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Die Entwicklung des Karate in den letzten Jahren der DDR bis heute.

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Die Entwicklung des Karate

in den letzten Jahren der DDR

bis heute.

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

1.1 Thema

1.2 Zielsetzung und Methodik

1.3 Ausgangssituation

1.4 Vorüberlegungen

1.5 Glossar

2 Hauptteil

2.1 Die Karatesituation in den letzten Jahren der DDR

2.2 Problematik des Trainings (Ort, Lehrer, Lehrgänge)

2.3 Kontakt zu anderen Vereinen

2.4 Karate und Armee

2.5 Karate und Jūdō

3 Die Anfänge des öffentlichen Karate-Unterrichts in den ersten

Jahren nach der Wende

3.1 Verbesserungen des Trainings (Ort, Lehrer, Lehrgänge)

3.2 Ursachen für den großen Zuwachs in den Vereinen

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4 Die gegenwärtige Situation des Karate-Unterrichts (Ausblick)

4.1 Kontakte zu anderen Vereinen

5 Die Zusammenfassung

6 Danksagungen

7 Literatur- und Quellenverzeichnis

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1. Einleitung

1.1 Thema

Seit über zehn Jahren besuche ich eine Schule, welche mir das Kämpfen lehrt.

Aufmerksam wurde ich auf diese Karateschule durch einen Aushang in einem

Schaufenster. Sofort fand ich großen Gefallen an dem, was sie taten. Seit einiger Zeit

schon frage ich mich nach den Wurzeln meines Vereines, der Karateschule Fūryū in

Königsbrück. Und genau diese möchte ich in meiner Jahresarbeit erforschen. Meinen

Hauptschwerpunkt lege ich dabei auf die Untersuchung der letzten Jahre der DDR,

nach 1985, und die Entwicklung in den ersten Jahren, in denen das Gebiet der

ehemaligen DDR zur BRD gehörte. Außerdem gebe ich noch einen Ausblick auf die

gegenwärtige Situation des Karategeschehenes.

Karate hat in der deutschen Geschichte bereits eine längere Tradition, die besonders

in den östlichen Regionen Deutschlands, durch Kontrolle des Staates DDR beeinflusst

war. Doch war Karate wirklich verboten, wie viele annehmen? Wie sieht es mit der

Entwicklung des Karate aus? Vor allem diese Fragen möchte ich mit meiner Arbeit

beantworten. Natürlich stehen mit diesen Themen noch andere Inhalte, wie das

Verhältnis zwischen Karate und der ehemaligen NVA in Verbindung, die ich ebenfalls

in dieses Jahresarbeit vorstellen möchte.

1.2 Zielsetzung und Methodik

In der Auseinandersetzung mit diesem Sachverhalt möchte ich mich speziell auf die

Entwicklung im Kreis Kamenz, genauer auf die Karateschulen in Königsbrück und

Kamenz beziehen, da diese mir persönlich bzw. räumlich nahe liegen.

Diese Arbeit stützt sich hauptsächlich auf die Aussagen von Jan Geppert, Hendrik

Felber und Axel Dziersk, die mir die Möglichkeit gaben, ein Interview mit ihnen zu

führen.

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1.3 Ausgangssituation

Nach Axel Dziersk existieren zwar schon Aufarbeitungen über das Thema der

Karateentwicklung, jedoch sind sie hinsichtlich ihrer historischen Glaubwürdigkeit

umstritten, wie ich aus meinen Interviews erfuhr. Zudem beziehen sich diese Arbeiten

auf den gesamten Raum der DDR und nicht auf die Entwicklung im Raum Kamenz,

weshalb sie für mich nur bedingt verwertbar waren. Laut Axel Dziersk sind diese

Aufarbeitungen eher ein Machtkampf zwischen Personen, die ihre Vorgeschichte

fälschlicherweise erzählen, um damit ihr Image aufzubessern. Deshalb ist es mir

wichtig, meine Arbeit neutral zu jeder Person zu gestalten. Weiterhin ist es wichtig, die

Zeit, in der die Befragten Karate übten, zu beachten, da sie essenziell für dessen

Inhalte ist. Zum Beispiel konnte mir Hendrik Felber aus eigener Erfahrung nur etwas

über die Zeit nach 1990 erzählen, da er erst seit diesem Jahr Karate übt.

In Bezug auf diese Arbeit und als Quelle habe ich, wie bereits erwähnt, drei Interviews

geführt. Diese sind im Anhang nachzulesen oder gegebenenfalls zu hören. Viele

Absätze dieser Arbeit verweisen am Ende auf ihre inhaltliche Herkunft aus den

entsprechenden Interviews.

1.4 Vorüberlegungen

Die Erstellung des Interviewbogens war entscheidend wichtig, um meine

gestellten Fragen möglichst effektiv und vollständig beantworten zu können.

Gleichwohl war es auch wichtig, flexibel auf den Gesprächsverlauf zu reagieren und

nicht starr am Fragebogen zu hängen.

Die Interviewergebnisse können sich überschneiden und damit Informationen

bestätigen. Jedoch ist es auch möglich, dass sich die Aussagen der Befragten in

verschiedenen Punkten widersprechen. Dabei war zu prüfen, welche Quelle

glaubwürdiger ist und diese dann anhand von Dokumenten o.ä. zu belegen. In

manchen Fällen war es nicht eindeutig möglich, die Richtigkeit zu beweisen, es war

aber möglich, genaue Vermutungen aufzustellen.

Zu den Personen Jan Geppert, Axel Dziersk und Hendrik Felber:

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Meine Interviewpartner habe ich natürlich nicht willkürlich gewählt. Da sie viele

Erfahrungen, im Bereich Karate und dessen Umfeld gemacht haben, haben sie für

meine Arbeit eine große Bedeutung, da sie mir Details über die Karateentwicklung

nennen können. Jan Geppert konnte schon vor der Wende Erfahrungen mit Karate

sammeln. Durch das Militär und sein Umfeld, wie Freunde oder Bekannte, konnte er

seine Interesse weiter verfolgen Dabei lernte er Axel Dziersk kennen, zu dem ich

später mehr sagen möchte. Damit konnte er das Geschehen der Karateentwicklung

direkt miterleben. Heute ist Jan Geppert internationaler Wettkampfrichter im

Sportkarate und erfolgreicher Dōjō-Gründer in Kamenz. Der zuvor genannte Axel

Dziersk war als Informationsquelle für mich sehr wichtig. Der Berliner war zu Ostzeiten

der bekannteste Karatelehrer. Ihm war es gestattet sein Karate auszuführen. Damit

verbunden waren auch die Gürtelprüfungen, die er bis zum Schwarzgurt abgelegt

hatte. Durch seinen Fortschritt und die offizielle Anerkennung seins Grades war er

entscheidend an der Entwicklung, schon während der DDR und auch nach der

politischen Wende, beteiligt. Er gibt auch noch heute Lehrgänge in Deutschland und ist

ebenfalls Dōjō-Leiter. Hendrik Felber hat die Situation der Karateentwicklung seit der

Wende, also ungefähr 1990 erlebt. Mit seinen Aussagen konnte ich jedoch den Bezug

auf Königsbrück und den Kreis Kamenz herstellen, da er eine Karateschule in

Königsbrück leitet.

Durch die Auswahl dieser Personen konnte ich die Karateentwicklung von

verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Es ermöglicht mir damit Aussagen über die

regionale also auch überregionale Entwicklung zu treffen.

1.5 Glossar

Hier erscheinen die Erklärungen für die im Text kursiv gedruckten Wörter und

Abkürzungen:

DTSB Deutscher Turn- und Sportbund. Der Deutsche Turn- und Sportbund war

eine Massenorganisation in der DDR. Er kümmerte sich um die

Verwaltung des Sportes. Geleitet wurde der DTSB durch die SED. Der

DTSB war auch für die Zuteilung von staatlichen, finanziellen

Unterstützungen im Sportbereich zuständig.

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SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Die SED war eine

Zwangsvereinigung aus SPD und KPD. Sie entwickelte sich unter dem

Einfluss der Sowjetunion zu der einzigen führenden Partei in der DDR

und hatte damit fast diktatorische Macht. Die Staatspartei regelte also

alle wirtschaftlichen-, sozialen- und gesellschaftlichen Gegebenheiten.

VR = Volksrepublik

DKV Deutscher Karate Verband e.V. Der DKV wurde 1976 gegründet und

stellt den größten deutschen Verband für Karate dar. Er ist „Mitglied

sowie offizieller Repräsentant für diesen Sport im Deutschen

Olympischen Sportbund“

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Meine Interviewpartner:

Axel Dziersk

- War einziger Schwarzgurtträger der DDR

- Hat Karate nach und vor der DDR in Deutschland auf gebaut

- 47 Staatssicherheitsangestellte haben ihn ständig beschattet

- noch heute erfolgreicher Karatelehrer

Axel Dziersk in Aktion : http://www.youtube.com/watch?v=TmXtMDQUMAQ

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Jan Geppert

- Übte schon in der DDR Karate

- Konnte Karatebücher in der Bibliothek Dresden lese n

- Ist heute international anerkannter Kampfrichter

- erfolgreicher D ōjō-Leiter in Kamenz

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Hendrik Felber

- Erlebte die Karatesituation vor allem seit 1990

- Hat vor allem Kenntnisse über die örtliche Entwick lung

- erfolgreicher D ōjō-Leiter in Königsbrück

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2.Hauptteil

2.1 Die Karatesituation in den letzten Jahren der D DR

Schon in den letzten Jahren der DDR konnte man mögliche Schwachstellen dieses

Systems erkennen. Diese spiegelten sich auch in der Ausführung des Karates wieder.

Dadurch war es den noch versteckt übenden Karateka immer besser möglich, ihr

Hobby im Geheimen auszuführen. Einige hatten sogar das Privileg, Karate als ihre

Kunst bei Showauftritten aufzuführen, so wie Axel Dziersk. Anderen wiederum war es

möglich, Karate zu üben, um als Türsteher arbeiten zu. Ein weiterer wichtiger Punkt ist,

dass Axel Dziersk 1986/87, mit drei weiteren Karateübenden zum Vorsitzenden des

DTSB zu einem Gespräch nach Rostock gebeten wurde. Dabei ging es um die weitere

Behandlung des Karate im Sportsystem der DDR bzw. sogar um dessen Verbot, da es

angeblich viel zu gefährlich sei. Gefährlich sei es deshalb, weil bei Unachtsamkeit

schwere Verletzungen oder Todesfälle auftreten könnten. Der Vorsitzendausschuss

des DTSB wusste nicht, dass es Regeln gaben und man vor dem Auftreffen auf den

gegnerischen Körper stoppt, um Verletzungen jeglicher Art zu vermeiden. Laut Axel

Dziersk konnte er den DTSB-Ausschuss von der Ungefährlichkeit des Karate

überzeugen und somit den Weg einer Zusammenarbeit von Staat und Karate-Übenden

ebnen und das noch in der Zeit der DDR. Da nirgends niedergeschrieben war, dass

Karate verboten und deshalb illegal war, schockte Axel Dziersk mit den Mitglieder- und

Dōjō-Listen, die er ihnen übergab, den Staatssicherheitsdienst und den DTSB. Er traf

sie damit an einer Schwachstelle, die sie nicht eingestehen wollten, nämlich der, dass

es kein offizielles Verbot für Karate gab, jedoch unerwünscht war. Somit wollte Axel

Dziersk sie mit Ehrlichkeit von ihrer Haltung abbringen. Durch die Einsicht in die Listen

war es dem Staat auch nicht mehr möglich, Karate als Ganzes zu verbieten, denn

dann hätte es für Tausende ein Verbot geben müssen. Nach einiger Bearbeitungszeit

meldete sich die Staatssicherheit mit anderen Gründen, Karate zu unterdrücken. Dabei

kam ins Gespräch, dass Karate nicht olympisch sei und dass die Übenden damit keine

Medaillen zum Ansehen der DDR gewinnen könnten. Außerdem waren einige

Karatekämpfer im Nahkampf wohl besser ausgebildet als die Sicherheitskräfte in

Armee und Polizei und genau das war der ausschlaggebende Punkt, dass die

Verantwortlichen in der DDR nicht wollten, dass Karate im großen Stil unterrichtet

wurde. Nach wiederum knapp einem Jahr Pause nahmen die Staatssicherheit und der

Jūdō-Verband der DDR selbstständig Kontakt mit Axel Dziersk auf. Trotz der

Gegenstimme des DTSB kam es zu einer Zusammenarbeit, denn die Polizei und die

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SED hatten schon eingesehen, dass sie die Karateausbildung für sich nutzen konnten.

Karate war von nun an eine kleine Abteilung im Bereich des Jūdō und wurde durch den

Präsidenten des entsprechenden Verbandes vertreten. Daraufhin folgten die erste

Meisterschaft im Karate in der DDR in Leipzig und Berlin, an denen alle teilnahmen, die

glaubten eine Kampfkunst zu beherrschen. Dadurch wirkte diese in Teilen chaotisch

und zeigte aber, dass schon viele Karate oder ähnliches trainiert haben.

2.2 Problematik des Trainings (Ort, Lehrer, Lehrgän ge)

Oft war es schwierig einen überdachten Trainingsort zu finden. Hatte man dann eine

möglicherweise geeignete Halle entdeckt, wurde man oft von der langen Bearbeitung

der Nutzungsanträge oder dem baufälligen Zustand der Gebäude verschreckt. Diese

Situation änderte sich erst nach der Wende. Bis dahin traf man sich oft, um unerkannt

im Freien zu üben. Laut Axel Dziersk haben er und seine Mitübenden fast jede

Gelegenheit genutzt, um Karate zu trainieren. Daraus folgte aber auch, dass sie unter

ständiger Beobachtung durch die Staatssicherheit standen. Nach der Einsicht in die

Akten waren auf Axel Dziersk bis zu 40 Staatssicherheitsangestellte angesetzt, um ihn

zu beobachten.

Durch das Gespräch mit Axel Dziersk ist mir bekannt, das er eine offizielle Graduierung

im Karate bereits in der Zeit der DDR hatte. Ihm war es also gestattet, Prüfungen

abzunehmen. Dies ermöglichte es ihm, auch andere Dōjō in Ostdeutschland zu

gründen und sie unter seiner Verantwortung und Beobachtung trainieren lassen. Diese

waren damit verpflichtet, ihn regelmäßig zu sehen, um von ihm Anleitungen zu

erhalten. Die Möglichkeit einen anderen Lehrer zu finden, der einem ebenfalls Karate

beibringen konnte, bestand praktisch nicht. In der DDR gab es somit offiziell nur Axel

Dziersk, der in Berlin seine Schule führte.

Des Weiteren gab es noch die Chance, Kontakte in der VR Tschechoslowakei, VR

Polen oder VR Ungarn aufzunehmen, da Karate dort nicht verboten war. Dies wurde

aber erschwert, als die Grenze zu Polen geschlossen wurde. In Polen war es auch

möglich, Prüfungen im Karate abzulegen. Jedoch konnten nur Polen,

Schwarzgurtprüfungen (Danprüfungen) abnehmen. Die meisten Übungsleiter in der

DDR waren jedoch als Farbgurte nur Träger von Kyū-Graden, besaßen also nur drei

oder vier Jahren Erfahrung im Karate. Sie hatten meistens nur ein halbes Jahr

Vorsprung im Vergleich zu ihren Schülern. Damit waren die Konsistenz und die Inhalte

der Trainings eher schlicht. Zusammenfassend war es für einen normalen Bürger der

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DDR kaum möglich einen Übungsleiter für Karate, noch weniger einen richtig

ausgebildeten Lehrer zu finden. Kontakte konnten eventuell im Bereich des Militärs

geknüpft werden, da es dort eine Nahkampfausbildung mit entsprechend geschultem

Personal gab.

Sehr oft wurde dagegen aus Büchern gelernt. Jan Geppert war es zum Beispiel

möglich, eine staatliche Bibliothek in Dresden zu besuchen, die über Karate-Literatur

aus dem Ausland verfügte. Diese Lizenz erhielt er zur Abfassung seiner

militärwissenschaftlichen Arbeit. Dadurch war es ihm gestattet, alle Karatebücher zu

lesen und sogar Kopien zu erstellen. Auch Axel Dziersk hatte zunächst fast

ausschließlich aus Büchern gelernt und das mit einer vermeintlich einfachen Methode:

Er musste die Bilder aus den Büchern genauestens auf seinen Körper übertragen. Es

ist nachvollziehbar, dass dies eine sehr zeitaufwändige und anfangs mit nur wenig

Erfolg verbundene Arbeit war. Oft kam es zudem vor, dass die Bücher in einer

Fremdsprache verfasst und ohne Sprachkenntnisse nur die Bilder als

Informationsquelle verwertbar waren. Eine weitere Schwierigkeit war es, die Bücher

überhaupt zu bekommen. Wer Karate übte, musste sich auf illegalem Wege Bücher

aus dem Ausland schicken bzw. besorgen lassen. Schmuggel durch

Familienangehörige, wie Rentner war die Folge.

Offiziell fanden in der DDR keine Lehrgänge statt, zumindest waren es keine, wie wir

sie heute kennen. Ein heutiger Lehrgang beinhaltet eine Unterkunft in der Nähe des

Trainingsortes und gemeinsames Zusammen sein, vor und nach dem Training. Es gab

wenige, und diese wurden dann über die Armee als Selbstverteidigungskurs

ausgeschrieben. Die Veranstalter wollten mit ihren Lehrgängen unentdeckt bleiben.

Laut Jan Geppert fanden höchstens 10 Lehrgänge, innerhalb der DDR statt. Die

Staatssicherheit schätzte Treffen wie diese als zu großes Gefahrenpotenzial ein.

Deutlich wird dies am Beispiel von Jan Geppert: „Ein Mitglied von unserer militärischen

Nahkampfgruppe, der hat einen Witz gemacht, beim Essen. Und sein Vater, der war

bei der Marine, der hatte einen Segelschein und der durfte auf der Ostsee segeln. Und

da hat einer gefragt was denn passiert, wenn du falschen Wind bekommst und dann

abtreibst. Und da sagte der ebenso aus Spaß, na da schicke ich euch eben eine Karte

aus Kopenhagen. Das haben sie der Stasi gemeldet und daraufhin wurde der sofort

verhaftet“ An diesem Beispiel ist zu erkennen, warum Karate unerwünscht war und mit

welcher Genauigkeit Karate untersucht und beobachtet wurde. Jede schlechte Tat

eines Karate-Übenden wurde gleich mit einem böswilligen Charakter des Karate in

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Verbindung gebracht und bot der Staatssicherheit Gründe, gegen Karate vorzugehen

oder Festnahmen durchzuführen.

Axel Dziersk hat diese Frage ähnlich beantwortet. Er meinte, dass Lehrgänge vor allem

unter befreundeten Dōjō stattfanden. Oft wurde er für ein Wochenende gebeten in ein

Dōjō zu kommen, um dort sein Wissen weiter zu geben. Mit den neuen Techniken

haben die Übenden dann über ein halbes Jahr trainiert und sich weiterentwickelt.

Neben den Lehrgängen und Büchern gab es noch eine weitere Möglichkeit Karate zu

üben. Die DDR hat viele Programme gestartet, um Ausländer aus den verschiedensten

Ländern einzuladen, z.B. um in der DDR zu studieren oder zu arbeiten. Dabei kam es

gelegentlich vor, dass es sich bei diesen Ausländern um Karatebegeisterte handelte.

Um nicht aus der Übung zu kommen, wollten sie unter Gleichgesinnten trainieren.

Dabei kam es oft zu Begegnungen, aus denen sich etwas Größeres, wie eine

Karategruppe entwickeln konnte.

2.3 Kontakte zu anderen Vereinen

Am Beispiel der Lehrgänge kann man auch den Kontakt zu anderen Vereinen

beschreiben. Das Bindeglied zwischen den DDR-Karate-Gruppen war hauptsächlich

Axel Dziersk selbst, der - wie bereits erwähnt - viele Dōjō in Ostdeutschland gegründet

hat. Zwischen diesen fand natürlich ein erhöhter Erfahrungsaustausch statt.

Ein weiterer Kontakt zwischen Vereinen oder Trainingsgruppen war nach meiner

Kenntnis nicht vorhanden. Immerhin gab es Treffen zwischen einzelnen Personen, die

sich verabredeten und dann einige Stunden zusammen trainierten. Solche Treffen gab

es aber nur auf persönlicher Ebene; sie hatten nichts mit einem Seminar oder

ähnlichem zu tun. Zum anderen bestand auch gelegentlich Kontakt zu ausländischen

Vereinen, mit denen man sich ein- bis zweimal im Jahr traf, um gemeinsam zu üben.

Den Personen, die ich befragt habe, sind dazu jedoch keine weiteren Informationen

bekannt.

2.4 Karate und Armee

Bei dieser Frage teilen sich die Meinungen. Laut Jan Geppert existierte seit 1985/86

eine offizielle Karateausbildung in der NVA. Axel Dziersk bestätigt, dass es eine

Spezial-Einheit gab, im Westen bestimmte Ziele angreifen zu können. Jedoch würde er

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die Inhalte dieser Ausbildung nicht als Karate bezeichnen, da dieser Unterricht

militärischer Nahkampf war und gerade einmal sechs Techniken aus dem traditionellen

Karate beinhaltete. Jan Geppert würde diese Ausbildung aber als Karate bezeichnen.

Die Existenz einer sehr gut ausgebildeten Spezialeinheit ist zumindest mit dem Video

“Der lautlose Kämpfer“ und den Aussagen von Axel Dziersk und Jan Geppert

nachzuweisen.

Diese Einheit wurde nach Jan Gepperts Aussagen für eine Auftragstötung eines

Politikers im Westen eingesetzt, jedoch weiß man nur wenig darüber Bescheid, da

dieses Vorhaben mit höchster Geheimhaltungsstufe vom Staatssicherheitsdienst

behandelt wurde. Weitere Inhalte in der Armeeausbildung waren Kata, die mit

Werkzeugen ausgeführt wurden (z.B. Maschinenpistole, Spaten, Messer). Diese Form

einer Kata wurde aus dem Karate übernommen und mit anderen Gegenständen

ausgeführt. Die Inhalte des militärischen Nahkampfes wurden auch in einer Zeitschrift

veröffentlicht, die teilweise Karatetechniken beinhaltete. Ein ähnliches Buch, namens

Gjogsul, beinhaltet regelrechte kämpferische Anleitungen, die jedoch für den

militärischen Nahkampf dienen sollten.

2.5 Karate und J ūdō

Viele denken, dass Karate in der DDR verboten war, aber nach der Auswertung der

Interviews kann ich sagen, dass es lediglich nicht erwünscht war. Es gibt keinen Beleg,

dass es ausdrücklich verboten war. Aber es gibt Belege, die beweisen, dass es

tatsächlich nicht erwünscht war. So sieht man in der Quelle M1 im Anhang, dass „Der

Karatesport […] im DTSB nicht erwünscht [war]“. Laut diesem Dokument erhielten die

Karate-Übenden auch „keinerlei Unterstützung“ des Staates. Um trotzdem trainieren zu

können, mussten sie sich etwas einfallen lassen, um nicht das Aufsehen der

Staatssicherheit zu wecken. Zum Beispiel wurden die Trainingsgruppen anders

genannt, wie etwa „Aerobic“ oder „Judo 2“ oder die Trainingszeiten wurden auf sehr

späte Tageszeiten gelegt, laut Jan Geppert, erst 20.00 Uhr. Ein weiterer Punkt für die

kritische Haltung zum Karate war, dass es zu dieser Zeit relativ unbekannt und damit

gefährlich erschien. Man warb Interessenten damit, dass man mit Karate einen

Menschen mit einem Schlag töten könne. Für einen Laien bestand Karate also nur aus

zerstören und töten. Somit schätzte man Karate als viel zu gefährlich ein, im

Gegensatz zu Jūdō, zumal Jūdō auch noch olympisch war und die DDR mit den

errungenen Medaillen ihren Erfolg im Sport zur Propaganda verwenden konnte.

Veränderungen zeigten sich erst kurz vor der Wende, als die Armee und Polizei

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feststellten, wie effektiv Karate ist. (siehe: 2.1 Die Karatesituation in den letzten Jahren

der DDR)

Meine Vermutung, dass Karate aus politischen Gründen nicht geduldet wurde, hat sich

also nicht bestätigt. Aus den Erfahrungen von Jan Geppert und Hendrik Felber ist mir

bekannt geworden, dass es nie einen politischen Ansatz in Trainings- oder

Karategruppen gab, man hat sich auf das Training konzentriert, wohl schon allein aus

dem Grund, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit bereits unter Beobachtung des

Staatssicherheitsdienstes stand.

3 Die Anfänge des öffentlichen Karate-Unterrichts i n den ersten Jahren nach der

Wende

Nach der Wende und dem Zusammenbruch des DDR-Systems wagten viele, bis dato

im Verborgenen Übende ans Licht der Öffentlichkeit zu treten, um ihr Können im

Karate auch unter Beweis zu stellen. Jedoch war ihr Karate nach heutigen

Qualitätsmaßstäben meist nicht so gut entwickelt, da es - wie bereits beschrieben - bis

dahin schwer war, Karate richtig, unter professioneller Anleitung, zu erlernen. Die

Karate-Übenden mussten somit nach der Wende überprüft werden. Eine der Aufgaben

von Axel Dziersk war es, die Schwarzgurte zu prüfen, um eine gewisse einheitliches

Niveau zu erzielen. Dabei wurden die Urkunden und Lizenzen überprüft, die den

Lernfortschritt nachwiesen. Schon dabei verloren viele den Kontakt zu Axel Dziersk, da

sie diese nicht aufweisen konnten oder die Papiere gefälscht waren. Weiterhin wurden

viele hinsichtlich ihres erworbenen Ranges degradiert, da sie sich einen Kyū oder Dan

alleine zugeteilt hatten, mit der Begründung, sie könnten Karate. Mit dem

Zusammenbruch der DDR verlor auch der DTSB seine staatliche Anerkennung, so

dass die Übenden dem DKV beizutreten hatten, wenn sie etwas Vergleichbares

anstrebten. Von dieser Organisation erhielten dann alle Karate-Übenden einen

offiziellen Pass.

Um einen qualitativen Anschluss an die Karate-Übenden des Westens zu erzielen,

gaben sich viele die Mühe Kontakte in die „alten Bundesländer“ zu knüpfen. Schon

wenige Jahre nach der Wende fanden im Osten die ersten offiziellen Lehrgänge statt.

Zum Beispiel konnten die Kamenzer Karategruppe Kontakt mit dem deutsch-finnischen

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Lehrer Risto Kiskilä, einem Schüler des Karate-Meisters Hideo Ochi aufnehmen.

Kiskilä war in den 1990er Jahren sehr oft im Osten gewesen und hat wie andere Lehrer

auch dabei geholfen, Karate im Gebiet der ehemaligen DDR aufzubauen.

Durch die Öffnung der Grenzen ergaben sich nun auch ganz neue Möglichkeiten

Karate in den neuen Bundesländern zu entwickeln. Die Reaktionen der Lehrer aus

dem Westen waren sehr unterschiedlich. Manche halfen konstruktiv bei dem Aufbau

des Karate, indem sie Lehrgänge gaben, die sogar preislich an die Verhältnisse in der

DDR angepasst waren. Oder sie gaben den östlichen Übungsleitern Ratschläge zum

Training oder zur Gründung eines neuen Karate-Vereins. Andere Lehrer sahen auch

die Chance, selbst eine neue Schule aufzubauen. Da es nur einen Schwarzgurt in der

DDR und nach der Wende gab, war es für die anderen Farbgurte schwer, ein

funktionierendes Dōjō aufzubauen, da es ihnen an der nötigen Erfahrung und damit der

Qualität des Trainings fehlte, jedoch war die Nachfrage an Karate sehr hoch. Damit

sahen viele Lehrer aus dem Westen die Möglichkeit Karate zu ihrem Vorteil

auszunutzen. Laut Hendrik Felber und Jan Geppert „kamen aber auch viele

Scharlatane“ in den Osten. Diese gründeten viele Karateschulen, zum von ihnen zu

profitieren. Zum Beispiel Sven Kuber aus Bayern baute 10 bis 15 Schulen in der

ehemaligen DDR auf und machte dann sehr harte Verträge mit den Lehrern. Ihm

standen dann zum Beispiel 25% der Einnahmen zu, oder sie wurden gezwungen

Seminare zu besuchen. „Da gab es also Leute, die den freien Markt überschwemmt

haben und sich damit bereichert haben“. Auch Hendrik Felber ist ein ähnliches Beispiel

bekannt. Jedoch hat sich die ganze Situation dann im Laufe der Jahre normalisiert, da

nun die ehemaligen Farbgurte nachrückten und diese so genannten Scharlatane durch

eine bessere Qualität des Unterrichts und Aufrichtigkeit gegenüber den Lernenden

verdrängen konnten. Den Farbgurten der ehemaligen DDR gelang es nicht selten, kurz

nach der Wende eine Schwarzgurt-Prüfung abzulegen nachzuholen, da sie bis dahin

schon einige Erfahrungen gesammelt und sich lange mit Karate beschäftigt haben.

3.1 Verbesserungen des Trainings (Ort, Lehrer, Lehr gänge)

Durch die Wende und den Anschluss an den Westen verbesserte sich die Situation

des Karate um ein Vielfaches. Karate wurde jetzt nicht mehr als eine unbekannte

Sportart angesehen, sondern war eine Breitensportart wie jede andere. Bald erfreute

sie sich an einem großen Zuwachs an Interessenten. Karate hatte somit die gleichen

Rechte und Möglichkeiten wie jede andere Sportart. Damit verbunden war auch der

Zugang zu Hallenzeiten, die den Vereinen zustanden. Da Karatevereine oft mehr als

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100 Mitglieder hatten, war es ihnen möglich drei oder vier Hallenzeiten in Anspruch zu

nehmen.

Mit der Wende haben sich auch die Ziele, nach denen Karate vermittelt wurde, deutlich

geändert. Was früher ein sehr hartes, körperbetontes Training war, das von vielen

Ausdauer- Kraftübungen, Wiederholungen und gesundheitlich problematischen

Techniken verbunden gewesen ist, wurde jetzt ein mit Technik gefülltes, gesünderes

Training in den meisten Schulen angeboten. Die Ursache liegt darin, dass sich die

Kompetenzen der Trainier und Übungsleiter im technischen, medizinischen und

sozialen Bereich seit der Wende stark erhöht haben. Das war aber nur möglich, weil

die Karate-Übenden im Westen lernen und sehen konnten, was Karate tatsächlich ist,

sie, die bis dato nur die Figuren aus den Büchern kannten und nie mit anderen

erfahrenen Karate-Übenden trainiert hatten.

3.2 Ursachen für den großen Zuwachs in den Vereinen

Ein wichtiger Grund für den personellen Zuwachs der Vereine unmittelbar nach der

Wende ist natürlich, dass Karate lange Zeit unerwünscht war. Jetzt, da es sozusagen

legal geworden war, wollten viele diese, für sie immer noch exotische Sportart

ausprobieren. Gründe waren auch die vielen Filme, die karateähnliche Inhalte

darstellten. Viele dieser Filme haben jedoch ein falsches Bild vom Karate vermittelt. Es

wurde oft nur gezeigt, wie man am besten einen Menschen töten kann, oder ihn

schnell außer Gefecht setzt. Diese Inhalte bewegten die Menschen dazu, Karate zu

üben. Diese zerstörerische Einstellung war aber lediglich im militärischen Nahkampf zu

erkennen. Das eigentliche traditionelle Karate oder das Sportkarate hatte nie solche

Ziele gehabt. Die Menschen traten daher zum Teil mit falschen Erwartungen den

Karate-Vereinen bei.

Außerdem war es jetzt möglich, öffentlich Werbung für Karate zu machen. Auch

Hendrik Felber ist durch eine solche Werbung (ein schlecht gedrucktes A4-Blatt) im

Jahr 1990 auf Karate aufmerksam geworden. Finanziert werden konnte dies durch die

zu dieser Zeit hohen Vereinsbeiträge. Beispiel: Karatebeiträge 20 Mark im Monat,

Fußballbeiträge 2,5 Mark im Monat.

Entscheidend war sicher auch, dass es oftmals so war, dass Trainer direkt für den

Verein angestellt wurden. Damit konnten sie sich um die Finanzen, Werbung und

Trainingsführung besser kümmern, als wenn sie Karate auf Amateurebene betrieben

hätten.

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4 Die gegenwärtige Situation des Karate-Unterrichts (Ausblick)

„Nach dem großen Boom fallen jetzt die Mitgliederzahlen deutlich“. Jan Geppert

schätzte die Situation so ein, dass es sehr große Einbrüche in den Mitgliederzahlen der

Vereine gibt. Jedoch ist dies ein eher allgemeines Problem, da viele Jugendliche Sport

betreiben wollen, sich aber nicht an den Verein binden möchten. Diese Einstürze

müssen fast alle Vereine vermelden. Ein Vorteil im Karate ist aber, dass neben dem

Karateunterricht auch Disziplin, Aufmerksamkeit und Benehmen gelehrt wird. Laut Jan

Gepperts Aussagen wird auf diese Etikette zunehmend mehr Bewusstsein gelegt.

Damit hat Karate ein Vorteil zum Fußballtraining, da diese Themen hier eher weniger

Beachtung finden.

Aus den Beschreibungen von Hendrik Felber und Jan Geppert ist mir bekannt

geworden, dass Karate seine Exotik inzwischen verloren hat. Die Menschen meinen

inzwischen, Karate schon zu kennen. Sie sehen kaum noch einen Reiz darin, außer

der sportlichen Betätigung, Karate zu üben. Andere, neue Sportarten dagegen, die

noch unbekannt sind, gewinnen heute rasch an Mitgliederzahlen. Ähnlich verhielt es

früher mit dem Karate.

Es wird heute immer schwerer, sich als Dōjōleiter mit Karate durchzusetzen. Einige

behelfen sich dadurch, dass sie andere Aktivitäten mit Karate verbinden. Zum Beispiel

ist es möglich, Karate und Aerobic zu verbinden, oder es werden anderen Sportarten

oder Künste aus dem östlichen Raum angeboten, dazu zählt zum Beispiel

Waffenkampf. Ein gutes Beispiel für diese Vernetzung ist der Verein Tomogara Ryu

e.V in Kamenz.

Hendrik Felber meint dazu, dass es wichtig ist, wie sich die Lehrer eines Dōjō selbst

entwickeln. Ein Lehrer, der den Schülern nur den technischen Aspekt beibringen kann,

ohne auf anderes zu achten, wird es in Zukunft schwer haben. Ein guter Karatelehrer

muss seinen Schülern mehr als nur die Technik vermitteln. Darunter versteht Hendrik

Felber unter anderem die geschichtliche Entwicklung der Kampfkunst und das

Bewusstsein für menschliche Werte, die die Karate-Übenden nicht nur zu Kämpfern,

sondern zu reifen, friedliebenden Persönlichkeiten heranwachsen lassen. Ein anderer

Aspekt ist es, dass ein sportorientierte Trainer seine Qualität im Unterricht heute

besser ausspielen kann, als früher. Er sollte in der Lage sein, seinen Schülern zu

helfen, Medaillen zu gewinnen und sehr gute Karatesportler zu werden.

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4.1 Kontakte zu anderen Vereinen

Das Karate ist auch heute durch Kontakte zu anderen Vereinen geprägt. Jedes

Wochenende finden Lehrgänge statt, die im gewissen Maß die Entwicklung von Karate

befördern. Eine besondere Verbindung besteht zwischen den Vereinen, die den

gleichen Hauptlehrer besitzen bzw. im gleichen Verband organisiert sind. Da es in

Deutschland sehr viele dieser Hauptlehrer und Verbände gibt, die z.T. auch ganz

unterschiedliche Karatestile vertreten, ist die Zusammenarbeit daher begrenzt.

Zwischen den Vereinen ohne den gleichen Hauptlehrer kommt es aber zu Kontakten

mit persönlichen Interessen.

Im Raum Kamenz gibt es zudem keine Konkurrenz unter den Schulen. Auch wenn es

dafür keine Abmachungen gibt, versuchen die Karatevereine nicht Mitglieder von

anderen Schulen abzuwerben. In dieser Hinsicht arbeiten die Schulen passiv

zusammen.

5 Die Zusammenfassung

Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema habe ich einen guten Einblick in die

Entwicklung der Kampfkunst Karate in Deutschland erfahren. Mein Hauptziel, mehr

über die Entwicklung des Karates zu erfahren, habe ich aus meiner Sicht sehr gut

erfüllt. Durch die drei Interviews hatte ich die Möglichkeit, Informationen aus erster

Hand zu bekommen. Mit diesen Informationen konnte ich sogar jenseits meines

ursprünglichen Ziels viel über den gesamten Bereich des Karates kennenlernen. Und

nicht nur das, ich habe durch die Führung der Befragungen einen Einblick in die

Technik bekommen, Interviews zu führen, und habe dabei interessante Menschen

kennen gelernt, die gerne über ihre Vorgeschichte erzählen.

Außerdem kann ich jetzt mit Sicherheit sagen, dass es kein Verbot für das Praktizieren

von Karate gab. Übende waren jedoch im Staat nicht gut angesehen und mussten

vorsichtiger ihr Leben gestalten. Die Arbeit hat mir geholfen die Entwicklung des Karate

zu erforschen.

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6 Danksagungen

Ein besonderes Dankeschön an Frau Eisold, meinen Mentor, die sich die Mühe

gemacht hat, mich bei dieser Arbeit zu betreuen und mir stets Tipps und Ratschläge

geben konnte.

Einen großen Dank gebührt auch meinen Interviewpartner, die es mir ermöglicht

haben, mich intensiver mit Karate zu beschäftigen. Ohne die informationsreichen

Berichte wäre es für mich wohl schwer möglich gewesen, eine solch umfangreiche

Arbeit zu erstellen. Dankeschön Jan Geppert, Hendrik Felber und Axel Dziersk.

Einen weiteren Dank möchte ich ebenfalls Hendrik Felber, Richard Möhn, Nils

Trautmann, Diane Pönisch und Resi Zschieschang aussprechen, da sie mich durch

das freundliche Korrektur lesen auf inhaltliche und sprachliche Probleme hingewiesen

haben.

Eine große Hilfe war meine Familie, die mir half die Interviewdokumentation

fertigzustellen, die mit viel Mühe entstanden und im Anhang nachzulesen ist. Einen

Herzlichen Dank.