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200 Die Eosinreaktion des Glases an Bruchflachen. II. Verwitterbarkeit schwerer Giasarten. Von F. MYLIGS. (Mitteilung aus der Physik.-Tech Reichsanstalt.) Rlit 3 Figuren im Text. Unter der Eezeichnung : ,,Verwitterung" merden bei dem Glase folgende Einzelerscheinungen beobachtet. 1. Ver~~~itterungsbeschl~~e : a) tropfenforniig 1 b) lrristallisiert 1 Tan und Salzbeschlag; c) organisiert : Der ,,Tropenbeschlag", eine Slgenwucherung. 2. Korrosion. Rauhwerden der Oberflache durch ungleich- 3. Aufnahme von Wasser in die Substanz des Glases. 4. Austritt von Rasser aus dem Glase mit den Entglasungs- a) Abblattern des Glases, Bildung von Rissen und Schuppen ; b) Schaumbildung tlurch Absonderung von Gasblasen bei c) Absonderung fest5r Teile bei dem Erwiirnien; eigent- rnifsiges Anslaugen. erscheinungen: starkem Erwarmen; liche Entglasung. Diesen Verwitternngserscheinungen schliefst sich als eine fiinfte Stiirung der Haltbarkeit manchen Glases die ,,Fleckenempfindlich- lteit" an, welche ihre besonderen Ursachen hat und eiae besondere Resprechung erforder'c. Die Erscheinungen 1-4 sind dagegen gemeinsam nuf die Wirkurig der Luftbestandteile, und insbesondere des Wassers, zu- ruckzufuhren. Ton diesen tr:rscheinungen der Verwitterung ist die Rildung iler Verwitterungsbesclilage am leichtesten erkennbar ; und

Die Eosinreaktion des Glases an Bruchflächen. II. Verwitterbarkeit schwerer Glasarten

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Die Eosinreaktion des Glases an Bruchflachen. II.

Verwitterbarkeit schwerer Giasarten. Von

F. MYLIGS. (Mitteilung aus der Physik.-Tech Reichsanstalt.)

R l i t 3 Figuren i m Text.

Unter der Eezeichnung : ,,Verwitterung" merden bei dem Glase folgende Einzelerscheinungen beobachtet.

1. V e r ~ ~ ~ i t t e r u n g s b e s c h l ~ ~ e :

a) tropfenforniig 1 b) lrristallisiert 1 Tan und Salzbeschlag;

c) organisiert : Der ,,Tropenbeschlag", eine Slgenwucherung.

2. Korrosion. Rauhwerden der Oberflache durch ungleich-

3. Aufnahme von Wasser in die Substanz des Glases. 4. Austritt von Rasser aus dem Glase mit den Entglasungs-

a) Abblattern des Glases, Bildung von Rissen und Schuppen ; b) Schaumbildung tlurch Absonderung von Gasblasen bei

c) Absonderung fest5r Teile bei dem Erwiirnien; eigent-

rnifsiges Anslaugen.

erscheinungen:

starkem Erwarmen;

liche Entglasung.

Diesen Verwitternngserscheinungen schliefst sich als eine fiinfte Stiirung der Haltbarkeit manchen Glases die ,,Fleckenempfindlich- lteit" an, welche ihre besonderen Ursachen hat und eiae besondere Resprechung erforder'c.

Die Erscheinungen 1-4 sind dagegen gemeinsam nuf die Wirkurig der Luftbestandteile, und insbesondere des Wassers, zu- ruckzufuhren. Ton diesen tr:rscheinungen der Verwitterung ist die Rildung iler Verwitterungsbesclilage am leichtesten erkennbar ; und

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Kieselsaure Kalk Zinkoxyd Borsaure I3 ary t Bleioxyd

da man hier sowohl die Korrosion als das Eindringen des Wassers als unerhebliche Begleiterscheinungen auffassen kann, so mird die Veranderlichkeit des Glases an der Luft oder seine V e r w i t t e r b a r - k e i t durch die Bestimmung der in der Zeiteinheit auftretenden Salz- beschlage fur die Praxis genugend gekennzeichnet.

Nach der grundlegenden Untersuchung von WARBURG und IHMORI beruht die Hygroskopizitat des Glases auf seiner hydro- lytischen Zersetzung unter Bildung von Alkali, welches als die Ursache fur die temporare Wasserhaut des Glases zu betrachten ist. Diese bildet aber die Grundlage fur den spateren Verwitterungs- beschlag, an dessen Bildung die Kohlensaure der Luft einen wesent- lichen Anteil nimmt.

I m Sinne dieser Auffassung liegt sowohl die alkalimetrische Verfolgung der Verwitterungserscheinungen, als die Tatsache , d a h die Verwitterungsbeschlage zum weitaus grokten Teil aus Knlium- und Natriumkarbonat bestehen.

Kali Natron

Tonerde

WARBUBG und IHYORI, W i e d . Am. 27 (1855), 451. Vgl. im iibrigen E. ZSCHIMMER, Die Glasindustrie in Jena (Jena 1909). MYLILTS und GROSCBUFF, D. Meehan. Ztg. 1910. 41-45.

Magnesia Antimonoxyd 1

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man in Anwendung bringen kann, ohne die einzelnen Glasobjekte zerstoren zu mussen. Xan erfahrt dabei qualitativ nur die Haupt- bestandteile, welche, nanihaft gemacht, die chemische Klasse des Glases ergeben.

Mikrochemische Proben.

1. Das Glas wird in einem Umkreis von einigen Quadratmilli- meterii mit einer Feile rauh gekratzt. Diese Sttlle benetzt man mit einem Tropfen atherischer Jodeosinlosung und waschst sie tlrtrauf mit einem Tropfen -ither.

Botfirbung zeigt basenhaltiges Glas an im Gegensatz zu Quarzglas, welches farblos bleibt.

2. Ein Tropfen 10°j, iger FluorwasserstoBsaure wird auf das Glas gebracht.

Sofort.ige Triibung ergibt Glas, welches reich an erdigen oder schweren Oxyden ist (Calcium, Barium, Blei, Zink ujw.) i r n (frgerlsatz ZLI nietallarmen Gliisern, welche keine Triibung zeiger.

3. JIit Clem Beaktionsprodukt VOII 2. benetzt inan das Encle tines Platindrahtes uncl bringt. ihn vorsichtig in die Bunsenflamme.

Ein fiiichtiges griines hufleuchten zeigt mit Sicherheit Borsaure an. Natrium gibt sich bei deni Gliiheri durch die Cklbfirbung zu

crkennen. Grof'sere Mengen Kalium erkenn t man zugleicli mittels eines

VOI* das Buge gehaltenen blauen Kobaltglases an der Violettfiirbung, lmser aber mit Hilfe eines Taschenspektroskopes an der cliarakte- ristischen Liriie in Rot.

1. Zu dem Reaktionsprodukt von 2. wird ein Tropfen Schwefel- wssserstofivasser gefugt.

Schwarzfiirbung zeigt Blei an (Flintglas), irn Gegensatz zu blei- freien Gliisern, welclie keine Farbung annehmen. Antimon gibt sich Jagegen durch einen gelbroten Niederschlag kund. Die weitere Orientierung iiber die metallischen Bestandteile des Glases wird in (+efiifsen vorgenommen.

Zu diesem Zweck wiederholt man die Reaktion 3., indem man ihr zur Entwickelung 5 iliiinuten Zeit lalst.

Das Rcaktionsprodukt wird mit 3 ccm Wasser in einen Porzellan- d e r Platintiegel gespult und darin mit so vie1 (ca. 0.1 g) Natrium- hikarbonat vermischt, dafs nach Clem Aufhrausen ein kleiner Uber- >chufs vorhanden ist. Xunmehr wird (etwa 2 Minuten) gekocht, his 4ch eiii Koagulum abscheidet. Die Vollstandigkeit der Umsetzung

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erkennt man daran, dafs ein Tropfen der abgegossenen alkalisclien Flussigkeit Methylenhlaul~sung nicht fallt ; geschieht dies dennoch, so is t das Kochen fortzusetzen.

Nach dem Absetzen dekantiert man, wascht den Niederschlag durch Abgiel'sen dreimal mit je 3-5 ccm Wasser aus und rer- dampft ihn in dem Tiegel mit 10 Tropfen verdunnter SalzstCure bei l o o o zur Trockne. Der kleine Ruckstand wird mit 3 ccm Wasser unter Zusatz von 2 Tropfen verdunnter SalzsBure behandelt. I n dem unloslichen Ruckstand erkennt man die K i e s e l s a u r e des Glases, welche man abfiltriert.

Die filtrierte Chloridlosung wird, wenn notig , durch Schwefel- wasserstoff vom Blei (oder Antimon) befreit und dient nunmehr zu folgenden weiteren Versuchen.

5. Die Losung versetzt man im Reagierrohr mit einem Tropfen verdiinnter Schwefe1stCur.e und erwarmt zum Sieden. Ein schwerer weifser Niederschlag zeigt Barium an.

6. Die, wenn notig, filtrierte Losung von 5. w i d mit einem Tropfen Ferrocyankaliumlosung versetzt. Ein weilser schleimiger Niederschlag zeigt Zink an. Erscheint der Niederschlag bliiulich, so ist eine Spur Eisen anwesend.

7. Die notigenfalls wiederholt filtrierte LGsung2 von 6. wird mit 3 Tropfen Ammoniakliisung zum Sieden erhitzt. Ein weilser flockiger Niederschlag ergib t Aluminium.

8. Die notigenfalls filtriel-te Lbsung yon 7. wird mit 1 Tropfen Oxalsaurelosung langsam erwarmt. Nach 2 Minuten ist das Calcium an der Entstehung einer weifsen Trubung erkennhar.

9. I n der, wenn notig, filtrierten Losung yon 8. wurde nach Zusatz von 2 Tropfen Natriumphosphatlosung die langsame Ent- stehung eines kijrnigen Niederschlages auf Magnesium hinweisen.

Nach dieser einfacheii analytischen Orientierung ist man leicht

1 Wenn Blei nnd Barium von vornherein auegeschlossen sind, ksnn man dss Reaktionsprodnkt 2. durch Eindampfen mit 2 Tropfen verdiinnter Schwcfel- saure im Platintiegel und darauf folgendes Gliihen, von der Kiesclsaurc be- freien und erhalt dann einen Ruckstand, melcher sich in verdiinnter Sa lz sh re sufliist. illit dieser Losung lassen sich ebenfillls die Renktionen 5-9 zur Aus- fiihrnng bringen.

9 Die Kliirung der zinkhaltigen Mischung wird wesentlicli erleichtert durch Hinzufugen einiger Tropfen sehr verdiinnter Silbernitratlosung; der Niederschlag nimmt dadurch eine flockige Beschaffenheit an und Il lst sich leicht abfiltricren.

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imstande, das vorliegende Glas mit der richtigen Klassenbezeichiiung zu versehen; die gestellte dufgabe ist damit erfullt.

J e nach der Zusanimensetzung wird man die Glaser entmeder zu den leichten oder zu den schweren rechnen. Die letzteren unter- sclieiden sich von den ersteren durch einen grofseren Gelialt an scliweren metallischen oder erdigen Oxyden (von Barium, Blei oder Zink), oline dafs es notwendig erscheint, eine bestimmte Grenze fcst- zusetzen.

In einer friiheren Mitteilungl aurde gezeigt, wie man, bei Ver- wendung f r i s c h e r B r u c h f l i i c h e n der Glaser, durch Beruhrung rnit fenchter atherischer Eosinlosung, kolorimetrisch zu Zahlenwerteii ge- langen lrnnn, welche der Verwitterbarkeit entsprechen. Doch be- zogen sicli die Ergebnisse nur auf die l e i c h t e n Glasarten, welche dern Gebiet der Hohlglaser, Tafelglker und optischen Krongliiser angehoren. Diese enthielten. wenigstens in alterer Zeit, von erdigen Osyden wesentlich nur Kalk und Tonerde.

l n der gegenwiirtigen erganzenden Mitteilung sol1 daruber be- richtet werden, ob oder inwieweit das gleiche Verfahren auch An- wendung finden kann zur Beurteilung der Verwit terbarkeit der scliwereii Sililiatglaser, wie sie in der Optik als bleihaltige Flint- glsser, Zink- oder Bariumsilikate resp. Borosilikate so vielfach ge- br:tucht werden.

II. Glas und Jodeosin. Da als Reagens eine mit Wasser gesattigte atherische Losung

cles Jodeosiiis (C,,H,J,OS) gebraucht mird (0.5 g im Liter), das Glas aber aus einer Jlischuug wasserfreier Oxyde besteht, so ist es von Interesse, die Wirkung dieser Oxyde im einzelnen zu beobachten.

Kali, Satron, Magnesia, h‘alli, Baryt , Zinkoxyd und Bleioqd, fur sich mit der Liisung ubergossen, iiben eine stark absorbierende Wirlinng auf den Farbstoff aus, welcher sich niit ihnen zu norinaleii Salzen vom Typus R” (C,,H,J,O,) verbindet. Im reinen Zustande erlialt man die Salze leicht aus dem kristallisierten jodeosinsvurem Satriurn durch doppelte Umsetzung rnit den Metallsalzen, z. B. mit

F. MILIOS, Z. nlzorg. C/ZC~~Z. 63 (19Oi), 2;13-260. Vgl. MPLICS-FOERSTER, Bw. deutsch. cl~cnz. Ges. 24 (1Y91), 1452. Fur

die uneiitgeltliclie Uberlassung von 250 g jodeosinsauren Natriums im Zustand tler Beinheit ist die Reichsanstalt der Badischen Anilin- und Sodafabrili in I~dwigshafen zu Dank verpflichtet.

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den Chloriden. Leicht loslich sind die Salze von Kalium, Natrium, IIagnesium, schwer loslich diejenigen von Calcium, Barium, Zink. Das ebenfalls schwer losliche Bleisalz wird zum Unterschiede von den ubrigen Salzen gewohnlich nicht kristallisiert , sondern in aniorpher, flockiger Beschaffenheit erhalten.

Mit u n z u r e i c h e n d e n Mengen der Eosinlosung liefern Bleiosyd und Zinkoxyd ebenso wie Magnesia durch Absorption rotgefarbte Praparate, welche sich durch Wasser schwer vom FarbstoE be- freien lassen und denselben augenscheinlich in der Form ,,baskcher Verbindungen" enthalten. Mithin zeigt die Jodeosinsaure hinsicht- lich ihrer Salzbildung einige xhnlichkeit niit der Kohlensaure, welche an den Verwitterungsvorgangen beteiligt ist.

Auch das Aluminiumoxyd wird durch Schutteln mit atherischer Eosinlosung rosenrot gefarbt, ohne dafs jedoch die Losung 811 Farb- stoff erschopft wird ; die Absorptionsfahigkeit ist also gering; den- noch ist es nicht moglich, dem rot gefarbten Praparat durch Waschen mit Ather den Farbstoff ganz zu entziehen. Eine Losung von Alu- miniumchlorid in Wasser wird durch eosinsaures Natrium gefallt, indem eine lockere salzartige Verbindung zur Abscheidung gelangt. Bei dem Schutteln rnit Ather geht das Eosin aus dem Niederschlage wieder in Losung, wahrend die Tonerde, noch etwas gefartt, zu- riickbleibt. Wird in verdunnter Losung von Aluminiumchlorid durch allmahlichen Zusatz von Ammoniak ein Niederschlag erzeugt , so wird derselbe durch atherische Eosinlosung zu Anfang nicht gefarbt. Sobald aber alle Saure durch das Ammoniak neutralisiert wird, nimmt der Niederschlag eine schwache Rotfarbung an.

Die Tonerde absorbiert demnach als schwache Base aus den atherischen Losungen ein wenig Eosin, jedoch nicht so viel, dafs es zur Bildung normnler Salze kommt. Diese werden vielmehr, falls sie bestehen, durch i t h e r in ihre Bestandteile zerlegt, wobei auf beiden Seiten Gleichgewichtszustande entstehen.

Ebenso wie die Tonerde wird auch die K i e s e l s a u r e in ihrer kauflichen Beschaffenheit durch atherische Eosinlosung rotlicli ge- firbt . Dies ist jedoch auf eine Verunreinigung mit basischen Be- standteilen zuriickzufithren. Zur nachtriiglichen Reinigung wurden die pulverformigen Kieselsaurepraparate zunachst mit schwach salz- saurem Wasser behandelt, d a m der Reihe nach mit Wasser, Al- kohol und Ather ausgewaschen und an der Luft getrocknet. Rei 5 illinnten langein Schutteln mit atherischer Eosinlosung blieben die Praparate nunmehr vollkommen weirs; eine Absorption des Farb-

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stoffes war weder an dem Kieselsaurehydrat H,SiO, noch an dem Anhydrid wahrzunehmen. Eine Losung ron Siliciumchlorid in Wasser 1 gibt mit eosinsaurem Natriuin eine rote wesentlich aus Eosin bestehende Fallung, welche in Ather leicht loslich ist, wahrend die Kieselsaure grofstenteils in der wasserigen Schicht in Losullg bleiht.

Reine Borsaure, sowohl in der kristallisierten hydratischen Form H,BO,, wie als Anhydrid, verhielt sich wie die Kieselslure; eine Ab- sorption des Eosins aus atherischer Losung fand nicht statt.

Die angefuhrten Tatsachen bestatigen die bisherige Annahme, dafs die Absorption des Jodeosins aus seiner atherischen Losurlg durch das Glas eiiieni cheniischen Vorgange entspricht, an welchem ausschlielslich die basischen Bestandteile beteiligt sind. Sie lassen ferner vermuten , daCs die Absorptionsschicht nicht bei allen Glas- arten aus ,,Normalem AlkalisalzLL besteht, und die Frage liegt nahe, wieweit auch die erdigen und metallischen Oxyde an der Bildung cler gefarbten Schicht teilnehmen. Fur die Flintglaser, bei welchen eine Teilnahme des Bleioxyds an der Reaktion wahrscheinlich ist, muls die Frage besonders eingehend gepruft werderi. Zur Orien- tierung mogen die folgenden Beobachtungen dienen, welcbe an ver- schiedenen Glasarten im koinpakten oder gepulverten Zustande die Ri!dung des eosinsauren Bleis verfolgen sollten.

1. Alkalifreies Bleisilikatglas, welches bekanntlich gegen die Wirkung wasseriger Saure sehr empfindlich ist, wird von der athe- rischen Eosinlosung bei 1 Y o nur sehr langsam angegriffen. Der Versuch mit einem dunltelgelben schwersteii Flintglase (Kr. 231 yon S c h o t t u. Gen. - 79°/o PbO, 21O/, SiO, - ergab auf frischer Bruchflache bei cler Minutenprobe einen nicht direlit erkennbaren Beschlag voii 2.6 mg Jodeosin pro Quadratmeter. Dieser R e r t wurde jedoch bei einer Eintauchdauer von 24 Stunden auf 7 5 mg erlioht und war dann als goldig glanzender, in Wasser fast unliis- licher Uberzug als .,Eosinsaures Blei" leicht kenntlich. Wahrend 1 Minute betragt die dbsorption bei dem Bleisilikat demnach nicht mehr als bei den besten Arten von Kronglas, welche 1-3 mg .Jodeosin aufnahmen.

2. 10 g gepulvertes alkalihaltiges Flintglas (Nr. 102 aus Jena 30 "/,, Bleioxyd, 7 O/, Kali nnd 43 O/, Kieselsaure) absorbierte BUS

1cIO ccm der atherischen Losung 3 cg Jodeosin. Von Ather befreit

Vgl. MILIUS-GROSCHOFF, Ber. cleulsch. chem. Gcs. 30 (1906), 119.

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Nr. 231. Schwerstes Bleisilikat 1 2.6 Nr. 41. Kalium-Natrium-Bleisilikat 10 Nr. 211. Kalium-Barium-Blei-Zink-

Borosilikat. ' l2

wurde das rote Pulver mit 150 g Wasser ausgezogen. Es hinter- blieb ein roter Glasriickstand, welcher wenigstens ebensoviel Farb- stoff als Bleisalz enthielt, wie das rote Filtrat als Alkalisalz. Ver- diinnte Natronlauge brachte den Farbstoff leicht in Losung.

3. Als der gleiche Versuch mit dem bleiarmeren und alkali- reicheren Flintglase (Nr. 276 - 35.8O/, PbO - go//, K,O - 3O//, Na,O - 52O/, SiO, - 1.5,//, B,O,) angestellt wurde, ergab es sich, dals das durch Eosin rotgefarbte Glaspulver den Farbstoff leicht und voll- stiindig an das Waschwasser abgab; das eosinsaure Blei war also mit in die Losung gegangen.

4. Setzt man die Flintglaser nicht im gepulverten, sondern im kompakten Zustande 1 Minute lang der atherischen Eosinlosung aus, so werden deutliche Farbschichten mit gelbgruiiem Reflex erzeugt, welche sich schwer in reinem, leicht aber in alkalischem Wasser (0.1 g Soda im Liter) auflosen.

Der leicht liisliche Teil der Farbschicht besteht aus den Alkali- salzen, der schwer 1osliche BUS dem Bleisalz des Eosins; eine scharfe Trennung ist jedoch auf diesem Wege nicht durchfiihrbar.

Die Flintglaser gelten im ganzen fur schwer verwitterbar; in atherischer Eosinlosung bekleiden sie sich aber leicht rnit einer schwer loslicheii roten Schicht, welche stetig und schnell an Dicke zunimmt. Sie unterscheiden sich darin erheblich yon den leichten Glasarten, deren bessere Typen bei Reruhrung mit der Eosinlosung schon nach 1 Minute in einen fast passiven Zustand ubergehen.

Den Flintglasern aber sind die barium- und zinkhaltigen Glas- arten iiisofern ahnlich, als auch bei ihnen die Oxyde der zwei- wertigen Metalle an der Eosinreaktion mitwirken ; auch hier wird ein mit der Zeitdauer fortschreitende Absorption des Farbstoffes be- obachtet, wie die folgenden Beispiele zeigen.

7 5 15 59

13 69 104

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und mehr andauernde Beriihrung mit der atherischen Eosinlosung als zulassig erwiesen, insofern man in dieser Behandlung einen der naturlichen Verwitterung analogen Vorgaiig sehen durfte.

Bei den s c h w e r e n Glasarten fuhrt dieser Weg zwar in gleicher Weise zu konstanten Versuchsergebnissen, aber die Analogie mit der natiirlichen Verwitterung geht hier verloren. denn in den Ver- witterungsbeschl5igen fehlen die schwereri Metnlloxyde , tvelche sich an der E o s i n r e a k t i o n wesentlich beteiligen. Zur Erkennung der Verwitterbarkeit schwerer Glasarten wurde also das erwahnte Ver- fahren einen falschen Weg bedeuten.

Wenn in diesem Sinne eine I a n g e r e Behandlung der Gliiser mit der atherischen Eosinlosung zwecklos ist, so gilt dies nicht fur die in 1 Minute nuszufuhrende Reaktion, welche den Zustand des Glases an einer frischen Bruchfliiche alkalimetrisch kennzeichnet. ,Inch hier beschrankt sich die Reaktion nicht auf die Teilnahme der Alkalien; da aber zur Fallung des Farbstoffes ausschiiefslich alkaliscli .,reagierende Basen'. mitgewirkt hahen, so darf die niecler- geschlagene Eosinmenge summarisch als ein stochiometrisches Md's tier reagierenden Basen betrachtet werden, welches der ,, n a t i i r - 1 i c h e n A 1 k a l i t a t ( ( des Glases entspricht, ohne d d s ein Ruckschlufs auf die einzelnen Reaktionselemente notig oder durchfiihrbar er- scheint. Die ~osiii-D/Iinutenprobe an f r i s c h e n Bruchflachen ist also sehr geeignet , das urspriingliche Reaktionsvermogen der verschie- denen Glasarten zahlenmdkig festzustellen. Eine inderung dieser Zahlenwerte, bestimmt an i i l t e r e n Bruchflkchen, ware das Zeichen eines auf das Glas ausgeiibten chernischen Einflusses, z. B. einer vorarigegangenen Verwitterung.

L)ieser Forderung gemafs hat es sich gezeigt, dafb die gleiche Eosin-il.IinutenFrobe zweitens auch geeignet ist, absichtlich herbei- gefiihrte Veriinderungen der Alkalitiit an den Bruchflachen kennt- lich zu machen. Dies gestattet, den d i r e k t e n Weg zur Hestimmuiig der Verwitterbarkeit zu beschreiten.

Ill. Verwitterung. Fur eine absichtliche Verwitterung frisch gebrochenen Glases

ersclieint als Agens mit Wasser gesattigte Luft bei 18O zweck- m&g. Als Gefifse zur Aufnahnie der Glasstiicke fur die Ver- witterung dienen einfache Prapamtenzylinder xnit eingeschliffenem Glassttjpsel (Fig. l), welch? am Boden mit einer diinneri Schicbt tlestillierten Wassers bedeckt und im iibrigen mit Luft gefiillt sind.

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Bei tler Geringfiigigkeit der zu inessenden Alkalimengon (0.00001 bis 0.01 mg Natron an 1 qcm Rruchflache) ist ein hoher Grad der Reinheit von Wasser und Luft Bedingung; die saure Luft eines chemischen Laboratoriums ist unzulassig.

Die Luft in einer bewohnten Stadt kann als geniigend neutral gelten. I m Arbeitsraum ist fur gute Ventilation zu sorgen. Als Regel ist zu beachten, d a k die Gefgke niemals grijker gewahlt werden, als zur Aufnahme der Glasstucke notig erscheint, weil eine grofse Menge Luft selbst bei kleiner Sbweichung von der Seu- tralitat Fehler herbeifiihren kann. Die Glas- stiicke werden auf eine erhohte Glasscheibe hochkantig gestellt, so dals die zu priifen- den Bruchtiachen horizontal nach ohen liegen; bei hygroskopischen Glasarteii wird nuf diese Weise am besten ein Herabiiiel'sen der was- serigen Losung vermieden.

In einem Gefals von 100 ccm Tnhalt kann man leicht 4-6 Stiicken Glas mit Bruch- fliichen von je 2-3 qcm unterbringen. Ein Fig. 1.

Nangel an Kohlensawe kann dtbei niemals eintreten, denn die vorhsndene Menge wiirde bei wochenlanger Dauer hinreichen, die hydrolytisch an 1 qm Glas abgespaltenen Alkalien in Karbonate iiberzufiihren.

Ala Thermostat. dient zweckniafsig ein mit Deckel versehener grofser Zylinder aus Kupf'erblech, welcher in einer gegen die Warme gut isolierten, mit Wasser gefiillten Tonne untergebracht ist. Da eine geringe Schwankuiig um die Temperatur voii 18.0O keine Sttirungen verursacht, so geniigt bei dieser Einrichtung eine tag- liche Kontrolle der Temperatur (lurch Nachfiillen von kaltem oder warmem Wasser , oline dafs man einer automatischen Regulierung bedarf. Starke einseitige dbweichungen siiid zu vermeiden, da der Temperaturkoeffizient der Wirknng von Wasser auf Glas nach KOHL- RAUSCH bis zu loo/, des Wertes betragen kann.

Die Handhabung der Eosinreaktion an aeii verwitterten Glas- stiiclten wird genau so vorgenoinrnen wie es friiher fiir die frischen Bruchstiicke beschriehen ist; vo r dem EGntauchen in die atherische Losung lafst man die aus dem Befafs genommenen Glasstiicke einige Sekunden an der Luft liegen, damit der Uberschufs des aufge- nommenen Wassers verclunsten knnn.

%. anorg. Chem. Rd. 67. ? 4

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Riickgang der Alkalitat.

Bei der grofsen Reaktionsfahigkeit des Glases an frischen Bruch- flachen sollte man erwarten, dafs die durch Eosin melsbare natiir- liche Alkalitat unter dem Einflufs der Verwitterung sogleich eine Steigerung erfahrt, wie sie tatsiichlich auch bei zahlreichen Silikat- glasern beobachtet wird.

Bei den meisten s c h w e r e n Glasarten zeigt sich aber die iiber- raschende Erscheinung, dafs im ersten Stadium der Verwitterung keine Steigerung, sondern im Gegenteil eiiie starke Abnahme der Eosinwerte erfolgt. So ergab z. B. das Glas Nr. 546 als Alkalitat urspriinglich den Eosinwert 14, welcher durch die Verwitterung an eiriem Tage auf 6.5, in einer Woche auf 5 herabging. Wenn die gewohnlich beobachtete Z u n a h m e der Alkalitat darauf zuriicli- gefuhrt wird, dafs mehr und mehr basische Teile aus dem Glase in den Verwitterungsbeschlag iibergehen, so kann die Abnahme der Alkalitat nur gedeutet werden durch eine Veranderung der aufsersten Glasschicht! welche die Fixierung leicht aufschliefsbarer basischer Teile zur Folge hat, so dafs diese vor dem Ubergang in den Ver- witterungsbeschlag geschiitzt werden.

Die Flintglaser haben sich bei friiheren Versuchen gegeniiber den Leichtsilikaten als schwer loslich erwiesen. MYLIus und FOERSTER fanden 1559, d a h der wasserige Auszug der Kinlk, Zink- und Blei- gliiser auker den Alkalien uud der Kieselsaure auch Kalk, Zink- osyd und Bleioxyd enthalt, jedoch nur in Spuren. Die von den Bleiglasern an lieihes Wasser abgegebenen blengen Kieselsaure sind ini Vergleich zu dem gelosten Alkali vie1 lileiner als unter ahnliclien Verhaltnissen bei den Kalkglasern. Nach FOERSTER~ steht dies im Zusanimenhange mit der Bildung einer von ihm beobachteten Schicht von unloslichem, hydratisiertem Bleisilikat auf dem Glase.

Besonders bemerkenswert sind die sorgfiltigen Beobachtungen von KOHLRAUSCH, welcher sich folgendermalsen ausspricht: ,,Van den schwersten Blei-Silikatgliisern loste sich dauernd verschwindend wenig. L)a aber anfangs clas Leitvermogen des aufgegossenen Wassers etwas zu steigen pfiegte, urn nachher wieder nbzunehmen, so scheint es. dals Substanz in Losung geht, aber bald wieder abgeschieden

MYLILTS und FOXRSTER, Bcr. dculsch. chem. Ges. 22 (lass), 1092. F. FOERSTER, Zeitseh. nncdyt. CiiewL. 33 (1394), 316. F. I~OIXLRAUSCH, IVieied. Attn. 44 (1991), 577; Ber. dcutsch. clienr. Ges.

24 (1391), 3560.

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wird, was man auch an einem fest haftenden Niederschlag an den Flaschenwanden bestatigt findet. Vielleicht spielt eine Spur Kohlen- saure hier mit. Leichte Flintglaser dagegen sind auch dauernd gar nicht so wenig loslich.LL

Es kann wohl kaum zweifelhaft sein, dafs dem von KOHLRATJSCH beobachteten Ruckgang der Loslichkeit, und dem jetzt festgestellten Riickgang der Alkalitat bei der Verwitterung die gleiche Ursache zugrunde liegt.

Zur Orientierung uber die Loslichkeit der drei Glasbestandteile: Alkali, Kieselsaure und Bleioxyd mijgen die folgenden Beobach- tungen dienen:

1. Konzentrierte Losung von Wasserglas verhartet mit ein- geruhrtem Bleioxyd in kurzer Zeit zu einer festen Masse.

2. Eine verdunntere Losung von Natronwasserglas ergab bei kurzer Behandlung m i t wenig suspendiertem Bleioxyd ein klares Filtrat , welches neben 20°/, Wasserglas 2.5 Bleioxyd enthielt. Die Losung (welche sich bei dem Verdiinnen mit Wasser iiicht triibte) erstarrte innerhalb 12 Stunden zu einem truben Gel. Bei dem Erwarmen auf 50° t ra t die Gerinnung nach Art von Eiweifs schon in 2 Minuten ein. Durch Waschen des Gels rnit heirsem Wasser erhielt man ein bleihaltiges alkalisches Fil trat und einen flockigen Ruckstand von der ungefahren Zusammensetzung PbO + 5.5 SiO, + aq.

3. 1 g gegliihte Kieselsaure und 1 g Bleioxyd blieben einen Tag in Beruhrung mit 10 ccm einer 5O//,igen Natronlauge. fiber einem verharteten Rodensatze befrtnd sich eine klare , dunnflussige Losung, welche neben Alkali Bleioxyd und Kieselsaure enthielt. Bei dem Erwarmen auf 50° erstarrte sie in 2 Minuten wie Eiweifs.

4. Wird eine gegluhte Mischung von Natronwasserglas und Rleioxyd in Wasser gelegt, so umkleidet sie sich in kurzer Zeit mit einer gelatinosen Schicht von bleihaltiger Kieselsaure, wahrend Al- kali in Losung geht.

5. Wurde zu einer gesiittigten Losung von Bleioxyd in lOO/,iger Natronlauge ein wenig Wnsserglnslosung getropft, so blieb die Mi- schung auch bei dem Erwarmen klar. Bei starkem Verdunnen rnit Wasser trubte sie sich, und schied bei dem Erwarmen einen flockigen Niederschlag ab, welcher bei 100° getroclmet der Zusammensetzung PbO + 0.8 SiO, + 0.03 Na,O + 1.5 H,O entsprach.

6. Bei dem Unterlnssen der Filtration wnrde die trube Mi- schung von 5. durch absichtliches Verdampfen von Wasser wieder klar.

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7 . Nine konzentrierte LGsung von Natriunimetasilikat (Na,SiO,) liefert mit Bleioxyd eine bleihaltige Losung, welche erwkrmt werderi kann, oline zu gelatinieren, aber auf Zusatz von Wasser basisches Bleisilikat ausscheidet.

6. Kaliwasserglas gibt im wesentlichen die gleichen Erscliei- nungen wie Natronwasserglas.

0. Kieselsaure in einer bleihaltigen Losung von Wasserglas suspendiert, absorbiert Bleiosyd aus der Losung so vollstandig, dal's diese lnit Schwefelwasserstoff farblos bleibt.

10. Kohlensaure in verdiinnte bleihaltige Wasserglaslosung ge- leitet, bringt diese langsam zum Gerinnen. Die Abscheidung be- steht aus Bleisilikat und Kieselsaure; der wasserige Auszug ist (fast) frei voii Blei und enthalt Xlkalikarbonat.

hus den vorstehenden Beobachtungen geht hervor, dafs wasse- rige Losungen herstellbar sind, welche Alkali, Kieselsaure uiid Blei- osyd gemeinsam enthalten. Diese Losungen geben aber, je tiacli ihrer Zusammensetzurig, zu verschiedenen Fiillungeii Veranlassung.

R as i s c h e s B 1 e i s i l i k a t w i d aus kieselsaurearmeri Losungeii gefillt durch Verdiinnen mit Wasser. S a u r e s B l e i s i l i k a t kanii (als Xbsorptionsverbindungj aus kieselsaurereichen Losungen frei- willig, bei geringer Geschwindigkeit zur Abscheidung gelangen. I n beideri Fallen geht das Alkali in die Mutterlauge. Durch die Kohlensiiure wird diese Zersetzung beschleunigt. Nach dieser Chientierung wird man die Einwirkung des Wassers auf E'lintglus deu t en k o nneii :

1. Das Wasser wirkt sogleich zersetzend ein, indem an der Beriihrungszone eine Losung a uiid ein Riickstand b erzeugt wird.

2. Die Losung a enthalt alle Restaridteile des Glases. War das Glits k u r z e Z e i t der feuchten Luft oder dem feuchten Ather ausgesetzt? so ist die in der ,,Wasserhaut'* vorliegende Losung korizeiitriert und bestandig. Ilas Bleiosyd derselben k:riin sich ehenso \vie das Alkali leicht mit dem Eosiii verbinden, wiilirend die Iiieselsiiure indifferent ist. Die so vollzogene Reaktiori ergiht die natiirliclie Alkalitat des Glases.

3. In der konzentrierten Losung a wird man komplexe Alkali- verbiridungeii salzartigen Cliarakters anzunehmen haben. Das Alkali ist darin sowohl niit Bleiosyd als niit Kieselsbure geskttigt? denn diese StoEe entbB!t das Flintglas im Uberschuk. Die Verhaltnisse liegen daher iihnlich wie ini Wasserglase? welches in Losung be- triiclitliche Jlenge Rleiosyd aufzunehnien veriuag.

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4. Eine weitere Zufuhr von Wasser beairkt hydrolytische Zer- setzung, schwacht den losenden Einflufs des Alkalis und gibt der Losung einen kolloidalen Charakter. Die sauren Bestandteile werden sich also von den alkalischen langsam trennen. Die Koagulation der Kieselsaure wird erleichtert durch das anwesende Bleioxyd, welches sich darnit zu einerplastischen Absorptionsverbindung vereinigt.

Es ist wahrscheinlich, dafs dieselbe stets auch eine kleine Menge Alkali enthalt. Der Niederschlag 1aIst sich daher auch als eine Schicht wasserhaltigen Glases betrachten.

Bath der hier angedeuteten Vorstellung geht also der Angriff des Flintglases durch Wasser stufenweise vor sich, indem zunachst eine konzentrierte Glaslosung gebildet, und diese dann liydrolytisch bei der Verdiinnung unter Ablagerung einer festen Silikatschicht in eine Alkalilosung ubergefiihrt wird. Bei der V e r w i t t e r u n g geht diese Reaktion in der an Diclie zunehmenden wasserigen Schicht vor sich, und die Kohlensaure vollendet den Spaltprozels, indem sie sich mit dem Alkali verbindet. Bei den Versuchen von KOHLRAUSCH modifiziert die Menge des L o s u n g s w a s s e r s die Erscheinungen, der Niederschlng wird in flockigei Beschaffenheit abgelagert ; die Anwesenheit der Kohlensaure blieb zweifelhaft, wiirde aber die Ab- scheidung nur vervollstandigt haben.

Wollte man das Flintglas als eine Doppelverbindung voii Blei- silikat und Blkalisilikat betrachten, so konnte man bei der Reaktion die voriibergehende Rolle des Bleioxyds aufser Betracht lassen, und sich. wie gewohnlich , mit der Annahme einer hydrolytischen Zer- setzung des Alkalisilikats begniigen, wobei die Kieselsaure grolstenteils im Riickst.ande verbleibt, K20.(SiO2ln + 2H,O = 2KH0 + H,(SiO,)IzO.

Der hydrolytische Ein5uls des Wassers fiihrt also in jedem Fall dahin, die aufserste Glasschicht trotz der Aufnahme von Wasser schwer aufschlielsbar zu machen, indem das Bleioxyd 1. von dem benachbarten Alkali befreit und 2. mit einer Schicht von Kiesel- saure bedeckt wird.

An den v e r w i t t e r t e n Glasstiicken findet die Btherische Eosin- losung nur das geloste Alkalikarbonat des Verwitterungsbeschlages zur Reaktion vor, wiihrend das Bleioxyd oder Bleisilikat durch eine Hulle von Kieselsaure vor dern Angriff geschiitzt ist.

Nach der vorstehenden Erklarung bedarf es fur den Ruckgang der Alkalitat des Zusammenwirkens von Bleioxyd und Alkali in dem Glase, wallrend das Fehlen des einen Bestandteiles die Erscheinung verhindert. Die folgende Zusammenstellung lalst erkennen, dafs es

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Glas

n 9 .: X

I'

bei eineni mafsig hohen Bleigehalt dea Glases ein Optimum fur den erwahnten Ruckgang gibt, wkhrend derselbe mit abnehmendem Blei- gehalt aber zunehmendem Qehalt an Alkali und Kieselsaure pro- zentisch immer schwacher wird.

Zusammensetzung in ",'" PbO

79 - 31 61 4 35 42 9 49 34 13 53 24 13 63

1 K,Q+Na,Q 1 saurer Rest Ruckgang cler Alkalitat

in O n

69 60 29 10

Kinen noch st'arkeren Ruckgang wie die Bleisilikatglaser zeigen die b a r y t h a l t i g e i i Glasarten. Hier bedingt ein Gehalt an Zoo// , Baryt einen Ruckgang \ion iiber 50ii / , , des urspriinglichen Eosin- wertes. Auch hier beruht der Riickgang auf einer nachtraglichen Terkieselung des Glases. Die Erscheinungen, welche in Wasserglas- h u n g mit Barytwasser hervorgerufen werden , sincl ganz Bhnlich cienen, welche man mit Bleioxyd erh&lt, nur dafs die hydrolytische Fallung des b a s i s c h e n Siliknts hier ausbleibt. Die Bildurig der s a u r e n Absorptionsverbindungen aus Kieselsaure und Baryt, welche hier als kolloidale Spaltungsprodukte in Betracht komroen, ist schon von VAN BEIYIMELEK studiert wordeii.

Ebenso wirkt ein Gehalt des Glases an Zinlroxyd im Sinne des Ruckganges der Alk:ilitat, jedoch verhaltnismalsig schwach. Quantitativ sind diese VerhBltnisse schwierig zu ermitteln , da die meisteii schweren Glasarten Baryt und Zinkoxyd gemeiiisam, uiid hiiufig daneben auch noch Bleioxyd enthalten.

i'ber die l i a lkha l t iger i Glaser, an welchen der Ruckgang seltener beobachtet wird, liegen noch menig Eifahrungen vor. Nan wird die Auffassung haben diirfen, daf's auch l i e r die Zersetzung durch das Wasser stufenweise vor sich geht, dals aber diese Sfufen ini Gegensatze zu den schweren Glasern schnell durchlauf'en werden. Die wissenschaftliche Verfolgung des Gegenstanrles murs im einzelnen spateren Untersuchungexi iiberlassen bleiben. Hier sei allgemein be- merkt, dal's die vorstehendtw Beobachtungen im engen Zusanimen- h m g e stehen rnit der oft beobachteten Aufnahme von Wasser in die Substanz des Glases,z mit dem Erharten feuchten Glaspulvers, den

v. BEHMELEN, Z. nnorg. Chem. 36 (1303). 393. Vgl. 0. SCHOTT, Ze~tschr. f. bastrimse?ztenlL. 9 (1869), 86.

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Quellungserscheinungen usw. Blle diese Krscheinungen werden ver- standlich, wenn man sich vergegenwartigt, dafs irnmer an der Be- riihrungszone zwischen Glas und Wasser die Bildung einer hoch- konzentrierten gesiittigten Salzlosung moglicli ist, deren hydrolytische Zersetzung unter der Mitwirkung der Kohlensaure zu allerhand gel- artigen Niederschlagea Veranlassung geben kann. Eiii Gehalt der Glaser an Eleioxyd, Baryt oder Zinkoxyd wird dergleichen sekun- dare Reaktionen darum begiinstigen , weil diese Stoffe zu den amphotereri Oxyden gehiiren, welche in Alkali leicht loslich sind.

IV. Untersuchung der Glasarten. Die Priifung des Verwitterungsverfahrens auf seine technische

Brauchbarkeit geschab an 25 schweren Glasarten der verschiedensten Zusammensetzung, welche die Firma S c h o t t u. Gen. zu Jena in Form yon geschliffenen Platten (6-8 mm Dicke, 3 cm breit, G cm lang , zur Herstellung der notigen Bruchstucke) zur Verfugung ge- stellt hatte.

Aus diesen Versuchsreihen geht hervor, dafs die Eosinwerte der schweren Glasarten sich mit zunehmender Verwitterungsdauer in jedein Falle iindern, und, soweit sie sich dabei vermindern, bei etwa 7 tiigiger Verwitterung nahezu konstant werden. Solche Glas- arten sind schwer verwitterbar. Glasarten aber, deren Eosinwerte wahrend dieser Verwitterungsdauer fortgesetzt steigen, sind leicht verwitterbar. Eine 7 tagige Verwitterung wird daher in der Regel ausreichend sein , die Verwitterbarkeit der Glasnrten zahlenmakig zu erkennen. I m Gegensatz zu der natiirlichen Alkalitat an frischen Rruchfiachen sol1 das Ergebnis tler Eosin-Minutenprobe, angestellt an Bruchflbhen des Glases, nach einer 7 tagigen Verwitterung als ,, W e t t e r - A l k a l i t i i t " bezeichnet werden. Mit dem vergleichbaren Busdrucli der Wetteralkalitiit ist der optischen Praxis aber zu- nachst nur wenig gedient, denn diese hat es nicht mit Bruchstiicken, sondern mit g e s c h l i f f e n e n Glasobjekten zu tun, deren Oberflachen- schicht betrachtlich veriindert ist. Belranntlich erscheint die An- greifbarkeit solcher Schichten stark vermindert. Von vornherein ist aber iiicht festzustellen, ob die Behandlung des Schleifens mit ihren Auslaugeprozessen auf die einzelnen Glasarten eine g 1 e i c h m 51s i g e Wirkung ausiibt oder ob dieselbe so verschieden ist, dafs die Reihen- folge cler Verwitterbarkeit dadurch giinzlich geandert wird. In der Erkenntnis, dafs die Entscheidung dariiber nur auf empirischem Wege erfolgen kann, hat Herr Dr. ZSCHIMMER auf dem Jenaer

Die folgende Tabelle enthalt die Versuchsergebnisse.

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Tabelle 1. mg Jodeosin auf 1 qni BruchflLche.

T y p s x r.

~

~

'72%

463 :>27

74,s 211

41

J 7 8

346 343

9 3 546

602

276

102 192

118 318

227

379

i ,b 3551

340

522 60

Pi) 1

lchmeli: Sr.

S. 231 41.50

2372 3 l b i

4534 45,56

4113

4542

3666 3868 4237 51s

3524

a.3-2

4591 3570

4271 4369

3853

0' ')'

3807

3149 3.551 4076

3633 4418

Chemische Klasse

Schwcrstes Elei-Sililiat Kaliuiii-I:ariun~.Ziiik-Blei-

Boro-Sililxc

lialiurn-Barium-Zink-Biei- Silikwt

Eialium-Hariiun-%iuli -Bore. Silikat

I~alium-Xatrium-Blei- Silikat

Kalium-Barium-Zink Glei- Silikat

7 )

7 9

7 7

1 )

Kalium-Blei-Silikat Kalium-Natrium-Zink-

Boro Silikat Kalinm-;\atrium-Rarium-

Zink-Blei-Silikat Kaliurn-Satriiim-ISlei-

Boro-Silikat Kalium-Blei-Silikat

Iialiurn-Natrium-l~ariuui- Blei- Silikat

Kalium-Blei-Silikat Kalium-?u'xtriuni-Blei-

Silikat Iialium-Natrium-Harium-

Ziuk-Boro-dilikat Kalium-Natrium-Blei-

Silikat

Katriurn ZiuI<-Silikat Iialium-Natrium-Blei-

Silikat Iialium-Barium- Blei-Silikat Kalium-Natrium-Barium-

%ink-Boro-Siliket

Xatiirl. Llkalitiit n friseh. Rruch- niilcilr:

3 11

12.5 1 4

19 15

15

12

1 3 1 3 20

d

15

16

19 26

22

20 12

22

19 25

2 5 26 16

Alkaiitiit uacli Vermitte-

Tag ~

~

4

r 1

7

10 Y

11

5

6 6

10 6

7

10

12 12

13

12 9

15

1s 21

21 28 28

rung YO11 1 Woche Wetter- alkalitht

3.5

4.5 6

5 5

5

5

5

6 G

1

r

r

r I

r

8

8 9

16

17 1s

18 a7 28

Mtll l .

~

~

3 .<-I

3 5 3.5

3 5 4

3

G

3

6 6

8

G

6 6

I1

a 9

3u

20 1 2

13 23 32

3

Glaswerk die in der Tltbelle aufgefiihrten schweren Glasarten in -

gesc h l i f fenem Zustancle einer Dauerverwitterung unterworfen, ganz

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217

so, wie dies fruher bei der Untersuchung der leichten Glasarten geschehen ist.l Die 24 ldeinen 1 cm breiten Glasscheibchen (0 bis z ) blieben in einem geschlossenen halbzylindrischen Glastroge genau 2 Jahre lang (vom 9. November 1907 bis 9. November 1909) der Luft ausgesetzt und wurden dann untersucht. Die Verwitterung war mit blokem Auge kaum wahrzunehmen. Wie in dem Falle der leichten Glasarten waren auch hier die Verwitterungsbeschlage als feine Tropfenbildungen mikroskopisch erkennbar und konnten bei starkerer VergrGfserung photographisch fixiert werden. Die Glas- arten wurden von Herrn ZSCHIMMER nach der Intensitat ihrer Ver- witterungsbeschlage in eine Reihe geordnet, deren Vergleichung init der Eosiritabelle folgendes ergab:

1. Die acht Glasarten 0 41 - 211 - 227 - 546 - 578 - G O 2 - 748 und 846 zeigten so geringfiigige Tropfenbeschlage, d a k sie auf der photographischen Platte nicht sichtbar waren. Die Nummern befinden sich in der ersten Halfte der Eosinreihe bei einem Wechsel der Werte von 3.5 bis 7 ; nur das Glas 227 (unter t ) hat den Wert 9 ergeben.

2. Die Photogramme der iibrigen Glaser rnit den Werten 3.5 bis 7 weisen nur geringe Tiipfelbildung auf und gewahren lrein An- zeichen von starker Verwitterung.

3. Dagegen zeigen die Photogramme der Glasarten zc bis :: deut- liche Tupfelbildung mit Ausnahme von w = Nr. 3551.

4. Den Anschein der starksten Verwitterung gewiihrt Nr. 522. welches unter TJ an vorletzter Stelle steht, wahrend das letzte Glas x bei der zweijahrigen Dauerverwitterung weniger stark an- gegriffen scheint.

Die Verringerung der Angreifbarkeit geht bei dem Schleif- prozels demnach im allgemeinen gleichformig vor sich, und der ein- geschlagene abgekurzte Weg ergibt bei Benutzung der Bruchflachen fur die Verwitterbarkeit der Glasarten die gleiche Reihenfolge, wie der lange Weg bei geschliffenen Objekten. Wie sich die wenigen Ausnahmen erklaren, bleibt der spiiteren Erfahrung vorbehalten. F u r die spater zu erganzende Beobachtung der fortschreitenden Dauerver- witterung sind die Glasobjekte der Reichsanstalt iiberwiesen worden.

Es bleibt noch iibrig, einige Eosinwerte anzufuhren, welche nicht rnit frischen Bruchstucken erhalten wurden, sondern rnit solchen. welche 1 Minute mit ruhendem Wasser behandelt und d a m rnit

' Vgl. Z. nnorg. Chem. 55; 2 5 6 .

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- 218

Glasart gesspiilt

Tabelle 2. G e s p u l t e G l a s e r . - m g Jodeosin auf 1 qm Bruchflache.

Alkalitat zu Anfang

in m g

7.2 3.5 4.1 9.7 G

11 4.1 3.6 9.3 2.9

9 11 12.4 11.5 3 8 7.7 9.8 7.7 2.6

3

lurch Spiilen verringert

urn

:( 5 7 0 70 49 60 26 66 7 2 53 53 66 43 73 4 '4 4% 1 J r -

64 59 60 i 0 53

Alkalitlt nach der Verwitterung von

2.5 2 3.5 4.5

2.8

6.2

7.8 5.9 6.2 4.5

11.8 10.4

9 13.2

1 Woche

;2lkohol und Ather abgespiilt worden waren.

2 2.5 3.5 3

2.8

4.1

4.1 4.1 5.3 4

16.2 17 12.9 20.3

IurchSpulen verringert

urn Ol0

37 44 41 40

44

31

41 49 34 55 - -

- 24

Eine Parallelreihe .olcher Glasstucke wurde aufserdem der Verwitterung in feuchter Luft ausgesetzt und abermnls mit Eosin gepriift. Man wollte dabei versuchen, ob diese Behandlung irgend welche Vorteile fur die Be- urteilung des Glases gegeniiber den nicht abgespiilten Glasstucken ergiibe. Solche Vorteile haben sich nichte erkenrien lassen. In- (lessen zeigen diese in Tabelle 2 aufgefiihrten Versuchsreihen doch folgendes:

1. Die durch dieEosinprobe mefsbare A l k a l i t a t wird durch das vorherige dbspiilen der Glasstuclre mit Wasser wesentlich erniedrigt. Dies erltlart sich aus der Extraktion alkalischer Oxyde gemafs den 1:eobachtungen von WARBURG und IHMORI.

2. Ebenso erscheint an den abgespiilten Stucken nach erfolgcer Verwitterung die W e t t e r a l k a l i t a t erniedrigt, und m a r in nahezu

Il.'l"d. d 1 2 1 2 . 27, 492 u. 8.

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- 219 -

gleichformiger Weise, so dals die abgespiilten Glasstucken wesent- lich dieselbe Reihenfolge der Verwitterbarkeit zeigen, wie die frischen Bruchstiicke. Diese Porderung mufs erfiillt sein, wenn die Reihen- folge auf die geschliffenen Objekte iibertragen werden soll.

3. Ein Riickgang der Alkalitat durch die Verwitteruiig ist auch bei den abgespiilten Glasstucken zu beobachten mit Ausnahme der letzten Glieder der Reihe, welche im Gegeiteil eine starke Erhohung der Eosinyerte ergeben.

Fig. 2. Fig. 3.

Die Abbildungen Fig. 2 , Glas b = Sr. 0 .722 und Fig. 3 , Glas y = Nr. 0.522 stellen die 5uCsersten Unterschiede in der Tabelle dar. Dabei ist zu bemerken,

dah das Glas Fig. 2 iinr 7.3 O J 0 , das Glas Fig. 3 aber 15 */, Alkali enthalt.

Als Belege fur die Wirkung der 2 jahrigen Dauerverwitterung an schweren Glascten mogen auch hier, wie friiher bei den leichten Glasarten, einige Photogramme bei 56 facher Vergrofserung zur Ab- bildung gelangen (Fig. 2 und 3). Man wird daraus ersehen, wie wenig die Oberflachen verandert sind. Bei dieser grofsen Haltbar- keit der schweren Glasarten im g e s c h l i f f e n e n Z u s t a n d e ist es ganzlich ausgeschlossen, dafs man daran Verwitterungsunterschiede nach Verlauf einer Woche bestimmen konnte. Die Benutzung der B r u c h f l a c h e n zur Priifung bietet der optischen Praxis also neben der zahlenmafsigen Unterscheidung den Vorteil einer grofsen Zeit- ersparnis.

V. Einflurs der Zusammensetzung. Kin Blick auf die Tabelle lafst erkennen, dafs sich die Unter-

schiede in der Angreifbarkeit der schweren Glasarten in sehr mafsigen Grenzen halten, insofern die Werte noch nicht um den zehnfachen

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-~ ,,,,,, 1 BaO <- 1. HHlfte B - 1 % 1.7 8 , 13.4 5.9 16.4 50 2 . HLlfte 0--x ~ 5.0 3.5 1.5 1 27 ~ 54 r

1 0. T

220

Betrag schwanken. Dies kommt daher: dafs nian es in cler Tabelle niit ausgesuchten Glasarten Ton erprobter Haltbarkeit zu tun hat.

Bei der so mannigfacli wechselnden Zusamruensetzung der 2.5 unterriuchten Glasarten ist es uberaus scbmierig, den Einflufs der einzelnen Bestandteile auf die Verwitterbarkeit richtig zu wfmligerl. M-ollte man dies unternehmen, so miilste ein ungleich grofseres Versuchrniaterial betrachtet werden. Damit man aber ein unge- fihres BiId erhiilt von der Wirsamkeit cler Bestandteile im grofsen m i l ganzen, sind die Glasarten 11 bis 3 ihrer Reihenfolge nach in Lwei Halften geteilt worden. und fur jede Halfte (also fur 12 Arten) wurde der durchschnittliche Gehalt an den einzelnen Bestandteilen ermittelt. Dahei ergaben sich in Prozenten des Glases :

Xan kann daraus entnehmen: 1. Ein zunehmender Gehalt des Glases an Alkali (Na.,O + E,@)

ergibt pine Zunahme der Vrrwitterung. 2. Durch den Weclzsel an Kieselsaure sowie an Borsaure ist

die .,Verwitterbarkeit" n-enig beeinflulst worden. 3. Ein grolserer Gehalt an Baryt sowie an Zinknxyd ver-

ririgert die Verwitterbarkeit. Die ersten Glieder der Reilie sind reich an diesen Oxyden.

4. Zunehmender Bleigehalt liegt scheinbar im Sinne einer zu- nehmenden Verwitterbarkeit. Dies liegt aber daran, dafs die Glns- arten der ersten Hiilfte neben dem Bleiosyd vielfach ncich Baryt uiid Zinkosyd enthalten.

Fur die reinen Blei-Alkalisilikate kann aus der Tabelle die folgende Reihe entnommen werden, welche ergibt, dals ein zu- uehmender Bleigehalt die Haltbarkeit der Glaser fordert, maihrend ein zunehmender Gehalt an Alkali und Kieselsaure (a-asserglas) die Yerwitterbarkeit erhiiht.

Sachdem die beschriebenen Versuche die Anwendbarkeit des rorliegenden eiiifachen Prufungsverfahrens fur die besten optischen Glaser dargetan haben, ist es selbstverstiindlich, dak man auch die Hdtbarlteit aller iibrigen technischen Glasarten nach dem gleicheii Verfahren, d. h. durch direkte Verwitterung an Bruchfigchen, zu priifen Termag; bei den leichten Glasern werden dadurch die

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22 I

4 7.5 9.2 9.3 9

11 13 13 13

mg Jodeosin auf 1 qm Bruchflache.

Zusammensetzung in O i C r Natiirliclie Glasart Alkalitiit

35 42 45.7 46.9 49 53.7 53 59.5 62.9

1~ PbO

43.8 42 34.8

u 27.5 24.1

I

L

in mg

15 19 20 22 20 16 25 22 19

Wetter- alkalitiit in mg

5 7 6 8 S 6

1s 16 17

friiher vorgeschlagenen ,,Eosinkurven'. entbehrlich. Entsprechend der W e t t e r a l k a l i t a t erhalt man fur alle Glasarten eine Skala von Eosinwerten, welche miteinander vergleiclibar sind, denn sie werden hervorgerufen durch die Alkiilien der Verwitterungsbeschliige.

Rei der iiberaus mannigfachen Zusammensetzung der Glas- arten mird man eiiie Einschiankung der Vergleichbarkeit insofern zulassen, als die Verwitterungsschicht neben den alkalischen Stoffen noch Substanzen enthalten kann. welche durch Eosin nicht angezeigt werden, zum Beispiel kleine Mengen von Kieselsiiure, Natriumsulfat ocler dergl. Besondera ist es aber die Borsaure, welche sich in den Terwitterungsprodukten der starker angreifbaren Glasarten dem kolorimetrischen Sachweis entzieht.

Dies steht jedoch der praktischen Anwendung der Methode auch fur die Bsrsilikate in keiner Weise entgegen.

Auch in der Optik braucht man zu besondaren Zwecken Glas- tgpen von so grulser hngreifbarkeit, dak man sie in den Instru- menten gegen die Verwitterungseinfliisse besonders schiitzen m u k Xanche dieser (;laser sind so wenig bestandig, dals es an Bruch- tiachen nur der Verwitterung eines Tages bedarf, urn starke Tau- urid Kristallbildung hervorzurufen. Zum Eintauchen in die Btherische Eosinlosung sind die Glasstiicke in diesem Zustande nicht geeignet. Man erhglt die Eosinwerte d a m leicht in der Sr t , dafs inan den Verwitterungsbeschlag in Wasser lost, und die Losung in eineni Bleinea Scheidetrichter mit verdiinnter atherischer Eosinlosung schiittelt, worauf nian die rote wasserige Schicht mit Ather nach- spiilt nnd die kolorimetrische Vergleichung wie iiblich vornimmt. I m kleinsten MaI5stabe wendet man hier also die Eosinprobe in der

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222

Art an , mie sie sich bei der Prufung der Loslichkeit von Glas- kolben seit langerer Zeit nutzlich erwiesen hat.

In sehr seltenen Fallen bleibt bei der Auflosung des Ter- witterungsbeschlages in Wasser ein unlijslicher kristallischer Ruck- stand am Glase haften, welcher irgend einer sekundar gebildeten Verbindung angehort. Derartige Falle liegen an der Grenze des Gebietes, fur welches die Prufungsmethdden bestimmt sind.

Von grofser Wichtigkeit ist fur jedes Glas die Vergleichung der beiden Eosinwerte miteinander. Es ist sehr bemerkenswert, dals die frische Bruchflache von leichten Borosililraten mit extrem hoher Wetteralknlitat haufig eine s e h r k l e ine natiirliche Alkalitat ergibt; solche Glasarten verhalten sich also umgekehrt wie die schweren Glaser mit hoher natiirlicher Alkalitat und geringer Wetteralkalitat.

Man erkennt daraus, dafs zur hydrolytischen Beurteilung des Glases die einfache Eosinprobe keinesfalls geniigt, wenn sie auch bei

mg Jodeosin auf 1 qm BruchAlche.

Ver w endungs- gebiet

Optisclies Kronglas

'I'hermorneter, Chem. Gebraucli

Tafelglas

Optisches Glas

,

,

Chemische lilasse

Natrium-hluminium- 130x0-Silikat

Katrium-Calcium- Silikat

Natrium-Rariurn-Zink- Boro-Silikat

Natrium- Aluminium- Boro- Silik:tt

,

Kalium-Horo-Silikat

Glasart

0 802 Jena

59 I11 Jena

Rheiniscbes Spiegelglas

Rrechungsindex ?2 = 1.518

71 = 1.464

n = 1.461

"r, = 1.476

Natiir- liche

Alkali- tit

1-2

1-2

20

28

2

2

8

\\letter- alkalitxt

3

3

20

G 0

600

1800

7000

Die letzten Glieder der Reihe zeigen bei der Vermitterung starke Tau- und Iiristallbildung.

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223 -

den meisten Typeri einen wertvollen Anhalt gibt. Jedenfalls darf man sagen, dafs die Wetterbestandigkeit eines Glases mangelhaft ist, wenn seine iiatiirliche Alkalitat uber 30 mg Jodeosin pro Quadrat- meter der BruchflSiche hinausgeht.

Die Verwitterbarkeit der technischen Glasarten ist jetzt von den wasserbestandigen Glasern bis zu den Wasserglasern mekbar. Schlielst man die letzteren aus, so bleiben die technischen Glas- arten ubrig, welche im festen Zustande Verwendung finden. Die Zusammenstellung einiger besonders haltbarer und besonders an- greifbarer Glasarten zeigt, dah die Unterschiede der Verwitter- barkeit hier bis zum 1000 fachen Betrage wechseln.

I n h a l t :

I. Das Glasmaterial. - 11. Glas und Jodeosin. - 111. 'S'er- witterung. - IV. Untersuchung der Glasarten. - V. Einflufs der Zusammensetzung.

1. Mikrochemische Proben zur Erkennung der Glasarten. 2. Die Absorption des Eosins aus atherischer Losung erfolgt

durch die basischen Glasbestandteile : Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Baryt, Bleioxyd, Zinkoxyd, nicht aber durch Kieselsaure und Bor- ssure. Gering ist die Wirkung der Tonerde.

3. Reines Bleisilikat absorbiert das Eosin langsam, alkalisches Bleisilikatglas schnell.

4. Die Rotfarbung durch Absorption des Eosins nimmt bei schweren Glasarten mit der Eintauchzeit stark zu trotz ihrer geringen Verwitterbarkeit. Bei diesen Glasarten ist die Eosinreaktion der Verwitterung also nicht analog.

5. Die Eosin-Minutenprobe fuhrt an frischen Bruchflachen zur zahlenmalsigen Bestimmung der ,, n a t iir l i c hen A i k a l i t t (' des Glases, an verwitterten Stucken zu den Werten der veranderten Alkalitat.

6. Bei der Verwitterung schwerer Glasarten erfolgt meist ein Ruckgang der natiirlichen Alkalitat, welcher nach etwa einer Woche zum Stillstand kommt.

7. Ruckgang der Alkalitat bei der Verwitterung: a) Die zu Anfang durch partielle hydrolytische Zersetznng des Glases ge- bildete konzentrierte Losung enthalt aufser Alkali und Kieselsaure auch noch Bleioxyd, welches zu der natiirlichen Alkalitat des Glases beitragt. b) Die Verdiinnung der Loaung mit Wasser vollendet die hydrolytische Abspaltung des Alkalis von der komplexen bleioxyd-

Page 25: Die Eosinreaktion des Glases an Bruchflächen. II. Verwitterbarkeit schwerer Glasarten

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haltigen Iiieselsaure , welche kolloidal zur Abscheidung gelangt. Kohlenskure beschleunigt diesen Prozels. c) Die veriinderte Al- kalitiit nach der Verwitterung wird nur durch das in L o s u n g hleibende 9 1 k a l i bedingt.

S. Bei den barium- und zinkhaltigen Glasarten verlauft die Einwirkung des Wassers in demselben Sinne wie bei den Blei- gllisern. Auch bei der Einwirkung des Wassers auf die leichten Glasarten ist an der Beriihrungszone die Bildung konzentrierter Glaslosungen moglich, welche hydrolytisch, sowie durch Mitwirkung der Kohlensiiure zur Abscheidung von Niederschlagen fiihren konnen. llurch solche wasserhaltigen Niederschkge sind manche Quellungs- erscheinungen erklarbar.

!). Feststellung der abgekurzten Verwitterung von 25 schweren Ghsarten (aus Jena) an Bruchfiachen, im urspriinglichen und ge- spiilten Zustande.

10. Vergleichung der Werte mit dem Ergebnis einer 2jahrigen Ijauerverwitterung an geschliffenen Flachen von Dr. ZSCHIMMEH.

11. Zur Priifung der Wetterbestandigkeit a l l e r G l a s a r t e n !ier T e c h n i k erweist sich die 7tagige Verwitterung an frischen Hruchflschen in mit Wasser gesattigter Luft bei 18O d s zweck- mafsig. Die entsprechenden Eosinwerte sind miteinander vergleich- liar und ergeben die ,,Wetteralkalitkt" der Glasarten.

12. Katiirliche Alkalitiit und Wetteralkalitat sind konstante Werte, deren Vergleichung den chemischen Charakter jeder Glasart erkennen lafst. Leichte Borsilikatglaser geben oft bei hoher Wetter- ;:lkalitkt geringe Werte der natiirlichen Alkalitiit, im Gegensatz zu rlen schweren Glusarten mit hoher natiirlicher Alkalitiit und geringer \Vet terallialitiit.

13. Die Verwitterbarkeit der technisch gebrauchten Glasarten nechselt um den 1000fachen Retrag.

C ~ i i i i . ~ o t t e ~ ~ b i ~ i " ~ , 24. JIUPX 11/10.

Bei der Redaktion eingegangen am 14. April 1910.