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313 Die heutigen Grenzen mikrochemischen Erkennens trod Messens. Von F. L. H a h n, Frankfurt a. M. RSntgenspektroskopie und Emissionsspektralanalyse haben in den letzten Jahren bei der Entdeckung neuer Elemente, wie Haf- nium, Rhenium und Masurium, ganz Uberragendes geleistet und durch die Arbeiten yon GERLACH 1) und yon Sc~EI~E und ihren Mit- arbeitern ist die Spektroskopie sogar zu ein.em tiberaus wertvollen quantitativen Mel~verfahren gewordem Da diese Erfolge mit~ Ver- fahren errungen wurden, die auch aus anderen Griinden im Brenn- punkte des Interesses stehen, n~mlich weg,en ihren Beziehungen zu den Problemen der Atomstruktur, sind diese Forschungen in weiten Kreisen bekannt geworden und haben tiberatl die ihnen gebfihrende Beachtung und Anerkennung gefunden. Anders steht es mit den Fortschritten, welche die rein chemische Analyse in neuerer Zeit gemacht hat. Sie sind im allgemeinen nur einem kleinen Kreis yon Eingeweihten vertraut, und es ist vor allem nicht gent~gend be- kannt, dal~ auch hier mit der Verfeinerung der Arbeitsmethoden zugleich ein Gebiet erschlossen worden ist, das schon jetzt wich- tige theoretische Erkenntnisse ermSglicht hat, und das sicher im- stande ist, bei weiterer Bearbeitung noch auf den verschiedensten Wissensgebieten Anregungen zu liefern. Selbst die vielfach vertretene Behauptung, dal~ die physikali- schen Methoden den chemischem an ,,Empfindlichkeit" iiberlegen seien, ist unrichtig. Der Trugschlul~ beruht im wesentlichen darau[, dal~ Empfindlichkeit ein ganz verschwommener Begriff ist, der nach drei Riehtungen hin aufgelSst werden mul~. ,,Welches ist die kleinste Menge Stoff, die man mit einer bestimmten Reaktion noch nachweisen kann?" Diese Menge nennen wir die Erfassungsgrenze der betreffenden Reaktion ffir diesem Stoff und geben sie entweder in ~/ oder in 10-~ g. ,,Welches ist die geringste Konzentration, in der man einen Stoff noch nachweisen kann?" Diese Konzentration nennen ~) Z. B. Naturwiss., 19, 25, 1931.

Die heutigen Grenzen mikrochemischen Erkennens und Messens

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Die heutigen Grenzen mikrochemischen Erkennens trod Messens. Von F. L. H a h n, Frankfur t a. M.

RSntgenspektroskopie und Emissionsspektralanalyse haben in den letzten Jahren bei der Entdeckung neuer Elemente, wie Haf- nium, Rhenium und Masurium, ganz Uberragendes geleistet und durch die Arbeiten yon GERLACH 1) und yon Sc~EI~E und ihren Mit- arbeitern ist die Spektroskopie sogar zu ein.em tiberaus wertvollen quantitativen Mel~verfahren gewordem Da diese Erfolge mit~ Ver- fahren errungen wurden, die auch aus anderen Griinden im Brenn- punkte des Interesses stehen, n~mlich weg,en ihren Beziehungen zu den Problemen der Atomstruktur, sind diese Forschungen in weiten Kreisen bekannt geworden und haben tiberatl die ihnen gebfihrende Beachtung und Anerkennung gefunden. Anders steht es mit den Fortschritten, welche die rein chemische Analyse in neuerer Zeit gemacht hat. Sie sind im allgemeinen nur einem kleinen Kreis yon Eingeweihten vertraut, und es ist vor allem nicht gent~gend be- kannt, dal~ auch hier mit der Verfeinerung der Arbeitsmethoden zugleich ein Gebiet erschlossen worden ist, das schon jetzt wich- tige theoretische Erkenntnisse ermSglicht hat, und das sicher im- stande ist, bei weiterer Bearbeitung noch auf den verschiedensten Wissensgebieten Anregungen zu liefern.

Selbst die vielfach vertretene Behauptung, dal~ die physikali- schen Methoden den chemischem an ,,Empfindlichkeit" iiberlegen seien, ist unrichtig. Der Trugschlul~ beruht im wesentlichen darau[, dal~ Empfindlichkeit ein ganz verschwommener Begriff ist, der nach drei Riehtungen hin aufgelSst werden mul~.

,,Welches ist die kleinste Menge Stoff, die man mit einer bestimmten Reaktion noch nachweisen kann?" Diese Menge nennen wir die E r f a s s u n g s g r e n z e der betreffenden Reaktion ffir diesem Stoff und geben sie entweder in ~/ oder in 10-~ g.

,,Welches ist die geringste Konzentration, in der man einen Stoff noch nachweisen kann?" Diese Konzentration nennen

~) Z. B. Naturwiss., 19, 25, 1931.

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wir G r e n z k o n z e n t r a t i o n und geben sie in ~,.cm -3 oder einem anderen geeigneten Konzentrationsmal~. (Es ist zu beachten, dal~ Erfassungsgrenze und Grenzkonzentration nicht unabh/~ngig voneinander sind, so dal~ z. B. ftir die Grenzkonzentration Angabe der an~zuwendenden LSsungs- menge erforderlich ist. Davon wird weiter unten zu reden sein.) Da bei verdiinnten wiii~rigen LSsungen das spezifische Gewicht praktisch gleich 1 ist, kommt die Angabe der Grenz- konzentration, wenn sie in der Form ,,g Stoff in ccm LSsung"' gemacht wird, auf die Angabo unbenannter Zahlen heraus, so dal~ auch die Bezeichnung ,,Grenzkonzentrat.ionl ~ 10 -6`` ohne weiteres verst/indlich ist. Sie bedeutet: 10-6g gelSster Sub- stanz im ccm. - - Und drittens:

,,Welche Menge eines gesuchten Stoffes kann im Gemisch mit grSl~eren Mengen irgendeines Fremdstoffes noch erkannt werden?" Wir bezeichnen diesen Teilbegriff der Empfindlich- keit mit G r e n z v e r h / ~ l t n i s des Stoffes A gegen den Stoff B. tIier liegt das Gebiet, in dem die physikalischen Me- tho5en der~ chemischen ~etzt noch vielfach tiberlegen sind, be- sonders soweit die serienweise Priifung gleichartiger Stoffe oder Stoffgemische in Betracht kommt. Ftir die Ermittlung kleinster Spuren gewisser Fremdmetalle im Gold gibt es z. B. bis jetzt kein chemisches Verfahren, das sich mit den von GF.aLACH ausgearbeiteten spektroskopischen Methoden auch nur einigermal~en messen kSnnte. Aber selbst auf diesem Son- dergebiet kSnnen die Dinge auch umgekehrt liegen. Schon irn Jahre 1922 habe ich eine Probe reinsten Nickels untersucht, die ein irgendwie ungewShnliches Verhalten zeigte; es konnte mit einem yon mir gefundenen katalytischen Nachweis 2) in diesem Nickel 0,001~o Kupfer nachgewiesen werden, was - - zumindestea damals - - spektroskopisch nicht mSglich war. Hinsichtlich der Erfassungsgrenze aber und der Grenzkonzen- tration sind in weitaus den meisten F~llen die chemischen Ver- fahren den physikalischen tiberlegen, sind doch Erfassungs- grenzen yon lO-Sg und Grenzkonzentrationen von 10 -~ oder 10 -6 durchaus nichts UngewShnliches mehr, ja vielfach wet- den sie sogar noch merklich unterschritten.

"~) B., 55, 3070, 1922.

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Wodurch ist es nun gelungen, zum Nachweis so kleiner Stoff- mengen zu gelangen? Das erste war wohl in den meisten F~llen ein Absenken der @renzkonzentration. Es wurde planm~l~ig nach Reagenzien gesucht, die auf die nachzuweisenden Stoffe schon bei allergrSl~ter Verdilnnung ansprechen. Drei Gruppen yon Ver- fahren haben sich hierfilr als zweckdienlich erwiesen.. Erstens: k a- t a l y t i s c h e o d e r i n d u z i e r t e R e a k t i o n e n . Siearbei ten gewissermai~en nach dem Grundsatz: kleine Ursache, groi~e Wir- kung. Bei dem oben erw~hnten Kupfemachweis werden durch k]einste Kupfermengen gro~e Mengen Eisen- (3-) Salz und Thiosul- fat mit ver~inderter Geschwindigkeit umgesetzt; im Endeffekt ent- steht also ein grolter Unterschied in den noch vorhandenen Eisen- (3-) Salzmengen oder, was auf dasselbe herauskommt, ein betr-:icht- licher Zeitunterschied bis zur vSlligen Reduktion des Eisen- (3-) Salzes. Beim FEmL'schen Wismutnachweis 3) dienen Keime metalli- schen Wismuts, die an sich nicht sichtbar werden wiirden, als An- regungszentren ffir eine sofort einsetzende Abscheidung metalli- schen Blcis, die ohne die Wismutkeime vielleicht Stunden brauchen wiirde, und die mfihelos zu erkennen ist. In die gleiche Gruppe mag man die Reaktionen z~ihlen, bei denen die Steigeruug der Reak- t, ionsffihigkeit durch Komplexbildung eine Rolle spielt, wie FEI~L- schen Nachweise von Kiesels~iure oder Phosphors~iure mit Molybdat und Benzidin, die zur Bildung von kr~iftig gefiirbtem Molybd~in- blau und :Benzidinblau filhrten~). Es ist ohne weiteres einleuch- tend, dal~ die n~here Untersuchung derartiger :Reaktionen nicht nur analytisch wichtig ist, sondern auch viel zur Kl~irung kataly- fischer und verwandter Fragen beitragen kann.

Eine zweite MSglichkeit, zu aui~erordentlich niedrigen Erfas- sungsgrenzen zu gelangen, liegt in s y s t e m a t i s c h e r F o r- s c h u n g a u f d e m G e b i e t d e r i n n e r k o m p l e x e n M e t a 11 s a 1 z e. Sie zeichnen sich meist durch geringe LSslich- keit aus; vielfach treten tiberdies sehr deutliche Umf~irbungen auf, offenbar, weil durch die Valenzbeanspruchung bei der Komplex- bildung die Bindungsverh~ltnisse im Innern des organischen Mole- kills wesentlich ver~indert werden. Eines der markantesten Bei-

3) B., 62, 1138, 1929. ~) Mikrochemie, PazcL-Festschrif¢, S. 82, 1929; Ztschr. analy¢. Chem., 77,

299, 1929.

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spiele isfl das ~a schon lunge bekannte Nickel-diacetyldioxim. Aus dem farblosen organischen Stoff und dem grtinlichen, bei den in Betracht kommenden Konzentrationen ebenfalls farblosen Nickel- ion entsteht das leuchtend rote, sehr schwer 15sliche innerkom- plexe Salz. Derartige Reagenzien sind nun in den letzten Jahren fiir aul~erordentlich viele Stoffe aufgefunden worden. Ich erinnere an das I-, 2-, 5-, 8-Tetraoxyanthrachinon, das je nach den Reak- tionsbedingungen ein iiberaus empfindliches Reagens auf Magne- sium, Beryllium oder Aluminium (F. HAHN, H. FISCHER, J. KOLTHOFF ~) darstellt; an das rhodizonsaure Natrium, das mit den so schwer zu erfassenden Erdalkalien Barium und Strontium eino charakteristische Farbreaktion gibt, mit der diese einzeln und nebeneinander erkannt werden kSnnen (FEIGL6) ; an das Dimethyl- aminobenzylidenrhodanin, ein prachtvolles Farbreagens auf Silber (FEIGL~), das, yore Silbernaehweis selbsl; abgesehen, eine aul~er- ordentlieh interessante und wichtige Anwendung zum Nachweis yon Phosphorseigerungen irt Metallen gefunden hat (NIESSNERS). Es ist klar, dull auch der weitere Ausbau dieses Forschungsgebietes neben den analytischen theoretisehe Erkenntnisse liefern ,wird; mu[~ er uns doch sehliei~lich einen Einblick in die Frage gew/ihren, welche Atomgruppierungen bei besfiimmten Stoffen spezifisch an- sprechen und warum sie es tun, eine Frage, deren Kl~irung bisher noch sehr in den Anf~ingen steckt. Eben aus diesem Grunde ist auch ein Nachweis kleiner Mengen eines Stoffes neben grSl~eren Mengen anderer bis ~etzt noch nicht tiberall mSglich, aber immer- hin kann z. B., um nut einen Fall besonders nahe verwandter Ele- mente zu erw~ihnen, I Teil Sr neben I00 Teilen Ba durch Ttipfeln mit rhodizonsaurem Natrium noch sicher erkannt werdeng).

I)er Weg, auf dem die au!~erordentlich kleinen Erfa'ssungsgren- zen erreicht worden sind, besteht darin, dal~ zu diesen iiberaus

~) Mg- B., 57, 1394, 1924; Be: Ztschr. analyt. Chem., 73, 54, 1928; AI: C., 1927, II, 2.087 und eigene Versuche, iiber die demn~ichst berichtet werden wird.

e) Mikrochemie, II, 187, 1924, oder: FalTZ FEIGL, Qualitative Analyse mit Hil[e yon T ii p f e 1 r e a k t i o u e n, S. 236 ft. (1931, Akadem. Verlagsgesellscha[t).

7) Ztsehr. analyt. Chem., 74, 380, 1928; ,,Tttpfelreaktionen", S. 125. s) Mikrachemie, VIII, 339, 1930. ~) F. ]~ICL, ,,Tiipfelreaktionen", S. 238, und eigene Versuche.

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empfindlicher~ Methoden eine Arbeitstechnik erprobt wurde, die eine weitgehende Ann~herung der praktischen an die theore~ische Empfindlichkeit erreicht hat. Unter der praktischen Empfindlichkei~ versteht man nach EMICH 1°) die Menge Stoffe, die erforderlieh ist, um eine gerade eben erkennbare Reaktion durchzuffihren, also, an1 Beispiel einer Kristallf~llung erl~utert, die Gesamtmenge Stoff, die in dem zur Reaktion gebrachten Tropfen vorhanden ist. Hier- bei entstehen aber bereits zahlreiche Kristalle, w~hrend ein einzel- net, gut ausgebildeter Kristall an sich fiir den Nachweis bereits geniigen wfirde. Die Menge Stoff, die in ihm enthalten ist, kenn- zeichnet die t h e o r e t i s c h e Empfindtichkeit der Reaktion. J e besser es gelingt, ganz kleine LSsungsme'ngen zu handhaben, und die aus ihnen entstehende F~llung an einer mSglichst kleinen Stelle anzuh~ufen, desto weiter n~hert sich offenbar die praktische Empfindlichkeit der theoretischenl. Hierffir hat sich ~n den letzten Jahren ein Arbeitsverfahren vorzfiglich bewahrt. Man bringt Stoff und Reagens nicht auf einem Objekttr~ger zusammen, sondern l~i~t sie nacheinander in feine Prfifkapillaren eintreten, die am Ende hauchdtinn ausgezogen sind, sehmilzt sie zu, l~l~t sie sich am oberen Ende abknicken und h~ngt sie nun in eine einfach herzu- stellende Motorzentrifuge ein~l). Die Fl~ssigkeitstrSpfchen, die man auf diese Weise handhaben kann, sind auI~erordentlich klein; sie brauchen nut wenige ttundertstel Kubikmillimeter zu betragen. (Gemessen wurden sie dutch Abw~gen der Kapillaren auf einer HARTMANN und BRAVN'schen Torsions-Mikrowaage.) Dement- sprechend sind auch die Erfassungsgrenzen selbst dann aul~er- ordentlich niedrig, wenn die Grenzkonzentrationen ~icht ~iber- m5l~ig klein sind. Es ergeben sich z. B. folgende Zahlen:

Grenzkonzeatration Erfassungsgrenz~ LSsungsmenge

Big mit Tetraoxyanthrachinor~. Ni mit Diacetyldioxim . . . . Ca mit Kaliumferrocyanid u. Am-

monchlorid 1-~) . . . . . .

2,10 -5 0,05 cmm 10 -o g 10 -~ 0,05 cram 5,10 -1° g

10 ..4 0,05 cram 5,10 --9 g

~o) Lehrbuch der Mikrochemie, 2. Aufl., S. 2. ~) Mik.rocl~emie, PREGL-Festschrift, 1929, S. 127. ~-~) Hier zeigt sich besonders deutlich die ?3berlegenheit des Zentrifugierens

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Nun wurde oben erw~ihnt, da~ Grenzkonzentration and Erfas- sungsgrenze nicht unabh~ingig voneinander sind, sondern in weeh- selseitiger Beziehung stehen. Man kann dies dutch eine ganz eia- fache Uberlegung als selbstvorstiindlich erweisen. Geht man yon einer recht konzentrierten LSsung aus, so ist die Erfassungsgrenze naturgem~il~ lediglich davon abh~ingig, welches die kleinste LS- sungsmenge ist, die man mit den angewandten apparativen Hilfs- mitteln handhaben karm. Halbiert man jetzt die Konzentration der LSsung, so wird die Reaktion immer noch mit der gleichen LSsungsmenge eintreten, also die nachweisbare Menge Stoff auf die H~ilfte abgesunken sein und so fort. Schliei~lich aber wird eine Konzentration kommen, bei der ein weiteres Verdtinnen der LS- sung dazu fiihrt, dat~ man grSi3ere LSsungsmengen anwenden mul~, um noch eine erkennbare Reaktion zu erhalten. Solange die anzu- wendenden LSsungsmengen nicht proportional der Konzent.rations- verminderung ansteigen, sondern in geringerem Mal~e, sinkt die Erfassungsgrenze weiter ab. Aber schliel~lich - - d a s ist ja bekannt - - gibt es eine Verdtinnung, bei der die Reaktion iiberhaupt nicht mehr eintritt, selbst wenn man heliebig grol~e LSsungsmengen prtift. Hier ist also die Edassungsgrenze gewissermal~en unend- iich grol~ geworden. Es mul~ danach beim allm/ihlichen Verdfinnen der LSsung ein Punkt kommen, yon dem ab die anzuwendenden LSsungsmengen nieht proportional der zunehmenden Verdtinnung, sondern in st~irkerem Mal~e ansteigen. Unmittelbar vor diesem Punkt liegt offenbar die niedrigste Erfassungsgrenze, die man iiberhaupt bei dieser Reaktion erreichen kann. Anderseits gelingt eber~ die gleiche Reaktion noch in wesentlich verdiinnterer LSsung, we~.n man nur vielfach grbl~ere LSsungsmengen anwendef, so da[~ also das Minimum der Grenzkonzentration und das Minimum der Erfassungsgrenze bei vSllig verschiedenen Reaktionsbedingungen erreicht werden.

Es scheint recht wichtig, diese Zusammenh~nge in dem Ver- halten yon Erfassungsgrenze und Grenzkonzentration an einer

vor der einfachen Tropfenprobe. Da die feine Triibung bei der geringen Schicht- dicke auf der Tiipfelplatte schwer zu e~kennen ist, reicht die Tropfenprobe nur his zur Konzentration 1 : 2000 und der Erfassungsgrenze 25 y (25.10--6 g). Die Zentrifugenreaktion ist infolge der Zusammendringung des Niederschlages der Konzentration nach ffinfmal, de~ Menge nach 5000real empfindlicher.

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Reihe von geeigneten Reaktionen zu pr/2fen. Bis ]etzt wurde der Nickelnachweis mit Diacetyldioxim darauf untersucht. Bei einer Konzentration yon 10 y im ccm an Nickel gentigten die kleinsten, iiberhaupt handhabbaren TrSpfchen immer, um eine deutlich er- kennbare, ja sogar - - bei mikroskopischer Betrachtung - - reich- liche Kristallf~llung hervorzurufen. Diese TrSpfchen wogen 0,05 mg oder weniger. Mit 5 . 1 0 - ' ° g ist demnach die Erfassungsgrenze unter diesen Bedingungen sicher nicht zu hoch angenommen. Ver- diinnt man aber die LSsung auf die H~ilfte, so ist bei 0,1 mg LS- sung die Reaktion bereits recht unsicher. Sicher gelingt sie era~ bei LSsungsmengen, die 0,2 mg betragen. Die Erfassungsgrenze ist also mindestens auf alas Doppelte gestiegen. Verdtinnt man welter, so ist bei dieser Ausftihrungsform kaum noch eine F~illung zu et'- zielen, w~ihrend man bei der Reagenzglasprobe Nickel noch in Ken- zentrationen von 1--2 7. cm-3 sicher erkennen kann.

Eine recht interessante MSglichkeit, die Gre~zkonzentration yon Farbreaktionen unter das Mal~ herabzudrficken, das sie bei ge- wShnlicher Ausfiihrung haben, besteht in adsorptiver Anreicherung des nachzuweisenden Stoffes auf Filtrierpapier. L~:fit man einen Tropfen StofflSsung yon etwa 10 cram auf Filtrierpapier fallen, das mit Reagens getr~nkt ist, oder bringt man umgekehrt erst den Stoff auf das Papier und tiipfelt man dana mit Reagens nach, so wird unterhalb einer bestimmten Konzentration die Reaktion ausbleiben. Man erh~lt sie aber wieder vollkommen deutlich, wenn man folgendermal~en verfiihrtx ein KapillarrShrchen yon etwa 0,5 bis 1 mm Durchmesser wird an einem Ende spitz ausgezogen und die StofflSsung darin eingesaugt. Dann setzt man die ausgezogene Spit~ze mit leichtem Druck auf das Reagenspapier auf und l~l~t das RShrchen in dieser Lage ruhen. Von der ,,Einstichstelle" an breitet sich die St;offlSsung konzentrisch nach aul~en aus. Abet der gelSste Stoff wird dabei nicht gleichm~l~ig mit ausgebreitet, sondern in der n~ichsten Umgebung der Einstichstelle adsorptiv festgehalten. Ma~ erh~ilt jetzt - - sei es, dal~ alas Papier schon vorher mit dem Rea- gens getr~inkt war, sei es, da.{~ nachtr~iglich mit dem Reagens ange- ttipfelt wird - - einen wesentlich kleineren, aber wieder deutlich erkennbar gef~rbten Fleck. Beim Nickelnachweis mit Diacetyl- dioxim liegt die Grenzkonzentration f~ir das Auftropfen bei 10 -~

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fiir das Einstechen bei 10 -7, wenn beide Male 10 cram LSsung an- gewendet werden, so dal~ also die Erfassungsgrenzen unter diesen Umst~nden bei 10 - s u n d 10-9g liegem Setbstverst~ndlich kann man diesen Effekt der adsorptiven Anreicherung in geeigneten F~I- len dadurch unterstiitzen, dal~ man das Reagenzpapier zun~chst mit irgendeinem niederschlagsbildender~ Stoffe tr~nkt, der den nachzuweisenden an der Einstichstelle festh~lt; beim Nachweis von Strontium oder Barium mit rhodizonsaurem Natrium ist es z. tJ. vorteilhaft, das Papier mit Natriumphosphat zu tranken, zu trocknen, dann die zu prilfende LSsung einfliel~en zu lassen, wieder zu trocknen und jetzt erst mit rhodizonsaurem Natrium nachzu- tiipfeln. Man kann so die yon F~mL in seinem vortrefflichen Buch angegebene Grenzkonzentration noch merklich verbessern. (Wie mir Herr FEraL freundlichst mitteilte, sind die gleichen Beobach- tungen in der Zwischenzeit auch yon ihm und seinen Mitarbeitern gemacht worden.)

Soviel fiber das Erkennen yon Stoffen. Und nun noch einiges vom Messen. Daft und in welcher Weise kolorimetrische Bestimmungen mit einfachsten Hilfsmitteln und fiberraschend guter Genauigkeit durchgefiihrt werden kSnnea, ist~ vor kurzem von mir gemeinsam mit KLOCKMA~N gezeigt worden~3). Da wir ftir aul~erordentlich viele Stoffe hSchst empfindliche Farbreagenzien besitzen, ist dies Ver- fahren weitgehender Anwendung f~hig. ~ Zu fiberaus genauen Messungen kleinster Stoffmengen ist die potentiometrische Ana- lyse bef~higt. Hier hat das Verfahren der ,,Umkehrtitration"~), das heil~t abwechselndes Ubertitrieren mit Stof[ und Reagens und ent- sprechend Ermittlung einer ganzen Reihe yon Analyse~werten mit geringem Stoffverbrauch, dazu gefiihrt, daft wenige Milligramm Substanz, ja in geeigneten F~llen sogar Bruchteile eines Milli- gramms, in kiirzester Zeit und mit vorzfig]icher Genauigkeit be- stimmt w.erden kSnnen. Als ein weiterer Fortschritt ist es anzu- sehen, daft bei diesen Titrationen zugleich mit geringem Arbeits- aufwand Dissoziationskonstanten von S~uren und Basea bestimmt werden kSrmen, und zwar mit einer Genauigkeit, die yon den bisher

13) Ztschr. angew. Chem., 43, 993, 1930. 14) Ztschr. analy~. Chem., 76, 146, 1929; weitere yon R. KLOCKMAI~ und

R. SCHULZ durchgefiihrte Messungen werden demn~chst verSffentlicht werden.

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J. Lindaer: Mafianalyt. Kohlenstoff- u. Wasserstoff-Bestimmung. 321

bekannten Verfahren kaum erreicht, sicher aber nicht fibertroffen wird. Auch dieses Arbeitsgebiet diirfte daher welt fiber den ana- lytischen Wert hinaus fiir die Bearbeitung yon Fragen der allge- meinen Chemie wichtig werden. Ich glaube daher: wenn auch in der ,,Spuren,suche" die physikalisehen Methoden den chemischen zurzeit noch vielfach iiberlegen sind, so ist das nicht etwa ein Grund, die ehemisch-analytische Forschung als iiberholt und vet- alter ruhen zu lassen. In anderen Punkten sind immer noch die chemischen Methoden die ,,empfindlicheren", und vor allem bietet die weitere Bearbeitung des hier umrissenen @ebietes Probleme genug, die ffir die analytisebe Chemie ebenso sehr wie fiir die all- gemeine yon hervorragender Wichtigkeit .sind.

Fortschritte in der lnal]analytischen Kohlenstoff- und Wasserstoff-Bestimmung

im Dienste der Elementaranalyse. Voa J o s e f L i n d n e r .

Chemisches Insti tut der Universit~t Innsbruck.

Meine Besch~ftigung mit den Methoden der mal~analytischen Be- stimmung yon Kohlens'~ure und Wasser verfolgte von Anfang aus- schliel~lich den Zweck, einwandfreie Wege zur Bestimmung des Kohlenstoffes und Wasserstoffes in der organischen Elementar- analyse zu erSffnen. Ich bin an diese Frage, worauf ich hier ein- leitend hinweisen mSchte, wie viele Vorg~nger, nicht als Chemiker analytischer, sondern organischer Richtung herangetreten. Bei mei- nen ersten Versuchen, mir die mik~oanalytische Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach PREGL anzueignen, hatte ich a.us Griinden, die mir erst sp~ter klar wurden, grofie Schwierig- keiten zu iiberwinden und meine Aufmerksamkeit wandte sich be- sonders der Unsicherheit in der W/igung der Absorptionsapparate zu. Es tauchte zun~ehst der Plan auf, die Verbrennungsprodukte fiberhaupt auf einem anderen Weg zu bestimmen, darauf die Frage, ob die Bestimmung nicht dureh die dem Chemiker besonders ge-