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Die in Deutschland lebenden jungen Ausländer nahmen bis Mitte der 90er Jahre zunehmend an der schulischen, beruflichen sowie Hochschul- ausbildung teil und erwarben immer bessere Bildungsabschlüsse. In den letzten Jahren ist diese Entwicklung ins Stocken geraten, es gab sogar – vor allem an beruflichen Schulen und bei der Lehre – Rückschritte. Nach wie vor ist die Diskrepanz in der Bildungsbeteiligung zwi- schen Deutschen und Ausländern beträchtlich, insbesondere wenn die Schulpflicht endet. Fun- dierte Schulbildung und gute berufliche Qualifi- kation werden für eine offene Gesellschaft und die Leistungsfähigkeit einer hoch industriali- sierten Volkswirtschaft im globalen Wettbe- werb immer wichtiger. Dies erfordert aber auch, dass junge Ausländer besser in Schule, Berufs- ausbildung und Hochschule integriert werden. Am Jahresende 1998 lebten in Deutschland 7,3 Mill. Ausländer, reichlich 2,9 Mill. von ihnen waren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in einem für den Schul- und Hochschulbesuch rele- vanten Alter von sechs bis unter 30 Jahren. 1 ) Die ausländische Bevölkerung zeichnet sich gegenüber der deutschen durch stärker besetzte Jahrgänge in den jüngeren Altersklassen aus. Die Zahl junger Ausländer ist bis 1997 deutlich gestie- gen, hat sich aber zuletzt etwas verringert, weil weniger Flüchtlinge aus Krisengebieten kamen und auch ausländische Familien in die Ursprungs- gebiete zurückgingen. Vermutlich wird die Zahl junger Ausländer aber wieder zunehmen. 2 ) Bildungsbeteiligung Im Jahre 1998 erreichte die Bildungsbeteiligung 3 ) der jungen Ausländer im Alter von 15 bis unter 20 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland 64 % (Tabelle 1). Sie stieg gegenüber dem Vorjahr nur noch marginal und lag damit weiterhin deutlich unter der gleichaltriger Deutscher (93 %). Bei den jungen Ausländern entscheidet sich ein geringerer Anteil als bei den Deutschen für allge- meinbildende oder beruflich weiterführende Bil- dungswege und berufliche Ausbildungen oder für Nr. 41 vom 11. Oktober 2000 Publikationen i b v 4247 Die Integration junger Ausländer in das deutsche Bildungssystem kommt kaum noch voran Hrsg.: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin A 5632 1 ) Der Untersuchung wurden Bildungs-, Beschäfti- gungs- und Bevölkerungsstatistiken zugrunde gelegt, die aber über ausländische Schüler, Lehrlinge und Studenten weniger detailliert informieren als über deutsche. In der Schüler- zahl sind die Kinder in Schulkindergärten und in Vorklassen nicht enthalten. Beispielsweise gibt es keine Statistik über das Alter ausländischer Schüler und Studenten, keine Abschluss-Statis- tik für ausländische Auszubildende und nur wenige Informationen über das Studium von ausländischen Bildungsinländern (Ausländer, die in Deutschland das Abitur gemacht haben). Die entsprechenden Alters- und Verteilungs- strukturen wurden deshalb geschätzt. Vgl. zur Statistik: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): All- gemeinbildende Schulen 1998/99, Berufliche Schulen 1998/99, Berufliche Bildung 1998, Stu- dierende an Hochschulen WS 1998/99 und ergänzende Tabellen, Reihen 1–3 und 4.1, Fach- serie 11, Wiesbaden 1999 und 2000; Statisti- sches Bundesamt (Hrsg.): Deutsche und auslän- dische Bevölkerung nach Alter (Diskette) und Ausländische Bevölkerung 1998/99, Reihe 2, Fachserie 1, Wiesbaden 2000 (Vorablieferung); Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.): Berufsberatung 1998/99, Nürnberg 2000. 2 ) Dafür gibt es mehrere Ursachen: Die ausländi- schen Frauen haben eine höhere Geburtenrate als die deutschen, junge Angehörige ausländi- scher Familien reisen ein, die Anwerbung aus- ländischer Fachkräfte erhöht auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Schulalter, Asylbe- werber und Bewohner von Krisenregionen wer- den weiterhin in die Bundesrepublik flüchten. 3 ) Die Bildungsbeteiligung ist eine Kennziffer für den an der gleichaltrigen Bevölkerung gemessenen Besuch von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie von Hochschulen einschließlich der Teilnehmer an berufsvorbereitenden Bildungs- maßnahmen. Bei den ausländischen Studenten werden nur die Bildungsinländer berücksichtigt.

Die Integration junger Ausländer in das deutsche A 5632 ...doku.iab.de/ibv/2000/ibv4100_4247.pdf · ibv Nr. 41 vom 11. Oktober 2000 Publikationen 4249 Die Integration junger Ausländer

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Die in Deutschland lebenden jungen Ausländernahmen bis Mitte der 90er Jahre zunehmend ander schulischen, beruflichen sowie Hochschul-ausbildung teil und erwarben immer bessereBildungsabschlüsse. In den letzten Jahren istdiese Entwicklung ins Stocken geraten, es gabsogar – vor allem an beruflichen Schulen undbei der Lehre – Rückschritte. Nach wie vor istdie Diskrepanz in der Bildungsbeteiligung zwi-schen Deutschen und Ausländern beträchtlich,insbesondere wenn die Schulpflicht endet. Fun-dierte Schulbildung und gute berufliche Qualifi-kation werden für eine offene Gesellschaft unddie Leistungsfähigkeit einer hoch industriali-sierten Volkswirtschaft im globalen Wettbe-werb immer wichtiger. Dies erfordert aber auch,dass junge Ausländer besser in Schule, Berufs-ausbildung und Hochschule integriert werden.Am Jahresende 1998 lebten in Deutschland 7,3Mill. Ausländer, reichlich 2,9 Mill. von ihnen warenKinder, Jugendliche und junge Erwachsene ineinem für den Schul- und Hochschulbesuch rele-vanten Alter von sechs bis unter 30 Jahren.1)

Die ausländische Bevölkerung zeichnet sichgegenüber der deutschen durch stärker besetzteJahrgänge in den jüngeren Altersklassen aus. DieZahl junger Ausländer ist bis 1997 deutlich gestie-gen, hat sich aber zuletzt etwas verringert, weilweniger Flüchtlinge aus Krisengebieten kamenund auch ausländische Familien in die Ursprungs-gebiete zurückgingen. Vermutlich wird die Zahljunger Ausländer aber wieder zunehmen.2)

Bildungsbeteiligung

Im Jahre 1998 erreichte die Bildungsbeteiligung3)der jungen Ausländer im Alter von 15 bis unter 20Jahren in der Bundesrepublik Deutschland 64 %(Tabelle 1). Sie stieg gegenüber dem Vorjahr nurnoch marginal und lag damit weiterhin deutlichunter der gleichaltriger Deutscher (93 %).

Bei den jungen Ausländern entscheidet sich eingeringerer Anteil als bei den Deutschen für allge-

meinbildende oder beruflich weiterführende Bil-dungswege und berufliche Ausbildungen oder für

Nr. 41 vom 11. Oktober 2000 Publikationenibv

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Die Integration junger Ausländer in das deutscheBildungssystem kommt kaum noch voran

Hrsg.: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin

A 5632

1) Der Untersuchung wurden Bildungs-, Beschäfti-gungs- und Bevölkerungsstatistiken zugrundegelegt, die aber über ausländische Schüler,Lehrlinge und Studenten weniger detailliertinformieren als über deutsche. In der Schüler-zahl sind die Kinder in Schulkindergärten und inVorklassen nicht enthalten. Beispielsweise gibtes keine Statistik über das Alter ausländischerSchüler und Studenten, keine Abschluss-Statis-tik für ausländische Auszubildende und nurwenige Informationen über das Studium vonausländischen Bildungsinländern (Ausländer,die in Deutschland das Abitur gemacht haben).Die entsprechenden Alters- und Verteilungs-strukturen wurden deshalb geschätzt. Vgl. zurStatistik: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): All-gemeinbildende Schulen 1998/99, BeruflicheSchulen 1998/99, Berufliche Bildung 1998, Stu-dierende an Hochschulen WS 1998/99 undergänzende Tabellen, Reihen 1–3 und 4.1, Fach-serie 11, Wiesbaden 1999 und 2000; Statisti-sches Bundesamt (Hrsg.): Deutsche und auslän-dische Bevölkerung nach Alter (Diskette) undAusländische Bevölkerung 1998/99, Reihe 2,Fachserie 1, Wiesbaden 2000 (Vorablieferung);Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.): Berufsberatung1998/99, Nürnberg 2000.

2) Dafür gibt es mehrere Ursachen: Die ausländi-schen Frauen haben eine höhere Geburtenrateals die deutschen, junge Angehörige ausländi-scher Familien reisen ein, die Anwerbung aus-ländischer Fachkräfte erhöht auch die Zahl derKinder und Jugendlichen im Schulalter, Asylbe-werber und Bewohner von Krisenregionen wer-den weiterhin in die Bundesrepublik flüchten.

3) Die Bildungsbeteiligung ist eine Kennziffer für denan der gleichaltrigen Bevölkerung gemessenenBesuch von allgemeinbildenden und beruflichenSchulen sowie von Hochschulen einschließlichder Teilnehmer an berufsvorbereitenden Bildungs-maßnahmen. Bei den ausländischen Studentenwerden nur die Bildungsinländer berücksichtigt.

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ein Studium.4) Immer noch war die Beteiligung derausländischen Frauen etwas geringer als die derausländischen Männer; zuletzt betrug der Abstand

aber nur noch knapp zwei Prozentpunkte. Bei dengleichaltrigen Deutschen hingegen war die Beteili-gung der Frauen sogar geringfügig größer als dieder Männer. Der geschlechtsspezifische Unter-schied bei den jungen ausländischen Erwachse-nen erklärt sich hauptsächlich aus dem geringerenBesuch beruflicher Schulen und einer verminder-ten Teilnahme an der betrieblichen Berufsausbil-dung von Frauen.

Bei den deutschen jungen Männern im Alter von15 bis unter 20 Jahren ist die Bildungsbeteiligung

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4) Vgl. zu ausländischen Bildungsinländern unterStudenten: Martin Beck: Studentenmobilität undBildungsinländer. In: Statistisches Bundesamt(Hrsg.): Internationale Hochschulstatistik, Spek-trum Bundesstatistik, Band 12, Wiesbaden1998, S. 88 ff. und Studierende an HochschulenWS 1998/99, a.a.O., S. 299 ff.

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seit Mitte der 90er Jahre leicht gefallen, die derausländischen Männer erhöhte sich kaum noch(Abbildung). Einer weiter zunehmenden Beteili-gung am Unterricht allgemeinbildender Schulenstand hier ein Rückgang beim Besuch beruflicherSchulen gegenüber. In anderen europäischen, aberauch in einigen außereuropäischen Staaten nahmdie Bildungsbeteiligung dagegen in dieser Alters-gruppe insgesamt zu.5) Auch bei den gleichaltrigendeutschen Frauen fiel die Zunahme der Bildungs-beteiligung in den 90er Jahren insgesamt geringeraus als zuvor. Nur die jungen Ausländerinnen ver-zeichneten im gleichen Zeitraum als einzige Bevöl-kerungsgruppe dieses Alters einen stetigen An-stieg bei der Bildungsbeteiligung; diese erhöhtesich von 1992 bis 1998 um fast 10 Prozentpunkteund erreichte damit nahezu die Beteiligung derausländischen Männer. Die verbesserte Bildungs-beteiligung der Ausländerinnen ist vor allem – zufast zwei Dritteln – auf den vermehrten Besuchweiterführender allgemeinbildender Schulen zu-rückzuführen.

Die Bildungsbeteiligung der Ausländer im Alter von20 bis unter 25 Jahren war 1998 in der Bundesre-publik Deutschland mit knapp 14 % erheblich klei-ner als die der gleichaltrigen Deutschen. Der großeRückstand im Bereich der beruflichen Bildung undvor allem an den Hochschulen nahm dabei deut-lich zu. Während die Beteiligung der Deutschen inden 90er Jahren weiter stieg, verharrte sie bei denAusländern auf etwa demselben Niveau. Diegeschlechtsspezifischen Unterschiede sind auchin dieser Altersgruppe bei den Ausländern größerals bei den Deutschen.

Die Bildungsbeteiligung der Ausländer in derAltersgruppe von 25 bis unter 30 Jahren lag inDeutschland 1998 nur bei rund 3 %. Sie hat sich inden 90er Jahren kaum verändert. In diesem Alterwerden verschiedene Schularten der allgemeinenFortbildung, der beruflichen Aus- und Weiterbil-dung sowie vor allem Hochschulen besucht. Nurbei den Abendhaupt- und Abendrealschulen sowieden Abendgymnasien und Kollegs war die Beteili-gung der Ausländer etwas größer als die der Deut-schen. Beim Besuch der beruflichen Schulen undvor allem der Hochschulen war ein beträchtlichesGefälle zulasten der Ausländer vorhanden.

Allgemeinbildende Schulen

Im Schuljahr 1998/996) besuchten 920 000 auslän-dische Kinder und Jugendliche die allgemeinbil-denden Schulen in Deutschland (Tabelle 2), ein

Minus von 13 000 gegenüber dem Jahr zuvor. Dieswar erstmals ein Rückgang der ausländischenSchulbevölkerung, nachdem sie über drei Jahr-zehnte – oft relativ stärker als die deutsche –gestiegen war. Der Ausländeranteil, der 1970 erstbei 2 % (alte Bundesländer) gelegen hatte, nahmdeshalb auf gut 9 % zu. Es ist anzunehmen, dasshauptsächlich infolge der zu erwartenden Bevölke-rungsentwicklung7) aber auch durch den weiterhinzunehmenden Übergang ausländischer Schülerauf die weiterführenden Schulen, Abendschulenund Kollegs die Zahl ausländischer Schüler sowohlin den alten als auch in den neuen Bundesländernwieder steigen wird.

Die Schülerzahl bei den Ausländern erhöhte sichbis zuletzt insbesondere an den Orientierungsstu-fen, den kombinierten Schulen, den Sonder-, denReal- und den Gesamtschulen, den Gymnasiensowie den Abendschulen und Kollegs. Geringfügigzurück ging sie erstmals an den Grundschulen; anden Hauptschulen nahm sie weiterhin ab.

Ausländische Kinder und Jugendliche besuchenweiterhin relativ häufiger als deutsche die Sonder-und Hauptschulen. Der Ausländeranteil an denHauptschulen fiel zwar bis zuletzt ein wenig, dochblieb er mit 17 % noch der höchste unter allen all-gemeinbildenden Schularten, wenn von den Schu-len der allgemeinen Fortbildung einmal abgesehenwird.

Von allen ausländischen Schülern lernte erst einViertel an den weiterführenden Real- und Gesamt-schulen sowie an den Gymnasien; von den deut-schen nahmen etwas mehr als zwei Fünftel amUnterricht dieser Schulen teil. Nur an den Gesamt-schulen war der Ausländeranteil überdurchschnitt-lich groß. Auch an den Schulen der allgemeinenFortbildung, zu denen die Abendschulen und die

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5) Vgl. beispielsweise: OECD (Hrsg.): Education ata Glance, Paris 2000, S. 123 ff.

6) Die Zahlen der Schüler allgemeinbildenderSchulen wurden in den meisten Bundesländernim September oder Oktober 1998 erhoben, anden beruflichen Schulen überall im Oktober oderNovember. Die Zahlen betreffen das Schuljahr1998/99. Sie sind jedoch infolge von Wanderun-gen wohl eher zum Jahresende 1998 gültig alszur Jahresmitte 1999.

7) Vgl.: Zur langfristigen Bevölkerungsentwicklungin Deutschland – Modellrechnung bis 2050.Bearb.: Erika Schulz. In: Wochenbericht desDIW, Nr. 42/99, S. 745 ff.

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Kollegs gehören, lag der Ausländeranteil nicht nurbeträchtlich über dem Durchschnitt, er stieg auchbis zuletzt. Die höheren Ausländeranteile an dengenannten Schularten werden als Indiz gewertet,dass diese Schulen überdurchschnittlich zur Inte-gration von ausländischen Schülern in das Schul-system beitragen und dass die ausländischeBevölkerung die Bedeutung weiterführenderAbschlüsse für einen Bildungsaufstieg und für einequalifizierte Berufsausbildung erkannt hat. Vonnicht zu unterschätzender Bedeutung ist in diesemZusammenhang, dass Ausländer verstärkt die

Abendschulen und Kollegs besuchten, um allge-meinbildende Abschlüsse nachträglich zu erlangen– oft auch nach einem Scheitern in den vorgela-gerten allgemeinbildenden Regelschulen.

Ein erster Hinweis auf die schon längere Aufent-haltsdauer der meisten Ausländer in Deutschlandstellt die in der Migrationsforschung übliche Klas-sifizierung der ausländischen Schüler als Teilmen-gen der zweiten oder gar schon dritten Ausländer-generation dar. Nach dem Mikrozensus wurde derüberwiegende Teil der ausländischen Schüler inDeutschland geboren, wuchs hier auf und wurde

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mit beginnender Schulpflicht eingeschult.8) Diesträgt dazu bei, dass Sprach- und Verhaltensbarrie-ren kleiner ausfallen und die ausländischen Fami-lien bei längerer Aufenthaltsdauer besser über dieBildungswege im hiesigen Schulsystem informiertsind. Zudem führt die schulische Förderung zubesseren Sprach- und Fachkenntnissen. Dieszusammen ermöglicht auch den zunehmendenSchulbesuch von ausländischen Schülern in Bil-dungsgängen an weiterführenden Schulen.

Bildungs-, Sprach- oder Leistungsdefizite ausschulischer Sicht treten vor allem bei Seitenein-steigern und bei Schülern neuer, bildungsfernerImmigrantengruppen auf. Bei Seiteneinsteigernhandelt es sich um ausländische Kinder undJugendliche, die erst in einem höheren Alter einrei-sen und den Schulbesuch wieder aufnehmen. Fürdiesen Personenkreis sind oft umfangreiche schu-lische Stütz- und Fördermaßnahmen notwendig,insbesondere dann, wenn die sprachlichen Kennt-nisse und Fertigkeiten anfangs so gering entwi-ckelt sind, dass dem Unterricht nicht gefolgt wer-den kann. Eher noch schwieriger gestaltet sich dieIntegration der Schüler, wenn neben sprachlichenDefiziten auch Lücken bei den fachlichen Kennt-nissen vorhanden sind, sei es, dass es im Her-kunftsland noch kein ausreichend differenziertesBildungssystem gab oder die Zugereisten infolgeinnenpolitischer Konflikte dort keinen Zugang zuden Schulen hatten. Die Eingliederung dieser Kin-der und Jugendlichen in den Unterricht an denSchulen gestaltet sich vor allem dann als langwie-rig, wenn beispielsweise zu wenig Sachmittel undentsprechend geschulte Lehrer vorhanden sind.

Ausländische Schüler gingen zwar seltener alszuvor von den allgemeinbildenden Schulen ohneAbschluss ab, doch bestand auch weiterhin einfast unverändert hohes Gefälle zu ihren Lasten.1998 verließ immer noch ein knappes Fünftel derausländischen Jugendlichen die allgemeinbilden-den Schulen ohne Hauptschulabschluss;9) derAnteil war reichlich zweimal so groß wie bei dendeutschen Schulabgängern (Tabelle 3). Gegenüberdem Jahr zuvor gab es sowohl bei ausländischenals auch bei deutschen Schulabgängern ohneAbschluss sogar einen graduellen relativen An-stieg.

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8) Wird die im Mikrozensus 1998 beantworteteFrage zur Aufenthaltsdauer auf alle Ausländerbezogen, dann wurden die meisten von ihnen imInland geboren oder sie wohnten schon längerals zwanzig Jahre hier (52 %). Vor 10 bis 20 Jah-ren zogen 15 % zu. Nur bei etwa einem Drittelwar die Aufenthaltsdauer kürzer als zehn Jahre.Vgl. Sabine Allafi: Erste Ergebnisse des Mikro-zensus 1998. In: Statistisches Bundesamt(Hrsg.): Wirtschaft und Statistik, Heft 3, Wiesba-den 1999, S. 163.

9) Eine Abschluss-Statistik für ausländische Schü-ler liegt erst seit 1983 vor. Damals verließennoch 34 % dieser Schüler die Schule ohneHauptschulabschluss. Nach größeren Fort-schritten in den 80er Jahren verlangsamte sichdiese Entwicklung in den 90er Jahren: 1992waren es fast 21 % und 1998 reichlich 19 %.

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Von den ausländischen Schulabsolventen mit Ab-schluss erzielte 1998 gut die Hälfte nur einenHauptschulabschluss; reichlich ein Drittel schaffteeinen mittleren Abschluss, rund ein Zehntel dieHochschulreife. Der Unterschied bei den Ab-schlussarten zwischen deutschen und ausländi-schen Absolventen hat sich gegenüber dem Jahrzuvor weiter verkleinert. Hauptsächlich trug dazuein Anstieg bei den Ausländern beim mittlerenAbschluss bei. Gleichwohl besteht weiterhin eineerhebliche Differenz: 73 % der deutschen, aber nur48 % der ausländischen Schulabgänger mit Ab-schluss verließen die allgemeinbildenden Schulenmit Abitur oder mittlerer Reife. Dabei weisen diemännlichen ausländischen Schulabsolventen einedeutlich ungünstigere Abschlussbilanz auf als dieweiblichen.

Berufliche Schulen und Lehrlingsausbildung

An den beruflichen Schulen in Deutschland lag derAusländeranteil 1998 nur noch bei 8 %; er wardamit erstmals wieder signifikant niedriger als deran den allgemeinbildenden Schulen (Tabelle 2).Zwei Jahre zuvor war er noch gleich hoch gewe-sen, weitere zwei Jahre früher größer. Darin ist einIndiz für zunehmende Schwierigkeiten bei der Ein-gliederung junger Ausländer in die Ausbildung anberuflichen Schulen und in die Lehre zu sehen. Inden vorangegangenen Jahren war eine stetige Auf-wärtsentwicklung des Ausländeranteils an beruf-lichen Schulen zu verzeichnen, die Anfang der 70erJahre begonnen hatte. Zuletzt gab es nur noch 227 000 ausländische Schüler; dies waren 8 000Personen weniger als im Vorjahr, obwohl der Aus-länderanteil in dieser Altersgruppe der Bevölke-rung nicht zurückging.

Unter den beruflichen Schulen haben solche, andenen vorwiegend eine berufliche Ausbildungallein oder in Zusammenarbeit mit Betrieben oderüberbetrieblichen Ausbildungswerkstätten ange-boten wird, das überragende Gewicht.10) DerRückgang im Schulbesuch ist vor allem bei diesenSchulen zu beobachten. Bei anderen beruflichenSchularten nahmen die Zahlen ausländischerSchüler zum Teil noch zu. Dies gilt auch für Schu-len, an denen nur allgemeine schulische Abschlüs-se – ergänzt durch eine berufsorientierte Ausbil-dung – erworben werden können. Dazu gehörendie Berufsober-, Fachober-, Berufsaufbau- und

technischen Oberschulen sowie die Fachgymna-sien. An den Berufsfachschulen blieb die Zahl derjungen Ausländer fast konstant. Die Ausbildung anden Berufsfachschulen wird kontrovers bewertet,weil die Schülerzahlen in jenen Bildungsgängenzunahmen, die zu keinem Berufsabschluss führen,keine Ausbildungsberufe nach dem Berufsausbil-dungsgesetz sind und kaum Berechtigungen fürden Zugang zu höherwertigen Bildungsgängenvermitteln. Vielmehr werden dort vor allem wirt-schaftsnahe Assistenz- sowie Pflege und Heilberu-fe mit einer zweijährigen Ausbildungsdauer ange-boten.

Die meisten Schüler beruflicher Schulen sindzugleich Lehrlinge. Doch gibt es hier ein deutlichesGefälle zulasten der jungen Ausländer. Von dendeutschen Schülern waren 1998 immerhin 62 % ineiner Lehre, von den ausländischen weniger als dieHälfte (46 %). Die Ausländerquote sank bei stei-gender Nachfrage der ausländischen Jugend-lichen nach einer Lehrstelle. Es gab nur noch 104 300 ausländische Auszubildende, fünf Jahrezuvor betrug die Zahl noch 126 300.11) Somitwaren – bezogen auf die Altersgruppe der 18- bisunter 21-Jährigen – nahezu zwei Drittel der deut-schen, aber nur noch knapp drei Zehntel der aus-ländischen alterstypischen Bevölkerung Auszubil-dende.

Die ausländischen Lehrlinge wurden in Deutsch-land 1998 hauptsächlich bei Industrie und Handelsowie im Handwerk beschäftigt. Mit jeweils deutli-chem Abstand folgten die Bereiche der freien

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10) An Berufsfachschulen werden neben einer be-ruflichen Ausbildung auch eine beruflicheGrundbildung und allgemeine Schulabschlüsseangeboten. Da Informationen über ausländi-sche Schüler fehlen, wurden sie überschlägigauf die Ausbildungsgänge verteilt. An den Fach-schulen findet außer einer beruflichen Erstaus-bildung auch berufliche Weiterbildung statt; hierwerden infolge unzureichender Informationenalle ausländischen Schüler als in beruflicherAusbildung gezählt.

11) Vgl. zur Berufsberatung und Vermittlung auslän-discher Jugendlicher auf einen Ausbildungs-platz: Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.): a.a.O., S. 22 ff.

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Berufe und des öffentlichen Dienstes (Tabelle 4).Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl ausländi-scher Auszubildender in den meisten Ausbildungs-bereichen; nur in quantitativ weniger bedeutendenBereichen nahm sie geringfügig zu. Besondersauffällig war die beträchtliche Abnahme beimHandwerk, das bis 1997 die meisten Ausbildungs-plätze stellte. Hier übertraf der Rückgang der Lehr-lingszahl bei den Ausländern den bei den Deut-schen beträchtlich. Doch blieb das Handwerk derBereich mit dem höchsten Ausländeranteil an allenLehrverhältnissen.

Auch 1998 lernten ausländische Auszubildende imUnterschied zu deutschen noch überwiegend inFertigungsberufen. Erstmals waren sie auch in denDienstleistungsberufen überdurchschnittlich ver-treten. Dagegen waren sie in technischen Ausbil-dungsberufen und vor allem in land- und forstwirt-schaftlichen sowie Gartenbauberufen weit unter-durchschnittlich beschäftigt (Tabelle 5). Der Aus-länderanteil verringerte sich gegenüber dem Vor-jahr in den meisten Berufsgruppen. Bei den Bau-sowie den Gartenbauberufen und bei den Steinbe-arbeitern blieb er unverändert, nur bei Dienstleis-tungskaufleuten, haus- und ernährungswirtschaft-lichen Berufen sowie Warenprüfern nahm er ge-ringfügig zu.

In der Regel war die Abnahme der Ausländerantei-le bei den Dienstleistungsberufen weniger groß alsbei den Fertigungsberufen; noch am stärksten gin-gen sie hier bei den Friseuren und den ärztlichenAssistenzberufen zurück. Im Friseurhandwerk wur-den statt der Ausländer wieder mehr deutscheAuszubildende beschäftigt; im Gesundheitsbe-

reich der freien Berufe ging die Lehrlingszahl beijungen Ausländern stärker zurück als bei Deut-schen. Insgesamt verlief der strukturelle Wandelvon einer Lehre in einem Fertigungsberuf hin zueiner in einem technischen oder Dienstleistungs-beruf bei den Ausländern zuletzt etwas rascher als

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bei den Deutschen. Für beide Gruppen geht dieseEntwicklung im Vergleich zur Strukturänderung beiden Erwerbstätigen insgesamt jedoch viel zu lang-sam voran.

Von den 102 500 ausländischen Schülern, die 1998von den beruflichen Schulen in Deutschland abgin-gen, erreichte mehr als ein Drittel keinen Abschluss(Tabelle 6).12) Mit gut 16 % war der Anteil bei deut-schen Schülern nur halb so groß. Diese Quoten sindin den letzten Jahren bei beiden Gruppen geringfü-gig gestiegen, bei den Deutschen zuletzt sogaretwas stärker als bei den Ausländern.

Besonders nachteilig für die Aufnahme einer quali-fizierten Berufsausbildung wirkt sich aus, dassviele ausländische – aber auch deutsche – Schul-

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12) Ein Abschlusszeugnis der Berufsschule gilt nurfür den schulisch-theoretischen Teil der Ausbil-dung, der Lehrabschluss wird hingegen vonden Kammern zertifiziert. Da die Statistik derLehrabschlüsse nicht nach der Nationalitätunterscheidet, wird der Berufsschulabschlussausgewertet. Er stellt auch einen geeignetenIndikator für einen Lehrabschluss dar.

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abgänger die Lehrgänge im Berufsvorbereitungs-und Berufsgrundbildungsjahr ohne Abschluss be-endeten. Nicht nur beim Berufsvorbereitungs- undBerufsgrundbildungsjahr, sondern auch bei denanderen Ausbildungsgängen schnitten ausländi-sche Männer schlechter als ausländische Frauenab. Insgesamt erlangten bei den Ausländerinnen31 %, bei den Ausländern 38 % keinen Abschluss.

Hochschulen und berufliche Ausbildung nach Herkunftsländern

Im Wintersemester 1998/99 studierten rund 57 000ausländische Bildungsinländer an den Hochschu-len in Deutschland,13) davon ein Drittel Rechts-,Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, ein knap-pes Viertel Ingenieurwissenschaften und einSechstel Sprach- und Kulturwissenschaften (Ta-belle 7).14) Die Verteilung auf die Fächerbereichewich bei den ausländischen Bildungsinländerndeutlich von der der deutschen und der der übri-gen ausländischen Studenten ab. Insbesonderebei den Ingenieurwissenschaften, aber auch beiRechts- und Wirtschaftswissenschaften, in derMedizin und im Bereich Kunst waren sie relativstärker vertreten als die Studenten beider Ver-gleichsgruppen. Auch gab es bei ihnen keinen gro-ßen geschlechtsspezifischen Unterschied hinsicht-lich der Verteilung über die Fächerbereiche.

Insgesamt befanden sich 1998 in Deutschland fast222 000 Ausländer in einer beruflichen Ausbildungals Lehrlinge, als Schüler an beruflichen Schulenoder als Studenten an Hochschulen (Tabelle 8).Davon waren knapp die Hälfte in einer Lehre undjeweils etwas über ein Viertel in einer Ausbildungan beruflichen Schulen oder Hochschulen. Bezo-gen auf die Bevölkerung im Alter von 18 bis unter25 Jahren lag die Quote der Beteiligung der Aus-länder an einer beruflichen Ausbildung damit nurbei 24 %. Bei den Deutschen hingegen war dieserAnteil dreimal so groß (71 %). Die Beteiligungs-quote der alterstypischen ausländischen und dieder entsprechenden deutschen Bevölkerung wichnoch deutlicher beim Studium voneinander ab;hier war sie bei den Deutschen fast fünfmal sohoch.

Insgesamt kamen jeweils über vier Fünftel der aus-ländischen Lehrlinge sowie der Schüler beruflicherSchulen, die sich in einer beruflichen Ausbildungbefanden, und knapp vier Fünftel der ausländi-schen Studenten aus europäischen Staaten. Diealterstypische Beteiligungsquote der Ausländeraus europäischen Herkunftsländern war im Ver-gleich zu der aller gleichaltrigen Ausländer kaumniedriger. Dies ist auf eine insgesamt geringereBeteiligung der Europäer an einer Lehre und amHochschulstudium zurückzuführen. Wird weiternach der Herkunft aus den Mitgliedsstaaten derEuropäischen Union und der aus dem übrigenEuropa unterschieden, dann ergibt sich für dieBürger der Union insgesamt eine deutlich höhereQuote.

Die alterstypischen Beteiligungsquoten nachNationen streuten bei den Studenten in beträcht-lich größerem Umfang als bei den Auszubildendenund den Schülern beruflicher Schulen. Äußerstniedrige Quoten in allen drei Ausbildungsbereichenhatten die zugezogenen Iren und Slowaken. DieSchweizer hatten insgesamt die höchste Beteili-gungsquote; bei den beruflichen und den Hoch-schulen erreichten sie das Maximum. Beim Hoch-schulbesuch übertrafen sie anteilig sogar die Deut-schen geringfügig. Die Österreicher erzielten eben-falls eine große Gesamtquote, die sich vor allemdurch eine hohe Beteiligung am Studium und ander Lehre ergab. Die hohen Beteiligungsquotenvon Schweizern und Österreichern lassen erken-nen, dass Vorteile beim Zugang und beim Besuchvon Bildungs- und Ausbildungseinrichtungenbestehen, die sich aus sprachlichen Kenntnissen,

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13) Hier wird vereinfachend auch ein Hochschulstu-dium zur beruflichen Ausbildung gezählt. Nachdem bildungspolitischen Sprachgebrauch wirdallerdings ein Studium an den Hochschulen(noch) nicht als berufliche Ausbildung gewertet.Gleichwohl wird zumindest an den Fachhoch-schulen weitgehend eine wissenschaftsorien-tierte berufliche Ausbildung vermittelt. Auch anden Universitäten sind Studium sowie Prüfun-gen in nicht wenigen Studienfächern so zuge-schnitten, dass ein berufsqualifizierenderAbschluss – wie bei Pharmazeuten, Medizinern,Juristen und Lehrern – am Ende eines erfolgrei-chen Studiums stehen kann.

14) Über ausländische Studenten – zumal differen-ziert nach Bildungsinländern und -ausländern –sind keine bundesweiten Statistiken über Stu-dienabschlüsse verfügbar.

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Nr. 41 vom 11. Oktober 2000 Publikationen

solider Vorbildung und vertrauten kulturellen Ver-haltensmustern zusammensetzen.

Ausblick

Die voraussichtliche Entwicklung der Bevölkerungund des Bildungsverhaltens von Ausländern undvon Deutschen wird dazu führen, dass die Zahlund auch der Anteil ausländischer Schüler undStudenten weiter zunehmen werden; dies gilt auchfür die neuen Länder, wo zurzeit noch vergleichs-weise wenige ausländische Kinder und Jugendli-che leben. Die gegenwärtig langsamer verlaufendeIntegration junger Ausländer in das Bildungssys-tem muss wegen der zu erwartenden Überalterungder deutschen Bevölkerung sowie des wohlweiterhin bestehen den Zuwanderungsdrucks wie-der an Dynamik gewinnen – allein schon um dieLeistungsfähigkeit der Volkswirtschaft aufrecht-zuerhalten. Vor allem aber sind für eine offeneGesellschaft gleiche Chancen für alle beim Zugangund beim Besuch von Bildungseinrichtungen einekonstitutive Voraussetzung. Dies verlangt, dassausländische Kinder, Jugendliche und jungeErwachsene besser als bisher in Schule, Berufs-ausbildung und Hochschule eingegliedert werden.

Obwohl ausländische Schulabgänger inzwischenauch etwas bessere allgemeinbildende Schulab-schlüsse erzielen, sinken die Chancen, einenbetrieblichen Ausbildungsplatz zu erhalten. Zu-nächst ist es deshalb vor allem erforderlich, dieLage in der beruflichen Ausbildung junger Auslän-der zu verbessern; insbesondere zählt dazu auchein größeres Angebot an Lehrstellen in techni-schen und Dienstleistungsberufen für diese Perso-nengruppe.15) Erschwerend bei der Ausbildungssi-tuation ausländischer Jugendlicher ist, dass sie mitden derzeitigen allgemeinbildenden Schulab-schlüssen meist nicht die Alternative eines Studi-ums haben und eine Berufsausbildung in der Lehreoder an beruflichen Schulen die einzige Qualifizie-rungsmöglichkeit darstellt. Ausländische Bildungs-inländer sind an den Hochschulen bisher unterre-präsentiert.

Bei der Förderung von ausländischen Kindern undJugendlichen in Schule und Berufsausbildung wirdweiterhin zu berücksichtigen sein, dass sie keineeinheitliche Gruppe sind, sondern sich in vielerlei

Hinsicht unterscheiden, so nach Vorbildung, Auf-enthaltsdauer, Nationalität und Rechtsstatus. Esscheint deshalb vor allem geboten, die Maßnah-men für Seiteneinsteiger auszuweiten und eineFörderung stärker auf nationale Besonderheitenvon jungen Ausländern auszurichten. Dazu sindzusätzliche Förderkurse, insbesondere deutscheSprachkurse, an Schulen einzurichten. Nur so istes wohl zu erreichen, den Anteil ausländischerSchüler, die allgemeinbildende und beruflicheSchulen ohne Abschluss verlassen, beträchtlich zuverringern und den Übergang junger Ausländer inweiterführende Bildungs- und Ausbildungsgängezu steigern.

Suchworte: Ausländische Jugendliche, JungeAusländer, Integration junger Auslän-der in das deutsche Bildungssystem,Integration junger Ausländer in Schu-le, Berufsausbildung und Hochschu-le, Bildungsbeteiligung junger Auslän-der, Ausländische Schüler und Stu-denten, Ausländische Bildungsinlän-der

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15) Ausbildungsstellen müssen hauptsächlich vonder Wirtschaft aber auch von öffentlichenArbeitgebern zur Verfügung gestellt werden.Eine weitreichende Subventionierung von Aus-bildungsplätzen – wie vornehmlich in den neuenLändern – und staatliche Hilfen wie das gegen-wärtige Sofortprogramm für 100 000 Jugendli-che dürfen nicht zum Normalfall werden undsollten nur eine zwischenzeitliche Überbrü-ckung sein. Das Programm zielt ohnehin u.a.mehr auf verbesserte Zugangschancen vonBewerbern für Ausbildungsplätze und die Ein-richtung von außerbetrieblichen Ausbildungs-stellen. Nach Presseberichten wurden im So-fortprogramm ausländische Jugendliche über-proportional gefördert. Vgl. beispielsweise zumSofortprogramm: Roland Schauer: Mehr als100 000 Jobs. In Bundesministerium für Arbeitund Sozialordnung (Hrsg.): Bundesarbeitsblatt,Heft 9, Stuttgart 1999, S. 5 ff.

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