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Gute Seiten BRUTTOINLANDS- PRODUKT Wachstum gegenüber dem Vorjahr in Prozent Frankreich Deutschland 2,3 1,7 Quelle: OECD Prognose 1999 Deutschland 172,3 Frankreich 216,2 Deutschland 187 Quelle: Eurostat Frankreich 375 STEUEREINNAHMEN in Milliarden Euro Schätzung 1998; Bundessteuern NEUE ARBEITSPLÄTZE 1998 in tausend AKTIENINDIZES Zuwachs seit Jahresbeginn in Prozent Deutschland 7,0 Frankreich CAC 22,0 DAX der spiegel 38/1999 E rst einige Wochen zuvor hatte Edouard Michelin, 36, von seinem Vater die Führung des familieneige- nen Reifenherstellers übernommen, da zeigte er schon, was er während seiner Aus- bildung in den USA gelernt hatte. Um 17 Prozent seien die Gewinne des Unterneh- mens im letzten Quartal gestiegen, ließ er Anfang September verkünden – und gab zugleich bekannt, dass er in den nächsten drei Jahren 7500 Jobs streichen wolle. „Wie eine Bombe“ („Le Monde“) schlug die Nachricht in der Öffentlichkeit ein. Mi- chelins Börsenkurs legte um über zwölf Prozent zu, die Anleger feierten einen neu- en Sieg des Shareholder-Value. „Schockierend“ fand dagegen Regie- rungschef Lionel Jospin die Entscheidung. „Die Beschäftigung ist das oberste Ziel die- ser Regierung, und wir hätten gern, dass dies von allen geteilt wird.“ Ein Konzern, der den Regeln des anglo- amerikanischen Kapitalismus folgt, und ein Premier, der dies öffentlich kritisiert – so arbeitsteilig reagieren in Frankreich Re- gierung und Unternehmen auf die Globa- lisierung: Die Wirtschaft tut, was sie glaubt, tun zu müssen, und die Politik gibt den Menschen das Gefühl, der Wirtschaft nicht hilflos ausgesetzt zu sein. Mehr aber auch nicht: Direkte Eingriffe des Staates lehnt Jospin ab. Man könne die Wirtschaft nicht regieren, sagt er, und das sind durchaus neue Töne in einem Land, in dem der Staat wie nirgendwo sonst in Eu- ropa in die Wirtschaft eingegriffen hat. Ausgerechnet Jospins linke Regierung treibt den Rückzug aus der Wirtschaft vor- an, sie privatisiert die Staatsunternehmen, und sie hält sich weitgehend zurück, wenn französische Konzerne sich gegenseitig zu fressen versuchen. Erst vergangenen Mon- tag verkündeten die Ölkonzerne Elf Aqui- taine und TotalFina ihre Fusion, nachdem die kleinere TotalFina im Juli ein feindli- ches Übernahmeangebot gemacht hatte. „Der Kapitalismus in Pantoffeln ist vor- bei“, sagte BNP-Chef Michel Pebereau, nachdem er den Konkurrenz-Banken So- ciété Générale und Paribas mitgeteilt hat- te, dass er sie übernehmen will. Die Re- gierung hatte er vorher nicht gefragt. Natürlich wollen auch die französischen Sozialisten die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen verbessern.Auch die Regie- rung Jospin hat 1997 ein hartes Sparpro- gramm aufgelegt, um die Euro-Kriterien zu erfüllen. Auch sie hat sich verpflichtet, die öffentlichen Ausgaben zu stabilisieren und dann zu senken, die drückende Steu- 98 G. HALARY / SIPA WIRTSCHAFTSPOLITIK Die französische Revolution Paris nimmt Abschied von der Staatswirtschaft: Die Konzerne entdecken den Kapitalismus nach amerikanischem Vorbild, die Regierung zieht sich aus der Wirtschaft zurück – und setzt doch auf linke Rezepte. Die merkwürdige Mischung ist erstaunlich erfolgreich. Pariser Geschäftsviertel La Défense: Drastischer Umbau der Unternehmenslandschaft Wirtschaft

Die franzısische Revolution - SPIEGEL

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Page 1: Die franzısische Revolution - SPIEGEL

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G.

HALARY /

SIP

A

Pariser Geschäftsviertel La Défense: Drastischer Umbau der Unternehmenslandschaft

Wirtschaft

W I R T S C H A F T S P O L I T I K

Die französische RevolutionParis nimmt Abschied von der Staatswirtschaft: Die Konzerne entdecken den Kapitalismus

nach amerikanischem Vorbild, die Regierung zieht sich aus der Wirtschaft zurück – und setzt doch auf linke Rezepte. Die merkwürdige Mischung ist erstaunlich erfolgreich.

Gute Seiten

BRUTTOINLANDS-PRODUKTWachstum gegenüberdem Vorjahr in Prozent

Frankreich

Deutschland

2,31,7 Quelle: OECD

Prognose 1999

Deutschland 172,3

Frankreich 216,2

Deutschland 187 Quelle: Eurostat

Frankreich 375

STEUEREINNAHMEN in Milliarden EuroSchätzung 1998; Bundessteuern

NEUE ARBEITSPLÄTZE 1998 in tausend

AKTIENINDIZESZuwachs seit Jahresbeginn in Prozent

Deutschland 7,0

Frankreich CAC 22,0DAX

Erst einige Wochen zuvor hatteEdouard Michelin, 36, von seinemVater die Führung des familieneige-

nen Reifenherstellers übernommen, dazeigte er schon, was er während seiner Aus-bildung in den USA gelernt hatte. Um 17Prozent seien die Gewinne des Unterneh-mens im letzten Quartal gestiegen, ließ erAnfang September verkünden – und gabzugleich bekannt, dass er in den nächstendrei Jahren 7500 Jobs streichen wolle.

„Wie eine Bombe“ („Le Monde“) schlugdie Nachricht in der Öffentlichkeit ein. Mi-chelins Börsenkurs legte um über zwölfProzent zu, die Anleger feierten einen neu-en Sieg des Shareholder-Value.

„Schockierend“ fand dagegen Regie-rungschef Lionel Jospin die Entscheidung.„Die Beschäftigung ist das oberste Ziel die-ser Regierung, und wir hätten gern, dassdies von allen geteilt wird.“

Ein Konzern, der den Regeln des anglo-amerikanischen Kapitalismus folgt, und einPremier, der dies öffentlich kritisiert – soarbeitsteilig reagieren in Frankreich Re-gierung und Unternehmen auf die Globa-lisierung: Die Wirtschaft tut, was sie glaubt,tun zu müssen, und die Politik gibt denMenschen das Gefühl, der Wirtschaft nichthilflos ausgesetzt zu sein.

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Mehr aber auch nicht: Direkte Eingriffedes Staates lehnt Jospin ab. Man könne dieWirtschaft nicht regieren, sagt er, und dassind durchaus neue Töne in einem Land, indem der Staat wie nirgendwo sonst in Eu-ropa in die Wirtschaft eingegriffen hat.

Ausgerechnet Jospins linke Regierungtreibt den Rückzug aus der Wirtschaft vor-

an, sie privatisiert die Staatsunternehmen,und sie hält sich weitgehend zurück, wennfranzösische Konzerne sich gegenseitig zufressen versuchen. Erst vergangenen Mon-tag verkündeten die Ölkonzerne Elf Aqui-taine und TotalFina ihre Fusion, nachdemdie kleinere TotalFina im Juli ein feindli-ches Übernahmeangebot gemacht hatte.

„Der Kapitalismus in Pantoffeln ist vor-bei“, sagte BNP-Chef Michel Pebereau,nachdem er den Konkurrenz-Banken So-ciété Générale und Paribas mitgeteilt hat-te, dass er sie übernehmen will. Die Re-gierung hatte er vorher nicht gefragt.

Natürlich wollen auch die französischenSozialisten die Wettbewerbsfähigkeit ihrerUnternehmen verbessern.Auch die Regie-rung Jospin hat 1997 ein hartes Sparpro-gramm aufgelegt, um die Euro-Kriterienzu erfüllen. Auch sie hat sich verpflichtet,die öffentlichen Ausgaben zu stabilisierenund dann zu senken, die drückende Steu-

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Quelle: OECDStand: Juli 1999

SchlechteSeiten

ARBEITSLOSENQUOTE in Prozent

Frankreich

Deutschland

Großbritannien

USA

11,2

9,1

6,14,3

HAUSHALTSDEFIZIT/-ÜBERSCHUSSin Prozent des Brutto-inlandsprodukts

Frankreich

Deutschland

Großbritannien

USA

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–1,9

–0,2+1,9

Quelle: OECD

Prognose 1999

BRUTTOINLANDS-PRODUKTje Einwohner in Dollar

Frankreich

Deutschland

Großbritannien

USA

24 990

26 200

23 500

31 488

Quelle: EIUStand: 1998

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Börsenhändler in Paris, Regierungschef Jospin: „Man kann die Wirtschaft nicht regieren“

erlast zu vermindernund jungen Unterneh-mensgründern neueChancen zu eröffnen.

Aber sie redet lieberdarüber, wie die Nach-frage gesteigert und dieArbeitslosigkeit abge-baut werden kann undbeschließt teure Be-schäftigungsprogram-

me. So schafft sie ein Klima, in dem beidesgedeiht – der private Verbrauch, weil dieFranzosen wieder an die Zukunft glauben,und die Investitionskraft der Wirtschaft.

Es ist eine „leise Revolution“ („FinancialTimes“), die das Land verändert – der Ver-such eines eigenen, eines französischenWegs, der einerseits die Anforderungen ei-ner globalen Weltwirtschaft, andererseitsaber auch die Ängste vor den Folgen der-selben berücksichtigt: Nirgends wird soheftig über den „Terror der Ökonomie“diskutiert wie in Pariser Intellektuellen-kreisen.

Das Ergebnis ist erstaunlich: Die fran-zösische Wirtschaft wächst weit schnellerals die deutsche, sie schafft mehr Arbeits-plätze, und die Steuereinahmen steigenkontinuierlich – glückliches Frankreich.

Nicht ohne Häme schauen die französi-schen Sozialisten deshalb auf die deut-schen Sozialdemokraten, die eine in ihrenAugen neoliberale Politik betreiben undbisher keine nennenswerten Erfolge vor-weisen können.

Hatte Oskar Lafontaine also doch Recht,der stets für eine Belebung der Nachfrageplädierte? Gibt es – neben dem anglo-ame-rikanischen – ein eigenes französischesWirtschaftsmodell, das dynamischesWachstum mit staatlicher Fürsorge vereint?

Als Jospin vor zwei Jahren die Regie-rung übernahm, steckte Frankreich tief inder Krise. Sein Vorgänger Alain Juppé hat-te die Wirtschaft des Landes mit Brachial-gewalt zu sanieren und den übermächtigenStaatseinfluss zurückzudrängen versucht,er hatte auf Haushaltssanierung, Privati-sierung und Liberalisierung gesetzt – unddie Probleme damit nur noch vergrößert.

„Frankreich war am Rand der Katastro-phe“, erinnert sich Alain Touraine, einerder berühmtesten Soziologen in Paris. DieBürger sahen nur noch eine Option: „Ent-weder wir verlieren unsere soziale Sicher-

heit oder unseren Job“, so Touraine, „manschneidet uns also die Arme ab oder dieBeine.“ In der Folge sei die bestehendeAngst in Panik umgeschlagen, Streiks leg-ten 1995 für Wochen das Land lahm.

„Die französische Krankheit bestand inder Weigerung“, sagt Touraine, „Marktöff-nung und Liberalisierung mit sozialenMaßnahmen zu verknüpfen.“

Hier setzte die Politik der neuen Regie-rung an. Um das Defizit für die Maastricht-Kriterien zu senken, hob Wirtschafts- undFinanzminister Dominique Strauss-Kahndie Unternehmensteuern an. „Wir habenalles getan, um den privaten Konsum nichtzu bremsen“, sagt sein Berater Jean Pisani-Ferry, in dessen Büro ein Bild von KurtSchwitters hängt, auf dem in großen Let-tern das Wort „Oskar“ prangt: „Die Firmenwussten, dass ihnen der Euro nützen wird,und mussten deshalb eine zeitweiligeSteuererhöhung akzeptieren.“

Anscheinend geht diese Rechnung auf.Der Verbrauch der privaten Haushalte zogan, auch weil die Bürger wieder mit mehr

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Zuversicht in die Zukunft blicken. Da dieWirtschaft schneller wächst, sprudeln nunauch die Steuereinnahmen. VergangenenMittwoch verkündete Paris Steuersenkun-gen von 11,6 Milliarden Mark, auch dasDefizit soll jetzt schneller sinken.

Wie kein anderes Land profitiert Frank-reich vom Euro: Noch vor wenigen Jahrenbefand sich das Land in einer fatalenwährungs- und zinspolitischen Zwangslage.Der krampfhafte Ehrgeiz der Regierung,den Kurs des Franc zur Mark konstant zuhalten, hielt in Paris die Zinsen auf hohemNiveau. „Frankreich litt unter dem mo-netären Joch der Wiedervereinigung“, sagtJean-Paul Fitoussi, Präsident des Konjunk-turinstituts Observatoire Français des Con-jonctures Economiques. Die harte Politikder Deutschen Bundesbank sorgte in Parisfür noch höhere Zinsen als in Deutschlandund blockierte, so sahen es die meistenFranzosen, ihr Land.

Dann kam der Euro, die Zinsen fielenschon im Vorfeld der Währungsunion dras-tisch (von über zehn auf drei Prozent).Konjunkturforscher Fitoussi sieht darin denHauptgrund für den derzeitigen Auf-schwung, auch die eher laxe Budgetdiszi-plin der Regierung hat nach seiner Mei-nung zum Wachstum beigetragen: „Zu ex-zessives Sparen hätte den Aufschwunggleich wieder zerstört.“

Wenig hilfreich sind hingegen die lin-ken Vorzeigeprojekte der Regierung – zu-mindest ökonomisch. Über 100 MilliardenFranc (30 Milliarden Mark) jährlich lässtsich Jospin die Einführung der 35-Stunden-Woche kosten.Weitere 35 Milliarden Franc(10,4 Milliarden Mark) im Jahr verschlingtdas seit 1998 laufende Beschäftigungspro-gramm für jugendliche Arbeitslose. Mitbeiden Maßnahmen will die RegierungFrankreichs größtes Problem, die chronischhohe Arbeitslosigkeit, bekämpfen.

Zwar verhalf das Beschäftigungspro-gramm 100000 Jugendlichen befristet zueinem Job im öffentlichen Sektor, zum Bei-spiel als Aufsichtsperson in Schulbussen.Doch die seit 1997 insgesamt entstandenen750 000 neuen Stellen sind, so Fitoussi,„ganz überwiegend auf die gute Konjunk-tur zurückzuführen“. Schon ab einemWachstum von 1,5 Prozent würden die Un-ternehmen wieder Arbeitsplätze schaffen.

Dass die jungen Busbegleiter und ihreKollegen, die oft aus den völlig verwahrlos-

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Wirtschaft

Unternehmer Vanryb: „In fünf Jahren haben wir Deutschland überholt“

O.

JOBAR

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ten und von der wirtschaftlichen Dynamikabgekoppelten Vorstädten kommen, nachdem Ende des Fünf-Jahres-Programms ei-nen festen Job finden, bezweifeln aberselbst die Gewerkschaften: „Dafür hatkaum eine Kommune Geld“, sagt Jean-Claude Mailly von der GewerkschaftForce Ouvrière.

Auch die 35-Stunden-Woche, die am 1. Januar in Kraft tritt, wird keine neuenStellen schaffen. „So haben wir uns das nicht vorgestellt“, klagt Mailly; diegroßen Konzerne würden die Arbeitszeit-verkürzung wohl eher für den Abbau vonPausen und Urlaubstagen nutzen, stattneue Jobs zu schaffen. „Das bringt nichts“,hat auch Konjunkturforscher Fitoussi er-rechnet.

Doch das ist das Überraschende am neu-en französischen Modell: Obwohl sich ein-zelne Maßnahmen als ökonomisch unsin-nig erweisen, schaffen sie ein Klima desVertrauens. „Endlich haben wir hier eineRegierung, die wirklich die Arbeitslosig-keit bekämpfen will“, analysiert Fitoussidie Stimmung im Land.

„Die Franzosen glauben, dass sie mitder Globalisierung nicht allein gelassenwerden“, sagt Soziologe Touraine. Jospinmache mit Erfolg vor, „dass das Gleichge-wicht zwischen Liberalisierung und Sozial-politik weiter links eingependelt werdenmuss als im Dritten Weg von Schröder undBlair.“

Der Linksdrall der Regierung stößt beiFrankreichs Managern auf wenig Ableh-nung. Den Chefs kommt dieses Klima ge-legen: Es gestattet ihnen, ohne lähmendeProteste, den drastischsten Umbau der Un-ternehmenslandschaft, den das Land seitden industriepolitischen Eingriffen vonStaatspräsident Charles de Gaulle in densechziger Jahren erlebt hat.

Die Welle von Fusionen, Übernahme-versuchen und Restrukturierungen hat ei-nen einfachen Grund: Internationale Pen-sionsfonds wie Fidelity oder Calpers sindin Frankreichs Konzernen sehr viel stär-ker vertreten als bei ihren deutschen Kon-kurrenten. An den 40 größten börsenno-tierten Gesellschaften halten die Fonds be-deutende Anteile von meistens 20 bis 50Prozent. Michelin war 1998 schon zu 40 Prozent in ausländischen Händen

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(1997: 7,5 Prozent); TotalFina und Elf Aqui-taine waren schon vor der Fusion zu 50 undknapp 30 Prozent in ausländischem Besitz.

Die harten Renditeanforderungen derFonds werden von den Konzernchefs weitaus schneller befolgt als der sanfteindustriepolitische Druck, den die Regie-rung immer noch auf die Unternehmenausübt.

Nach wie vor stammen zwar viele Ma-nager aus denselben Elite-Universitätenwie die meisten Minister. Nach wie vor ha-ben fast alle als Beamte gedient, bevor siein ihr Unternehmen versetzt wurden.Aberder Korpsgeist von einst ist einem hartenKonkurrenzkampf gewichen.

Junge Unternehmer wie Bruno Vanrybwollen mit den alten Eliten ohnehin nichtsmehr zu tun haben. Der ehemalige Ton-ingenieur ist Gründer der SoftwarefirmaBVRP, die einen der erfolgreichsten Bör-sengänge am Neuen Markt in Paris hin-legte. In seiner Unternehmerinitiative„Croissance plus“ (Mehr Wachstum) hater über 100 junge Hightech-Firmen ver-sammelt.

Unternehmensteuern, 35-Stunden-Wo-che, Machteliten – das alles regt Vanrybnoch heftig auf; „die wahre Revolution desfranzösischen Kapitalismus“ stehe nochbevor. Eines aber ist dem Unternehmerebenso klar wie dem Soziologen Touraineund dem Konjunkturforscher Fitoussi:„Nach 20 Jahren in der Krise war unserganzes System komplett in Frage zu stel-len“, sagt er, der Modernisierungsdruck seiviel größer als am Rhein.

Und das ist er noch immer: Die jüngstenErfolge haben die gewaltigen Strukturpro-bleme allenfalls kaschiert, aber nicht be-seitigt. So sind etwa Arbeitslosigkeit undStaatsverschuldung viel höher als inDeutschland. Steuer- und Rentenreformensind längst überfällig. Und so glauben man-che Ökonomen, dass die französischen So-zialisten am Ende doch noch zu den har-ten Maßnahmen greifen müssen, die sieheute noch kritisieren.

Jungunternehmer Vanryb ist jedenfallsdavon überzeugt, dass das Land auf demrichtigen Weg ist. „In fünf Jahren“,sagt der Softwarefachmann, „haben wirDeutschland überholt. Dann ist Frankreichein extrem modernes Land.“ frank hornig

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