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BILDUNGSWESEN POLITIK KULTUR GESELLSCHAFT UNIVERSITÄT HEIDELBERG Frauenstudium in der Weimarer Republik In den zwanziger Jahren ist das Frauenstudium zur Normalität geworden, die Studentinnen stoßen aber auch weiterhin auf prinzipielle Ablehnung bei Kommilitonen und einzelnen Professoren. Zu kämpfen haben die Studentinnen vor allem mit ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation. Viele haben weniger Geld zur Verfügung als man als Existenzminimum errechnet hat. Hinzu kommen die Probleme bei der Wohnungssuche, bei der Studenten in der Regel bevorzugt werden. Die wirtschaft- liche Situation schärft den Blick für die Möglichkeiten zur späteren Berufsausübung, auch wenn diese nach einer Heirat alles an- dere als selbstverständlich ist. Die Studentinnen sind besonders stark vertreten in den klassischen Lehramtsfächern der Philoso- phischen Fakultät und an der Medizinischen Fakultät. 21. Februar 1920 Recht auf Habilitation Der Erlaß des preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kultur und Volksbildung mit dem Wortlaut „In der Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht darf kein Hindernis gegen die Habilitation erblickt werden“ schafft die rechtlichen Voraussetzungen für die Hochschullaufbahn von Frauen. Der Erlaß ergeht auf Anfrage der Philosophin Dr. Edith Stein. Außerhalb Preußens konnten sich schon 1919 sechs Akademikerinnen habilitieren: Margarete Bieber (Klassische Archäologie), Adele Hartmann (Anatomie), Paula Hertwig (Biologie und Genetik), Hedwig Kohn (Physik), Agathe Lasch (Germanistik), Emmy Noether (Algebra). Studentinnenverbände In der Weimarer Republik verlieren die aus den Anfangsjahren des Frauenstudiums stammenden Studentinnenverbände mehr und mehr ihre Anziehungskraft. Nur noch wenige, 7– 8 Prozent der Studentinnen, sind organisiert und diese oft nur zum Zweck der Geselligkeit. Eine Verbindung zur Frauenbewegung ist kaum noch vorhanden oder gestaltet sich durch die unterschiedlichen Auffassungen problematisch. Den Studentinnenvereinen fehlt, so sehr sie sich auch an die äußerst populären männlichen Korpo- rationen anzulehnen versuchen, die Kraft zur Identifikation und sozialen Integration. Der Dachverband für nicht konfessionell ge- bundene Vereine, „Verband studierender Frauen Deutschlands“ (VStD), ist 1931 in jeder größeren Universitätsstadt vertreten, aber jeweils mit nur wenigen Mitgliedern. Unverkennbar ist trotz der Proteste einiger Studentinnenverbände gegen die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen“ (ANSt) die zunehmende Nähe der organisierten Studentinnen zu den nationalsozialistischen Ideen. 1920 Gründung der völkischen Sammelbewegung „Hochschulring deutscher Art“ unter Mitwirkung des rechtskonservativ geprägten „Deutschen Verbandes Akademischer Frauenvereine“. 1923 Die ersten Professorinnen Nach Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen gelingt es nur ganz wenigen Frauen, tatsächlich die Hochschullaufbahn einzu- schlagen. Zwei Wissenschaftlerinnen können in der Weimarer Republik eine Stellung als ordentliche Professorin erreichen: In Hohenheim wird 1923 die Botanikerin Margarete von Wrangell berufen. Im gleichen Jahr wird die nicht habilitierte Erziehungs- wissenschaftlerin Dr. phil.Mathilde Vaerting an die Universität Jena berufen. 54 weitere Frauen arbeiten 1933 als Dozentinnen in nicht gesicherter Stellung an deutschen Hochschulen; habi- litierte Wissenschaftlerinnen machen Ende der zwanziger Jahre insgesamt lediglich 0,13 Prozent aller Lehrenden aus. 15. Juli 1924 Die erste Ausgabe der Zeitschrift „Die Studentin“ Den Idealen der bürgerlichen Frauenbewegung folgend vertritt die Zeitschrift ein pluralistisches Konzept. Mit ihrem Geleitwort wendet sie sich „an alle, die den akademischen Beruf wählten, um auch als Frau an dem geistigen Werden der Welt mitzuwirken, an alle, die ihre Kräfte für wissenschaftlich-wertvolle Arbeit in Schule, Haus und Öffentlichkeit vorbereiten oder die danach streben, der Wissenschaft als solcher zu leben.“ Sie wolle „ver- suchen, ein lebendiges Bild des Frauenstudiums zu geben.“ Clara Hamburger Die 1873 in Breslau geborene Zoologin wird 1902 Assistentin und Gehilfin von Geheimrat Bütschli am zoologischen Institut der Univer- sität Heidelberg. Sie promoviert 1903 bei ihm, habilitieren darf sie sich als Frau zu dieser Zeit jedoch nicht. Sie gilt als Mutter des Instituts. Mehrere Veröffentlichungen zeigen ihre fach- liche Kompetenz. Kurz vor seiner Emeritierung versucht Bütschli 1919 für Clara Hamburger den Titel „Professor“ in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Arbeit beim Ministerium zu erwirken. Dies wird abgelehnt. Nach Bütschlis Tod 1920 stiftet die Wissenschaftlerin 5000 Mark aus ihrem Privatvermögen für die Errichtung einer Bibliothek am zoologischen Institut. Im selben Jahr wird sie zum „Custos der Sammlungen und der Bibliothek des Zoologischen Instituts“ ernannt – zum Glück, denn nachdem mit der Inflation ihr Vermögen verschwunden ist, lebt Clara Hamburger von dieser Tätigkeit. Nun übernimmt sie auch einen Teil von Bütschlis Vorlesungen. 1933 wird Clara Hamburger als Jüdin entlas- sen und flieht nach Frankreich. Dort verschleppt man sie in das Konzentrationslager Gurs, doch sie kann nach Amerika entkommen. In Berkley lebt sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1945. Sophie Söllner Sophie Söllner unterrichtet von 1920 bis 1930 Französisch in Form von „Lehrkursen“ am Germanisch-Romanischen Seminar der Universität Heidelberg. Stets hat sie mit großer finanzieller Not zu kämpfen. Das Ministerium verweigert 1923 die Einrichtung eines Lektorats für sie und stellt ihre Weiterbeschäftigung in Frage. Diese wird schließlich gewährleistet, doch muß Söllner im Oktober 1923 sogar einen Freitisch in der Mensa beantragen. Auch als Ende der zwanziger Jahre Lektorate für Italienisch und Spanisch eingerichtet werden, muß sie Privatlehrerin bleiben. Im Alter von 75 Jah- ren muß Sophie Söllner 1930 wegen ihrer schweren Zucker- krankheit den Dienst quitieren und bittet das Ministerium „um ein, wenn noch so kleines Ruhegehalt“. Bis zu ihrem Tod 1933 erhält sie daraufhin monatlich 30 Reichsmark. Die erste Professorin in Deutschland – Margarete von Wrangell Die Botanikerin Margarete Fürstin Andronikow, geborene Baronesse von Wrangell, stammt aus einer deutschen Aristokratenfamilie in Riga. Sie studiert in Tübingen Chemie.1910–1912 ar- beitet sie als Assistentin von Sir William Ramsay in London und von Marie Curie in Paris. 1920 kann sich Margarete von Wrangell in Hohenheim habilitieren – ihr Thema betrifft die „Phosphorsäureaufnahme für Bodenreaktion“. Im Folgenden arbeitet sie ein Jahr am Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin, wo die führenden Wissenschaftler der Zeit zusammentreffen.1923 wird sie als erste Ordinaria an die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheim berufen. Dort richtet sie mit den Mitteln des Reichsernährungs- ministeriums ein eigenes Institut für Pflanzenernährungslehre ein, dessen Leitung sie auch übernimmt. Margarete von Wrangell stirbt am 31. März 1932 im Alter von 56 Jahren. Gerta von Ubisch Gerta von Ubisch kommt 1882 in Metz als Tochter eines preußischen Offiziers und einer jüdischen Kaufmannstochter zur Welt. In Berlin besucht sie die Gymnasialkurse Helene Langes, da Mädchen zum naturwissenschaftlichen Realabitur noch nicht zugelassen sind. Gerta von Ubisch beginnt 1904 in Heidelberg ihr Studium der Physik. Von dort geht sie nach Freiburg und Berlin, wo sie mit Lise Meitner zusammenarbeitet und 1911 promoviert. Nach der Dissertation wendet sie sich der Biologie, insbesondere der Ge- netik, zu. Trotz ihrer Leistungen erhält sie erst 1920 eine Stelle bei Professor Baur in Berlin,1921 geht sie als Assistentin zu dem Botaniker Jost nach Heidelberg. Sie habilitiert sich 1923. 1924 bekommt Gerta von Ubisch einen Lehrauftrag,1929 wird sie zur außerordentlichen Professorin ernannt. 1933 jedoch läßt sich die Halbjüdin beurlauben und geht ins Exil, als die Studenten ihre Vor- lesungen boykottieren.1935 wird ihr die Lehrbefugnis entzogen. Als sie 1946 nach Heidelberg zurückkehrt, gibt sie in Sao Paulo, Brasilien, ihre Stelle als Leiterin der Abteilung Vererbung eines bekannten Instituts auf. In Deutschland kämpft sie um eine Pension, die ihr erst 1956 gewährt wird. Gerta von Ubisch stirbt 1965. 6. Dezember 1918 Einschränkung des Frauenstudiums mit Kriegsende Auf Anweisung des Ministeriums an die Universität Heidelberg sollen Studentinnen sowie Gasthörerinnen nur noch aus besonderen Gründen und ausschließlich direkt durch das Ministerium zugelassen werden. Damit soll den Kriegsrückkehrern an den Universitäten Platz gemacht werden. Tatsächlich sinkt der im reichsdeutschen Vergleich sehr hohe Frauenanteil an der Heidel- berger Studierendenschaft in den folgenden Jahren. 1921 sind nur noch 364 Frauen (13,4 Prozent) gegenüber 497(17,7 Prozent) im Sommersemester 1918 immatrikuliert. Von1924 an steigen die Zahlen jedoch schon wieder stetig. 12. Mai 1919 Der Heidelberger AStA Der neugegründete Nachkriegs-AStA bringt formal die Demo- kratisierung der Studierendenschaft mit sich, die geschlossen ab- stimmenden Korporationen bleiben problemlos in der Mehrheit. Zwar kommt es zur Einrichtung einer Frauenkommission durch den AStA, diese scheint jedoch über ihre Gründung nicht hinaus- gekommen zu sein. Über die Mitgliedschaft von Frauen im Heidelberger AStA selbst ist nichts bekannt. Sommersemster 1920 Anna Seghers Netty Reiling, die später unter dem Pseudonym Anna Seghers als Schriftstellerin arbeitet, kommt 1920 nach Heidelberg zum Studium der Fächer Kunstgeschichte, Geschichte und Sinologie. Sie promoviert hier 1924 über „Jude und Judentum im Werke Rembrandts“. Die 1928 in die KPD eingetretene Netty Reiling emigriert 1933 nach Mexiko. Nach ihrer Rückkehr 1947 lebt sie als Schriftstellerin in Ostberlin. 1920 Die Zoologin Clara Hamburger wird zum „Custos der Samm- lungen und der Bibliothek des Zoologischen Instituts“ ernannt. 1920–1930 Sophie Söllner unterrichtet Französisch am Germanisch- Romanischen Seminar. 18. Januar 1922 Verleihung der Ehrendoktor- würde an Marianne Weber Die Juristische Fakultät würdigt mit diesem Titel ihre wissenschaftlichen Publikationen. Das Dankesschreiben Marianne Webers scheint mit folgendem Satz heute schon fast ironisch: „So bringe ich der hohen Fakultät mit meinem eigenen auch den Dank der geistig arbeitenden Frauen dar, und danke nicht nur für die mir persönlich erwiesene Ehrung, sondern auch für die hochherzige Bereitwilligkeit sachlichen Leistungen des weiblichen Geschlechts so gut wie denen des männlichen Würdigung zu gewähren.“ 3.3.1923 Gerta von Ubisch habilitiert sich mit einer Arbeit zur Vererbungs- lehre als erste Frau an der Universität Heidelberg. 29. November 1918 Frauen erhalten das aktive und passive Wahl- recht Das Frauenwahlrecht wird auch in die Verfassung der Weimarer Republik aufgenommen. Die Wahlbeteiligung der Frauen bei der folgenden Parlamentswahl am 19.Januar 1919 ist mit 82 Prozent die höchste in der Weimarer Republik. Der Frauenanteil in der von ihnen mitgewählten Nationalversammlung liegt mit 41 von 423 Abgeordneten bei 9,6 Prozent – höher als in jedem anderen Parlament der Welt. Allerdings sinkt diese Quote in der Folge- zeit stetig; erst 1983 wird in der Bundesrepublik wieder Entspre- chendes erreicht. Frauen in den Parlamenten Trotz eines vergleichsweise hohen Frauenanteils im Reichstag ist das höchste Amt, das eine Parlamentarierin hier erreicht, das der Schriftführerin. Keine Frau wird jemals Mitglied einer Regierung oder des Reichsrates. Die höchsten staatlichen Positio- nen, die mit Frauen besetzt sind, haben als Ministerialrätinnen Gertrud Bäumer im Innen- und Marie-Elisabeth Lüders im Arbeits- ministerium inne. Dennoch können die Parlamentarierinnen der Weimarer Republik Einfluß auf wichtige Gesetzesänderungen nehmen, die unter anderem die Zulassung von Frauen zu juristi- schen Berufen, den Mutterschutz und den Jugendschutz be- treffen. Hiermit kann die Stellung der Frau zumindest teilweise verbessert werden, wenn auch andere Bereiche, wie das Ehe- und Scheidungsrecht oder die Stellung der erwerbstätigen Frau von Reformen unangetastet bleiben. 11. August 1919 Verfassungsrechtliche Gleichstellung der Frau Die Gleichstellung der Frau wird als Artikel 109.2 „Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten“ in die Weimarer Reichsverfassung aufgenommen. Diese Formulierung läßt jedoch Ausnahmeregelungen zu und steht außerdem in starkem Kontrast zu den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Strafgesetzbuches. Dort sind unter anderem die strikte Unterordnung der Ehefrau unter den Ehemann und ihre völlige wirtschaftliche Abhängigkeit von ihm festgelegt. Dies hat beispielsweise zur Folge, daß eine Frau für jede Tätigkeit, die ihre Hausfrauenrolle überschreitet, der Zustimmung des Ehemanns bedarf. 1919 Gründung der „Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit Deutscher Zweig“ (IFFF) Die radikalen Feministinnen der Frauenliga setzen Kommissio- nen zu Themen wie Kriegsdienst- verweigerung, Erziehung, Frauenlisten und von 1924 an zur Bekämpfung des Antisemitis- mus ein. Ihre Hauptanliegen, Völ- kerversöhnung und Frieden, versuchen sie auch durch inter- nationale Zusammenarbeit zu erreichen. 1921 Beschluß der NSDAP, keine Frau in die Parteiführung aufsteigen zu lassen. Die „Neue Frau“ Die „Neue Frau“ ist ein durch Werbung, Illustrierte, Kinofilme und Romane verbreitetes Massenphänomen der Weimarer Republik. Sie ist selbständig, unabhängig, selbstbewußt und vor allem jung. Sie kleidet sich modisch im „Garçonne-Stil“ und trägt einen kecken Bubikopf. Aufgekommen ist dieses neue Leit- bild vor allem durch die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, wo nach dem Krieg zahlreiche Frauenarbeitsplätze neu ent- standen sind: Frauen als Verkäuferinnen, Stenotypistinnen und Telefonistinnen prägen das Bild in der Öffentlichkeit. Gesteigertes Selbst- bewußtsein und Stolz auf die eigene Leistungsfähigkeit bei den Frauen sind die Folge. Veränderungen sind also deutlich wahrnehmbar. Dennoch gibt diese zahlenmäßig kleine Gruppe weder Anlaß, wie die Kritiker der „neuen Frau“ von Kulturverfall, noch wie ihre Befürworter vom Beginn eines neues Zeitalters zu sprechen. Die Frauenbewegung Die bürgerliche Frauenbewegung hat ihre Hauptziele zu Beginn der Weimarer Republik zumindest auf dem Papier erreicht. Für die folgenden Jahre ist eine gewisse Stagnation in ihrer Arbeit unverkennbar. Die dementsprechende Zersplitterung in spezielle Interessengruppen erschwert zudem die politische Einflussnahme. Auch innere Probleme verschiedener Art stören die Arbeit der Frauenbewegung: Für den immer deutlicher aufbrechenden Ge- nerationenkonflikt wird keine Lösung gefunden. Statt auf Kon- frontation zu setzen, wollen die jungen Frauen mit den Männern zusammen arbei- ten. Sie wenden sich zunehmend von der klassischen organisierten Frauenbewegung ab – nicht zuletzt auch hin zu den national- sozialistischen Jugendorganisationen. Dem zunehmenden Trend in diese Richtung hält man im Bund Deutscher Frauen- vereine eine defensive Haltung entgegen. Nirgends wird die NS-Ideologie grundle- gend analysiert und beurteilt. „Es ist doch so: Ein Vater, der seine Tochter studieren läßt, versäumt es doch nie, ihr als dringlichste Mahnung mit auf den Weg zu geben: ‚Daß du mir nicht etwa eine von den überspannten, unweiblichen Frauenzimmern wirst.’“ Aus: Elfriede Dieckmann,Innere Probleme des Studentinnenlebens, in: Die Frau 27, S.37. „Aber ach, dann erlebten wir das alte Märchen vom Dornröschen noch einmal. Alle guten Feen traten an die Wiege des neugeborenen Töchterleins mit ihren neu- artigen Segnungen. ‚Plato darfst du lesen‘, sagte die eine, ‚Mathematik darfst du lernen‘, sagte die andere. ‚Ärztin darfst du werden‘, sagte die dritte, ‚Jura darfst du wenigstens studieren‘ die vierte. So ging’s die Reihe hindurch. Aber die letzte kam, ein buckeliges Mütterchen in zerlumpten Gewande und rief gellend: ‚Alles darfst du lernen – aber verhungern sollst du dabei!‘“ Aus: Bertha Badt-Strauß, Die Not von einst und die Not von heute, in: Die Frau 30, 1922/23, S. 204–10. Schreibsaal, 1929. Otto Dix, Bildnis der Journalistin Harden, 1926. Bild einer „modernen Frau“ in der Zeitschrift „Die Woche“, 1925. 1918 –1933 Z 19. Januar 1919. Die erstmals stimmberechtigten Frauen drängen sich vor den Wahhllokalen. Titelblatt des Berichts der Internationalen Frauenliga für Frieden u. Freiheit, Deutscher Zweig,1920. Z Wahlplakat der SPD, 1932. Studierendenstatistik

Die erste Professorin in Deutschland – 1918–1933€¦ · BILDUNGSWESEN POLITIK KULTUR GESELLSCHAFT UNIVERSITÄT HEIDELBERG Frauenstudium in der Weimarer Republik In den zwanziger

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Page 1: Die erste Professorin in Deutschland – 1918–1933€¦ · BILDUNGSWESEN POLITIK KULTUR GESELLSCHAFT UNIVERSITÄT HEIDELBERG Frauenstudium in der Weimarer Republik In den zwanziger

BILDUNGSWESEN

POLITIKKULTURGESELLSCHAFT

UNIVERSITÄTHEIDELBERG

Frauenstudium in der Weimarer RepublikIn den zwanziger Jahren ist dasFrauenstudium zur Normalitätgeworden, die Studentinnenstoßen aber auch weiterhin aufprinzipielle Ablehnung beiKommilitonen und einzelnen

Professoren. Zu kämpfen haben die Studentinnen vor allem mitihrer schlechten wirtschaftlichen Situation. Viele haben wenigerGeld zur Verfügung als man als Existenzminimum errechnet hat. Hinzu kommen die Probleme bei der Wohnungssuche, beider Studenten in der Regel bevorzugt werden. Die wirtschaft-liche Situation schärft den Blick für die Möglichkeiten zur späterenBerufsausübung, auch wenn diese nach einer Heirat alles an-dere als selbstverständlich ist. Die Studentinnen sind besondersstark vertreten in den klassischen Lehramtsfächern der Philoso-phischen Fakultät und an der Medizinischen Fakultät.

21. Februar 1920 Recht auf HabilitationDer Erlaß des preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kulturund Volksbildung mit dem Wortlaut „In der Zugehörigkeit zumweiblichen Geschlecht darf kein Hindernis gegen die Habilitationerblickt werden“ schafft die rechtlichen Voraussetzungen für die Hochschullaufbahn von Frauen. Der Erlaß ergeht auf Anfrageder Philosophin Dr. Edith Stein. Außerhalb Preußens konnten sich schon 1919 sechs Akademikerinnen habilitieren: MargareteBieber (Klassische Archäologie), Adele Hartmann (Anatomie),Paula Hertwig (Biologie und Genetik), Hedwig Kohn (Physik),Agathe Lasch (Germanistik), Emmy Noether (Algebra).

StudentinnenverbändeIn der Weimarer Republik verlieren die aus den Anfangsjahrendes Frauenstudiums stammenden Studentinnenverbände mehrund mehr ihre Anziehungskraft. Nur noch wenige, 7–8 Prozentder Studentinnen, sind organisiert und diese oft nur zum Zweckder Geselligkeit. Eine Verbindung zur Frauenbewegung ist kaumnoch vorhanden oder gestaltet sich durch die unterschiedlichenAuffassungen problematisch. Den Studentinnenvereinen fehlt, sosehr sie sich auch an die äußerst populären männlichen Korpo-rationen anzulehnen versuchen, die Kraft zur Identifikation undsozialen Integration. Der Dachverband für nicht konfessionell ge-bundene Vereine, „Verband studierender Frauen Deutschlands“(VStD), ist 1931 in jeder größeren Universitätsstadt vertreten, aberjeweils mit nur wenigen Mitgliedern. Unverkennbar ist trotz der Proteste einiger Studentinnenverbände gegen die Gründungder „Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen“(ANSt) die zunehmende Nähe der organisierten Studentinnen zuden nationalsozialistischen Ideen.

1920Gründung der völkischen Sammelbewegung „Hochschulringdeutscher Art“ unter Mitwirkung des rechtskonservativ geprägten

„Deutschen Verbandes Akademischer Frauenvereine“.

1923 Die ersten ProfessorinnenNach Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen gelingt es nurganz wenigen Frauen, tatsächlich die Hochschullaufbahn einzu-schlagen. Zwei Wissenschaftlerinnen können in der WeimarerRepublik eine Stellung als ordentliche Professorin erreichen: InHohenheim wird 1923 die Botanikerin Margarete von Wrangellberufen. Im gleichen Jahr wird die nicht habilitierte Erziehungs-wissenschaftlerin Dr. phil. Mathilde Vaerting an die UniversitätJena berufen. 54 weitere Frauen arbeiten 1933 als Dozentinnenin nicht gesicherter Stellung an deutschen Hochschulen; habi-litierte Wissenschaftlerinnen machen Ende der zwanziger Jahreinsgesamt lediglich 0,13 Prozent aller Lehrenden aus.

15. Juli 1924 Die erste Ausgabe der Zeitschrift „Die Studentin“Den Idealen der bürgerlichen Frauenbewegung folgend vertrittdie Zeitschrift ein pluralistisches Konzept. Mit ihrem Geleitwortwendet sie sich „an alle, die den akademischen Beruf wählten,um auch als Frau an dem geistigen Werden der Welt mitzuwirken,an alle, die ihre Kräfte für wissenschaftlich-wertvolle Arbeit in Schule, Haus und Öffentlichkeit vorbereiten oder die danachstreben, der Wissenschaft als solcher zu leben.“ Sie wolle „ver-suchen, ein lebendiges Bild des Frauenstudiums zu geben.“

Clara HamburgerDie 1873 in Breslau geborene Zoologin wird1902 Assistentin und Gehilfin von GeheimratBütschli am zoologischen Institut der Univer-sität Heidelberg. Sie promoviert 1903 bei ihm,habilitieren darf sie sich als Frau zu dieser Zeit jedoch nicht. Sie gilt als Mutter des Instituts.Mehrere Veröffentlichungen zeigen ihre fach-liche Kompetenz. Kurz vor seiner Emeritierung

versucht Bütschli 1919 für Clara Hamburger den Titel „Professor“ in Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Arbeit beim Ministeriumzu erwirken. Dies wird abgelehnt. Nach Bütschlis Tod 1920 stiftetdie Wissenschaftlerin 5000 Mark aus ihrem Privatvermögen für dieErrichtung einer Bibliothek am zoologischen Institut. Im selbenJahr wird sie zum „Custos der Sammlungen und der Bibliothek desZoologischen Instituts“ ernannt – zum Glück, denn nachdem mitder Inflation ihr Vermögen verschwunden ist, lebt Clara Hamburgervon dieser Tätigkeit. Nun übernimmt sie auch einen Teil von Bütschlis Vorlesungen. 1933 wird Clara Hamburger als Jüdin entlas-sen und flieht nach Frankreich. Dort verschleppt man sie in dasKonzentrationslager Gurs, doch sie kann nach Amerika entkommen.In Berkley lebt sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1945.

Sophie SöllnerSophie Söllner unterrichtet von 1920 bis 1930 Französisch in Form von „Lehrkursen“ am Germanisch-Romanischen Seminarder Universität Heidelberg. Stets hat sie mit großer finanziellerNot zu kämpfen. Das Ministerium verweigert 1923 die Einrichtungeines Lektorats für sie und stellt ihre Weiterbeschäftigung inFrage. Diese wird schließlich gewährleistet, doch muß Söllner imOktober 1923 sogar einen Freitisch in der Mensa beantragen.

Auch als Ende der zwanzigerJahre Lektorate für Italienischund Spanisch eingerichtetwerden, muß sie Privatlehrerinbleiben. Im Alter von 75 Jah-ren muß Sophie Söllner 1930wegen ihrer schweren Zucker-krankheit den Dienst quitierenund bittet das Ministerium„um ein, wenn noch so kleinesRuhegehalt“. Bis zu ihrem Tod 1933 erhält sie daraufhinmonatlich 30 Reichsmark.

Die erste Professorin in Deutschland – Margarete von WrangellDie Botanikerin Margarete Fürstin Andronikow,geborene Baronesse von Wrangell, stammt aus einer deutschen Aristokratenfamilie in Riga. Sie studiert in Tübingen Chemie.1910–1912 ar-beitet sie als Assistentin von Sir William Ramsayin London und von Marie Curie in Paris. 1920kann sich Margarete von Wrangell in Hohenheim

habilitieren – ihr Thema betrifft die „Phosphorsäureaufnahmefür Bodenreaktion“. Im Folgenden arbeitet sie ein Jahr am Institutder Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Berlin, wo die führenden Wissenschaftler der Zeit zusammentreffen.1923 wird sie als ersteOrdinaria an die Landwirtschaftliche Hochschule Hohenheimberufen. Dort richtet sie mit den Mitteln des Reichsernährungs-ministeriums ein eigenes Institut für Pflanzenernährungslehre ein, dessen Leitung sie auch übernimmt. Margarete von Wrangellstirbt am 31. März 1932 im Alter von 56 Jahren.

Gerta von UbischGerta von Ubisch kommt 1882 in Metz als Tochtereines preußischen Offiziers und einer jüdischenKaufmannstochter zur Welt. In Berlin besucht siedie Gymnasialkurse Helene Langes, da Mädchenzum naturwissenschaftlichen Realabitur nochnicht zugelassen sind. Gerta von Ubisch beginnt1904 in Heidelberg ihr Studium der Physik. Vondort geht sie nach Freiburg und Berlin, wo sie

mit Lise Meitner zusammenarbeitet und 1911 promoviert. Nach derDissertation wendet sie sich der Biologie, insbesondere der Ge-netik, zu. Trotz ihrer Leistungen erhält sie erst 1920 eine Stelle bei Professor Baur in Berlin,1921 geht sie als Assistentin zu demBotaniker Jost nach Heidelberg. Sie habilitiert sich 1923. 1924 bekommt Gerta von Ubisch einen Lehrauftrag,1929 wird sie zuraußerordentlichen Professorin ernannt. 1933 jedoch läßt sich dieHalbjüdin beurlauben und geht ins Exil, als die Studenten ihre Vor-lesungen boykottieren.1935 wird ihr die Lehrbefugnis entzogen.Als sie 1946 nach Heidelberg zurückkehrt, gibt sie in Sao Paulo,Brasilien, ihre Stelle als Leiterin der Abteilung Vererbung einesbekannten Instituts auf. In Deutschland kämpft sie um eine Pension,die ihr erst 1956 gewährt wird. Gerta von Ubisch stirbt 1965.

6. Dezember 1918 Einschränkung des Frauenstudiumsmit KriegsendeAuf Anweisung des Ministeriums andie Universität Heidelberg sollenStudentinnen sowie Gasthörerinnennur noch aus besonderen Gründenund ausschließlich direkt durch das Ministerium zugelassen werden.Damit soll den Kriegsrückkehrernan den Universitäten Platz gemachtwerden. Tatsächlich sinkt der im

reichsdeutschen Vergleich sehr hohe Frauenanteil an der Heidel-berger Studierendenschaft in den folgenden Jahren. 1921 sindnur noch 364 Frauen (13,4 Prozent) gegenüber 497 (17,7 Prozent)im Sommersemester 1918 immatrikuliert. Von 1924 an steigen die Zahlen jedoch schon wieder stetig.

12. Mai 1919 Der Heidelberger AStADer neugegründete Nachkriegs-AStA bringt formal die Demo-kratisierung der Studierendenschaft mit sich, die geschlossen ab-stimmenden Korporationen bleiben problemlos in der Mehrheit. Zwar kommt es zur Einrichtung einer Frauenkommission durchden AStA, diese scheint jedoch über ihre Gründung nicht hinaus-gekommen zu sein. Über die Mitgliedschaft von Frauen im Heidelberger AStA selbst ist nichts bekannt.

Sommersemster 1920 Anna SeghersNetty Reiling, die später unter dem PseudonymAnna Seghers als Schriftstellerin arbeitet, kommt1920 nach Heidelberg zum Studium der FächerKunstgeschichte, Geschichte und Sinologie. Siepromoviert hier 1924 über „Jude und Judentumim Werke Rembrandts“. Die 1928 in die KPDeingetretene Netty Reiling emigriert 1933 nachMexiko. Nach ihrer Rückkehr 1947 lebt sie alsSchriftstellerin in Ostberlin.

1920Die Zoologin Clara Hamburger wird zum „Custos der Samm-lungen und der Bibliothek des Zoologischen Instituts“ ernannt.

1920–1930Sophie Söllner unterrichtet Französisch am Germanisch-Romanischen Seminar.

18. Januar 1922 Verleihung der Ehrendoktor-würde an Marianne Weber

Die Juristische Fakultät würdigt mit diesem Titelihre wissenschaftlichen Publikationen. Das Dankesschreiben Marianne Webers scheint mitfolgendem Satz heute schon fast ironisch: „Sobringe ich der hohen Fakultät mit meinemeigenen auch den Dank der geistig arbeitendenFrauen dar, und danke nicht nur für die mir

persönlich erwiesene Ehrung, sondern auch für die hochherzigeBereitwilligkeit sachlichen Leistungen des weiblichen Geschlechtsso gut wie denen des männlichen Würdigung zu gewähren.“

3.3.1923Gerta von Ubisch habilitiert sich mit einer Arbeit zur Vererbungs-lehre als erste Frau an der Universität Heidelberg.

29. November 1918 Frauen erhalten das aktive und passive Wahl-recht

Das Frauenwahlrecht wird auch in die Verfassung der WeimarerRepublik aufgenommen. Die Wahlbeteiligung der Frauen bei derfolgenden Parlamentswahl am 19. Januar 1919 ist mit 82 Prozentdie höchste in der Weimarer Republik. Der Frauenanteil in dervon ihnen mitgewählten Nationalversammlung liegt mit 41 von423 Abgeordneten bei 9,6 Prozent – höher als in jedem anderenParlament der Welt. Allerdings sinkt diese Quote in der Folge-zeit stetig; erst 1983 wird in der Bundesrepublik wieder Entspre-chendes erreicht.

Frauen in den ParlamentenTrotz eines vergleichsweise hohen Frauenanteils im Reichstag ist das höchste Amt, das eine Parlamentarierin hier erreicht, das der Schriftführerin. Keine Frau wird jemals Mitglied einer Regierung oder des Reichsrates. Die höchsten staatlichen Positio-nen, die mit Frauen besetzt sind, haben als MinisterialrätinnenGertrud Bäumer im Innen- und Marie-Elisabeth Lüders im Arbeits-ministerium inne. Dennoch können die Parlamentarierinnen der

Weimarer Republik Einfluß auf wichtige Gesetzesänderungennehmen, die unter anderem die Zulassung von Frauen zu juristi-schen Berufen, den Mutterschutz und den Jugendschutz be-treffen. Hiermit kann die Stellung der Frau zumindest teilweiseverbessert werden, wenn auch andere Bereiche, wie das Ehe-und Scheidungsrecht oder die Stellung der erwerbstätigen Frauvon Reformen unangetastet bleiben.

11. August 1919 Verfassungsrechtliche Gleichstellung der FrauDie Gleichstellung der Frau wird als Artikel 109.2 „Männer undFrauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechteund Pflichten“ in die Weimarer Reichsverfassung aufgenommen. Diese Formulierung läßt jedoch Ausnahmeregelungen zu undsteht außerdem in starkem Kontrast zu den Bestimmungen desBürgerlichen Gesetzbuches und des Strafgesetzbuches. Dort sind unter anderem die strikte Unterordnung der Ehefrau unterden Ehemann und ihre völlige wirtschaftliche Abhängigkeit von ihm festgelegt. Dies hat beispielsweise zur Folge, daß eineFrau für jede Tätigkeit, die ihre Hausfrauenrolle überschreitet,der Zustimmung des Ehemanns bedarf.

1919 Gründung der „Internationalen Frauenliga fürFrieden und Freiheit DeutscherZweig“ (IFFF)Die radikalen Feministinnen derFrauenliga setzen Kommissio-nen zu Themen wie Kriegsdienst-verweigerung, Erziehung, Frauenlisten und von 1924 an zurBekämpfung des Antisemitis-mus ein. Ihre Hauptanliegen, Völ-kerversöhnung und Frieden,versuchen sie auch durch inter-nationale Zusammenarbeit zuerreichen.

1921Beschluß der NSDAP, keine Frau in die Parteiführung aufsteigenzu lassen.

Die „Neue Frau“Die „Neue Frau“ ist ein durch Werbung, Illustrierte, Kinofilmeund Romane verbreitetes Massenphänomen der Weimarer Republik. Sie ist selbständig, unabhängig, selbstbewußt und vorallem jung. Sie kleidet sich modisch im „Garçonne-Stil“ und trägt einen kecken Bubikopf. Aufgekommen ist dieses neue Leit-bild vor allem durch die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt,wo nach dem Krieg zahlreiche Frauenarbeitsplätze neu ent-standen sind: Frauen als Verkäuferinnen, Stenotypistinnen und Telefonistinnen prägen das Bild in derÖffentlichkeit. Gesteigertes Selbst-bewußtsein und Stolz auf die eigeneLeistungsfähigkeit bei den Frauensind die Folge. Veränderungen sind also deutlichwahrnehmbar. Dennoch gibt diesezahlenmäßig kleine Gruppe wederAnlaß, wie die Kritiker der „neuenFrau“ von Kulturverfall, noch wie ihre Befürworter vom Beginn einesneues Zeitalters zu sprechen.

Die FrauenbewegungDie bürgerliche Frauenbewegung hat ihre Hauptziele zu Beginnder Weimarer Republik zumindest auf dem Papier erreicht. Für die folgenden Jahre ist eine gewisse Stagnation in ihrer Arbeitunverkennbar. Die dementsprechende Zersplitterung in spezielleInteressengruppen erschwert zudem die politische Einflussnahme.Auch innere Probleme verschiedener Art stören die Arbeit derFrauenbewegung: Für den immer deutlicher aufbrechenden Ge-nerationenkonflikt wird keine Lösung gefunden. Statt auf Kon-

frontation zu setzen, wollen die jungenFrauen mit den Männern zusammen arbei-ten. Sie wenden sich zunehmend von derklassischen organisierten Frauenbewegungab – nicht zuletzt auch hin zu den national-sozialistischen Jugendorganisationen.Dem zunehmenden Trend in diese Richtunghält man im Bund Deutscher Frauen-vereine eine defensive Haltung entgegen.Nirgends wird die NS-Ideologie grundle-gend analysiert und beurteilt.

„Es ist doch so: Ein Vater, der seine Tochter studieren läßt,versäumt es doch nie, ihr als dringlichste Mahnung mit auf den Weg zu geben: ‚Daß du mir nicht etwa eine von denüberspannten, unweiblichen Frauenzimmern wirst.’“

Aus: Elfriede Dieckmann, Innere Probleme des Studentinnenlebens, in: Die Frau 27, S. 37.

„Aber ach, dann erlebten wir das alte Märchen vom Dornröschen noch einmal. Alle guten Feen traten an dieWiege des neugeborenen Töchterleins mit ihren neu-

artigen Segnungen. ‚Plato darfst du lesen‘, sagte die eine, ‚Mathematikdarfst du lernen‘, sagte die andere. ‚Ärztin darfst du werden‘, sagte die dritte, ‚Jura darfst du wenigstens studieren‘ die vierte. So ging’sdie Reihe hindurch. Aber die letzte kam, ein buckeliges Mütterchen in zerlumpten Gewande und rief gellend: ‚Alles darfst du lernen – aberverhungern sollst du dabei!‘“

Aus: Bertha Badt-Strauß, Die Not von einst und die Not von heute, in: Die Frau 30,1922/23, S. 204–10.

Schreibsaal, 1929.

Otto Dix, Bildnis der Journalistin Harden, 1926.

Bild einer „modernen Frau“ in der Zeitschrift „Die Woche“, 1925.

1918–1933

Z

19. Januar 1919. Die erstmals stimmberechtigten Frauen drängen sich vor den Wahhllokalen.Titelblatt des Berichts der Internationalen Frauenliga für

Frieden u. Freiheit, Deutscher Zweig,1920.

Z

Wahlplakat der SPD, 1932.

Studierendenstatistik