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(Aus dem Physiologisehen Institut der Universiti~t Lausanne.) Die gef~erweiternde Wirkung der phosphorylierten Stoffwechselprodukte ~. Von A. Fleisch und P. Weger (Riga). Mit 2 Text~bbildungen. (Eingegangen am 1. September 1937.j Von der Vorstellung ausgehend, dab die Gef/~Berweiterung in arbeiten- den Organen auBer dureh die Wasserstoffionenkonzentration aueh dureh Produkte des intermediitren Stoffwechsels ausgel6st werde, haben Fleisch und Sibul 2 etwa 70 chemische K6rper auf ihre Kreislaufwirkung untersucht. Das Resultat war, da[3 eine ganze Reihe yon zum Teil sicheren und zum Teil wahrscheinlichen oder m6glichen intermedi/~ren Stoffwechselprodukten vasodilatatorische Eigenschaften besitzen. Von Interesse war dabei, dab die meisten K6rper ein additives Verhalten in bezug aul Gef/iBdilatation aufweisen. Die Wirkungsintensit/~t ist so, dab die Gesamtsumn~le der intermedi~ren Stoffweehse]produkte etwa Mol/200 betragen muB, um Vasodilatation zu erzeugen. In den letzten Jahren hat eine grfind]iehe Umw~lzung stattgefunden in bezug auf unsere Kenntnisse und Vorstellungen fiber den intermedii~ren Stoffweehsel der Kohlehydrate, dank namentlieh der Arbeiten yon Meyerho/, Lohmann, Parnas. EimnM ist eine Reihe neuer intermedi~rer Stoffwechselprodukte bekannt geworden, und zudem zeigte es sich, dab eine GroBzahl davon gebunden an Phosphorss vorkommen. Deshalb schien es yon Interesse, unsere friiheren Untersuchungen zu ergi~nzen und auch diese neu bekannt gewordenen phosphorylierten Produkte in den Kreis unserer Betrachtung einzubeziehen. Nach dem yon Parnas ~ kiirzlich publizierten Schema ist die Urn- wandlung iolgende : Glykogen + Fructosediphosphors/iure Phosphodioxy~ceton PhosphoglycerinMdehyd Phosphoglycerins/~ure und Phosphoglycerol + Phosphobrenztraubens/~ure Brenztr~ubens/iure + Milchs/~ure Ausgefiihrt mit Unterstfitzung der Roche-Studiensti~tung. - - 2 Fleisch, A. u. I. Sibul: Pfliigers Arch. 231, 787 (1933). - - 3 Parnas, J . K . : Bull. Chimie physiol. 18, 53 (1936).

Die gefäßerweiternde Wirkung der phosphorylierten Stoffwechselprodukte

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Page 1: Die gefäßerweiternde Wirkung der phosphorylierten Stoffwechselprodukte

(Aus dem Physiologisehen Institut der Universiti~t Lausanne.)

Die gef~erweiternde Wirkung der phosphorylierten Stoffwechselprodukte ~.

Von A. Fleisch und P. Weger (Riga).

Mit 2 Text~bbildungen.

(Eingegangen am 1. September 1937.j

Von der Vorstellung ausgehend, dab die Gef/~Berweiterung in arbeiten- den Organen auBer dureh die Wasserstoffionenkonzentration aueh dureh Produkte des intermediitren Stoffwechsels ausgel6st werde, haben Fleisch und Sibul 2 etwa 70 chemische K6rper auf ihre Kreislaufwirkung untersucht. Das Resultat war, da[3 eine ganze Reihe yon zum Teil sicheren und zum Teil wahrscheinlichen oder m6glichen intermedi/~ren Stoffwechselprodukten vasodilatatorische Eigenschaften besitzen. Von Interesse war dabei, dab die meisten K6rper ein additives Verhalten in bezug aul Gef/iBdilatation aufweisen. Die Wirkungsintensit/~t ist so, dab die Gesamtsumn~le der intermedi~ren Stoffweehse]produkte etwa Mol/200 betragen muB, um Vasodilatation zu erzeugen.

In den letzten Jahren hat eine grfind]iehe Umw~lzung stattgefunden in bezug auf unsere Kenntnisse und Vorstellungen fiber den intermedii~ren Stoffweehsel der Kohlehydrate, dank namentlieh der Arbeiten yon Meyerho/, Lohmann, Parnas. EimnM ist eine Reihe neuer intermedi~rer Stoffwechselprodukte bekannt geworden, und zudem zeigte es sich, dab eine GroBzahl davon gebunden an Phosphorss vorkommen. Deshalb schien es yon Interesse, unsere friiheren Untersuchungen zu ergi~nzen und auch diese neu bekannt gewordenen phosphorylierten Produkte in den Kreis unserer Betrachtung einzubeziehen.

Nach dem yon Parnas ~ kiirzlich publizierten Schema ist die Urn- wandlung iolgende :

Glykogen +

Fructosediphosphors/iure

Phosphodioxy~ceton

PhosphoglycerinMdehyd

Phosphoglycerins/~ure und Phosphoglycerol +

Phosphobrenztraubens/~ure

Brenztr~ubens/iure +

Milchs/~ure Ausgefiihrt mit Unterstfitzung der Roche-Studiensti~tung. - - 2 Fleisch, A.

u. I. Sibul: Pfliigers Arch. 231, 787 (1933). - - 3 Parnas, J .K . : Bull. Chimie physiol. 18, 53 (1936).

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Ferner spielt die Adenosintriphosphors/~ure als C o - F e r m e n t eine wesentliche Ro]le, indem sie die Phosphors/iure llefert zur Umwand lung des Glykogens in Fructosediphosphors/iure. Durch diese Phosphors/~ure- abspa l tung verwandel t sich die Adenosintriphosphors/~ure in die Adenyl- s/iure. Als Hilfssystem ftir die Phosphoryl ierung der Adenyls/~ure funk- t ioniert ferner das System Phosphokreat in und Kreat in . All die genann ten Substanzen mi t Ausnahme des Phosphoglyceraldehydes haben wir unter- sucht. Her rn Prof. O. Meyerho/, Heidelberg, sind wir zu Dank ver- pfliehtet fiir die liebenswiirdige Uberlassung yon Phosphodioxyaceton, Phosphoglycerins/~ure, Phosphobrenztraubenss Kreatinphosphors/~ure. Unsere Muskeladeny]s/~ure s t ammt yon der F i r ma Laokoon, Lwow Polen, Hefeadenyls/~ure yon Hoffmann-La l~oehe Basel, Adenosintriphosphor- s/iure und Fructosediphosphors/iure yon I .G. Farbenindus t r ie Elberfeld. Den genann ten F i rmen danken wir fiir die ~ber lassung der Substanzen.

Methodik.

Die Versuche wurden an 30 Katzen und 3 Hunden ausgeffihrt, die alle mit 1Numal-l~oche narkotisiert waren. Immer wurde die kfinstliche Durchblutung einer hinteren Extremit~it mit durch Liquoid ungerinnbar gemachtem Eigenblut an- gewendet. Hierffir diente der Durchblutungsapparat yon A. Eleisch:, der gestattet, die DurchblutungsgrSBe fortlaufend optisch zu registrieren, sowohl absoht wie relativ, wobei der DurchstrSmungsdruck automatisch auf konstanter HOhe gehalten wird. Da wir dank dieses I)urchblutungsapparates die DurchstrSmungsgr5Be in jedem Zeitmoment absolut kennen, so sind wir imstande, die Wirkstoffe nicht nut in der injizierten absoluten Menge, sondern auch in ihrer Endkonzentration im arteriellen Blute zu kennen.

Die operative Technik war folgende: Nach Laparatomie wird die A. iliaca communis freigelegt und cine Xaniile in den zentralen Stumpf, eine zweite Kanfile in den peripheren Stumpf eingeffihrt. Das Blur strSmt nun aus dem zentra|en Ende der A. iliaca in den I)urchblutungsapparat, der die Stromgeschwindigkeit registriert und den konstanten Druck erzeugt. Weiter strSmt das Blur in die peri- phere A. iliaca communis und durch das Venensystem in den Kreislauf des Tieres zurfick. Gleichzeitig wird der Blutdruck yon der Carotis aus registriert. In F/~llen yon scMechter Respiration wnrde kiinstliche Atmung durch die Trachea angewendet. Um Abkfihlung der Tiere zu verhindern, wnrden diese in ein Bad mlt k5rperwarmer .Ringer-LOsung eingetaucht. Meistens wurde der mit Ringer verdtinnte Wirkstoff in solcher Geschwindigkeit eingespritzt, dab auf 9 Teile arterielles Blut ein Tefl LSsungsmittel kam. Die injizierte Menge war gewOhnlich 1--2 ccm.

Da ein Tell der Substanzen sehr labil ist, wurden sie uns in Form yon Barium- salzen zur Verffigung gestellt. Kurz vor dem Versuch wurden die betreffenden Bariumsalze mit verdiinnter Salzs/~ure gelSst und dann das Barium durch F/illung mit l~atriumsulfat entfernt. Alle Substanzen waren selbstverst/~ndlich neutralisiert und auf Isotonie eingestellt.

Resultate.

Wir haben uns nicht begnfigt, in einigen Versuchen festzustellen, ob die betreffenden Stoffe wirksam sind oder nicht, sondern wit haben

1 Eleisch, A.: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, Abt. V, Teil 8, S. 1007. 1935.

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364 A. Fleisch und P. Weger:

versucht, durch eine GroBzahl yon Injektionen den Wirkungsgrad der einzelnen Substanzen festzustellen und die einzelnen Substanzen unter- einander zu verg|eiehen. Im ganzen wurden etwa 600 Injektionen gemacht, so dab das experimentelle Material ffir eine quantitative Beur- teflung geniigend sein dfirfte. Abgesehen yon der Wirkungsst/~rke ist die Art der Wirkung bei allen Substanzen prinzipiell ~thnlich. Alle Sub- stanzen wirken, wenn sie fiberhaupt aktiv sind, vasodilatatorisch. Bei einzelnen Substanzen wurde immerhin beobachtet, dab zun/~chst eine leichte Vasokonstriktion auftritt, die dann einer starkeren Vasodflatation Platz macht. Dies gilt f fir Phosphobrenztraubenss und Phospho- kreatin, aber diese primate Konstriktion ist durehaus nicht immer vor- handen. Beziiglieh der Dauer der Wirksamkeit der einzelnen Substanzen wurden keine nennenswerten Unterschiede festgestellt. Wegen des groBen Volumens in der Zuleitung vom Injektionsort bis zum peripheren Gef/~Bsystem verstreicht zuerst eine Latenzzeit, bevor die 8ubstanz im Gef/~Bsystem ankommt und ihre Wirksamkeit entfalten kann. ])ann nimmt die Dilatation sukzessive zu und erreicht ihr Maximum ungefis gegen Ende der Injektion. Nach Sistieren der Injektion geht die Blut- stromgeschwindigkeit rasch zurfick, indem die aktive Substanz durch das friseh einstr6mende arterielle Blur aus dem Gef~Bsystem rasch aus- gewaschen wird. Die Beobachtung, dab der Abfall der Kurve, also der Rfickgang der ])flatation, um so rascher erfolgt, je starker die vorg/~ngige Dilatation war, erscheint rein mechanisch bedingt, indem bei starker Dilatation der verst/~rkte Blutstrom den Wirkstoff rascher ausws Von einer protrahierten Wirkung gewisser Substanzen ist somit nichts festzustellen.

Zu betonen ist, dab die injizierten Mengen so gering sind, dab der allgemeine Kreislauf dadurch nicht beeinfluBt wird. Tatsiichlich ver- /~ndert sich der Blutdruck moistens nieht. Wenn hingegen die injizierte Dosis sehr groB ist, so dab die Vasodilatation 200 % und 300 % erreicht, darm kommt es gelegentlich zu~ einem leichten vorfibergehenden Abfall des Blutdruckes.

Um Platz zu sparen und um andererseits eine Ubersieht fiber die Wirkungsst/~rke zu haben, verzichten wir auf die Beschreibung dcr Aktivits der einzelnen Substanzen und haben es vorgezogen, s/~mtliche Resultate fibersichtlich in der Abb. 1 Zusammenzustellen.

])ie ersten Umb~uprodukte der Glykogenolyse, n~mlich Fructose- diphosphors/~ure und Phosphodioxyaeeton besitzen gar keine vaso- dilatatorische Wirkung. M6glicherweise erwies sich Phosphodioxyaceton als nnwirksam, well dieser Stoff bei alkalischer Reaktion, wie sie im arteriellen Blute vorkommt, sieh momentan zersetzt. Das Phospho- glycerol besitzt nur eine sehr schwache Wirksamkeit, hingegen wirkt die Phosphoglycerins/~ure schon deutlieh dilatatorisch. ])er Vergleich der Brenztraubens/~ure und der Phosphobrenztraubens/~ure ergibt, dab

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das phosphorylierte Produkt etwa doppelt so wirksam ist wie das un- phosphorylierte. Diese Beobachtung, dab dig vasodilatatorische Aktion dureh Phosphorylierung steigt, werden wir aueh bei anderen Produkten maehen.

Kreatin ist praktiseh unwirksam, hingegen besitzt Phosphokreatin eine deutliehe, wenn aueh nieht starke dilatatorisehe Wirksamkeit. Hin- gegen ist zu bemerken, dab die dilatatorisehe Aktion yon Phospho- kreatin ziemlieh variabel ist. Bei einzelnen Tieren finder man gute bis fast starke Wirksamkeit, bei anderen hingegen fast niehts.

N ~ ~ rn rn re 50 75 ]00 150 200 300 r

/tex~176176 t l Phosphoo'i?xy~ceton O/Zcer/npho~pha/ -~ Phospho(Z/ycerlJ~2ouro I ', . . . . . . . . . . . . . . . . Pho~pho~bT.enz/PaubensYuz,e BrenzlzaubensYure I(reatl'n Pho~phoRreal/n . . . . . . .

TO ~ ~ TI~ 712 TI~ Tl~ 71~ ~000 YSO0 2000 "4000 7000 10000 15000 30000

t/et;e.aYenj,l~ure /gu~Re/a~nj/Is~ure

2"~ ~Tz 72~ ~ 77z ~TZ yL 500000 Z8 2.1S ~.10 6 40.r 6 2#.r 6 ~n.r 6 :O0./O 6

AYenos/'ntriphosphors#ure 0/] I /t/stamzn AeetZ/cho//n . . . . . ~ ]

Abb. 1. Zusammenste] lung der gef~gdi ]a tator isehen Wi rkun~en. Die ~kbszissenbezeiehnan~en m/50 usw. bedeute~ die ~NEolarkonzen~ration des be t re f fe~den Stof fes i m ar ter ie l len Bl~lt. I n Ko r~en t ra t i onen , bei denen eine dieke hor izon ta le L in ie vo rhanden ist, b e w i r k t der b e t r e i f e n d e S t o f f G e f h l ] d i l a t a t i o n e n tibet" 100%, be i de r d t i n n ausgezogenen L i n i e yon

5 0 - - 1 0 0 % u n d be i der p u n k t i e r t e n L i n i e y o n 2 0 - - 5 0 % .

Zusammenfassend kSnnen wir sagen, dag die intezmedi/~ren Produkte der Glykogenolyse keine starken vasodilatatorisehen Eigensehaften besitzen. Aueh die phosphorylierten Produkte reihen sieh bezfiglieh ihrer Aktivit/tt ungefs in die Wirksamkeit der friiher von F l e i s c h und S i b u l 1 untersuehten K6rper ein.

Die gef/tgersehlaffende Wirkung ist sehr viel ausgepr~gter bei den K6rpern des Co-I~ermentsystemes, n~mlieh bei den Derivaten des Adeno- sins. Interessant ist der Vergleieh zwisehen Hefeadenyl- und Muskel- adenyls/iure, indem letztere etwa 4mal st/trker wirksam ist als die erstere, obwohl die beiden Stoffe isomer sind. Sehr viel gr6Ber ist hingegen die dilatatorisehe Funktion der Adenosintriphosphors~ure, da sie in Molar- konzentrationen yon 1/700000 im arteriellen Blute bereits 100% Dilatation erzeugt. In Bertieksiehtigung, dag das Molekulargewieht der Adenosintri- phosphors~ure gleieh 507 ist, wiirde dies entspreehen einer Konzen- tration yon 1/1400o0o. Der st/~rkst wirksame K6rper ist das Aeetyleholin.

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366 A. Fleisch und P. Weger:

Zum Vergleich haben wir die Wirksamkeit der C H ebenfalls eingezeichnet, entsprechend den Resultaten yon F l e i s c h 1 und F l e i s c h und S i b u l ~-.

Wie aus Abb. 1 hervorgeht, liegt ihre molare Wirksamkeit in der gleiehen Gr51~enordnung wie diejenige yon Adenosintriphosphorss Histamin und Acetylcholin.

Einer ns ErSrterung wert ist das Verhs der Wirkungs- st~rken yon Adenosintriphosphorss und Muskeladenyls~ure. Denn die letztere besitzt nur etwa ein Hundertstel der Wirksamkeit der Adeno- sintriphosphorss Dieses Resultat steht im Widersprueh zu den

A b b . 2. P B l n t d r u e k , 1 m m O r d i n a t e = 6 m m H g . D e r A b s t a n d d e r J ~ u r v e .~,, v o n d e r N u l l i n i e z~TL e n t s p r i e h t d e r r e l a t i v e n Gr6Be des S t r o m v o l u m e n s d u r e h die h i n t e r e Ex t r emi t f i . t e i n e r K a t z e . v a z e i g t d a s a b s o l u t e S t r o m v o l u m e n an . J e d e s s c h w a r z e t ~ e e h t e e k p l u s weil~er L f i c k e e n t s p r e e h e n e i n e r a b s o l u t e n D u r c h f l n B m e n g e y o n 3 c e m Blu t . D i e W i r k s t o f f e w e r d e n z w i s c h e n 1 - - 2 b z w . 4 - - 5 i n d e n a r t e r i e l l e n B l u t s t r o m i n j i z i e r t , w o b e i i h r e E n d k o n z e n - t r a t i o n e n i m a r t e r J e l l e n B l u r m / 1 0 0 0 0 b z w . m / 5 0 0 0 0 0 b e t r a g e n . B e i 3 u n d 6 ~ d r d die

K a n i i l e an sgesp i i l t .

Befunden von S c h o e d e l 3, der im Insti tute yon R e i n ebenfalls die dila- tatorische Wirksamkeit dieser beiden K6rper vergliehen hat. Schoede I

kommt zum t~esultate, dab Muskeladenyls/~ure und Adenosintriphosphor- s~ure in ~quimolaren L6sungen gleiehe Dilatation bewirken. Die Wirk- samkeit der Muskeladenyls~ure ist bei S c h o e d e l und uns ungef~hr dieselbe. Wir erhalten 100% Zunahme des Stromvolumens bei einer molaren Konzentration yon 1/7~00, bei ,_%hoedel ist die notwendige Molarkonzen- tration fiir dieselbe Zunahme des Stromvolumens stark variabel, aber im Mittel ~nn~hernd dieselbe wie bei uns. Soweit also Ubereinstimmung der Ergebnisse. Hingegen linden wir die Adenosintriphosphors~ure etwa hundertmal wirksamer als die Muskeladenyls~ure, w~threnddem Schoede l

die Adenosintriphosphors~ure yon derselben dilatatorischen Wirksamkeit finder wie die Muskeladenyls~ure. Wir haben noch 100% Zunahme des Stromvolumens erhalten bei einer Molarkonzentration yon Adenosin- triphosphors~ure yon 1/700o00, w~hrenddem der genannte Autor ffir die gleich starke Dilatation Molarkonzentrationen yon l/s000 braucht.

1 Eleisch, A . : Z. ~llg. Physiol. 19, 270 (1921). __ 2 Fleiseh, _4. u. [. S ibul : Pfliigers Arch. 2gl, 787 (1933). - - s Sehoedel, W.: Pfltigers Arch. 236, 190 (1935).

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Die gef~Berweiternde Wirkung dcr phosphorylierten Stoffwechselprodukte. 367

Ein Beispiel der verschiedenen Wirksamkeit yon Muskeladenylss und Adenosintriphosphors/~ure gibt Abb. 2. Obwohl die Konzentration der Adenosintriphosphors/~ure im arteriellen Blute nur 1/50 betrs yon derjenigen der Muskeladenylss ist ihre Wirksamkeit doch wesentlieh sts Eine bestimmte Erkls ffir diese Diskreloanz kSnnen wir nicht geben. Vielleieht dab Schoedel ein ziemlich unwirksames Pr~parat yon Adenosintriphosphors~ture in den H~nden hatte. Die Versehiedenheit der Teehnik ist sieherlich nieht der wesentliehe Grund fiir diesen Unter- sehied. Immerhin sei bemerkt, dab Schoedel selbst bei starker Dosierung seiner Wirkstoffe keine Dilatationen bekam, die fiber 170% hinausgehen, ws wir Dilatationen bis zu 300 % erzielen. Vielleieht ist die Misehung des Wirkstoffes mit dem arteriellen Blute hier ein bedeutsamer Faktor. Schoedel injiziert die Substanzen mit Hilfe einer in die A. genus suprema eingelegten Kaniile in die A. femoralis. Da in den Arterien bekanntlieh gleitende StrSmung vorhanden ist, so mischt sieh der Wirkstoff nieht homogen mit dem arteriellen Blute und erreicht vermutlieh nur einen Teil der Peripherie. Bei unseren Versuehen hingegen wird der Wirkstoff in die Kreislaufpumpe eingespritzt, wo infolge Turbulenz homogene Misehung mit dem arteriellen Blute stattfindet, so dab die ganze durch- strSmte Peripherie yore Wirkstoff erreicht wird.

Ein quantitativer Vergleieh mit den Untersuehungen yon Bennet und Drury 1, die ebenfMls die gef/tBerweiternde Wirkung der Adenyl- s/ture untersueht haben, ist nicht mSglieh, da die genannten Autoren die Konzentrationen im Blute nieht angeben. Gaddum und Holtz 2 haben an herausgesehnittenen Lungen von Katzen und Hunden gefunden, dal~ Adenosintriphosphors/~ure starker vasodilatatoriseh wirkt als Muskel- adenyls~ure. Die Behauptung v0n Gillespie 8, dab Adenyls~ure sowohl sts blutdrucksenkend als aueh sts vasodilatatoriseh auf die Coronargef~Be wirke als Adenosintriphosphorss k6nnen wir beim Studium seiner eigenen experimentellen Befunde nieht herauslesen. Zu- dem diirfen wir aus dem Vergleich yon Blutdrueksenkungen nieht ohne weiteres auf die Gr6Be der Vasodilatation sehlieBen, indem es sieh hier um KSrper handelt, die auger der Vasodilatation noeh andere Wirkungen z. B. auf das IIerz entfMten. Ferner ist das Gef/tBgebiet offenbar yon wesent- liehem EinfluB, denn naeh den Befunden yon Marcou 4 wirken die Adeno- sinderivate vasokonstriktoriseh auf die Gefs der Nieren und der Milz.

Nicht nur die vasodilatatorisehe Wirksamkeit, sondern auch die I6rdernde Aktion auf das Herz und den Uterus scheint durch die Phos- phorylierung gesteigert zu sein, wie aus den Untersuehungen yon Parnas und Ostern5 Lindner und Rigler 6, Drury 7 und DeuticlceS hervorgeht.

1 Bennet, D. W. and A. 2V. Drury: J. of Physiol. 72, 288 (1931). - - 2 Gaddum, J. H. and P. Holtz: J. of Physiol. 77, 139 (1933). - -3 GiUespie, J. H.: J. of Physiol. 80, 3r (1934).- 4 Marcou, T.: C. r. Soc. Biol. Paris 109, 788, 985 (1932).-

Parnas, J. K. u. P. Ostern: Klin. Wschr. 19112 II, 1551. - - 6 Lindner, E. u. R. .Rigler: Pflfigers Arch. 226, 697 (1931). - - 7 Drury, A .N . : J. of Physiol. 74, I47 (1932). - - s Deutic]ce, H. J.: Pflfigers Arch. 230, 537 (1932).

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368 A. Fleisch und P. Weger:

Die yon uns gefundene viel st/~rkere Vasodilatation durch Adenosin- triphosphors/iure vergliehen mit Adenyls~ure erSffnet neue Gesichts- punkte in bezug auf die gegenw~rtige Auffassung fiber die Urnwand- lungen bei der Glykogenolyse. Der erste chemisehe ProzeB bei der Muskel- kontraktion besteht in der Spaltung der Adenosintriphosphors/iure in die Adenyls/~ure und in zwei Molekfile Phosphorsgure. Diese Ansehauung gibt nun aber eine unmSgliche Situation. Im ruhenden Muskel hgtten wir die Adenosintriphosphorsgure, die stark vasodilatatoriseh wirkt. Bei Beginn der Muskelarbeit wird diese Adenosintriphosphors~ure in viel weniger wirksame Adenyls/~ure gespalten. Dies erscheint aber logisch unmSglich; denn die Vasodilatation haben wir nicht im ruhenden Muskel, der Adenosintriphosphorsgure enthalten soil, sondern im arbeitenden Muskel, in dem diese Adenosintriphosphorss bereits gespa.lten wgre. Wir ziehen dargus den SehluB, daB im ruhenden Muskel keine Adenosin- triphosl0hors/ture in nennenswerter Menge vorhanden ist, sondern dab diese erst im Momente der Muskelaktion entsteht und dann zu Adenyl- s~ure weitergespalten wird. Im ruhenden Muskel vermuten wit somit eine Vorstufe der AdenosintriphosphorsSure, mSglicherweise eine Nnclein- s/~ure.

Tats/ichlich haben aueh B e n n e t und D r u r y 1 und Ostern und P a r n a s 2

und Buel l , Strau[3 und A n d r u s 3 festgestellt, daB in quergestreiften Muskeln ein Vielfaches yon Adenosinverbindungen vorkommt, vergliehen mit der Menge, die physiologisch wirksam ist. Die zuletzt genannten Autoren fanden, daB Fkg Muskulatur etwa 3800 mg als Adenylss berechnete Adenosinverbindungen enthglt. Vergleiehsweise sei erw/~hnt, dab in unseren Versuchen bei der DurehstrSmung yon etwa 1 kg Muskelmasse 0,01 mg Adenosintriphosphorss bereits V~sodilatation erzeugt. Der Muskel enth~lt somit 380000 mal mehr AdenosinkSrper, als an Adenosin- triphosphors/~ure ffir eine Vasodilatation notwendig ist. Alles dr~ngt somit zu der Annahme, dal3 die Adenosinverbindungen im ruhenden Muskel in unwirksamer Form vorhanden sind, und dab die Adenosin- triphosphorss erst im Moment der Muskelaktion entsteht.

Die Tatsaehe, dab Adenosintriphosphors/~ure nur momentan im Muskel auftrit t und sofort wieder versehwindet, ist kein Hinderungsgrund, diesem K6rper eine wesentliehe Rolle bei der Arbeitshyi)ers zuzu- sehreiben. Ebenso verhindert die rasehe ZerstSrung des Aeetyleholins dureh die Esterase nicht, dab aueh dieser Stoff die Vasodilatation arbeiten- der Organe miterzeugen kann. Wir diirfen uns n&mlich nicht vorstellen, dab die Hypers dadureh zustande kommt, dab im Gewebe gebildete vasodilatatorische Stoffe in die Blutbahn hineindiffundieren m~ssen. Tatsgehlieh diffundiert Acetylcholin unter biologischen Verh~tltnissen

1 Bennet, D. W. u. A. Z~ r. Drury: J. of Physiol. 7~2, 288 (1931). - - 2 08tern, P. u. J. K. Parnas: Biochem. Z. 248, 389 (1932). - - 3 Buell, M. V., M. B. Straufl and E. C. Andrus: J. of biol. Chem. 98, 645 (1932).

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Die gef~l~erweiternde Wirkung der phosphorylierten Stoffwechselprodukte. 369

aus der Muskulatur nicht ins Capillarblut hinein, wie Fleisch, S ibul und K a e l i n ! gezeigt haben. Die Arbeitshyperi~mie ist nach unserer Auf- fassung nicht der Erfolg einer direkten Wirkung yon Stoffen auf die Arterienwandung, sondern ist als Reflexerfolg auf die zufiihrenden Arteriolen und Arterien anzusehen. Das Gewebe besitzt eine nutritive Gewebssensibilit~t, bei deren Erregung aseendierende l~eflexe auf ner- vSsen ]3ahnen zu den zufiihrenden Arterien ziehen und diese zur Er- weiterung bringen. Diese durch die Untersuchungen yon Fleisch 2 ein- wandfrei nachgewiesenen ascendierenden erweiternden Gefa~reflexe werden durch s~mtliohe bekannten gefa~erweiternden Substanzen aus- gel6st, so nnter anderem durch S~ure, intermedi~re Stoffwechselprodukte, Histamin, Acetyleholin und Adenosinderivate. Als ad~quaten l~eiz der Arbeitshypergmie betrachten wir somit die Summe aus Wasserstoff- ionenkonzentration, intermediaren Stoffwechselprodukten einschlieBlich der hochwirksamen Stoffe wie Aeetylcholin, Histamin und Adenosin- derivate, welehe in ihrer Gesamtheit dig nutritive Gewebssensibilits erregen und dadurch die aseendierenden erweiternden Gef~Breflexe auslSsen.

Zusammenfassung. An narkotisierten Katzen und Hunden wird die A. iliaca eommunis

vermittels eines Durchblutungsapparates mit arteigenem unverdfinnten Blur durchstrSmt und das Stromvolumen fort]aufend optisch registriert. Es wird die vasodilatatorische Wirkung der intermedis Produkte der Glykogenolyse untersucht.

Fructosediphosphorss und Phosphodioxyaceton sind unwirksam. Phosphoglyeerinss Phosphobrenztraubens~ure, Phosphoglycerol und Phosphokreatin sind schwaeh dilatatorisch wirksam. Hochwirksam ist die Adenosintriphosphorsgure, die, bis zu m/5 Millionen wirksam, die Aktivit~t der Muskeladenyls~ure etwa hundertmal iibertrifft. Hefe- adenyls~ure hat ungefghr 1/5 der Wirksamkeit der Muskeladenyls~ure. Es wird gefolgert, dab die Adenosintriphosphorsgure als solche nicht im ruhenden Muskel vorkommen kann, sondern dab sie erst im Moment der Muskelarbeit gebildet wird,

Als ad/~quater Reiz der Arbeitshypers wird angesehen: die Summe aus Cm intermedi~ren Stoffweehselprodukten, Acetylcholin, Adenosin- triphosphors~ure und eventuell Histamin, wobei die Summe dieser Sub- stanzen die Vasodilatation erzeugt durch AuslSsen yon aufsteigenden gefs l~eflexen, die ihren Ursprung im Gewebe nehmen.

1 ~'leisch, A., I. Sibul et M. Kaelin: Arch. internat. Physiol. 44, 24 (1936). - - 2 Fleisch, A.: Arch. internat. Physiol. 4l, 141 (1935).