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(S r - G-^fc-TS ~ i si T<3> Die Gerichtsbarkeit von Raron. Die jetzt übliche Einteilung in »vest- und östlich Raron, speziell diese Benennung der zwei Hälften des Zehnden Naron, ist ganz neuesten Datums und fand ihren Ausdruck erst in der Kantonalkonstitution von 1844. Wie in diesen Geschichts-Blättern, Band II. Seite 35 62, eingehend erörtert worden, hatte Morel bis in die erste Hälfte des 15. Hahrhunderts eine völlig von Naron unabhängige Gerichtsbarkeit, somit ein vollständig getrenntes Gemeinde* und Zehntcnwcscn. I»l 14. Jahrhundert war das bischöfliche Wallis in zehn Teile (— décima pars, desemis, Zehnten —) ein- geteilt, nämlich Goms, Morel, Brig, Bisp, Naron, Lenk, Sieders, Sitten, Chainoson und Martinach '). Die zwei letztern gingen an Savoyen verloren; Morel und Naron waren die zwei kleinsten und wurden in iiiili- tärischen wie Landesangelegenheiten als ein Zehnden seit der Zeit Bischofs Andreas de Gualdo (1418 — 143?) be- handelt, aber mit Beibehaltung ihrer innern gerichtlichen Verwaltung. Nachdem die einst v. Thurn'schen Untertanen von Gestein und Lötschen seit 1375 Untertanen der fünf obern Zehnten, bezüglich Militärpflicht usw zum Zehnten Naron geschlagen worden, teilte sich der Zehnten Naron in die drei Drittel: Naron, Morel und Gestein, wobei der dritte oder unterste Drittel an Landesverwaltung und Landes- nutze» keinen Anteil hatte, während Morel und Naron die* zur Hälfte unter sich teilten. 'I (iiTiiKiinl. Docuni. relatifs à l'histoire du Valais, tome V, Introduction.

Die Gerichtsbarkeit von Raron. - RERO DOCdoc.rero.ch/record/200690/files/BCV_N_178_4_1911_225.pdf · Vidonmen von Leul aus der Familie von Naron, de» Brüder» Petermann und Hildbrand

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(S r - G - ^ f c - T S ~ i si

T<3>

Die Gerichtsbarkeit von Raron.

Die jetzt übliche Einteilung in »vest- und östlich Raron, speziell diese Benennung der zwei Hälften des Zehnden Naron, ist ganz neuesten Datums und fand ihren Ausdruck erst in der Kantonalkonstitution von 1844.

Wie in diesen Geschichts-Blättern, Band II . Seite 35 — 62, eingehend erörtert worden, hatte Morel bis in die erste Hälfte des 15. Hahrhunderts eine völlig von Naron unabhängige Gerichtsbarkeit, somit ein vollständig getrenntes Gemeinde* und Zehntcnwcscn.

I»l 14. Jahrhundert war das bischöfliche Wallis in zehn Teile (— décima pars, desemis, Zehnten —) ein­geteilt, nämlich Goms, Morel, Brig, Bisp, Naron, Lenk, Sieders, Sitten, Chainoson und Martinach ') .

Die zwei letztern gingen an Savoyen verloren; Morel und Naron waren die zwei kleinsten und wurden in iiiili-tärischen wie Landesangelegenheiten als ein Zehnden seit der Zeit Bischofs Andreas de Gualdo (1418 — 143?) be-handelt, aber mit Beibehaltung ihrer innern gerichtlichen Verwaltung.

Nachdem die einst v. Thurn'schen Untertanen von Gestein und Lötschen seit 1375 Untertanen der fünf obern Zehnten, bezüglich Militärpflicht usw zum Zehnten Naron geschlagen worden, teilte sich der Zehnten Naron in die drei Drittel: Naron, Morel und Gestein, wobei der dritte oder unterste Drittel an Landesverwaltung und Landes-nutze» keinen Anteil hatte, während Morel und Naron die* zur Hälfte unter sich teilten.

'I (iiTiiKiinl. Docuni. relatifs à l'histoire du Valais, tome V, Introduction.

— 22(1 —

Su ergab sich allmählig und nur gelegentlich eine nie vollständige Verschmelzung.

N a r o n war, so weit die Akten diesbezüglich ins Mittelalter zurückreichen, gleich Sidcrs, Titten, Leuk, Visp, Natcrs-Vrig und Ernen-Münster, ein dein Bischof von Sitten als Grafen und Präfekten von Wallis u n m i t t e l b a r unterworfenes Gemcindewesen — Comnninitas, Parocliia, Contraeta, — von 1417 an immer häufiger Desenus, Zehnten genannt, während das Gebiet von Mürel-Greugiols vom 12. bis in das 14. Jahrhundert unter der SThcrl)ol)cil der Grafen von Savohen stand.

Diese Coinmunitas von Naron umfaßte die vier jetzigen Gemeinden: Naron, llnterbäch (mit Ausnahme de'? Freigerichtes „Holz"), Birchen und Außerberg, letzteres bis ins 14. Jahrhundert, zur Erhärtung dieser llnmittelbarkeit, oft mons episcopi — Vischvfsberg genannt.

Diese unmittelbar unter dem Bischof stehenden Com-munitäten, Contracten oder Ie.hnden besorgten nicht nur ihre lokalen Interessen, sondern sandte» auch ihre Abge-ordneten auf den Generalrat der Landschaft Wallis (Con­cilium generale terrre Vallosii), welcher 1339 zum ersten Mal vermeldet wird') und der jährlich am Dienstag nach der £steroktav und so oft die Umstände es erheischten, ge-halten »verde» sollte"). Zu dessen Beschickung tagte Bischof Philipp de Chamberlhac den 20. Dezember 1341 seine Gemeinden ein, uni i» seiner Gegenwart zu raten und zu beschließen, was des Landes oder der ^andiente Wohl, Nuhen und Frieden verlangt^.)

Während vorher die dem Bischof dienstpflichtigen Adeligen dieser Gemeinden bei wichtigen Anläßen Beiräte, Bürgen und Geisel» der Bischöfe wäre», »ahme» von nun an die Gesandten der Gemeinden auch Anteil an der Ber-»oaltung der bischöflichen Gerichtsbarkeit als Mitrichter, an de» Friedensverträgen als Mitkontrahenten '), schlössen Bünd­nisse unter sich und »lit dem Auslande und maßten sich selbst oberherrliche Rechte an in ihren Auflehnungen und Kriegen mit den Bischöfen Guichard Tavelli, Eduard von Savohen, Huinbert de Willens und Wilheh» V. von Naron.

') Giernauil ». 1771. - - -> 1. c. ii. >!».!?. '•') I.e. 1811. <) 1. c. n. 1942, 1930, 2003, 2002 etc.

007 —

An allen diesen erworbenen und angemaßten Rechten nahm Naron, wie die übrigen Zehnten (jedoch weniger im Naronlricg, weil es wie Lenk mit Bern verbunden war), stets regen Anteil und beschickte die Landräte und Ratstage, die sich aus den Gencralratstagen entwickelten, stetsfort bis wenige Jahre vor der helv. Revolution 1798 für sich allein.

(Weich den sechs oben genannten Contracten oder Zehnten und gleich Martinach und Chamoson (ersteres schloß sich 1351 an Savoyen und wurde 1384 mitArdon-Chamoson definitiv an Savoveu abgetreten') hatte Naron auch die -üblichen bischöflichen Beamte, den Vizcdom, de» Meyer und den Weibe! (Saltherus) und bildete so ein vollständiges Aemeiudewesen. Dafür bürgt uns das Amt des Bizedoms^), welcher der weltliche Vertreter des Fürstbischofs im Ve-zirk war3).

Im Anfang des 13. Jahrhunderts war das Vidomnat von Naron wie jenes von Leuk in den Händen der adeligen Familie von Naron. Die Söhne des verstorbenen Vidoms Heinrich von Naron trennten den 15. Januar 1235) das Bidonnait von Naron von jenem von Lcuk, bezeichneten die Nechte desselben und übergaben es den Brüdern Heinrich (diiniiil* Kantor, später Bischof von Sitten), Rndolf und Johannes von Raron4). Laut diesem Akte waren die B.e-wohner der Pfarrei Raron teils Mansuarii = Geteile der bischöflichen Hube, welche das ganze Jahr unter der Ge-richtsbarkcit des Vizedom stehen und im Geding die (Gefälle deui Mayer zu Handen des Vizedom zahlen, teils Servi = Leibeigene und Casarii = die einem Haufe oder einer Familie zugehören, Hörige, welche unter der (Gerichtsbarkeit ihres Herr» und falls sie auch Hubgeteile sind, dafür unter jener des Vizedoms stehen, Bann und Buße aber ihrem Herrn zahle». Die Leibeigenen und Hörigen der Familie von Raron werden nun einzeln aufgezählt und geteilt, zwölf derselben werden den Brüder» Amadeus und Ulrich von Raron zugewiesen, dreizehn den Brüdern Heinrich, R'»dols und Johannes von Raron. Amadeus und Ulrich erhielten das Vidomnat von Lenk. Ihnen und ihren Räch-

') !, .<•. ii. 1!)S7 und 2371. — 2) Vcral. Qrernaud V. Inti'o-iluction. — :1) G.Vl. 11 ©. 36. — *) Gremand. Chartes Sedunoises Nl. 50.

— 228 —

kommen im Vidomnat von ficuf scheinen die Hörigen im Holz ob Nnterbllch zugehört zu haben, bis diese sich den 7. Dezember 1434 um 290 mörsinger Pfund von den letzten Vidonmen von Leul aus der Familie von Naron, de» Brüder» Petermann und Hildbrand loslauften und dadurch das Freigericht „im Holz" gründeten'), welches unter selbst ge-wählten Kastlänen bis zur helvetischen Revolution von 1798 fortdauerte. Die den drei andern Brüdern als Vidomnen von Naron zugeteilten Leibeigene» und Hörigen in der Pfarrei Naron verblieben als Untertanen de» jeweilige» Erben dieses Bidomaats, bis sie als Kastlanei »lit dem Vi-dunmat Nikolaus vo» Chevron 1538 der Pfarrgemeinde oder deni engern Zehnten von Naron abtrat. Zu dieser Kastlanei gehörten laut Statut von Nannt vom Jahre 15482) die Hube» „zen Gerwere», unter den Füren, ab Nied, das überblatt am Eytresch zen Joffe», uf der Stege» im Kalkopfen und die Alpe Unterradt" ani Berg Bürchen,

1265 kam das Vidomnat von Naron und jenes von Sitten — letzteres aus der Erbmasse des verstorbenen Bidonis Ioeelineu von Eastello — an die Brüder Heinrich und Nudolf, Söhne des obige» Johannes von Naron"). Heinrich starb 1274 als erwählter Bischof von Sitten; Nudulf hinterließ beide Bidomnate, die fortan unzertrennlich vererbt wurden, seinem Sohne Anton von Naron. Da dieser 1302 kinderlos starb, gingen beide Bidomnate mit Zustimmung des Bischofs a» seinen Better, den Seneschal Peter von Sitte» über4), der ei» Sohn der Helecha, Schwester Nudolfs von i)!arun war. Peters Sohn gleiche» Namens starb 1343 und hinterließ nur eine Tochter Aniphe-

, lisia, welche an Humbert de Billette, Herrn von Chevron, AA^V verheiratet war5). So gelangte» die Bido»i»ate von Naron ^ 5 und Sitten an das Haus Chevron, welches auch die Bi-

domnate Siders und Bisp besaß und sie in der Familie forterbte, bis Nikolaus de Chevron das Vidonmat von Naru» samt den Huben der Hörigen n»i Bürchen am 28. Oktober 1538 um 1988 mörsinger Pfund dem Zehnten Naron, besser der Pfarrgemeinde Naron verkaufte").

') Pfarrarchiu non Unlerbäch. F. 1 und 2 und Fairer. III. 215. — 2) 31. Heusler, Ncchtsauellen des Kls. Wallis, S. 349. -3) Gieinaml. D. II. V. Nr. 717. — ') Gremaud. Nr. 1187. '•) Gie-maüd. Nr. 1851. — 6) Pfarrarchiu uo» Raro». u, Furrcr. III. 330.

Henricus de Raronia, 1210 Vicedoms. de Leuca et de Raronia.

Walter Abbas do Disentis

Amadeus, miles 1210—1265

miles de Raronia, 1227, miles 1243, -s ante 1206, Nov.

ux. Hugoneta vidua Thomœ de Castello vicedni. Sedun. 1255—1272

Rodulphus UIdricus Henricus 1235 1235 canon. Sedun. 1221

miles 1260 Kantor 1233—38 decanus Valeriœ 1238—43

episcopus Sedun. 1243—1271 + 1271 Juli

Johannes, domieellus 1233 et 1235

Fetrus (1240) domic. 1250

miles 1282 doms. de Mannenberg

-(- ante 1304 (circa 1284)

Hugo 1266—1300 Hune. 1270 domic. 1282

-s ante 1307

Berlholdus domic. 1275. 70 -s- ante 1305

Willelmus 1305—1300

(llricus, UIdricus Wolricus

1250? 1200-1291 miles 1287

-s- ante 1299

Henricus dictus Kung, 1300

Henricus can. Sedun, 1250

sacrista 1259 vicedoms. Sedun. 1272-electus episcopus. 127

- s 1274, 14 oct.

Nicolaus, 1300 Margareta caïi. sedun. ? 1291-99 1300

Agnes 1306

Rodulphus domic. 1205—79 vicedoms. Sedun.

•73 1205 3 vicedoms. de Raronia

1270 ux. Nantelma filia Giroldi de Turre

1268—75 vicedna. Sedun. 1297

-s- ante 1301

Amphelisia ux. Ulrici

militis de Swanden

1209 -s ante 1307

Helecha ux. Willermi

senescali dapiferi Sedun. 1272—97 vicedna. Sedun.

-s 20. jul. circa 1301

Thomas 1283

domic. 1300 + 1300

Peterlinus 1291-1308

Henricus 1300-1344

miles 1330 s post 1344 Castellanus de Soya. 1338

ux. 1) Beatrix 1309 ux. 2) Margareta, 1342

Bertholdus clor. 1304 eapell.

Vesp. 1317

Bertholdus domiccl. 1342—47 ux. Verena Münzer

de Berna 1343

Johannes Fetrus 1342—1301 1342

ux. Agnesa de Ornavas cives Bern. Johannes cives Bern. 1337 1348

Amadeus 1299. 1300

domic. 1306—1309 ux. Salomea filia

Johannis de Vespia 1306, 1308

UIdricus 1341—45

+ ante 1301

Jacobus 1297

t ante 1303 Warnerus 1273—1300 -4- c. 1301

ux. Margareta, 1289

Itta reclusa, 1310

rclicta Waltcri Aspers, 1310

Fetrus naturalis

cleiïeiis 1300-34 Antonius vicedoms, de Seduno

de Sirro,Vespia et Narres -|- ante 1303

Fetrus 1297

senescalcus Sedunensis et

vicedom. de Raron. 1303

Johannes 1289

domic. 1300—10 ux. Avmoneta

1289

Aymo -s ante 1299

UIdricus 1289—1301

ux. Margareta 1289

(filia) ux.Pétri ab Mund

1299 — 1304

Rodulphus doms, Montisvillœ in ITerens, civis Sedun. 1419 1399, testai», 30. oct. 1420

ux. 1" Franc/a filia Willelini de l'ont email o/ domic. de Leuca

2i Isabella Esperlini, 1420

Ißabella 1420

Fetrus 1299—1307

uxor Antelisa de Castellione

1307

Rodulphus, Ruedinus 1299—1350

imputes, 1299, miles 1344 vicedoms. Leuc;e, 1340

castellanus in Saxo de Narres, 1346 ux. Isabella 1359

Ferrodus, Fetrus

Julianus 1398—1401

ux. Annina filia l'etormandi de Raronia

1398

Guicllclmus 1419-1451

domic. civis Sedun.

Egidius -s- ante 141£ uxor. Isabella

de Silinon

1

et doin. Montisvillœ de lierons. 142 <

canonicus Sedun. 1427 cantor 14-J.s

decanus Sedun. 143' episcopus Sedun., 24. api

tostam, .10. sept. 14; - s 11. jan. 1451

l •. 1437 »0

Nesa, Agnes t ux. Rodulphi

Esperlini 1398 relicta 1420

? Greta, Margareta 1420

ux, l11 Maioris deA ex 2» Matin. Gobelini

de Seduno, 1428—50

Guillelmus junior

curatus de Vespia 1401

t ca. 1431 episcopus Sedun.

1402—1417

' Henselinus

naturalis 1435

Guillelmus IV. canon. Sedun. 1307

episcopus sedun. 1393 4 - 1402 Jul . 20. u>

ux.

1345, tostam. 1412 vicedoms. Leuce 1362

doms. Anivisii 1369 lst Alcsia filia Ludovici

contractus matnm. 134o— 2a Beat

Fe t ru s , junior I'etermandus

+ 1388 ;. Francesia filia

op. approb. a l'apa l'etri de l'ontemallio 1391 20./IX. 1399-1401

asjnot. .1393 16./VII.

Luquinus Annina decanus Valeriœ ux. Julian!

1402 5 1433 de Karonia curatus de Vespia 1398

1401 — 1411 l'etri de Plate; 1423

Georgius naturalis

1411

!

rix filia Johannis vicedni

Jacobus 1391

-s ante 1412

Fetermandus 1425 — t 31 jul. 1479

sepultus in Riiti dorn. Anivisii et do Ton-genburg

1436 (

N. cop. Humbert de Villete dorn, de Chivrone

Albi 1367 . Anivisii

Guichardus Anna 1391—1421

ballivus Vallcsii 1406—1414

ux. Margareta de Rretziins

Hildcprandus Agnes 1427—1466 1425

ux. Jaqueineta ux. Francini do Challant de Cervcnt

dorn. Anivisii castellani do Conthey ?t de Toa'o'cnburg 1405

Fetermannus Henricus naturalis Heinzmandus

1418—1428 naturalis domic. 1371—1384

-s- ante 1395 ux. Gatherina

Franzisca Fetermandus Margareta Frisquina naturalis , 1428

1427 1434 ux. Rodolphi

Asperlini

Isabella 1428

Dr. Durrer. ..Jahrbuch der Seh. Gesch. 1890". lässt Wernerus und Itta von I'lrich I. abstammen, während ich selbe mit Amadous Ulrich II. zugeschrieben habe.

— 229 -

Das Vidomnat von Raron war im 13. und 14. Jahr-hundert wichtiger als das Meyertum. Die Pidome von Naron besaßen laut dem Akte von 1235 nicht nur die Ober-Herrschaft über die Nachkummen der Hörigen auf mehreren Huben des Berges Bürchen, sundern auch die Perwaltuug und Gerichtsbarkeit der dein Bischof dienstpflichtigen Leute, der Mansuarii, und zwar das ganze Jahr, wobei der Meyer und Weibel ihre Diener und Einzieher machen mußten. Ihnen gehörte der noch bestehende Turm auf der Burg, nördlich der jetzigen Pfarrkirche. Da sie aber nur selten und blos; gelegentlich in Naron weilten und die Verwaltung dem Meyer überließen, wurde das Meyertum immer ein-flußrcicher und mächtiger. Das Schloß der Meyer wurde fester und geräumiger gebaut und im Beginn des 16. Jahr-Hunderts zum Kirchenschiff umgestaltet.

Der erste urkundlich bekannte Meyer von Naron heißt 1221 Willerm'). der zweite 1250 Johannes»). Dieser heißt 1306 verstorbener Bater des Meyers Peter, der seinerseits 1363 den Familiennamen Esperlini trägP). Hilprand und Petermann von Naron verlauften 7. Mai 1441 das Meyer-tum, welches sie seit Anfang des 13. Jahrhunderts als Lehen vom bifchöfl. Tafelgut besessen, an den Berwandten Junker Joh. Pcrrini, Meyer von Leuk, Ihr Schwager, Gemahl der Francisca, Nuoolf Esperlin, erhob Einsprache. Bischof Wilhelm VI& erkennt am 15. Mai 1449 Esverlins Einsprache als rechtskräftig, lind so geht kraft des Zug-rechtes das Meyertum nach Ablauf von 20 Jahren von Pcrrini um die gleiche Summe von 53 Goldgulden auf Rudolf Esperlin und dessen Kinder über. (Grein, n. 2933, 3001 und 3018. — Gfr. W. G. B. III. 455,) Das Meyer-tum von Naron blieb in ihrem Haufe, bis 15)08 Johanna, die Erbtochter Petermanns Esperlini und ihr Gatte Theobald von Erlach, des Nats von Bern, es dem Bischof Matthäus Echiner als persönliches Eigentum verkauften'). Der Kar-ïrnrnl Schiner trat der Pfarrei Naron das Efperlini'fche Schloß zum Bau des Kirchenschiffs ab, und nach seinem Tode verkauften seine Erben Kaspar und Johannes Schiner — letzterer als minderjährig bevormundet durch Steph, Maxen —

') ClicMiiaml Nr. 289'«', - 2) Gremaud Nr. 528. — 3) Gie-maml Nr. 1195 Und 1237. - *) Fuirer 111 290

tA^LslAi^ — 2 3 0 —

derselben Pfarrgemeinue 1527 den 7. Februar das Meyer-tuin von Naron um 300 Pfund').

Das Weibclamt uon Naron scheint wenig wichtig ge= Wesen zu sein. Vis ins 16. Jahrhundert werden nur wenige Wcibcl genannt und diese ohne Angabe des Familiennamens.

Nachdem nun der Bezirk, oder wie es später genannt wurde, der Drittel Naron 1527 das Mehertum und 1538 das Bizedominat von Naron mit der Kastlanei über die Huben in Nnrchen angekauft hatte, entwarfen und beschlossen die Näte und Gemeinden der Kircherei Naron den 15. Ja-nuar 1548 ein Statut über die Wahl des Meyers, seine Rechte und Pflichten und die einzuhaltende Prozeßordnung.

d, Dieses merkwürdige Statut") verordnet nun vorerst, das; f. je zu zwei Jahren am Sonntag vor Lichtmeß zur Besetzung V ^ ^ d e s Meyertums und der Kastlanei (welche früher Vidomnat

hieß) des Drittels Naron durch Stimmenmehrheit der ganzen Gemeinde ein Meyer oder Nichter gewählt werden soll, worauf der gewählte Meyer mit Zustimmung der Näte nnd Gemeinden seinen Statthalter und den Nischen oder Weibel, den er jährlich mit (> Pfunden besolde» soll, und uon sich aus 18 Geschworne erkiest, Alle diese haben dann das Amt ohne Wiederrede anzunehmen und der Gemeinde den Eid zu leisten, die Freiheiten der Gemeinde zu erhalte», jedem Nechtsbedürftige», sei er reich oder arm, fremd oder einheimisch, gutes Necht zu bieten, Unrecht zu ''trafen, das Necht zu erhalten, Friede und Tröstung, der Parteien Späne und Zwietracht abzustellen, alle hohen Bußen und Gefälle den Gewaltshabern und Gemeinden anzuzeigen; auf welches ihnen die Gemeinden den Gehorsam beschwüren.

Der Meyer oder Nichter soll in de» Monaten Mai und Oktober und sechs Tage anfangs November i l a f t l a» genannt werde», also das Amt des frühern Kastlans oder Vizedoms versehe» und das ganze Jahr hindurch de» Be-wohnern der obgenanntcn Hube» am Berge Bürchen auf der Stiege, im Kaltofen unter dem Weg als' ihr Kästln» Necht spreche» und ihre alte» Freiheiten vor de» Gerichte» des Herr» und Hauptmanns (des Bischofs und Landeshaupt-nullius) und ihrer Diener schützen und schirmen. •

') Pfairarchiu von Naron A. 8 und ssinrer III 314. — ') aibflcdi»est aI8 Statut uon Naron in den NcchtsqueNcn des Kts. Wallis uon Di. A. Hcuslcr, Seite 373.

— 231 —

I»i übrigen fei der Gerichtssitz zu Raron unter den Linden und zwar jeden Mittwoch nun Meßzeit bis Mittag.

Es folgen »un ausführliche Perordnungen über die Rechtspflege, über Besetzung der Vogteien und das Eich-wefen, welche beide ?lngelegenheiten ebenfalls dem Meyer und seinein Statthalter — früher dein Vizedom ̂ ) — über­wiesen werden -).

Weil im ganzen Statut von der Rechtspflege und Verwaltung des Drittels Morel nirgends die Rede ist, weil bei den Appellationen vor demselben Meyer dieser seine Geschwornen aus den angrenzenden Zehnte» Leuk oder Visp, nicht aber aus de»i Mitdrittel Morel berufen hat, ergibt sich für Raron und Morel, für den westlichen wie für den östliche» Bezirk, eine vollständig unabhängige Gerichtsbarkeit, die auch in Raron bis zur helvetischen Revolution von 1798 ihre Gültigkeit hatte.

') Vcrgl. W. G.-V. II. S. 36. - 2) Heusler S. 350-373.