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Herausgeber: Evangelische Kirche von Westfalen Die Kirchenleitung Altstädter Kirchplatz 5 33602 Bielefeld www.ekvw.de Gestaltung: Buttgereit und Heidenreich Strategie. Kommunikation. Design. Turmstraße 34 45721 Haltern am See www.b-und-h.de [email protected] Produktion: Evangelischer Presseverband für Westfalen und Lippe e.V. Cansteinstraße 1 33647 Bielefeld www.ekvw.de/pressehaus Druck: Hans Kock Buch- und Offsetdruck GmbH Auf dem Esch 9 33619 Bielefeld

Die Kirchenleitung 45721 Haltern am See Hans Kock … · wendige neue Aufgaben in der Kirche ... neue Kultur der Aufmerksamkeit in der Kirche. Wir wollen regelmäßige, persönliche

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Herausgeber: Evangelische Kirche von Westfalen Die KirchenleitungAltstädter Kirchplatz 5 33602 Bielefeldwww.ekvw.de

Gestaltung:Buttgereit und HeidenreichStrategie. Kommunikation. Design.Turmstraße 3445721 Haltern am [email protected]

Produktion:Evangelischer Presseverbandfür Westfalen und Lippe e.V.Cansteinstraße 133647 Bielefeldwww.ekvw.de/pressehaus

Druck:Hans KockBuch- und Offsetdruck GmbHAuf dem Esch 933619 Bielefeld

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InhaltsverzeichnisVorwort: Kirche mit Zukunft Was wir wollen …Zielorientierungen für unsere Kirche

1. Wesen, Auftrag und Aufgaben der Kirche1.1. Wesen und Auftrag der Kirche1.2. Strukturreformen müssen sich am Wesen und am Auftrag

der Kirche orientieren1.3. Aufgaben der Kirche1.3.1. Den Menschen das Evangelium nahe bringen1.3.2. Rituelle und festliche Begleitung an den Eckpunkten

des Lebens 1.3.3. Seelsorge und Beratung1.3.4. Religiöse Bildung1.3.5. Diakonisches Handeln1.3.6. Gesellschaftliche Verantwortung und Weltverantwortung1.3.7. Ökumenische Beziehungen1.3.8. Priestertum aller Gläubigen

2. Ausgangssituation2.1. Kirche im Umbruch2.2. Gesellschaftliche Faktoren2.3. Binnenkirchliche Probleme2.4. Herausforderungen für die kirchliche Arbeit2.4.1. Akzeptanzkrise2.4.2. Profilkrise2.4.3. Mitgliederentwicklung2.4.4. Finanzsituation2.4.5. Strukturprobleme und Reformstau

3. Mitgliederorientierung3.1. Ein Beispiel zur Einführung3.2. Wachsen gegen den Trend – Es geht um drei Schritte3.3. Was heißt Mitgliederorientierung?3.3.1. Theologische Aspekte3.3.2. Das „Gespräch auf Augenhöhe“3.3.3. Arbeitsorganisatorische Aspekte3.4. Was verhindert derzeit mehr Mitgliederorientierung?3.5. Formen der Wahrnehmung von Kirchenmitgliedschaft3.6. Mitgliederorientierte Angebote3.6.1. Grundangebot3.6.2. Differenziertes Programm3.7. Mitgliederorientierte kirchliche Arbeit

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4. Menschen, die in der Kirche arbeiten4.1. Ehrenamtliche Arbeit4.2. Hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter4.2.1. Dienstgemeinschaft4.2.2. Gemeinsame Personalplanung und Personalentwicklung4.3. Reform des Pfarrbildes4.3.1. Zur gegenwärtigen Situation der Pfarrerinnen

und Pfarrer in Westfalen4.3.2. Chance des Pfarramts für die Kirche4.3.3. Aufgabenstellung in der Kirchenordnung und Erwartungen

der Kirchenmitglieder und der Öffentlichkeit4.3.4. Pastoraltheologische Grundorientierung vor dem Hintergrund

des Kirchenbildes4.3.5. Reformen auf Gemeindeebene4.3.6. Reformen auf Kirchenkreisebene4.3.7. Reformen auf landeskirchlicher Ebene

5. Leitungshandeln auf allen Ebenen5.1. Problemstellung5.2. Verantwortliche Leitung als strategische Leitung

und als Personalführung5.3. Strategische Leitung als Qualitätsverbesserung

und Qualitätssicherung5.4. Personalführung zur Qualitätsverbesserung

und Qualitätssicherung5.5. Leitungshandeln im Amt der Superintendentin und

des Superintendenten

6. Verwaltung6.1. Auftrag der Verwaltung6.2. Eckpunkte für ein Anforderungsprofil der Verwaltung6.3. Organisation der kirchlichen Verwaltung6.3.1. Gemeindebüro/Kontaktbüro6.3.2. Zentrale Verwaltungsdienststelle6.4. Ausblick

7. Klare Strukturen und Vernetzung7.1. Warum etwas ändern?7.2. Ziele zur strukturellen Ausgestaltung

mitgliederorientierter Arbeit7.3. Modelle für Kirchengemeinden7.4. Modellansätze für Gemeinsame Dienste7.5. Modelle für Kirchenkreise7.6. Modell für die Einrichtung von Gestaltungsräumen7.7. Diskussionsfelder7.8. Landeskirchliche Ebene

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8. Erfahrungen aus den laufenden Veränderungsprozessenin den Kirchenkreisen

8.1. Situationsanalyse und Praxisberichte8.2. Empfehlungen

9. Zeitplan und Unterstützung des Reformprozesses

10. Ausblick

11. Anhang11.1. Namensliste der beteiligten Personen11.2. Literaturempfehlungen

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Kirche mit Zukunft

Unter diesem Titel legt die Kirchenleitungder Evangelischen Kirche von Westfalenden Gemeinden und Kirchenkreisen, denÄmtern, Werken und Gruppen eine Reform-vorlage zur Beratung und Stellungnahmevor. Sie wurde im Auftrag der Kirchen-leitung vom Struktur- und Planungs-ausschuss sowie den Projektgruppen diesesAusschusses erarbeitet. Die Ergebnisse derReformprozesse, die in der EvangelischenKirche von Westfalen an vielen Stellenbereits stattfinden, hat der Ausschuss in dieVorlage aufgenommen und zu konkretenVorschlägen und Modellen weiterentwi-ckelt. Gleichzeitig eröffnet diese Reform-vorlage einen viel weiteren Horizont, weiles darum geht, alle, die zur Kirche gehörenoder die wir für die Sache der Kirche gewin-nen möchten, mit auf den Weg zu nehmen.Die Kirchenleitung hofft auf eine breite undengagierte Diskussion dieser Vorlage, aberauch auf die Bereitschaft, gemeinsam kon-krete Schritte gehen zu wollen.

Wir erbitten die Rückäußerungen nach denBeratungen in den Presbyterien und syno-dalen Gremien bis zum 30. April 2001 andas Landeskirchenamt.

Kirche mit Zukunft. „Mir ist gegeben alleGewalt im Himmel und auf Erden. Darumgehet hin und machet zu Jüngern alleVölker: Taufet sie auf den Namen des Vatersund des Sohnes und des heiligen Geistesund lehret sie halten alles, was ich euchbefohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“(Matthäus 28, 18 ff.). Mit diesem Zukunfts-und Hoffnungswort beginnt der Abschnitt„Wesen und Auftrag der Kirche“ dieserVorlage. Zukunft und Hoffnung verbindensich so, dass die frohe Botschaft desEvangeliums den Horizont der verheißenenZukunft eröffnet. Die Treue Gottes begrün-det unsere Hoffnung auf eine persönliche

Zukunft und eine neue Schöpfung. Daranwerden sich alle Strukturreformen unsererKirche orientieren.

Gott eröffnet uns Zukunft auf seinem Wegmit uns. Ich erinnere an Menschen wieJakob, Josef oder Ruth aus dem AltenTestament. Ich erinnere an den Aufbruchdes Volkes Israel und seine Umkehr zu Gott.

Jesus Christus hat so gelebt, dass in seinerVerkündigung in Wort und Tat uns dasReich Gottes selbst entgegenkommt. Als derGekreuzigte und Auferstandene eröffnet erZukunft. Wie bei den Emmaus-Jüngern öff-net er uns dazu die Augen. In diese Zukunftstellt er auch unsere Kirche.

Ich lade Sie ein, sich mit dieser Reformvor-lage auseinanderzusetzen und für eine guteZukunft unserer Kirche zu arbeiten.

Präses Manfred Sorg

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Nur eine Kirche, „die ihren eigenen Auftragauf neue Weise ernst nimmt, kann auchihren Ort in der Gesellschaft überzeugendwahrnehmen“ (Wolfgang Huber). Zugleichwird die evangelische Kirche aber auch dieStrukturen und Formen ihrer Arbeit über-prüfen müssen, wenn sie zukunftsfähigwerden will. Es geht auch um eineVerbesserung kirchlicher Arbeit. Sie kannnur gelingen, wenn die Kirche in ihrenStrukturen den „Wandel von der Behörden-struktur und Beamtenmentalität zur mit-gliederfreundlichen, unternehmerischenund d. h. zur initiativen, effektiven und fle-xiblen Organisation" (Rüdiger Schloz) vo-rantreibt.

1. Kleingläubig und in vorauseilenderSkepsis haben wir es zu lange als unverän-derbar angesehen, dass die Akzeptanz derKirche weiter schwindet, der Traditions-abbruch weiter um sich greift und dieKirchenaustritte sich auf hohem Niveau sta-bilisieren werden. Das wichtigste Ziel deranstehenden Strukturreform ist es, dieVoraussetzungen dafür zu verbessern, dassdieser Trend gebrochen wird und die Kircheihren Auftrag effizienter wahrnehmenkann. Dazu gehört aber auch, dass wir„unsere eigene Botschaft“ ernst nehmen, dieKirche offensiv in der Öffentlichkeit vertre-ten und der Durchsetzungskraft desEvangeliums wieder mehr vertrauen.

Wir wollen wachsen gegen den Trend!

2. Die Bereitschaft zu Reformen wächst inder Kirche. In vielen Gemeinden und kirch-lichen Arbeitsfeldern geschehen zur ZeitAufbrüche. Viele wollen nicht mehr weiter-machen wie bisher. Doch zugleich präsen-tiert sich die Kirche an vielen anderenStellen in ihren Angeboten und Formen

noch wie eine Institution der Vergangen-heit. Wir brauchen Innovationswettbewerbein der Kirche, um in den eigenen Strukturenund Arbeitsformen zukunftsfähig zu wer-den.

Wir wollen eine konsequente Förderungvon Ideen und Initiativen in der Kirche!

3. Kirchliche Arbeit vollzieht sich bisher ineinem breit gefächerten Veranstaltungs-angebot – mit häufig parallelen Strukturenund einem oft unverbindlichen Erschei-nungsbild. Als Volkskirche brauchen wirweiterhin Pluralität und ein differenziertesAngebot – aber auch ein klares Profil.Deshalb können nicht mehr alle flächende-ckend alles machen.

Wir wollen Differenzierung und Profilie-rung kirchlicher Arbeit und gezielteBündelung von Personen und Ressourcen!

4. Bisher haben wir uns in der Kirche starkauf die Funktion der Ortsgemeinde alsKerngemeinde (Parochie) gestützt. InZukunft gilt es, über die Parochie hinausZugänge zur Kirche zu schaffen und diesedurch andere Formen von Gemeinde zustärken.

Wir wollen eine neue Zuordnung vonparochialen und regionalen Aufgaben, vongemeindlichen und funktionalen Diensten!

5. Kirchliche Arbeit vollzieht sich, ver-glichen mit anderen gesellschaftlichenArbeitsfeldern, in großer Freiheit. So begrü-ßenswert dieses ist, hat es auch seineKehrseiten. Unüberprüfbare Beliebigkeitund persönliche Neigungen bestimmen dieArbeit. Es gibt zu viele Menschen in derKirche, die ohne Überprüfung das machen,

Was wir wollen …Zielorientierungen für unsere Kirche

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was sie wollen. Wir brauchen in Zukunftviel mehr als bisher Zielorientierung in derkirchlichen Arbeit, die auch Formen derÜberprüfung beinhaltet.

Wir wollen verbindliche Standards und Zielvereinbarungen sowie regelmäßigeÜberprüfung kirchlicher Arbeit!

6. Die Diskussion über zurückgehendeZahlen, schwindende Akzeptanz und not-wendige neue Aufgaben in der Kircheschlägt sich bisher gerade bei den engagiertMitarbeitenden als verstärkter Druck zumehr Arbeit und größeren Anstrengungennieder. Doch viele Mitarbeiterinnen undMitarbeiter fühlen sich zurzeit mit ihrerArbeit in der Kirche nicht wirklich gewür-digt. Sie haben ein Recht auf regelmäßigeund wertschätzende Gespräche. Reformen,Umstrukturierungen und auch Einbußenmüssen von Respekt vor oft langjährigerArbeit begleitet werden. Wir brauchen eineneue Kultur der Aufmerksamkeit in derKirche.

Wir wollen regelmäßige, persönlicheArbeits- und Laufbahngespräche!

7. Bisher wurden Initiative und Leistung inder Kirche zu wenig belohnt, besondereQualifikationen und Begabungen zu wenigbeachtet und gefördert. In Zukunft musssich die Kirche um die Motivation ihrerMitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehrbemühen, besonderes Engagement würdi-gen, Begabungen und Kompetenzen bessernutzen und gezielter fördern. Es kann nichtbeliebig sein, ob Mitarbeitende viel oderwenig tun, Initiative ergreifen oder alleslaufen lassen.

Wir wollen eine aufmerksame Wahrneh-mung und Förderung besonderer Bega-bungen, Qualifikationen und Leistungen inder Kirche!

8. Die Kirche braucht Mitarbeiterinnen undMitarbeiter, die in ihren Arbeitsfeldern mitzeitgemäßen Mitteln auf hohem Niveau pro-fessionell arbeiten. Professionelle Fortbil-dung ist aber bisher in der Kirche noch zusehr in das Belieben der Mitarbeitendengestellt.

Wir wollen deutliche Fortbildungsver-pflichtung!

9. Das größte Kapital der Kirche sind dieMenschen, die in ihr arbeiten, besonders dieehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter. Eine Mitarbeitendenentwicklunggibt es in der Kirche aber erst in Ansätzen.Ohne Zweifel wird die Kirche ihre Aufgabenin Zukunft eher mit weniger als mit mehrbezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern bewältigen müssen. Im Blick auf dieZukunft gibt es darum für die Kirche kaumeine wichtigere Aufgabe, als Mitarbeitendezu gewinnen, zu qualifizieren, gezielt zufördern und zu pflegen.

Wir wollen eine zukunftsorientierte Per-sonalentwicklung und mehr Beteiligungvon „Laien“ in der Kirche!

10. In den letzten Jahren sind in der evan-gelischen Kirche eine Vielzahl von Themendiskutiert, Vorlagen produziert und Be-schlüsse gefasst worden, deren praktischeUmsetzung entweder unendlich zäh verliefoder kaum zu deutlichen Veränderungengeführt hat. Wir müssen daher in der Kircheeine strategische Planungskompetenz ent-wickeln, sodass bei Vorlagen und Be-schlüssen gleich mit überlegt wird, wie siebekannt gemacht, vor Ort umgesetzt undüberprüft werden können.

Wir wollen klare Auftragsbeschreibungenund strategisches Planungsdenken auch inder Kirche!

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11. Die presbyterial-synodale Ordnungunserer Kirche ermöglicht eine breiteMitwirkung. Diese darf aber nicht dazu füh-ren, dass drängende Entscheidungen verzö-gert und die notwendige Wahrnehmung vonLeitung in der Kirche erschwert werden.Zwischen notwendiger Mitwirkung undschneller Entscheidungsfähigkeit gilt es eineneue Balance zu finden.

Wir wollen Beteiligung möglichst vieler anden Entscheidungsprozessen, aber auch dieWahrnehmung von Leitung in der Kirche!

12. Zu Recht wird in der evangelischenKirche Wert gelegt auf die Beteiligung mög-lichst vieler an den Entscheidungspro-zessen. Aber inzwischen ist die Vielzahl vonAusschüssen, Gremien, Arbeitsgruppen undBeiräten auch für Insider nicht mehr zuüberblicken. Häufig haben die Ergebnissedieser Gremien keine Relevanz für dieKirchenmitglieder, sondern dienen eher demreibungslosen Ablauf des innerkirchlichenBetriebs. So entsteht der Eindruck:„Kirchenleute machen Kirche für Kirchen-leute.“

Wir wollen eine Durchforstung von Ausschüssen, Gremien, Arbeitsgruppen,Beiräten und eine Orientierung anzwingenden Anlässen und klarenNotwendigkeiten!

13. Die Kirche begegnet ihren Mitgliedernzu oft mit der Schwerfälligkeit einer nachZuständigkeiten und bewährten Regeln rea-gierenden Behörde. Auf berechtigte Anfragen,neue Entwicklungen oder Einwirkungen vonaußen reagiert sie häufig eher defensiv oderzu spät. Um den veränderten Mitglieder- undTeilnahmeinteressen gerecht zu werden,muss die Kirche aus der Defensivmentalitätherauskommen und sowohl zeitgemäßeKommunikationsformen als auch freundliche

und flexible Dienstleistungsformen im Kon-takt zu ihren Mitgliedern entwickeln.

Wir wollen Flexibilität und Initiativein der Kirche!

14. Die Kirche braucht sich mit ihrer Arbeitin der Öffentlichkeit nicht zu verstecken.Mit vielen gemeindlichen, funktionalen undsozialen Diensten leistet sie eine unver-zichtbare Arbeit für die Gesellschaft. Sie tutsich aber schwer damit, den Wert und dasGewicht dieser Arbeit auch selbstbewusst inder Öffentlichkeit zu vertreten. Eine innereDistanz kennzeichnet auch die Beziehungvieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurKirche. Viele von ihnen geben sich in derÖffentlichkeit nicht als Mitarbeitende derKirche zu erkennen. Ein selbstbewusstesEintreten für den Wert kirchlicher Arbeitund die Identifikation mit den gemeinsa-men Zielen sind jedoch unumgänglich,wenn wir in der evangelischen Kirche einWir-Gefühl entwickeln wollen.

Wir wollen Identifikation mit den gemeinsamen Zielen und Stärkung desWir-Gefühls in der Kirche!

15. Wir haben es zu lange hingenommen,dass die evangelische Kirche in der Öffent-lichkeit und vor allem bei jüngerenMenschen kein überzeugendes Image hat.Die Kirche hat ein verstaubtes Erschei-nungsbild. Eine Veränderung hängt nichtzuletzt auch von einer professionellenÖffentlichkeitsarbeit ab. In Zukunft solltedie Öffentlichkeitsarbeit daher zu einer stra-tegisch zu planenden und umzusetzendenSchwerpunktaufgabe jeder Gemeinde, jedesKirchenkreises und der Landeskirche wer-den.

Wir wollen eine neue professionelleÖffentlichkeitsarbeit in der Kirche!

1. Wesen, Auftrag undAufgaben der Kirche

Wesen, Auftrag und Aufgaben der KircheWesen und Auftrag der KircheStrukturreformen müssen sich am Wesen undam Auftrag der Kirche orientierenAufgaben der KircheDen Menschen das Evangelium nahe bringenRituelle und festliche Begleitung an denEckpunkten des LebensSeelsorge und BeratungReligiöse BildungDiakonisches HandelnGesellschaftliche Verantwortung undWeltverantwortung Ökumenische BeziehungenPriestertum aller Gläubigen

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1. Wesen, Auftrag und Aufgaben der Kirche

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1.1. Wesen und Auftrag der Kirche

Christus spricht: „Mir ist gegeben alleGewalt im Himmel und auf Erden. Darumgehet hin und machet zu Jüngern alleVölker: Taufet sie auf den Namen des Vatersund des Sohnes und des heiligen Geistesund lehret sie halten alles, was ich euchbefohlen habe. Und siehe, ich bin bei euchalle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus28, 18-20)

Mit dieser guten Nachricht ist unsere Kircheunterwegs zu den Menschen, unterwegs mitder Botschaft der Hoffnung auf eine per-sönliche Zukunft und unterwegs mit derVerheißung einer neuen Schöpfung. Un-widerruflich ist die Liebe Gottes, die derWelt und den Menschen in Jesus Christusein für alle Mal geschenkt ist.

Die Bibel hat für die Gemeinschaft der Men-schen im Glauben verschiedene Bilder ge-funden. Aus dem Alten Testament stammtdas Bild vom wandernden Gottesvolk (2.Mose 13, 17–22), das auch im Neuen Testa-ment wieder aufgenommen wird (Hebräer13, 13). Vom Apostel Paulus ist uns das Bilddes Leibes Christi überliefert (1. Korinther12, 12). Mit den Worten „Ihr seid das Salzder Erde“ – „Ihr seid das Licht der Welt“(Matthäus 5, 13–14) aus der Bergpredigtwerden Christinnen und Christen dazu auf-gefordert, wie ein Licht in der Welt Christuszu bezeugen und das Reich Gottes zu ver-künden. Als „Salz der Erde“ haben sie denprophetischen Auftrag, für die Würde allerMenschen und für Gerechtigkeit einzutre-ten.

Neben den biblischen Texten geben auchdie Bekenntnisschriften Auskunft darüber,woran die Kirche erkannt werden kann undworin ihr Auftrag liegt.

„Es wird auch gelehret, dass alle Zeit müsseeine heilige christliche Kirche sein und blei-

ben, welche ist die Versammlung allerGläubigen, bei welchen das Evangeliumrein gepredigt und die heiligen Sakramentedes Evangelii gereicht werden.“ (ConfessioAugustana Art. VII)

„Wenn nun allein der Glaube uns Anteil anChristus und allen seinen Wohltaten gibt,woher kommt solcher Glaube? Der HeiligeGeist wirkt den Glauben in unseren Herzendurch die Predigt des heiligen Evangeliumsund bestätigt ihn durch den Gebrauch derheiligen Sakramente.“ (Heidelberger Katechismus, Frage 65)

Die Kirche steht unter der Verheißung derGegenwart Christi bis ans Ende der Welt. Bisdahin hat sie „den Auftrag, mit ihren Gabenund Möglichkeiten allen Menschen dasEvangelium zu verkündigen, sie zur Ge-meinde Jesu Christi zu sammeln, Sünden zuvergeben und von daher für das Leben allerMenschen in den Konflikten und Nöten derGesellschaft verantwortlich einzutreten“ (*).Diesen Auftrag soll sie so wahrnehmen, dassdabei die verschiedenen Grunddimensionender Kirche zum Tragen kommen:

Zeugnis (Martyria): Als Zeugnisgemein-schaft ist die Kirche dazu da, dass Menschendem Evangelium in ihrem persönlichen Le-ben begegnen können.

Gottesdienst (Leiturgia): Als gottesdienst-liche Gemeinschaft ist die Kirche dazu da,Gott zu loben, seine Nähe zu den Menschenzu verkündigen und untereinander zufeiern.

Dienst (Diakonia): Als Dienstgemeinschaftist die Kirche dazu da, Menschen mit Wortund Tat, mit Schutz und Hilfe beizustehen.

(*) Aus: Kirche mit Hoffnung, Leitlinienkünftiger kirchlicher Arbeit in Ost-

deutschland, Im Auftrag des Kirchen-amtes der EKD herausgegeben von

Helmut Zeddies, Hannover 1998, S. 6

Gehet hin in alle Welt

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Gemeinschaft (Koinonia): Als Kommuni-kationsgemeinschaft ist die Kirche dazu da,ein Ort gegenseitiger Annahme und christ-licher Anteilnahme zu sein, in der dieWürde jedes Einzelnen respektiert wird.

1.2. Strukturreformen müssen sich am Wesen und am Auftrag derKirche orientieren

Die bisherigen strukturellen Veränderungenin der Evangelischen Kirche von Westfalenwaren weitgehend bestimmt von derNotwendigkeit einer finanziellen Sanierung.Der damit verbundene Abbau von Doppel-strukturen bzw. die Zusammenlegung ver-gleichbarer kirchlicher Arbeitsfelder istkeine unangemessene Kürzungsmaßnahme,sondern ein Versuch, den Anschluss an eineEffektivität zu finden, die woanders längstgang und gäbe ist. Wenn die Finanzreformaber dauerhaft sein will, muss sie einherge-hen mit der Umsetzung zuvor erfolgterPrioritätensetzungen. Aus der finanziellenSanierung allein ergeben sich keine Ant-worten, wie der gegenwärtigen Akzeptanz-und Profilkrise der evangelischen Kirche zubegegnen ist.

Um eine zukunftsorientierte Perspektivekirchlichen Handelns zu gewinnen, brau-chen wir Leitlinien kirchlicher Arbeit, diesich am Auftrag der Kirche orientieren undzugleich der veränderten Situation in derGesellschaft Rechnung tragen.

Das Ziel kirchlicher Strukturreform kanndarum nicht einfach nur darin bestehen,kostengünstiger oder attraktiver zu werden.Die Kirche befindet sich zwar faktisch ineiner Marktsituation, ihre Botschaft ist abernicht „marktförmig“. Welche Prioritätenkirchlicher Arbeit zu setzen sind, mussdarum vom Zentrum und von den Grund-aufgaben der Kirche her begründet werden.

Ohne Zweifel kann aber in einer durchSäkularisierung und Pluralität bestimmtenSituation nur eine menschenfreundliche,kommunikative und in ihrer Botschaft ein-deutige Kirche ihrem Auftrag gerecht wird.

1.3. Aufgaben der Kirche

Im Einzelnen lässt sich der Auftrag derKirche in acht Grundaufgaben knappzusammenfassen.

1.3.1. Den Menschen dasEvangelium nahe bringen

Es ist die grundlegende Aufgabe der Kirche,den Menschen das Evangelium nahe zubringen, sodass sie es als begründeteHoffnung für ihr Leben und als Hilfe fürihren Alltag verstehen und annehmen kön-nen. Die Kirche hat öffentlich die Gottes-frage wach zu halten. Zu diesem missiona-rischen Auftrag gehört es, christliche Über-zeugungen so zu vermitteln, dass auchkirchlich distanzierte Menschen darin einepersönliche Relevanz für ihr eigenes Lebenentdecken können. Voraussetzungen dafürsind die Kenntnis gegenwärtiger Lebens-verhältnisse und das Gespräch mit denMenschen über ihre Lebensgeschichten undLebensvorstellungen. So sind z. B. dieErfahrungen von Frauen in vielen Dingenandere als die von Männern, die vonJungen anders als die von Alten, die vonReichen anders als die von Armen, die vonNichtbehinderten anders als die vonBehinderten.

Gerade in Glaubensfragen wird die Kirchezurzeit nicht immer als hilfreich und kom-petent empfunden. „Was wir den Menscheneigentlich vermitteln wollen, um ihnen dieBotschaft des Evangeliums nahe zu bringen,darüber wird in den Gemeinden und unterMitarbeiterinnen und Mitarbeitern . . . offen-bar wenig gesprochen.“(*) Mehr als bishermuss es zur Aufgabe aller werden, die in der

1.

(*) Kirche mit Hoffnung, s. o. S. 8

Missionarischer Auftrag

1. Wesen, Auftrag und Aufgaben der Kirche

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Kirche mitarbeiten, mit Menschen insGespräch zu kommen, die religiös auf derSuche sind oder der Kirche distanziertgegenüberstehen. Der Auftrag Jesu Christi„Gehet hin in alle Welt . . .“ ist dabei nicht nuran die Mitarbeitenden in der Kirche gerich-tet, sondern gilt der ganzen Gemeinde.Auch die Gemeinden müssen sich mehr alsbisher den Menschen öffnen, die distanziertoder ausgetreten sind.

„Jeder Verein, jede Versicherung, jede Mit-gliederorganisation muss Anstrengungenunternehmen, mit den Mitgliedern zu kom-munizieren, ihnen Aufmerksamkeit undInteresse entgegenzubringen. In der Kirchejedoch wird dies nicht als vorrangigeAufgabe angesehen.“(*)

1.3.2. Rituelle und festliche Beglei-tung an den Eckpunkten des Lebens

Die meisten Menschen kommen mit derKirche an den Schwellensituationen undKnotenpunkten des Lebens in Kontakt:Geburt, Abschluss der Kindheit, Hochzeitund Tod, aber auch Unfälle und Erkran-kungen, Beziehungskrisen, Familienereig-nisse und Berufsprobleme oder Jahrestageund Festzeiten. Nach einer von McKinseyfür die evangelische Kirche in Münchenerstellten Studie verbinden 81 % der Befrag-ten ihre Mitgliedschaft in der Kirche mitdem Wunsch, an Eckpunkten des Lebensvon der Kirche rituell begleitet zu werden.

Längst hat sich auch außerhalb der Kircheein Markt gebildet, auf dem „selbstgestrickte“Dienstleistungen und Events für dieLebensübergänge angeboten werden. Dennes zeigt sich, dass mit dem Verschwindenreligiöser Symbole oft auch der Verlustmenschlicher Würde im Erleben, Feiernoder Verarbeiten existenzieller Grund-situationen einhergeht.

Für die evangelische Kirche ist es darumeine wesentliche Aufgabe, durch rituelleFormen, festliche Angebote und würdigeGestaltungen den Menschen mit denTexten, Symbolen und Einsichten deschristlichen Glaubens zu helfen, ihre Krisen,Höhepunkte und besonderen Zeiten imLeben zu bewältigen, zu feiern oder zu ver-arbeiten. Nicht selten hängt die Einstellungvieler Menschen zur Kirche davon ab, ob siebei diesen Kontakten mit der Kirche guteErfahrungen machen oder nicht. Die Kirchesollte die rituelle, festliche und seelsorglicheBegleitung an den Eckpunkten des Lebensdarum mit besonderer Sorgfalt gestalten,damit diese Anlässe zu Begegnungen wer-den können, in denen neue Kontakte zu dis-tanzierten Kirchenmitgliedern geknüpftwerden und neue Bindungen wachsen kön-nen.

1.3.3. Seelsorge und Beratung

Von der Kirche wird zu Recht erwartet, dasssie sich um die Sorgen und Probleme derMenschen kümmert. Viele wünschen sichdarum eine seelsorgliche Kirche, die beiKrankheit und Trauer, bei Familien- undLebensfragen, bei Unfällen und in persön-lichen Notlagen mit Trost, Rat und mensch-licher Solidarität präsent ist.

Unsere Kirche ist herausgefordert, als seel-sorgliche Kirche einen Beitrag zumSelbstsein-Können des einzelnen Menschenzu leisten, zur Selbstvergewisserung. Dabeihat die Seelsorge in der Postmoderne dievon Individualisierung und Pluralisierunggeprägte gesellschaftliche Situation wahr-zunehmen. Aufgabe unserer Kirche ist es,die Chancen und die gesellschaftlichenMöglichkeiten für den Einzelnen zu fördernund doch gleichzeitig den nachteiligenKonsequenzen und den entstandenen Über-forderungsgefahren entgegenzuwirken.(*) Fremde Heimat Kirche, Die dritte EKD-

Erhebung über Kirchenmitgliedschaft,herausgegeben von Klaus Engelhardt,

Hermann von Loewenich, Peter Steinacker,Gütersloh 1997, S. 357

Begleitung an den Eckpunkten

des Lebens

SeelsorglicheKirche

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Seelsorge und Beratung können helfen,Chancen zur Subjektwerdung aufzuzeigen,zwischen strukturellen/gesellschaftlichenZwängen und selbstgesetzten/aus der eige-nen Lebensgeschichte stammenden Grenzenzu unterscheiden.

Seelsorge ermöglicht einen Raum derBewahrung, enthält aber gerade auch ausihrer religiösen Perspektive heraus und vomchristlichen Menschenbild her das Potenzialzur Veränderung: Seelsorge und Beratungermutigen zum Verlassen eingefahrenerGleise und unterstützen die Überwindungvon Widerständen gegen Veränderungen.Die christliche Tradition ermutigt zumWahrnehmen – aber auch zum Transzen-dieren der Endlichkeit und Fragmentaritätjedes menschlichen Lebens und gesell-schaftlicher Zwänge.

Seelsorge und Beratung geschehen alsKrisenintervention und Lebensbeistand, imZuhören und in konkreter Unterstützung,im zugewandten Gegenüber und imZuspruch befreiender Vergebung – sowohldurch Besuche und Gespräche in derGemeindearbeit als auch durch die Arbeit inBeratungsstellen, Krankenhäusern undbesonderen Einrichtungen.

Durch Seelsorge und Beratung lässt Kirchesich ein auf das Suchen und Fragen derMenschen und hält es bei ihnen aus, auchohne fertige „Lösungen“ anbieten zu kön-nen. Denn Seelsorge qualifiziert sichdadurch, dass sie dem einzelnen Menschen,seinen Lebensentwürfen und seinen Fragenvorurteilsfrei begegnet und ihm bei derSuche nach den für seine Situation ange-messenen Lösungen Orientierung anbietet.Seelsorgliches Profil heißt aber auch, krank-machende Strukturen deutlich zu benennenund sich an ihrer Veränderung zu beteiligen.

1.3.4. Religiöse Bildung

Die Verkündigung der Kirche zielt aufselbstständiges und verstandenes Christsein.Doch gegenwärtig beobachten wir eineEntwicklung, die von manchen sogar als„religiöser Analphabetismus“ beschriebenwird. Viele finden keine Worte mehr für das,woran sie selber glauben oder was sie mitder Kirche verbindet. Zugleich dünnt derBestand an religiösem Grundwissen undBrauchtum von Generation zu Generationweiter aus. Für eine Mehrheit entscheidetsich das Verhältnis zu Religion und Kirchewährend der Kindheit und Jugend. Im Blickauf die Zukunftsfähigkeit der Kirche wird esdaher unabweislich, die Arbeit mit Kindernund Jugendlichen ins Zentrum zu rücken.

Der Weg zum Glauben muss ebenso alsBildungsaufgabe verstanden werden wiedas Wachsen und Bleiben im Glauben. Dazugehört auch die Frage, wie Glaube gelebtund empfunden wird. Wer mit eigenenWorten nicht mehr sagen kann, warum sieoder er sich als Christin oder Christ verstehtoder in der Kirche ist, tritt irgendwann aus.So wird es zur Bildungsaufgabe, aucherwachsenen Menschen zu vermitteln, wieihr Leben durch den Glauben an Reichtumund Wahrheit gewinnen kann.

Es sollte Sache jeder Gemeinde und allerkirchlichen Einrichtungen sein, für suchendechristliche und nichtchristliche MenschenAngebote zu machen, die ihre Bedürfnisseunvoreingenommen aufnehmen und ge-meinsam in der ihnen angemessenen Weisenach Orientierung fragen.

Diese Angebote müssen in ihrer Form undihrem Inhalt den unterschiedlichen Zielgrup-pen mit ihrem jeweiligen Bildungshorizontangepasst werden.

Ein Beispiel: „Eine Woche leben mit Benach-teiligten in sozialen Brennpunkten“ erschließtfür viele Menschen neue Sichtweisen.

1.

Weg zum Glauben – aucheine Bildungsaufgabe

1. Wesen, Auftrag und Aufgaben der Kirche

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1.3.5. Diakonisches Handeln

Zu den wichtigen Aufgaben der Kirchegehört es (auch in der Wahrnehmung derÖffentlichkeit), für schwache und in Notgeratene Menschen Partei zu ergreifen,ihnen Schutz zu bieten und für ihre Rechteeinzutreten, damit sie ein Leben in Würdeführen können. Diakonisches Handeln isteine zentrale Lebensäußerung der Kirche.Darum engagiert sich die Kirche im sozialenBereich und meldet sich in der öffentlichenDiskussion auch bei politischen Fragen zuWort.

Für hilfs- und pflegebedürftige Menschenund ihre Angehörigen müssen diakonischeAngebote in Zukunft auch weiterhin alskirchliche Angebote erkennbar sein. Ihrediakonischen Aufgaben darf die Kirche inZukunft unter keinen Umständen ver-nachlässigen, auch wenn sich die diakoni-schen Einrichtungen immer mehr in einerWettbewerbssituation am Markt behauptenmüssen. Die zunehmende Ökonomisierungspaltet die Gesellschaft. Der damit verbun-denen sozialen Kälte sollte die Kirche durcheine Kultur des Helfens ein warmherziges,einfühlsames Mitgehen mit Benachteiligtenentgegensetzen. Das entbindet sie nicht vonder Pflicht, die Prozesse, die zu diesenBenachteiligungen führen, kritisch aufzude-cken und an ihrer Überwindung mit zuarbeiten.

1.3.6. Gesellschaftliche Verantwor-tung und Weltverantwortung

Das Eintreten für Gerechtigkeit, Frieden undBewahrung der Schöpfung ist eine zentraleAufgabe für Christinnen und Christen,Gemeinden und Kirche.

Die Leistungsfähigen und Einflussreichen inWirtschaft und Politik müssen in dieMitverantwortung für diejenigen genom-men werden, die unter ungerechten

Verhältnissen leiden. Zugleich müssen dieBenachteiligten ermutigt werden, für ihreAnliegen einzutreten, und befähigt werden,das ihnen Mögliche selbst beizutragen.Hierin liegt der christliche Beitrag für einemoderne, zukunftsfähige Demokratie.

Schöpfungsverantwortung zeigt sich nichtnur in einzelnen Ökoprojekten, sondernauch im bewussten Umgang mit Energieund Rohstoffen in Gemeindehäusern undBauvorhaben. Die Entwicklungen in Medi-zin und Biologie stellen neue Fragen an denverantwortlichen Umgang mit Leben undSterben. Dies betrifft nicht nur den indivi-duellen Bereich der Seelsorge. Auch Verant-wortungsträger in Krankenhäusern undwissenschaftlichen Institutionen sollten dieGrundfragen christlicher Ethik immer wie-der aufgreifen.

Alle diese Aufgaben zeigen, dass sich dieKirche vor Ort und regional nicht auf sichselbst zurückziehen kann. Sie brauchtKontakte zu Kommunen, Arbeitswelt, Presseund Politik, wenn sie nicht an den existen-ziellen Fragen vieler Menschen vorbei lebenwill. Dies gelingt, wenn die Kirche hierbeiauch die richtige Sprache findet, durchaus„Klartext“ redet und auch in bestimmtenFällen Konflikte nicht scheut.

Angesichts der zunehmenden Privatisierungvon Religion muss die Kirche ihren Öffent-lichkeitsauftrag neu definieren und selbst-bewusster als bisher wahrnehmen. „Dieöffentliche Kirche muss selbstbewussteEigenständigkeit nicht nur gegenüber demStaat, sondern auch gegenüber der Wirt-schaft, den Medien und anderen gesell-schaftlichen Kräften entwickeln undbewahren.“(*)

(*) Wolfgang Huber, Kirche – Wohin?Aus: Glaube und Lernen,

10. Jahrgang, 1995 – S. 103

Kulturdes Helfens

Gerechtigkeit, Frieden undBewahrung der Schöpfung

17

1.1.3.7. Ökumenische Beziehungen

Die Kirche ist ihrem Wesen nach ökume-nisch, auf weltweite Gemeinschaft angelegt.Jede Ortsgemeinde existiert nur als Teil derweltweiten Christenheit, darum pflegenviele Gemeinden und Kirchenkreise partner-schaftliche Beziehungen zu Christinnen undChristen in allen Kontinenten, um imGlauben voneinander zu lernen und vomspirituellen Reichtum der ökumenischenPartner inspiriert zu werden. Ihre Lebens-verhältnisse und Probleme weisen häufigauf unsere Mitverantwortung zurück. Siefordern dazu heraus, in Fragen des Welt-handels, der Kapitalverflechtungen und derBündnisse der Machteliten uns parteilichauf die Seite der Armen und der ausgebeu-teten Natur zu stellen.

„Ökumenische Beziehungen sind wie Adernund Nerven, die alle Glieder des LeibesChristi miteinander verbinden und damitfür Austausch, Zirkulation und frischenSauerstoff sorgen.“ (Rainer Groth)

Zugleich muss aber auch der Abbau dertheologischen und organisatorischen Tren-nungen zwischen den Kirchen auf derTagesordnung bleiben. Die Einheit derKirche darf nicht nur Gegenstand von feier-lichen Bekenntnissen sein. Die Kirchenmüssen sich auch aufeinander zu bewegen,im gemeinsamen Gottesdienst und ingemeinsamen Aktionen.

Gott ist größer als alle menschliche Gottes-erkenntnis. Deshalb muss die Kirche auf derBasis gegenseitiger Achtung den Dialog derReligionen suchen und um der Menschenwillen konkrete Formen der Zusammen-arbeit vereinbaren. Der Dialog wird aber nurdann ernsthaft geführt, wenn dabei dieeigene Identität erkennbar und die Wahr-heits- und Machtfragen gestellt werden.

1.3.8. Priestertum aller Gläubigen

Die Kirche lebt von der Mitarbeit ihrerMitglieder. Nach reformatorischem Ver-ständnis sind die Christinnen und Christendurch die Taufe dazu berufen und ermäch-tigt, die Aufgaben der Kirche selbst zu über-nehmen, zu beraten und zu entscheiden.Dabei sollen Frauen und Männer, Junge undAlte aufgrund ihrer Begabungen und Fähig-keiten in den unterschiedlichen Aufgaben,Ämtern und Diensten gleichberechtigtzusammenarbeiten.

In der Praxis kann von einer Beteiligungs-kirche aber nicht immer gesprochen wer-den. In Deutschland hat sich die evangeli-sche Kirche in einem beunruhigendenAusmaß zur Kirche von haupt- und neben-amtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern entwickelt.

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen undMitarbeiter sind das größte Kapital derKirche – aber es gibt in der Kirche allenfallsin Ansätzen so etwas wie Mitarbeitenden-entwicklung und Mitgliederförderung.

„Die Zukunft der Gemeinden wird durch dasneue Gewicht und die neue Würdigungehrenamtlicher Arbeit bestimmt sein. Dasbesondere „Profil“ einer Gemeinde wird sichvorrangig an den Gaben ausrichten, die denGliedern dieser Gemeinde verliehen sindund die durch wechselseitige Ermutigunggeweckt und in Anspruch genommen wer-den. Aufgabe der Pfarrerinnen und Pfarrerwie anderer Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter wird es sein, solche Gaben zu entde-cken und zur Entfaltung zu bringen. DiePlanung von Vorhaben der Gemeinde wirdsich an den Gaben orientieren, die sichwecken und in Anspruch nehmen lassen –nicht umgekehrt.“ (*)

(*) Wolfgang Huber, Kirche in derZeitenwende, Gesellschaftlicher Wandelund Erneuerung der Kirche, Gütersloh 1998 – S. 327

Kirche ist weltweiteGemeinschaft

WechselseitigeErmutigung

18

22. Ausgangssituation

AusgangssituationKirche im UmbruchGesellschaftliche FaktorenBinnenkirchliche ProblemeHerausforderungen für die kirchliche ArbeitAkzeptanzkriseProfilkriseMitgliederentwicklungFinanzsituationStrukturprobleme und Reformstau

19202021222223232527

2. 2.1. 2.2.2.3.2.4. 2.4.1.2.4.2.2.4.3.2.4.4.2.4.5.

2.1. Kirche im Umbruch

Die evangelische Kirche befindet sich inihren Gemeinden und gemeinsamen Diens-ten in einer Umbruchsituation. Sie steht ineiner verschärften Konkurrenz. Sie musseinem gesellschaftlichen Wandel und Säku-larisierungsprozess begegnen, auf die umsich greifende religiöse Bindungslosigkeitund den Verlust an christlichen Werten rea-gieren und die eigenen Strukturen den ver-änderten Rahmenbedingungen anpassen.

2.2. Gesellschaftliche Faktoren

Um auf diese Situation angemessen zu rea-gieren, ist es unabdingbar, die gesellschaft-lichen Faktoren wahrzunehmen, die die reli-giöse Landschaft in den letzten Jahrzehntenmitgeprägt haben.

In Westeuropa ist die Säkularisierung amweitesten fortgeschritten. Nirgendwo sonsthaben die Religion und ihre Institutionen sosehr an privater und öffentlicher Bedeutungverloren. Das gilt insbesondere für diechristlichen Kirchen. Mit ihrer religiösenPraxis gelten sie in weiten Teilen als kultu-rell eher irrelevant. Der früher starke undoft auch problematische kirchliche Einflussauf das öffentliche Leben ist kaum nochwahrnehmbar. Dabei sind Religion undKirche aus dem Leben der meisten Men-schen nicht völlig verschwunden, aber inden Hintergrund gerückt. Bei Bedarf undbiografischen Anlässen werden sie wieder„hervorgeholt“.

Wissenschaftlich-technische Fortschritte,gestiegener Wohlstand und liberale Lebens-einstellungen haben die Möglichkeiten per-sönlicher Lebensgestaltung für vieleMenschen in Deutschland erweitert. Indivi-dualisierung und Pluralisierung sindwesentliche Kennzeichen der gesellschaft-lichen Entwicklung in den letzten Jahr-zehnten. Doch diese Entwicklung hat auch

ihre Kehrseiten: Einerseits sind die Chancengestiegen, ein eigenständiges Leben führenzu können, andererseits haben traditionelleSinnstützen aus Kirche, Familie und Berufihre selbstverständliche und entlastendeFunktion verloren. Die eigenen Lebensziele,Lebensformen und Lebensstile selbst wählenund verantworten zu sollen – das wird vonvielen auch als Überforderung empfunden.

Die Binde- und Prägekraft der Kirchen istin den letzten Jahren ebenso wie dieBereitschaft zu politischem oder sozialemEngagement spürbar zurückgegangen. DieNeigung, von den Institutionen Gebrauchzu machen, ohne etwas zu ihrer Erhaltungoder Erneuerung beizutragen, bekommenauch die Kirchen zu spüren.

Die stärkere Gewichtung von Selbstbe-hauptung und Selbstbestimmung ist einwesentliches Ergebnis des gegenwärtigenWertewandels. Dieser Trend wird unterstütztdurch die Dynamik der globalisiertenMarktwirtschaft, die zunehmend auch dasKlima der Gesellschaft prägt. Sie favorisiertWerte, die sich an Selbstdurchsetzung undindividuellem Vorteil orientieren. Auf demMarkt muss sich alles rechnen. Die Normen,die der Selbstentfaltung und Selbstbehaup-tung Grenzen setzen, verlieren ihre Selbst-verständlichkeit. Nicht nur junge Menschenleben heute eher einen ideologiefreienPragmatismus, als sich an Ideen und Idealezu binden.

Auch im Verhältnis zur Kirche muss heutedie Kosten-Nutzen-Relation stimmen. Offenwird gefragt: Was bringt mir die Kirche?Was habe ich davon? Wenn diese Fragekeine befriedigende Antwort findet, wirdder Austritt erwogen.

Das Christentum ist auf die generatio-nenübergreifende Weitergabe seiner Glau-bensinhalte und seiner religiösen Praxisangewiesen. Doch die Familien sind in

2. Ausgangssituation

20

Kirche in Konkurrenz

Säkularisierung undWertewandel

Deutschland weitgehend zu Orten religiöserSprachlosigkeit und auffallender Hilflosig-keit bei der Vermittlung von religiösenÜberzeugungen geworden. War die Familiefrüher primärer Ort für die Tradierung desChristentums, so fällt diese Aufgabe immermehr der Kirche selbst zu. Letztlich kann dieVermittlung von Christlichem aber nichtgelingen, wenn sie nicht durch eine sozialeGemeinschaft getragen wird.

Die Bundesrepublik Deutschland ist inden letzten Jahrzehnten zu einem multikul-turellen und auch zunehmend multireligiö-sen Land geworden. Der Zuzug vonMenschen anderer christlicher Prägungen(z.B. aus Russland oder Kasachstan), derZuzug von Menschen fremder religiöserHerkunft (z.B. Islam, Buddhismus, Hindu-ismus) fällt bei uns in eine Situation, in derTraditionsabbrüche und Säkularisierungs-prozesse eine wesentliche Rolle spielen. Soist es nicht mehr das eigentliche Problem,wie verschiedene religiöse Überzeugungennebeneinander existieren können, sonderndass die Konfrontation mit anderen Religio-nen in Deutschland in einer säkularisiertenGesellschaft erfolgt. Die dadurch bedingtereligiöse Indifferenz erschwert einen echtenDialog.

Zunehmend prägen die Medien unserBild von der Welt. Bild- und Zeichenkulturersetzen Wortkultur. Die Medienumwelt unddie immer selbstverständlichere Compu-terisierung des Alltags bestimmen immermehr die Kommunikation und die Arbeits-prozesse, aber auch das Erleben und dieAneignung der Wirklichkeit.

Auf allen Lebensgebieten expandiert dasWissen mit kaum vorstellbarer Intensitätund Geschwindigkeit. Alle zwei bis fünfJahre verdoppelt sich die Gesamtheit desFachwissens in vielen Arbeitsbereichen. Einmehrfacher Wechsel der Tätigkeitsfelderwird das künftige Berufsleben kennzeich-

nen. Doch die Wissens- und Informations-gesellschaft verschärft zugleich die sozialenGegensätze. Wissen vergrößert den Abstandzwischen den Erfolgreichen und den ande-ren. Und: Die ständige Informationsflutproduziert paradoxerweise Orientierungs-losigkeit. Je mehr wir wissen, um so weni-ger wissen wir, was wichtig und wasunwichtig ist.

Dank der niedrigen Wochenarbeitszeitund des relativen Wohlstands bei denen, dieArbeit haben, leben wir in einerFreizeitgesellschaft mit hohem Konsum undstarkem Mobilitäts- und Erlebnisdrang. Dieeigene Freizeit hat für die meistenMenschen einen immer höheren Stellenwerterhalten. Viel stärker als früher kollidierendaher kirchliche Veranstaltungen undAngebote mit den Freizeitinteressen weiterBevölkerungskreise.

2.3. Binnenkirchliche Probleme

Die genannten gesellschaftlichen Tenden-zen werden die Arbeit der Kirche auch inZukunft beeinflussen. Sie sind nicht einfachumkehrbar, müssen aber bei allen kirch-lichen Veränderungsprozessen mit berück-sichtigt werden.

Zu diesen Rahmentrends kommen aber fürdie evangelische Kirche hausgemachteProbleme hinzu, für deren Lösung sie alleinzuständig ist, auch wenn es sich dabei umlängerfristige Entwicklungen handelt:

Selbstsäkularisierung

„Auf den Prozess gesellschaftlicher Säkula-risierung hat die evangelische Kirche inhohem Umfang mit einem Prozess derSelbstsäkularisierung geantwortet.“(*) Dieethischen Forderungen der Religion wurdenzum dominierenden Thema. Die Gottesfrageund die Begegnung mit dem Heiligen tratendagegen in den Hintergrund. Häufig genug

2.

21

(*) Wolfgang Huber, Auftrag und Freiheitder Kirche in der pluralistischen Gesell-schaft, in: Rudolf Weth (Hrsg.), Was hatdie Kirche heute zu sagen?, Neukirchen-Vlyun, 1998 – S. 17

Medienwelt undFreizeitgesellschaft

Hausgemachte Probleme

wurde die kirchliche Arbeit als Dienst-leistung an der säkular gewordenen Gesell-schaft verstanden – ohne missionarischeAbsichten. So lebt die Kirche heute weitge-hend von der Abwärme einer Energiequelle,für deren Fortbestand sie nicht hinreichendsorgt.

Komm-Struktur

Die kirchliche Arbeit wird immer noch zusehr von der Erwartung bestimmt, dassMenschen zur Kirche kommen und nicht dieKirche zu den Menschen geht. Eine solcheHaltung wird den Ansprüchen derMitglieder nicht gerecht, die „Kirche beiGelegenheit“ suchen, aber sich nicht aufDauer vereinnahmen lassen wollen.

Milieuverengung

Vor allem in den Gemeinden hat sich dieKirche mit viel Kraft und Zeit für die An-liegen und Bedürfnisse von Kindern undälteren Menschen eingesetzt. Darin wird siesehr geschätzt. Manchmal führt die Kon-zentration auf diese Altersgruppen und be-stimmte gesellschaftliche Milieus dazu, dassandere Mitgliedergruppen nur wenige An-gebote bekommen. Kirchliches Gemeinde-leben wächst, wenn es für alle als einladenderfahren wird.

Binnenorientierung

Ein Großteil der kirchlichen Arbeit dient derPflege des innerkirchlichen Betriebs – mitausgeprägten inneren Beteiligungsver-fahren und dem Hinauszögern von klarenund zügig umzusetzenden Entscheidungen.

Innere Distanz

Von einem selbstverständlichen Wir-Gefühlsind wir in der evangelischen Kirche nochweit entfernt. Nicht erst die gegenwärtigenStrukturveränderungen haben bei vielen

Mitarbeitenden zu einer inneren Distan-zierung von der „Amtskirche" geführt, inder sie aber doch arbeiten und von der siebezahlt werden.

Auch das Beharren auf ausgeprägtem„Kirchturmsdenken“ führt dazu, dassgesamtkirchliche Ziele und Synodalbe-schlüsse nicht mitgetragen werden. Parti-kulare Gruppen-, Verbands- und Betroffen-heitsinteressen haben sich herausgebildet.Verbindliche Übereinkünfte, Identifikationmit den gemeinsamen Zielen und Loyalitätauch mit anderen als den eigenenArbeitsbereichen sind für die Mitarbeit inder evangelischen Kirche unumgänglich.

2.4. Herausforderungen für diekirchliche Arbeit

Ohne Zweifel weht zurzeit der Kirche derWind ins Gesicht. Nicht nur in der kirch-lichen Öffentlichkeit, auch in den Medienwird derzeit offen von einer „Krise“ derKirche gesprochen.

Eine Krise – das ist inzwischen eine Binsen-weisheit – ist aber auch eine Chance. Siezeigt nicht nur, was bisher falsch gelaufenist, sondern ist auch ein Signal, dass es sonicht weitergehen kann, und bietet deshalbeine realistische Chance für Veränderungen.

2.4.1. Akzeptanzkrise

Die evangelische Kirche steckt wie andereInstitutionen auch in einer Akzeptanzkrise.Religiöse Orientierung, Entscheidung überKirchenzugehörigkeit bzw. Art der Kirchen-bindung sind in unserer Gesellschaft wie niezuvor zur Sache individueller Entscheidunggeworden. „Die Regie der Kirchenbeziehungliegt nicht mehr bei der Kirche, sondern beiden Bürgern.“ (*) Damit ist nicht unbedingteine Abkehr vom Christentum verbunden.Viele können aber die traditionellen christ-lichen Lehraussagen nicht mehr mit ihren

2. Ausgangssituation

22

(*) Paul M. Zulehner, Pastoraltheologie,Band 1, Düsseldorf 1989 – S. 202

Prozess der Selbst-

säkularisierung

Krise als Chance

alltäglichen Lebenseindrücken zusammen-bringen und machen sich daher einen„eigenen religiösen Reim“ auf die Fragenund Erfahrungen, mit denen sie zu tunbekommen.

Die beiden Großkirchen haben ihre Mono-polstellung in Religionsfragen verloren. Esgibt einen nie da gewesenen „Markt derMöglichkeiten“ im Blick auf religiöse undkirchliche Orientierungen. Eine große Zahlvon Menschen nimmt diese Angebotejedoch gar nicht wahr, sondern wandert ausin ein „religiöses Niemandsland“.

Damit verbindet sich eine Distanzierungvon der Institution Kirche. Sie ist in Groß-städten stärker als in ländlichen Gebieten,bei jüngeren Menschen ausgeprägter als beiälteren. Alle Institutionen befinden sichheute in einer Akzeptanzkrise. Da geht esden Kirchen nicht besser als den Parteien,den Gewerkschaften oder der Schule.

Unübersehbar hat die Kirche an Einfluss inder Gesellschaft verloren. Das belegen nichtnur die Streichung des Buß- und Bettagesals gesetzlich geschütztem Feiertag und dieDiskussionen um den Religionsunterrichtoder die Sonntagsarbeit, sondern auchÄußerungen einer „neuen Generation“ inden Schaltstellen von Politik, Wirtschaftund Verwaltung, die Religion zur Privat-sache erklären.

2.4.2. Profilkrise

Die evangelische Kirche hat eine Profilkrise.In den letzten Jahrzehnten hat sich diekirchliche Arbeit in einem hohen Maße aus-differenziert: Jugendarbeit, Schuldnerbera-tung, Mini-Gruppen, Evangelische Akade-mien, Basarbasteln, Arbeitsloseninitiativen,Mediotheken, Ehe- und Familienberatung, Se-niorenfreizeiten, Schularbeitenhilfe, Kirchen-asylgruppen, Frauenhilfe, Kulturarbeit, Tele-fonseelsorge – das Bild der Kirche ist bunter,

offener, vielfältiger geworden. Der Kirchen-tag mit seiner bunten Palette von Ange-boten ist zum Symbol einer aus der Engetraditioneller Formen aufbrechenden Kirchegeworden. Die Kirchenleitungen haben esals ihre Aufgabe betrachtet, dieser Vielfaltmit neuen Arbeitsbereichen und kirchlichenEinrichtungen gerecht zu werden.

Es ist jedoch nicht gelungen, die vielfältigenAktivitäten nach innen und außen so zuverknüpfen, „dass wirklich erlebbar würde,welchen weitreichenden Dienst die Kirchefür das Leben der einzelnen Menschen undfür die Gestaltung unserer Gesellschaft leis-tet“ (*1).

Viele Menschen fühlen sich vom pluralenErscheinungsbild der Kirche nicht mehrangesprochen. Aus der liebenswerten bun-ten Vielfalt ist die Profillosigkeit geworden.Es ist nicht erkennbar, wofür wir mit diesenAngeboten als Kirche eigentlich stehen.

Dabei darf die Kirche sich nicht auf diePflege binnenkirchlicher Strukturen zurück-ziehen, sondern stellt sich der Tagesordnungder Welt und gewinnt darin Profil. Pluralitätund Profil gilt es zusammenzuführen undzusammenzuhalten: „Als Helferin in der Un-übersichtlichkeit der aktuellen Lebensweltmuss unsere Kirche sich selbst Vielfalt leistenund darstellen können.“ Und: „Um auf demgesellschaftlichen Marktplatz unseren Bei-trag einbringen zu können, müssen wir alsevangelische Kirche erkennbar, identifizier-bar sein.“ (*2)

2.4.3. Mitgliederentwicklung

Die Statistik für die Evangelische Kirchevon Westfalen weist stetig sinkende Mit-gliederzahlen aus.

Anfang 1998 waren es 2.834.260 – unddamit fast genauso viel wie 1950. Den höch-sten Mitgliederstand hatte die westfälische

2.

23

(* 1) Fremde Heimat Kirche, s. o. S. 354(*2) Präses Manfred Sorg, Verhandlungen der Landessynode 1996 – S. 36

Als Kircheerkennbar sein

Kirche übrigens 1969: Damals zählte man3,68 Millionen. Seitdem war in knapp dreiJahrzehnten ein kontinuierlicher Rückgangum fast 850.000 Mitglieder zu verzeichnen.

Drei Faktoren haben – im Laufe der Jahrezu unterschiedlichen Anteilen – dazu beige-tragen: – der „demographische Faktor“ – das

Zahlenverhältnis von Getauften undVerstorbenen,

– die Wanderungsbewegung – das Verhält-nis von Wegzügen zu Zuzügen,

– das „aktive Mitgliedschaftsverhalten“ –der Saldo von Austritten und Eintritten.

Alle Zahlen für diese Faktoren weisen seit1970 negative Vorzeichen auf. Mit einerAusnahme: In den letzten zehn Jahren hatdie westfälische Kirche einen jährlichenWanderungsgewinn zu verzeichnen, derdurch den starken Zuzug evangelischerSpätaussiedler verursacht wurde und derjetzt erkennbar zu Ende geht.

Für den „demographischen Faktor“ galt inden letzten zehn Jahren die Faustformel,dass pro Jahr in der westfälischen Kirchegut 10.000 mehr Menschen sterben alsgetauft werden (1998 waren es genau10.003). Entgegen anders lautender Vermu-tungen ist die Bedeutung dieses Faktorsnicht gestiegen, im Gegenteil. Von 1975 bis1985 war der Sterbeüberschuss rund an-derthalbmal so hoch. In der Entwicklungdieser Zahlen spiegeln sich einerseits dietatsächlichen Stärken der einzelnen Ge-burtsjahrgänge wider und andererseits diesteigende Lebenserwartung.

Die Austrittszahlen aus der EvangelischenKirche von Westfalen pendelten bis 1990 ineiner gewissen Bandbreite um die 10.000pro Jahr – und das 15 Jahre lang.

Mit der Einführung des Solidaritäts-zuschlages verdoppelten sich die Austritte

schlagartig von einem Jahr zum nächsten(1990 gab es 11.622, 1991 waren es 23.427Austritte). Der Höhepunkt lag 1992 mit25.177. 1998 wurden 17.133 Austritteregistriert, dagegen standen 5.641 Kirchen-eintritte. Seit über 20 Jahren steigt die Zahlder Eintritte langsam, aber kontinuierlich(1974 traten 1.796 Menschen ein). Statis-tisch werden als „Eintritte“ auch Jugend-liche gerechnet, die sich im Zusammenhangmit ihrer anstehenden Konfirmation taufenlassen – sofern sie bei der Taufe das 14. Le-bensjahr vollendet haben.

Bis 1990 war für den jährlichen Rückgangder Mitgliederzahlen der „demographischeFaktor“ der weitaus wichtigste, seit 1991 istes der Saldo zwischen Aus- und Eintritten,wobei sich in den letzten drei Jahren dieseFaktoren annähern.

Die Mitgliederentwicklung der EKvW inner-halb der Städte und Kreise bis zum Jahr2015 zeigt ein äußerst differenziertes Bild.Die Bandbreite reicht von 15 % Wachstumim Kreis Coesfeld bis zu einem Rückgangum 30 % in Dortmund.

Die grafische Darstellung veranschaulichtdie regional völlig unterschiedliche Ent-wicklung.

Die differenziert – aber insgesamt eindeutignegativ – verlaufende Mitgliederentwicklungin der EKvW muss Konsequenzen auf allenEbenen haben. An der demographischen Ent-wicklung ist von der kirchlichen Seite aller-dings keine Änderung möglich. Unsere Kirchekann jedoch einladend auf konfessionslose,ausgetretene oder kirchlich distanzierte Men-schen zugehen, um sie zum (Wieder-)Eintrittzu bewegen oder neue Bindungen zu stiften.

2.2. Ausgangssituation

24

25

2.4.4. Finanzsituation

Finanziell ist die Evangelische Kirche vonWestfalen nicht arm, vor allem nicht imökumenischen Vergleich. Aber sie hat zur-zeit große Probleme, die in den vergange-nen Jahrzehnten aufgebaute Arbeit zufinanzieren und alle in der KircheBeschäftigten angemessen zu bezahlen.

Seit 1992/1993 wird es für alle Landes-kirchen immer schwieriger, den eigenenHaushalt auszugleichen. Die Gründe für diejährlichen Mindereinnahmen der Kirche lie-gen in der hohen Arbeitslosigkeit undgeringen Lohnzuwächsen, der verändertenSteuerpolitik des Staates, in der für dieevangelische Kirche ungünstigen demogra-phischen Entwicklung und schließlich in

den Kirchenaustritten derjenigen, die kir-chensteuerpflichtig sind. Hinzu kommennoch die finanziellen Kosten der kirchlichen Vereinigung von Ost und West. Zur Zeitsind es nur noch knapp 30 % derKirchenmitglieder, die überhaupt Kirchen-steuer zahlen – eine Zahl, die auch beiKirchenkritikerinnen und -kritikern immerwieder Erstaunen auslöst.

Die finanzielle Situation der EvangelischenKirche von Westfalen wird aber auch davonbestimmt, dass die seit 1985 bekannte, fürdie EKvW problematische demographischeEntwicklung nicht rechtzeitig genug in einevorausschauende und bezahlbare Personal-planung umgesetzt wurde.

20,0

15,0

10,0

5,0

0,0

-5,0

-10,0

-15,0

-20,0

-25,0

-30,0

-35,0

Gesamteffekt in %

Höxter/Lüdge

Borken

Paderborn

Coesfeld

Dortm

und

Hagen

Gelsenkirchen

Ham

m

Herne

Bochum

Bottrop

Ennepe-Ruhr

Recklinghausen

Märkischer Kreis

Bielefeld

Unna

Herford

Münster

Siegen-Wittg.

Minden-Lüb.

HSK

Soest

Gütersloh

Olpe

Warendorf

Steinfurt

-30,0

-29,7

-28,9

-27,3

-27,1

-25,6

-23,5

-22,7

-21,1

-18,3

-17,4

-15,1

-12,6

-11,8

-10,5

-10,0

-9,2

-8,7

-7,7

-7,5

-6,5

-0,8

0,7

4,7

10,1

15,0

EKvW-Mittel:-16,2 %

Mitgliederentwicklung in der EKvW bis 2015(gegliedert nach Kreisen,kreisfreien Städten)

2. Ausgangssituation

26

1000

900

800

700

600

500

400

300

2001990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000

Angaben in Mio. DM

Kirchensteuer Soll-Aufkommen Kirchensteuer Ist-Aufkommen

Die EKvW hat in den Jahren 1970 bis 1997ca. 20 % ihrer Mitglieder verloren, in dieserZeit aber ihre Beschäftigtenzahl um fast90 % erhöht.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass über langeZeit den sinkenden Mitgliederzahlen stei-gende Einnahmen aus Kirchensteuermittelngegenüberstanden. Dieser Trend ist aller-dings bereits seit einigen Jahren gebrochen(vgl. nachfolgende Abbildung).

Bezogen auf das Ausgangsjahr 1992, indem die EKvW mit 933,1 Mio. DM dashöchste Kirchensteueraufkommen hatte, istdie Finanzkraft der EKvW nahezu kontinu-ierlich gesunken.

1973 1997 Veränderung

32.524 61.037 +87,7%

18.027 24.024 +33,3%

1.498 2.258 +50,7%

Entwicklung derBeschäftigten in derEKvW in den Jahren

1973/1997Quelle: Statistik

des LKA

Beschäftigte im kirchlichen und diakonischen Dienst

Beschäftigte im kirchlichen Dienst (verfasste Kirche)

Theologinnen und Theologen

2.

27

Die Finanzlage bleibt perspektivisch ange-spannt, auch wenn in dem einen oder ande-ren Haushaltsjahr eine vorübergehende leichteErholung eintritt (wie z. B. 1999). Langfristigentscheidend bleibt die demographische Ent-wicklung bei den erwerbstätigen Kirchen-mitgliedern. Und diese ist deutlich rückläufig.

Der erhebliche Einfluss der Mitgliederent-wicklung auf die Finanzsituation wirddurch folgende Beispielrechnung deutlich:

Im Mittel zahlt in der EKvW (Stand: 1999)jedes Kirchenmitglied ca. 326 DM Kirchen-steuer im Jahr. Der prognostizierte Mit-gliederrückgang von ca. 450.000 Mitglie-dern bis 2015 bedeutet somit rechnerischeinen Rückgang der Einnahmen von bis zuca. 150 Mio. DM bis zum Jahr 2015.

Diese ungünstige Entwicklung wird durchzwei weitere Trends noch verstärkt:

Solidaritätszuschlag und Steuerreformenhaben gezeigt, dass die überwiegende Zahlder ausgetretenen Mitglieder auch Kirchen-steuer gezahlt hat.

Der Anteil der alten Menschen in derGesellschaft und in der Kirche wächst stän-dig, d. h., die Zahl derer, die tatsächlich auchKirchensteuern zahlen, nimmt ständig ab(siehe Grafik).

2.4.5. Strukturprobleme undReformstau

Die in den vorangegangenen Kapiteln be-schriebenen Krisen und Herausforderungenhaben gezeigt, dass die rasanten gesell-schaftlichen Entwicklungen auch vor derEKvW nicht Halt machen: Der deutlicheRückgang der Mitglieder, zunächst ein An-stieg der Kirchensteuermittel, aber seit Mitteder 90er Jahre auch hier deutliche Rückgän-ge, das zurückgehende Beteiligungsverhalten

80.000

70.000

60.000

50.000

40.000

30.000

20.000

10.000

01962 1972 1982 1992 2000 2010 2020 2030 2040

Ist-Stände Vorausberechnung

� Evang. Kirchenmitglieder� Kirchenmitglieder im erwerbsfähigen Alter• Gesamtbevölkerung

Jahrgang

in 1.000

2. Ausgangssituation

28

an kirchlichen Angeboten, die deutlichhöhere Bereitschaft, aus der Kirche auszu-treten, sind nur einige wenige Eckpunkte.Dem gegenüber stehen allerdings im glei-chen Zeitraum steigende Zahlen von Stellenfür hauptamtlich Mitarbeitende einschließ-lich Pfarrstellen, steigende Zahlen vonKirchengemeinden und steigende Zahlenvon Predigtstätten und Gemeindehäusern.Die bisherige strukturelle Entwicklung ver-läuft also völlig gegenläufig zur Entwick-lung der entscheidenden Rahmenbedin-gungen. Den Rückgängen vor allem imRuhrgebiet stehen allerdings auch wachsen-de Gemeinden im Münsterland, Paderbornund Hochsauerlandkreis gegenüber.

Insgesamt jedenfalls gilt, dass eine Mehr-zahl der Kirchenkreise mit teilweise sehrdrastischen Einbrüchen der durchschnitt-lichen Gemeindegliederzahl rechnen muss.

Schon jetzt bestehen die Kirchengemein-den der EKvW zu drei Vierteln (ca. 500) aus Ein- bzw. Zwei-Pfarrstellengemeinden. Diekleinsten westfälischen Kirchengemeindenhaben 500 Gemeindeglieder, die größte über29.000.

Fragt man nach den Gründen für dieEntstehung der kleinen Gemeinden, wird oftdie ländliche Struktur oder die besondereDiasporasituation angeführt. Dies ist statis-tisch allerdings nicht nachweisbar:

Unabhängig von der historischen Ent-wicklung sind die vorhandenen großenUnterschiede von Gemeindegrößen, Pfarr-stellenzahlen etc. zumindest nicht eindeutigmit den traditionellen Faktoren Stadt/Landoder Diaspora/Kerngebiet zu erklären.Besonders auffällig ist, dass im Hinblick aufdie Gemeindegröße weder ein Stadt-Land-Gefälle noch ein Diaspora-Kerngebiet-Gefälle zu erkennen ist. Vielmehr scheinenregionale Traditionen und andere Kriterieneine wichtige, aber kaum abbildbare Rolle

zu spielen. So fallen im Hinblick auf dierecht kleine durchschnittliche Pfarrbezirks-größe etwa die Regionen Paderborn/Höxter– Hochsauerlandkreis – Märkischer Kreis –Olpe auf.

Ein deutliches Stadt-Land-Gefälle hingegenzeigt sich vor allem im Hinblick auf 1. denFunktionspfarrstellenanteil und 2. das Aus-trittsverhalten:

1. In Ballungsräumen gibt es im Verhältniszu den Gemeindepfarrstellen wesentlichmehr Funktionspfarrstellen als in den länd-lichen Regionen. Wesentliche Ursachendafür sind sicherlich zum einen die größereräumliche Nähe und damit die bessereErreichbarkeit übergemeindlicher Angeboteund zum anderen die größere Notwen-digkeit und Akzeptanz spezialisierter Diens-te in der Konkurrenz zu anderen nichtkirch-lichen Angeboten.

2. Diese Konkurrenzsituation spiegelt sichauch im Hinblick auf das Austrittsverhaltenwider: Die positive Identifikation mit derwestfälischen Kirche ist in den wesentlichanonymeren Sozialstrukturen der Ballungs-räume deutlich geringer als auf dem Lande,wo „die Kirche noch mitten im Dorf“ ist.

Auch im Hinblick auf die Kreissynoden sindstrukturelle Veränderungen erforderlich. Sohaben bereits heute 11 Kreissynoden mehrals 150 Mitglieder. Bei dieser Größen-ordnung ist die Arbeitsfähigkeit der Synodestark eingeschränkt. Darüber hinaus zeigtdie Vielzahl von Synodalbeauftragungenund Ausschüssen zwar ein reiches Bildkirchlicher Aktivitäten, macht ein zielorien-tiertes strategisches Handeln jedoch fastunmöglich.

StrukturelleEntwicklungen verlau-

fen gegenläufig zu denRahmenbedingungen

33. Mitgliederorientierung

MitgliederorientierungEin Beispiel zur Einführung…Wachsen gegen den Trend – Es geht um drei SchritteWas heißt Mitgliederorientierung?Theologische AspekteDas „Gespräch auf Augenhöhe“Arbeitsorganisatorische AspekteWas verhindert derzeit mehrMitgliederorientierung?Formen der Wahrnehmung vonKirchenmitgliedschaftMitgliederorientierte AngeboteGrundangebotDifferenziertes ProgrammMitgliederorientierte kirchliche Arbeit

2930

3030303131

31

3233333334

3.3.1.3.2.

3.3.3.3.1.3.3.2.3.3.3.3.4.

3.5.

3.6.3.6.1.3.6.2.3.7.

3.1. Ein Beispiel zur Einführung …

Die Kirche hat einen großen Nachholbedarfin der Wahrnehmung und Wertschätzungaller ihrer Mitglieder. Es gehört zu den„hausgemachten“ Problemen der Kirche,dass sie den Erwartungen derjenigenMitglieder, die sich nicht der Kerngemeindezurechnen möchten, oft verständnislos undreglementierend begegnet. Die Kirche prä-sentiert sich ihren Mitgliedern oft alsBehörde, die den Erwartungen ihrer Mit-glieder unter Maßgabe eines (oft nur schwernachvollziehbaren) Regelkatalogs nach-kommt. Mitglieder reagieren darauf mit

zunehmender Entfremdung bis hin zumAustritt aus der Kirche. Neue Mitgliederwerden so gar nicht gewonnen.

3.2. Wachsen gegen den Trend – Es geht um drei Schritte:

Die Verwirklichung von mehr Mitglieder-orientierung, um allen derzeitigen Mitglie-dern wieder eine positive Wahrnehmungihrer Mitgliedschaft zu ermöglichen: „Ichbin gern in der Kirche!“

Die Wiedergewinnung von Mitgliedern,die in der Vergangenheit ausgetreten sind.

Die Gewinnung von Menschen, die nochnie Mitglied einer evangelischen Kirchewaren.

Der erste Schritt ist der schwerste. Mit ihmkann die Kehrtwende eingeleitet werden.Die weiteren Schritte müssen dann nachund nach folgen. Deswegen steht imVordergrund der weiteren Überlegungen die„Mitgliederorientierung“!

3.3. Was heißt Mitglieder-orientierung?

3.3.1. Theologische Aspekte

Das Evangelium erreicht, begleitet undbewegt mehr Menschen, als Hauptamtlicheoder kirchlich Engagierte in der kirchlichenBinnenorientierung oft wahrnehmen. Esgehört zum Auftrag der Kirche, die dasEvangelium allen Menschen auszurichtenhat, diesen Menschen und ihren Glaubens-formen nachzuspüren und nachzugehen.

Mitgliederorientierung bedeutet, alle christ-lich geprägten Einstellungen und Denk-muster, die dem eigenen Alltag Sinn geben,wahrzunehmen und zu respektieren.

3. Mitgliederorientierung

30

Die Eltern melden im Gemeindebüro ein Kind

zur Taufe an. Das heißt, sie versuchen, ihr

Kind zur Taufe anzumelden. Als erstes erhal-

ten sie die Telefonnummer des zuständigen

Pfarrers. Nach einigen Versuchen erreichen

sie ihn schließlich. Sie erfahren, dass ein

„Tauftermin“ erst in einigen Wochen möglich

ist. Sie möchten aber nicht so lange warten

und schlagen vor, ob nicht auch ein

Taufgottesdienst am Samstagnachmittag

denkbar wäre. Solch eine Regelung ist ihnen

aus einer anderen Gemeinde bekannt. Der

Pfarrer lehnt diesen Vorschlag kategorisch ab.

Die Taufe sei aus theologischem Verständnis

ein Akt der Gemeinde. Deshalb sei eine fami-

lienbezogene Feier gegen den Geist des

Evangeliums. Die Familie kann dieses

Argument nur schwer nachvollziehen. Die

sonntägliche versammelte Gemeinde ist ihr

noch fremd. Mit den Eltern aus ihrer

Krabbelgruppe könnten sie sich eher einen

schönen Taufgottesdienst vorstellen. Sie

haben Angst, dass das Kind am Sonntag-

morgen stört. Und sie möchten nicht noch

Wochen warten. Da Eltern und Pfarrer keinen

Kompromiss finden, nehmen die Eltern

Abstand von ihren Plänen und suchen eine

Möglichkeit in einer anderen Gemeinde. Als

sie den Pfarrer um das Dimissoriale bitten,

spüren sie seine Verärgerung.

Wahrnehmung und Wertschätzung

aller Mitglieder

Mitgliederorientierung bedeutet auch, alleMitglieder der Kirche als Christinnen undChristen wahrzunehmen und nicht nur die,die sich von selbst melden oder in besonde-rer Weise einbringen.

Mitgliederorientierung bedeutet in diesemZusammenhang nicht, es den Mitgliedern inallem und jedem recht machen zu wollen.Das Angebot der Kirche ist nicht beliebig.

3.3.2. Das „Gespräch auf Augenhöhe“

Nur wer mit den Menschen im persönlichenKontakt steht, weiß auch, was sie bewegtund angeht. Den Glauben im Gespräch zuhalten ist eine wichtige Perspektive der Mit-gliederorientierung.

Mitgliederorientierung ergibt das Bild einerauf Charismen, Begabungen und Fertigkei-ten angewiesenen Kirche, die sich an ihrenMitgliedern erfreut. Die Mitgliederorien-tierung der Kirche erfordert ein verlässlichesAngebot kirchlicher Präsenz, um dasGespräch auf Augenhöhe zu ermöglichen.

3.3.3. ArbeitsorganisatorischeAspekte

Es müssen zukünftig verstärkt differenzier-te Angebote entwickelt werden. Kirchen-gemeinden und kirchliche Einrichtungenbrauchen ein Grundangebot und differen-zierte Angebote, die die unterschiedlichenErwartungen der Menschen vor Ort aufneh-men. Diese Differenzierung der Angebotebedarf allerdings klarer und überschaubarerStrukturen, damit Mitglieder nicht von„Pontius zu Pilatus“ laufen oder telefonie-ren müssen. Klare Strukturen verlangenzentrale und erreichbar dezentrale Ange-bote und Informationswege.

Dies allerdings zeigt: Mitglieder mit Erwar-tungen machen auch Arbeit! Diese Erkennt-nis hat Konsequenzen auf der strukturellenEbene. Die kirchliche Angebotsstrukturmuss Kontaktflächen ermöglichen undInformationsangebote vor Ort bereithalten.

3.4. Was verhindert derzeit mehr Mitgliederorientierung?

In dem oben geschilderten Beispiel ist dietheologische Argumentation des Pfarrers inder Perspektive der Taufeltern unverständ-lich. Denn auch bei ihnen besteht derWunsch nach Gemeinschaft und Gemeinde.Nur ist für diese Familie eben nicht dieSonntagsgemeinde im Blick, sondern dieGemeinschaft der Krabbelgruppe. Hier dieeine Gruppe höher zu bewerten als dieandere bedeutet faktisch eine Abstufung derMitgliedschaft: Nur wer auch sonntagskommt, ist vollgültiges Mitglied.

Darüber hinaus ist der Gemeindebezugnicht der einzige Aspekt im Taufverständnisunserer Kirche. Wenn in einer Gemeinde derGemeindebezug derart in den Vordergrundgestellt wird, sollte es eine Selbst-verständlichkeit sein, anderen ErwartungenWege aufzuzeigen und z. B. einen Kontaktzu einer anderen Gemeinde zu vermitteln.

Vielleicht hat der Pfarrer ja am Samstagkeine Zeit. Oder es fehlt an einem Orga-nisten. Auch kann er offenbar keine ver-bindliche Auskunft etwa über die Angeboteder Nachbargemeinde geben.

Organisatorische Hemmnisse kommen vorund sind auch nicht zu verhindern. Sie soll-ten dann aber auch als solche behandeltwerden. Auf jeden Fall sollte den ElternHilfestellung gegeben werden, ihrenTaufwunsch zu realisieren. Dies setzt dieWahrnehmung ihrer eigentlichen Interessenvoraus.

31

3.Gespräch aufAugenhöhe

3.5. Formen der Wahrnehmung vonKirchenmitgliedschaft

Mitglieder unserer Kirche nehmen ihreBeteiligung an kirchlichen Angebotenbereits heute auf sehr unterschiedlicheWeise wahr. Hilfreicher als die pauschaleund wertende Unterscheidung zwischen„Kerngemeinde“ und „Distanzierten“ ist esdarum, die verschiedenen Mitgliedschafts-formen genauer wahrzunehmen und res-pektierend zur Kenntnis zu nehmen. DieseMitgliedschaftsformen sind nicht alternativzu verstehen, sondern werden von einigenPersonengruppen durchaus kombiniert.Veränderte Lebensumstände oder besondereSituationen in der Biographie können etwadazu führen, dass sich die Intensität derBeteiligung verändert und eine andere Formgesucht wird.

1. Biographisch orientierte, an Lebens-situationen/-stationen wahrgenommeneBeteiligung (kirchenbezogene Beteiligung)

Amtshandlungen und herausragendeGottesdienste im Jahreslauf (z. B. Heilig-abend) werden als kirchliche Angebotegeschätzt und erwartet. Die Teilnahme amReligions- und Konfirmandenunterricht istselbstverständlich. Kirchliche Begleitung inbesonderen Lebenssituationen (Kranken-haus, Altenheim) wird gewünscht.

2. Beteiligung an Kirche als dem unmittel-baren sozialen Lebensraum (ortsgemeindli-che Beteiligung)

Hierbei handelt es sich vorwiegend um dieregelmäßige Teilnahme an Angeboten wiedem Sonntagsgottesdienst oder Treffen inGruppen (Vereine und Verbände, Frauenhilfe,Chöre, Bibelkreise, Krabbel- oder Jugend-gruppen, Gemeindecafés etc.). Sie sind vorallem für die Mitglieder attraktiv, die räum-lich an ihren Wohnort gebunden sind.Insbesondere die Gruppenangebote leben

von dem oft jahrelangen hohen Einsatzehrenamtlich tätiger Gemeindeglieder.

3. Sachbezogene Beteiligung in Gruppen,die nicht unbedingt an den Wohnortgebunden sind

In dieser Beteiligungsform steht dasgemeinsame thematische Interesse vonGleichgesinnten im Vordergrund. Für Pro-jekte oder Gruppen wie spezielle kirchen-musikalische Projekte, Asylgruppen oderInternetcafés werden unter Umständenweite Wege in Kauf genommen.

4. Ortsunabhängige Beteiligung anGruppen mit eigenem Frömmigkeits- und Lebensstil

Über ein gemeinsames Interesse an einembestimmten Thema hinaus gehen Gruppen,die sich auf einen bestimmten Frömmig-keits- und Lebensstil verpflichten, z. B.Kommunitäten, Hauskreise oder christlicheInitiativgruppen wie „Suppenküchen“.

5. Kompetenz- und angebotsorientierteBeteiligung im Bildungs- und Kultur-bereich, in Beratung und Diakonie

Für diese Beteiligungsform ist Kompetenzder entscheidende Faktor. Angebote vonDiakoniestationen und Beratungsstellenwerden als professionelle Dienstleistungverstanden, die punktuell wahrgenommenund gegebenenfalls bezahlt werden. DieTeilnahme wird von der Qualität desAngebots abhängig gemacht. Dies gilt ana-log für Gottesdienstreihen (z. B. „politischePredigten“) oder Kunstprojekte.

6. Raum- und ressourcenorientierteBeteiligung

Selbsthilfegruppen, „runde Tische“ oder z. B.Mieterinitiativen wünschen sich seitens derKirche Beachtung, nicht bevormundende

3. Mitgliederorientierung

32

33

Begleitung und Unterstützung durch dieBereitstellung von Räumen.

7. Beteiligung als Wahrnehmungsozialer Verantwortlichkeit

Eine Weise, kirchliche Mitgliedschaft wahr-zunehmen, besteht in der bleibenden Bereit-schaft, Kirchensteuern zu zahlen oder zuspenden. Für diese Mitglieder ist es wichtig,dass es die Kirche auch in Zukunft gibt,ohne dass sie selbst an ihren Angebotenaktiv teilnehmen. Zur gleichen Mitglied-schaftsform gehören diejenigen, die sich zueinem kurzfristigen oder längerfristigensozialen Engagement entschließen (z. B.„Grüne Damen“).

3.6. Mitgliederorientierte Angebote

In unserer Kirche gibt es eine Vielfalt vonAktivitäten und Angeboten. Diese Füllekirchlicher Angebote ist derzeit weder ausder Innenperspektive der Mitarbeitendendurchschaubar noch nach außen darstellbar.Es kommt darauf an, dass die Vielfalt kirch-licher Lebensäußerungen zu einem Netz-werk aufeinander bezogener Aktivitätengestaltet wird, das von innen und vonaußen durchschaubar und darstellbar ist.

Nicht jede Gemeinde muss dieses Netzwerkin sich abbilden – im Gegenteil.

Kirche ist ein Leib mit vielen Gliedern, dieaufeinander bezogen sind und gegenseitigaufeinander verweisen. Jedoch muss einemitgliederorientierte Kirche an jedem Ortein Grundangebot vorhalten, womit dieMenschen in ihrer Kirche rechnen können.

3.6.1. Grundangebot

Jede Kirchengemeinde bietet entweder (beigrößeren Gemeinden) für sich allein oder(bei kleinen Gemeinden) in Kooperation mitanderen Gemeinden bzw. in einer Region

ein „kirchliches Grundangebot“, das sich ander Perspektive der Mitglieder orientiert:Was ist das Grundangebot der „Kirche vorOrt“ für jedes Kirchenmitglied? Womit darfer oder sie bei der Kirche rechnen?

Dazu gehören Gottesdienst, Kindergottes-dienst, verlässliche Sprechzeiten, Beratungund Seelsorge, Gemeindebrief, Eltern-Kind-Gruppe, Jugendfreizeit, kirchlicher Unter-richt usw.

Das Grundangebot darf nicht mit den Auf-gaben der Pfarrerin oder des Pfarrers ver-wechselt werden. Auch in den Gemein-samen Diensten, in den Ämtern, Werkenund Einrichtungen ist das jeweilige Grund-angebot zu bestimmen.

Darüber muss ein Verständigungsprozess inder Evangelischen Kirche von Westfalenstattfinden, was dieses Grundangebot um-fasst und auf welcher Ebene es jeweilsangesiedelt werden soll.

Auf landeskirchlicher Ebene muss dazu eineentsprechende Vorlage als Diskussions-anstoß erarbeitet werden.

3.6.2. Differenziertes Programm

Neben den Grundangeboten gibt es weitereAufgaben, denen sich die Kirche in denGemeinden wie in ihren GemeinsamenDiensten im Blick auf die Zukunft zu stellenhat. Jede Gemeinde sollte darum überlegen,wie sie in Kooperation mit anderen Gemein-den sowie mit den Gemeinsamen Dienstendifferenzierte Angebote möglich macht:

a) Ein differenziertes Angebot von Gottes-diensten und anderen Formen der Spiri-tualität ermöglichen.

b) Ein Programm für die Arbeit mit Kindernund Jugendlichen ermöglichen.

3.Grundangebot

Differenzierte Angebote

3. Mitgliederorientierung

34

c) Initiativen im Blick auf die „treuenKirchenfernen“ verwirklichen.

d) Die Förderung, Unterstützung und Neu-Gewinnung von ehrenamtlichen Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern verwirklichen.

e) Ein Programm für die Wahrnehmungihrer Bildungsverantwortung anbieten.

f) Ein Konzept für die Wahrnehmung ihrergesellschaftlichen und diakonischen Ver-antwortung und Mitarbeit im kommunalenRaum erarbeiten und umsetzen.

g) Ein Konzept für eine effektive Öffentlich-keitsarbeit erstellen und umsetzen.

Daneben gibt es an jedem Ort bestimmteHerausforderungen, für die die Gemeindeden richtigen „Schlüssel“ finden muss.Jedes Leitungsorgan muss solche Heraus-forderungen aufspüren und die weiterendaraus resultierenden Schlüsselaufgaben(z. B. Obdachlosenarbeit, Arbeitslosentreff)definieren und sie angehen. WeitereSchlüsselaufgaben sollten in Kooperationmit anderen Gemeinden und den gemeinsa-men Diensten entwickelt werden.

Schließlich muss jedes Mitglied unsererKirche an jedem Ort Auskunft darüberbekommen können, wo sie und er jedesAngebot im Nahbereich, in der Nachbar-schaft, im Kirchenkreis, in der Region oderin der Landeskirche wahrnehmen kann.

Eine Kirchengemeinde muss so groß sein,dass das kirchliche Grundangebot und min-destens ein Schlüsselangebot vorgehaltenwerden können.

Dies schließt ein, dass die entsprechendenpersonellen Voraussetzungen gewährleistetsind oder geschaffen werden. Dabei istdavon auszugehen, dass Grund- undSchlüsselangebot kaum von einer Personallein bestritten werden können.

3.7. Mitgliederorientierte kirchlicheArbeit

Die Vielfalt der kirchlichen Angebotebedeutet keine Konkurrenz, sondern eingleichberechtigtes Miteinander von Orts-gemeinde und gemeinsamen Diensten.Beide Ebenen bieten je für sich ein Grund-angebot. Bei der Wahrnehmung von Schlüs-selaufgaben hingegen bietet sich ihre Ver-netzung an:

Gemeinsame Dienste unterstützen einzel-ne Gemeinden.

Gemeinden helfen sich untereinanderoder nehmen exemplarisch Aufgaben wahr.

Gemeinsame Dienste vernetzen ihre Ar-beit miteinander.

Dabei erreichen die gemeinsamen Diensteoft Menschen, deren Interessen in denAngeboten der Ortsgemeinde nicht vorkom-men oder die keinen Kontakt zu ihr habenmöchten. Sie sprechen Kirchenmitgliederan, für die die Kirche eine fremde Heimatgeworden ist. Viele Menschen sind aus-schließlich in einer funktionalen Gemeindepräsent. Sie entscheiden sich bewusst fürbestimmte Formen der Arbeit als Ausdruckihres Glaubens und Handelns und identifi-zieren sich mit dem jeweiligen Arbeits-bereich.

Im Vergleich der Kirchenkreise ist in derBefragung deutlich geworden, dass inBallungsräumen und Großstädten der Um-fang an gemeinsamen Diensten größer istals im ländlichen Bereich. Die aktuellengesellschaftlichen Entwicklungen stellen andie Kirche nicht nur in Großstädten undZentren erhöhte Anforderungen, die sich inder Vielfalt und Differenzierung gemeinsa-mer Dienste widerspiegeln.

Schlüsselaufgaben

In der öffentlichen Wahrnehmung muss dieKirche als Einheit auftreten. Dafür ist dasgute Zusammenspiel und die gegenseitigeErgänzung von Ortsgemeinde und gemein-samen Diensten unbedingt erforderlich. DiePraxis sieht vielerorts anders aus. Es man-gelt an Absprachen, gegenseitiger Loyalitätund Zusammenarbeit.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ingemeinsamen Diensten erleben häufig, dassihre Arbeit in den Ortsgemeinden nichtgenügend wahrgenommen wird. Formender Zusammenarbeit werden nur unzurei-chend in Anspruch genommen. Die Orts-gemeinden ihrerseits bemängeln, dass An-gebote nicht ausreichend auf die eigenePraxis zugeschnitten sind. Die Mitarbeiten-den befürchten eine zusätzliche Arbeitsbe-lastung durch Kooperationen. Das gemein-same Ziel, gegenseitig ergänzende Formenkirchlicher Arbeit zu entwickeln, ist nichtim Blick.

Oft wird beklagt, dass die Diakonie sich ausden Ortsgemeinden mehr und mehr entfernthabe. Einerseits wurden durch zunehmendeProfessionalität und Verselbstständigungder Diakonie eine Reihe von sozialen Auf-gaben, die früher in der Gemeinde wahrge-nommen wurden, nun durch kreiskirchlicheDiakonische Werke oder andere Trägerübernommen. Andererseits zeigen Gemein-den wenig Interesse an Aufgaben, die nichtin die Zuständigkeit der Presbyterien fallen.Chancen der inhaltlichen Gestaltung derArbeit bleiben ungenutzt.

Wir brauchen die Fachleute des Nahbereichesals Standbein vor Ort, aber auch die speziali-sierten Arbeitsbereiche der gemeinsamenDienste und der Diakonie. Wenn Kirche inunserer Gesellschaft zukünftig präsent seinwill und Anreize zur Partizipation ihrerMitglieder von morgen bieten möchte, benö-tigen wir ein Netzwerk von gleichberechtig-ten Diensten und Funktionen.

3.

35

Gegenseitige Ergänzungvon Ortsgemeinde undgemeinsamen Diensten

Netzwerk

36

44. Menschen, die in der Kirche arbeiten

Menschen, die in der Kirche arbeitenEhrenamtliche ArbeitHauptamtliche Mitarbeiterinnen und MitarbeiterDienstgemeinschaftGemeinsame Personalplanung undPersonalentwicklungReform des PfarrbildesZur gegenwärtigen Situation der Pfarrerinnenund Pfarrer in WestfalenChance des Pfarramts für die KircheAufgabenstellung in der Kirchenordnungund Erwartungen der Kirchenmitgliederund der ÖffentlichkeitPastoraltheologische Grundorientierung aufdem Hintergrund des KirchenbildesReformen auf GemeindeebeneReformen auf KirchenkreisebeneReformen auf landeskirchlicher Ebene

37384242

4445

4546

46

48505353

4.4.1.4.2.4.2.1.4.2.2.

4.3.4.3.1.

4.3.2.4.3.3.

4.3.4.

4.3.5.4.3.6.4.3.7.

4. Menschen, die in der Kirche arbeiten

38

4.1. Ehrenamtliche Arbeit

Nach biblischem Verständnis gleicht diekirchliche Gemeinschaft einem Leib mit vie-len Gliedern (1. Kor. 12, 12 ff.), in dem keinOrgan ein anderes ersetzen kann. Sie sindgleichberechtigt und brauchen einander. Indiesem Sinne sind alle Menschen, die in derKirche arbeiten, Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter Gottes; unabhängig davon, ob siedieses gegen Bezahlung oder ohne Bezahlungtun. Ehrenamtlich Mitarbeitende stellen ihreZeit, ihre Kraft, ihre Erfahrung und ihreKompetenz zur Verfügung. Im Vergleich mitanderen gesellschaftlichen Institutionen istdie Bereitschaft zur ehrenamtlichen Mit-arbeit in der Kirche sehr hoch.

Immerhin ist laut Allensbach rund einDrittel aller Deutschen grundsätzlich bereit,freiwillige soziale Arbeit zu leisten. Soerklärt sich auch das große Interesse jungerMenschen am freiwilligen sozialen oderökologischen Jahr.

Unsere Kirche braucht das Ehrenamt. Fürdie presbyterial-synodale Struktur der west-fälischen Landeskirche ist die Kooperationvon Haupt- und Ehrenamt auf allen Ebenenseit ihren Anfängen wesentlich. Ehrenamt-liches Engagement im Leben der Kirchen-gemeinden, den kirchlichen Verbänden undin diakonischen Arbeitsfeldern ist prägendfür das kirchliche Selbstverständnis und denAlltag der Kirche.

In der aktuellen gesellschaftlichen Diskus-sion ist die Bedeutung des Ehrenamtes neuentdeckt worden. Allerdings hat sich das„neue“ Ehrenamt im Selbstverständnis undseiner Ausübung verändert. In unsererwestfälischen Landeskirche ist im Diskus-sionsprozess „Gemeinschaft von Frauen undMännern in der Kirche“ das Ehrenamt alsein Themenschwerpunkt intensiv auf-genommen worden. Die Landessynode 1994hat „Grundsätze zur ehrenamtlichen Arbeit

in der EKvW“ beschlossen, die dem ehren-amtlichen, unentgeltlichen und freiwilligenEngagement gerade auch von Frauengerecht werden. Ehrenamtliche Arbeit ist inunserer Kirche erwünscht und muss hoheAnerkennung erfahren.

Der Diskussionsprozess hat sich seit 1994 inunserer Landeskirche weiterentwickelt.Nachdem 1997 bundesweit von mehrerenFrauenverbänden die Aktion „Nachweisehrenamtlicher Arbeit“ durchgeführt wurde,hat die Kirchenleitung der EKvW – nacheiner Erprobungsphase bei der Ev. Frauen-hilfe in Westfalen – beschlossen, ergänzendzu den schon in Gebrauch befindlichen„Grundsätzen für die ehrenamtliche Arbeitin der EKvW“ Nachweisformulare überehrenamtliche Arbeit und Fortbildung fest-zulegen. Diese Formulare werden in einerBroschüre abgedruckt und sollen damitallen Ehrenamtlichen zur persönlichenVerwendung sowie den Trägern ehrenamt-licher Arbeit zur Weitergabe an die in ihremBereich (z. B. Kirchengemeinde, Verband,Verein) ehrenamtlich Tätigen zur Verfügungstehen. Die Träger tragen die Verantwor-tung, dass die „Grundsätze für die ehren-amtliche Arbeit“ mit den Nachweisfor-mularen die notwendige Verbreitung undBeachtung bei allen Haupt- und Ehren-amtlichen finden. Dieses Nachweisheft zurehrenamtlichen Arbeit gehört in die Händeall derer, die in der westfälischen Kircheund ihren Ämtern und Werken ehrenamt-lich oder hauptamtlich arbeiten und leiten-de Verantwortung tragen. Ist z. B. eineKirchengemeinde Träger, kann das Presby-terium eine Verantwortliche oder einenVerantwortlichen für die ehrenamtlicheArbeit bestimmen, die oder der jeweils diesachliche Richtigkeit der Angaben für dieNachweisformulare prüft.

Mitarbeiterinnen undMitarbeiter Gottes

4.

39

Ehrenamtliche Arbeit geschieht in unter-schiedlichen Formen:

Die ehrenamtliche Arbeit

Diese freiwillige, unentgeltliche Arbeit lässteine weitgehende Entscheidungsfreiheit inBezug auf die Art und den Umfang derAufgaben zu, wobei ein Mindestmaß anVerbindlichkeit und Kontinuität notwendigist. Sie geschieht in Gemeinden, Initiativen,diakonischen Einrichtungen, Kranken-häusern, Beratungsstellen, Telefonseelsorgeusw.

Das Ehrenamt

Die Übernahme von Aufgaben und Verant-wortung für andere bzw. für das Ganze aufGrund von Wahlen oder Berufung, z. B.Vertretung der Eltern in Tageseinrichtungenfür Kinder, Mitgliedschaft in Presbyterienund Synoden, in Vorständen und Verwal-tungsräten Diakonischer Werke, in Förder-vereinen sowie in Organen von kirchlichenStiftungen. Hier wird ein höherer Grad anVerbindlichkeit erwartet (in der Regel auchfür längere Zeit).

Daraus lassen sich folgende Punkteableiten:

Motivation für ehrenamtliche Arbeit

Ehrenamtlich Mitarbeitende erleben durchihr Tun in der Regel ein hohes Maß an per-sönlichem Gewinn (im Entdecken eigenerFähigkeiten; im Erkennen eigener Lebens-fragen; in der Erfahrung, gebraucht zu wer-den usw.).

Dabei ist jedoch die Weitergabe ehrenamt-licher Aufgaben an nachfolgende Genera-tionen in den letzten Jahren weniger selbst-verständlich geworden.

Der vermehrt zu beobachtende Mangel anehrenamtlicher Mitarbeit in der Gemein-schaft ist nicht nur auf übergreifendegesamtgesellschaftliche Entwicklungen (z. B.zunehmende Individualisierungstendenzen,Veränderung tradierter Rollen) zurückzu-führen, sondern erklärt sich auch durch eineInstitutionenmüdigkeit, besonders jüngererMenschen, die sagen: Ehrenamt ja, abernicht mehr im alten Stil, nicht diese alteBescheidenheit; wir wollen nicht mehrFeuerwehr für alles sein!

Heute sind vorwiegend andere Motive fürehrenamtliches Engagement leitend. Einer-seits wird deutlicher gefragt: Was bringt mirdas? Andererseits geschieht ehrenamtlichesEngagement aus dem Bewusstsein für sozi-ale Verantwortung oder/und der Erwartung,dass das eigene Leben durch ehrenamtlicheTätigkeit bereichert wird.

Gute Beispiele, die eine neue Motivationzum Ehrenamt und zu ehrenamtlicherArbeit in den Blick nehmen, sind „Freiwil-ligenagenturen", die Aufgaben und Interes-sierte zusammenbringen; Beteiligung anneuen Projekten für Arme wie die „Tafeln“in verschiedenen Städten; die Hospizini-tiative oder die Gründung örtlicher Selbst-hilfegruppen.

Für den Arbeitsbereich der Telefonseelsorgewerden erfolgreich Ehrenamtliche zurMitarbeit gewonnen, indem in Tages-zeitungen für diese Arbeit geworben wird.Durch ein Auswahlverfahren werden geeig-nete Personen gefunden, die in einer umfas-senden Ausbildung für ihren Dienst weiterqualifiziert werden. Auch die die Tätigkeitbegleitende Supervision macht dieseAufgabe so attraktiv, dass sich immer wiederneue Menschen finden, die diesenanspruchsvollen Dienst übernehmen wollen.

„Die Sorge um andere ent-springt der Sorge um unsselbst“ (Wuthnow).

4. Menschen, die in der Kirche arbeiten

40

Berücksichtigung des hohen Anteils von Frauen an ehrenamtlicher Arbeit

Während ehrenamtliches Engagement vonMännern in Kirche und Diakonie häufigdurch die Übernahme von einem „Amt“deutlich wird, stellen Frauen die Mehrheitderjenigen, die praktische soziale, helfendeArbeit im weitesten Sinne tun. TrotzDoppelbelastung durch gleichzeitige Er-werbstätigkeit und Familienarbeit, insbe-sondere Kindererziehung, sind viele Frauendazu bereit. Sie können und wollen sichaber oft nicht mehr zu dauernder, langfris-tiger Mitarbeit verpflichtet wissen, wie esfrüher für viele Frauen während einer lan-gen Familienphase selbstverständlich war.Es müssen Räume und Möglichkeitengeschaffen werden, dass sie sich, wie auchandere Personen, die ihr Engagement zeit-lich befristen wollen, von ihrer Kirche ange-nommen und akzeptiert fühlen. Die Tendenzzu eher „projektbezogener“ ehrenamtlicherArbeit erfordert ein Umdenken im Mitein-ander von haupt- und ehrenamtlichenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das Miteinander Ehrenamtlicher und Hauptamtlicher

Seit dem 19. Jahrhundert kam es zu einemzunehmenden Ausbau von bezahltenStellen. Dadurch wurden ehrenamtlich Täti-ge aus ihren Arbeitsbereichen in sog.Helferpositionen verdrängt. Das Ehrenamtals „selbstverständlicher Ausdruck desGlaubens“ wurde mehr und mehr von demRuf nach mehr Professionalität in Fragegestellt. Was aus objektiver Sicht die Qua-lität kirchlicher Arbeit steigert(e), erzeugt(e)bei einigen ehrenamtlich Mitarbeitendenjedoch das Gefühl, ihre Arbeit würde nurnoch als „zweitklassig“ betrachtet.

Dieses Gefühl verstärkt sich noch, wenn diegleiche Arbeit auf Grund von Finanz-knappheit oder starker Fluktuation wieder –

zumindest vorübergehend – teilweise oderganz von ehrenamtlich Mitarbeitendenübernommen werden muss („Jetzt sind wirwieder gut genug!“). Hier mangelt es anüberzeugenden Kriterien zur Abgrenzungvon bezahlter und unbezahlter Arbeit.Ehrenamtliche Arbeit kann ebenso „profes-sionell“ sein wie bezahlte. In Zukunft mussdaher der Förderung der ehrenamtlichenArbeit durch hauptamtlich Mitarbeitendeein stärkeres Gewicht beigemessen werden.Andernfalls könnte sich die evangelischeKirche in zunehmendem Maße zu einerKirche entwickeln, die nur noch haupt- undnebenamtlich Mitarbeitende kennt. Ver-ständnis für notwendige Professionali-sierung ist allerdings auch von „alteingeses-senen Ehrenamtlichen“ einzufordern, damitsie nicht neuen hauptamtlich Mitarbeiten-den mit der Einstellung begegnen: „Dannsoll's jetzt eben die bezahlte Kraft machen,aber die muss es auch doppelt so gut kön-nen wie eine Ehrenamtliche!“

Für die Gestaltung ehrenamtlicher Mitarbeitin der Zukunft werden die nachstehendenEmpfehlungen gegeben:

Für das kirchliche Leben an allen Ortenund in allen Handlungsfeldern ist ehren-amtliche Arbeit unverzichtbar!

Voraussetzungen für jede Form derMitarbeit in der Kirche (bezahlt oder unbe-zahlt) sind christliche Grundeinstellungensowie die Übereinstimmung mit dem christ-lichen Menschenbild.

Darüber hinaus sollte die (informelle)Anerkennung ausreichend Platz finden: z. B.Dankeschön-Feier für ehrenamtlich Mitarbei-tende und deren Angehörige, Geburts-tagsbesuch und -präsent, Würdigung durchBeauftragung, Einführung und Verab-schiedung im Gottesdienst oder in anderergeeigneter Weise (vgl. KO Artikel 44), Öffent-lichkeitsarbeit (Presse/Gemeindebrief).

Empfehlungen

41

4.Je stärker der Grad der Verantwortungehrenamtlich Mitarbeitender besonders inLeitungsgremien ist, um so (selbst)ver-pflichtender sollten entsprechende Fortbil-dungen sein (z. B. „Presbyterium als Arbeit-geber“, „Presbyter(in) als Vorsitzende(r)“,„Übernahme einer besonderen Beauftra-gung, z. B. als Finanzkirchmeisterin oderBaukirchmeister“).

Zwar erwarten die meisten ehrenamtlichMitarbeitenden für ihr Engagement weiter-hin keine Bezahlung. Es sollte aberFolgendes selbstverständlich sein und dieentsprechenden Beschlüsse umgehend um-gesetzt werden:

– Auslagenerstattung von Fahrt-, Porto-und Telefonkosten und für Arbeits-material,

– kostenfreie oder kostengünstige Weiter-bildung sowie

– ein allgemein anerkanntes System zurAnerkennung ehrenamtlich geleisteterZeiten und erworbener Qualifikationen.

Ehrenamtlich Mitarbeitende sollten dabeinicht als Bittsteller auftreten müssen. Siemüssen ihr Recht nicht erst einfordern, son-dern hier hat die Kirche an allen Orten undin allen Handlungsfeldern eine Bringschuld!

Es sollten klare Vereinbarungen darübergetroffen werden, welchen Umfang undzeitlichen Rahmen die ehrenamtliche Mit-arbeit umfasst und welche Auslagen injedem Fall erstattet werden. Außerdem mussehrenamtlich Mitarbeitenden die Möglich-keit zur Fortbildung regelmäßig angeboten(und finanziert) werden, ebenso die darausresultierende Betreuung minderjährigerKinder während der Fortbildung sowie dieBescheinigung der erfolgreich verlaufenenFortbildung oder der ehrenamtlich über-nommenen Aufgaben/Anrechnung ehren-amtlicher Zeiten.

Ebenso sollten die getroffenen Verab-redungen regelmäßig überprüft werden.

Um rückläufigen Tendenzen entgegenzu-wirken, muss eine Aufwertung ehrenamt-licher Mitarbeit (Profilierung im Kontrastzur Erwerbswelt) erfolgen, u. a. durch Betei-ligung an Planungsüberlegungen, Problem-lösungen, Verantwortung und Entschei-dungen. Dazu sollte die landeskirchlicheRichtlinie im Blick auf eine stärkere Ver-bindlichkeit zur Schaffung einheitlicherRahmenbedingungen und klarer Zuständig-keiten überarbeitet werden. Die besondereWertschätzung ehrenamtlicher Arbeit wirddurch solche Formen der Beteiligung stärkerzum Ausdruck gebracht.

Eine offene, zur Mitarbeit einladendeKonzeption im jeweiligen Arbeitsfeldschafft Transparenz für haupt-, neben- undehrenamtlich Mitarbeitende, verstärkt das„Wir-Gefühl“ und erhöht die Identifikationaller Mitarbeitenden mit ihrem jeweiligenArbeitsbereich.

Zur Zielfindung, Bestandsaufnahme undPlanung ist die Beteiligung Ehrenamtlicherunabdingbar, dazu muss eine ständig aktu-alisierte Liste aller Arbeitsbereiche, in denenehrenamtliche Mitarbeit benötigt wird, undaller ehrenamtlich Mitarbeitenden (und derzeitliche Umfang der Mitarbeit) geführtwerden. Hiermit sollte ein Mitglied des Lei-tungsorgans besonders beauftragt werden.Mindestens einmal jährlich sollte eine Voll-versammlung aller ehrenamtlich Mitarbei-tenden einberufen werden.

Die Mitglieder der Leitungsorgane undhauptamtlich Mitarbeitenden dürfen ehren-amtliche Mitarbeit nicht als selbstverständ-lich voraussetzen, sie sollten ehrenamtlichMitarbeitende partnerschaftlich in dieArbeit einbeziehen und mit den zeitlichenMöglichkeiten der einzelnen Mitarbeitendenachtsam umgehen.

„Wir-Gefühl“

4. Menschen, die in der Kirche arbeiten

42

Entsprechende Regelungen in der Dienst-anweisung hauptamtlich Mitarbeitendersowie gemeinsame Fortbildungen Haupt-amtlicher und Ehrenamtlicher festigen dasVertrauen und damit die Zusammenarbeit.

Zunehmend ist auch den ehrenamtlichMitarbeitenden Rechnung zu tragen, die nurfür kurze Zeit (projektbezogen, z. B. Kinder-bibelwoche 1 x im Jahr) mitarbeiten.

Ferner ist zu beachten, dass es Arbeits-bereiche gibt, die ein so hohes zeitlichesund fachliches Engagement fordern, dassdieses nicht von unbezahlten ehrenamtlichMitarbeitenden abgedeckt werden kann(z. B. Betreuung von Hochbetagten, Integra-tion von Ausländern, Begleitung vonAlleinerziehenden). Hier ist zu prüfen, obvon den Mitarbeitenden im Laufe der Zeitdurch Erfahrung und Fortbildung entspre-chende Qualifikationen erworben wurden,die eine Gegenleistung rechtfertigen – ins-besondere wenn vergleichbares Engage-ment in anderen gesellschaftlichen Bezügen(z. B. VHS, AWO) finanziell honoriert wird.

In denjenigen Arbeitsfeldern, in denen auchEhrenamtliche tätig sind, ist eine Koopera-tion von haupt- und ehrenamtlichen Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern unerlässlich.Dazu ist es notwendig, klare Profile auszu-weisen von Tätigkeiten, die Fachlichkeiterfordern, und von solchen, die von Ehren-amtlichen geleistet werden können. Rollenund Aufgaben müssen klar benannt undgegenseitige Erwartungen kommuniziertwerden. Eine Verdrängung ehrenamtlicherArbeit durch Hauptamtliche darf es nichtgeben. Aber auch der zunehmendenTendenz, Hauptamtliche durch Ehrenamt-liche zu ersetzen (z. B. im Bereich desKüsterdienstes, aber auch in der Jugend-arbeit), muss gegengesteuert werden.

Eine Verdrängung qualifizierter Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter durch andere Fach-

leute sollte ebenfalls vermieden werden(vgl. Beschluss-Nr.: 217, Landessynode 1997).

4.2. HauptamtlicheMitarbeiterinnen und Mitarbeiter

4.2.1. Dienstgemeinschaft

Kirche lebt von der Mitarbeit aller ihrerMitglieder und von der Vielfalt ihrer Gabenund Fähigkeiten. Das gilt auch für dieMitarbeit von hauptamtlich in der Kircheangestellten Frauen und Männern. Ebensowie Pfarrerinnen und Pfarrer und ehren-amtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterrepräsentieren die Hauptamtlichen in kirch-lichen Berufen die Kirche. Viele Arbeits-felder, in denen sich die Kirche engagiert –besonders im sozialen, pädagogischen undpflegerischen Bereich –, werden zunehmendvon Qualitätsanforderungen und recht-lichen Regeln geprägt und fordern eineerhöhte Fachlichkeit. Mit ihren speziellenQualifikationen tragen kirchliche Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter dazu bei, dass dieKirche hier ihre Aufgaben angemessen undüberzeugend erfüllen kann. Zugleich stellendiese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inden Arbeitsfeldern auf besondere Weise denchristlichen Glauben dar und geben ihn anandere weiter. Im klassischen Tätigkeitsfelddes gottesdienstlichen Lebens fördernhauptamtliche Kirchenmusikerinnen undKirchenmusiker hohe Qualitätsstandards,die Pflege liturgischer Tradition und inno-vative musikalische Projekte. KirchlicheVerwaltungsaufgaben auf allen Ebenenwerden von Hauptamtlichen professionellausgeführt. All diese Mitarbeiterinnen undMitarbeiter, von denen viele eine speziellvon der Kirche entwickelte Ausbildungabsolviert haben, sind dem Auftrag, denZielen und Aufgaben der Kirche verpflichtet.

Dienstgemeinschaft

4.

43

Die verschiedenen kirchlichen Berufs-gruppen von hauptamtlichen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern sind zunehmendvon Stellenabbau bzw. von Kürzungen desStellenumfangs bedroht. Die Zahl der exis-tenzsichernden Arbeitsplätze für kirchlicheMitarbeiterinnen und Mitarbeiter nimmt injüngster Zeit ständig ab. Damit geht derKirche ein Potenzial an gut ausgebildeten,fachlich qualifizierten und kirchlich enga-gierten Menschen verloren. Auch bei struk-turellen Veränderungen muss deshalb einbestimmter Anteil hauptamtlichen Personalserhalten bleiben. Qualifizierungsmöglich-keiten und berufliche Perspektiven müssenweiterentwickelt werden. Für das System desZusammenwirkens der verschiedenen kirch-lichen Dienste wurde das Leitbild der„Dienstgemeinschaft“ entwickelt.

„Kirchlicher Dienst ist durch den Auftragbestimmt, das Evangelium in Wort und Tatzu verkündigen. Alle Frauen und Männer,die beruflich in Kirche und Diakonie tätigsind, wirken als Mitarbeiterinnen undMitarbeiter an der Erfüllung dieses Auf-trages mit. Die gemeinsame Verantwortungfür den Dienst der Kirche und ihrer Diakonieverbindet Dienststellenleitungen und Mit-arbeiterinnen wie Mitarbeiter zu einerDienstgemeinschaft und verpflichtet sie zuvertrauensvoller Zusammenarbeit“ (Präam-bel Mitarbeitervertretungsgesetz EKD 1992).

Bisherige Strukturen haben aber ein Mit-einander oft sehr erschwert. Im Sinne dervierten These der Barmer Theologischen Er-klärung vom 31. Mai 1934 gilt es, diesestrukturellen Hindernisse abzubauen. Teil-habe an dem Auftrag von Kirche und anihren Aufgaben soll unter dem Modus derGleichberechtigung und nicht unter demModus der Zu- oder Unterordnung wahrge-nommen werden.

Für ein echtes Miteinander der verschiede-nen Berufsgruppen in der Kirche ist Ziel,

dass Vorgesetzten- und Untergebenenrollenaufgaben- und fachbezogen zugeordnetund nicht berufsständisch vorbestimmtwerden.

Eine weitere Grundvoraussetzung für einkonstruktives und geschwisterliches Mit-einander der verschiedenen Berufsgruppenist die Einführung eines Personalwesens,das ausgerichtet ist nach den Kriterien„Ziel- und Aufgabenorientierung“, „Quali-tätsorientierung“ und „Strukturklarheit“:

Es müssen alle Aufgabenfelder klar undpräzise beschrieben werden.

Rollen und Zuständigkeiten verschiedenausgebildeter Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter in einem Arbeitsfeld müssen klarabgesprochen sein!

Die Evangelische Kirche von Westfalen hatals eine von wenigen Landeskirchen einGleichstellungsgesetz zur Förderung dertatsächlichen Gleichstellung von Frauenund Männern in der kirchlichen Arbeitsweltverabschiedet. Sie hält eine effektive Um-setzung dieses Gesetzes in der Landeskirche,in den Kirchenkreisen und Gemeinden fürnotwendig. Denn immer noch existierenBenachteiligungen von Frauen, fehlt es anwirklicher Chancengleichheit und gleich-berechtigter Teilhabe. Dies wird insbesonde-re an dem geringen Anteil von Frauen inFührungs- und Leitungspositionen deutlich.

Gleichstellung von Frauen und Männern

Ziel- und aufgabenorientiert

4. Menschen, die in der Kirche arbeiten

44

Konzeptbezogene, transparente Stellen-und Personalentwicklungspläne, realistischemittelfristige Bedarfsplanungen auf allenkirchlichen Ebenen gehören zu den Auf-gaben verantwortungsvoller und zukunfts-fähiger Gestaltung. Darüber hinaus ist eineaktive Personalpolitik in Kooperation allerAnstellungsträger in einer regionalen Ein-heit für die Sicherung und Entwicklung vonArbeitsfeldern und für die Berufs- undLebensplanung der Mitarbeitenden vonelementarer Bedeutung.

4.2.2. Gemeinsame Personalplanungund Personalentwicklung

Die finanziellen und strukturellen Beratun-gen und Entscheidungen der vergangenenJahre haben viele Mitarbeitende in unsererKirche auf allen Ebenen stark verunsichert;manche haben ihren Arbeitsplatz bei derKirche verloren bzw. als bei der Kirche aus-gebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterkeinen Arbeitsplatz gefunden.

Zur dauerhaften Sicherung von Arbeits-plätzen in der Kirche, zur Entwicklung einerleistungsstarken kirchlichen Organisationbedarf es einer Stärkung der Kompetenzund Motivation aller im kirchlichen Dienststehenden Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter. Dazu gehören auch die Weiterent-wicklung der Formulierung von spezifi-schen Aufgaben und Anforderungsprofilender kirchlichen Berufe.

Aus diesem Grund wurde eine umfassendeBestandsaufnahme zur Beschäftigungs-situation durchgeführt. Die daraus gewon-nenen Daten sollen zur Übersicht undTransparenz sowie zur Strategieentwicklungvon Beschäftigungssicherung dienen.

Die verschiedenen Ebenen und Gliede-rungen in der Landeskirche müssen in Bezugauf einen innerkirchlichen Arbeitsmarktstrukturell so verbunden werden, dass die

Kirche als ein einheitlicher Arbeitgeber auf-tritt! Das Ziel ist ein durchlässiger Arbeits-markt, in dem es leichter möglich ist, voneinem Aufgabenfeld in ein anderes zu wech-seln. Für die Praxis bedeutet das:

Aufgabenorientierte Personalplanungund -entwicklung für alle Berufsgruppen,einschließlich der Pfarrerinnen und Pfarrer(Sicherung von Arbeitsfeldern, keine Ver-drängung), auf der gleichen Planungsebenezu betreiben. Dazu müssen die strukturellenund rechtlichen Voraussetzungen geschaf-fen werden.

Personalplanung und -entwicklung mussMaßnahmen zur Förderung der Chancen-gerechtigkeit für Frauen integrieren, wie siedas Gleichstellungsgesetz sieht.

Stellen sind mit denjenigen Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern zu besetzen, die einedem Stellenprofil entsprechende Ausbildungmitbringen (z. B. Küsterdienste nicht mit Ver-waltungsaufgaben vermischen, keine Theo-logen in Arbeitsfeldern von Pädagogen).

Qualifizierende berufsbegleitende Fortbil-dungen, Recht auf Supervision und verläss-liche Berufslaufbahnplanung sind wesentli-che Eckpunkte für die Entwicklung der Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter!

Die „Investitionen“, die die Kirche in dieAus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter gesteckt hat und das erwor-bene Fachwissen muss sie auch weiterhinnutzen.

Die Engführung gemeindepädagogischerArbeitsstellen auf die Arbeit mit Kindernund Jugendlichen muss zum Nutzen auchfür andere kirchliche Aufgaben (z. B. Bil-dungsarbeit, Beratung usw.) überwundenwerden. Dazu brauchen die Anstellungs-träger Informationen und Aufklärung überdie verschiedenen Berufsprofile.

Stärkung derKompetenz

4.

45

Dort, wo Stellen durch öffentliche Mittelrefinanziert werden (Bildungsbereich, offe-ne Jugendarbeit, Kindergarten usw.), mussdas Interesse an den Mitarbeitenden und anderen Arbeit als kirchlicher Arbeit zu erken-nen sein. Der Gefahr eines „Eigenlebens“ indiesen Bereichen ist im Rahmen von Ziel-und Konzeptionsüberlegungen entgegenzu-treten. Eine Einbindung der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter in den Gesamt-zusammenhang der Arbeit, in die Kommu-nikations- und Entscheidungsstrukturen istsicherzustellen.

Nicht zuletzt geht es auch um Wertschät-zung und Anerkennung. Eine Kultur derAnerkennung und Mitarbeitendenförderungwürde unserer Kirche gut zu Gesicht stehenund ist zu entwickeln!

4.3. Reform des Pfarrbildes

Im 1. Petrusbrief wird die christliche Ge-meinde beschrieben als „das auserwählteGeschlecht, die königliche Priesterschaft,das heilige Volk . . .“, dessen Aufgabe es ist, zu „verkündigen die Wohltaten dessen“,der sie „berufen hat von der Finsternis zuseinem wunderbaren Licht“ (1. Petr. 2,9).Innerhalb der Gemeinschaft aller Christin-nen und Christen ist die Gruppe der Pfarre-rinnen und Pfarrer jedoch von der Kirchein besonderer Weise mit dem Amt zurVerkündigung des Evangeliums und zurSakramentsverwaltung beauftragt.

Diese Aufgabe wird immer schwieriger, jeweniger selbstverständlich es heutzutageist, Mitglied der Kirche zu sein oder überden Glauben zu reden. Gerade Pfarrerinnenund Pfarrer begegnen den oben beschriebe-nen Krisenphänomenen der Kirche aufSchritt und Tritt.

In nahezu allen Landeskirchen werden des-halb z. Zt. grundsätzliche Fragen zumPfarramt diskutiert:

- Welches ist die angemessene Anzahl vonTheologinnen und Theologen gegenüber derZahl anderer kirchlicher Mitarbeitender undsinkender Gemeindegliederzahlen?

- Ist ihre Besoldungsstruktur – besondersangesichts der Finanzeinbrüche – überhauptnoch zeitgemäß?

- Sind Pfarrerinnen und Pfarrer für ihrenanspruchsvollen Beruf richtig ausgebildet?

- Sind nicht viele Pfarrerinnen und Pfarrerfür diese sich rasant entwickelnde Gesell-schaft viel zu weltfremd?

- Überall wird von Qualität geredet und alleanderen kirchlichen Arbeitsbereiche werdenregelmäßig überprüft – aber wem gebendenn die Pfarrerinnen und Pfarrer Rechen-schaft über ihre Arbeit?

4.3.1. Zur gegenwärtigen Situation der Pfarrerinnen undPfarrer in Westfalen

Durch die erfolgten Eingriffe in ihreGehälter fühlen sich viele Pfarrerinnen undPfarrer nicht nur in besonderer Weise vonfinanziellen Einbußen betroffen, sondern siesind auch in ihrer Motivation getroffen undfühlen sich in ihrem Engagement zu wenigbeachtet. Verunsicherung und Vertrauens-verlust kennzeichnen zurzeit für viele dasVerhältnis zur Kirche. Im gewählten Amtempfinden viele die besondere Situation, imPfarrhaus zu leben oder etwa dieSchwierigkeit, freie Zeit für ihr Privatlebenzu finden, als beschwerlich. Pfarrerinnenund Pfarrer im funktionalen Dienst erlebenzwar in der Regel geordnetere Arbeits-strukturen, bekommen jedoch vonGemeindediensten oft eine Nachrangigkeit

Kultur der Wertschätzungund Anerkennung

4. Menschen, die für die Kirche arbeiten

46

bescheinigt. Jene, die sich zu eingeschränk-tem Dienst entschlossen oder ihn imEntsendungsdienst verordnet bekommenhaben, sehen sich häufig Erwartungen undAnsprüchen gegenüber, die kaum mit demvorgesehenen Zeitbudget in Deckung zubringen sind.

Für die Gruppe der Pfarrerinnen und Pfarrerim Entsendungsdienst wiederum ist eswenig nachvollziehbar, warum ihre Stellenals Ursache für die Verschiebung desFinanzverteilungsschlüssels in den letztenJahren betrachtet werden und nicht alleStellen der gesamten Theologenschaft.Große Verunsicherung erlebt der theologi-sche Nachwuchs durch die personalpolitischmotivierte „Notbremse“. Sie musste gezogenwerden. Dies geschah, indem die Zugängeaus weiteren jungen Theologinnen- undTheologenjahrgängen beschränkt wurden.Zusätzlich wurden Auswahlverfahren ein-geführt, in denen Fähigkeiten erfragt wer-den, die neben der im akademisch-theologi-schen Studium erworbenen Qualifikationfür den Beruf von Pfarrerinnen undPfarrern von Bedeutung sind.

4.3.2. Chance des Pfarramtsfür die Kirche

Wenn sich im Zuge gesellschaftlicherEntwicklungen kirchliche Strukturen unddie Gestalt der Kirche insgesamt verändern,muss dies auch auf den Pfarrberuf seineAuswirkungen haben. Denn nach wie vorist die Bedeutung der Pfarrerinnen undPfarrer für die Entwicklung und Wahr-nehmung der Kirche in der Gesellschaft sehrgroß. Sie gelten als vertrauenswürdigeRepräsentantinnen und Repräsentanten derKirche in der Öffentlichkeit.

In Mitgliedschaftsbefragungen und denmeisten Veröffentlichungen der letztenJahre zum Beruf der Pfarrerin und desPfarrers wird ihnen daher eine Schlüssel-

rolle für die Kirche zugemessen. Die meistenvon ihnen sind sich dessen sehr wohlbewusst und setzen sich wie andereMitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensivfür ihre Arbeit in den Orts- und Funktions-gemeinden ein.

Angesichts dieser Beobachtungen gilt esnun, in Abstimmung mit dem Auftrag derKirche zu klären, in welche Richtung dasPfarramt auf dem Hintergrund der gegen-wärtigen kirchlichen und gesellschaftlichenErfordernisse weiterentwickelt werden soll.

Ziel muss sein, durch eine gute Ausbildung,Wertschätzung von Engagement, Förderungvon Fähigkeiten und Klärung der Aufgabendie besonderen Chancen zu nutzen, die fürdie Kirche auch heute noch im Pfarramt lie-gen.

4.3.3. Aufgabenstellung in derKirchenordnung und Erwartungender Kirchenmitglieder und derÖffentlichkeit

Befragt man die Kirchenordnung, so zeigtsich für Pfarrerinnen und Pfarrer ein breitesAufgabenspektrum (Artikel 19 bis 21 KO):

A. Das Amt der Pfarrerin

und des Pfarrers

Artikel 19

(1) Der Dienst an Wort und Sakrament ge-

schieht vornehmlich durch die Pfarrerinnen

und Pfarrer.

(2) 1Mit der Berufung zur Pfarrerin oder zum

Pfarrer wird ein öffentlich-rechtliches Dienst-

verhältnis auf Lebenszeit begründet. 2Die

Begründung des Dienstverhältnisses ist in der

Regel mit der erstmaligen Übertragung einer

Pfarrstelle verbunden, die bei einer Kirchen-

gemeinde, einem Kirchenkreis, einem kirch-

lichen Verband oder der Landeskirche errich-

tet ist.

47

4.Zu diesen Aufgaben kommen die vielenErwartungen, teils berechtigte, teils unerfüll-bare. Pfarrerinnen und Pfarrer sollen sein:

fachkundig in den verschiedenen Bereichenwie Diakonie, Pädagogik, Seelsorge usw.;engagiert Mitdenkende in den Berufs- undFamiliensorgen der Kirchenmitglieder,Animateurinnen und Animateure für geistli-che ebenso wie für gesellige Wünsche derMenschen, Gesprächspartnerinnen und Ge-sprächspartner für Schulen und für Kranken-häuser, PR-Fachleute für Gemeindebrief undPressearbeit, Managerinnen und Manager,ebenso wie Mitschwester und Mitbruder,eindrucksvolles Vorbild und zugleich „einebzw. einer von uns“.

Daraus darf jedoch nicht der überforderndeAnspruch einer Totalrolle abgeleitet werdennach dem Motto „Die Pfarrerin und derPfarrer sind immer im Dienst“. Dies betrifftbesonders die Frage des Anteils der vondienstlichen Belangen freien Zeit und dieFrage der Glaubwürdigkeit.

Gerade weil im Pfarrberuf Person und Berufso eng und untrennbar miteinander verwo-ben sind, müssen der Privatbereich und diearbeitsfreie Zeit einer Pfarrerin und einesPfarrers auch durch die Kirche und ihreLeitungsgremien besonders geschützt wer-den. Weil dieses Problem oft nicht nur diePfarrerin, den Pfarrer allein betrifft, soll andieser Stelle auch wahrgenommen werden,was das Pfarramt für Pfarrfamilien bedeutet.

(3) Für die Aufbringung der Mittel für die

Besoldung und Versorgung der Pfarrerinnen

und Pfarrer und die Gestellung einer Dienst-

wohnung ist die Körperschaft verantwortlich,

bei der die Pfarrstelle errichtet ist.

(4) Die Ausbildung und die dienstrechtlichen

Verhältnisse der Pfarrerinnen und Pfarrer

werden durch Kirchengesetz geregelt.

Artikel 20

(1) 1Pfarrerinnen und Pfarrer haben den Auf-

trag, das Evangelium von Jesus Christus zu

verkündigen und die Sakramente zu verwal-

ten. 2Sie haben den Dienst der Unterweisung

und Seelsorge auszuüben.

(2) 1Pfarrerinnen und Pfarrer sind berufen,

die Kirchengemeinde in gemeinsamer Verant-

wortung mit den Presbyterinnen und Pres-

bytern zu leiten. 2Sie sind Mitglieder des

Presbyteriums von Amts wegen.

Artikel 21

(1) 1Zu den besonderen Aufgaben der

Pfarrerinnen und Pfarrer gehört die Leitung

des öffentlichen Gottesdienstes und der Voll-

zug der Amtshandlungen. 2Sie haben den

Dienst der Seelsorge, auch durch Haus- und

Krankenbesuch, mit tröstendem und mahnen-

dem Wort zu üben. 3Sie sollen das persönli-

che Beichtbekenntnis entgegennehmen und

die Vergebung Gottes zusprechen. 4Sie sollen

den kirchlichen Dienst an Kindern,

Jugendlichen und Erwachsenen fördern und

mitwirken, dass der missionarische Auftrag

der Kirche erfüllt, Liebe geübt wird und

Gerechtigkeit waltet.

(2) 1Unbeschadet der Dienstpflicht gegenüber

der Kirchengemeinde sind die Pfarrerinnen

und Pfarrer der gesamten Kirche zum Dienst

verpflichtet. 2Aufgaben, die über den Bereich

der Kirchengemeinde hinausgehen, können

ihnen durch die Leitungsorgane des

Kirchenkreises und der Landeskirche übertra-

gen werden. 3Pfarrerinnen und Pfarrer sind

verpflichtet, an den Pfarrkonventen des

Kirchenkreises teilzunehmen.

(3) Die Amtspflichten werden im Einzelnen

durch eine Dienstanweisung geregelt, die

vom Presbyterium aufgestellt wird und der

Genehmigung des Landeskirchenamtes be-

darf.

Erwartungen

Person und Beruf

4. Menschen, die für die Kirche arbeiten

48

So schreibt der Pfarrfrauendienst in derEKD 1993:„Das Pfarrhaus . . . gilt als Zeichen für diePräsenz der Kirche im Lebens- und Wohn-bereich der Gemeindeglieder. Dies ist einWert, der nicht leichtfertig aufgegeben wer-den darf . . . Trotz der Vorteile dürfen dieNachteile der Residenzpflicht für diePfarrfamilie nicht übersehen werden . . . Oftlassen sich dienstliche und private Räumenicht trennen: eine private Häuslichkeit isterschwert . . . Die Familie erlebt eine hohesoziale Kontrolle: Die lange Tradition desPfarrhauses prägt heute noch Erwartungenan ein moralisch vorbildliches Leben seinerBewohner . . .“ (*1).

Gerade der letzte Aspekt, die Frage derGlaubwürdigkeit von Pfarrerinnen undPfarrern (und ihren Familien), wird kontro-vers diskutiert.

„Weil es in unserer pluralen Gesellschaftkeinen anerkannten Wertekanon zu gebenscheint, verstärkt sich ein Bedürfnis nachMoral und Orientierung. Und gerade, wennes nur wenige Grundüberzeugungen gibt,die als nötig für gelingendes Zusammen-leben gelten – also Schutz des Lebens,Verlässlichkeit von Bindungen, Vertrauen inVerträge und Versprechen –, wirkt die Über-schreitung solcher Normen umso schmerz-licher . . . Eine Institution kann nicht ano-nym Werte vermitteln. Immer stehenPersonen für die Sache . . . aber andererseitsgilt: Macht euch kein Bildnis. Das gilt füralle Pfarrerinnen und Pfarrer und natürlichnicht nur im Blick auf ihre Unfehlbarkeit.Ihren makellos würdigen Wandel dürfen wirgar nicht fordern, sonst zerstören wir siemit unseren Erwartungen, zwingen sie indie Heuchelei, erzeugen im Pfarrhaus eineAtmosphäre, an der spätestens die zweiteGeneration psychisch zugrunde gehenkann . . . Das wirkliche Glaubenszeugnis lau-tet: Glaubt nicht an uns, sondern glaubt anGott. Dann kann die Form, in der Menschen

leben, authentisch sein, denn sie ist amEvangelium orientiert.“ (*2)

4.3.4. PastoraltheologischeGrundorientierung vor demHintergrund des Kirchenbildes

Angesichts dieser fast unübersichtlichenFülle von Aufgaben und Erwartungen ist esdringend an der Zeit, das Profil des Pfarr-amtes wieder zu schärfen und klare Priori-täten zu setzen. Dies kann jedoch nur einge-bettet in den allgemeinen Auftrag derKirche geschehen.

Aus der Reformationszeit stammt die dafürhilfreiche Unterscheidung zwischen demallgemeinen Priestertum aller Getauften(sacerdotium) und dem besonderen Amt(ministerium), zu dem eine GemeindeEinzelne aus ihrer Mitte beruft. Beide Ämtersind einander zugeordnet und aufeinanderbezogen. Das besondere Amt soll geachtetund wertgeschätzt werden, es ist notwendig,weil die Gemeinde aus Predigt und Sakra-ment heraus wächst und auferbaut wird(CA V). Zugleich steht das besondere Amt inder Gemeinde (CA VII) und ist Dienst in derGemeinde neben anderen besonderenDiensten. Es ist öffentliches Amt (CA XIV).Öffentlichkeit bedeutet dabei, dass das Amtauf die ganze Gemeinde bezogen ist und inbesonderer Verantwortung ihr gegenübervollzogen wird.

Für die nähere Ausgestaltung des Pfarr-amtes gibt es in der aktuellen pastoraltheo-logischen Literatur eine Vielzahl vonVorschlägen. Es ist wenig sinnvoll, ein ein-ziges Modell für die ganze westfälischeLandeskirche vorzusehen. Vielmehr mussetwa im Rahmen eines Leitbildprozessesvon Kirchengemeinden, Kirchenkreisenbzw. kirchlichen Einrichtungen geklärt wer-den, welches pastoraltheologische Modellim Blick auf die Mitglieder bzw. die ört-lichen Voraussetzungen (z. B. Diaspora-

(*1) Aus: Veränderungen im Pfarrhaus,Ein Beitrag des Pfarrfrauendienstes der

EKD, Mühlheim 1993 – S. 21 f(*2) Aus: Manfred Kock, Altes Bild inneuem Rahmen?, in: Kirche braucht

Bildung, Hans-Martin Lübking (Hrsg.)1998 – S. 113 f.

Glaubwürdigkeit

Profildes Pfarramtes

schärfen

49

4.Situation) das jeweils geeignetste ist bzw.welche Ansätze miteinander kombiniertwerden sollten.

Aus diesen Erwägungen ergeben sich eineReihe von allgemeinen Anforderungen andie persönliche Grundhaltung von Pfarre-rinnen und Pfarrern, wie sie ähnlich auchfür manche andere Berufe gelten, z. B.Glaubwürdigkeit, Verbindlichkeit, Vertrau-enswürdigkeit.

Zu den grundlegenden Eignungsvoraus-setzungen gehört ferner die Freude amUmgang mit anderen Menschen, die sich miteiner besonderen Kommunikationsfähigkeitverbindet. Daraus ergeben sich als weiterewichtige Kriterien z. B. persönliche Beweg-lichkeit, Konflikt- und Kritikfähigkeit, einbewusster Umgang mit Stärken und Schwä-chen (eigenen und fremden) und mit ver-schiedenen Rollen, Teamfähigkeit undKollegialität, ein flexibler Umgang mit ver-schiedenen Milieus.

Vor diesem Hintergrund wird dann aucheine angemessene missionarische Aus-richtung des pfarramtlichen Dienstes mög-lich, die für die Zukunft der Kirche vonbesonderer Bedeutung ist: die Bereitschaftzur behutsamen, werbenden, adressaten-orientierten Verkündigung des Evangeliumsund seiner Lebensdienlichkeit – unabhängigvon bestimmten Frömmigkeitsstilen oderAltersstufen, Respekt gegenüber verschiede-nen Mitgliedschaftsformen, Achtung vorAndersdenkenden, Bereitschaft zur Mit-gliedergewinnung, dialogische Ausein-andersetzung im gemeinsamen Suchennach der Wahrheit.

Schließlich ist für Pfarrerinnen undPfarrer die Identifikation und Verbunden-heit mit der Institution Kirche unverzicht-bare Voraussetzung.

Neben den notwendigen Grundhaltungensind im Rahmen des pfarramtlichenDienstes besondere berufsbezogene Sach-und Fachkompetenzen für die Ausübungpastoraler Aufgaben wesentlich, die folgen-dermaßen beschrieben werden können:

Theologische KompetenzTheologische Urteilskraft, Reflexionsfähig-keit, argumentative und dialogische Aus-einandersetzung mit anderen Sinnan-bietern, Integration von theologischenErkenntnissen in die persönliche Existenz,Aufbau von sinnorientierenden Deutungs-mustern, überzeugende Vertretung eigenerPositionen

Spirituelle KompetenzGeistliche Orientierung, Entwicklung undPflege persönlicher Glaubensformen undderen Weitergabe im Berufsalltag, verant-wortliche Gestaltung der gottesdienstlichenPraxis in liturgischer und homelitischerHinsicht, Mitbeteiligung der Gemeinde ander Gestaltung des gottesdienstlichenLebens, religiöse Sprachfähigkeit

Seelsorgliche KompetenzWahrnehmung des eigenen Verhaltens inkommunikativen Beziehungen (Selbst-erfahrung), Sensibilität und Einfühlungs-vermögen für die Situation andererMenschen (Fremdverstehen), Fähigkeit zubewusster und qualifizierter Gesprächs-führung, Bereitschaft zu helfender Beglei-tung, Fähigkeit, den christlichen Glauben inseiner Lebensrelevanz in zwischenmenschli-che Begegnungen einzubringen

Pädagogische KompetenzBerücksichtigung didaktischer und metho-discher Aspekte in allen Bereichen despfarramtlichen Dienstes, Fähigkeit zurreflektierten Eröffnung und Begleitung vonLernprozessen, Zielgruppenorientierung,Einbeziehung von psychologischen undsoziologischen Erkenntnissen, pädagogisch

GrundhaltungenSachkompetenzenFachkompetenzen

4. Menschen, die für die Kirche arbeiten

50

verantwortete Weitergabe der christlichenGlaubensüberlieferung in der Schule, imKonfirmandenunterricht sowie in Bildungs-und Erziehungsangeboten der Gemeinde

Soziale und diakonische KompetenzWahrnehmung der sozialen, kulturellen undpolitischen Wirklichkeit, Kenntnis derRahmenbedingungen des Sozialstaates,Bereitschaft zu konkretem Engagement undhelfender Begleitung, Identifikation mit derdiakonischen Arbeit als Lebens- und We-sensmerkmal der Kirche

Ökumenische KompetenzWahrnehmung der Weite und Vielgestaltig-keit des christlichen Glaubens und Lebens,Bereitschaft, die eigene konfessionelleIdentität mit der Offenheit für das Fremdeund andere zu verbinden, Bereitschaft, öku-menisches Lernen selbst zu vollziehen undbei anderen zu ermöglichen, Einbringungder ökumenischen Dimension in konkreteHandlungsvollzüge, Offenheit für das inter-konfessionelle und interreligiöse Gespräch

Kybernetische KompetenzFähigkeit zu planvollem, zielgerichtetemHandeln, Selbstorganisation, Prioritäten-setzung, Zukunftsorientierung, Leitungs- undSteuerungsfähigkeit, Kenntnis von verschie-denen Methoden (z. B. für die Bereiche Mo-deration, Bildung, Gruppenprozesse), Fähig-keit zur Kontrolle von Arbeitsergebnissen,Grundkenntnisse in Verwaltung, Finanzen,Recht und Baufragen

Beides – Haltung wie Kompetenzen – sindneben den im Theologiestudium erworbe-nen Qualifikationen wichtige Faktoren fürdie Anstellungsfähigkeit von Pfarrerinnenund Pfarrern. Sie können jedoch nicht nureinmal „gelernt“ und auch nicht nur einmal„abgefragt“ werden.

Vielmehr handelt es sich um Entwick-lungsperspektiven, die in der Ausbildung

berücksichtigt und im Rahmen von Fort-und Weiterbildung regelmäßig vertieft underweitert werden müssen.

4.3.5. Reformen auf Gemeindeebene

Pfarramtliche Aufgaben sind abhängig vomArbeitsfeld.

Zu den pfarramtlichen Aufgaben gehörenfür alle gemeinsame Kernaufgaben undjeweilige Schwerpunkte. Beides lässt sichnicht allgemein und arbeitsfeldunabhängigklären, aber eine Überprüfung desVerhältnisses der gemeinsamen Kernauf-gaben und persönlichen Schwerpunktemuss zur beruflichen Reflexion jederPfarrerin und jedes Pfarrers gehören. Dabeidürfen die Kernaufgaben nicht so bemessensein, dass sie keine Schwerpunkte mehr zu-lassen. Andererseits dürfen die Schwer-punkte aber auch nicht zu einer Vernach-lässigung der Kernaufgaben führen.

Konzeption/Stellenbeschreibungen/Aufgabenklärung/Arbeitszeitgestal-tung

Jede Gemeinde braucht eine Gemeinde-konzeption, die regelmäßig überprüft undfortgeschrieben wird. Wie bei allen anderenMitarbeitenden sollen auch für PfarrstellenAnforderungsprofile und Stellenbeschrei-bungen erarbeitet werden. Hierbei ist zwi-schen Kernaufgaben und spezifischenAufgaben zu unterscheiden (nicht jedePfarrerin und jeder Pfarrer muss und kannfür alles zuständig sein). Jede Pfarrerin undjeder Pfarrer erhält daraufhin eine Dienst-anweisung, in der ihre bzw. seine jeweiligenAufgaben konkret beschrieben sind. DieLandeskirche soll zu ihrer Erstellung unter-schiedliche Musterdienstanweisungen an-bieten.

Besondere Beachtung erfordert das ein-geschränkte Dienstverhältnis. Für die

ÜberprüfbareGemeindekonzeption

51

4.Wahrnehmung dieses Dienstes ist ein redu-zierter Aufgabenkatalog erforderlich.

Der Anteil an Verwaltungs-, Leitungs-und Managementaufgaben in einer Pfarr-stelle sollte einen Arbeitszeitanteil von 15 %nicht übersteigen. Eine notwendige Ent-lastung von Pfarrerinnen und Pfarrern vonderartigen Aufgaben zugunsten pastoralerTätigkeiten kann durch Beauftragung vongeeigneten Mitarbeitenden mit geschäfts-führenden Tätigkeiten in einer Einrichtung,Gemeinde oder in einem Gemeindeverbundrealisiert werden. In jedem Fall sind vor-handene Dienstleistungseinrichtungen (Ver-waltungen, synodale Dienste etc.) so zuorganisieren und strukturieren, dass sie fürentsprechende fachliche Aufgaben genutztwerden können. Darüber hinaus empfiehltsich die Bildung von Dienstgruppen imnachbarschaftlichen Verbund als geeignetesMittel für die Gestaltung der gemeindlichenund übergemeindlichen Arbeit:

Neben aufgabenbezogener Weiterbildungist dort, wo Pfarrerinnen und Pfarrer mitLeitungsverantwortung und Personalfüh-rung beauftragt werden, eine entsprechendeQualifizierung Voraussetzung. Die Superin-tendentinnen und Superintendenten stellendies durch ihre Dienstaufsicht sicher. Einbesonderes Problem ergibt sich aus mög-lichen Konflikten zwischen seelsorglichenAufgaben und der Vorgesetztenrolle. MitPfarrerinnen und Pfarrern muss bereits inder Aus- und Fortbildung diese Rollenpro-blematik reflektiert werden, um damit sach-gerecht umgehen zu können.

Im Sinne einer presbyterial-synodalenKirche sollen in jedem Pfarramt Aufgabenauf regionaler und überregionaler Ebene(Kirchenkreis/Gestaltungsraum) vorgesehensein. Deren Umfang muss in der Stellen-beschreibung im Verhältnis zu den anderenAufgaben konkret beschrieben und in derWahrnehmung sichergestellt werden.

Eine Arbeitszeitregelung ist im Gemein-depfarramt nur schwer möglich, da die Be-rufung den ganzen Menschen meint unddas ganze Leben einschließt. Jedoch brau-chen Pfarrerinnen und Pfarrer für sichselbst und, um qualifiziert arbeiten zu kön-nen, freie Zeiten für private Beziehungen,für die Pflege der eigenen spirituellenPraxis bzw. zur Erholung. Diese sind zwarrechtlich bereits geregelt, bekommen imBerufsalltag jedoch zur Zeit noch zu wenigBerücksichtigung. Deshalb soll bereits beider Erstellung der Dienstanweisung daraufgeachtet werden, dass der Katalog der pfarr-amtlichen Aufgaben mit einem realistischenZeitrahmen einhergeht und als solcher auchvon den Leitungsgremien vertreten wird.Die Vermittlung von Kenntnissen in Zeit-management soll durch die Ausbildungs-institute übernommen werden.

Das für das öffentlich-rechtliche Dienst-verhältnis allgemein geltende Leistungsprin-zip muss unter Berücksichtigung der Be-sonderheiten des pfarramtlichen Dienstesauch für Pfarrerinnen und Pfarrer angewen-det werden. In erster Linie sind daher Maß-nahmen vorzusehen, die sowohl den Beschäf-tigungsstellen als auch den Pfarrerinnen undPfarrern Aufschluss über die quantitativenund qualitativen Leistungen bei der Aus-führung der übertragenen Aufgaben geben.Um auch im Pfarramt eine Qualitätsförderungzu erreichen, soll in regelmäßigen Abständendie pastorale Arbeit reflektiert werden, etwadurch Gemeindeberatung, Supervision, Ge-spräche mit der Superintendentin oder demSuperintendenten, Berichte etc.

Besetzung von Pfarrstellen

„Um Maßstäbe für die Auswahl (vonPfarrerinnen und Pfarrern) nicht erst aus denAngeboten der Bewerberinnen und Bewerberentwickeln zu müssen und dann ins ,Schwim-men’ zu kommen, sollten vor der Ausschrei-bung die eigenen Erwartungen (einer

RealistischerArbeitszeitrahmen

Anforderungsprofil

4. Menschen, die für die Kirche arbeiten

52

Gemeinde oder kirchlichen Einrichtung)geklärt sein.

Ein Anforderungsprofil beinhaltet dieAnforderungen an Eigenschaften undFähigkeiten zukünftiger Stelleninhabe-rinnen und -inhaber. Es ist hilfreich, dieAnforderungen eindeutig zu definieren“ . . . und „im weiteren Verfahren darauf zuachten, dass“ . . . das Anforderungsprofil„nicht im Laufe des Verfahrens verändertwird.“ (*1) Neben inhaltlichen Aspektenbetrifft dies auch die Frage, ob Pfarrstellenim vollen Dienstumfang oder im einge-schränkten Dienst (Stellenteilung) ausge-schrieben werden können.

Zur Zeit orientieren sich Gemeinden beider Besetzung von Pfarrstellen noch viel-fach an bestimmten Lebensformen (Modellder Familie) und der männlichen Berufs-biografie (Vollzeit, in der Gemeinde ehren-amtlich tätige Ehefrau). Dieses einseitigeErscheinungsbild der Pfarrerschaft gilt es zuüberwinden. „Unsere Kirchenordnung regeltan verschiedenen Stellen, dass eine mög-lichst gleichmäßige Berücksichtigung vonFrauen und Männern anzustreben ist.Entsprechendes gilt auch für Bewerberinnenund Bewerber auf Pfarrstellen, insbesonderedann, wenn vorhandene Stellen bereits(mehrheitlich) mit Frauen oder Männernbesetzt sind.“ (*2) Presbyterien, die vor derNeubesetzung einer Pfarrstelle stehen, sol-len sich für diese Aufgabe sorgfältig vorbe-reiten und gegebenenfalls durch kompetentePersonen und den KSV (vgl. § 3 Absatz 4 Ge-meindepfarrstellenbesetzungsgesetz GPfBG)begleiten lassen.

Erreichbarkeit/Residenzpflicht

Durch die Organisation von seelsorgli-chem Bereitschaftsdienst in Dienstgruppenbzw. durch versetzte Bürozeiten in benach-barten Gemeindebüros sowie bestimmtetechnische Hilfsmittel wird eine möglichst

hohe Erreichbarkeit organisiert. Dabei müs-sen auch Zeiten für die persönliche An-sprechbarkeit von Pfarrerinnen undPfarrern vorgesehen sein. Positive Erfah-rungen von entsprechenden Modellen sol-len überall nutzbar gemacht werden. Dieverabredeten gegenseitigen Vertretungenbei freien Tagen, Bereitschaftszeiten undAnlaufstellen sollen regelmäßig öffentlichbekannt gegeben werden, z. B. auf einer„Serviceseite“ im Gemeindebrief.

Die Verpflichtung, in der Gemeinde zuwohnen, soll aus Gründen der Erreichbarkeitunbedingt bestehen bleiben. Es sollte jedochin den jeweiligen Gemeinden darüber beratenwerden, wie die Problematik, die mit demLeben im Pfarrhaus verbunden ist, gemildertwerden kann. Die Verpflichtung zumBewohnen einer Dienstwohnung kann jenach den persönlichen Gegebenheiten inunterschiedlichen Wohnformen wahrgenom-men werden.Die zunehmende Anzahl der Anfragen undAnträge von Pfarrerinnen und Pfarrern sowieder Kirchengemeinden zur Frage der Aufgabeder Dienstwohnung einer Pfarrerin oder einesPfarrers signalisieren hohen Klärungs- undEntscheidungsbedarf. Grundsätzlich müssenMindestanforderungen an das Wohnen allerPfarrerinnen und Pfarrer gestellt werden, dieim Charakter des Pfarramts begründet liegen:die Möglichkeit eines Seelsorgegesprächs inangemessener Atmosphäre (Vertraulichkeit)muss gegeben sein; die Wohnung muss vonallen Gemeindegliedern gut erreichbar sein(Öffentlichkeit). Die Verpflichtung zumBewohnen einer Dienstwohnung muss zu-künftig in den Kirchengemeinden undKirchenkreisen auf die jeweilige Angemes-senheit hin überprüft werden. Ob die ge-meindlichen Strukturen und die Gemeinde-arbeit Schaden nehmen, gewinnen oderunberührt bleiben, kann nicht für die gesam-te Landeskirche einheitlich geregelt werden,sondern braucht die verantwortliche Prüfungin der Gemeinde und im Kirchenkreis. Hierzuist eine neue Rechtsgrundlage zu erarbeiten.

(*1+2) Eine Pfarrstelle wird frei . . . was istzu tun? Informationen für Presbyterien

zum Pfarrwahlverfahren, hrsg. vomLandeskirchenamt der EKvW, 1999 – S. 7

Erreichbarkeit

53

4.4.3.6. Reformen aufKirchenkreisebene

Auch auf Kirchenkreisebene ist eineVerständigung über Ziele, Angebote undSchwerpunkte notwendig. Im Rahmen einerGesamtkonzeption muss geklärt werden,welche Angebote in Gemeinden und welchedurch gemeinsame Dienste gemacht wer-den. Dafür ist der Kirchenkreis die Pla-nungsebene. Gemeindedienste und gemein-same Dienste sollen miteinander vernetztwerden.

4.3.7. Reformen auf landeskirchlicher Ebene

Aus-, Fort- und Weiterbildung

Die Ausbildung von Pfarrerinnen undPfarrern muss die oben beschriebenenQualifikationen vermitteln und die vorhan-denen Begabungen vertiefen. Das entspre-chende Anforderungsprofil und die Maß-stäbe der Eignung müssen bereits mit Beginndes Studiums deutlich gemacht werden. Dieangewandten Ausbildungskonzepte sinddaraufhin in regelmäßigen Abständen zuüberprüfen und gegebenenfalls zu verän-dern. Bereits im ersten Ausbildungs-abschnitt sollte neben einem soliden, abergestrafften Theologiestudium ein stärkererPraxisbezug eingeführt werden. So sollte inder Mitte des Studiums ein ausführlichesGemeindepraktikum stattfinden, das sorg-fältig ausgewertet werden muss, damit es zueiner frühzeitigen Klärung über dasInteresse am bzw. die Eignung für denPfarrberuf kommen kann.

Die neu konzeptionierte Vikariatsaus-bildung bedarf einer regelmäßigenEvaluation, damit Schwachstellen rechtzei-tig erkannt und notwendige Veränderungennicht zu spät eingeleitet werden. An dieserÜberprüfung sollten die Gemeindepfarre-rinnen und -pfarrer mehr als bisher beteiligt

werden. Um die Vikariatsausbildung nichtmit immer neuen Ausbildungselementen zubefrachten, muss ein zusammenhängendesKonzept für die Aus- und -fortbildung vonPfarrerinnen und Pfarrern entwickelt werden.

Fort- und Weiterbildung müssen über dieersten Amtsjahre hinaus verpflichtend sein.Für bestimmte Bereiche sollten personen-und stellenbezogene Fortbildungskonzepteentwickelt und angeboten werden.

Fragen der Personal- undStellenplanung

Es sollten Regelungen gefunden werden,um die drohende Verfestigung von Status-unterschieden unter der Theologenschaft zuverhindern. Es sollte geprüft werden, ob be-stimmte Stellen in Projekt- oder Stabs-stellen umgewandelt werden können.Solche Stellen sind befristet, besitzen eineklare Aufgabenbeschreibung und unterlie-gen ebenso wie andere kirchliche Arbeits-felder einer Zielvereinbarung und -überprü-fung.

Superintendentinnen und Superinten-denten, Ämterleiterinnen und Ämterleitersowie Gemeindementorinnen und -mento-ren müssen Empfehlungen abgeben können,die bei Bewerbungen, Beauftragungen usw.auch eine Rolle spielen.

Im Sinne einer „Kultur des Wechsels“sollte – wie im EKU-Recht vorgeschlagen –mit Pfarrstelleninhaberinnen und Pfarr-stelleninhabern nach 10 Jahren der „Ratzum Stellenwechsel“ bedacht werden. Häu-figere Wechsel, als es zur Zeit die Praxis ist,sind sinnvoll, damit nicht einzelne Personeneine Gemeinde oder eine Einrichtung zulange in eine Richtung prägen. Die Landes-kirche soll dazu ein Westfälisches Aus-führungsgesetz schaffen; das Pfarrstellen-besetzungsrecht ist dazu insgesamt zu über-prüfen.

„Kultur des Wechsels“

4. Menschen, die für die Kirche arbeiten

54

Für die weitere Entwicklung in Gemein-den und Kirchenkreisen ist es sinnvoll, eineRegelung zu treffen, die es ermöglicht,einen Wechsel von Pfarrerinnen undPfarrern herbeizuführen, wenn dies wegenKooperation oder Fusion mehrerer Gemein-den bzw. nicht mehr gegebenem Dienst-umfang in einer Gemeinde notwendig ist.

Es müssen Personalwahrnehmungs- undPersonalförderungsstrukturen geschaffenwerden, die Beratung, Information undVermittlung nach außen ermöglichen.

Insbesondere Pfarrerinnen und Pfarrer, dieihre Tätigkeit im eingeschränkten Dienst ver-sehen, bringen die Kenntnis weiterer Lebens-bereiche und besondere Fähigkeiten zurReflexion ihrer Berufsrolle mit ein. Daher istdie Möglichkeit, die pfarramtliche Tätigkeitim eingeschränkten Dienst auszuüben, weiterzu fördern. Insofern der Teildienst freiwilligund biographisch befristet wahrgenommenwerden kann, führt er zu hoher Zufriedenheit.Als personal- und finanzpolitisches Instru-ment ist er aber problematisch, da er die Iden-tifikation der Betroffenen mit ihrer Aufgabeund ihrer Arbeitgeberin erschwert.

Die gegenwärtige Beschlusslage bringtPfarrerinnen und Pfarrer im Entsendungs-dienst in zum Teil schwierige wirtschaftli-che Situationen (50 % von A 12). Eine sol-che Beschäftigung im eingeschränktenDienst ist in ihrem Aufgabenspektrum so zubeschreiben, dass auch Nebentätigkeitenwahrgenommen werden können.

Pfarrstelleninhaberinnen und Pfarr-stelleninhaber, die in den Ruhestand getre-ten sind, sollen alles vermeiden, was denDienst ihrer Amtsnachfolgerinnen und -nachfolger erschweren kann (vgl. Pfarr-dienstgesetz PfDG § 57).

Die Landessynode 1996 hat dieKirchenleitung beauftragt, „Wege zu prüfen,

nach denen die Grundsätze des Gleich-stellungsgesetzes weitestgehend auch fürPfarrerinnen und Pfarrer, Vikarinnen undVikare sowie Predigerinnen und Predigerzum Tragen kommen können“. Diese Über-prüfung steht noch aus. Bis dazu Ergebnissevorliegen, soll das Landeskirchenamt regel-mäßig über den Anteil von Frauen undMännern in den Pfarrstellen (je nachKirchenkreis) berichten (aktueller Zahlen-spiegel des Jahres 1999: 228 Pfarrerinnen,davon 176 mit vollem Dienst; 52 imTeildienst; 1.264 Pfarrer, davon 1.189 mitvollem Dienst; 75 im Teildienst; 1 Pfarr-stellenverwalterin mit vollem Dienst;8 Pfarrstellenverwalter mit vollem Dienst;unberücksichtigt: Pfarrerinnen und Pfarrerim Probedienst). Diese Daten belegen dieNotwendigkeit der Umsetzung des Syno-denbeschlusses, der 1999 nochmals bestä-tigt worden ist. Außerdem sind alle recht-lichen Möglichkeiten auszuschöpfen, wennFrauen bei Ausschreibungen, der Auswahlder Kandidatinnen und Kandidaten und imWahlverfahren bei gleicher Qualifikationnicht in gleicher Weise berücksichtigt wer-den wie Männer.

Dienst- und Besoldungsrecht

In einer Pfarrstelle wird Pfarrerinnen undPfarrern ein Amt mit bestimmten Rechtenund definierten Pflichten übertragen. In derWahrnehmung dieses Amtes und des damitverbundenen Auftrages stehen Pfarrerinnenund Pfarrer in einem öffentlich-rechtlichenDienstverhältnis.

Die Besoldung von Pfarrerinnen undPfarrern sollte am öffentlichen Dienstorientiert bleiben.

Bei unumgänglichen Kürzungen solltegeprüft werden, ob es einen Ausgleichgeben kann, zum Beispiel durch eineErhöhung der Urlaubs- und Fortbildungs-tage.

Teildienst

Öffentlich-rechtlichesDienstverhältnis

55. Leitungshandelnauf allen Ebenen

Leitungshandeln auf allen EbenenProblemstellungVerantwortliche Leitung als strategische Leitungund als PersonalführungStrategische Leitung als Qualitätsverbesserungund QualitätssicherungPersonalführung zur Qualitätsverbesserungund QualitätssicherungLeitungshandeln im Amt der Superintendentinund des Superintendenden

5556

56

57

61

62

5.5.1.5.2.

5.3.

5.4.

5.5.

5. Leitungshandeln auf allen Ebenen

56

5.1. Problemstellung

Der Aufbau und die Struktur der Evangeli-schen Kirche von Westfalen sind durch diepresbyterial-synodale Ordnung gekennzeich-net. Die Kirchengemeinden und Kirchenkreiseregeln ihre Belange in je eigener Verant-wortung. Sie sind dabei an die Kirchen-ordnung, weitere kirchliche Gesetze und andie allgemein gültigen staatlichen Gesetzegebunden. Die Kirchengemeinden sind zuKirchenkreisen zusammengefasst, welcheschließlich in ihrer Gesamtheit die Evange-lische Kirche von Westfalen bilden. Dieseunterschiedlichen Ebenen sind bei kirchlichenWillensbildungs- und Entscheidungsprozes-sen aufeinander bezogen und ineinander ver-schränkt. Die presbyterial-synodale Ordnunghat sich bewährt. Sie bietet erheblicheSpielräume für modernes Leitungshandeln.

Die Befragung aller 33 Kirchenkreise imSommer 1999 hat im Hinblick auf denThemenbereich Leitungsverantwortung fol-gende Problemstellungen aufgezeigt:

Es wird eine alle Gremien und Ebenenumfassende Leitungskrise (zu wenig strate-gische Arbeit in den Gremien) gesehen, dievor allem an mangelhaften Rollenbe-schreibungen und fehlender Geschäfts-führung festgemacht wird.

Sehr häufig wurden Größe, Zusammen-setzung und Wahlperiode der Leitungsgre-mien als Problem benannt.

Es wurde bemängelt, dass die Gremienaufgrund ihrer Beschäftigung mit Einzel-problemen und kleinteiligen operativenAufgaben de facto nicht in der Lage sind,eine wirkungsvolle, strategische und kon-zeptionelle Leitung auszuüben.

Es wurde festgestellt, dass Ausschüssesehr oft keine klare Aufgabenzuweisungund keine definierte Kompetenz haben.

Es wurde beklagt, dass es in vielen Fällenan persönlicher Qualifikation und Kom-petenz der Amtsinhaberinnen und Amtsin-haber oder an Zeit für die zu erfüllendenAufgaben fehlt. Auch Ehrenamtliche sindhäufig nicht in der Lage, ihre vielgestaltigenund umfassenden Aufgaben sachgerechtwahrzunehmen.

Es wurde darauf hingewiesen, dass dieVerwaltungsordnung in manchen Bereichen(z. B. Genehmigungspraxis) zu unflexibel ist.

5.2. Verantwortliche Leitungals strategische Leitung und alsPersonalführung

Verantwortliche Leitung wird in zweifacherHinsicht wahrgenommen:

Bei der strategischen Leitung geht es umdie Wahrnehmung und Analyse der aktuel-len Arbeitsfelder, die Formulierung vonZielen (geistliche Leitung) und Strategien zuderen Erreichung, die Planung vonMaßnahmen sowie deren Überprüfung imHinblick auf die formulierten Ziele(Controlling).

Die presbyterial-synodale Ordnung derEKvW bindet die Wahrnehmung von strate-gischen Leitungsaufgaben an Gremien:Gemeinden werden durch Presbyteriengeleitet, Kirchenkreise durch die Kreis-synode und in deren Vertretung durch denKreissynodalvorstand, die Landeskirchedurch die Landessynode und in derenVertretung durch die Kirchenleitung.

Bei der Personal- und Mitarbeitenden-führung geht es um die Umsetzung der stra-tegischen Entscheidungen in durch die ein-zelnen ehren- und hauptamtlich Mitarbei-tenden zu bewältigende Maßnahmen: Dazugehören deren Operationalisierung (Zerle-gung in Teilaufgaben), die Auswahl undWeiterqualifizierung der Mitarbeitenden

Strategische Leitungin Gremien

Personalführung durchDienstvorgesetzte

57

5.(Personalentwicklung), die Konfliktlösungsowie die regelmäßige Überprüfung dergeleisteten Arbeit (Jahresgespräche, Con-trolling).

Die Kirchenordnung der EKvW bindet dieWahrnehmung von Mitarbeitendenführungan einzelne Ämter und damit Einzel-personen (als Dienstvorgesetzte). Diese sindin der Regel auch Mitglied der Leitungs-gremien: Vorsitzende der Presbyterien,Pfarrerinnen und Pfarrer, Superintenden-tinnen und Superintendenten sind Inhabe-rinnen und Inhaber wichtiger, aber keines-wegs der einzigen Leitungsämter in unsererKirche.

5.3. Strategische Leitungals Qualitätsverbesserung undQualitätssicherung

Wie kann strategische Leitung verantwortungsvoll wahrgenommenwerden?

Wesentliche Ziele strategischer Leitung sinddie Qualitätssicherung und Qualitätsver-besserung kirchlicher Arbeit. Dazu sindfolgende Schritte erforderlich:

Es müssen durch die LeitungsgremienStandards klar und verbindlich definiertwerden. Dies betrifft Art und Umfang desAngebots (Grundangebot und Differen-zierung) ebenso wie dessen Durchführungund Auswertung. Dabei sind vier Ebenen zuberücksichtigen:

– Wie repräsentieren die Angebote Auftragund Angebote der Kirche? („Profilorien-tierung“)

– Für wen sind die Angebote? („Mitglieder-orientierung“)

– Wer führt die Angebote aus? („Mitarbei-tendenorientierung“)

– Welche Ressourcen stehen zur Verfügung?(„Finanzorientierung“)

Die Leitungs- und Entscheidungsstruk-turen müssen eine kontinuierliche Planung,Überprüfung und Verbesserung von Art undUmfang der Angebote ermöglichen.

Die Leitungsstrukturen müssen doku-mentiert sein und die Angebote konzept-orientiert erfolgen, um Transparenz nachinnen und außen zu ermöglichen.

Wie können die Leitungsgremien inihrem Dienst unterstützt werden?

Die Zuständigkeiten und Verantwort-lichkeiten der Presbyterien, Kreissynodenund Kreissynodalvorstände sowie derLandessynode und Kirchenleitung müssensich auf die wesentlichen Inhalte der kirch-lichen Arbeit sowie auf die theologischenund kirchlichen Grundsatzfragen konzen-trieren. Es ist notwendig, dass die Pres-byterien und Kreissynoden ihre Arbeits-weise ändern und Zuständigkeiten ihresAufgabenbereiches (Artikel 56 und 57 KO –Presbyterium/Artikel 87 KO – Kreissynoden)sowie Geschäfte der laufenden Verwaltungdelegieren, und zwar

bei Kirchengemeinden: z. B. auf Aus-schüsse, die Vorsitzenden der Presbyterien,Kirchmeisterinnen und Kirchmeister, Beauf-tragte

bei Kirchenkreisen: z. B. auf Ausschüsse,die Kreissynodalvorstände, die Superinten-dentinnen und Superintendenten, Verwal-tung.

Allen leitenden Gremien soll künftig eineGeschäftsführung zugeordnet werden. InKirchengemeinden kann dies durch entspre-chende Dienstanteile einer Pfarrerin odereines Pfarrers sowie durch ein entsprechendpersonell ausgestattetes Gemeindebüro erfol-gen. Auf Kirchenkreisebene wird dieseAufgabe durch die Superintendentur bzw.die Verwaltung wahrgenommen.

QualitätssicherungQualitätsverbesserung

5. Leitungshandeln auf allen Ebenen

58

Wie groß sollen die Gremien seinund wie setzen sie sich optimalzusammen?

Die bisherige personelle Stärke undZusammensetzung der Presbyterien undKreissynoden ist im Sinne einer effektivenund effizienten Gremienarbeit kritisch zubeleuchten. Dabei stellen sich folgendeFragen:

Größe und Amtszeit der Gremien:

Soll neben der in Artikel 40 KO festgelegtenMindestzahl auch eine Obergrenze für diepersonelle Stärke eines Presbyteriums fest-gelegt werden? Soll es eine Obergrenze fürdie personelle Stärke der Kreissynodengeben?

Könnte eine Verkürzung der Amtszeit derMitglieder der Presbyterien z. B. nach demVorbild der kommunalen Selbstverwaltung(4-5 Jahre) die Attraktivität dieses Amteserhöhen?

Zusammensetzung und Qualifikation:

Sollen auch künftig alle Inhaberinnen undInhaber von Pfarrstellen von Amts wegenMitglieder der Presbyterien bzw. Kreis-synoden sein? Soll eine Mitgliedschaft vonweiteren bei der Körperschaft hauptberuf-lich Beschäftigten in den Presbyterien auchkünftig ausgeschlossen sein?

Wie kann gewährleistet werden, dassBegabungen und Qualifikationen vonMitgliedern der Leitungsorgane und ihrerAusschüsse auch wirklich abgerufen wer-den?

Wie kann eine regelmäßige Fortbildung derPresbyterinnen und Presbyter gewährleistetsein (Artikel 113 Abs. 3 KO)?

Wie können junge Gemeindeglieder an dasAmt einer Presbyterin oder eines Presbytersherangeführt werden?

Vorsitz und Geschäftsführung:

Welche Instrumentarien müssen unterstüt-zend geschaffen werden, damit die Über-nahme des Vorsitzes im Presbyterium durcheine Presbyterin bzw. einen Presbyterzumutbar erscheint und in der Praxis häufi-ger realisiert wird?

Könnte es der Kontinuität und Effizienz derArbeit im Presbyterium dienen, wenn auchgeeignete und dafür besonders qualifiziertePfarrerinnen und Pfarrer im Vorsitz wieder-gewählt werden könnten?

Erscheint es für größere Kirchengemeindenhilfreich, wenn ein „GeschäftsführenderVorstand“ des Presbyteriums gebildet wird?

Wie kann die Arbeit der Leitungsorgane zurGemeinde und zum Kirchenkreis hin trans-parent gemacht werden?

Wie kann die Ausschussarbeitverbessert werden?

Die Kirchenordnung sieht in Artikel 73, 74und 102 auf der Ebene der Kirchen-gemeinden und Kirchenkreise die Bildungvon Ausschüssen vor. Diese Form derWahrnehmung von Fachaufgaben ist imInteresse der Entlastung der Leitungs-gremien und unter dem Gesichtspunkt derEffizienz des Leitungshandelns konsequentweiterzuentwickeln. Dabei ist die Anzahlder Ausschüsse klein zu halten, damit auchgenügend fachlich qualifizierte Personenzur Besetzung zur Verfügung stehen.

Für alle Ausschüsse ist eine präziseAufgabenbeschreibung erforderlich. Darinwird auch die Delegation von Ent-scheidungsbefugnissen unter Einschluss von

Zusammensetzungder Presbyterien und

Kreissynoden

59

5.Steuerungs- und Controllinginstrumentenmit Budgetierung, Zielvereinbarung, Ablauf-bzw. Qualitätskontrolle und regelmäßigerBerichterstattung geregelt. Durch diese Ins-trumente ist gleichzeitig die Rückkoppelungzum Leitungsorgan sichergestellt.

In dem Maße, in dem Umfang und Auf-gaben der Gremien auf die Ausschüsse ver-lagert werden, steigt die Funktionalität undFachlichkeit in der Aufgabenwahrnehmung.Im Leitungsgremium selbst wird der Blickauf das Wesentliche gelenkt. „LaufendeGeschäfte“ werden bereits in der Ausschuss-arbeit entschieden und erledigt.

Die Ausschussvorsitzenden sollten zu-gleich Ansprechpartnerin und Ansprech-partner für das jeweilige Arbeitsgebiet sein.Damit erübrigt sich für diese Bereiche dieBenennung von Beauftragten. Das bedeutetnicht, dass eine Beauftragung von Einzel-personen für spezielle Aufgabengebiete hin-fällig wird.

Die Berufung von Beauftragten solltekünftig durch die Presbyterien bzw. Kreis-synodalvorstände – und nicht mehr durchdie Kreissynoden – erfolgen.

Besondere Aufgaben sollen durch einezeitlich befristete Einberufung von Aus-schüssen wahrgenommen werden („Projekt-teams“). Die projektorientierte Arbeitkommt nicht nur den Interessen vielerEhrenamtlicher entgegen (Fachlichkeit),sondern ermöglicht auch eine eindeutigabgrenzbare und ergebnisorientierte Arbeit.

Welche Impulse zur Weiterarbeitkönnen gegeben werden?

Jede Gemeinde, jeder Kirchenkreis, dieLandeskirche und jede kirchliche Einrich-tung können ihre Arbeitsfelder und Ange-bote anhand folgender Fragen strategischüberprüfen:

Was gibt es und aus welchen Gründen istes (wann) eingerichtet worden? Was sindspezifische Aufgaben- und Problemstel-lungen für unsere Gemeinde/Einrichtung/Gemeinsamen Dienste?

Wie viele Menschen kommen? WelcheMenschen (Alter, Beruf, Nähe oder Distanzzur Kirche usw.) kommen?

Welchen Gewinn sehen diese Menschenin dem jeweiligen Angebot?

Wie viele Personen sind haupt-, neben-oder ehrenamtlich mit der Vorbereitung undDurchführung betraut? Wie viel Zeit inves-tieren sie dabei? Stehen Aufwand undErtrag in einem sinnvollen Verhältnis?

Welche Ressourcen (Finanzmittel, Ge-bäude etc.) stehen für das jeweilige Angebotzur Verfügung? Stehen Aufwand und Ertragin einem sinnvollen Verhältnis?

Was läuft gut? Wo sind Schwierigkeiten?

Welche Ziele und welchen Stellenwerthaben diese Aktivitäten im Blick auf dieGrundaufgaben der Kirche? Was kommtgegenwärtig zu kurz, was kann gar nichtabgedeckt werden?

Was sind unsere Ideen für die Zukunft?Welche Ziele nehmen wir uns vor?

Auf der Basis dieser Ergebnisse entscheidetdas Presbyterium oder das verantwortlicheLeitungsorgan einer kirchlichen Einrichtungzusammen mit den Haupt- und Ehren-amtlichen (Hilfestellung von außen kanndazukommen), was bleiben, was wegfallen,was verbessert und was evtl. neu eingerich-tet werden soll.

Präzise Aufgaben-beschreibung

Projektteams

5. Leitungshandeln auf allen Ebenen

60

Ein notwendiges Controlling kann durchjährliche Planungsgespräche ermöglichtwerden. Darin wird über die Ziele, denStand ihrer Umsetzung und über neue Ideengesprochen. Die Ergebnisse sind zu proto-kollieren und beim nächsten Planungs-gespräch abzufragen:

Kirchengemeinden: Durch die Super-intendentinund den Superintendenten oderBeauftragte werden mit jeder Gemeinde(Presbyterium) und allen GemeinsamenDiensten in einem Kirchenkreis jährlichPlanungsgespräche geführt.

Kirchenkreise: Durch das Landeskirchen-amt (Ortsdezernentinnen und Ortsdezernen-ten) werden mit jedem Kirchenkreis(Kreissynodalvorstand) und allen Ämternund Werken jährlich Planungsgesprächegeführt.

Welche notwendigen Konsequenzenmüssen gezogen werden?

Presbyterien und Leitungsorgane Gemeinsa-mer Dienste sind zu strategischem Handelnzu befähigen.

Einrichtung einer Geschäftsführung zurVorbereitung und Durchführung operativerAufgaben.

Organisation von gegenseitiger Beratungund Unterstützung.

Verbindlichere und flexiblere Umge-staltung der Verwaltungsordnung im Hin-blick auf die Einrichtung einer Geschäfts-führung für leitende Gremien.

Beratung und Unterstützung vonKirchengemeinden, Kirchenkreisen undkirchlichen Einrichtungen bei der Erarbei-tung und Umsetzung von Qualitätsprofilendurch die Ämter und Werke der EKvW.

Darüber hinaus ist auch eine Inanspruch-nahme von externer Beratung sinnvoll undnotwendig.

Verbindliche Einführung von Standardsfür die Durchführung der Planungsge-spräche und entsprechende Qualifizierungder durchführenden Personen (Superin-tendentinnen bzw. Superintendenten undOrtsdezernentinnen bzw. Ortsdezernenten).

Presbyterien und Leitungsorgane gemeinsa-mer Dienste sind zur Wahrnehmung ihrerAufsichts- und Controllingfunktionen zubefähigen.

Benennung verantwortlicher Gremienund Personen sowohl auf der Gemeinde-ebene als auch auf der Ebene Kirchen-kreis/Kirchliche Einrichtungen, die für dieÜberprüfung der vereinbarten Qualitäts-standards zuständig sind.

Visitierung jeder Gemeinde alle fünfJahre in einem vereinfachten Verfahrenvom Kirchenkreis. Dafür sind einfache,effektive Formen vom Landeskirchenamt zuentwickeln. Für die Kirchenkreise undkirchlichen Einrichtungen werden ver-gleichbare Zeiten und entsprechendeFormen verabredet. Dieses ist in einer über-arbeiteten Visitationsordnung festzuhalten.

Kontinuierliche Erfassung von Erfolgenund Veränderungsnotwendigkeiten durchein standardisiertes Berichtswesen (z. B.Jahresberichte).

Die entsprechenden Standards und Vorlagensind vom Landeskirchenamt zu erarbeiten.

Entwicklung von Prüfbogen („Verbrau-cher-Tests“, „Feedback-Bögen“ . . . ) für eineBegutachtung kirchlicher Arbeit durch Teil-nehmerinnen und Teilnehmer (von Veran-staltungen) und „Personen von außen“.

Leitungsorgane sind zu

strategischemHandeln zu

befähigen

Planungsgesprächesind notwendig

61

Verbindlichere und flexiblere Umge-staltung der Verwaltungsordnung im Hin-blick auf die Aufsichts- und Controlling-funktionen leitender Gremien.

5.4. Personalführung zurQualitätsverbesserung undQualitätssicherung

Wie kann Personalführung verantwortungsvoll wahrgenommenwerden?

Qualitätsorientierte Personalführung orien-tiert sich an folgenden 4 Kriterien:

Aufgabenklarheit

Von Konzepten und vereinbarten Zielenausgehend müssen für die Mitarbeitendenkonkrete Aufgaben und Zuständigkeitenbeschrieben und Stellenbeschreibungen (fürEhrenamtliche, Hauptamtliche, Pfarrerinnenund Pfarrer, Superintendentinnen undSuperintendenten, Landeskirchenrätinnenund -räte etc.) erarbeitet werden. Diese fin-den ihren Ausdruck in Anforderungs-profilen (für zu besetzende Stellen) undarbeitsplatzbezogenen Dienstanweisungen.Auf diese Weise wird Transparenz gewon-nen und können Konflikte überwundenwerden, die strukturell angelegt sind.

Strukturklarheit

Dienst- und Fachaufsicht werden personelleindeutig geregelt und inhaltlich bestimmt.Dort, wo Leitungsverantwortung wahrzu-nehmen ist, wird diese in ihrem Umfangund in ihren Aufgaben definiert undschriftlich für beide Seiten transparent fest-gehalten. Leitende werden für ihreLeitungsaufgaben entsprechend qualifiziert.Die Einbindung in die Gesamtstruktur einerInstitution soll allen Beteiligten klar undanhand eines Organigramms nachvollzieh-bar sein.

Zielvereinbarung und -überprüfung

Dienstvorgesetzte und Mitarbeitende(Pfarrerinnen und Pfarrer, pädagogischeund andere Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter) legen gemeinsam in Einzel- oderTeamgesprächen für bestimmte Zeiträumekonkrete Planungen und Teilziele zurUmsetzung der Gesamtziele fest. Die Zielemüssen konkret, realistisch und überprüfbarsein. Das bedeutet, dass die jeweils verein-barten Aufgaben von den Mitarbeitendenauch kompetent erfüllt werden können.Dazu ist gegebenenfalls Qualifizierung undKompetenzvernetzung erforderlich. NachAblauf des Planungszeitraums wird vor derweiteren Planung die Erreichung der Zielegemeinsam überprüft.

Personalentwicklung

Mindestens jährlich finden Mitarbeitenden-gespräche mit den jeweiligen Dienst-vorgesetzten (Leitung einer Einrichtung mitMitarbeitenden; Superintendentin oderSuperintendent mit Pfarrerinnen oderPfarrern, Ortsdezernentin oder Ortsdezernentmit Superintendentin oder Superintendent. . . ) statt, in denen sich beide SeitenRückmeldung zur Zusammenarbeit geben,Erwartungen und Wünsche offen legen undEntwicklungsmöglichkeiten thematisieren.Auch die individuelle Fortbildungsplanung,zu der beide Seiten ihre Vorstellungen ein-bringen, soll hierbei verabredet werden.

Die Fortbildungsverpflichtungen sind durchdie jeweiligen Dienstvorgesetzten zu über-prüfen. Die notwendigen Informationenwerden von dem Personalwesen zurVerfügung gestellt (Personalentwicklungs-datei, Personalinformationssystem). DieDienstvorgesetzten werden zum Führen die-ser Gespräche entsprechend geschult. Aufder Leitungsebene von Kirchenkreisen oderanderen regionalen Einheiten müssenPersonen benannt werden, deren Aufgabe

5.Aufgabenklarheit,Zielvereinbarung,Personalentwicklung,Strukturklarheit

5. Leitungshandeln auf allen Ebenen

62

u. a. Personalentwicklungsplanung ist(Bedarfsplanung, Nachwuchsförderung,Aktualisierung von Stellenplänen, Anfor-derungsprofilen, etc.). Sinnvoll ist eine Ver-netzung zu den Einrichtungen für Aus-,Fort- und Weiterbildung. Personalabteilungensollten von der Personalverwaltung zumPersonalwesen entwickelt werden.

Wie können die leitenden Personenin ihrem Dienst unterstützt werden?

Um die unmittelbar beschriebenen Auf-gaben der Personalführung auch direktwahrnehmen zu können, sollte die Zahl dereiner Dienstvorgesetzten oder einem Dienst-vorgesetzten unmittelbar zugeordneten Mit-arbeitenden 15 Personen nicht wesentlichüberschreiten. Mit dieser Leitungsspannekann sowohl Personalentwicklung als auchSeelsorge und Aufsicht sinnvoll wahrge-nommen werden.

In der Befragung der Kirchenkreise ist dieProblematik der Verbindung von Aufsichtund Seelsorge im Amt der bzw. des Dienst-vorgesetzten deutlich herausgestellt worden.Diese Verbindung soll auch in Zukunft erhal-ten bleiben. Allerdings ist dafür eine ver-pflichtende Qualifizierung der Amtsinhaberinund des Amtsinhabers dringend erforderlich.

Die zur Wahrnehmung von Aufsicht undPersonalentwicklung notwendigen regelmä-ßigen Mitarbeitendengespräche sind bei denderzeit üblichen Leitungsspannen unmög-lich. Die bei Superintendentinnen undSuperintendenten anzutreffende Leitungs-spanne von 1:30 bis 1:100 hauptamtlichMitarbeitenden, inkl. Pfarrerinnen undPfarrer haben vielmehr die weitgehendeAbwesenheit von Leitung zur Folge.

Um eine möglichst optimale Leitungsspannezu erreichen, ist daher die Delegation vonLeitungsfunktionen dringend erforderlich.Dies wird nachfolgend am Beispiel des Amtes

der Superintendentin und des Superin-tendenten verdeutlicht, ist in der Sache aber auch auf Gemeindepfarrerinnen undGemeindepfarrer bzw. alle weiteren Personenmit Dienstvorgesetztenfunktion übertragbar.

5.5. Leitungshandeln imAmt der Superintendentin und desSuperintendenten

Aus der Kirchenordnung (Art. 112–116)lassen sich für das Amt der Superinten-dentin und des Superintendenten vier Kern-funktionen ableiten:

geistliche LeitungSeelsorge und BeratungAufsichtRepräsentation nach außen.

Die Befragung in den Kirchenkreisen hatdarüber hinaus ergeben, dass folgendeFunktionen deutlicher als bisher herausge-stellt werden müssen:

Verantwortung für die Einheit der Kirchein der RegionFörderung der Zusammenarbeit vonKirche und GesellschaftVerantwortung für eine qualifiziertereDarstellung der Kirche in der Öffentlich-keitMitwirkung an Aufgaben der Landes-kirche.

Diese Aufgaben und Funktionen müssenzwingend in einem Amt vereint bleiben.Dabei muss dieses Amt durch Delegation vonAufgaben, Qualifizierung der Amtsinhabe-rinnen und Amtsinhaber und durch Priori-tätensetzung bei der Aufgabenerfüllung insich gegliedert und ausgebaut werden:

Eine Delegation von Personalführungs-aufgaben (Mitarbeitendengespräche, Seel-sorge und Beratung) sollte vorrangig auf dieAssessorin bzw. den Assessor und deren

Delegation vonLeitungsaufgaben

63

Stellvertretungen sowie von der Scriba oderdem Scriba und deren Vertretungen als vonder Kreissynode gewählten Mitgliedern desKreissynodalvorstandes erfolgen. Für dieÜbernahme von Aufgaben des einen Amtesstünden damit maximal weitere sechsPersonen zur Verfügung. Darüber hinauskönnen weitere Aufgaben auch den übrigenMitgliedern des Kreissynodalvorstandes, derVerwaltungsleiterin oder dem Verwaltungs-leiter und anderen leitenden Personen imKirchenkreis übertragen werden.

– Je 3–6 Stellvertreterinnen oder Stellver-treter der Superintendentin oder desSuperintendenten sind dem Kreissyno-dalvorstand (Assessorin oder Assessorund Stellvertretungen, Scriba und Stell-vertretungen) zugeordnet, um Überschau-barkeit und Koordination auch auf derEbene des Kirchenkreises zu gewährleis-ten.

– Je 10–15 Pfarrstellen werden durch dieSuperintendentin oder den Superinten-denten oder deren Stellvertreterin oderStellvertreter regional vernetzt und imSinne einer modernen Personalführungbegleitet.

Die klare und verbindliche Aufteilung undDelegation der Aufgaben im Amt der Super-intendentinnen, der Superintendenten bedarfder vorhergehenden Prioritätensetzung: Wasist vorrangig und wichtig – und auf welcheAufgabe kann ganz verzichtet werden.

Diese Fragen muss ein Presbyterium oder einKreissynodalvorstand als Leitungsorgan ent-scheiden.

Zur verantwortlichen Wahrnehmung dermit dem Amt der Superintendentin oder desSuperintendenten verbundenen Aufgabenunter Anwendung der Grundsätze modernerLeitung ist eine verpflichtende Qualifi-zierung der Amtsinhaberinnen und Amts-

inhaber dringend erforderlich. Es wirddaher vorgeschlagen, in der Ev. Kirche vonWestfalen künftig eine Fortbildungsphasefür angehende Superintendentinnen undSuperintendenten zwischen ihrer Wahl undihrer Einführung verpflichtend vorzusehen.Die Verpflichtung zur Fortbildung sollte fürdie gesamte Amtszeit zur Regel werden.Diese gilt auch für alle Personen, auf dieAufgaben aus dem Superintendentinnen-und Superintendentenamt delegiert sind.

Die Kirchenordnung (Artikel 108 Absatz2) sieht als Eingangsvoraussetzung einefünfjährige Praxis in einer gewähltenGemeindepfarrstelle vor. Hier ist zu prüfen,ob diese Voraussetzung nicht teilweise oderganz durch andere Praxiserfahrungenersetzt und/oder durch zusätzliche Voraus-setzungen ergänzt werden kann.

5.Pflicht zur Qualifizierung

64

66. Verwaltung

VerwaltungAuftrag der VerwaltungEckpunkte für ein Anforderungsprofilder VerwaltungOrganisation der kirchlichen VerwaltungGemeindebüro/KontaktbüroZentrale VerwaltungsdienststelleAusblick

6566

6667676768

6.6.1.6.2.

6.3.6.3.1.6.3.2.6.4.

6. Verwaltung

66

6.1. Auftrag der Verwaltung

Die im Jahre 1968 von der damaligenVerwaltungskommission im Auftrag derKirchenleitung erarbeiteten Empfehlungenzur Organisation der Verwaltung in denKirchengemeinden und Kirchenkreisen derEvangelischen Kirche von Westfalen habenin vielen Bereichen ihre Aktualität nichteingebüßt. Gleichwohl hat sich die Ver-waltung im Zuge der zunehmend komplexerund schwieriger gewordenen Rahmen-bedingungen neuen Herausforderungengestellt und weiterentwickelt.

Auch die kirchlichen Körperschaften sind indie rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialenund organisatorischen Gegebenheiten ein-gebunden und verpflichtet, sie zu beachten.Diese Beachtung und die sich hieraus erge-bende Umsetzung stellen einen Schwer-punkt in der Arbeit der Verwaltung dar.

Somit erbringt die Verwaltung Dienst-leistungen zur Erfüllung des kirchlichenAuftrages, insbesondere bei der Vorberei-tung und Durchführung von Entschei-dungen der Leitungsorgane. Sie arbeitet da-bei im Rahmen der Weisung der Leitungs-organe selbstständig und in eigener Verant-wortung. Die Leitungsorgane können beiErfüllung des kirchlichen Auftrages einzelneihrer Aufgaben an die Verwaltung delegieren.

6.2. Eckpunkte für einAnforderungsprofil der Verwaltung

Von jeder Verwaltung wird erwartet, dass siesachgerecht, schnell und wirtschaftlich, d. h.mit dem geringst möglichen Aufwand undVerbrauch an Ressourcen arbeitet. Sie mussin ihrer Struktur möglichst einfach und über-schaubar sein. Diese Ziele erfordern nebeneiner schlanken Verwaltungsorganisation mitklaren Regelungen der Zuständigkeiten, Ent-scheidungskompetenzen und Arbeitsabläufevor allem:

eine gründliche fachliche Ausbildungund Qualifikation der Mitarbeitenden

Den Fragen der Ausbildung und Fort-bildung der Mitarbeitenden im kirchlichenVerwaltungsdienst muss besondereAufmerksamkeit zukommen, um einenmöglichst hohen Leistungszustand zu errei-chen und zu sichern. Von den Sachbear-beiterinnen und Sachbearbeitern imVerwaltungsbereich sollte auch künftig dieAblegung der 2. Verwaltungsprüfung ver-langt werden.

den Einsatz von EDV und Informations-und Kommunikationstechnik (IT)

Die wirtschaftliche Verwaltung setzt eineangemessene Ausstattung der Arbeits-bereiche mit EDV und IT voraus. Auch einemöglichst lückenlose Vernetzung derOrganisationseinheiten (inkl. Gemeinde-ebene) ist anzustreben. Es ist wünschens-wert, landeskirchenweit ein umfassendesEDV- und IT-Rahmenkonzept zu entwi-ckeln.

zeitgerechte Verwaltungsbestimmungen

Die geltenden kirchlichen Verwaltungs-bestimmungen sollten weiter vereinfachtwerden, z. B. durch Rückdelegation vonAufsichtsfunktionen auf die Ebene derSuperintendentinnen und Superintendentennach dem Grundsatz „so wenig Aufsicht wiemöglich und so viel Aufsicht wie nötig“.

Qualitätssicherung

Bei jeder Verwaltung müssen die entwickel-ten Bearbeitungs-(Qualitäts-)Standards be-züglich ihrer Einhaltung und Erreichungregelmäßig überprüft und ggf. angepasstwerden.

Leitungsorganekönnen Aufgaben

an dieVerwaltungdelegieren

67

6.6.3. Organisation der kirchlichen Verwaltung

6.3.1. Gemeindebüro/Kontaktbüro

In der Vergangenheit hat es sich als zweck-mäßig erwiesen, Verwaltungsaufgaben, diemöglichst ortsnah wahrgenommen werdensollten, in einem Pfarr- bzw. Gemeinde-büro/Kontaktbüro am Ort selbst zu erledi-gen. Diese Regelung ist auch für dieZukunft unverzichtbar. Sie soll Pfarrerinnenund Pfarrer von den mit der Führung desPfarramtes verbundenen „technischen“Arbeiten entlasten und sie möglichst in gro-ßem Umfang für ihre bzw. seine eigent-lichen pfarramtlichen Aufgaben freistellen.Zu den Aufgaben eines Gemeinde-büros/Kontaktbüros zählen beispielsweise

die Erledigung schriftlicher ArbeitenVerwaltung kleinerer örtlicher Kassendie Organisation und Verwaltungvon SammlungenAnmeldungen von AmtshandlungenTerminabsprachenFührung der Kirchenbücher etc. . . .

An die Vorhaltung von Pfarrbüros für jedenPfarrbezirk ist grundsätzlich nicht gedacht.Das Gemeindebüro/Kontaktbüro kann jenach den örtlichen Verhältnissen in ver-schiedener Weise organisiert sein. Denkbarist z. B. ein Gemeindebüro als Kontaktbürofür die Menschen im Stadtteil. Die örtlicheSituation in der ländlichen Diaspora machtsicherlich eine andere Organisationsformerforderlich.

6.3.2. ZentraleVerwaltungsdienststelle

Die Kirchenordnung schreibt in Artikel 104Absatz 2 für den Kirchenkreis die Errich-tung einer zentralen Verwaltungsstelle vor.Die meisten Kirchenkreise verfügen bisherüber ein eigenes Kreiskirchenamt, in dem

neben den konzeptionellen und planeri-schen Tätigkeiten auch das operativeVerwaltungsgeschäft, das nicht in einemGemeindebüro wahrgenommen wird, für dieeinzelne Kirchengemeinde erledigt wird. Zudiesen operativen Verwaltungsaufgabenzählen beispielsweise

Haushalts-, Finanz- und Wirtschafts-planung für Kirchengemeinden undKirchenkreisPersonalangelegenheiten aus dem Dienst-und ArbeitsrechtBau- und LiegenschaftsverwaltungMeldewesen, EDV und Informations- undKommunikationstechnik (IT).

Erfahrungen zeigen, dass diese Verwal-tungsaufgaben durchaus kirchenkreisüber-greifend und damit effizienter wahrgenom-men werden können. Räumliche Entfer-nungen spielen heute bei sinnvollerNutzung der EDV und IT-Instrumentarienfür die Abwicklung der nicht ortsnahgebundenen Verwaltungsaufgaben nichtmehr die Rolle wie noch Jahre zuvor. Einekirchenkreisübergreifende Bildung der Ver-waltung auf der Ebene des Gestaltungs-raumes ist sinnvoll und sollte deshalb ange-strebt werden.

Diese Bildung kirchenkreisübergreifenderVerwaltungen könnte durch den Abschlusseiner kirchenrechtlichen Vereinbarung oderdurch die Bildung eines Zweckverbandesgemäß den Bestimmungen des Verbands-gesetzes erfolgen.

Im Zusammenhang mit der Bildung vonzentralen Verwaltungsdienststellen auf derEbene des Gestaltungsraumes wird je nachden örtlichen Gegebenheiten die Aufgaben-zuordnung zu den Gemeindebüros zu prü-fen sein.

Zentrale Verwaltungsstellen

Kontaktbüro

6. Verwaltung

68

6.4. Ausblick

Die beschriebenen Verwaltungsmodelle undAnforderungen für deren Gestaltung wur-den zunächst im Grundsatz konzipiert. DieErarbeitung eines Detailkonzeptes für einezentrale Verwaltungsdienststelle im Gestal-tungsraum muss im Rahmen der Realisie-rung dieser Überlegungen erfolgen. Ineinem solchen Detailkonzept sind u. a. zuregeln

die innere Aufbau- und Ablauforga-nisation der Gemeindebüros/Verwaltungs-dienststelle sowie Schnittstellenregelungen(intern wie extern)

die Beschreibung der Kompetenzen dereinzelnen Einheiten und Stellen (Leitungs-und Führungsorganisation)

die Personalausstattung

die Kommunikations- und Informations-struktur einschl. Einsatz von EDV und IT

die Instrumente neuer Steuerung(Controlling, Kosten- und Leistungs-rechnung u. a. m.).

77. Klare Strukturen und Vernetzung

Klare Stukturen und VernetzungWarum etwas ändern?Ziele zur strukturellen Ausgestaltungmitgliederorientierter ArbeitModelle für KirchengemeindenModellansätze für gemeinsame DiensteModelle für KirchenkreiseModell für die Einrichtung vonGestaltungsräumenDiskussionsfelderLandeskirchliche Ebene

6970

71737576

798488

7.7.1.7.2.

7.3.7.4.7.5.7.6.

7.7.7.8.

7. Klare Strukturen und Vernetzung

70

7.1. Warum etwas ändern?

In den vorhergehenden Abschnitten wurdeals Grundgedanke die Mitgliederorientie-rung entfaltet:

Auf allen Ebenen sollen die Mitglieder miteinem Grundangebot und differenziertenAngeboten erreicht werden. Dieses kannvon kleinen Einheiten und von „Einzel-kämpfern“ nicht geleistet werden. Dahermüssen Wege der Vernetzung und Koopera-tion von Gemeinden und Kirchenkreisengesucht werden.

Diese Profilierung der Arbeit vor Ort ist nurdann möglich, wenn sich Schritt für Schritt

benachbarte Gemeinden und Kirchenkreisezusammentun. Damit entstehen zwar größe-re Einheiten, aber nur in größeren Einheitengibt es ein Miteinander mit verschiedenenBegabungen und Qualifikationen, die eindifferenziertes Angebot und damit Nähe zuallen Mitgliedern ermöglichen.

Die Analyse der Ausgangssituation (Kap. 2)hat gezeigt, dass die meisten Gemeindenund Kirchenkreise auf Grund der Mit-gliederentwicklung deutlich kleiner werden.Die damit verbundene Finanzentwicklungverkleinert die jeweils zur Verfügung ste-henden Haushaltsmittel. Einzelne Kirchen-kreise haben darauf bereits mit Zusammen-schlüssen reagiert.

200.000

175.000

150.000

125.000

100.000

75.000

50.000

25.000

0

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Mitgliederentwicklung (absolute Zahlen)

2015< 50.000

2015> 100.000

Kirchenkreise

� 31.12.70 � Prognose Gemeindemitglieder 2015

71

7.Bei allen Strukturveränderungen sindnatürlich die besonderen Gegebenheitenund die gewachsenen Traditionen zuberücksichtigen. Unterwegs zu denMenschen muss aber vor allem auf Zu-kunftsfähigkeit geachtet werden. Von dahersoll diese Vorlage auch eine Ermutigungdarstellen, auf dem Weg der Reformen zuneuen Kooperationsformen zu kommen, dieneue Traditionen begründen.

Die Kirchenleitung hat im Frühjahr 1999 fürdie Strukturreformen in der EKvW folgendeLeitlinien festgelegt:

Wesentliches Kriterium für die Strukturund Organisation der kirchlichen Mittel-ebene ist der Grundsatz der Deckungs-gleichheit kirchlicher und kommunalerGrenzen.

Unbeschadet der regionalen Zusam-menarbeit ist bei den Strukturüberlegungendie Bildung einer vierten Verfassungsebenenicht vorgesehen, da jede zusätzliche Ebenedie Gefahr von Aufgabenüberschneidungenund -doppelungen erhöht. VorhandeneVerbandsstrukturen sind zu überprüfen.

Die jetzige Ausprägung der Organisa-tionsform der presbyterial-synodalen Ord-nung ist zu überprüfen.

Diese wurden von der Landessynode imNovember 1999 bestätigt und ergänzt:

Gestaltungsräume sollen als lebens- undzukunftsfähige Handlungsfelder erkennbarwerden (d. h. auch nach 2015: zukünftigerStand der Mitgliederentwicklung).

Unterschiedliche kirchliche Körper-schaften sind innerhalb des Gestaltungs-raumes möglich.

Das gesellschaftliche Miteinander undGegenüber zu Städten, Kreisen undGemeinden ist ein wichtiges Gestaltungs-merkmal.

Die notwendigen Veränderungen betreffenalle Ebenen der Kirche. Darum werden inden folgenden Abschnitten systematisch dieverschiedenen Ebenen und ihr Zusammen-wirken betrachtet. Diese sind die Gemein-den, die Gemeinsamen Dienste, die Kirchen-kreise, die Gestaltungsräume und dieLandeskirche.

Die Veränderungen müssen sich an gemein-samen Zielen ausrichten.

7.2. Ziele zur strukturellenAusgestaltung mitgliederorientierterArbeit

Um die Mitgliederorientierung strukturellauch zu ermöglichen, lassen sich folgendeZiele formulieren:

Erreichbarkeit von hauptamtlich Mitar-beitenden und Vertretungsmöglichkeitenbei Urlaub und Krankheit müssen gewähr-leistet sein:

– Dazu sind im Regelfall auf der Ebene derKirchengemeinden mehrere Pfarrstellenmiteinander zu vernetzen. Dies bedeutetmindestens zwei Pfarrstellen proKirchengemeinde. Für die Diaspora sindbesondere Regelungen zu treffen.

– Auf der Ebene der gemeinsamen Dienstesind Kooperationen von Diensten durchPoolbildung oder kirchenkreisübergrei-fende Vernetzung anzustreben.

– Um darüber hinaus die Erreichbarkeit zugewährleisten, sind in den Kirchen-gemeinden Gemeindebüros als Kontakt-büros mit längeren Öffnungszeiten erfor-derlich.

NotwendigeVeränderungenbetreffen alleEbenen der Kirche

Erreichbarkeit undVernetzung

7. Klare Strukturen und Vernetzung

72

Fachliche Vernetzung und gabenorien-tierte Aufgabenwahrnehmung muss ermög-licht werden.

Niemand soll allein einen Dienst verse-hen, da durch eine Person nicht alle denk-baren Aufgaben abgedeckt werden können:

– Dies bedeutet mindestens zwei Pfarrstel-len pro Kirchengemeinde und die fachli-che Vernetzung der Gemeinsamen Diensteim Gestaltungsraum.

– Pfarrerinnen und Pfarrer sollen Zeithaben für ihre pastoralen Aufgaben.Dazu sind sie von administrativen Auf-gaben zu entlasten (z. B. Verwaltungs-tätigkeiten, Hausmeistertätigkeiten).

Die Außenorientierung und öffentlicheWahrnehmbarkeit von Kirchengemeindenund Kirchenkreisen muss verbessert werden:

– Die Deckungsgleichheit von Ortsge-meinden mit Kommunen oder Stadtteilengewährleistet eine Übereinstimmung mitder lebensweltlichen Orientierung derMitglieder und verbesserte Möglichkeitenin der öffentlichen Wahrnehmbarkeit.

– Die Gemeindebüros (Kontaktbüros) soll-ten einen kommunalen Bezug aufweisen,um besser wahrgenommen zu werden.Hier müssen alle für Kirchenmitglieder indieser Region bedeutsamen Informa-tionen abrufbar sein und unterstützendeHilfen angeboten werden:

Durch die Profilierung von bestimmtenOrten innerhalb einer Gemeinde oder einesKirchenkreises muss ein differenziertes Pro-gramm wahrnehmbar und möglich werden.

– Damit Differenzierung möglich wird,muss es in der Regel weniger Standorteals Pfarrerinnen und Pfarrer geben.

– Nicht an jedem Standort muss ein „vollesGrundangebot“ angeboten werden. In-nerhalb der Kommune oder des Stadttei-les sind viele Mitglieder durchaus mobil.

– Kirche auf dem Land muss sich andersorganisieren und darstellen können alsKirche in der Stadt. Dies gilt ebenso fürDiaspora und Kerngebiete.

Zukunftsfähige und nachhaltige Größenvon Kirchengemeinden und Kirchenkreisenmüssen verwirklicht werden:

– Die finanzielle Basis muss groß genugsein, um auch zukünftig Investitionentätigen zu können und auch bei sinken-den Kirchensteuermitteln die Handlungs-fähigkeit sicherzustellen.

– Die Zahl der Gemeindeglieder in Kirchen-gemeinden und Kirchenkreisen mussgroß genug sein, damit Gremien undAusschüsse fachlich kompetent besetztwerden können.

73

7.7.3. Modelle für Kirchengemeinden

Im Hinblick auf dieKirchengemeinden ergeben sichaus der Umsetzung der Zielfeldervier Gemeindemodelltypen

Differenziertes Programm

Stadtteilgemeinde

mehr Fachlichkeit im Stadtteil vernetzen

� mindestens vier Pfarrstellen� mindestens 10.000 Gemeindeglieder� deutlich weniger Predigtstätten als

Pfarrstellen� ein Kontaktbüro� gemeindliche und/oder übergemeindliche

Dienste (z. B. Jugendarbeit)

Kirche auf dem Land

Ortsnähe und persönliche Erreichbarkeit

� mindestens zwei Pfarrstellen� mindestens 4.000 Gemeindeglieder� 2–4 Predigtstätten� ein Kontaktbüro vor Ort� Vertretungsregelung in der Region/

Verbund

Kirche in der Kommune

Identität von Kirche und Wohn- undLebenswelt

� mindestens drei Pfarrstellen� mindestens 7.500 Gemeindeglieder� weniger Predigtstätten als Pfarrstellen� ein Kontaktbüro� übergemeindliche Dienste

(z. B. Jugendarbeit)

Kirche in der ländlichen Diaspora

Ortsnähe und flächenmäßige Begrenzung

� mindestens eine Pfarrstelle� mindestens 1.500 Gemeindeglieder� 1–5 Predigtstätten� ein Kontaktbüro vor Ort� Vertretungsregelung in der Region/

Verbund

Die Modelle werden nachfolgend beispiel-haft beschrieben. Dies versteht sich eher alsAnregung und Erläuterung denn alsabschließende Definition und Eingrenzung:

Mitgliederorientierte Modellgemeinde inder Stadt oder größeren Kommune

Die mit dem Stadtteil oder der Kommuneidentische Kirchengemeinde bietet in deröffentlichen Wahrnehmung eine Überein-stimmung mit lebensweltlichen Bezügen.Die relativ kurzen Wege zu den meistenEinrichtungen machen eine Konzentrationauf wenige Standorte einfach. DieErreichbarkeit wird durch ein zentral gele-genes Gemeindebüro (Kontaktbüro) mitganztägiger Öffnungszeit sichergestellt.Hier werden an Gemeindeglieder Informa-tionen weitergegeben, Termine von Amts-

handlungen vereinbart und Kontakte mitden Pfarrerinnen und Pfarrern der Gemein-de hergestellt. Ehrenamtliche finden hierMaterialien, einen Kopierer und andereDinge, die sie zur Durchführung ihrerAufgaben benötigen.

Die Differenzierung des Programms istdurch die deutliche Profilierung der Stand-orte gewährleistet: Während an der älterenKirche am Sonntagmorgen ein traditionellerGottesdienst mit Orgelmusik und geprägterLiturgie stattfindet, wird im Gottesdienst-saal des nicht weit entfernt gelegenen Ge-meindezentrums am Sonntagabend einGospelgottesdienst geboten mit Band undGastpredigenden. Der Kirchliche Unterrichtwird gesamtgemeindlich nach Wahl sowohlwöchentlich als auch projektorientiertangeboten.

7. Klare Strukturen und Vernetzung

74

Bezirksorientiert finden vor allem Besucheund Seelsorge statt. Bei Amtshandlungenkönnen die Gemeindeglieder bei der Anmel-dung grundsätzlich wählen, welchePfarrerin und welchen Pfarrer sie wün-schen. Die Größe der Gemeinde eröffnetfinanzielle Spielräume zur Finanzierungvon Kindergärten, Jugendarbeit, hauptamt-licher Kirchenmusik und anderen mög-lichen Angeboten.

Übergemeindliche Zusammenarbeit istsinnvoll, um über das bereits differenzierteAngebot der Gemeinde hinaus in erreichba-rer Nähe Interessierten vielfältige Mög-lichkeiten und attraktive Angebote zuermöglichen. Denkbar sind Kooperationenzwischen 2-4 Gemeinden (Regionalisie-rung). In den jeweiligen Aufgaben des dif-ferenzierten Programms arbeiten Pfarre-rinnen und Pfarrer sowie ehren- und haupt-amtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin der Dienstgruppe zusammen.

Zu dieser Dienstgruppe gehören auchehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter, die einen Arbeitsbereich überge-meindlich verantworten und dafür qualifi-ziert sind. Die Dienstgruppe trägt dieVerantwortung für die gegenseitige Ver-tretung und für die Durchführung der Ar-beit. Die Mitverantwortung der beteiligtenPresbyterien für die übergemeindlicheArbeit muss gewahrt bleiben. Dies kann z. B.dadurch geschehen, dass eine Gemeindezwar ein bestimmtes Angebotsfeld verant-wortet, aber in dem zuständigen Lenkungs-ausschuss auch Vertreterinnen und Vertreterder anderen Kirchengemeinden beteiligtsind (Auftragsmodell).

Mitgliederorientierte Modellgemeinde auf dem Land und in der Diaspora

Die Kirchengemeinde umfasst eine odermehrere Ortschaften. So ist in der öffent-lichen Wahrnehmung eine Übereinstimmung

mit lebensweltlichen Bezügen gewährleistet.Dies legt eine ortsnahe Angebotsstrukturdurch jeweils einen Standort pro Ortschaftnahe. Die Erreichbarkeit wird durch ein zen-tral gelegenes Gemeindebüro (Kontaktbüro)mit mindestens halbtäglicher Öffnungszeitsichergestellt. Hier werden an Gemeinde-glieder Informationen weitergegeben,Termine von Amtshandlungen vereinbartund Kontakte mit Pfarrerinnen und Pfarrernder Gemeinde hergestellt. Ehrenamtlichefinden hier Materialien, einen Kopierer undandere Dinge, die sie zur Durchführungihrer Aufgaben benötigen. Darüber hinaussind Kontaktmöglichkeiten per Telefon, Faxund Internet anzubieten und festeGesprächszeiten sicherzustellen.

Im Vordergrund steht zunächst das Grund-angebot vor Ort. Hier sind die lokalen Be-sonderheiten zu berücksichtigen: In einemNeubaugebiet mit jungen Familien sindandere Angebote sinnvoll als in einer Ort-schaft mit Menschen, die dort seit mehrerenGenerationen wohnen. Der auch überge-meindliche Wechsel im Predigtdienst ge-währleistet theologische und menschlicheVielfalt. Die Differenzierung des Programmsist einerseits durch die unterschiedlicheProfilierung der Standorte gewährleistet.Zum anderen sind hier übergemeindlicheKontakte zu suchen. Gemeinden können soexemplarisch in einer Region bestimmteAngebote realisieren und gemeinsam dafüreinladen. Der Kirchliche Unterricht wird jenach Zahl der Jugendlichen gemeindlichoder übergemeindlich angeboten.

Die Bezirke orientieren sich wesentlich anden Ortschaften. Je nach Größe werdendazu auch mehrere Ortschaften zusammen-gefasst. Hier finden neben Besuchen undSeelsorge auch weitere kirchliche Grund-angebote statt. Amtshandlungen werden inder Regel durch die Ortspfarrerin oder denOrtspfarrer durchgeführt. Die Größe derGemeinde legt es nahe, weitere Angebote

Besuche und Seelsorge

ÜbergemeindlicheZusammenarbeit

Dienstgruppe

75

7.wie Jugendarbeit, hauptamtliche Kirchen-musik oder Kindergärten gemeinsam mitNachbargemeinden zu finanzieren.

Übergemeindliche Zusammenarbeit ist not-wendig, um in erreichbarer Nähe für alleInteressierten weitere Möglichkeiten undattraktive Angebote kirchlicher Arbeit zuermöglichen. Denkbar sind Kooperationenzwischen 4–6 Gemeinden (Regionalisie-rung). In den jeweiligen Aufgaben des dif-ferenzierten Programms arbeiten Pfarre-rinnen und Pfarrer sowie ehren- und haupt-amtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin der oben beschriebenen übergemeind-lichen Dienstgruppe zusammen.

7.4. Modellansätze für Gemeinsame Dienste

Wofür stehen die Gemeinsamen Dienste?

Gemeinsame Dienste erreichen Menschen,die sich durch die ortsgemeindlichen Ange-bote nicht angesprochen fühlen.

Sie stehen für:

Wahrnehmung sozialer Dienste fürProblem- und Randgruppen und derenAnwaltschaft.

Öffnung der Kirche zur zunehmend dif-ferenzierten Gesellschaft.

Die Ergänzung der Angebote der Orts-gemeinde.

Gemeinsame Dienste sind organisiert:

als Kooperationsangebot einzelner Gemeinden (z. B. Jugendarbeit)

als Angebot des Kirchenkreises (z. B. Krankenhausseelsorge)

als Kooperationsangebot verschiedenerKirchenkreise (z. B. Industrie- und Sozial-arbeit)

als Angebot der Landeskirche (z. B. Institut für Kirche und Gesellschaft)

Wie kann die Arbeit derGemeinsamen Dienste strukturellverbessert werden?

Angebote neu definieren: Es muss darumgehen, mitgliederorientierte Dienste anzu-bieten, die von der „Kirche bei Gelegenheit“,in besonderen Lebenslagen und Lebens-abschnitten, zu thematischen Schwer-punkten, perspektivischen Schwerpunktenbis hin zu verlässlichen, kontinuierlichenund lebensbegleitenden Angeboten reichen.

Strukturen mitgliederorientiert gestalten:Im Rahmen einer Mitgliederorientierungund Mitgliedergewinnung müssen Struk-turen geschaffen werden, die Gespräche inAugenhöhe ermöglichen, damit Bezie-hungen und Kontakte entstehen, gelebt undgepflegt werden können. Kirche muss fürdie Menschen erreichbar bleiben.

Zugleich sind im Hinblick auf dieFachlichkeit und die Erreichbarkeit Pools zubilden. Dies kann auf der Ebene derKirchenkreise oder auch darüber hinaussinnvoll sein. Die Pools sollten gemeinsameAngebote realisieren, eine gemeinsameWerbung organisieren und sich mit gemein-samem Erscheinungsbild (Wiedererkenn-barkeit) präsentieren.

Profil entwickeln: In diesem Zusammen-hang ist auf die deutliche Diskrepanz zwi-schen Innen- und Außensicht hinzuweisen.Dies ist nicht nur eine Frage derOptimierung der Öffentlichkeitsarbeit, son-dern zugleich eine Anfrage an das Profil.Die EKvW wird es sich auf Dauer nicht leis-ten können, auf ein kompliziertes Geflecht

Gemeinsame Dienste

Profil entwickeln

kaum überschaubarer Strukturen, Zu-ständigkeiten, Rechtsbeziehungen undTrägerschaften zurückzugreifen. In der Viel-falt und Unterschiedlichkeit der Diensteliegt eine große Chance und eine großeGefahr. Pluralität sichert in der Regel dieWahrnehmung unterschiedlicher Interessenund Bedürfnislagen. Die Gefahren liegen indem Verlust von einem gemeinsamen Profilund gemeinsamer Ausstrahlung in dieGesellschaft.

Vernetzungsmöglichkeiten und Koopera-tionen klären: Um Professionalität zusichern und Synergieeffekte zu schaffen, istgleichzeitig zu prüfen, für welche Diensteeine Bündelung sinnvoll ist. Die Dienste vorOrt sind ebenso wichtig wie die Konzen-tration in Regionen. In einer sich ständigwandelnden Gesellschaft sollten StrukturenGemeinsamer Dienste so geschaffen sein,dass sie auch zukünftig flexibel und offenauf die Fragen und Herausforderungen derMenschen reagieren können.

Welche Impulse und Fragenzur Weiterarbeit können gegeben werden?

Wie kann die Arbeit der GemeinsamenDienste in angemessener Weise in derKirchenordnung verankert werden?

Welche Grundaufgaben GemeinsamerDienste muss ein Kirchenkreis, eine Regionoder ein Gestaltungsraum vorhalten?

Welche Gemeinsamen Dienste sind darü-ber hinaus notwendig, um der jeweiligenKonzeption eines Kirchenkreises ein Profilzu verleihen?

Wie kann dem erhöhten Bedarf Gemein-samer Dienste in Großstädten und Ballungs-räumen Rechnung getragen werden?

Wo werden die Gemeinsamen Dienstestrukturell angesiedelt: auf der Gemeinde-ebene (regional), auf der Kirchenkreisebene,auf der Gestaltungsraumebene oder auf lan-deskirchlicher Ebene?

Wie kann die Verdrängung zwischen denBerufsgruppen verhindert werden?

Welche Konsequenzen müssengezogen werden?

Eine klare Leitungsstruktur ist Voraus-setzung für ein qualitätsorientiertes undvernetztes Arbeiten. Hierfür sind Modelle zuentwickeln, die die Gemeinsamen Diensteeindeutig in die vorhandene Leitungs-struktur einbetten.

Angesichts der gesellschaftlichenEntwicklungen sollte die prozentuale undstrukturelle Priorität der gemeindlichenDienste gegenüber den gemeinsamenDiensten einem ausgewogenen und landes-kirchlich einheitlich definierten Verhältnisweichen. Als Messgröße hierfür kann dieZuweisung (relativer Anteil) von Kirchen-steuermitteln gelten. In diesem Zusammen-hang ist auch das Verhältnis von gemeind-lichen Pfarrstellen zu funktionalen Pfarr-stellen zu klären.

7.5. Modelle für Kirchenkreise

Der Kirchenkreis als Verfassungsebene dientder Vernetzung von Kirchengemeinden ineiner Region. Wenn die Gemeinden imKirchenkreis ihre Zusammenarbeit verbes-sern wollen, ist es nötig und sinnvoll, inner-halb des Kirchenkreises unter Beteiligungder Gemeinden Kooperationsräume zu bil-den.

7. Klare Strukturen und Vernetzung

76

Vernetzen und kooperieren

In der Reformphase kommen den Kirchen-kreisen wesentliche Aufgaben zu:

die Kirchengemeinden im laufendenVeränderungsprozess zu begleiten

die Kooperation unter den Gemeindenzu verbessern

die Leitungspersonen der Kirchen-gemeinden zu schulen

die gemeinsamen Dienste zu begleiten.

Es wird vorgeschlagen, dass jede Kreis-synode einen Fahrplan für den Prozesswachsender Kooperation der Kirchen-gemeinden aufstellt und der Kreissynodal-vorstand gebeten wird, diesen Prozess zumoderieren.

Im Hinblick auf die Zahl, Größe undStruktur der Kirchenkreise ergaben sich ausder Befragung eine Reihe von Hinweisen:

Zusammenhang zwischen der Größeund Leitung eines Kirchenkreises

Die derzeitigen Kirchenkreisgrößen variie-ren zwischen 37.000 und 148.000Gemeindegliedern. Die derzeitige Leitungs-spanne bei Superintendentinnen undSuperintendenten liegt etwa in einerBandbreite zwischen 1:30 und 1:100 haupt-amtlich Mitarbeitenden, inkl. Pfarrerinnenund Pfarrer.

Kooperationen und Fusionen vonKirchenkreisen

Die Bereitschaft für Kooperationen undFusionen ist auf Kirchenkreisebene in denletzten Jahren gewachsen. Durch dieEntwicklung von Informations- und Kom-munikationstechniken, die eine Fusionerleichtern könnten, sind die auftretendentechnischen Probleme durchaus zu bewälti-

gen. Fusionen werden jedoch aus anderenGründen oft als problematisch empfunden.Überall dort, wo derzeitig Fusionsüber-legungen angestellt werden, hatten sieeinen längeren Vorlauf von „gesteigerterKooperation“.

Derzeitige Schwierigkeiten in derGesamtsteuerung im Kirchenkreis

Die derzeitige Gesamtsteuerung einesKirchenkreises erfolgt fast ausschließ-lich über Finanzzuweisungen. Dort, woGemeindegliederpauschalen im Finanz-system vorgesehen sind, werden diese in derRegel nicht mit inhaltlichen Kriterien ver-bunden. Wenn Pfarrstellenpauschalen einKriterium der Kirchensteuerverteilung sind,wirken diese strukturkonservierend.

Die im Zusammenhang der Befragungerhobenen Grunddaten sind im Schaubildauf der folgenden Seite zusammengefasst:

77

7.

7. Klare Strukturen und Vernetzung

78

Die Pfarrbezirksgröße liegt im landeskirchlichen Durchschnitt bei 2.117 Gemeindegliedern (ohne Funktionspfarrstellen). Sie schwankt zwischen ca. 1.500 und über 2.500 Gemeinde-gliedern (ø im KK). Die Zahl der mehr als 10 % vom landeskirchlichen Durchschnittswertabweichenden Kirchenkreise ist allerdings kleiner als 1/5.

Bemessungsgrößen IST - Kirchenkreise und Kirchengemeinden

Die aktuellen Größen der Kirchenkreise variieren um den Faktor 7,6 bei der Zahl der zueinem Kirchenkreis zugehörigen Kirchengemeinde und um den Faktor 4 bei der Zahl der zugehörigen Gemeindeglieder.

• Anzahl der Kirchengemeinde: Spannbreite heute 5 bis 38 bei einem ø von 20 KG• Anzahl Gemeindeglieder: ca. 37.000 bis 148.000

Eine derzeitige oft anzutreffende Leitungsspanne bei Superintendentinnen und Superinten-denten von 60 Personen und mehr hat die weitgehende Abwesenheit von Leitung zur Folge.

• Leitungsspanne von 1:30 bis über 1:100 (mit synodalen Diensten und Pfarrerinnen und Pfarrer i. E.)

Die Gemeindegrößen nach Gemeindegliederzahlen schwanken zwischen 500 und 29.000Gemeindegliedern und 0,5 bis 11 Pfarrstellen pro Gemeinde. Dabei gibt es keine erkennbarengrundsätzlichen Unterschiede zwischen ev. Kerngebiet und Diaspora oder Stadt und Land.

Im Hinblick auf kreiskirchliche Durchschnittswerte schwankt die Gemeindegröße nachPfarrstellen zwischen 1,1 und 3,8 Pfarrstellen (ø im KK) und ca. 2.000 bis über 8.000Gemeindegliedern (ø im KK)

Größe KK

Anzahl KG: 5 bis 38 Anzahl Mitglieder: 37.000 bis 148.000

LeitungsspanneSuperintendentin undSuperintendent

1:30 bis über 1:100

Größe KG

500-29.000Gemeindeglieder/KG

Pfarrbezirk

500 bis 4.000Mitglieder/Pfarrbezirk

Wie kann die Zusammenarbeit in den Kirchenkreisen strukturellverbessert werden?

Für die Neubestimmung optimaler Größenund Grenzen von Kirchenkreisen und damitfür die Fortentwicklung der bestehendenmüssen folgende Aspekte bedacht werden:

Größe eines Kirchenkreises im Blick aufRepräsentanz und Darstellung der Einheitvon Kirche in einer Region

Leitungsspanne für das Amt der Super-intendentin und des Superintendenten

Anzahl und durchschnittliche Größe derzugehörigen Gemeinden.

Beispielhaft kann die sinnvolle Größe einesKirchenkreises mit Hilfe der folgendenBemessungsgrößen entwickelt werden:

Je 3–6 Stellvertreterinnen und Stellver-treter der Superintendentin und des Super

intendenten sind dem Kreissynodalvorstand(Assessorin und Assessor und Stellvertre-tungen, Scriba und Stellvertretungen) zuge-ordnet, um Überschaubarkeit und Koordina-tion auch auf der Ebene des Kirchenkreiseszu gewährleisten (interne Delegation vonLeitungsaufgaben).

Je 10–15 Pfarrstellen werden durch dieSuperintendentin und den Superintendentenoder deren Stellvertreterin und Stellvertreterregional vernetzt und im Sinne einer mo-dernen Personalführung begleitet.

Auf dieser Basis kann eine Kirchenkreis-größe von 120.000 bis 150.000 Gemeinde-gliedern mit regionaler Gliederung geistlich,kirchenpolitisch und administrativ effektivund optimal geleitet und gesteuert werden.Im Ergebnis sind dann für den Bereich derEKvW im Jahr 2015 etwa 15–20 Kirchen-kreise denkbar.

Das nachfolgende Schaubild führt dasZusammenwirken der Bemessungsgrößenvor Augen:

Delegation vonLeitungsaufgaben

7.6. Modell für die Einrichtung vonGestaltungsräumen

Ein Gestaltungsraum ist keine eigeneVerfassungsebene, sondern bildet Nach-barschaften aus und dient der Vernetzungvon Kirchenkreisen einer Region.

Ähnlich wie die Kirchengemeinden inKooperation treten sollen, wird auch für dieKirchenkreise vorgeschlagen, miteinanderGestaltungsräume zu bilden. In ihnen kön-nen dann die beteiligten Kirchenkreise überUmfang und Tiefe ihrer Kooperationbestimmen.

Es wird vorgeschlagen, dass vorab dieGrenzen der bestehenden Kirchenkreise imWesentlichen an die kommunalen Grenzenangepasst werden. Gemäß Kirchenordnung

hat die Landessynode die Möglichkeit, ent-sprechende Beschlüsse zu fassen.

Im Folgenden sind also zwei Aspekte zuprüfen:

Werden die vorgeschlagenen Änderun-gen der Grenzen akzeptiert?

Werden die vorgeschlagenen Formen derKooperation der Kirchenkreise akzeptiert?

Dabei ist auch zu bedenken, dass die Lösungder Grenzfragen nicht aus dem Gesichts-winkel nur einer oder weniger Kirchen-gemeinden bzw. Kirchenkreise betrachtetwerden kann. Jede Änderung hat zum Teilweitreichende Konsequenzen für dasgesamte Strukturierungskonzept.

79

• Ev. Kerngebiet: 3.000 G/PfB (ø im KK) bei örtl. Spannbreite von ø 2.500-3.000 G/PfB• Diaspora: 2.500 G/PfB (ø im KK) bei örtl. Spannbreite von ø 1.500-3.000 G/PfB

Diese Kennzahlen stimmen im Grundsatz mit der Beschlusslage der Kirchenleitung überein(vgl. Schreiben des LKA vom 30. 07. 99 - A6 - 01).

Bemessungsgrößen SOLL - Kirchenkreise und Kirchengemeinden

• Anzahl der Kirchengemeinden: Je nach Größe der zugehörigen Kirchengemeinden sindSpannbreiten von 8 bis 30 KG bei einem ø von 20 KG pro Kirchenkreis möglich

• Anzahl der Gemeindeglieder: 120.000-150.000 als optimaler Richtwert

Die neue Rolle der Superintendentinnen und Superintendenten setzt eine Klärung derLeitungsspanne zur Wahrnehmung ihrer Führungsfunktion voraus:

• Spanne von 1:10 bis 1:15 für echte Leitungsverantwortung in der Praxis• Eine Funktionalität von Leitung ist denkbar über eine Einbeziehung der Stellvertreterin-

nen und Stellvertreter der Superintendentin und des Superintendenten in die Wahrneh-mung der Leitungsaufgaben

Das Kriterium Deckungsgleichheit führt zu einer optimalen Größe einer KG im Mittel von 2–4 Pfarrbezirken. Lediglich für die ländliche Diaspora müssen Ausnahmen gelten. Größere Gemeinden sind jederzeit möglich und sinnvoll. Im Ergebnis führt dies zu folgenden Ansätzen:

• Ev. Kerngebiet: 7.500-14.000 G/KG (ø im KK) bei opt. Anzahl von 3 bis 4 Pfarrbezirken• Diaspora: 4.000-9.000 G/KG (ø im KK) bei opt. Anzahl von 2 bis 3 Pfarrbezirken. Im

ländlichen Raum ist die flächenmäßige Ausdehnung zu berücksichtigen!

Größe KK

Anzahl KG: 8 bis 30Anzahl Gemeindeglieder: 120.000 bis 150.000

LeitungsspanneSuperintendentin undSuperintendent

1:10 bis 1:15

Größe KG

4.000-14.000Gemeindeglieder/KG

Pfarrbezirk

2.500-3.000Gemeindeglieder/Pfarrbezirk

Gestaltungsräume bilden Nachbarschaften

An kommunalen Grenzenorientiert

7. Klare Strukturen und Vernetzung

80

Welche Kriterien müssen bei derBildung von Gestaltungsräumenberücksichtigt werden?

Bereits bestehende Kooperationen undKontakte von Kirchenkreisen untereinander

Deckungsgleichheit von Gestaltungsraumund kommunalen Kreisen bzw. Städten

Unterscheidbarkeit der Gestaltungsräumevon den jeweiligen Nachbarräumen

Annähernd gleiche Mitgliederdichte (z.B.ländlicher Raum, Ballungsraum etc.) in Ab-grenzung zu den benachbarten Gestaltungs-räumen

Ähnlichkeiten in der Gemeindestruktur(Diaspora/Kerngebiet, Stadt/Land, derzeitige Pfarrbezirksgrößen)

Ähnlichkeiten in der Mitgliederprognose(Wachstum/Stagnation/Absinken) innerhalbdes Gestaltungsraumes

Effiziente Organisierbarkeit von gemein-samen Aufgaben (synodale Dienste, Dia-konie, Verwaltung).

Welches Modell der Gestaltungs-räume hat die Kirchenleitung ent-wickelt?

Auf der Grundlage der zuvor beschriebenenKriterien und Grundsätze zum Gestaltungs-raum hat die Kirchenleitung in ihrerSitzung vom 21. Oktober 1999 folgende elfGestaltungsräume beschlossen, die von derLandessynode 1999 als Zwischenergebnisbekräftigt wurden:

Kriterien

7.

81

Nr.:

Sp. 1

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

Kirchenkreise (IST)

Sp. 2

Steinfurt-Coesfeld-Borken, Tecklenburg,Münster, Gütersloh (WAF), Hamm (WAF)

Dortmund-West, -Nordost, -Mitte, -Süd

Iserlohn (MK), Lüdenscheid, Plettenberg,Siegen (Olpe)

Hattingen-Witten, Schwelm, Hagen,Iserlohn (Hohenlimburg)

Hamm, Unna, Iserlohn (Schwerte), Lünen

Soest, Arnsberg, Paderborn, Wittgenstein (HSK)

Gütersloh, Bielefeld, Halle

Herford, Minden, Lübbecke, Vlotho

Bochum, Gelsenkirchen u. Wattenscheid(BO), Herne

Gladbeck-Bottrop-Dorsten, Gelsenkirchenu. Wattenscheid (GE), Recklinghausen,Herne (Castrop-Rauxel)

Siegen, Wittgenstein

Elf Gestaltungsräume

Kommunale Kreise,kreisfreie Städte

Sp. 3Münster

Warendorf

Steinfurt

Coesfeld

Borken

Dortmund

Märkischer Kreis

Olpe

Ennepe-Ruhr

Hagen

Unna

Hamm

Hochsauerlandkreis

Soest

Paderborn

Höxter + Lüdge

Bielefeld

Gütersloh

Herford

Minden-Lübbecke

Bochum

Herne

Gelsenkirchen

Bottrop

Recklinghausen

Siegen-Wittgenstein

26 Kreise/kreisfreie Städte

Ev. Einwohner (Kreise,kreisfreie Städte)

Sp. 459.253

52.700

108.227

32.321

44.395

226.873

180.034

16.493

166.916

85.398

174.974

65.088

48.382

78.796

47.388

32.792

164.371

120.409

170.888

213.404

148.723

65.135

104.016

29.004

(RE) 129.422

(Castrop) 26.619

(Dorsten) 21.025

(Gladbeck) 25.196

(Siegen) 141.493

(Wittgenstein) 34.785

Ev. Einwohner in derkommunalen RegionGesamt

Sp. 5

296.887

226.873

196.527

252.314

240.062

207.308

284.780

384.292

213.858

335.282

176.278

2.814.461

Prognose neuJahr 2015

Sp. 6

292.537

158.806

162.302

189.008

195.932

201.052

246.949

341.544

158.112

255.772

157.785

2.359.799

(Erläuterung der Spalten: Spalte 4: Stand: 31.12.97, Quelle: Kirchliches Meldewesen ROKD, Ausnahmen: Aufgrund

erheblicher Abweichungen in Dortmund, Paderborn und Höxter wurden die nachgemeldeten kirchenkreiseigenen

Zahlen verwendet; Spalte 5 ist die Summe von Spalte 4; Spalte 6: Datengrundlage ist die Bevölkerungsprognose

1996–2015/2040 Basisvariante des LDS NRW. Neuere Daten liegen nicht vor, da seit 1997 die Bevölkerungsprognose

in NRW nicht mehr differenziert nach deutscher und ausländischer Bevölkerung erstellt wird. Grundlage der Gebur-

ten-/Sterbeprognose sowie der Wanderungsbilanz ist die Landesprognose. Der Saldo Eintritte/Austritte wurde regio-

nal differenziert nach den statistischen Unterlagen des Landeskirchenamtes berechnet.)

Von der KirchenleitungbeschlosseneGestaltungsräume

Kommunale Behörden• bspw. Gemeinden• Städte• kreisfreie Städte• Kreise

Verbände• bspw. IHK• Handwerkskammern• Gewerkschaften• Wohlfahrtsverbände• Parteien

Staatliche Behörden• bspw. Arbeitsämter• Bezirksregierung• Gerichte• Schulverwaltung• Ministerien

Ökumene• andere Konfessionen• andere Religionen• Partnerschaften

und Ökumene• andere Weltan-

schauungen

7. Klare Strukturen und Vernetzung

82

Wie kann die Weiterentwicklungder Kirchenkreise imGestaltungsraum erfolgen?

Für die Zusammenarbeit der Kirchenkreisein einem Gestaltungsraum lassen sich fol-gende Kriterien formulieren:

Verfassungsrechtlich selbstständige undgebietsmäßig angrenzende Kirchenkreisesind untereinander verbunden,

mit dem Ziel, sich in einem noch festzu-legenden Prozess anzunähern,

gemeinsame Formen der Zusammen-arbeit (z. B. Auftrags-, Verbundstruktur) aus-zubilden,

bisher getrennt voneinander stattfinden-de, in der Sache übereinstimmende Aufga-ben (Verwaltung, Gemeinsame Dienste,Diakonisches Werk) gemeinsam kooperativund koordinierend zu erledigen,

Kapazitäten und Kompetenzen effektiverund effizienter auszunutzen,

divergierende Interessen auszutarieren,

Gemeinsamkeiten herauszustellen,

gegenüber Dritten gemeinsam aufzutreten

und einen aktiven Prozess der Zusam-menarbeit bis hin zur möglichen Fusioneinzuleiten.

Kirchen-kreis 1

Kirchen-kreis 3

Kirchen-kreis 2

Das Modell kann je nach Zahl der Kirchenkreise im Gestaltungsraum erweitert oder reduziert werden

Verwaltung• bspw. Personal• Haushalt/Finanzen• Bau/Liegenschaften• zentrale Aufgabe

Gemeinsame Dienste• bspw. Öffentlichkeitsarbeit• Jugendarbeit• Seelsorge (Krankenhaus etc.)• Bildungsarbeit• Schule, Berufs- und

Arbeitswelt• Frauenreferat

Diakonie• bspw. Diakonie-

stationen• soziale Dienste• Beratungsstellen• Altenheime• Krankenhäuser

Der Gestaltungsraummodellhaft dargestellt

83

Modell AAuftragsstrukturBesondere Kennzeichen:

� Je ein Kirchenkreis übernimmt ver-antwortlich einen Bereich(Verwaltung, synodale Dienste,Diakonie).

� Die Abstimmung mit den anderenKirchenkreisen erfolgt über paritä-tisch besetzte Aufsichtsgremien.

� Die Mitglieder dieser Aufsichts-gremien werden von den zugehöri-gen Kreissynoden bestimmt.

� Die Superintendentin und derSuperintendent ist Dienstvorge-setzte bzw. Dienstvorgesetzter fürden von diesem Kirchenkreis ver-antworteten Bereich.

� Synodale Fachausschüsse könnengemeinsam besetzt werden, wer-den aber der jeweils verantwort-lichen Kreissynode zugeordnet.

Modell BVerbundstrukturBesondere Kennzeichen:

� Die Wahrnehmung der gemeinsa-men Aufgaben erfolgt durch einenKirchenkreisverbund.

� Es gibt ein gemeinsames Aufsichts-gremium für die Verantwortung derim Verbund wahrgenommenenAufgaben.

� Die Mitglieder dieser Aufsichts-gremien werden von den zugehöri-gen Kreissynoden bestimmt.

� Je 1 Superintendentin oder Super-intendent der beteiligtenKirchenkreise übernimmt denDienstvorsitz für einen Bereich(Verwaltung, synodale Dienste,Diakonie).

� Fachausschüsse für die synodalenDienste und Diakonie werden aufder Verbundebene gebildet.

Modell CFusionKennzeichen:

� Der Gestaltungsraum wird iden-tisch mit dem Kirchenkreis.

� Dieser Kirchenkreis hält alle dreiBereiche vor (Verwaltung, synodaleDienste, Diakonie).

� Die zuständige Superintendentinoder der Superintendent leitet diedrei Bereiche über Dienstvorsitzbzw. Vorsitz im Aufsichtsgremium.

� Leitung, Steuerung und Finanz-zuweisung erfolgen über die Kreis-synode und den Kreissynodalvor-stand. Dabei können Fachaus-schüsse zur Unterstützung gebildetwerden.

� Synodale Fachausschüsse könnengemeinsam besetzt werden, wer-den aber der jeweils verantwort-lichen Kreissynode zugeordnet.

Gemeinsame Kennzeichen:

� Es gibt einen geschäftsführenden Vorstand zur Koordination und strategischen Entwicklung der gemeinsamenAufgaben im Gestaltungsraum.

� Mitglieder dieses Vorstandes sind (u. a.) die Superintendentinnen und die Superintendenten der Kirchenkreise.

� Eine einheitliche Ausgestaltung der kirchlichen Arbeitsfelder (bspw. Diakonie, Gemeinsame Dienste) ist anzustreben.

� Prozentual gleiche Finanzzuweisungen aus den einzelnen Kirchenkreisen an die einzelnen Bereiche.

Gesteigerte Form der Zusammenarbeit

Innerhalb einesGestaltungsraumeslassen sich dreiFormen der Zusam-menarbeit formulie-ren. Die Anordnungfolgt einer aufsteigen-den Reihe vonKoordination überKooperation bis hinzur Fusion.

7.

7.7. Klare Strukturen und Vernetzung

84

Die zukünftigeEntwicklung innerhalbder Gestaltungsräume

erfolgt regional differenziert!

Dabei gilt: Schritte zurZusammenarbeit sindsinnvoll. Dies belegen

die nebenstehendenModellbeispiele für

möglicheEntwicklungen.

7.7. Diskussionsfelder

Die Bitte um Rückmeldungen, gerichtet analle Kirchenkreise, hat diesen im Herbst1999 die Möglichkeit zu einer erstenBewertung eröffnet. Dabei zeigten sichneben einer breiten Zustimmung zum vor-gelegten Konzept insgesamt „Diskussions-felder“, d. h. Anfragen und Ablehnung vonZuordnungen im Detail (bei einzelnenPfarrbezirken oder Kirchengemeinden) undim Ganzen (bei Kirchenkreisen).

1. Zusammenlegung zweier Gestaltungs-räume

2. Andere Zuordnung ganzer Kirchenkreisezu einem Gestaltungsraum

3. Andere Zuordnung einzelner Gemeindenzu einem Gestaltungsraum

• Von Modell A –> zur Fusion:2 Kirchenkreise, ein Kirchenkreis übernimmt die Verwaltung für beide, der andere diesynodalen Dienste, die Diakonie wird gemeinsam als e. V. geführt. Nach vielen Jahren derZusammenarbeit entscheiden sich beide Kreissynoden zur Fusion.

• Von Modell B –> zu Teilfusionen:4 Kirchenkreise, in den Bereichen Verwaltung, synodale Dienste, Diakonie zusammen-geschlossen im Verbund. Zunächst beschließen 2 Kirchenkreise die Fusion, der gebildeteVerbund bleibt bestehen. Eine weitere Fusion unterhalb der Verbundebene ist nichtzwingend erforderlich, aber möglich.

• Von geringfügiger Zusammenarbeit –> zu Modell A/B:3 Kirchenkreise mit bislang schwach ausgeprägter Zusammenarbeit beschließen einegemeinsame Diakonie als e. V., eine gemeinsame Verwaltung als Auftragsverwaltungdurch einen Kirchenkreis und gemeinsame synodale Dienste im Kirchenkreisverbund.

• Von unterschiedlich enger Zusammenarbeit –> zu Teilfusion und Modell B:3 Kirchenkreise, davon arbeiten 2 bislang eng zusammen, zum dritten bestehen loseBeziehungen. Zwei Kirchenkreise beschließen die Fusion, der dritte bildet in denBereichen Verwaltung, synodale Dienste und Diakonie mit dem neu fusioniertenKirchenkreis einen Verbund.

85

Wer ist betroffen?

KirchenkreiseBochum, Herne,Gelsenkirchenund Watten-scheid, Glad-beck-Bottrop-Dorsten, Reck-linghausen

Was ist der Vorschlagim Konzept der 11Gestaltungsräume?

Gruppierung der 5 Kirchenkreise in 2 Gestaltungsräume,dabei evtl. Teilung des KK Gelsenkirchen(Wattenscheid nachBochum) und Teilungdes KK Herne (Castropnach Recklinghausen)

Welche Argumente sprechen für dieses Konzept?

Die Aufteilung in 2 GR hätteden Vorteil, übersichtlicheStrukturen mit vergleichbarenGrößen innerhalb der EKvW zu schaffen. Dabei ist die Zuordnung vonGelsenkirchen-Wattenscheid zu Bochum/Herne plausibler als die zum Kreis Reckling-hausen und Bottrop etc.

Für das Miteinander von 5 KKdieser Größenordnung gibt esbislang keine Vorbilder (VKKDortmund hat etwa die Hälfteder Gemeindeglieder)

Welche Argumentesprechen gegen dasvorliegende Konzept?

Die Teilung des KKHerne ist problematisch,da dann das besondereProfil des KK nur schwerberücksichtigt werdenkann. Die Emscher-Lippe-Region hat verbindendeund identitätsstiftendePrägungen. Im Bereich KDA wirdüber Möglichkeiten derZusammenarbeit bereitsintensiv nachgedacht.

Konsequenz für dasGesamtkonzept

Wird der Änderungs-vorschlag berücksich-tigt, dann:

werden die Größen-ordnungen in der EKvWnicht mehr vergleich-bar, weil der neue Ge-staltungsraum Emscher-Lippe-Region im Jahre2015 voraussichtlichdrei- bis viermal größerist als andere GR.

Wer ist betroffen?

Kirchenkreis Lünen

Kirchenkreise VKK Dortmund (aufnehmend)

GestaltungsraumHamm-Unna (abgebend)

Was ist der Vorschlagim Konzept?

Zuordnung des Kirchen-kreises Lünen (5 Gemein-den mit 16 Pfarrstellenund ca. 42.000 Gemein-degliedern zum Gestal-tungsraum Kreis Unna –Stadt Hamm)

Welche Argumentesprechen für dasKonzept?

• Ähnliche Strukturda-ten (Mitgliederdichteetc.) wie der KreisUnna, nicht aber wieStadt Dortmund

• Zugehörigkeit zumKreis Unna

Welche Argumentesprechen gegen dasKonzept?

• Zugehörigkeit zu VKKals gewachsenerGestaltungsraum

• Klare Bezogenheit vonLünen auf Dortmund(IHK, Polizei, Gewerk-schaften, Arbeitsamtetc.)

• Verkehrsanbindung

• Erfahrungen ausKommunalreform

Konsequenz für dasGesamtkonzept

Wird der Änderungs-vorschlag berücksich-tigt, dann:

• wird das Prinzip derkommunalenDeckungsgleichheitaufgegeben

• GestaltungsraumUnna wird zu klein

Zusammenlegung zweier Gestaltungsräume

Andere Zuordnung ganzer Kirchenkreise zu einem Gestaltungsraum

7. Klare Strukturen und Vernetzung

86

Wer ist betroffen?

KirchenkreisPaderborn

KirchenkreisBielefeld,Gütersloh, Halle(aufnehmend)

KirchenkreisArnsberg, Soest (abgebend)

Was ist derVorschlag imvorliegendenKonzept?

Zuordnung desKirchenkreisesPaderborn (iden-tisch mit denKommunalkrei-sen Paderbornund Höxter) zumGestaltungsraumArnsberg-Soest

Welche Argumente sprechenfür das vorliegende Konzept?

• Ähnliche Strukturdaten (Mit-gliederdichte, Diaspora etc.)

• Verkehrsanbindung kein Hin-dernis (Interregio PB-Soest:20 min; Autobahn A 44)

• Der GR 7 besteht nicht nuraus Bielefeld und die Logikder Bildung durch Abtren-nung von WAF paßt nichtzu Paderborn (AbtrennungDiaspora von Kerngebiet)

• Die Zuordnung des KK PBzum GR 7 (BI/GT) würde die-sen unverhältnismäßig großwerden lassen (320.000Gemeindeglieder in 2015)

• Soest und Arnsberg stimmendem GR zu.

Welche Argumente sprechengegen das vorliegendeKonzept?

Nach außen:• Bezirksregierung Detmold

(wg. Schulen)• Presse• Rundfunk u. Fernsehen• Wirtschaftsverbände• Politische Parteien• Verkehrsverbindungen nach

Bielefeld• Gemeinsame Kulturpro-

gramme

Nach innen:• Gemeinsame Geschichte mit

Bielefeld• Regelmäßige Konferenzen der

Sup./Vwl • Zusammenarbeit der Schul-

referate• Gemeinsam finanzierte Rund-

funkarbeit• Regionalpfarramt Weltmission

und Ökumene• Kooperation Jugendarbeit mit

Bielefeld und Rechnungsprü-fung mit Gütersloh

• Keine gewachsenen Beziehun-gen nach Soest oder Arnsberg

Konsequenz für dasGesamtkonzept

Wird der Änderungs-vorschlag berücksich-tigt, dann:

• wären kircheninterneArgumente (Gemein-destruktur etc.) nach-rangig gegenüber ex-ternen Argumenten,

• verringert sich bei zugroßen Gestaltungs-räumen das Ände-rungspotential in derZukunft

• Die Zuordnung desKK PB zum GR 7gefährdet den GR 6(HSK/SO): Dieserwürde zu klein!

Wer ist betroffen?

Kirchengemein-den Schwerte,Ergste, West-hofen (teilweise)

Kirchengemein-den Hohenlim-burg, Elsey,Berchum, West-hofen (teilweise)

Was ist der Vorschlag imKonzept?

2 Gemeinden +eine teilweise mit10 Pfarrstellenund ca. 24.000Gemeindeglie-dern sollen demKK Unna zuge-wiesen werden.

3 Gemeinden +eine teilweise mit7 Pfarrstellenund ca. 13.000Gemeindegliedernsollen dem KKHagen zugewie-sen werden.

Welche Argumente sprechenfür das Konzept?

Gemeinden gehören zum KreisUnna bzw. Hagen, sie sindkommunikativ nach Unna,Dortmund, Hagen ausgerichtet,nur kirchlicherseits bestehenVerbindungen nach Iserlohn.In Schwerte u. Ergste bestehtgrundsätzlich Wechselbereit-schaft. Dies gilt auch im Hinblick aufdie Diakonie.

Gemeinden gehören zur StadtHagen. Im Diakoniebereich wirddie Verhandlungsführung deut-lich erleichtert.

Welche Argumente sprechengegen das Konzept?

KK Iserlohn und viele Einzelge-meinden sind dagegen. Die be-troffenen Gemeinden Schwerte(mündlich) und Ergste (schrift-lich) prüfen die Vor- und Nach-teile noch. Argumente u. a.:

• Zuordnung keine Antwort aufbeschriebene Krisen

• Kooperationsgefüge vonDiakonie und der synodalenDienste ist neu zu ordnenbzw. nicht mehr lebensfähig

• Westhofen-Garenfeld: zusätzliches Problem, daGarenfeld Ortsteil der StadtHagen ist. Hier wird der Ver-lust der eigenen Pfarrstelledes Ortsteils befürchtet.

KK Iserlohn und viele Einzelge-meinden und auch die betroffe-nen Gemeinden sind derzeitdagegen. Argumente s. Schwer-te etc. und zusätzlich:

• Es gibt keine deutliche kom-munikative Präferenz fürHagen im Stadtteil Hohen-limburg.

Konsequenz für das Gesamtkonzept

Wird der Ände-rungsvorschlagberücksichtigt, dann:

wird das Prinzip der kommunalenDeckungsgleichheitaufgegeben,

wird der Gestaltungs-raum recht klein, wennzusätzlich Lünen beimRaum Dortmund bleibt.

Wird der Änderungs-vorschlag berücksich-tigt, dann:

wird das Prinzip der kommunalen Deckungsgleichheitaufgegeben.

Andere Zuordnung ganzer Kirchenkreise zu einem Gestaltungsraum

Andere Zuordnung einzelner Gemeinden zu einem Gestaltungsraum

87

Wer ist betroffen?

Kirchengemein-den Olpe, Teilevon Krombach

Kirchengemein-den Dorlar,Gleidorf, Winterberg, Girkhausen-Langewiese

Was ist der Vorschlag imKonzept?

1 Gemeinde +eine teilweise mit3 Pfarrstellen u.ca. 7.500 Ge-meindegliedernsollen dem Kir-chenkreis Lüden-scheid/Pletten-berg zugeordnetwerden.

3 Gemeinden +eine teilweise mit4 Pfarrstellenund ca. 6.000Gemeindegliedernsollen dem KKArnsberg zuge-wiesen werdenDie GemeindeGirkhausen-Langewiese wirdgeteilt. Lange-wiese kommt zuKK Arnsberg

Welche Argumente sprechen für das Konzept?

Bereinigung kommunaler Zu-ordnung, da schon jetzt ein Teildes Kreises Olpe zum KK Plet-tenberg gehört.KK Siegen ist reformiert, Olpeist lutherisch (wie Plettenberg)

Die übrigen Gemeinden desHochsauerlandkreises gehörenzum KK Arnsberg.Auf dem Stadtgebiet von Win-terberg bestehen z. Zt. vier ver-schiedene KG, die z. T. schonheute zum KK Arnsberg gehö-ren. Die Gemeinden des HSKsind lutherisch, der KK Witt-genstein ist reformiert. Mit derStrukturreform würde nur daszusammengeführt, was auchkommunal und konfessionellzusammengehört.

Welche Argumente sprechengegen das Konzept?

KG Olpe (schriftlich) und KK Sie-gen (mündlich) stimmen nicht zu.Argumente u. a.:

• Der konfessionelle Unterschiedist eine Bereicherung der theolo-gischen Meinungsbildung.

• Es gibt eine gemeinsame Tradi-tion von der Gründung her.

• Die Ausgliederung von Olpewürde einen deutlichen finan-ziellen Verlust für KK Siegenbedeuten.

KK Wittgenstein, betroffene Ge-meinden und einzelne Vereine etc.stimmen nicht zu. Argument u. a.:

• Gemeinden fürchten evtl. weite-re Maßnahmen zur Einschränkungder Zahl der Pfarrstellen.

• Gewachsene gut funktionierendeStrukturen

• Der KK Wittgenstein ist heuteschon klein (37.000). Daher wür-de die Herauslösung dieser Ge-meinden letztlich auch das Endeder Selbstständigkeit bedeuten.

Konsequenz für dasGesamtkonzept

Wird der Ände-rungsvorschlagberücksichtigt, dann:

wird der Gestal-tungsraum MK/Olperecht klein.Wird das Prinzip derkommunalen De-ckungsgleichheitaufgegeben, finden kircheninter-ne Faktoren keineBerücksichtigung.

Wird der Ände-rungsvorschlagberücksichtigt,dann:

wird das Prinzip derkommunalen De-ckungsgleichheitaufgegeben,finden kircheninter-ne Faktoren keineBerücksichtigung.

Wer ist betroffen?

Kirchengemein-den Ahlen, Sendenhorst,Bockum-Hövel(teilw.) (KreisWarendorf undKreis Coesfeld)

Kirchengemein-de Hilbeck (Kreis Soest)

Kirchengemein-den Beckum, Neubeckum, Ennigerloh, Wa-dersloh-Liesborn,Oelde (KreisWarendorf II)

Was ist der Vorschlag imKonzept?

2 Gemeindenund 1 Pfarrbezirkmit 7 Pfarrstellenund ca. 18.000Gemeindeglie-dern sollen zum KK Münster bzw.Steinfurt-Coes-feld-Borken

1 Kirchengemein-de mit 1 Pfarr-stelle und ca. 800Gemeindeglie-dern soll zum KKSoest

5 Gemeinden mit7 Pfarrstellenund ca. 17.500Gemeindeglie-dern sollen vomKK Güterslohzum KK Münster

Welche Argumente sprechen für das Konzept?

Die Gemeinden gehören kom-munalpolitisch zum KreisWarendorf und Kreis Coesfeld(KG Sendenhorst gehört zu 3Kommunalkreisen) bzw. KGHilbeck gehört zur Stadt Werl(Kreis Soest)Sie haben andere Strukturdatenals der übrige KK Hamm(Diaspora u. Fläche). Sie sindweitgehend nach Münsterorientiert (bzw. nach Werl imFalle Hilbeck).

Gemeinden gehören kommu-nalpolitisch zum Kreis Waren-dorf. Sie haben andere Strukturdatenals der übrige KK Gütersloh(Diaspora u. Fläche). Sie sindweitgehend nach Münsterorientiert.Bisherige Zuordnung zum KKGütersloh führt dort zu einerDreiteilung in völlig unter-schiedlich strukturierte Gebiete(Stadt BI, Kreis GT u. WAF).Durch die Ausgliederung wirdeine Fusion mit KK Halleerleichtert.

Welche Argumente sprechengegen das Konzept?

Der Kreissynodalvorstand Hammstimmt dem Konzept grundsätzlichzu, nennt jedoch folgende Ein-schränkungen:

• Ahlen gehört kulturell zumöstlichen Ruhrgebiet

• Beratungsbedarf gibt es inSendenhorst

(der Bezirk Herbern der KGBockum-Hövel wird in derStellungnahme nicht thema-tisiert)

Der Kirchenkreis Gütersloh istdagegen, die betroffenen Gemein-den haben sich bislang nicht sepa-rat geäußert. Argumente u. a.:

• Eine Einheit von 100-120 Tsd.Gemeindegliedern sollte nichtzerteilt werden.

• Es gibt keine genuinen Verbin-dungen und Bezüge der Waren-dorfer Gemeinden nach Münster

• Ein bezifferbarer Einsparungs-effekt ist nicht zu erkennenBestehende Formen der Zusam-menarbeit dürfen nicht vernach-lässigt werden.

Konsequenz für dasGesamtkonzept

Wird der Ände-rungsvorschlagberücksichtigt, dann:

wird das Prinzip der kommunalenDeckungsgleichheitaufgegeben,

finden kirchenin-terne Strukturdatenkeine Berücksichti-gung

Wird der Ände-rungsvorschlagberücksichtigt,dann:

wird das Prinzip der kommunalenDeckungsgleichheitaufgegeben,

finden kirchenin-terne Strukturdatenkeine Berücksichti-gung.

Andere Zuordnung einzelner Gemeinden zu einem Gestaltungsraum

7.8. Landeskirchliche Ebene

Der Prozess der Zusammenlegung undNeugestaltung der Ämter und Einrich-tungen in der EKvW wurde Ende 1998 ab-geschlossen. Damit hat die Landeskirche diefachliche Vernetzung der verschiedenenAngebote bereits umgesetzt.

Leitendes Ziel dieser Maßnahmen ist diefachliche und personelle Vernetzung vonMitarbeitenden und Serviceeinrichtungenim Hinblick auf mitgliederorientierte undqualitativ hochwertige Angebote.

So befinden sich jetzt am Standort HausVilligst (Schwerte) das Institut für Aus-,Fort- und Weiterbildung, das PädagogischeInstitut und das Amt für Jugendarbeit.

Am Standort Haus Ortlohn (Iserlohn)wurden im Institut für Kirche und Gesell-schaft Einrichtungen zusammengefaßt, diemit der gesellschaftlichen Verantwortungder Kirche verbunden sind.

Das Frauenreferat, die ArbeitsstelleMission, Ökumene und Kirchliche Weltver-antwortung, das Amt für MissionarischeDienste sowie das Ev. Erwachsenenbil-dungswerk Westfalen und Lippe e.V. sindam Standort Dortmund im Haus landes-kirchlicher Dienste angesiedelt.

Darüber hinaus wurde 1999 das Landes-kirchenamt nach einem Beratungsprozessneu strukturiert. Ziel war hier u.a. die klarereZuordnung von Dezernaten zu Fachauf-gaben und der Abbau von Doppelstruk-turen.

Wesentliche Aufgabe auf landeskirchlicherEbene wird in Zukunft die Vernetzung undBegleitung der verschiedenen Verände-rungsprozesse auf allen Ebenen sein. ZurAbstimmung der Zielrichtung dieser Ver-änderungsprozesse ist diese Reformvorlageein wichtiger Beitrag.

7. Klare Strukturen und Vernetzung

88

Vernetzung und Begleitungder Veränderungsprozesse

88. Erfahrungen aus den laufendenVeränderungsprozessenin den Kirchenkreisen

Erfahrungen aus den laufenden Verän-derungsprozessen in den KirchenkreisenSituationsanalyse und PraxisberichteEmpfehlungen

899090

8.

8.1.8.2.

8.1. Situationsanalyseund Praxisberichte

Bei der Befragung der Kirchenkreise wurdeninsgesamt 126 verschiedene laufendeVeränderungsprozesse benannt. Dabeiwurde vor allem deutlich, dass eine alleGremien und Ebenen umfassende Leitungs-krise (zu wenig strategische Arbeit in denGremien) gesehen wird.

Die beschriebenen Veränderungsprozessezeigen insgesamt vor allem das Bewusstseinfür eine Finanzkrise. Oft wurde das Nach-denken über die Themen „Mitgliederent-wicklung“ und „Identitätskrise“ sowie theo-logische Fragen hierdurch erst angestoßen.

Die für die Kirchenkreisebene benanntenVeränderungsprozesse sind in Zielsetzungund Art der Durchführung sehr unterschied-lich. Dies wird ausgelöst von unterschied-lichen Problemstellungen (z. B. Wachstumim Münsterland, Schrumpfen im Ruhrge-biet, strukturelle Besonderheiten wie Dias-pora/Kerngebiet).

Für die Gemeindeebene wurden als zentraleProbleme die Reduzierung von Pfarrstellenund die Kostensenkung innerhalb der vorhan-denen Gemeinden genannt. Überlegungen zurZusammenlegung von Gemeinden wurdenbisher nur im Einzelfall auch vollzogen.

In der Vielzahl der geschilderten Verän-derungsprozesse spiegelt sich die grund-sätzliche Bereitschaft und Offenheit derKirchengemeinden und Kirchenkreise fürkünftige Veränderungen wider.

In der Befragung wurde auch die Not-wendigkeit von externer und internerBeratung für Kirchengemeinden und -kreiseund die Bereitstellung von Umsetzungs-hilfen (z. B. Musterfahrplänen bei Fusionenetc.) deutlich.

Auf der landeskirchlichen Ebene hat eineStrukturreform stattgefunden, die zu einerUmstrukturierung des Landeskirchenamtesund der Ämter und Einrichtungen geführthat. Verschiedene Kirchenkreise haben ihreKooperationsbemühungen verstärkt. EinigeKirchenkreise streben einen Zusammen-schluss an. Kirchengemeinden haben sichzusammengeschlossen und weitere planenden Zusammenschluss. Andere Kirchen-gemeinden erproben verschiedene Formender Kooperation. Auf den verschiedenenHandlungsebenen hat eine Konzentrationbei der Wahrnehmung von Aufgaben statt-gefunden. Anlass für einzelne Verände-rungen war die Reduzierung der Pfarrstellen.Durch eine Reihe von Leitbilddiskussionenkam es zur Schärfung des Problembewusst-seins. Die Erfahrung ist, dass Veränderungsich lohnt – für Einzelne und für dieGemeinden.

8.2. Empfehlungen

Veränderungsprozesse brauchen Zeit.Zunächst muss das Problembewusstseinwachsen. Durch ein möglichst frühzeitigesErkennen bedeutsamer Entwicklungen undSchwierigkeiten kann die Zeit für möglicheReaktionen und erforderliche Konsequenzengewonnen werden. Der erfolgreiche Umfangmit Veränderungsprozessen erfordert Kom-petenzvernetzung und permanentes Lernen.

Dazu werden folgende Empfehlungen aus-gesprochen:

Aufbau einer EKvW-weiten Informa-tionsbörse

Die Befragung der Kirchenkreise hat eineVielzahl von Informationen über Erfahrun-gen mit Veränderungsprozessen erbracht. Umdiese Erfahrungen besser zugänglich zumachen, wurden sie zu Gruppen zusam-mengefasst und in Form von Steckbriefenbeschrieben. Dadurch soll es möglich werden,

8. Erfahrungen aus den laufenden Veränderungen aus den Kirchenkreisen

90

die wesentlichen Erfahrungen und mög-lichen Kontaktadressen auf einen Blick zuerfassen. Mit diesen Steckbriefen werden 12Handlungsfelder abgedeckt:

Diese und ähnliche innovative Ideen solltenim Sinne einer EKvW-weiten Informations-börse zukünftig wie folgt präsentiert wer-den:

Die Homepage der EKvW ist um eineneue Rubrik „lnnovative Ideen“ zu erwei-tern und kontinuierlich zu aktualisieren.Sie bietet neben einem Überblick über dievorhandenen Steckbriefe und weiterenIdeen auch die Möglichkeit zum Down-loading von ergänzenden Kurzbeschrei-bungen und Kontaktadressen.

Auf „Innovationsbörsen“ sollten einzelneProzesse für Interessierte ausführlich darge-stellt und in ihren Konsequenzen undProblemen diskutiert werden.

Über „Unsere Kirche“ und das „Pfarrinfo“sollten Themenstellungen, Kurzbeschrei-bungen und Kontaktadressen präsentiertund etwa im Rahmen von Leserbriefen auchdiskutiert werden.

Neben den Anregungen durch bereits vor-handene Veränderungsprozesse sollteninnovative Ideen auch gefördert werdendurch Projektausschreibungen landeskirch-licher Institute (inkl. Finanzmittel und/oderBegleitung) sowie durch Ausschreibungenund Wettbewerbe der Landeskirche (vorallem zur Öffentlichkeitsarbeit).

Förderung der Kompetenzvernetzung undInnovation auf landeskirchlicher Ebene:

In einem Projekthandbuch solltenanhand von Beispielen aus der Gemeinde-praxis die sieben Schritte beschrieben wer-den, die bei einem Veränderungsprozessgetan werden müssen:

Schritt 1: ProblembeschreibungSchritt 2: ZielbeschreibungSchritt 3: Entwicklung von alternativen

VerbesserungsmöglichkeitenSchritt 4: Bewertung und EntscheidungSchritt 5: DurchführungSchritt 6: EvaluationSchritt 7: Bewertung der Ergebnisse

(Controlling)

91

8.Fusion Kirchenkreise

Leitbild Kirchenkreis

Fachbereiche im Kirchenkreis

Regionalisierung im Kirchenkreis

Neue Angebote im Kirchenkreis

Leitbild für die Kindergartenarbeit

Fusion Kirchengemeinden

Organisationsstruktur für eine Kirchengemeinde

Schließung Kirche/Gemeindehaus

Pfarramtliche Verbindung von Gemeinden

Fusion Verwaltung

EDV-Vernetzung Kreiskirchenamt-Gemeindebüro

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Informationsbörse

Projekthandbuch

Unterstützung von Veränderungs-prozessen

- Professionelle Verstärkung der landes-kirchlichen Beratungsarbeit als Modera-tions- und/oder Fachberatungsangebotzur Begleitung von Veränderungspro-zessen auf Gemeinde-, Kirchenkreis- undGestaltungsraumebene.

Verdeutlichung der zukünftigen Rolle derOrtsdezernentinnen und Ortsdezernenten.

- Förderung und Initiierung von Verän-derungsprozessen durch die Ortsdezer-nentinnen und Ortsdezernenten

- wechselseitige Vermittlung von Be-schlüssen durch die Ortsdezernentinnenund Ortsdezernenten.

Ableitung von Konsequenzen aus denVeränderungsprozessen:

Es müssen die Ergebnisse der Umge-staltungsprozesse analysiert und mit demZiel bewertet werden, festzustellen, ob diegetroffenen Entscheidungen zielführendwaren oder wirkungslos blieben (d. h. esmuss ein Controlling durchgeführt werden).

- Schaffung eines sicheren Rahmens fürZusammenschlüsse von Kirchengemein-den und -kreisen.

- Entwicklung eines Musterfahrplans vomNebeneinander hin zum Zusammenschluss(Stufenmodell über zunehmend engereKooperation) für Kirchengemeinden undKirchenkreise.

- Festlegung eines eindeutigen Verfahrensbeim Zusammenschluss von Kirchen-kreisen durch die Kirchenleitung.

Einstieg in die „lernende Organisation“durch Erarbeitung und Umsetzung eines

Konzeptes zur Personalentwicklung fürTheologinnen/Theologen, Verwaltungslei-tungen und Mitarbeitende:

- Konzeptentwicklung

- Erarbeitung von Stellenprofilen undderen Zuordnung zu den vorhandenenStellen

- Zentrale Steuerung des Aus- und Fort-bildungsangebotes zur zeitnahen Bereit-stellung von erforderlichen Fortbildungs-maßnahmen

- Verbindlichkeit bei der Durchführungvon Mitarbeitendengesprächen durch diejeweiligen Vorgesetzten.

- Die Öffentlichkeitsarbeit zu den Verän-derungsprozessen muss verbessert werden.

- Entwicklung eines gemeinsamen Erschei-nungsbildes.

- Erarbeitung eines Angebotskataloges fürdie Gemeindearbeit mit Zielgruppen-beschreibung und Umsetzungsbeispielen.

8. Erfahrungen aus den laufenden Veränderungen aus den Kirchenkreisen

92

Unterstützung vonVeränderungsprozessen

lernende Organisation

99. Zeitplan undUnterstützung desReformprozesses

Zeitplan und Unterstützungdes Reformprozesses 93

9.

Wir erhoffen uns ab Veröffentlichung dieserVorlage in einem Stellungnahmeverfahreneine breite Diskussion auf allen Ebenen unse-rer Landeskirche.

Die Landessynode wird auf ihrer Tagung imNovember 2000 für sich eine ersteZwischenbilanz ziehen.

Die Presbyterien und synodalen Gremienwerden gebeten, bis zum 30. April 2001 ihreStellungnahmen zu dieser Vorlage demLandeskirchenamt zuzuleiten.

Daraus werden von dem Struktur- undPlanungsausschuss Leitlinien erarbeitet, diedie Kirchenleitung zusammen mit Be-schlussvorschlägen der Landessynode imNovember 2001 vorlegen wird.

Das schließt nicht aus, dass Kirchen-gemeinden und Kirchenkreise schon jetzt imSinne der Vorschläge Kontakte suchen undWege ebnen, um Möglichkeiten derKooperation zu verwirklichen oder um sichzusammenzuschließen. Dazu sind vielfachSchritte bereits getan und Verfahren einge-leitet.

Nach der Tagung der Landessynode imHerbst 2001 ist der Veränderungsprozessnicht abgeschlossen, sondern geht in dienächste Runde. Bis zum Jahr 2005 sollenabschließende Ergebnisse erzielt werden.

Zur Unterstützung der Begleitung durch dieOrtsdezernentinnen und Ortsdezernentensollten Moderatorinnen und Moderatorenfür die Beratung vor Ort beauftragt werden.Damit sollen Kirchengemeinden undKirchenkreise auch konkrete Hilfe abrufenkönnen.

Die landeskirchlichen Institute und Ein-richtungen werden ihre Kompetenzen ein-bringen und Angebote entwickeln.

Anfragen im Hinblick auf Moderation,Beratung und Veranstaltungsangebote kön-nen an das Projektbüro gerichtet werden.

9. Zeitplan und Unterstützung des Reformprozesses

94

30. April 2001

Landessynode 2001

1010. Ausblick

Ausblick 9510.

Die Schritte zur Veränderung und zurReform unserer Kirche waren bisher ange-stoßen und bestimmt von der Notwendig-keit zur finanziellen Sanierung und zumAbbau von Doppelstrukturen. Aber einewirkliche Reform darf sich nicht auf diefinanzielle Sicherung des Weiterbestehensvon Kirche oder die Entwicklung einereffektiven Verwaltung beschränken. DieReform soll für unsere Kirche Hand-lungsspielräume erweitern, Kräfte für dieinhaltliche Gestaltung freisetzen und dieöffentliche Bedeutung von Kirche stärken.Sie muss sich auf den Auftrag der Kirchekonzentrieren, den Menschen in ihrenLebensbezügen das Evangelium Gottes nahezu bringen.

Die Kirche ist kein Selbstzweck, sondern fürdie Menschen da. Darum muss Kirche da-rauf achten, welche Lebensverhältnisse dieMenschen prägen, die sich mit ihren Erwar-tungen an die Kirche wenden. Sie mussnicht alle Erwartungen erfüllen, aber siemuss den Menschen gerecht werden, die sieformulieren, damit sie sich nicht enttäuschtabwenden.

Dies gilt zuerst für die eigenen Mitgliederder Kirche. In deren Wahrnehmung undWertschätzung hat unsere Kirche einen gro-ßen Nachholbedarf.

Die Qualität kirchlicher Arbeit bemisst sichsowohl in der kirchlichen Binnenperspek-tive als auch in der Außenwahrnehmungdaran, dass Menschen erkennen und wissen,womit sie bei ihrer evangelischen Kircherechnen können. Kirche muss ihnen alserreichbare und verlässliche Partnerinbegegnen.

Wir brauchen deshalb einen Prozess, der zuverbindlichen Absprachen führt, welchekirchlichen Angebote wo und von wemgestaltet werden:

in den Gemeinden vor Ort und zwischenden Gemeinden,

auf der Ebene der Kirchenkreise gemein-sam mit den funktionalen Diensten,

zwischen den Kirchenkreisen in denGestaltungsräumen gemeinsam mit denÄmtern, Werken und Einrichtungen derEKvW.

Wir brauchen eine nach innen wie außengerichtete Öffentlichkeitsarbeit, die dieVerabredungen aus diesem Prozess bekanntmacht.

Wir brauchen Stationen des Innehaltens, andenen wir gemeinsam bisherige Arbeits-strukturen und -schwerpunkte überprüfenund ggf. auf neue Erfordernisse hin abstim-men.

Unsere Kirche braucht ein Angebotsprofil,das zugleich klar erkennbar und vielfältigist.

Alle, die sich in der Kirche engagieren undarbeiten, brauchen den verantwortungsvol-len Umgang miteinander und mit denRessourcen unserer Kirche. Dann kannEngagement in der Kirche nicht nur Arbeit,sondern auch Freude machen.

Der Veränderungsprozess der Kirche kannnicht auf die EKvW beschränkt bleiben.Manche Aufgaben, etwa im Bereich desPersonalwesens oder der Öffentlichkeitsar-beit, ließen sich in der Gemeinschaft derEvangelischen Kirche in Deutschland effek-tiver und schneller bewältigen. Inspirationaus der weltweiten Ökumene sowie Anre-gungen aus dem außerkirchlichen Bereich

10. Ausblick

96

können zur Stärkung und Klärung desReformprozesses beitragen. Bei der Ent-wicklung von besonderen kirchlichenArbeitsfeldern ist zudem die Abstimmungmit anderen Kirchen sinnvoll, um auch hiereine Bündelung von Ressourcen und einenverantwortlichen Einsatz von Menschen zuerreichen. Aber sowohl in der ökumeni-schen Partnerschaft als auch bezogen aufdie Landeskirchen übergreifende evangeli-sche Zusammenarbeit sind nach wie vorenge Grenzen gesteckt. Indem wir jetzt kon-krete Schritte zur Reform unserer Kirchetun, geben wir nicht solche großen Visionender Veränderung auf, sondern hoffen da-rauf, dass wir ihnen im Kleinen die Bahnbereiten können.

Wir beten darum, dass Gott uns bei unserenSchritten begleiten wird. Wir vertrauen da-rauf, dass wir an Jesus Christus unsereOrientierung finden für die neuen Wege, aufdie wir gewiesen sind.

Wir glauben Kirche als den Einen, lebendi-gen Leib Christi, als Leib mit vielen Glie-dern. Die Reform unserer Kirche soll sichdarauf ausrichten, dass im Handeln derKirche und in der öffentlichen Wahr-nehmung ihre Einheit, das Zusammen-wirken der vielen Dienste und die Lebendig-keit unserer Kirche in der Gegenwart desGeistes Christi gestärkt werden.

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10.

98

1111. Anhang

AnhangNamensliste der beteiligten PersonenLiteraturempfehlungen

99100100

11.11.1.11.2.

11.1. Namensliste der beteiligten Personen

Struktur- und Planungsausschuss (SPA)Projektgruppe I (PG I): Kirchengemeinde und Kirchenkreise(Grundmodelle)Projektgruppe II (PG II): Veränderungsprozesse in der EKvWProjektgruppe III (PG III): Kirchenbild – Pfarrbild –MitarbeitendenentwicklungProjektbüro (PB)Firma BSLManagementberatung GmbH (BSL)

Ackermeier, Heinz-Georg (SPA)Anders-Hoepgen, Hartmut (PG III,Vorsitzender)Baltes, Nikolaus (SPA)Barenhoff, Günther (SPA)Budde, Karl-Heinz (PG II, Vorsitzender)Burkowski, Peter (SPA, Vorsitzender)Buß, Alfred (PG I, Vorsitzender)Dargel, Matthias (PB)Drees, Kurt (SPA)Drost, Alfred (SPA)Dr. Ebbrecht, Günter (SPA)Eberlein, Ute (PG III)Espenhorst, Jürgen (PB)Findorff-Otto, Oda (PG III)Gaffron, Eckhard (PB)Garlichs, Friedrich (SPA)Grünhaupt, Siegfried W. (PG II)Hadler, Elke (PG I)Henrich, Gerhard (PG I)Hering, Stefanie (PB)Dr. Hoffmann, Hans-Detlef (SPA)Iseringhausen, Gaby (PG I)Jochum, Günter (PG II)Johner, Klaus-Peter (SPA)Kahmeyer, Heinrich (PG I)Klar, Hartmut (PG I)Kock, Dieter † (SPA, Vorsitzender)Köster, Hans-Ulrich (SPA)Kruska, Siegfried (PG II)

Luther, Ute (PG II)Dr. Lübking, Hans-Martin (PG III)Lock, Reinhold (BSL)Piepenbrock, Marie-Luise (SPA)Rudloff-Klotz, Elke (PG III)Schäffer, Elisabeth (SPA)Schmidt, Daniela (PB)Schneider, Stefan (BSL)Schwager, Robert (PG I)Staschen, Christa-Marlene (SPA)Dr. Strathmann-von Soosten, Ellen (PG III)Weber, Christel (PG III)Webers, Gerhard (PG I)Dr. Will-Armstrong, Johanna (PG III)Winterhoff, Klaus (SPA)Wixforth, Friedhelm (Geschäftsführer)

11.2. Literaturempfehlungen

zu Kapitel 1: Wesen, Auftrag undAufgaben der Kirche

Auftrag, Weg und Ziel der Gemeinde JesuChristi in der gegenwärtigen Zeit. Ein Diskussionspapier der Evangelisch-reformierten Kirche, Leer 1998

Hans-Martin Barth, Einander Priester sein.Allgemeines Priestertum in ökumenischerPerspektive, Göttingen 1990

Der Dienst der ganzen Gemeinde JesuChristi und das Problem der Herrschaft,Barmen IV. Band 1, Vorträge aus demTheologischen Ausschuss derEvangelischen Kirche der Union

Andreas Feldtkeller, Theo Sundermeier(Hg.), Mission in pluralistischerGesellschaft, Frankfurt/Main 1999

Wolfgang Huber, Kirche in derZeitenwende, Gesellschaftlicher Wandelund Erneuerung der Kirche, Gütersloh 1998

11. Anhang

100

Eberhard Jüngel, Referat zur Einführungin das Schwerpunktthema der EKD-Synodein Leipzig: Mission und Evangelisation,Drucksache Nr. III/2, Leipzig 1999

Kirche mit Hoffnung, Leitlinien künftigerkirchlicher Arbeit in Ostdeutschland, ImAuftrag des Kirchenamtes der EKD hrsg.von Helmut Zeddies, Hannover 1998

Matthias Kroeger, Die Notwendigkeit derunakzeptablen Kirche, Eine Ermutigungzur distanzierten Christlichkeit, München 1997

Person und Institution, Volkskirche aufdem Weg in die Zukunft, Frankfurt 1993

Heike Schmoll (Hrsg.), Kirche ohneZukunft? Evangelische Kirche – Wege ausder Krise, Berlin 1999

Synode der Evangelischen Kirche inDeutschland, „Reden von Gott in der Welt– Der missionarische Auftrag der Kirche ander Schwelle zum 3. Jahrtausend“,Kundgebung zum Schwerpunktthema,Leipzig 1999 (epd 49/99)

zu Kapitel 2: Ausgangssituation

Fremde Heimat Kirche, Die dritte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, hrsg. von Klaus Engelhardt, Hermann vonLoewenich, Peter Steinacker, Gütersloh 1997

Eberhard Hauschildt, Milieus in der Kirche,in: Pastoraltheologie 87/1998

Klaus-Peter Joerns, Die neuen GesichterGottes. Was die Menschen heute wirklichglauben, München 1997

Präsenz der Kirche im Lebensraum derStadt. Ergebnisse des Beratungsprozesses„Zukunft der Volkskirche in Dortmund undLünen“, Dortmund 1997

zu Kapitel 4: Menschen, die in der Kirchearbeiten

Ausarbeitung der „Arbeitsgruppe Pfarrbild“ zum Berufsbild der Gemeinde-pfarrerinnen und Gemeindepfarrer imAuftrag der Kirchenleitung der Ev. Kircheim Rheinland 1998

Der Beruf des Pfarrers/der Pfarrerin heute.Ein Diskussionspapier zur V. WürzburgerKonsultation über Personalplanung in derEKD, Würzburg 1989

Der Beruf der Pfarrerin und des Pfarrers inder Gemeinde – Überlegungen zur Zukunftdes Pfarrberufs, Arbeitsergebnis der vomEvangelischen Oberkirchenrat eingesetzten„Arbeitsgruppe Pfarramt“ der BadischenLandeskirche 1998

Brigitte Enzner-Probst, Pfarrerin. Als Frauin einem Männerberuf, Stuttgart 1995

Christian Grethlein, Pfarrersein heute.Zwischen „Führer“ ins Heilige und „intel-lektuellem Amt“, in: Deutsches Pfarrerblatt 1/1999

Isolde Karle, Was heißt Professionalität imPfarrberuf?, in: Deutsches Pfarrerblatt 1/1999

Krusche, Günter, Gemeindeaufbau imSpannungsfeld von Parochie undFunktionalen Diensten – Sichtweisen,Erfahrungen, Vorschläge –, in: Apsel,Günter, und Busch, Christine (Hrsg.),Verteilungskampf in der Kirche –Dokumentation einer Tagung, Schwerteund Düsseldorf 1995, S. 1-5

11.

101

Susanne Natrup, Pfarramt und Ehrenamt:Der Pfarrer/die Pfarrerin und seine/ihreMitarbeiter/Mitarbeiterinnen, in: Praktische Theologie 3/1998

Notwendiger Wandel imGemeindepfarrdienst, Diskussionsvorlageim Auftrag des Oberkirchenrates, Stuttgart 1995

Reuter, Hans Richard, Die Bedeutung derkirchlichen Dienste, Werke und Verbändeim Leben der Kirche. EkklesiologischeÜberlegungen, in: Evangelische AkademieIserlohn, Die kirchlichen Dienste, Werkeund Verbände, Bedeutung und Stellung inder Ev. Kirche. Texte zur Zukunft derVolkskirche II, Iserlohn 1995, S. 5-25

Schloz, Rüdiger, Spannungsfeld Parochie –Funktionale Dienste, – Sichtweisen,Erfahrungen, Vorschläge –, in: Apsel, Günter, und Busch, Christine (Hrsg.),Verteilungskampf in der Kirche –Dokumentation einer Tagung, Schwerteund Düsseldorf 1995, S. 6-25

Veränderungen im Pfarrhaus, Ein Beitragdes Pfarrfrauendienstes der EKD, Mühlheim 1993

Eckhart von Vietinghoff, Wege aus derKrise, Kritische Anmerkungen zumBerufsbild Pfarrer, in: Heike Schmoll(Hrsg.), Kirche ohne Zukunft? EvangelischeKirche – Wege aus der Krise, Berlin 1999

11. Anhang

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