Die Gäste aus Loge zwei

Das neue Abenteuer 389 Andor F6ti Die Gaumlste aus Loge zwei Verlag Neues Leben Berlin

V 10 by Dumme Pute

Titel des ungarischen Originals A 2 paholy vendegeiIns Deutsche Uumlbertragen von Hans SkireckiIllustrationen von JUumlrgen Wagnercopy Verlag Neues Leben Berlin 1979Lizenz Nr 303 (3056779) LSV 7713 Umschlag JUumlrgen WagnerTypografie Walter LeipoldSchrift 10 p Excelsior Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland BerlinBestell-Nr 642 797 4 DDR 025 M

In den Zeitungen habe ich gelesen der Tanzpalast Bu-dapest werde in Moulin Rouge also Rote MUumlhle umbenannt Wer in meinem Alter ist wird sich bestimmt erinnern daszlig er schon einmal Moulin Rouge hieszlig Nachder Befreiung war das hUumlbsch eingerichtete Tanzlokal mitseinem staumlndigen Revueprogramm ein regelrechter Kriegsschauplatz denn dort trafen sich die Piraten der Inflationswogen um die Schoumlnheiten des Lebens in vollen ZUumlgen zu genieszligen Neulich eines Abends ging ich mit meiner Frau in diesesLokal Die Kellner eilten uns zuvorkommend entgegenLoge zwei Gibt es bei Ihnen Uumlberhaupt eine Logezwei erkundigte ich michMan geleitete uns zu dem einen SeitentischIch schob meiner Frau houmlflich den Stuhl zurecht dann setzte ich mich auch selbst hin Und waumlhrend der Kellner den obligatorischen Sekt servierte wanderten meine Ge-danken zurUumlck zu den Gesichtern und den Leidenschaften jener Zeit Unser Mittagessen war damals in Butterbrotpapier ein-gepackt Ein StUumlckchen Sojawurst ein StUumlck steinhartes Brot und danach ein Glas Wasser Das Laumluten des Telefons durchbrach unsere Ruhe Ich wurde zu dem einen Stellver-treter des Polizeipraumlsidenten beordert Ein sowjetischer Oberst und ein Gemeindeschreiber erwarteten mich Bitte das ansehen sagte der sowjetische Offizier bitte diese Quittung ansehenEr legte mir einen Zettel vor Obwohl ich nicht russischspreche und ebensowenig in Puschkins schoumlner Spracheschreiben und lesen kann konnte ich immerhin feststellen daszlig der Zettel mit Zeichen beschrieben war die an die

russischen Schriftzeichen erinnerten in Wirklichkeit aber sinnlose Krakel waren Ich konnte nur eine Zahl erkennen 2000 und dahinter stand ein zweimal durchgestrichenes $das Symbol fUumlr den DollarIch erbitte Ihre Hilfe sagte der sowjetische Offizier ingebrochenem Ungarisch Wir beschlagnahmen nicht Fleisch wir brauchen nicht Front ist vorbei Nachschub ist gut wir beschlagnahmen nicht Fleisch Und schon garnicht mit Waffen auf ungarische BUumlrger zielen und Neu-bauern das einzige Kaumllbchen wegnehmen Siebzehn aus einem Dorf BetrUumlger Halunke Hochstapler hat sowjeti-sche Uniform gestohlen und raubt jetzt die Doumlrfer ausNa das wird eine schwierige Sache dachte ich mir Alsdann der ungarische Begleiter des sowjetischen Offiziersberichtete was vorgefallen war kam mir die Angelegen-heit noch schwieriger vorVor einer Woche erzaumlhlte er kamen in einem Jeepdrei Personen zu uns ein sowjetischer Offizier und zweiungarische Maumlnner Sie lieszligen mich durch den Gemeinde-diener holen und teilten mir mit wir mUumlszligten fUumlnfund-zwanzig KUumlhe oder Kaumllber fUumlr die sowjetische Armee ab-liefern Der eine Ungar sagte ich wUumlrde mit meinem Leben dafUumlr haften daszlig das Vieh binnen zwei Stunden vor dem Gemeindeamt stehe Ich lieszlig sofort austrommeln Wer zwei KUumlhe oder Ochsen hat bringt ein Tier davonsofort zum Gemeindeamt wir kaufen es ihm ab Aber niemand kam Da ging meine Frau schluchzend von Hauszu Haus und flehte die Leute an Wenn ihr wollt daszlig mein Mann am Leben bleibt dann bringt das Vieh Eini-ge wenige Bauern lieszligen sich Uumlberreden aber es kamennicht genug Tiere zusammen Nun sagte der sowjetischeSoldat etwas zu dem einen Ungarn und der Uumlbersetzte

Die sowjetische Armee zahlt fUumlr ein Tier hundert Dol-lar Wir bekamen auch eine Quittung den Zettel da Uumlberzweitausend Dollar Er sagte noch in ein paar TagenwUumlrde der Finanzdienst kommen und bezahlen wenn wir die Quittung vorlegtenDer sowjetische Offizier hatte dem apathischen Berichtdes Gemeindeschreibers aufgebracht zugehoumlrt Er lieszlig sichdie Quittung geben und zeigte auf den Stempel derauf den unteren Rand des Zettels gedrUumlckt war dann zoger ein RubelstUumlck aus der Tasche drUumlckte es mit der Kopf-seite auf das Stempelkissen und danach auf ein leeres BlattPapierDie beiden AbdrUumlcke stimmten genau UumlbereinSo hat der Halunke den Stempel gemacht sagte erPlUumlndert damit Neubauern aus arme Leute wir kennen diese Sorte DafUumlr gibt es im Krieg eine Kugel Nicht fUumlr so was berichtigte er sich fUumlr viel kleinere DingeEin Dorf ausrauben ja das haben sie gelernt aber Er winkte ab Bitte fangen die Banditen fuhr er dann fort Wir sindFreunde Waffenstillstand Krieg aus Zivilverwaltung inIhren Haumlnden Arbeiter bitte sollen die Banditen fangenUnd was sage ich zu Hause warf der Gemeindeschrei-ber ein Die Leute warten auf ihr Geld sie wollen Vieh kaufen jetzt kommen die Sommerarbeiten da brauchenwir die KUumlhe nicht nur der Milch wegen Soll ich nach Hause fahren und sagen Na liebe Leute ich bringe schlechte Post mit Das braucht ihr unterbrach ihn der sowjetische OffizierEinen Posten der aufpaszligt Wir geben euch Gewehr undMunition Wenn Sie Uumlbernehmen die KUumlhe ich lasse ihnen geben ein Gewehr und zweihundert Schuszlig Munition

Der Herr Gemeindeschreiber klagt daszlig er seinen Leu-ten weder KUumlhe noch Geld bringen kann erklaumlrte ichDer sowjetische Offizier grinste breit Meine Truppenwerden essen eine Woche lang kein Fleisch Wir Uumlberge-ben dem Dorf siebzehn Rinder Mageres Rind Rind vomKrieg nun ja Aber die Tiere haben vier Beine haben dieWagen vom Ural bis hierher gezogen Und auf dem WagenFutter Die gebe ich euch und ein Gewehr dazu damit einPosten kann aufpassen auf das DorfDas Polizeipraumlsidium beschaffte zwei Eisenbahnwagendas Vieh wurde aufgeladen Der Gemeindeschreiber konnte sich gar nicht genug bedanken Er lud den sowjeti-schen Offizier ein mit ihm zu fahren doch der schUumlttelte den Kopf Keine Zeit fUumlr Bauchvollschlagen sagte erzum Abschied wir haben Dienst Und er drUumlckte dem Gemeindeschreiber noch ein SchriftstUumlck in die Hand Dieses Dokument bezeugte daszligdie Gardedivision mit entsprechender Vollmacht dem betreffenden Dorf siebzehn StUumlck Rindvieh Uumlbergeben hatte und die mit dem Brandzeichen des sowjetischenFiskus gekennzeichneten Tiere auf rechtmaumlszligigem Wege inden Besitz der Bauern gelangt warenTags darauf erschien in den Nachmittagszeitungen unserfolgender AufrufDie Polizei gibt hiermit bekannt daszlig gefaumlhrliche Ban-diten von denen manche unrechtmaumlszligig sowjetische Uni-formen tragen in den Doumlrfern erscheinen und unter Beru-fung auf angebliche Befehle Vieh beschlagnahmen Auf ungarischem Territorium ist niemand berechtigt mit oderohne Gegenleistung bewegliches oder unbewegliches Gutzu beschlagnahmen Groszligvieh wegzutreiben oder anderelandwirtschaftliche Erzeugnisse in Besitz zu nehmen Bei

allen Personen die mit solchen AnsprUumlchen in Erschei-nung treten handelt es sich um Hochstapler und Banditengegen welche jede Maszlignahme angebracht und zu deren Unschaumldlichmachung auch der Waffengebrauch als be-rechtigt anzusehen istUnterzeichnet wurde der Aufruf von Bevollmaumlchtigten des Polizeipraumlsidiums und der sowjetischen Komman-dantur Wir aber unternahmen die noumltigen Schritte um den Ver-brechern auf die Spur zu kommenDie Verarbeitung von siebzehn Rindern ist nur in einemBetrieb moumlglich Also nahmen wir vor allem die Fleisch-verarbeitungsbetriebe der Umgebung unter die Lupe Doch nirgends fanden wir etwas Auffaumllliges Gearbeitet wurde in allen Betrieben aber die Inhaber konnten anhand von Viehpaumlssen und behoumlrdlichen Zuweisungen den Nachweis erbringen daszlig sie das Vieh auf rechtmaumlszligigemWege Uumlbernommen hattenDa kam meinem Mitarbeiter Zoltan R6zsa die Idee daszlig der Verkauf des Fleisches von siebzehn Rindern den Ban-diten sicherlich einen so hohen Gewinn gebracht hattedaszlig sie nun in Saus und Braus leben und sich in den grouml-szligeren Budapester Nachtlokalen herumtreiben konntenSchon am selben Abend fanden wir uns im Moulin Rouge ein das damals ein beliebter Treffpunkt der Neu-reichen und Schwarzhaumlndler war Die groumlszligte Gesellschaft sahen wir in der Loge Nummerzwei An dem Tisch der auf einem Podest stand saszligen Damen mit kostbarem Schmuck und Herren in Abend-anzUumlgen und tranken Sekt Mittelpunkt der Gesellschaftwar Erzsi R der groszlige Revuestar der damaligen JahreDie wunderschoumlne Halbweltdame hielt dort regelrecht

Hof Auch jetzt wetteiferten mehrere Maumlnner wer ihr etwas bestellen dUumlrfe Schlieszliglich lieszlig man franzoumlsischen Champagner ein paar Flaschen Oumldenburger Blaustenglerund einige Paar WUumlrstchen kommen Die Kellner nahmendie Bestellung ein wenig indigniert entgegen Wer damalsim Moulin Rouge arbeitete kannte noch die Sitten undGewohnheiten der klassischen Aristokratie und des GroszligbUumlrgertums und blickte mit Verachtung auf die Neu-reichen die KUumlnstlerin und ihren Anhang herab

Von uns Polizisten hatten die Kellner sicherlich eine noch schlechtere Meinung Das Moulin Rouge rechnetein Dollars und in Gold aber wenn wir anwesend warenfUumlhlten sich die meisten Gaumlste unbehaglich (Viele Kellner

hatten damals eine Art kleine Gartenschere beim Bezah-len hielt ihnen der Gast eine Goldkette hin von der sie sich ein oder zwei Glieder abzwickten)Auch diesmal hatten wir Schwierigkeiten Das Personal wollte uns die Leute mit Geld nicht zeigen sondern eher davon Uumlberzeugen daszlig das Geschaumlft miserabel lief undsich kein einziger groszliger Fisch im Netz befandWir saszligen da und stellten fest daszlig es sich durchaus nicht so verhielt wie man es uns vormachen wollte Unsere Blicke wanderten immer wieder zum Tisch des Revue-stars wo die Stimmungswellen immer houmlher schlugenWeit nach Mitternacht begleiteten die Kellner einen nicht mehr ganz jungen sehr gut gekleideten Herrn unterunablaumlssigen Verneigungen zu diesem TischWir erkannten in ihm einen Staatssekretaumlr zugleich warer Abgeordneter der einen bUumlrgerlichen Partei im Parla-ment Er bewegte sich im Moulin Rouge als waumlre erhier zu Hause er entstammte einer alten groszligbUumlrgerlichenFamilie und hatte nicht erst in diesen Monaten erfahren wo der Eingang zu diesem Nachtlokal warEr saszlig kaum ein paar Minuten in der Gesellschaft alsder Revuestar zum Telefon gerufen wurde Die Schoumlne trippelte zwischen den Tischen entlang warf diesem undjenem Kuszlighaumlndchen zu und bedachte andere mit einemfreundlichen Winken Durch uns sah sie hindurch als waumlren wir aus Glas Einer unserer Mitarbeiter bekam heraus was das Tele-fongespraumlch in dem winzigen BUumlro zum Inhalt gehabt hatte Eine Maumlnnerstimme hatte von der KUumlnstlerin zehntau-send Zigaretten verlangt sie hatte gesagt im Augenblickkoumlnne sie ihm nicht antworten aber sie erwarte ihn - den

Anrufer den sie Sany6ka nannte - am naumlchsten Tag in ihrer WohnungZigaretten waren zu jener Zeit Gold wert Zehntausend StUumlck (hundert StUumlck kosteten einen Vierteldollar) haumlttenvierzig Dollar ausgemacht Mit den Weltmarktpreisen ver-glichen eine Kleinigkeit An dem gemessen aber was dieungarischen Arbeiter verdienten der Lohn von drei Jah-ren Die Inflation war unvorstellbar Doch zehntausend Zigaretten zu beschaffen in einer Zeitda Tabakwaren nur auf Karten abgegeben wurden und dieZigarettenfabriken strengstens kontrolliert wurden das schien fast ausgeschlossenSofern nicht Dieser Staatssekretaumlr arbeitete wie mir einfiel in demMinisterium das fUumlr die Tabakindustrie zustaumlndig warAber wir wollten uns mit den Zigarettengeschaumlften vor-erst nicht beschaumlftigen Uns interessierten jetzt erst einmaldie Fleischschieber Als wir die Angelegenheit bespra-chen waren wir uns darUumlber einig daszlig die InformationUumlber das Telefongespraumlch der Revuedame wahrscheinlichnicht stimmte Schwarzhandel mit so kleinen Betraumlgen wievierzig Dollar das war sicherlich nicht ihr FormatAn den folgenden Tagen grasten wir die Umgebung desgeschaumldigten Dorfes ab und stellten fest daszlig die Tiere dortnirgendwo verkauft wurden Wir gaben uns in den Staumldt-chen und Doumlrfern selbst als Schwarzhaumlndler aus zwar boten wir kein Fleisch und keine Wurst an wohl aber Zigaretten der verschiedensten SortenNun beschlossen wir die Haumllfte unserer Gruppe dienach den Viehdieben fahndete sollte jetzt den Fall der Zi-garettenunterschlagungen untersuchenIn den Zigarettenfabriken war die BuchfUumlhrung aus-

nahmslos und Uumlberall in Ordnung Das heiszligt daszlig die Warenur auf Zuweisung abgesetzt wurde Keine einzige Ziga-rette und kein einziges Streichholz - denn zu den Ziga-rettenfabriken gehoumlrten auch die ZUumlndholzfabriken -hatte die Betriebe ohne die erforderlichen Papiere verlas-sen Interessanter schien es uns schon daszlig einige Zigaretten-zuweisungen von dem Staatssekretaumlr unterschrieben wa-ren dem wir im Moulin Rouge begegnet warenMit Abschluszlig der Voruntersuchungen verwandelten sichunsere Kollegen die in dieser Angelegenheit ermitteltenin Schwarzhaumlndler und da es uns nicht gelungen warden Kopf der Schieberbande zu finden sollte sie von unten sozusagen von den FUumlszligen her aufgewickelt werdenGal lieszlig uns wissen man habe ihm einige Hunderttau-send Zigaretten angeboten und die arglosen Zwischen-haumlndler seien bereit ihn mit dem Leiter des neuen Bezirk-samtes fUumlr Fleisch- und Fetterzeugnisse zusammenzubrin-gen der das Geschaumlft in den Haumlnden halte Er fuhr also mit den Mittelsmaumlnnern in die ferne Bezirksstadt wo er von dem Leiter dieses Amtes - er war wegen seiner Zugehoumlrigkeit zu der Partei der auch der Staatssekretaumlrangehoumlrte in diese Funktion berufen worden - empfan-gen wurdeDie Zigaretten sagte der Leiter koumlnne er beschaffen nurmUumlsse er sich Uumlberzeugen daszlig ihm Gal wirklich den ver-langten Kaufpreis zahlen koumlnneNichts leichter als das Unser Kollege lachte MorgenfrUumlh lege ich Ihnen sagen wir tausend Dollar auf denTisch Die Augen seines GegenUumlbers leuchteten auf Interes-siert Sie auszliger den Zigaretten noch etwas fragte er

Beispielsweise Schmalz Speck FleischSchon schon antwortete Gal zurUumlckhaltend Das mUumlszligte ich aber erst mit meinem Chef absprechen Doch wie ich ihn kenne koumlnnten wir schon ins Geschaumlft kom-men Der Geschaumlftsabschluszlig wurde im Gasthof zum Golde-nen Hirsch gefeiert Es floszlig reichlich Sekt die Zigeunerfiedelten bis in den Morgen hinein Bei den Gespraumlchenbrachte Gal genau das in Erfahrung was er erfahren woll-te woher naumlmlich das Schweinefleisch stammte Der Leiter des Amtes fUumlr Fleisch- und Fetterzeugnissewar verantwortlich fUumlr den Schweineaufkauf durch den die Bevoumllkerungsversorgung im ganzen Land gesichertwurde Im allgemeinen sollte er Schweine mit hundert bishundertzwanzig Kilogramm Lebendgewicht aufkaufen aber er hatte die Moumlglichkeit die Gewichtswerte zusam-menzuziehen also drei Jungschweine von je vierzig Kiloals ein ausgewachsenes Schwein von hundertzwanzig Kiloanzunehmen Bei der Verarbeitung der Jungschweinefielen viel mehr Abfaumllle an so konnte der Bevoumllkerungs-versorgung eine betraumlchtliche Menge entzogen werden Die Methode war einfach Den Verkaumlufern war es egalwieviel Quittungen sie bekamen sie wollten hauptsaumlchlicheinen Beleg in den Haumlnden haben daszlig sie die Ware aufgesetzliche Weise verkauft hatten So geschah dann allesauf entgegengesetzte Weise als es sich der Staat vorge-stellt hatte Der Leiter des Amtes fUumlr Fleisch- und Fetterzeugnissemachte aus drei Vierzigkiloschweinen nicht ein Hundert-zwanzigkiloschwein sondern umgekehrt aus einem aus-gewachsenen Schwein drei kleine Er betrog soviel er nurwollte Ihm unterstand ein ziemlich groszliges Gebiet in jeder

Aufkaufgruppe hatte er seine Leute die fUumlr jedes Kilo-gramm eingespartes Fleisch natUumlrlich ein Drittel fUumlr ihre eigenen Geschaumlfte verwenden konnten Der Leiter des Amtes war aumluszligerst vorsichtig er verkaufte das durch Betrug erwirtschaftete - man kann ohne Uumlbertreibungsagen das den werktaumltigen Menschen vom Teller gestoh-lene - Fleisch nur in groszligen Posten Erst als er in Unter-suchungshaft genommen wurde sagte er er habe die Ware an den Hauptbuchhalter eines Budapester Groszlig-betriebes verkauft Das Leben wartet immer wieder mit verblUumlffenden und erstaunlich einfachen Dingen auf An jenem gewissenAbend hatte auch der Herr Hauptbuchhalter in der LogeNummer zwei des Moulin Rouge gesessenEine Zeitlang vermuteten wir der Hauptbuchhalter habedas Fleisch fUumlr die Arbeiterversorgung gekauft Zu jenerZeit naumlmlich verdiente ein Arbeiter in einer Woche soviel Bargeld daszlig er sich auf dem schwarzen Markt nicht mehrals ein paar Schachteln Streichhoumllzer haumltte kaufen koumlnnenAlle waren regelrecht vom Hungertod bedroht Deshalb entlohnten manche Betriebe ihre Beschaumlftigten teilweise inNaturalien Auszliger dem gesetzlichen Lohn oder Gehalt erhielten sie je Woche etwa einen Liter Oumll einige KiloBohnen oder Erbsen Kartoffeln oder Mehl Zwiebeln oder Paprika Die Einkaumlufer der Betriebe durften keine Skrupelkennen Sie wuszligten daszlig sie auf dem schwarzen Markt schwarze Ware kauften aber sie hatten keine andere Wahl Wir zogen in dem betreffenden Betrieb Erkundigungenein wobei wir erfuhren daszlig dort noch nie zusaumltzlich Fleisch ausgeteilt worden war So ergab sich von selbst dieSchluszligfolgerung daszlig der Hauptbuchhalter das Fleisch weiter eingetauscht hatte beispielsweise gegen Erbsen

oder Bohnen In den staatlichen Magazinen jedoch zeigte sich daszlig dieArbeiter des Betriebes immer aus zentralen Vorraumlten ver-sorgt worden waren und zwar dank der Vermittlung einesRegierungsbeauftragten der Kommunistischen Partei DasbetrUumlgerisch erworbene Fleisch war also niemals auf dieTische der Werktaumltigen gekommenAber wohin war es dann entschwunden Die Antwort lag auf der Hand Wir muszligten die LoumlsungfUumlr das Problem unter den Gaumlsten aus Loge zwei im Moulin Rouge suchenVor allem kamen zwei Leute in Betracht Herr Karsai Besitzer einer Fleischwarenfabrik und Frau Verouml eine Seifenfabrikantin Wir fuhren mit Versorgungsspezialisten in die Fleisch-warenfabrik aber dort fanden wir keine Spur von illegalenWaren Alle Belege stimmten von jedem Gramm Wurst lieszlig sich die Herkunft nachweisen Nun ja damals Uumlbten Stempel und Drucksachen sogarauf uns einen magischen Eindruck aus und es dauerte einegeraume Zeit bis wir unsere Gutglaumlubigkeit Uumlberwundenhatten Eine andere Gruppe fuhr am selben Tag in die Seifen-fabrik Auch dort war alles in Ordnung beziehungsweiseAlles war allzu Uumlberzeugend in OrdnungGal blaumltterte der Besitzerin einen Beleg auf den Schreib-tisch Entschuldigen Sie vielmals gnaumldige Frau aber aufdieser Rechnung steht das morgige Datum Koumlnnten Sie mir dafUumlr eine Erklaumlrung gebenIch habe doch nicht die Zeit mir auch noch jedes Da-tum anzusehen Ich freue mich schon wenn ich mal ein biszligchen Rohstoffe bekomme und arbeiten kann Mich

interessiert das Datum nicht mich interessiert ein Datum einfach nicht Gnaumldige Frau das ist aber eine sehr interessante Rechnung Das Fleisch das Sie bekommen haben wurdevon einem Kammfabrikanten geliefert

Da sieht mans Sie sind kein Fachmann Tierkadaver werden immer von den Kammachern aufgekauft Sie loumlsendie Teile heraus die sie verwenden koumlnnen und was Uumlbrigbleibt das verkaufen sie weiterIch verstehe Sagen Sie bitte was sind das fUumlr Rohstof-fe mit denen sie arbeiten Krepiertes Viehzeug Rinder Schweine aber auch Hunde und Pferde Wir UumlberprUumlfen nicht ob das Rohmate-

rial das wir bekommen frUumlher einmal gebellt hat odergeschnattert Es muszlig Fett daran sein darauf kommt es anAuf diesem Lieferschein ist nicht angegeben ob es sichum die Uumlberreste von Hunden oder Pferden handelt Das kostet mich nicht mehr als einen Anruf Frau Verouml seufzte und griff gereizt nach dem TelefonhoumlrerDoch Gal war auf der Hut Mit einer laumlssigen BewegungdrUumlckte er den Houmlrer auf die Gabel zurUumlck und das Tele-fongespraumlch endete bevor es beginnen konnteDas Uumlberlassen Sie besser uns gnaumldige Frau sagte erUnd Uumlberhaupt sollten Sie jetzt zwei Stunden lang nichttelefonieren Und auch das BUumlro nicht verlassen Das ist keine Verhaftung obzwar und er griff in ihre Handta-sche die offen auf dem Schreibtisch lag und zog eineZehndollarnote heraus das durchaus genUumlgen wUumlrde umSie festzunehmen In der Kammfabrik am Stadtrand loumlsten wir eine groszligeBestUumlrzung aus als wir auftauchten um die GeschaumlftsbUuml-cher zu UumlberprUumlfenHerr Kapor der Inhaber rieb sich bedauernd die HaumlndeSehen Sie sich diese Zeitung an flehte er beschwouml-rend Da ist die Annonce Daszlig ich mein Hauptbuchverloren habe und saumlmtliche Rechnungen Das Zeug ist fUumlrjeden Fremden voumlllig wertlos aber trotzdem hat es derFinder nicht zurUumlckgeschicktGal legte ihm die Rechnung vor die er aus der Seifenfa-brik mitgenommen hatte Ich wUumlrde mir gern die Kopie ansehen sagte erSpaumlter meinte Gal er habe selbst nicht gewuszligt was ermit der Kopie angefangen haumltte wenn der Kammacher sieihm gezeigt haumltte Aber so ist das Leben halt Der ermit-telnde Kriminalist braucht zu seiner Arbeit genauso das

GlUumlck wie ein Torwart oder der Libero der Nationalmann-schaft Und Gal hatte sich jetzt auf eine Art GlUumlcksspieleingelassenKapor wurde blaszlig Er druckste eine Weile bis er antwor-tete Bitt schoumln bitt schoumln Die BuchfUumlhrung darum kUumlm-mere ich mich nicht persoumlnlich Ich habe da einen Fach-mann der das fUumlr mich erledigtUnd er nannte den Namen des HauptbuchhaltersEr hat alle Unterlagen bei sich fuhr er fort aber ichwerde ihn anrufen damit er sie herbringt und dann meineHerren wird sich alles aufklaumlren Und er griff ebenfalls nach dem Telefonhoumlrer so wie einErtrinkender sich an einem Strohhalm festhalten moumlchte Doch Gal war wieder auf der Hut und kam ihm zuvor Wir wenden uns persoumlnlich an ihn sagte erAber um diese Zeit wird er nicht zu Hause sein Oh wir koumlnnen warten Und im Betrieb ist er jetzt auch nicht mehrAch wir finden ihn schonAber wenn ich ihm sagen wUumlrde daszlig er mit Ihnen einoffenes Wort sprechen kann dann waumlre das etwas ganz anderes Er wird von uns sehr beeindruckt sein brummte der lange J6ska Gals engster Mitarbeiter Er braucht uns nurzu sehen und schon wird er den Mund aufmachen Und Sie sagte Gal werden den Raum vorlaumlufig nicht verlassen Sie werden nicht telefonieren und auf keine andere Weise mit irgendwem Kontakt aufnehmenMein Kollege bleibt hier Wenn Sie irgendeinen sonstigenWunsch haben steht er Ihnen zur VerfUumlgungEs war wirklich schwierig den Hauptbuchhalter auf-

zutreiben Er hielt sich gerade bei Erzsi R auf dem Re-vuestar aus dem Moulin Rouge gemeinsam mit einem anderen Mann Als wir in die luxurioumlse Budaer Villen-wohnung eintraten zitterten den drei fragwUumlrdigen Exi-stenzen die AugenliderPolizei murmelte Gal Wer ist der Herr Hauptbuch-halter Stehe zu Ihrer VerfUumlgung sagte der Betreffende undzog sein Zigarettenetui aus der Tasche Die Finger zittertenihm als er die Zigarette anzUumlndete jedes Kind haumltte er-kannt daszlig er alle Kraft aufbieten muszligte um seine Nervo-sitaumlt zu verbergenUnd das gelang ihm auch uszligerst sonderbar be-merkte er nach einem Weilchen daszlig Sie so Uumlber uns herfallen Ich gehoumlre nicht zu Ihrer Mannschaft wir habennicht zusammen auf der Straszlige Fuszligball gespielt Wenn Siewas von mir wollen suchen Sie mich in meinem BUumlro auf und nicht in einer fremden Wohnung wo ich selbst nurGast bin Sie werden verzeihen Frau R sagte Gal galant fUumlruns war es ausgesprochen verlockend in dieser schoumlnenUmgebung einen berUumlhmten Revuestar wiederzusehenMeine Herren sagte die Saumlngerin ich weiszlig gar nichtwas ich zu diesem beispiellosen Insult sagen sollAber ich weiszlig es sagte der Hauptbuchhalter und tratzum Telefon offenbar um den Staatssekretaumlr anzurufen Diesmal unternahm Gal nichts dagegen Den Staatssekre-taumlr naumlmlich schUumltzte das Immunitaumltsrecht Gal dachte so Wenn der Staatssekretaumlr jetzt hierherkommt koumlnnen wireventuell auch ihn auf frischer Tat ertappen und in diesemFall haben wir viele Moumlglichkeiten die uns sonst versperrtblieben

Gal hatte obendrein noch GlUumlck Neben dem Telefon hing ein zweiter Houmlrer an der Wand Diesen hob er ans Ohr Schlieszliglich meldete sich der Staatssekretaumlr Hier spricht Petouml begann der Hauptbuchhalter Wir sind in Erzsis Wohnung und stell dir nur vor ploumltzlichfallen drei Polizeibeamte Uumlber uns her als ob wir Moumlrder waumlren sie geben keine Erklaumlrung ab was sie wollen undwaumlhrend ich jetzt mit dir telefoniere steht der eine nebenmir und houmlrt alles mit an Komm doch bitte gleich her undrufe diese Wilden zur Ordnung Erzsi ist schon ganz auszligersich Mit wem spreche ich lieszlig sich der Staatssekretaumlr ver-nehmen Mit wem fragst du Mit Petouml Hier spricht Puci PetoumlIch kenne keinen Puci Petouml houmlrte Gal den Staatsse-kretaumlr sagen Und ich bitte Sie solche absonderlichenScherze kUumlnftig zu unterlassenAber ich bitte dich Das kann doch nicht wahr sein Es klickte Der Staatssekretaumlr hatte aufgelegtMit totenbleichem Gesicht als waumlre er binnen wenigenAugenblicken um Jahre gealtert wandte sich der Haupt-buchhalter um Was sagt ihr dazu er hat aufgelegtSie standen wie versteinert da der Revuestar vergaszlig ge-radezu zu zittern Aufgelegt hat er wiederholte der HauptbuchhalterDann drehte er sich um und waumlhlte nervoumls nochmals Nun meldete sich unter der Nummer des Staatssekretaumlrs eine Frauenstimme Hallo Hier spricht Puci Petouml sagte der HauptbuchhalterUnterlassen Sie diese Albernheiten sagte die Frauen-stimme Gegen solche Telefongangster gibt es Gesetze

Klick Der Hauptbuchhalter starrte den Telefonhoumlrer an den erimmer noch in der Hand hielt dann knallte er ihn gegendie Wand Die vernickelte Mikrofonkapsel lieszlig ein an-sehnliches StUumlck Putz abplatzenAha es stinkt also Der Herr Staatssekretaumlr will seine eigene Haut rettenAber Pucilein begann der Revuestar zitterndSchluszlig mit Pucilein Hier gibt es nur noch einen HerrnPetouml Nehmt das zur Kenntnis Und einen Petouml darf man nur einmal im Stich lassen Habe die Ehre Er ging hinaus und warf die TUumlr hinter sich zu WeitererPutz broumlckelte ab

Sorgen Sie sich nicht er koumlnnte verduften bemerkteGal Vor der HaustUumlr wird der Herr Hauptbuchhalter schonerwartet Als wir zum Praumlsidium zurUumlckkamen saszlig Petouml bereits inmeinem BUumlro Wie ein verwundeter Loumlwe so starrte er uns wild an Er sprang auf und begann im Zimmer auf undab zu hasten Keine Bange Sie werden noch reichlich Zeit zu Spa-ziergaumlngen haben sagte R6zsa gelassenIch will Ihnen mal was sagen posaunte der Haupt-buchhalter Sie lassen mich jetzt gehen und wenn Sie anmeine Gutwilligkeit appellieren werde ich vielleicht darauf verzichten Sie alle anzuzeigenOh ich dachte nicht an Spaziergaumlnge auf der Straszligefuhr R6zsa auf seine ein wenig umstaumlndliche Weise fortIch dachte mehr an die taumlglichen Spaziergaumlnge die denInsassen unserer Zuchthaumluser erlaubt werden Allerdingsund er seufzte sind mir auch Faumllle bekannt in denen es dazu nicht mehr kam Wie meinst du das fragte ich ihnIch meine das so daszlig manche noch vor dem ersten Spaziergang gehenkt werdenDer Hauptbuchhalter unterbrach seinen Marsch Er starrte uns unglaumlubig anBitte fragen Sie sagte erSeit wann fUumlhren Sie die Buchhaltung der Firma Ka-porSeit der Inhaber mich damit beauftragt hat Der Haupt-buchhalter schien sichtlich erleichtert Aufgrund welcher Papiere haben Sie diese Rechnungausgestellt fragte Gal und hielt ihm das SchriftstUumlck

unter die Nase das er bei dem Kammacher entdeckt hatte Ich brauchte keine Papiere Ich habe ihm Kadaver ab-getreten allerlei totes Viehzeug das unsere Einkaumlufer beiden Abdeckern auf den Schlachthoumlfen und bei Tieraumlrzten aufgetrieben haben Und ich habe mir in jedem einzelnenFall die Notschlachtungsbescheide angesehen das hat mirgenUumlgtIch glaube Sie koumlnnen sich vor lauter MUumldigkeit nichtmehr an die Dinge erinnern Sie mUumlszligten sich erst einmalausruhen Ich lasse gleich ein Zimmerchen fUumlr Sie auf-schlieszligen sagte R6zsa gar nicht weit von hier Unten im Souterrain haben wir reichlich Platz Wollen Sie mich verhaften Verhaftet sind Sie schon Sie haben Fleischwaren ohne die erforderlichen Belege Uumlbernommen Das ist ein Ver-brechen gegen die Interessen der oumlffentlichen Versor-gungDas werden Sie noch bitter bereuen sagte der Haupt-buchhalter drohend Gal waumlhlte bereits die Telefonnummer des Staatssekre-taumlrs Hier spricht die Polizei sagte er Herr Staatssekretaumlrich waumlre Ihnen sehr verbunden wenn Sie uns eine kurze Charakteristik des Herrn Hauptbuchhalter Petouml geben koumlnnten Stille senkte sich Uumlber das BUumlro Gal saszlig am Tisch den Houmlrer am Ohr und lauschte Ich weiszlig nicht ob ich alles richtig verstanden habesagte er dann wenn Sie erlauben fasse ich zusammenwas Sie mir gesagt haben Herr Petouml ist also ein wetter-wendischer unkorrekter Mensch der staumlndig in irgend-welche dunklen Angelegenheiten verwickelt ist und sich

sobald er in der Patsche sitzt auf Ihre Partei oftmals sogarauf Sie persoumlnlich Herr Staatssekretaumlr beruft Ja Fi-nanzmittel darf man ihm also nicht anvertrauen Weder Sie noch Ihre Partei Uumlbernehmen die Verantwortung fUumlrihn und seine Handlungen ich verstehe Aber mir ist als haumltte ich Sie mehrmals mit ihm zusammen im Moulin Rouge gesehen Ja Er ist also wie eine Klette er haumlngt sich regelrecht an Sie ich begreife der Freund einesStaatssekretaumlrs zu sein das ist eben eine groszlige Ehre Wie bitte Wie alle Neureichen Und von denen unter-scheidet sich Herr Petouml nicht hm Was Sie sagen Uumlber-rascht mich natUumlrlich ich haumltte das nicht von ihm geglaubt Nur auf eigene Vorteile bedacht will alle Uumlbers Ohrhauen ein schaumlbiger kleiner Ganove Da sprang Petoumlauf und riszlig Gal den Houmlrer aus der Hand den dieser ihmbereitwillig UumlberlieszligIch bin also ein schaumlbiger kleiner Ganove Gut meinJunge du wirst noch baumeln mein Junge Satisfakti-onsunfaumlhigGal nahm ihm den Houmlrer wieder wegWir bedanken uns Herr Staatssekretaumlr mehr wollten wir im Augenblick nicht wissen Dieser Hauptbuchhalterist so gewalttaumltig entschuldigen Sie wenn wir nicht ver-hindern konnten daszlig er Sie beleidigtDer Hauptbuchhalter wischte sich den Schweiszlig von derStirn Und jetzt begann er will ich alles auspackenDiese Fleischgeschichte das ist gar nichts Eine Kleinig-keit sie hat nicht mehr eingebracht als ein paar tausendGramm Gold Da habe ich noch viel interessantere Sachen auf Lager Fahren Sie doch mal raus zu meinem Betrieb und holen Sie ein paar Leute her zum Beispiel LukacsRavasz den Chef von Betriebsteil sieben Elemer Vadasz

den Meister der Maschineninstandhaltung Virgil Szalaiden Leiter der Abteilung Produktionskontrolle und FrauKenderesi die fUumlr die Finanzkontrolle in der Hauptbuch-haltung zustaumlndig ist Mit diesen Personen sabotieren wirseit sieben Monaten die Produktion und zwar auf Anwei-sung des Herrn Staatssekretaumlrs Ich habe dabei die Aufga-be auch den Arbeitern den vollen Lohn und sogar Praumlmi-en zu zahlen die Ausschuszlig fabrizieren Lukacs der den Betriebsteil sieben leitet bringt die Beschriftungen auf denErzeugnissen so durcheinander daszlig sich kein Auftragge-ber unter unseren Ersatzteilen zurechtfindet Vadasz derfUumlr die Instandhaltung der Maschinen zustaumlndig ist hat diePraumlgepressen fUumlr die Leistungsschilder an den Maschinenso deformiert daszlig die Werkangaben an unseren Erzeug-nissen voumlllig unkenntlich sind Szalai sucht aus den Er-zeugnissen die er zu kontrollieren hat diejenigen herausderen Werkangaben unkenntlich sind und schickt ganzeSerien zum Einschmelzen zurUumlck Und Frau Kenderesi die Finanzkontrolleurin laumlszligt regelmaumlszligig die deckungslo-sen Zahlungen durchgehen die ich einerseits an den HerrnStaatssekretaumlr und andererseits an Benkouml und die Partei-kasse leiste Eine hUumlbsche Geschichte meinte Gal Und nun zu der FleischgeschichteAch eine Kleinigkeit Wir haben ein paar Leute diein der Provinz Lebendvieh aufkaufen Sie verkaufen es an den Leiter eines Bezirksamtes fUumlr Fleisch- und Fettwaren weiter und der liefert das Vieh en gros an eine Kammfa-brik Wir nehmen jedes Rind mit vorschriftsmaumlszligigen Notschlachtungspapieren entgegenDann diktierte der Hauptbuchhalter die Namen und Adressen

Unter diesen Adressen stieszligen unsere Kollegen auf diesowjetische Uniform und auf die an einem Stempel befe-stigte sowjetische MUumlnze mit der auch die Quittung desGemeindeschreibers abgestempelt warWir beschlossen vorerst nicht die Aufhebung der Im-munitaumlt des Staatssekretaumlrs zu beantragen denn wir woll-ten ihn auf frischer Tat erwischen Am naumlchsten Tag gelang es uns mit Petoumls Hilfe auch dieZigarettenschiebung aufzudeckenDer Staatssekretaumlr konnte jederzeit jede beliebige Men-ge Zigaretten beschaffen er brauchte nur einen Brief aneine Zigarettenfabrik zu schreiben und sie aufzufordernzu Zwecken der Wiedergutmachung gegenUumlber dem We-sten soundso viel Kilo Tabakwaren zum Transitlager desJosephstaumldter Bahnhofs zu schicken Da auch die Budape-ster Lieferungen dort eingingen schickten die Buchhal-tung der Fabrik und die Versandabteilung die Sendungenmit einem gemeinsamen Frachtbrief ab Nun sandte der Staatssekretaumlr aus dem Ministerium ein offizielles Schrei-ben an das Auslieferungslager auf dem Bahnhof aufgrunddessen seine Beauftragten die Ware dort Uumlbernehmen konnten Und die WiedergutmachungDiese BuchfUumlhrung wird wohl niemand jemals zu Ge-sicht bekommen Vielleicht weiszlig nur der liebe Gott wie-viel wirklich an die Westmaumlchte ausgeliefert wurde undwieviel im Inland geblieben istSie haben noch gar nichts Uumlber die Rolle von Frau Rerzaumlhlt Uumlber Erzsi Da gibt es nicht viel zu erzaumlhlen Sie hat nur ein paar winzigkleine Geschaumlftchen gemacht ein paartausend Zigaretten ein paar Sack Bohnen oder Erbsen

Gerade nur soviel daszlig ihre Weste nicht blUumltenweiszlig blieb Zu der Gesellschaft die wir im Moulin Rouge in derLoge zwei gesehen hatten gehoumlrte noch ein Mann Ein fleischiger untersetzter Mann Ein WurstfabrikantJetzt schien Petouml zum erstenmal ernsthaft nachzudenken Ein verschlossener Bursche meinte er dann waumlhrend er sich eine Zigarette anzUumlndete Niemand weiszlig etwas Naumlheres Uumlber ihn und er hat keinen von uns in seine Ge-schaumlfte hereingezogen Er ist in Erzsi verliebt deshalb setzte er sich immer wieder zu uns Ich glaube er koumlnnte uns alle den Staatssekretaumlr eingeschlossen aus seiner Jackentasche auszahlen Mit Gold Diamanten Womit pflegt er zu zahlenPetouml lachte bitter auf Mit Steuerpengouml Er hat ein Saldokonto bei der Italie-nisch-Ungarischen Bank Ein Konto Uumlber SteuerpengoumlDarauf koumlnnen Sie sich wohl Ihren Reim machen Wir hatten den Eindruck der Hauptbuchhalter haumltte jetztalles ausgepackt Doch wir irrten uns Er hatte noch was zu sagenMeine Herren sprach er ich habe noch eine einzigeBitte Ich moumlchte noch einmal im Gundel Mittag essenWir sahen uns an Sie habens sich verdient sagte Gal Wir werden Sie begleitenIch erinnere mich genau Er speiste eine RagoutsuppeFasan Forelle vom Rost Und er lieszlig Rotwein und Weiszlig-wein kommen Zum Abschied drUumlckte er dem Kellner eine Goldkette in die Hand Meine wird schwerer wiegensagte er mit Galgenhumor

Ich wundere mich noch heute wie natUumlrlich uns seine erschoumlpfende auf alle Einzelheiten eingehende Aussagevorkam Ich glaube - dieser Gedanke kam mir damals vielleicht wegen der Ermittlungsmethode die Gal ange-wandt hatte - jeder Kriminelle verlaumlszligt sich darauf daszligihm seine Mittaumlter selbstlos helfen werden Wenn er aber sieht daszlig seine bisherigen Freunde ihn bedenkenlos fal-lenlassen um ihre eigene Haut zu retten daszlig sie ihn demGesetz sozusagen zum Fraszlig hinwerfen um selber nichtgefressen zu werden dann drehen sie durch und dann lassen sie sich nur noch von einem Gedanken leiten Die sollen es auch nicht besser haben Wenn bei mir abkassiert wird dann sollen sie auch bezahlen Petouml machte seine Aussagen aus dieser Art Rachedurst herausWir jedenfalls nahmen uns vor spaumlter wenn der Prozeszligstattfinden wUumlrde vor Gericht nicht zu verschweigen daszliguns Petouml eine Menge Arbeit erspart hatteDoch bis zur Gerichtsverhandlung wUumlrde noch viel Was-ser die Donau hinabflieszligen Wir waren naumlmlich entschlos-sen die Ermittlungen nicht einzustellen bevor die ge-samte Bande dingfest gemacht warVor allem muszligten wir den Wurstfabrikanten ausfindigmachen und unter die Lupe nehmenDas gelang unsDer Betrieb des Wurstfabrikanten - wir wollen ihn Firma Fleischhacker nennen - arbeitete mit einer pedan-tisch genauen BuchfUumlhrung Wir holten Steuerspezialistensie zuckten mit den Schultern alles war bestens in Ord-nung jeder Eingang war genau verbucht von allen verar-beiteten Rindern und Schweinen waren Belege vorhandenwoher sie stammten und von wem sie gekauft waren dieMenge des verarbeiteten Fleisches war an drei verschiede-

nen Stellen verbucht wir waren auszligerstande auch nur ein Gramm Differenz zwischen der verarbeiteten Fleischmen-ge und den an die Verkaufsstellen gelieferten Wurstmen-gen festzustellenDieser Betrieb arbeitete ausschlieszliglich mit Steuerpengoumlauch die Beschaumlftigten wurden mit diesem Geld entlohntund zwar - anders als bei den sonstigen Firmen - nicht zum Kurs des Steuerpengoumls sondern mit Steuerpengouml-Banknoten (Der Steuerpengouml war eine Art Hilfswaumlhrung zu jenerZeit Es wurde taumlglich festgestellt wieviel Milliarden Billionen oder Trillionen Inflationspengouml jeweils ein Steuerpengouml wert war Diese Form der Lohnzahlung war fUumlr die Werktaumltigen verhaumlltnismaumlszligig gUumlnstig denn die Steuerpengouml-Preise der Waren stiegen nicht so schnell wiedie Inflationspreise)Auszligerdem hatte der Wurstfabrikant so gut wie gar keineInvestitionen gemacht Ein Betrieb hatte ihm wie aus denBUumlchern hervorging ein paar Maschinen hergestellt aberdas war von den zustaumlndigen Behoumlrden genehmigt wor-den Im Endergebnis der sehr umfassenden Untersuchun-gen und Ermittlungen stand vor uns also ein Mann gegenden nicht das geringste sprach - abgesehen davon daszligauch er ziemlich regelmaumlszligig zu der Tischgesellschaft inder Loge zwei stieszlig Dennoch waren wir miszligtrauisch zumal wir wuszligten daszlig der Herr Staatssekretaumlr sich nicht gescheut hatte den Revuestar auf bescheidene Weise inseine Geschaumlfte hineinzuziehen nur damit die Dame keine weiszlige Weste mehr hatte Es schien uns unvorstellbar daszlig der Chef der Firma Fleischhacker in der Loge zwei akzep-tiert wurde ohne daszlig er es dicke hinter den Ohren hatte Um herauszukriegen wie sich das alles verhielt

brauchten wir viel Zeit Wir konnten dem Wurstfabrikan-ten schwerwiegende Devisenvergehen nachweisen Aber wie gesagt erst eine geraume Zeit spaumlterDen Schluszligpunkt unter die Aktivitaumlten der Gangster-bande die sich zu ihren Straftaten einer sowjetischen Uniform bedient hatte setzte das Gericht

Heft 390 Herbert Friedrich Jakow und seine Frau Seit einer Woche irren Jakow und seine Frau Valentina im hohen Norden am Jenissej durch den Schneesturm Siewollten das Neujahrsfest mit ihren Verwandten feiern undhatten Proviant fUumlr zwei drei Tage mitgenommen Sie finden den Weg nicht wieder ihr Proviant ist fast alle dieHunde sind hungrig und erschoumlpft Da kaumlmpft sich Jakowallein weiter durch die SchneewUumlste um doch noch HilfefUumlr seine Frau und sich zu finden

Titel des ungarischen Originals A 2 paholy vendegeiIns Deutsche Uumlbertragen von Hans SkireckiIllustrationen von JUumlrgen Wagnercopy Verlag Neues Leben Berlin 1979Lizenz Nr 303 (3056779) LSV 7713 Umschlag JUumlrgen WagnerTypografie Walter LeipoldSchrift 10 p Excelsior Gesamtherstellung (140) Druckerei Neues Deutschland BerlinBestell-Nr 642 797 4 DDR 025 M








































































































































































































































































































































































































































































Documents

Die Gäste aus Loge zwei