurz dargestellt. Dann werden die rechtlichen Möglichkeiten

der Einbringung eines Betriebsteils in ein JV untersucht. Im Rahmen eines Fa-

zits soll das Gesagte sodann zusammengefasst und beurteilt werden. Schliesslich

werden die Erkenntnisse am Beispiel der Case Study verdeutlicht.

2 Das Joint Venture im Schweizer Recht

2.1 Begriff 

Der Begriff Joint Venture bzw. der von den meisten Autoren synonym verwende-

te deutsche Begriff Gemeinschaftsunternehmen ist ein wirtschaftlicher und kein

 juristischer.3 Er bezeichnet ganz allgemein eine verbindlich geregelte Zusam-

menarbeit zweier oder mehrerer Unternehmen. Für die rechtliche Ausgestaltung

1 WATTER, Einbringung, S. 62 f.2 OERTLE, S. 10 f.; RIT Z, S. 2 f.3 OERTLE, S. 1; RIT Z, S. 1.

1

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dieser Kooperation stehen den beteiligten Unternehmen verschiedene Möglich-

keiten offen. In zivilrechtlicher Hinsicht und für diese Arbeit ist dabei v. a. die

Unterscheidung zwischen vertraglich strukturierten (Contractual) und korpora-

tiven (Corporate/Equity) JV’s wichtig. Bei ersteren arbeiten die Unternehmenauf vertraglicher Grundlage zusammen. Bei letzteren werden die Unternehmen

Gesellschafter eines neu zu gründenden oder bereits bestehenden Unternehmens,

wobei sie das JV fortan gemeinsam kontrollieren.4 In welcher dieser beiden For-

men die Zusammenarbeit erfolgen soll, hängt von den konkreten Verhältnissen

im Einzelfall ab. Ein Equity JV werden die Unternehmen errichten, wenn sie ei-

ne dauerhafte Zusammenarbeit anstreben, ihre Haftung beschränken und einen

eigenständigen Marktauftritt durch das JV wollen.5 Für die Einbringung einesganzen Betriebsteils ist das Equity JV damit wohl die geeignetere Form, insbe-

sondere wenn – was meist der Fall sein dürfte – eine weitgehende wirtschaftliche

Selbständigkeit des JV beabsichtigt ist. Die Ausführungen in dieser Arbeit be-

ziehen sich deshalb ausschliesslich auf das Equity JV.

2.2 Das Equity Joint Venture

Das JV ist im Schweizer Gesetz weder eine Gesellschafts- noch eine Vertrags-

form.6 Basis der Errichtung eines JV ist immer die Grundvereinbarung ( Joint 

Venture Agreement ) zwischen den Unternehmen. Dieser Vertrag ist ein Produkt

der Rechtspraxis, wobei seine Rechtsnatur umstritten ist.7 Der Inhalt der Grund-

vereinbarung kann entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen sehr unter-

schiedlich sein und sollte aus Gründen der Rechtssicherheit relativ detailliert

ausfallen. Essentialia der Grundvereinbarung sind nach OERTLE8

der überein-stimmende Wille der Parteien zur Errichtung des JV, die Definition des Ziels und

der wirtschaftlichen Tätigkeit sowie die Regelung über die gemeinsame Kontrol-

le und Leitung. Die Grundvereinbarung kann grundsätzlich formfrei geschlossen

werden (Art. 11 Abs. 1 OR). In selbständigen Verträgen, den sog. Satellitenver-

trägen, werden sodann die Beziehungen zwischen dem JV und den beteiligten

4 TSCHÄNI, M&A, 7. Kapitel, N 1.5 RIT Z, S. 1.

6 TSCHÄNI, M&A, 7. Kapitel, N 4.7 RIT Z, S. 3.8 OERTLE, S. 59.

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Unternehmen geregelt. Gegenstand solcher Verträge kann innerhalb der gesetz-

lichen Schranken (Art. 19 OR) alles sein, was für die gegenseitige Geschäftsbe-

ziehung zwischen dem JV und einem der beteiligten Unternehmen von Bedeu-

tung ist. Beispiele sind Darlehensverträge zur Finanzierung des JV, Mietverträgefür die Nutzung von Räumlichkeiten oder Produktionsanlagen, Lizenzverträge,

Abnahmeverträge oder Vertriebsverträge. Die Satellitenverträge werden regel-

mässig erst nach der Konstituierung der JV-Gesellschaft unterzeichnet, wobei

die Grundvereinbarung oft eine Verpflichtung zu Unterzeichnung enthält. Die

vorgeschriebene Form der Satellitenverträge hängt vom jeweiligen Regelungs-

gegenstand ab.9 Schliesslich muss das Equity JV durch einen Gesellschaftsver-

trag verfasst, d. h. gesellschaftsrechtlich errichtet werden.10 In einer eingehendenUntersuchung kommt OERTLE11 diesbezüglich zum Schluss, dass es keine idea-

le Gesellschaftsform für das JV im Schweizer Recht gibt. Ernstlich in Betracht

kämen aber wegen der körperschaftlichen Struktur, der Kapitalbezogenheit und

der beschränkten Haftung nur die GmbH und die AG. Unter Berücksichtigung

dieser Erkenntnisse werden in dieser Arbeit, wo dies angezeigt ist, nurmehr die

Bestimmungen der AG und der GmbH herangezogen.

2.3 Arten der Gründung eines Joint Venture

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein JV gebildet werden kann. In Be-

zug auf eine angestrebte Einbringung eines Betriebsteils sind drei Formen zu

unterscheiden. Erstens kann eine JV-Gesellschaft neu gegründet werden. Dabei

können die Gründerunternehmen den Betriebsteil bei der Gründung als Sachein-

lage einbringen. Dafür erhalten sie Beteiligungsrechte (vgl. für die AG Art. 628& 634 OR, für die GmbH Art. 777c OR). Zweitens können sich die Unterneh-

men an einer bereits bestehenden, rechtlich selbständigen Gesellschaft beteili-

gen. Dabei bringen sie einen Betriebsteil durch Sachübernahme gegen neu ge-

schaffene Anteilsrechte ein (vgl. für die AG Art. 652b & 652c OR, für die GmbH

Art. 781 OR). Schliesslich können die beteiligten Unternehmen die einzubrin-

genden Betriebsteile rechtlich verselbständigen, indem sie Tochtergesellschaften

9

HUBER, S. 15-17.10 RIT Z, S. 3.11 OERTLE, S. 31-51.

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gründen. Danach können diese durch Fusion (Art. 3-28 FusG) zusammengeführt

werden.12 Bei jeder dieser drei Arten der Bildung eines JV stellt sich die Fra-

ge, welche rechtlichen Traditionsformen zur Übertragung des Betriebsteils zur

Verfügung stehen, welche Vorschriften bei der Einbringung zu beachten sind,welche Hindernisse allenfalls im Weg stehen und wie die Gründergesellschaften

am JV partizipieren. Dies soll im Folgenden untersucht werden.

3 Die Einbringung eines Betriebsteils in ein JV

3.1 Die Einbringung von Werten in ein Joint Venture

3.1.1 Einbringung durch Singularsukzession

Die Vermögenswerte, die im Rahmen einer Einbringung eines ganzen Betriebs-

teils in ein JV übertragen werden sollen, können ganz unterschiedlicher Na-

tur sein: Z. B. Forderungen, Mobilien, Wertpapiere, Immobilien, Grundstücke,

Immaterialgüter, Schulden, aber auch Verträge, Eventualverpflichtungen (Bürg-

schaften, Garantieverpflichtungen, Pfandbestellungen) und Prozesse.13 Jeder die-

ser Werte kann durch Singularsukzession übertragen werden. Damit die Über-

tragung der einzelnen Werte gültig zu Stande kommt, müssen für alle Sachen,

Rechte und Verpflichtungen einzeln die obligationenrechtlichen, sachenrechtli-

chen und spezialgesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein. So werden z. B. Mo-

bilien durch Übergabe des Besitzes (Art. 714 ZGB), Immobilien durch Eintra-

gung im Grundbuch (Art. 656 ZGB), Ordrepapiere durch Indossierung (Art. 967

OR) und Forderungen durch schriftliche Zession (Art. 165 OR) übertragen. Pas-

siven können nach den Regeln der Schuldübernahme (Art. 175-183 OR) übertra-

gen werden.14 Die Möglichkeit der Tradition durch Singularsukzession besteht

nach h. L. auch bei unternehmerischen Umstrukturierungen, die ja grundsätzlich

nach den Bestimmungen des FusG vorzunehmen sind,15 sowie bei Übertragun-

gen von ganzen Vermögens- und Betriebsteilen.16 Mit anderen Worten steht die

12 OERTLE, S. 27-29.13 TSCHÄNI, M&A, 3. Kapitel, N 55-57.14 Für einen Überblick zu den verschiedenen singularsukzessorischen Vorschriften sei auf 

TSCHÄNI, M&A, 3. Kapitel, N 55-104 verwiesen.15 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 428; ZK FusG-BERETTA, Vor Art. 69-77, N 35.16 BSK OR I-TSCHÄNI, Art. 181, N 6.

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singularsukzessorische Übertragung grundsätzlich immer als Alternative zu den

anderen Traditionsformen (vgl. 3.1.2-3.1.5) zur Verfügung. Für die Einbringung

eines ganzen Betriebsteils – d. h. einer betrieblichen Einheit bestehend aus ei-

ner bestimmten Anzahl an Aktiven, Passiven und Verträgen – ist die Singual-sukzession jedoch ungeeignet, da sie in der praktischen Umsetzung mit hohem

Aufwand verbunden ist. Auch kann ein allfälliger Goodwill17 mit der Einbrin-

gung einzelner Werte nicht übertragen werden. Dieses Vorgehen kommt deshalb

grundsätzlich nicht in Betracht.

3.1.2 Einbringung nach OR 181

In Art. 181 OR wird ein besonderer Fall der Schuldübernahme geregelt. Es han-

delt sich bei dieser Bestimmung nicht um einen Anwendungsfall der partiel-

len Universalsukzession, sondern um eine spezielle Regelung des Übergangs

der Schulden im Rahmen einer Übernahme eines Vermögens oder Geschäftes.

Die Anwendung dieser Bestimmung betrifft nur den Übergang der Passiven,

alle Aktiven müssen weiterhin nach den für sie geltenden Vorschriften durch

Singularsukzession (vgl. 3.1.1) übertragen werden. Die Passiven werden jedoch

gesamthaft von Gesetzes wegen übertragen. So ist namentlich die Zustimmung

der Gläubiger zur Übertragung nicht notwendig.18 Art. 181 OR ist nach Abs.

1 unter zwei Voraussetzungen anwendbar: Erstens muss eine Übertragung ei-

nes Geschäftes oder Vermögens stattfinden. Dies ist nach h. L. der Fall, wenn es

sich um einen organisch in sich geschlossenen Teil eines Vermögens oder Ge-

schäftes handelt. Zweitens ist die Mitteilung der Übertragung an die Gläubiger

erforderlich. Diese ist weder annahmebedürftig, noch formgebunden. Sie erfolgt

in der Praxis meist durch Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Die

Mitteilung bestimmt auch den genauen Umfang der übertragenen Schulden. Ist

die Übertragung gültig zu Stande gekommen, so haften beide Parteien während

dreier Jahre solidarisch. Erst nach dieser Frist wird die übernehmende Partei al-

leinige Schuldnerin. 19

17 Als Goodwill wird die Differenz zwischen Nettovermögen gemäss Bilanz und dem betriebs-wirtschaftlichen Unternehmenswert bezeichnet. Vgl. TSCHÄNI, M&A, 1. Kapitel, N. 33.

18

BSK OR I-TSCHÄNI, Art. 181, N 1; BGE 126 III 375 ff., E. 2c.19 BSK OR I-TSCHÄNI, Art. 181, N 10-18.

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Mit dem Inkrafttreten des FusG wurde Art. 181 Abs. 4 OR revidiert. Diese Be-

stimmung grenzt nun die Schuldübernahme nach Art. 181 OR von der Vermö-

gensübertragung nach Art. 69 ff. FusG ab. Die Übernahme eines Geschäftes oder

Vermögens richtet sich demnach bei im Handelsregister eingetragenen Kollek-tivgesellschaften, Kommanditgesellschaften, AG’s, Kommandit-AG’s, GmbH’s,

Genossenschaften, Vereinen und Einzelfirmen ausschliesslich nach dem FusG.

Eine alternative Übertragung nach Art. 181 OR ist bei diesen Rechtsträgern aus-

geschlossen. Die Schuldübernahme nach Art. 181 OR ist damit auf natürliche

Personen, Einzelfirmen und Vereine, die nicht im Handelsregister eingetragen

sind, sowie einfache Gesellschaften beschränkt.20 Da die Einbringung eines Be-

triebsteils in ein JV regelmässig von im Handelsregister eingetragenen Gesell-schaften ausgehen wird, fällt das Vorgehen nach Art. 181 OR ausser Betracht.

3.1.3 Einbringung durch Abspaltung (FusG 29 ff.)

Die Art. 29-52 FusG regeln das Institut der Spaltung. Dabei wird ein Teil des Ver-

mögens oder das ganze Vermögen einer Gesellschaft auf eine oder mehrere an-

dere Gesellschaften übertragen, wobei die Gesellschafter der sich spaltenden Ge-

sellschaft Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der übernehmenden Gesellschaf-

ten erhalten (Art. 29 FusG). Kennzeichnend an der Spaltung ist, dass das ab- bzw.

aufgespaltene Vermögen durch partielle Universalsukzession (vgl. 3.1.4.2) über-

tragen wird, d. h. die übernehmende Gesellschaft tritt in das gesamte im Inventar

(Art. 37 lit. b FusG) bezeichnete Vermögen ein, ohne dass die übertragende Ge-

sellschaft deshalb untergeht.21 Werden den Gesellschaftern der übertragenden

Gesellschaft keine Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte zugeteilt, so kommen die

Regeln der Vermögensübertragung (vgl. 3.1.4) zur Anwendung.22

Für die Übertragung eines ganzen Betriebsteils ist die Abspaltung (Art. 29 lit. b

FusG) eine in Betracht zu ziehende Möglichkeit. Namentlich die gesetzlich vor-

gesehene Nicht-Anwendbarkeit bestimmter Kapitalschutzvorschriften des Ge-

sellschaftsrechts (z. B. die Sacheinlagevorschriften des OR) in den Art. 30 & 31

FusG macht dieses Institut für die Einbringung interessant. Ihr Anwendungsbe-

20 BSK OR I-TSCHÄNI, Art. 181, N 5.21 ZK FusG-PFEIFER /M EIER, Vor Art. 29-52, N 10 f.22 VON DER CRONE ET AL., N 445 f.

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reich ist jedoch auf einen sehr spezifischen Fall beschränkt, nämlich darauf, dass

die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft für die Übertragung des Be-

triebsteils Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der übernehmenden Gesellschaft

erhalten (vgl. Art. 69 Abs. 1 Satz 2 FusG). Dies kann etwa bei Konzernstruktu-ren der Fall sein. Bringt ein Tochterunternehmen einen Betriebsteil in ein JV ein

und erhält dessen Muttergesellschaft dafür Anteilsrechte, sind die Voraussetzun-

gen der Spaltung erfüllt. Für gewöhnlich wird das einbringende Unternehmen

das JV jedoch direkt kontrollieren wollen und deshalb selber die Anteilsrechte

an diesem halten. Für die Übertragung der Vermögenswerte auf ein JV kommt

deshalb wohl meist nur die Vermögensübertragung in Betracht.

3.1.4 Einbringung durch Vermögensübertragung (FusG 69 ff.)

Mit der Vermögensübertragung nach Art. 69-77 FusG hat der Gesetzgeber be-

wusst ein Institut zur Übertragung von Vermögenswerten geschaffen, das einen

sehr weiten Anwendungsbereich hat.23 In Bezug auf die Einbringung eines Be-

triebsteils in ein JV wurde in der Literatur explizit die Ansicht vertreten, dass die

Vermögensübertragung dafür geeignet sei.24 Nachfolgend wird dieses Rechtsin-

stitut deshalb relativ ausführlich dargestellt.

3.1.4.1 Das Institut der Vermögensübertragung

Das Institut der Vermögensübertragung fand mit dem Inkrafttreten des Fusions-

gesetzes per 1.7.2004 neu Eingang in das Schweizer Recht. Es will im Hin-

blick auf die Mängel von Art. 181 OR (Stichwort: notwendige Singularsukzes-

sion aller Aktiven) ein einfaches und effizientes Verfahren zur Übertragung von

Vermögens- und Geschäftsteilen zur Verfügung stellen.25 Mit der Vermögens-

übertragung können Aktiven und Passiven gesamthaft in einem Schritt (uno ac-

tu) übertragen werden. Zudem bestehen im Gegensatz zu Art. 181 OR erhöhte

Informationspflichten gegenüber den Gesellschaftern (Art. 74 FusG).26

Die Vermögensübertragung wird nach SCHUMACHER durch fünf Merkmale cha-

23 Botschaft FusG, S. 4362; SCHUMACHER, S. 22.24 TSCHÄNI, Vermögensübertragung, S. 85; ALTENBURGER ET AL., N 855-857; SCHUMA-

CHER, S. 33.25 TSCHÄNI, Vermögensübertragung, S. 83; ALTENBURGER ET AL., N. 737-742.26 SCHUMACHER, S. 10 f.

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rakterisiert: Es werden (i) Vermögensteile vom übertragenden Rechtsträger auf 

den übernehmenden Rechtsträger (ii) auf der Basis eines Übertragungsvertrages

(iii) mittels partieller Universalsukzession (iv) gegen eine allfällige27 Gegenleis-

tung (v) ohne Auflösung des übertragenden Rechtsträgers übertragen. Der Über-tragungsvertrag ist dabei blosses Verpflichtungsgeschäft. Die im Inventar auf-

geführten Aktiven und Passiven gehen nach Art. 73 Abs. 2 FusG erst mit dem

Eintrag ins Handelsregister über (Verfügungsgeschäft). 28

3.1.4.2 Partielle Universalsukzession

Nach Art. 73 Abs. 2 FusG geschieht die Übertragung der Aktiven und Passi-

ven von Gesetzes wegen und damit in einem Akt auf dem Wege der Universal-

sukzession, wobei Art. 34 KG vorbehalten bleibt. Weil meist nur ein Teil des

Vermögens des übertragenden Unternehmens transferiert wird, spricht man von

partieller Universalsukzession. Diese hat die gleichen Wirkungen wie die ge-

wöhnliche Universalsukzession (z. B. infolge Erbgang oder Fusion), d. h. dass

alle im Inventar erfassten Vermögenswerte automatisch vom übertragenden auf 

den übernehmenden Rechtsträger übergehen.29 Nach h. L. ist dabei der Kreis der

übertragbaren Aktiven und Passiven grundsätzlich nicht beschränkt. So lassen

sich Mobilien, Immobilien, Immaterialgüterrechte, Wertpapiere, Forderungen,

Schulden und Mitgliedschaftsrechte übertragen, ohne dass dabei die besonderen

Vorschriften für die Übertragung der Vermögenswerte durch Singularsukzessi-

on beachtet werden müssen.30 Auch kann grundsätzlich ein Goodwill übertra-

gen werden, weil die Bewertung des übertragenen Vermögens gesamthaft und

nicht bloss als Summe der einzelnen Vermögenspositionen erfolgt.31 Beachtet

werden muss bei der Übertragung von Grundstücken allerdings Art. 70 Abs.

2 FusG, welcher für den entsprechenden Vertragsteil neben dem schriftlichen

Übertragungsvertrag die öffentliche Beurkundung verlangt. Umstritten ist, ob

auch ganze Vertragsbeziehungen ex lege, d. h. insbesondere ohne die Zustim-

mung der Gegenpartei übergehen. Dies war vom Gesetzgeber ursprünglich nicht

27 Die Gegenleistung ist nicht zwingend, vgl. den Wortlaut von Art. 71 Abs. 1 lit. d FusG.28 SCHUMACHER, S. 5-9.29

VON DER CRONE ET AL., N. 872.30 SCHUMACHER, S. 6; VON DER CRONE ET AL., N 964.31 VON DER CRONE ET AL., N 832 f.

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vorgesehen,32 wird heute von der h. L. aber aus Gründen der Zweckmässigkeit

angenommen.33

3.1.4.3 Anwendungsbereich

Die Vermögensübertragung steht nach Art. 69 Abs. 1 FusG nicht allen Perso-

nen offen. Übertragende Partei kann nur eine der dort genannten Gesellschaften

bzw. eine Einzelfirma sein, die im Handelsregister eingetragen ist. Grund hier-

für ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte erst durch die Eintragung im

Handelsregister rechtswirksam wird (Art. 73 Abs. 2 FusG). Wer übernehmende

Partei sein kann, ist umstritten. Das Gesetz spricht von einem Rechtsträger des

Privatrechts. Dieser Begriff ist wohl gesetzesautonom auszulegen, womit auf al-

le in Art. 2 lit. a FusG aufgezählten Rechtsformen unter Ausschluss der Institute

des öffentlichen Rechts verwiesen ist. Übernehmende Rechtsträger können dem-

nach die Gesellschaften des Privatrechts – der Handelsregistereintrag spielt hier

keine Rolle – und eingetragene Einzelunternehmen, nicht aber natürliche Perso-

nen sein.34 Da bei der Einbringung eines Betriebsteils in ein Equity JV meist auf 

beiden Seiten Kapitalgesellschaften agieren, ist der persönliche Anwendungsbe-

reich der Vermögensübertragung kaum einmal problematisch.

Die Zulässigkeit der Vermögensübertragung im Verhältnis zu den anderen vom

Gesetz vorgesehenen Instituten der Übertragung von Vermögenswerten wirft in

der Praxis wohl die heikleren Fragen auf, weil mit der Vermögensübertragung

wirtschaftlich dieselben Ergebnisse erzielt werden können wie mit allen ande-

ren Traditionsformen. Es muss eine rechtliche Abgrenzung der verschiedenen

Institute durch Rechtsprechung und Lehre vorgenommen werden, damit im Ein-

zelfall klar ist, auf welchem Weg bestimmte Vermögenswerte (oder Bündel da-

von) übertragen werden dürfen bzw. müssen.35 Eine detaillierte Abhandlung zu

den verschiedenen Lehrmeinungen über den sachlichen Anwendungsbereich der

Vermögensübertragung findet sich bei AMSTUTZ /M ABILLARD.36 Dreh und An-

32 Der automatische Übergang von Verträgen wurde vom Parlament explizit abgelehnt. Vgl.VON DER CRONE ET AL., N 966.

33 VON DER CRONE ET AL., N 983-985; ALTENBURGER ET AL., N 862; GLANZMANN, N320-321a.

34

AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 374-381.35 ALTENBURGER ET AL., N 743.36 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 343-362 & N 396-428.

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gelpunkt aller vertretenen Theorien ist dabei die Frage, ob dieses Institut bloss im

Rahmen von Unternehmensumstrukturierungen Anwendung finden soll, oder ob

es als ein neues, allgemeines privatrechtliches Instrument der Übertragung von

Vermögenswerten konzipiert ist. Für Letzteres spricht vor allem das Bedürfnisder Wirtschaft nach einem effizienten, einfachen und breit anwendbaren Ver-

fahren der Vermögenstransaktion, welchem mit dem FusG Rechnung getragen

werden sollte.37 Für Ersteres spricht das Prinzip der Einheit und Integrität der

Privatrechtsordnung. Steht die Vermögensübertragung immer als frei wählbare

Alternative zu den anderen Formen der Übertragung von Werten zur Verfügung,

können damit faktisch die einschlägigen Übertragungsbestimmungen umgangen

werden.38 Ein klärender Bundesgerichtsentscheid in dieser Sache steht – mei-nes Wissens – noch aus. Bei der Einbringung eines Betriebsteils in ein JV stellt

der sachliche Anwendungsbereich aber ohnehin grundsätzlich kein Problem dar,

wurde die Vermögensübertragung ja gerade auch für diesen Fall konzipiert.39

3.1.4.4 Verfahren

Das Verfahren der Vermögensübertragung wurde vom Gesetzgeber relativ ein-

fach ausgestaltet. Drei Phasen lassen sich unterscheiden:40 (i) Jede Vermögens-

übertragung beruht auf einem Übertragungsvertrag. Dieser muss von den obers-

ten Leitungs- oder Verwaltungsorganen der beteiligten Rechtsträger abgeschlos-

sen werden (Art. 70 Abs. 1 FusG). Was der Vertrag zwingend beinhalten muss,

regelt Art. 71 Abs. 1 FusG. Hier ist namentlich lit. b von Interesse, wo vorge-

schrieben ist, dass alle zu übertragenden Vermögenswerte eindeutig in einem

Inventar aufgenommen werden müssen. Auch nicht bewertbare Verträge müs-

sen, damit sie durch partielle Universalsukzession übergehen, im Inventar auf-

geführt sein.41 Art. 71 Abs. 2 FusG verlangt ausserdem, dass der Inventar als

Ganzes einen Aktivenüberschuss ausweist. Aus Gründen des Kapitalschutzes

muss die Bewertung dabei aus der Perspektive des übernehmenden Rechtsträ-

gers erfolgen. (ii) Rechtswirksam wird die Vermögensübertragung erst mit dem

37 VON DER CRONE ET AL., N 10.38 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 356.39

Botschaft FusG, S. 4362.40 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 432.41 ALTENBURGER ET AL., N 859.

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Eintrag ins Handelsregister (Art. 73 Abs. 2 OR). Diesem kommt damit konsti-

tutive Wirkung zu, d. h. die einzelnen im Inventar aufgeführten Aktiven, Passi-

ven und Verträge gehen erst im Zeitpunkt des Eintrages auf den übernehmenden

Rechtsträger über. Zum Schutz der Gläubiger statuiert Art. 75 Abs. 1 FusG einedreijährige solidarische Haftung der beteiligten Rechtsträger. Zudem werden in

Art. 76 & 77 FusG spezielle Regeln für den Übergang von Arbeitsverhältnissen

aufgestellt. (iii) Schliesslich müssen gemäss Art. 74 FusG die Gesellschafter der

übertragenden Gesellschaft im Anhang zur Jahresrechnung bzw. an der General-

versammlung über die Vermögensübertragung informiert werden, sofern diese

mehr als fünf Prozent der Bilanzsumme ausgemacht hat (Art. 74 Abs. 3 FusG).

Weitergehende Rechte haben die Gesellschafter bei der Vermögensübertragungnicht. Die Überprüfungsklage (Art. 105 FusG) und die Anfechtungsklage (Art.

106 FusG) stehen ihnen nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht offen. Hingegen

können die Gesellschafter die geschäftsführenden Organe nach Art. 108 FusG

zur Verantwortung ziehen.42 Ging mit der Vermögensübertragung faktisch ei-

ne Änderung des Gesellschaftszwecks einher, so ist ein qualifizierter Beschluss

der Generalversammlung (vgl. für die AG Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR) bzw. der

Gesellschafterversammlung (vgl. für die GmbH Art. 808b Abs. 1 Ziff. 1 OR)

notwendig.43

3.1.5 Einbringung durch Fusion zweier Tochtergesellschaften

Eine weitere Möglichkeit der Einbringung eines Betriebsteils in ein JV ist ein

Vorgehen in zwei Schritten: Erst werden die Betriebsteile der beteiligten Unter-

nehmen rechtlich verselbständigt indem Tochtergesellschaften gegründet wer-

den. Alsdann werden die neuen Tochterunternehmen nach den Regeln der Fu-

sion (Art. 3-28 FusG) zusammengeführt.44 In praktischer Hinsicht stellt sich

allerdings die Frage, ob dieses Vorgehen zweckmässig ist, muss doch im ers-

ten Schritt nach den gerade beschriebenen Möglichkeiten der Übertragung von

Vermögenswerten vorgegangen werden. Der zweite Schritt bedeutet demnach

grundsätzlich einen unnötigen Mehraufwand. Das Vorgehen ist jedoch dann eine

42 VON DER CRONE ET AL., N 907-911.43 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 436; BÖCKLI, § 1, N 478-480; GLANZMANN, § 13, N 34.44 OERTLE, S. 29.

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Option, wenn bereits bestehende Tochtergesellschaften in einem JV zusammen-

geführt werden sollen. Hier kann man jedoch nicht mehr von der Einbringung

eines Betriebsteils sprechen, da die Tochtergesellschaften ja schon rechtlich ver-

selbständigt sind.

3.2 Kapitalschutzvorschriften

Bei der Einbringung eines Betriebsteils in ein JV wird Kapital von einem Rechts-

träger, der Gründergesellschaft, auf einen anderen Rechtsträger, die JV-Gesell-

schaft, verschoben. Das JV wird im Gegenzug meist eine Gegenleistung an seine

Gründerinnen erbringen. Bei solchen Transaktionen sind die gesetzlichen und al-

lenfalls statutarischen Kapitalschutzvorschriften zu beachten. Ausdrücklich vor-

behalten werden diese Bestimmungen bei der Vermögensübertragung (Art. 69

Abs. 2 FusG).45 Im Folgenden sollen die für die AG und GmbH einschlägigen

gesetzlichen Schutzvorschriften je separat für das übernehmende und übertra-

gende Unternehmen aufgeführt werden.

3.2.1 Kapitalschutz bei der übernehmenden Gesellschaft

Bei der übernehmenden Gesellschaft sind zwei Konstellationen möglich, bei de-

nen die Kapitalschutzvorschriften beachtet werden müssen. Einerseits besteht

die Möglichkeit, dass die Gegenleistung wertmässig höher ist, als die erhal-

tenen Vermögenswerte, was im Ergebnis zu einer Minderung des Eigenkapi-

tals führt. Diesbezüglich kann auf die nachfolgenden Ausführungen (vgl. 3.2.2)

verwiesen werden. Andererseits müssen die Bestimmungen zur qualifizierten

Gründung bzw. Kapitalerhöhung berücksichtigt werden, wenn die Gegenleis-tung in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten besteht.46 Dies ist im Falle der

Einbringung eines Betriebsteils in ein JV regelmässig der Fall. Durch Neugrün-

dung oder Kapitalerhöhung entstehen neue Anteilsrechte, welche die beteilig-

ten Unternehmen erhalten. Wird bzw. ist das JV als AG konstituiert, so finden

insbesondere Art. 628, 634, 635 und 635a OR (Gründung durch Sacheinlage),

Art. 650, 652c, 652e und 652f OR (Kapitalerhöhung durch Sachübernahme),

45 In Erinnerung zu rufen ist, dass diese Kapitalschutzbestimmungen bei der Spaltung keineAnwendung finden (vgl. Art. 30 f. FusG).

46 SCHUMACHER, S. 40 f.

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Art. 704 Abs. 1 Ziff. 5 OR (qualifizierter GV-Beschluss) sowie Art. 753 Ziff. 1

OR (Gründungshaftung) Anwendung. Ist bzw. wird das JV als GmbH konstitu-

iert, finden qua Verweis in Art. 777c Abs. 2 OR dieselben Vorschriften wie bei

der AG Anwendung. Bei einer qualifizierten Gründung bzw. Kapitalerhöhungübernimmt bei der Vermögensübertragung der Übertragungsvertrag die Funkti-

on des Sacheinlage- bzw. Sachübernahmevertrages, wodurch zusätzlich zu den

Vorschriften von Art. 69 ff. FusG die gerade erwähnten Bestimmungen zu beach-

ten sind.47 Die Sacheinlage- und Sachübernahmevorschriften können allerdings

leicht umgangen werden, gelten sie doch nur dann, wenn die Gegenleistung in

Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten besteht.48

3.2.2 Kapitalschutz bei der übertragenden Gesellschaft

Bei der übertragenden Gesellschaft ist die Kapitalschutzproblematik insofern

relevant, als dass durch die Vermögensübertragung ihr Eigenkapital und damit

das Haftungssubstrat gemindert werden kann. Es stellt sich aus ihrer Sicht des-

halb stets die Frage nach einer angemessenen (gesetzlich nicht zwingenden) Ge-

genleistung. Kein Problem ergibt sich grundsätzlich, wenn die Gegenleistung in

Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten besteht, da hier das übertragende Unterneh-

men über die Beteiligung den Wert der getätigten Einlagen behält. Problematisch

ist die Vermögensübertragung allerdings dann, wenn durch diese tatsächlich Ei-

genkapital verloren geht, sprich die Gegenleistung wertmässig nicht den getä-

tigten Einlagen entspricht.49 Ein solcher Sachverhalt stellt allenfalls eine Verlet-

zung der Sorgfaltspflichten der geschäftsführenden Organe dar (vgl. für die AG

Art. 717 Abs. 1 OR, für die GmbH Art. 812 Abs. 1 OR) und kann Verantwort-

lichkeitsfolgen auslösen (vgl. für die AG Art. 754 Abs. 1 OR, für die GmbH Art.

827 OR i. V. m. Art. 754 Abs. 1 OR). In strafrechtlicher Hinsicht kann gar der

Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB) erfüllt sein.

47 VON DER CRONE ET AL., N 857.48 Eine eingehende Kritik zur hieraus resultierenden Bevorzugung des Fremd- vor Eigenkapital

findet sich bei WATTER, ROL F, Bemerkungen zur Unlogik der Sacheinlage- und Sachüber-nahmevorschriften im Schweizer Aktienrecht, AJP 2/1994.

49 SCHUMACHER, S. 39 f.

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3.3 Hindernisse bei der Einbringung

Auch wenn sich die Gründergesellschaften grundsätzlich über die einzubringen-

den Vermögenswerte und deren Bewertung einig sind, kann es im Einzelfall vor-

kommen, dass die Einlagen aus rechtlichen Gründen unzulässig oder nicht sinn-

voll sind. Ein Beispiel hierfür kann die zwingende Beachtung der gerade erwähn-

ten Kapitalschutzvorschriften sein, insbesondere in Bezug auf die Prüfungs- und

Offenlegungspflichten (vgl. 3.2). Weitere Hindernisse können öffentlich-recht-

liche Schranken, z. B. die Lex Koller (Art. 1 BewG), und besondere Rechtsver-

hältnisse bei den Gründerunternehmen sein. Bei letzteren kann es sich etwa dar-

um handeln, dass mit der Einbringung der Zweck der einbringenden Gesellschaft

geändert und damit ein Beschluss der Generalversammlung mit qualifizierter

Mehrheit notwendig wird (Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR). Weiter kann an spezi-

elle Klauseln in Bankdarlehen oder Obligationenanleihen gedacht werden, die

vorsehen, dass bei einer Abspaltung eines Betriebsteils eine Schuld sofort fällig

wird.50 Auch die weitreichende Publizität des Handelsregistereintrages kann bei

der Vermögensübertragung unerwünscht sein. Zudem erschwert das Kartellrecht

die Einbringung eines Betriebsteils in gewissen Fällen. So besteht nach Art. 9

KG unter bestimmten Voraussetzungen eine Meldepflicht. In einer solchen Situa-

tion verhindert Art. 34 KG die zivilrechtliche Wirksamkeit der Einbringung bis

zur Bewilligungserteilung durch die Wettbewerbsbehörden. Wo die Bewilligung

verweigert wird, ist eine Zusammenarbeit der Gründergesellschaften in einem

JV sehr schwierig zu verwirklichen. Schliesslich treten Hindernisse bei der Ein-

bringung aus steuerrechtlichen Gründen auf. Jede Vermögensübertragung löst

sowohl bei der übertragenden Gründergesellschaft als auch beim JV steuerliche

Folgen aus. V. a. Ertragssteuern, Verkehrssteuern (z. B. Handänderungsabgaben,

Umsatzabgaben, Emissionsabgaben) und Verrechnungssteuern können anfallen.

Mit dem Fusionsgesetz wurden allerdings die Steuergesetze dahingehend ange-

passt, dass Umstrukturierungen möglichst nicht durch das Steuerrecht behindert

werden. Umgestaltungen im Rahmen des FusG sollten – so die Absicht des Ge-

setzgebers – steuerneutral vonstattengehen.51

50

WATTER, Einbringung, S. 72 f.51 ALTENBURGER ET AL., N 1498.

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3.4 Ersatzgeschäfte

Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Einbringung bestimmter Wer-

te bisweilen rechtlich nicht möglich oder anderweitig – z. B. aus steuerlichen,

kartellrechtlichen oder Gründen der Geheimhaltung – nicht sinnvoll ist. Wollen

die beteiligten Unternehmen dem JV diese Werte trotzdem wirtschaftlich zur

Verfügung stellen, so müssen geeignete Ersatzlösungen gefunden werden. Typi-

scherweise schliessen die Gründergesellschaften dafür mit dem JV Miet-, Pacht-,

Lizenz-, Darlehens- und Managementverträge ab (vgl. 2.2 (Satellitenverträge)).

Welche Ersatzgeschäfte im konkreten Fall angezeigt sind und was dabei beachtet

werden muss, kann in abstracto nicht gesagt werden. Es ist hier aber darauf hin-

zuweisen, dass die Gründergesellschaften auch die ersatzgeschäftlich getätigten

Leistungen fair auszugleichen haben (vgl. 3.5).52

3.5 Beteiligung und Ausgleichung

Die Gründergesellschaften kontrollieren ihr JV durch das Halten von Aktien (bei

der AG) bzw. Stammanteilen (bei der GmbH), weil an diese Anteilsrechte die

Stimmrechte gekoppelt sind. Auch die Erträge aus dem JV werden grundsätzlichproportional zu den Anteilsrechten entrichtet.53 Die Aktien bzw. Stammanteile

haben damit eine doppelte Funktion: Einerseits bestimmen sie die Kontrollver-

hältnisse, andererseits die Ausschüttung der Erträge. Für die Verteilung der An-

teilsrechte wird das angestrebte Kontrollverhältnis wohl den Ausschlag geben.

Meist werden die Parteien eine gleichmässige Kontrolle anstreben, sprich jedes

beteiligte Unternehmen wird gleich viele Stimmrechte haben wollen. Im Aktien-

recht gilt dabei grundsätzlich, d. h. wenn keine Stimmrechtsaktien (vgl. Art. 693

OR) existieren, dass eine Aktie einer Stimme entspricht. Im Recht der GmbH

berechnen sich die Stimmrechte über den Nennwert der Stammanteile (Art. 806

OR). Mit Verteilung der Aktien qua angestrebtem Kontrollverhältnis ist grund-

sätzlich auch die Verteilung der Erträge des JV bestimmt, weil diese proportional

zu den Anteilsrechten verteilt werden (vgl. bei der AG Art. 660 f. OR, bei der

GmbH Art. 798 Abs. 3 & Art. 826 OR).

52 WATTER, Einbringung, S. 75-77.53 BÖCKLI, § 4, N 8-10; H ANDSCHIN /T RUNIGER, §16, N 15 und § 8, N 8-10.

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Wenn nun der Wert der getätigten Einlagen eines Unternehmens proportional

nicht dem (angestrebten) Beteiligungsverhältnis am JV entspricht, d. h. ein Un-

ternehmen durch die Partnerschaft einen geldmässigen Vorteil erlangt, so muss

ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen den Gründergesellschaften stattfinden.Mögliche Mechanismen, um eine solche Ausgleichung vorzunehmen, sind di-

rekte Ausgleichsleistungen oder Lösungen durch Vorzugsaktien, Partizipations-

bzw. Genusscheine.54 Eine vertraglich begründete Ausgleichsleistung zwischen

den Gründergesellschaften – wohl meist eine Direktzahlung – kann bei der Ein-

bringung, in regelmässigen zeitlichen Abständen, bei der Liquidation oder beim

Verkauf der Anteile am JV geschuldet sein. Die Zahlung wird beim Zahlenden

als Aufwand, beim Empfänger als Erfolg verbucht.55 Wertmässig entspricht sieder Hälfte der Differenz der bewerteten Einlagen.56 Bei einer Ausgleichung mit-

tels Genussscheinen (vgl. für die AG Art. 657 OR, für die GmbH Art. 774a OR),

Vorzugsaktien (vgl. für die AG Art. 654 & 656 OR) bzw. Partizipationsschei-

nen (vgl. für die AG Art. 656a-656g OR) kann bei der Ausschüttung der Erträge

des JV gesellschaftsrechtlich eine Bevorzugung des mehr einschiessenden Un-

ternehmens vorgesehen werden. Dieses Vorgehen hat allerdings den Nachteil,

dass bei einer Kapitalerhöhung die geschaffenen Gleichgewichte aus dem Lot

geraten können.57

3.6 Bewertung

Wie soeben gezeigt, orientiert sich die Beteiligung der Unternehmen am JV in

der Regel an den eingebrachten Werten unter Berücksichtigung allfällig getätig-

ter Ausgleichszahlungen. Die Bewertung der Einlagen ist deshalb von zentra-ler Bedeutung. Dabei müssen die Parteien den Wert der Einlagen grundsätzlich

nicht geldmässig bestimmen. Es reicht die prozentuale Feststellung der relati-

ven Werte (z. B. A und B bringen je 50% ein). Dies gilt nicht, wenn eine Aus-

gleichszahlung geleistet werden muss, weil diese ja erst auf der Grundlage der

54 WATTER, Einbringung, S. 77.55 WATTER, Einbringung, S. 77 f.56 Beispiel: A bringt CHF 5 Mio., B CHF 10 Mio. ein. Das JV hat damit einen Wert von CHF 15

Mio. A und B sind zu je 50% beteiligt, was wertmässig je CHF 7,5 Mio. entspricht. A muss

an B deshalb eine Ausgleichszahlung von CHF 2,5 Mio. leisten.57 WATTER, Einbringung, S. 78 f.

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geldmässig bewerteten Einlagen bestimmt werden kann.58 Ebenfalls ist zu be-

achten, dass die Bilanzierung der eingebrachten Werte nicht notwendigerweise

dem tatsächlich vereinbarten Wert entspricht. Es bestehen z. B. buchhalterische

und steuerrechtliche Gründe, die Einlagen zu bisherigen Bilanzwerten zu über-nehmen, obwohl sie intern unter den Parteien anders bewertet wurden.59 Die Be-

wertung hat gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nach den anerkannten

Grundsätzen der Unternehmensbewertung, wie sie in der Betriebswirtschaftsleh-

re angewendet werden, zu erfolgen. Das Bundesgericht vertritt die Anwendung

eines Methodenpluralismus, der zu einem angemessenem Ergebnis führt.60 Die-

se Rechtsprechung hat sich in Art. 15 Abs. 4 lit. c-d FusG niedergeschlagen.

4 Fazit

Die Vermögensübertragung nach Art. 69 ff. FusG stellt konzeptionell die ideale

Traditionsform dar, um einen Betriebsteil auf eine JV-Gesellschaft zu übertragen.

Durch das einfache Verfahren werden alle im Inventar aufgenommenen Vermö-

genswerte von Gesetzes wegen in einem Akt auf das JV übertragen. Dies ent-

spricht dem Bedürfnis der Wirtschaft nach einer einfachen und effizienten Über-

tragung von Vermögensteilen. Die Hauptprobleme der Vermögensübertragung

bestehen in der Unklarheit über seine Zulässigkeit im Verhältnis zu den ande-

ren Instituten der Vermögenstradition und bezüglich des Übergangs ganzer Ver-

tragsverhältnisse. In der Praxis ist dieser Unsicherheit wohl damit zu begegnen,

dass die Vermögensübertragung immer nur als subsidiäre Umstrukturierungs-

massnahme oder im Rahmen eines Asset Deals verwendet wird.61 Dies wird bei

der Einbringung eines bestehenden Betriebsteils in ein JV wohl meist der Fall

sein. Für den Übergang eines Vertragsverhältnisses ist aus Rechtssicherheits-

gründen zudem stets die Zustimmung der Gegenpartei einzuholen.62 Ausserdem

kann die weitreichende Publizität der Vermögensübertragung (Handelsregister-

eintrag nach Art. 138 f. HRegV) unerwünscht sein. Eine solche kann aber kaum

58 WATTER, Einbringung, S. 63 f.59 WATTER, Einbringung, S. 69-72.60 Entscheid des Bundesgerichts vom 3. April 2001, I. Zivilabteilung, 4C.363/2000, E. 3b.61 AMSTUTZ /MABILLARD, ST N 369, Fussnote 876.62 GLANZMANN, N 186.

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vermieden werden, weil auch die Sacheinlagen bzw. Sachübernahmen publiziert

werden müssen (Art. 43 Abs. 3 HRegV). Ist eine Vermögensübertragung ins-

gesamt oder für bestimmte Vermögenswerte rechtlich nicht möglich oder nicht

opportun, drängen sich Ersatzgeschäfte zwischen den Gründergesellschaften unddem JV auf. So können die Werte dem JV wenigsten wirtschaftlich zur Verfü-

gung gestellt werden. Alle getätigten Leistungen müssen unter Berücksichtigung

der Beteiligungsverhältnisse zwischen den Gründergesellschaften fair ausgegli-

chen werden. Dies kann durch Direktleistungen oder über gesellschaftsrechtliche

Bevorzugung mittels Genussscheinen, Vorzugsaktien oder Partizipationsschei-

nen geschehen.

5 Anwendungsbeispiel

In diesem letzten Abschnitt sollen die theoretischen Ausführungen zur Einbrin-

gung eines Betriebsteils in ein JV am Beispiel der Case Study verdeutlicht wer-

den. Die FIGUGEL AG will mit der GSP AG eine Kooperation eingehen. Es

sollen die Caquelon-Aktivitäten beider Unternehmen in einer JV-Gesellschaft

zusammengeführt werden. Es ist anzunehmen, dass die beiden Parteien eine

gleiche Beteiligung anstreben, also je fünfzig Prozent der Stimmrechte halten

wollen.63 Das JV wird u. a. aufgrund der besseren Handelbarkeit der Aktien ge-

genüber den Stammanteilen vorzugsweise als Aktiengesellschaft errichtet.64 Es

findet eine qualifizierte Gründung durch Sacheinlage statt. Die Gründergesell-

schaften übertragen ihre Betriebsteile, d. h. alle zu dem Betrieb gehörenden Ak-

tiven, Passiven und Vertragsverhältnisse, im Rahmen einer Vermögensübertra-

gung auf die JV-AG (in Gründung). Der schriftliche Übertragungsvertrag über-

nimmt dabei die Funktion des Sacheinlagevertrages. Der Anwendungsbereich

der Vermögensübertragung (vgl. 3.1.4.3) ist unproblematisch, weil es sich bei

beiden Gründerinnen um AG’s handelt und die Einbringung eines Betriebsteils

eine Umstrukturierungsmassnahme darstellt. Für das Verfahren sei auf die ein-

63 In einer solchen Situation müssen Mechanismen zur Lösung von Pattsituationen vorgesehenwerden, damit bei einer Uneinigkeit der beiden Partner die wirtschaftlichen Aktivitäten desJV nicht blockiert werden.

64 Es sollte zur gegenseitigen Kontrolle der Veräusserung der Anteile am JV eine Vinkulierungder Aktien vorgenommen werden.

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schlägigen Vorschriften zur Vermögensübertragung (Art. 69-77 FusG) und zur

qualifizierten Gründung einer AG (Art. 629 ff. OR) verwiesen. Anzumerken ist

aber, dass mindestens bei der GSP die Informationspflicht gegenüber den Ge-

sellschaftern nach Art. 74 FusG gilt, weil die übertragenen Aktiven klar mehrals fünf Prozent der Bilanzsumme ausmachen. Im Folgenden sind im Hinblick

auf das Erfordernis eines Aktivenüberschusses (Art. 71 Abs. 2 FusG) und den

wirtschaftlichen Ausgleich zwischen FIGUGEL und GSP die Werte der einzu-

bringenden Betriebsteile zu bestimmen.

Die Caqulon-Abteilung der FIGUGEL hat gemäss Schätzungen einen betriebs-

wirtschaftlichen Wert von CHF 230 Mio. und weist nach internen Buchwerten

einen Saldo von plus CHF 85 Mio. aus. Demnach ergeben sowohl die Summeder Vermögenspositionen nach internen Buchwerten, als auch eine Schätzung

des betriebswirtschaftlichen Wertes einen Aktivenüberschuss, womit das Erfor-

dernis von Art. 71 Abs. 2 FusG erfüllt ist. Die interne Teilbilanz der Caqulon-

Abteilung der GSP zeigt in der Summe ein Minus von CHF 17,74 Mio. Dies

bedeutet, dass eine Vermögensübertragung wegen eines Passivenüberschusses

grundsätzlich nicht möglich ist. Allerdings ist für die Bewertung der Aktiven

und Passiven nicht die Summe der bewerteten Vermögenspositionen ausschlag-

gebend. Es kommt auf den betriebswirtschaftlichen Wert des Betriebsteiles als

Ganzes an (vgl. 3.6 ), wobei die Bewertung aus der Perspektive des JV zu erfol-

gen hat (vgl. 3.1.4.4). Die Informationen im Sachverhalt reichen zur Beurteilung

des betriebswirtschaftlichen Wertes der Caqulon-Abteilung der GSP nicht aus.

Sollte aber tatsächlich ein negativer Wert resultieren, so wird die GSP einen Teil

der Verbindlichkeiten der Caqulon-Abteilung zurückbehalten müssen, um den

Betriebsteil nach Art. 69 ff. FusG übertragen zu können. Eine solches Vorgehen

ist rechtlich zulässig, weil es bei der Vermögensübertragung im Gegensatz zu

Art. 181 OR kein Erfordernis der betrieblichen Einheit gibt.

Wollen die FIGUGEL und die GSP je fünfzig Prozent am JV halten, so ist ein

wirtschaftlicher Ausgleich zugunsten der FIGUGEL notwendig. Dieser kann ei-

nerseits dadurch erreicht werden, dass die FIGUGEL über das Halten von Vor-

zugsaktien, Partizipations- oder Genussscheinen einen grösseren Teil des Ertra-

ges des JV für sich beansprucht. Andererseits kann die GSP der FIGUGEL Di-

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rektleistungen in Form einer Übertragung von Aktiven oder durch die sonsti-

ge Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils (beispielsweise durch kostenlose

Lizenzierung der Käseloch-Kontroll-Technologie) erbringen. Eine solche wird

aber wahrscheinlich an mangelnder Liquidität bzw. an der fehlenden Verfügbar-keit von zur Übertragung geeigneten Vermögenswerten scheitern. Die sinnvolls-

te Vorgehensweise ist daher wohl tatsächlich darin zu erblicken, dass die GSP

einen (grossen) Teil der Verbindlichkeiten der Caqulon-Abteilung nicht in das

JV einbringt. Idealerweise behält sie gleich soviel zurück, dass ihre Einlagen

wertmässig denjenigen der FIGUGEL entsprechen. In diesem Fall ist keine Aus-

gleichung mehr nötig.

Sollten gewisse Vermögensteile aus irgendwelchen Gründen (vgl. 3.3) nicht über-tragen werden können, so sind diese dem JV von der GSP bzw. der FIGUGEL

im Rahmen von Ersatzgeschäften (vgl. 3.4) wenigstens wirtschaftlich zur Ver-

fügung zu stellen. Im vorliegenden Sachverhalt gilt es diesbezüglich insbeson-

dere die folgenden zwei Dinge zu beachten: Erstens wird wohl mit der Einbrin-

gung der Caqulon-Aktivitäten mindestens bei der GSP eine faktische Änderung

des Gesellschaftszweckes einhergehen. Dies macht einen Beschluss der General-

versammlung mit qualifiziertem Mehr notwendig (Art. 704 Abs. 1 Ziff. 1 OR).

Zweitens könnte es sein, dass der Zusammenschluss nach Art. 9 Abs. 1 lit. a oder

lit. b KG meldepflichtig ist und der Bewilligung durch die Wettbewerbskommis-

sion bedarf (Art. 10 KG), um zivilrechtliche Wirkung zu entfalten (Art. 34 KG).

Dies insbesondere dann, wenn beide Gründerinnen einen Jahresumsatz von mehr

als CHF 100 Mio. erwirtschaften. Um die Einbringung der Betriebsteile in das

JV einer vollständigeren rechtlichen Untersuchung unterziehen zu können, wä-

ren detailliertere Informationen über die tatsächlichen und gesellschaftsrechtli-

chen Verhältnisse notwendig.

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5/11/2018 Die Einbringung eines Betriebsteils in ein Joint Venture - slidepdf.com

http://slidepdf.com/reader/full/die-einbringung-eines-betriebsteils-in-ein-joint-venture

Selbständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter

Zuhilfenahme der im Quellen- und Literaturverzeichnis sowie in den Fussnoten

genannten Werke angefertigt habe. Ich versichere zudem, diese Arbeit nicht be-reits anderweitig als Leistungsnachweis verwendet zu haben. Eine Überprüfung

der Arbeit auf Plagiate unter Einsatz entsprechender Software darf vorgenom-

men werden.

Zuckenriet, 10. März 2011

Raphael Fisch

VI