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1 Die komplexe Dynamik der Islamisierung. Der malaysische Islam im Spannungsfeld von Staat, politischer Gesellschaft und Zivilgesellschaft * Andreas Ufen Einleitung In Malaysia hat sich seit der staatlichen Unabhängigkeit (1957) eine nahezu alle Bereiche erfassende Islamisierung, also die Aufwertung islamischer Organisatio- nen, Lehren und Akteure, vollzogen. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen und wer waren die Hauptakteure? Durch welche einschneidenden Ereignisse wurde der Prozess beschleunigt, und gibt es auch gegenläufige Entwicklungen? Zur Beantwortung dieser Fragen werden mehrere Entwicklungsphasen und drei Handlungsbereiche unterschieden. Die Islamisierung wird vor dem Hintergrund der Interaktion von Akteuren dreier Handlungssphären beschrieben: des Staates, der politischen Gesellschaft – dies sind im Wesentlichen politische Parteien – und der Zivilgesellschaft. Diese Unterscheidung dient dazu, einerseits Teilprozesse genauer erfassen, andererseits Wechselbeziehungen zwischen den drei Bereichen besser darstellen und Hypothesen generieren zu können. Dabei sollen im Folgen- den vier Phasen unterschieden werden: 1. Von der Unabhängigkeit bis zu den ethnischen Unruhen vom Mai 1969 war der politische Diskurs stärker von Fragen des interethnischen Zusammen- lebens und der Nationenbildung geprägt. Die UMNO (United Malays National Organisation) war noch eine im Wesentlichen säkularistische Partei. In der Ideo- logie der PAS (Parti Islam SeMalaysia, Pan-Malaysian Islamic Party) war der Islamismus nur Teil eines explizit nationalistischen Programms. 2. Nach der Zäsur durch die Mai-Unruhen 1969 konnte die UMNO innerhalb der Allianz, die Anfang der 1970er Jahre zur Nationalen Front ausgebaut wurde, ihre Position stärken. Durch die konsequente pro-malaiische Politik veränderte sich auch die Machtbalance zwischen den ethnischen Gruppen. Damit war eine langsame Islamisierungspolitik der Regierung verbunden, die auch eine Reaktion auf internationale Entwicklungen und insbesondere auf die nationale dakwah-Erweckungsbewegung war. 1 Erstmals wurde die Regierung * Dieser Artikel entstand im Rahmen des DFG-Forschungsprojektes “Islam und Demokratie in Südostasien. Politischer Islam, Konfliktlinien und Demokratisierung in Indonesien und Malay- sia”, das am GIGA Institut für Asien-Studien durchgeführt wurde. 1 Arab.: da’wa, “Ruf” zum Islam.

Die komplexe Dynamik der Islamisierung. Der malaysische ... · Das politische System Malaysias wird als Semi- oder Pseudo-Demokratie (Case 2004) bezeichnet. Während in autoritären

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Die komplexe Dynamik der Islamisierung.

Der malaysische Islam im Spannungsfeld von Staat, politischer

Gesellschaft und Zivilgesellschaft*

Andreas Ufen Einleitung

In Malaysia hat sich seit der staatlichen Unabhängigkeit (1957) eine nahezu alle Bereiche erfassende Islamisierung, also die Aufwertung islamischer Organisatio-nen, Lehren und Akteure, vollzogen. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen und wer waren die Hauptakteure? Durch welche einschneidenden Ereignisse wurde der Prozess beschleunigt, und gibt es auch gegenläufige Entwicklungen? Zur Beantwortung dieser Fragen werden mehrere Entwicklungsphasen und drei Handlungsbereiche unterschieden. Die Islamisierung wird vor dem Hintergrund der Interaktion von Akteuren dreier Handlungssphären beschrieben: des Staates, der politischen Gesellschaft – dies sind im Wesentlichen politische Parteien – und der Zivilgesellschaft. Diese Unterscheidung dient dazu, einerseits Teilprozesse genauer erfassen, andererseits Wechselbeziehungen zwischen den drei Bereichen besser darstellen und Hypothesen generieren zu können. Dabei sollen im Folgen-den vier Phasen unterschieden werden:

1. Von der Unabhängigkeit bis zu den ethnischen Unruhen vom Mai 1969 war der politische Diskurs stärker von Fragen des interethnischen Zusammen-lebens und der Nationenbildung geprägt. Die UMNO (United Malays National Organisation) war noch eine im Wesentlichen säkularistische Partei. In der Ideo-logie der PAS (Parti Islam SeMalaysia, Pan-Malaysian Islamic Party) war der Islamismus nur Teil eines explizit nationalistischen Programms.

2. Nach der Zäsur durch die Mai-Unruhen 1969 konnte die UMNO innerhalb der Allianz, die Anfang der 1970er Jahre zur Nationalen Front ausgebaut wurde, ihre Position stärken. Durch die konsequente pro-malaiische Politik veränderte sich auch die Machtbalance zwischen den ethnischen Gruppen. Damit war eine langsame Islamisierungspolitik der Regierung verbunden, die auch eine Reaktion auf internationale Entwicklungen und insbesondere auf die nationale dakwah-Erweckungsbewegung war.1 Erstmals wurde die Regierung

* Dieser Artikel entstand im Rahmen des DFG-Forschungsprojektes “Islam und Demokratie in

Südostasien. Politischer Islam, Konfliktlinien und Demokratisierung in Indonesien und Malay-sia”, das am GIGA Institut für Asien-Studien durchgeführt wurde.

1 Arab.: da’wa, “Ruf” zum Islam.

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durch eine umfassende zivilgesellschaftliche Mobilisierung herausgefordert und zu Reformen gezwungen. Zugleich näherte sich über mehrere Jahre die PAS der UMNO an und trat 1973-77 der Nationalen Front bei.

3. Anfang der 1980er Jahre kam es zu zwei Entwicklungen, die den politi-schen Diskurs grundlegend veränderten. Zum einen begann der neue Premier-minister Mahathir 1981, die malaysische Gesellschaft durch gezielte staatliche Maßnahmen zu islamisieren. Zu diesem Zweck kooptierte er u. a. den führenden muslimischen Oppositionellen Anwar Ibrahim. Etwa zur gleichen Zeit setzten sich in der PAS “Jungtürken” durch, die den Islamismus der Partei weiter radika-lisierten. Von da an wurde die malaysische Politik von Auseinandersetzungen zwischen dem konservativen Islam der UMNO und dem Islamismus der PAS geprägt.2

4. Seit 1998, also seit Entstehung der reformasi-Bewegung, sind die Bezie-hungen zwischen Zivilgesellschaft, politischer Gesellschaft und Staatsapparat komplexer und unübersichtlicher geworden. Sowohl die Haltung der UMNO als auch der PAS ist widersprüchlichen und schnellen Strategiewechseln unter-worfen. Der Legitimierungsdruck, dem die Regierung ausgesetzt ist, ist durch die Opposition zivilgesellschaftlicher Organisationen und mehrerer Parteien gestie-gen.

Da die UMNO und die PAS als politische Akteure im Hinblick auf die Interpretation des Islam und die Mobilisierungsfähigkeit eine herausragende Stel-lung einnehmen, wird die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Parteien und ihre Beziehung zueinander im Fokus der Darstellung stehen. UMNO als dominante Kraft in der Nationalen Front, deren Führung wiederum den Staats-apparat beherrscht, sowie die PAS als stärkste Oppositionspartei prägen den politischen Diskurs und die Dynamik nationaler Wahlen wesentlich. Die meist-beachteten Debatten in Fragen eines politisch interpretierten Islam kreisen in der Regel um Beschlüsse dieser Parteien bzw. Maßnahmen der von ihnen geführten Regierungen.

Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die Islamisierung ein sehr kom-plexer, in sich widersprüchlicher Prozess ist, der von vielen unterschiedlichen Akteuren vorangetrieben oder gebremst wird. In Malaysia wurde dieser Prozess lange staatlich kontrolliert, allerdings ist diese staatliche Steuerungskapazität in den letzten Jahren gesunken.

Nach der Klärung einiger Grundbegriffe geht es um eine Analyse der drei Bereiche und der wichtigsten Akteure in den genannten vier Phasen. Am Ende werden Schlussfolgerungen zur Stärke, Entwicklung und Interaktion dieser Hand-lungsbereiche gezogen. Dies soll Aufschluss über die malaysische Islamisierungs-dynamik geben. 2 Der Islamismus wird in diesem Aufsatz definiert durch das Ziel, einen Islamstaat mit weit-

reichender Scharia-Gesetzgebung durchzusetzen. Darin unterscheidet sich die PAS von der UMNO.

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Zivilgesellschaft, politische Gesellschaft und Staat

Linz und Stepan definieren die Zivilgesellschaft als eine Arena, in der sich selbst organisierende, relativ autonome Gruppen, Bewegungen und Individuen bemü-hen, Werte zu artikulieren, Assoziationen und Solidarbeziehungen zu schaffen und ihre Interessen zu vertreten:

“Civil society can include manifold social movements (for example, wo-men’s groups, neighbourhood associations, religious groupings, and intel-lectual organizations), as well as associations from all social strata (such as trade unions, entrepreneurial groups, and professional organizations).” (Linz & Stepan 2001: 96)

Die politische Gesellschaft hingegen ist die Arena, in der politische Akteure um das legitime Recht, Kontrolle über öffentliche Macht und den Staatsapparat auszuüben, konkurrieren. Linz und Stepan betonen das Komplementaritätsver-hältnis der beiden Arenen oder Sphären:

“A robust civil society, with the capacity to generate political alternatives and to monitor government and state, can help start transitions, help resist reversal, help push transitions to their completion, and help consolidate and deepen democracy.” (ebd.: 97)

In ähnlicher Weise unterscheidet Diamond (1999: 221) die Zivilgesellschaft aus-drücklich von der wirtschaftlichen und der politischen Gesellschaft. Die wirt-schaftliche Gesellschaft besteht aus profitorientierten privaten Unternehmern, die politische Gesellschaft aus Akteuren (insbesondere politischen Parteien), denen es primär um den Zugang zu politischen Ämtern geht.

Die Zivilgesellschaft kann sich schon in Unrechtssystemen bilden, muss dann aber gewisse Voraussetzungen, etwa das Bekenntnis zu Pluralismus und Gewalt-losigkeit, erfüllen. Sie braucht, um sich effektiv konstituieren und reproduzieren zu können, eine Legitimation durch die Staats- und Rechtsordnung (Alagappa 2004). Migdal (1988: 19) definiert den Staat als Organisation, die aus verschie-denen Behörden besteht, an deren Spitze eine Exekutivführung mit der Fähigkeit oder Befugnis steht, “(…) to make and implement the binding rules for all the people as well as the parameters of rule making for other social organisations in a given territory, using force if necessary to have its way.”

Zur Zivilgesellschaft zählt Diamond (1999: 222) insbesondere Nichtregie-rungsorganisationen, die sich für Umwelt-, Menschenrechts- und Verbraucher-schutz, für die Rechte von Frauen, ethnischen Minderheiten, Behinderte, für Landreformen, für Entwicklungsprojekte, für die Stärkung demokratischer Insti-tutionen etc. einsetzen. Darüber hinaus zählt er auch Organisationen zur Zivil-gesellschaft, die sich ausdrücklich für bestimmte Gruppeninteressen einsetzen (wie z.B. religiöse, ethnische, Handels- und Berufsvereinigungen sowie Gewerk-schaften). Dieser Partikularismus gehört sogar zu den Voraussetzungen von

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Zivilgesellschaften, weil nur so ein effektiver Interessenausgleich und eine Ver-ständigung über gesamtgesellschaftliche Ziele möglich ist. Hinzu kommen Jour-nalisten, Wissenschaftler, Künstler etc., die in verschiedenen Institutionen die Debatte über die Ziele und Organisationsformen zivilgesellschaftlicher Gruppen inspirieren.

Die Beziehung zwischen diesen beiden Bereichen, also der politischen und der Zivilgesellschaft, und dem Staat ist nicht als Nullsummenspiel zu verstehen. Die Stärkung des Staatsapparates bedeutet nicht gleichzeitig eine Schwächung der politischen und der Zivilgesellschaft, und eine Belebung zivilgesellschaftlicher Organisationen muss die Handlungskapazität des Staatsapparates nicht schwä-chen.3

Vor allem die politische und die Zivilgesellschaft sind mitunter kaum unter-scheidbar. Die dakwah-Bewegung z.B. fand ihren organisatorischen Ausdruck u.a. in der Gründung der islamischen Jugendbewegung ABIM (Angkatan Belia Islam Malaysia), die lange eng mit der PAS zusammenarbeitete. Die reformasi-Bewegung (1998-2000) wiederum bestand aus einer Reihe zivilgesellschaftlicher Bewegungen und Organisationen, darunter auch religiöse, die ausdrücklich politi-sche Ziele verfolgten. Von der Unabhängigkeit bis zu den Ausschreitungen vom Mai 1969

Die UMNO setzte sich seit ihrer Gründung im Jahr 1946 vorrangig für malaiische Interessen ein, während der Islam als politische Ideologie eine untergeordnete Rolle spielte. Gegen diese säkularistischen Tendenzen baute sich schnell eine innerparteiliche Opposition auf. Im Jahre 1948 spaltete sich eine Faktion ab und gründete die islamische Partei Hizbul Muslimin (HAMIM). Sie wurde verboten und ihre Führer wurden verhaftet, aber schon 1951 entstand als Nachfolgerin die Pertubuhan Islam Setanah Melayu (später: Parti Islam Se-Malaysia, PAS), die ebenfalls von ehemaligen UMNO-Mitgliedern ins Leben gerufen worden war. Zwar gehörte die Förderung des Islam zu den Hauptzielen der UMNO, die zudem eine eigene Abteilung für religiöse Angelegenheiten einrichtete, aber nur die PAS wollte einen Islamstaat schaffen (Hussin 1990: 22f.).

Der Gegensatz zwischen diesen beiden malaiischen Parteien vertiefte sich, als sich die UMNO im Jahre 1952 bei Kommunalwahlen in Kuala Lumpur mit der MCA (Malayan [später: Malaysian] Chinese Association) zusammen tat. Das Bündnis war in erster Linie wahltaktisch bedingt, erwies sich aber bei dieser und

3 Dennoch sind Elemente eines Nullsummenspiels insbesondere in autoritären und semidemo-

kratischen Systemen unverkennbar. Das politische System Malaysias wird als Semi- oder Pseudo-Demokratie (Case 2004) bezeichnet. Während in autoritären Systemen die politische und die Zivilgesellschaft sehr stark beschränkt werden, öffnet der Staat in Malaysia vorsichtig Freiräume, in denen sich Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen betätigen können.

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bei folgenden Wahlen auf lokaler Ebene als so erfolgreich, dass sich die Führun-gen dieser beiden Parteien 1953 entschlossen, die Allianzpartei, also den Vor-läufer der Barisan Nasional (Nationale Front), zu gründen. Kurz vor den ersten nationalen Wahlen (1955) wurde der MIC (Malayan [später: Malaysian] Indian Congress) in die Allianz aufgenommen. Damit waren die drei größten Parteien auf ethnischer Basis in einem Boot. Bei den ersten nationalen Wahlen im Jahre 1955 konnte die Allianz 52 der 53 Sitze erringen.

Die PAS gewann bei den Wahlen 1955 das einzige Abgeordnetenmandat der Opposition im nördlichen Bundesstaat Perak. Der Norden – insbesondere die Bundesstaaten Kelantan, Terengganu, Kedah und Perlis – ist bis heute ihre eigent-liche Machtbasis geblieben. In Kelantan und Terengganu konnte die Partei 1959 die Mehrheit der Sitze gewinnen.

Die Übermacht der Allianz, die von den indischen und chinesischen Eliten, von den Briten, der einheimischen Aristokratie und den nicht-islamistisch orien-tierten Malaien unterstützt wurde, führte dazu, dass in der 1957 verabschiedeten Verfassung dem Islam lediglich eine wichtige symbolische Rolle eingeräumt wurde (Hussin 1990: 23).4 Premierminister Tunku Abdul Rahman erklärte aus-drücklich, dass Malaya kein Islamstaat, sondern, dass der Islam lediglich die offizielle Religion des Staates sei. Nicht-Muslimen wurde die Religionsfreiheit gewährt. Chinesen und Inder erhielten unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft und akzeptierten im Tausch dafür die kulturelle und politische Vorherrschaft der Malaien.5 Im Artikel 153 finden bereits sehr vage Sonderrechte der Malaien (bei Stipendien, beim Zugang zu Verwaltung und Militär, bei der Landzuteilung) Erwähnung.

Für den ersten Premierminister Tunku Abdul Rahman war der Islam “geisti-ge Nahrung”, aber nicht als Grundlage eines politischen Programms geeignet. Die Vereinbarkeit von islamischer Lehre und wirtschaftlicher Entwicklung wurde von der UMNO tendenziell in Frage gestellt. Allerdings galt vielen UMNO-Führern eine vom Islam inspirierte Ethik als geeigneter Ausgleich zu einer kaum kontrol-lierbaren Verwestlichung, die mit moralischer Zügellosigkeit gleichgesetzt wurde (Funston 1980: 146f.). Die Partei bemühte sich zwar, ein islamisches Image zu pflegen, um die islamistische Opposition in Schach zu halten, der Islam hatte aber für die politischen Führer bei weitem noch nicht die spätere Bedeutung (Hussin

4 In Art. 3 (1) der Bundesverfassung ist die Funktion des Islam etwas vage formuliert: “Islam is

the religion of the Federation; but other religions may be practised in peace and harmony in any part of the Federation.” Art. 3 (2) legt fest, dass die Sultane “Head of the religion of Islam” sind (in Malakka, Penang, Sabah und Sarawak übernimmt der Yang di-Pertuan Agong, also der König, diese Funktion). In Art. 11 wird grundsätzlich Religionsfreiheit zugestanden.

5 In Art. 160 werden Malaien folgendermaßen definiert: “‘Malay’ means a person who professes the religion of Islam, habitually speaks the Malay language, conforms to Malay custom and – (a) was before Merdeka Day born in the Federation or in Singapore or born of parents one of

whom was born in the Federation or in Singapore, or is on that day domiciled in the Federation or in Singapore; or

(b) is the issue of such a person […]” (Federal Constitution 2001)

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1990: 35). Eine Islamisierung lässt sich in dieser Phase lediglich an neu gebauten Moscheen, Koran-Rezitationswettbewerben etc. ablesen. UMNO verpflichtete sich zwar im Jahre 1960 in ihren Parteistatuten, den Islam als “modus vivendi aller Muslime” zu fördern, trotzdem blieb die Partei im Wesentlichen säkularistisch.

Die PAS war viel puritanischer. Die Partei richtete sich auch gegen den öffentlichen Genuss von Alkohol und gegen die staatliche Lotterie. Von Anfang an wehrten sich die Islamisten gegen die nur symbolische Funktion der Religion. Für sie war der Artikel 3 der Bundesverfassung ein taktisches Zugeständnis der UMNO an die Partner in der Allianz und damit der Ausverkauf muslimischer Interessen. Das Ziel, einen Islamstaat zu errichten und die Scharia einzuführen, blieb allerdings ohne konkrete programmatische Fundierung (Funston 1980: 148ff.). Die PAS war stattdessen in den 1950er und 60er Jahren stärker malaiisch-nationalistisch orientiert. Das traf sowohl für Burhanuddin al-Helmy (1911-1969) als auch für Zulkiflee Muhammad und Mohamed Asri Muda zu (Muzaffar 1987: 9, 55ff.; Farish 2004: 97ff.).

Noch Anfang der 60er Jahre schien vielen Beobachtern Malaya ein Beispiel für ein relativ harmonisches Zusammenleben – oder zumindest für ein weitgehend gewaltfreies Miteinander – ethnischer Gruppen zu sein. Außerdem stellte sich für Außenstehende nicht die Frage, ob der vorherrschende Laizismus ernsthaft ge-fährdet sei (Milner 1986: 49). Allerdings verschärften sich insbesondere seit Mitte der 60er Jahre kommunalistische Tendenzen. Eine Ursache dafür war die Grün-dung Malaysias im Jahre 1963 und die sich daraus ergebenden Spannungen mit Singapur, die ihren Höhepunkt mit dem Austritt des Stadtstaates im August 1965 fand. Diese “Federation of Malaysia” war geschaffen worden, um die kommu-nistische Bewegung in Malaya und in Singapur zu schwächen und um die wirt-schaftliche Komplementarität zu nutzen. Allerdings wurden durch die Kräftever-schiebungen zwischen Malaien und Chinesen (in Malaya zugunsten der Chinesen, in Singapur zugunsten der Malaien) so starke Konflikte ausgelöst, dass die ethni-schen Auseinandersetzungen zusätzlich politisiert wurden (Comber 1983: 51ff.; Hussin 1990: 41ff.). Diese Politisierung der Ethnizität setzte sich in den folgenden Jahren fort. Die moderate staatliche Islamisierung und die dakwah-Bewegung

Im Anschluss an die ethnischen Unruhen im Mai 1969 wurden die politischen Rahmenbedingungen innerhalb von nur etwa zwei Jahren grundlegend geändert.6 Für 21 Monate, von 1969-1971, befand sich Malaysia im Ausnahmezustand und wurde vom National Operations Council (NOC) regiert. Die Allianz wurde in die

6 Im Anschluss an die nationalen Wahlen 1969, bei denen die Oppositionsparteien erhebliche

Zugewinne verzeichnen konnten, kam es zu tagelangen Straßenkämpfen, in denen – nach offi-ziellen Angaben – 178 Menschen starben. Etwa 6.000 Personen, die meisten von ihnen Chine-sen, wurden obdachlos (Comber 1983; Means 1991: 6ff.).

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Nationale Front (Barisan Nasional, BN) ungewandelt, die nun auch viele der Parteien integrierte, die vorher zur Opposition gehört hatten. Dazu zählten u. a. die multiethnische, aber überwiegend chinesische Partei Gerakan, die 1969 die Wahlen in Penang gewonnen hatte, aber auch – aus heutiger Sicht ist das kaum nachvollziehbar – von 1974-77 die PAS.

Die BN dominierte fortan die malaysische Politik noch mehr als die Allianz es getan hatte. Außerdem wurden grundlegende Freiheitsrechte eingeschränkt. Kernstück der Reformen war de facto der Übergang von einem Modell des “consociationalism”7 zu einer verfassungsrechtlich untermauerten malaiischen Hegemonie. Diese politische Vorherrschaft sollte durch eine Reihe von weit-reichenden “affirmative action”-Maßnahmen auch eine wirtschaftliche Emanzipa-tion der Malaien nach sich ziehen.

Der neue Premierminister Tun Razak, Nachfolger des in religiösen Fragen sehr moderaten Tunku Abdul Rahman, setzte von Anfang an auf eine Stärkung des Islam. Diese Politik setzte sein Nachfolger Hussein Onn von 1976-81 fort. Im Dritten Malaysia Plan (1976-80) wurde erstmals der Islam explizit als eine Lehre hervorgehoben, die eine “Quelle der Stärke für die Nation” sei (Norhashimah 1996: 197). Zum einen diente dieser neue Akzent der Legitimierung der “New Economic Policy” (NEP), zum anderen sollte mit Hilfe der islamischen Mission der Kommunismus eingedämmt werden (ebd.: 179ff.).

Schon 1971 wurde das Islamic Research Centre eingerichtet. 1972 gründete die Regierung die Malaysian Islamic Missionary Foundation (Yayasan Dakwah Islamiyyah Malaysia, YADIM). Die Missionsarbeit war besonders in Ost-Malay-sia, also in den Bundesstaaten Sabah und Sarawak, von großer Bedeutung. In ganz Malaysia errichtete man Moscheen und Gebetsräume (surau) und intensi-vierte religiöse Unterweisungen in den Massenmedien. 1974 wertete man das Se-kretariat des National Council of Islamic Affairs im Amt des Premierministers auf, und 1976 wurde die Malaysian Islamic Economic Development Foundation (Yayasan Pembangunan Ekonomi Islam Malaysia, YPEIM) ins Leben gerufen. Darüber hinaus konzentrierte die Regierung ihre Islamisierungspolitik auf das Bildungssystem. Sie schuf schon 1971 eine Fakultät für Islamstudien an der neu gegründeten UKM (Universiti Kebangsaan Malaysia, National University of Ma-laysia). 1974 richtete das Bildungsministerium ein Federal Islamic Advisory Council ein, und 1979 führte dieses Ministerium religiösen Pflichtunterricht für Muslime an Schulen ein. Auch an der Technischen Universität UTM wurde die Teilnahme an solchen Kursen vorgeschrieben.

All diese Maßnahmen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die staatliche Islamisierungspolitik noch sehr gemäßigt war, wenngleich der Aufstieg islamistischer Gruppierungen seit Anfang der 70er Jahre, der unter dem Begriff dakwah-Bewegung bekannt geworden ist, von der Regimeelite mit zunehmender 7 Unter einer solchen Konkordanzdemokratie versteht man ein System, in dem die Repräsen-

tanten der wichtigsten Gesellschaftssegmente gemeinschaftlich in institutionalisierter Form und gleichberechtigt an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen teilnehmen.

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Besorgnis betrachtet wurde.8 Dakwah meint missionarische Arbeit, d.h. sowohl den Versuch der Bekehrung als auch den der Intensivierung des Glaubens.

Der aggressive Nationalismus der so genannten “Ultras” in der UMNO war auch für Teile der politisch bewussten malaiischen Studentenschaft typisch (Zai-nah 1987: 10ff.). Ihre Frustration angesichts der wirtschaftlichen Rückständigkeit der eigenen Bevölkerungsgruppe hatte nach dem Mai 1969 plötzlich ein Ventil gefunden. Ihre radikalen Vertreter forderten eine umfassende staatliche Pro-bumi-

putera9-Förderpolitik. Sie richteten ihre Kritik gegen die nationale politische Eli-

te, die als verwestlicht, unislamisch und ineffizient galt und der man mangelndes Verständnis für die Probleme der “kleinen Leute” vorwarf. Diese z. T. aggressive Hervorhebung malaiischer Interessen verknüpfte sich mit einer selbstbewussten Bekräftigung ihrer Identität als Muslime. Deutlich wurde dieser Trend besonders in der University of Malaya in Kuala Lumpur – dort begannen rigide islamische Kleidungssitten Einzug zu halten, und dakwah-Gruppierungen bekamen einen immer größeren Zulauf.10

Die meisten Aktivisten der ersten Phase der dakwah-Bewegung, die bis etwa Mitte der 1970er Jahre reicht, waren liberal und gemäßigt. Sie forderten nicht die Errichtung eines Islamstaates und die Einführung der Scharia, sondern wollten die Gesellschaft behutsam islamisieren, ohne anderen ihren Glauben auf-zuzwingen. Erst in der zweiten Phase dieser Bewegung setzte eine merkliche Radikalisierung ein. Besonders jene Studenten, die dank der seit den 1970er Jahren großzügig vergebenen Stipendien im Ausland studierten, zogen sich in kleine Zirkel zurück und machten einen orthodox interpretierten Islam zur Basis ihres “way of life”. Diese Auslandsstudenten wurden später zu einflussreichen Aktivisten.

Anfang der 70er Jahre bestand in England bereits eine eher gemäßigte Orga-nisation, die Malaysian Islamic Study Group (MISG). Durch den Einfluss islamis-tischer Studenten aus dem arabischen und südasiatischen Raum kam es zu einer bemerkenswerten Radikalisierung vieler Malaien. Sie gründeten 1975 in Brighton zwei Organisationen: Suara Islam (Voice of Islam) und das Islamic Represen-tative Council (IRC). Die Mitglieder von Suara Islam waren von Ideen Maududis beeinflusst und beabsichtigten, in Malaysia eine revolutionäre Islampartei zu gründen. Der IRC, kurze Zeit später gegründet, stand eher in der Tradition der ägyptischen Muslimbrüder und setzte auf die Schaffung einzelner Zellen, mit denen die Islamisierung langsam erreicht werden sollte. Diese Strategie des IRC

8 Zur dakwah-Bewegung in Malaysia siehe Nagata (1984), Muzaffar (1987), Zainah (1987),

Mohamad Abu Bakar (1981), Lyon (1979), Milner (1986) und Funston (1986). 9 Zu den sogenannten bumiputera (“Söhne der Erde”) zählen offiziell Malaien (etwa 5/6 der

bumiputera) sowie andere indigene Gruppen wie z.B. Dayak, Melanau, Bajau, Kadazan und Murut.

10 Ein weiterer Grund für die Politisierung der Religion insbesondere an den Hochschulen dürfte die Einführung des repressiven Universities and University Colleges Act von 1971 gewesen sein, der 1975 noch einmal verschärft wurde und den Studenten eine Reihe von politischen Aktivitäten verbot (Zainah 1987: 23).

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stellte sich in den nächsten Jahren in Malaysia als die erfolgreichere heraus. Vor allem Studenten in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern ließen sich von dieser Bewegung mitreißen. Getragen wurde sie u. a. von Dozenten, Lehrern, Beamten und Freiberuflern, die nach Beendigung ihrer Studien aus dem Ausland zurückgekehrt waren.

Bedeutendster organisatorischer Ausdruck der dakwah-Bewegung war 1971 die Gründung der Islamischen Jugendbewegung ABIM. Erster Präsident wurde Razali Nawawi, dem 1974 Anwar Ibrahim im Amt folgte. Unter seiner Führung agierte ABIM konfrontativer. 1975 richtete die Organisation sogar ein Majlis Syura, ein von ulama besetztes Führungsgremium, ein. Ein islamistischer Flügel forderte die Einführung der Scharia. ABIMs Einfluss war am größten in der Zeit von 1977 – als sie eine De-Facto-Allianz mit der PAS schloss – bis 1981, als sie eine groß angelegte Kampagne gegen geplante Ergänzungen des “Gesetzes über Vereinigungen” (“Societies Act”) anführte (Khoo 1995: 160). Zu dieser Zeit soll die Organisation mehr als 30.000 Mitglieder gehabt haben. ABIM errichtete die Yayasan Anda, eine private Sekundarschule, in der der vorgeschriebene Fächer-kanon durch eine islamische Ausbildung ergänzt wurde. Die Klassenräume wur-den in zwei Hälften, für Jungen und Mädchen, geteilt. Die Mädchen mussten den mini-telekung [korrekt beides kursiv?] (ein auch die Brust bedeckendes Kopftuch) tragen. Die ersten Absolventinnen dieser Schule sollen auch die ersten gewesen sein, die den mini-telekung an der University of Malaya trugen und als dakwah girls bekannt wurden (Zainah 1987: 18).

Während also die zivilgesellschaftliche dakwah-Bewegung über mehrere Jahre einen nachhaltigen Einfluss auf den Diskurs über das Verhältnis von Islam und Politik nehmen konnte, näherten sich die UMNO und die PAS einander zusehends an. Der Nachfolger von Burhanuddin al-Helmy, Mohamed Asri Muda (seit 1971), setzte den nationalistischen, weniger islamistischen Kurs fort und führte seine Partei im Jahre 1974 sogar in die Barisan Nasional. In den folgenden Jahren, von Juni 1974 bis November 1977, wurden Fernsehwerbespots für Alko-hol und Glücksspiel verboten, die Missionsarbeit intensiviert, das Islamic Tea-chers Training College geschaffen und der Azan-Ruf im staatlichen Fernsehen und Radio eingeführt (Norhashimah 1996: 195f.). Trotzdem sehen heute viele PAS-Mitglieder die Koalitionsbildung mit der UMNO als fatalen Fehler an. 1977 brachen Machtkämpfe in Kelantan aus, die zur Auflösung der Regierung im Bundesstaat, zur Ausrufung des Notstandes, zu Neuwahlen und letztlich zur Regierungsübernahme durch die BN führte. Gleichzeitig wurde die Koalition beendigt und seitdem nie wieder auch nur in Betracht gezogen.

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Die Islamisierung der politischen Gesellschaft und des Staatsapparates:

Mahathirs Islamisierungspolitik und die Transformation der PAS

Aufgeschreckt durch die Revolution im Iran (1979) unterstützten viele der Regi-me mit muslimischen Bevölkerungsmehrheiten eine Islamisierung ihrer Gesell-schaften, häufig auch einhergehend mit der des Staatsapparates. Die Islamisie-rungspolitik in Malaysia erhielt einen zusätzlichen Schub mit dem Amtsantritt Mahathir Mohamads im Juli 1981. Die frühen 1980er Jahre können daher als Wendepunkt in der Geschichte des malaysischen Islam betrachtet werden, weil zum einen die UMNO unter Mahathir eine systematische Islamisierungspolitik einleitete und sich zu einer der größten islamischen Parteien der Welt erklärte, und weil sich zum anderen die PAS deutlich radikalisierte (Hussin 1990: 127ff.; Means 1991: 99ff.; Milne & Mauzy 1999: 85ff.). Die dakwah-Bewegung hatte es also etwa 10 Jahre nach ihrem Auftreten geschafft, den Diskurs auch in der politischen Gesellschaft nachhaltig zu verändern.

Die gesamte staatliche Islamisierungspolitik war defensiv, insoweit als sie eine Reaktion auf die radikalen Forderungen der Islamisten war. Die Regierung bemühte sich, eine neue Moral, eine neue Religiosität und ein neues Verständnis des Malaientums zu begründen. Der Islam als eine von Regierungsseite definierte moderate und unpolitische Lehre der Selbstgenügsamkeit und Tugendhaftigkeit schien ein probates Mittel gegen linke Theorien, gegen aufbegehrende ethnische Minderheiten und gegen die allgemeine Verunsicherung in ethischen Fragen zu sein. Gefährlich war von Anfang an allerdings die mit der staatlichen Islamisie-rung verbundene Aufwertung islamistischer Gruppierungen, da sich die Abgren-zung zwischen moderatem Regierungsislam und radikalem, regierungskritischem Islamismus vielfach als schwierig oder gar unmöglich erwies. Außerdem stärkte man häufig die radikalen Kräfte mit jenen Bildungsinstitutionen, die eigentlich eine liberale religiöse Elite hervorbringen sollten.

Zur staatlichen Islamisierung in Malaysia zählten zum einen Maßnahmen, die einen hohen symbolischen Wert haben, der Regierung aber keine besonderen Anstrengungen abverlangen, wie die Durchführung von Koranlesewettbewerben, die Förderung des haj, der Bau von Moscheen, das Verbot der Einfuhr von Fleisch nicht geschächteter Tiere, das Verbot für Muslime, die Spielcasinos in den Genting Highlands zu besuchen etc. Zum anderen zählten dazu aber auch substan-zielle Veränderungen etwa im Bildungssystem. Von besonderer Bedeutung für die Durchsetzung dieser Maßnahmen war Anwar Ibrahim, der 1982 von der UMNO bzw. von Mahathir kooptiert wurde. Damit gehörte – zur Bestürzung vieler seiner Anhänger – einer der prominentesten und populärsten muslimischen Führer zur Regierungspartei. Im selben Jahr wurde das 1968 geschaffene National Islamic Religious Affairs Council, das der Koordinierung der Religionspolitik der Regie-rungen in Kuala Lumpur und in den Bundesstaaten diente, unter dem Namen Pusat Islam (Islamzentrum) direkt dem Premierminister unterstellt. In den fol-

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genden Jahren islamisierte man die schulische und universitäre Ausbildung durch Islamkurse und schuf 1983 die International Islamic University.11

Mahathir betonte immer wieder die Rolle der Kultur für den wirtschaft-lichen Erfolg eines Volkes. Im Sinne eines cultural engineering kann nach seiner Vorstellung eine vorbildliche und strenge Elite die Bevölkerung systematisch erziehen. Für ihn bot die vom Staat betriebene Islamisierung die Möglichkeit, Werte wie Sparsamkeit, Disziplin, Toleranz, Ehrlichkeit, Loyalität etc. zu vermit-teln (Milne & Mauzy 1983; Khoo 1995: 179f.). Mahathir betrachtete den Islam also in erster Linie als Instrument zur Verbreitung einer neuen Arbeitsethik. Die Regierung machte sich in diesem Sinne daran, die Wirtschaft zu islamisieren, ohne allerdings die Funktionsprinzipien der einheimischen Ökonomie und die wachsende Integration in den Weltmarkt in Frage zu stellen. Sie schuf eine Islam-bank (1983) und eine Islamische Versicherung (1984). Malaysia wurde das erste Land [in SO-Asien oder global?] mit einem recht ausgeklügelten islamischen Bankensystem. Seit einigen Jahren bieten zudem viele konventionelle Banken einige Dienstleistungen an, die sie islamischen Banken abgeschaut haben. Die staatliche Verwaltung wurde mit der Aktion Penyerapan Nilai-Nilai Islam (“Durchdringung mit islamischen Werten”) von der neuen Politik erfasst. All diese Maßnahmen führten zur Entstehung einer religiösen Staatsbürokratie, also zur Anstellung von Tausenden Absolventen islamischer Bildungseinrichtungen etwa bei den Scharia-Gerichten oder als Lehrer auf allen Ebenen des Bildungs-systems (Hamayotsu 2003; 2005). Durch die Schaffung dieser Bürokratie gelang es der Regierung, eine Schicht von staatlich abhängigen Islamgelehrten zu schaffen, die in der Regel den offiziellen Standpunkt vertreten. Vor allem für Absolventen islamischer Bildungseinrichtungen ist der Staatsdienst ein attraktiver Karriereweg.

Außerdem nutzte Mahathir die gesamte Islamisierungskampagne, um auch in der Außenpolitik neue Akzente zu setzen, indem er die Beziehungen zu musli-mischen Ländern ausbaute und sich stärker in der OIC (Organization of Islamic Conference) engagierte. Seine ohnehin kritische Haltung zur Doppelmoral westli-cher Industrieländer, deren Führer – so Mahathir – von Menschenrechten und Gleichheit sprächen, aber die internationalen Strukturen wirtschaftlicher Un-gleichheit bewusst aufrechterhielten, vertrug sich sehr gut mit der Intensivierung der Zusammenarbeit islamischer Länder. Allerdings hielt Mahathir wirtschafts- und sicherheitspolitisch de facto immer an einer Anlehnung am Westen fest.

Die Kooptierungspolitik Mahathirs führte auch dazu, dass sich beispiels-weise ABIM unter Siddiq Fadhil (seit 1982) sowie unter Muhammad Nur Manuty (seit 1991) immer mehr der Regierung annäherte. Die Bewegung konzentrierte ihre Aktivitäten auf die Verwaltung eigener Bildungseinrichtungen und versuchte,

11 1985 bzw. 1992 nahmen das Institute of Policy Research (ein think tank, der Anwar sehr nahe

stand) und das Institute of Islamic Understanding (IKIM) ihre Arbeit auf (Milne & Mauzy 1999: 85ff.). IKIM hat u. a. die Aufgabe, einen modernisierungskonformen moderaten Islam zu propagieren.

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sich aus der Parteipolitik herauszuhalten, ohne sich allerdings als unpolitische Organisation zu sehen. Der wesentliche Grund für diesen moderaten Kurs war der Übertritt Anwars zur UMNO. Danach brach der Konflikt zwischen den Flügeln offen aus und endete damit, dass einige der radikaleren ABIM-Aktivisten zur PAS gingen. ABIM selbst hielt die Bindung zu ihrem ehemaligen Präsidenten aufrecht und avancierte zu einer Kaderschmiede für den immer mächtiger werdenden Anwar-Flügel in der UMNO.

Für Mahathir eignete sich der Islam nicht nur als Modernisierungsinstru-ment, sondern auch als Mittel zur Spaltung und Diffamierung der Opposition. Eine starke PAS war und ist für die BN von essentieller Bedeutung, weil dadurch die liberalen Kräfte der Opposition in Schach gehalten werden können. Kenn-zeichnend für Malaysia ist eine Lähmung der Opposition wegen des Antagonis-mus von islamistischen und liberalen Kräften. Die PAS darf aus der Sicht der BN ruhig eine gewisse Stärke bewahren, solange sie deren Zweidrittelmehrheit nicht gefährdet. Die staatliche Islamisierung ist daher einerseits ein Mittel, um die Nicht-Muslime zu schwächen, zum anderen um die PAS zu immer radikaleren Positionen zu treiben, um sich von diesen effektvoll distanzieren zu können.

Trotzdem schaut die Regierung dem Treiben der Islamisten nicht gelassen zu, sondern reagiert in Krisensituationen mit aller Härte. Immer wieder wurden Fundamentalisten inhaftiert, so z.B. 1984 einige Mitglieder der Jugendorganisa-tion der PAS. Ein Jahr später zerschlugen Sicherheitskräfte eine islamistische Bewegung in Memali (Kedah), die von einem PAS-Mitglied, Ustaz Ibrahim, angeführt worden war. Die Bundesregierung verhinderte außerdem die Einfüh-rung der Scharia in Kelantan und löste im Jahre 1994 die äußerst populäre Sekte Darul Arqam auf. All diese Islamisten waren aus der Sicht Mahathirs Fanatiker, die die “wahre Lehre” falsch interpretierten und schamlos missbrauchten.

Da Mahathir besonders in den 1990er Jahren mehrfach die pro-malaiische bumiputera-Politik in Frage stellte und begann, seine “Vision 2020” einer Bangsa

Malaysia zu propagieren, in der sich die Angehörigen der verschiedenen Ethnien vorrangig als Malaysier definieren und die ethnischen Identitäten allenfalls von sekundärer Bedeutung sein sollen, kam der Betonung einer muslimischen Identität im gleichen Umfang quasi die Rolle einer Stellvertretung für die schwindende Kraft der Ethnizität zu.

So setzte sich in den 1990er Jahren – vermutlich nicht immer im Sinne der UMNO-Führung – die konservative Islamisierung fort. Fatwas der Muftis der ein-zelnen Bundesstaaten erhalten seither automatisch und ohne dass sie von den Parlamenten bestätigt werden müssen, den Status von verbindlichen Regularien. Schon die Infragestellung eines solchen fatwas kann rechtlich verfolgt werden (Zainah 2005: 123f.). In dieser Atmosphäre wird es immer schwieriger, über fatwas oder Gesetzentwürfe auch nur zu diskutieren. Das gilt auch für UMNO-Abgeordnete. Selbst bei der Verabschiedung der hudud-Gesetze in Kelantan und Terengganu stimmten die UMNO-Abgeordneten nicht dagegen, obwohl ihre Partei auf Bundesebene eindeutig gegen die Initiativen der PAS Stellung bezogen

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hatte. In den meisten Bundesstaaten gehen die Behörden zudem immer konse-quenter gegen “unislamisches Verhalten” vor, also gegen den Konsum von Alko-hol, “unschickliche Kleidung”, Essen während des Fastenmonats etc. Neue Ge-setze oder Verordnungen werden häufig ohne öffentliche Debatten verabschiedet. Wenn die ausführenden Behörden die Bestimmungen umsetzen, erkennt die breite Öffentlichkeit häufig erst die weiteren Implikationen. Offenbar erweist sich die von UMNO großzügig geförderte islamische Bürokratie zuweilen als so autonom, dass sie politisch nicht mehr vollständig kontrollierbar ist.

Als die UMNO unter Mahathir gerade mit ihrer Islamisierungspolitik be-gonnen hatte, übernahmen 1982 die islamistischen „Jungtürken“ (Fadzil Noor, Nakhaie Ahmad etc.) die Parteiführung der PAS. Sie sprachen sich explizit gegen den ethnischen Chauvinismus der Vorgänger aus (Hussin 1990: 113ff.; Farish 2004: 329ff.). Mit diesem Generationenwechsel, der letztlich auch auf die Aus-breitung der dakwah-Bewegung zurückgeführt werden kann, veränderte die Partei ihr Auftreten und ihre Programmatik. Nun wurde wieder offen davon gesprochen, dass Malaysia ein islamischer Staat sei und die Scharia eingeführt werden müsse. Die PAS richtete sogar ein neues Entscheidungsgremium, den Majlis Syura, ein, um die Machtstellung der ulama zu konsolidieren. Der ulama-Rat sollte die Parteipolitik festlegen. Die Partei, die ihre Basis in religiösen Schulen (pondok) im Norden Malaysias hat, besteht in der Führungsspitze also aus zumindest zwei Fraktionen: einerseits aus den städtischen, häufig westlich ausgebildeten dakwah-Aktivisten, die häufig von ABIM in die PAS gewechselt waren, andererseits aus den eher traditionalistisch orientierten ulama, die ihre Klientel vor allem in den Dörfern hat. Die besonders erfolgreichen PAS-Führer waren in der Lage, Brücken zwischen beiden Milieus zu schlagen.

Bei den Wahlen 1978, 1982 und 1986 erreichte die PAS im Norden Malay-sias in den Bundesstaaten Kelantan, Terengganu, Perlis und Kedah jeweils min-destens 40 % der Stimmen. In diesen ländlichen Regionen leben überwiegend, in Kelantan und Terengganu mit über 93 % sogar fast ausschließlich, Malaien. In anderen Bundesstaaten allerdings, etwa im chinesisch geprägten Penang oder im Osten Malaysias (Sabah und Sarawak), spielte die Partei keine nennenswerte Rolle. Bei den Wahlen 1990 und 1995 ging die PAS eine Koalition mit Semangat ’46,12 einer Abspaltung der UMNO, ein und konnte 1990 in Kelantan sogar die Wahlen für sich entscheiden und die Regierung des Bundesstaats übernehmen.

Die „Jungtürken“ waren zwar Bewunderer der iranischen Revolution, sie er-wiesen sich aber auch immer wieder als pragmatische Berufspolitiker, die die Par-teiprogrammatik geschickt den jeweiligen Umständen anpassten und zu Kompro-missen bereit waren. Die Koalition mit Semangat ’46 (und informell sogar mit der de facto chinesischen Democratic Action Party, DAP) ist ein Beispiel dafür. Die PAS wandte sich seit Mitte der 80er Jahre – wahrscheinlich aus wahltaktischen 12 Semangat ’46 (“Geist von 1946”, dem Gründungsjahr der UMNO) wurde von Tengku Raza-

leigh 1989 gegründet. Die Partei schuf mit der PAS das Wahlbündnis APU (Angkatan Perpa-duan Ummah, Bewegung muslimischer Einheit).

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Gründen – gegen den ethnischen Chauvinismus der BN, also gegen die pro-malaiische “New Economic Policy”. Sie errichtete sogar ein Chinese Consultative Committee und versuchte nicht-malaiische Wähler für sich zu gewinnen. Genau diese Klientel verschreckte sie aber regelmäßig durch eine zuweilen radikal-islamistische Rhetorik und durch politische Maßnahmen, die außerhalb der PAS-Hochburgen überwiegend auf Unverständnis stießen. Im November 1993 bei-spielsweise verabschiedete das Parlament von Kelantan den “Shariah Criminal Code”. Der Entwurf war von einem Komitee unter dem Vorsitz von Abdul Hadi Awang, dem PAS-Vorsitzenden aus Terengganu, ausgearbeitet worden (Ismail 1995). Die geplanten Strafen reichten von Schlägen mit dem Rattanstock bis hin zu Steinigungen. Auch Apostasie, also der Abfall vom islamischen Glauben, soll-te mit dem Tode bestraft werden. Schon vorher wurden Lizenzen für Spielhallen aufgehoben und Veranstaltungen verboten, bei denen Männer und Frauen nicht voneinander getrennt anwesend waren. Sogar die Einführung einer kharaj-Steuer, die nur von Nichtmuslimen erhoben wird, wurde erwogen.

Die UMNO und die Barisan Nasional mussten auf die aggressive Heraus-forderung durch die neue PAS-Führung reagieren. Sie taten dies zum einen mit Repression, zum anderen mit einer moderaten Islamisierung des Staates und der staatlichen Politik. Die Regierungspolitik, die in erster Linie darauf abzielte, die PAS zu schwächen, ist – gemessen an diesem Ziel – nur z. T. erfolgreich gewe-sen. Denn mit der moderaten Islamisierung machte sich die UMNO zur Zielschei-be der PAS, die sich selbst als wahrhaft islamisch deklarieren und die aus islamis-tischer Sicht immer halbherzigen Reformen der Regierung diffamieren konnte. Die PAS beschuldigte die UMNO-Mitglieder und -Wähler Ungläubige (kafir) zu sein und schreckte bei Wahlen nicht davor zurück, die Stimmabgabe für ihre Kan-didaten als religiöse Pflicht der Muslime darzustellen.

Die Bundesregierung ließ die Einführung der Scharia in Kelantan unter Ver-weis auf Bundesgesetze nicht zu. Damit wurde eine Schwäche der PAS sichtbar. Ihre politischen Maßnahmen sind entweder nicht durchsetzbar oder sie beschrän-ken sich auf Oberflächenphänomene, also auf Kleiderordnungen oder relativ un-bedeutende Verbote. Wirtschaftspolitisch hat die Partei der UMNO wenig ent-gegenzusetzen, wegen der Behinderungen durch die Zentralregierung und wegen der schlechten Ausgangsposition in Kelantan und Terengganu fällt ihre Bilanz eher bescheiden aus. Ihre Politik verharrt deshalb häufig im Symbolischen. Die Reformasi-Bewegung und die neue Unübersichtlichkeit

Die Auseinandersetzungen zwischen Mahathir und seinem Stellvertreter Anwar Ibrahim waren entscheidend von unterschiedlichen Interpretationen der Asien-krise geprägt. Ohne diese schwerste Wirtschaftskrise in der Geschichte Malaysias wäre es zu der ganzen Affäre wohl nie gekommen. Sie verschärfte die innen-politischen Spannungen insoweit, als unter den malaiischen Großunternehmern,

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die von der Krise am stärksten betroffen waren, ein Wettlauf um Protektion ein-setzte. An der Spitze der UMNO setzten sich in dieser Frage dann die Parteiführer auseinander. Während Mahathir mehr oder weniger direkt von einer westlichen Verschwörung sprach und insbesondere George Soros ins Visier nahm, konzen-trierte sich Anwar mehr auf hausgemachte Probleme wie Korruption und Nepotis-mus. Er scheint zuletzt die Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik als Hauptursache der Krise ausgemacht zu haben. Das erklärt seine Abneigung gegen die vielen Megaprojekte und seine Weigerung, den angeschlagenen Renong-Kon-zern sowie eine Reederei von Mirzan Mahathir, dem Sohn des Premierministers, mit staatlichen Mitteln zu refinanzieren.

Letztlich führte der Konflikt mit Mahathir dazu, dass Anwar in einer für viele Malaysier schockierenden Weise inhaftiert wurde. Im September 1998 entstanden deshalb zwei Bündnisse, die sich für seine Freilassung einsetzten. Das war zum einen die Gagasan Demokrasi Rakyat (oder kurz: Gagasan, Coalition for People’s Democracy), die von Nichtregierungsorganisationen dominiert wurde, zum anderen die Gerakan Keadilan Rakyat Malaysia (oder kurz: Gerak, Malaysian People’s Movement for Justice), zu der einige Nichtregierungsorgani-sationen gehörten, die aber von der PAS ins Leben gerufen worden war (Weiss 2006: 127ff.). Diese Koalitionen konnten sich ebenso wie Anwar in ihrem politi-schen Kampf auf eine breite Unterstützung aus dem Ausland berufen. Im Dezem-ber wurde die Pergerakan Keadilan Sosial (Adil, Movement for Social Justice) gegründet. An ihrer Spitze standen Wan Azizah und der bekannte Menschen-rechtler Chandra Muzaffar. In den folgenden Monaten gelang es, die verschie-denen Bewegungen in einer Parteienkoalition zusammenzuführen.13 Aus Adil wurde im April 1999 die Parti Keadilan Nasional (PKN oder keADILan, National Justice Party), die sich im Juni mit der PAS, der DAP und der linken PRM (Parti Rakyat Malaysia, Malaysian People’s Party) zur Alternativen Front (Barisan Alternatif, BA) verbündete. Die PAS und die chinesische, säkular orientierte DAP waren eigentlich Erzfeinde. Offensichtlich konnte diese Allianz unter dem Druck der Ereignisse (man rechnete mit vorgezogenen Wahlen) und durch den moderie-renden Einfluss der PKN geschmiedet werden.

Während die PAS fast ausschließlich aus malaiischen Muslimen bestand, öffnete sich die PKN von Anfang an auch anderen ethnischen und religiösen Gruppen. So wurde der Menschenrechtler Chandra Muzaffar, der indischer Ab-stammung ist, Stellvertreter Wan Azizahs, die als Ehefrau Anwars den Parteivor-sitz quasi kommissarisch übernommen hatte. Die zivilgesellschaftliche Mobilisie-rung fand nicht wie bei der dakwah-Bewegung im Namen des Islam statt, sondern als multiethnischer, im Kern säkularistischer Protest gegen das Mahathir-Regime.

13 In dieser turbulenten Phase bis zu den Wahlen im November 1999 erlebte die Opposition

einen nie da gewesenen Aufschwung. Die PAS konnte ihre Mitgliederzahl nach eigenen Angaben von 500.000 auf 700.000 erhöhen, ihr Parteiblatt Harakah konnte seine Auflage von 65.000 auf 300.000 steigern. Eine Reihe von Pro-Anwar-Websites (Laman Reformasi, freeMalaysia etc.) und discussion groups wie Sangkancil entstanden.

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In der Barisan Alternatif spielten die Rivalitäten zwischen DAP und PAS zunächst eine nur untergeordnete Rolle. In dem “Gemeinsamen Manifest” der BA (“Towards a just Malaysia” [Alternative Front 1999]) vom Oktober 1999 tauchten die islamistischen Forderungen der PAS nicht auf. Die Parteien einigten sich darin insgesamt auf eine sehr liberale Agenda. Sie forderten u. a. die Abschaffung des repressiven Internal Security Act und die Durchsetzung der Pressefreiheit. Die Kritik richtete sich nicht nur gegen Mahathir, sondern gegen die BN, die Justiz, die Polizei, die Anti-Korruptions-Behörde, die UMNO-nahe Presse etc., also gegen das gesamte Herrschaftssystem.

Während des Wahlkampfes hatte die PAS, die ihre islamistische Agenda nicht in den Vordergrund stellte, bei ihren Veranstaltungen einen größeren Zulauf als die UMNO. Die PAS hob ähnlich wie ihre Koalitionspartner den Autori-tarismus Mahathirs und das große Ausmaß an Korruption in der Regierung her-vor. Die BN spielte in Wahlanzeigen auf die angebliche eheliche Untreue Anwars an, um Wan Azizah bloßzustellen. Außerdem schürte sie Ängste vor einem neuen 13. Mai 1969, indem sie auf die antichinesischen Unruhen in Indonesien verwies und darauf, dass durch die Reformasi-Bewegung eine ähnliche politische Instabi-lität entstehen könnte. Wie in den vorangegangenen Wahlen war die BN bestrebt, die PAS als gefährliche islamistische Partei darzustellen und bediente sich ihres Medienapparates, um strittige Äußerungen oder einzelne Maßnahmen der PAS zu Skandalen hochzuspielen.

Bei den Wahlen im November 1999 gewann die Barisan Nasional 148 der 193 Sitze, die Barisan Alternatif 42 Mandate (PAS: 27; DAP: 10; Keadilan: 5) und die Parti Bersatu Sabah 3 Sitze. Die UMNO verlor viele Stimmen bei ihren malaiischen Stammwählern, deshalb ging die Zahl ihrer Abgeordnetensitze von 88 (1995) auf 72 (1999) zurück. Diese Verluste wurden durch die Gewinne der MCA zum Teil wieder ausgeglichen. Allerdings ging der Stimmenanteil der BN von 65 % auf 56 % zurück. Erstmals seit 1959 bekam die UMNO weniger Stim-men als ihre Koalitionspartner zusammen. Zudem verloren vier Minister und fünf stellvertretende Minister in ihren jeweiligen Wahlkreisen. Die UMNO erhielt nur noch etwa die Hälfte der malaiischen Stimmen. Offensichtlich verlor die Partei besonders bei den orthodoxen Muslimen. Funston (2000: 55) spricht daher von einer totalen Niederlage der UMNO-ulama, die auch als Kommentar der Wähler zur staatlichen Islamversion zu verstehen sei. Insgesamt war damit das Gewicht dieser Partei in der Nationalen Front gesunken.

Zwar verlor das regierende Bündnis, insbesondere die UMNO, bei den Wahlen, die Opposition konnte aber nicht einmal die Zweidrittelmehrheit gefähr-den. Das Regime war offensichtlich noch stark genug, um seinen gesamten Appa-rat so einzusetzen, dass oppositionelle Bewegungen in Schach gehalten werden konnten. In der Folgezeit wurden repressive Maßnahmen sogar noch intensiviert, so dass schon Mitte 2001 die Machtposition der BN und Mahathirs kaum an-getastet war. Nach dem 11. September 2001 wurde der bereits vorher begonnene Antiterrorismuskampf zum beherrschenden Thema. UMNO versucht seither

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verstärkt, die PAS im sozialen Gedächtnis der Malaysier als Taliban-ähnliche Partei von blindwütigen und fortschrittsfeindlichen Fanatikern zu verankern. Diese massenmedial professionell aufbereitete Darstellung scheint vor allem Chi-nesen zu beeindrucken, so dass die oppositionelle DAP sich gezwungen sieht, sich vehement von der PAS abzugrenzen.

Nach einer ersten Periode der Moderierung der PAS in der Barisan Alter-natif und der Verschiebung des Diskurses von religionspolitischen Fragen zu dem Konflikt zwischen Status Quo-Verteidigern und Reformern folgte also eine Phase, in der sich die alten Fronten wieder verhärteten. Die PAS-Regierung in Tereng-ganu ging nach ihrem Wahlsieg 1999 daran, erste Islamisierungsmaßnahmen ein-zuleiten. So wurden Spielsalons geschlossen, der Verkauf von Spirituosen wurde auf einige chinesische Anbieter beschränkt (und zum Beispiel in Supermärkten und Restaurants verboten). Außerdem erließ die Regierung ein Gesetz, welches das Tragen des Kopftuches (tudung) vorschrieb.

Die PAS und die UMNO befinden sich seit Beginn des kebangkitan Islam, der alle Bereiche erfassenden Islamisierung, in Malaysia in einer Art Wettstreit, bei dem es darum geht, die eigene Orthodoxie unter Beweis zu stellen und der je-weils anderen Seite Abweichlertum nachzuweisen (Stark 2004). Die Bundesregie-rung steht der PAS in diesem Duell häufig in Nichts nach. Das setzte sich nach den Wahlen 1999 noch deutlicher fort. In Johor wurden Gefängnisstrafen und Stockhiebe für Homosexualität, vorehelichen Sex, Inzest und Prostitution einge-führt. In Malakka müssen weibliche, auch nicht-muslimische Staatsangestellte ihre Ellenbogen und Knie bedecken. In mehreren Bundesstaaten wurde über die Einführung der Scharia debattiert, im Bundesstaat Perlis wurde sogar das Islami-

ah Qidah Protection Bill 2000 (auch Restoration of Faith Bill genannt) verab-schiedet, das Inhaftierung und Zwangsberatung für muslimische Apostaten vor-sah.14 Angesichts dieses religiösen Eifers der UMNO stellen sich die politischen Maßnahmen der Regierungen in Terengganu und Kelantan, abgesehen von den Scharia-Gesetzentwürfen, als nicht ungewöhnlich dar.

Die PAS versuchte nicht, sich dem anderen Koalitionspartner und der DAP zu nähern, sondern legte im Juli 2002 in Terengganu einen sehr rigiden hudud-Gesetzentwurf vor und veröffentlichte am 12. November 2003 ihren seit langem angekündigten Islamstaatsentwurf (“Blueprint”).15 Das 53-seitige Dokument, das

14 Der Gesetzentwurf wurde von einer Dienststelle in der Behörde des Premierministers ver-

fasst. JAKIM (Jabatan Kemajuan Agama Islam Malaysia, Department for the Advancement of Islam Malaysia, früher Pusat Islam) ist eine Abteilung in der Behörde des Premier-ministers, die u. a. Gesetzentwürfe an die Regierungen der Bundesstaaten versendet. Nach Artikel 95B der Verfassung haben nur die Bundesstaaten die Befugnis, Gesetze, die den Islam betreffen, zu verabschieden. Einzelne Scharia-Bestimmungen gelten nur in einigen Bundesstaaten. Darüber hinaus ist es nicht das Parlament, das allein solche Bestimmungen durchsetzen kann, sondern es stimmt sich mit dem Jabatan Agama (Religious Department) und den Scharia-Gerichten ab. Die Beschlüsse des Parlamentes bedürfen zudem der Zu-stimmung des jeweiligen Sultans (Martinez 2001: 477f.).

15 Dazu und zu den Reaktionen siehe PAS (2003).

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in malaiischer und englischer Sprache erschien (als Dokumen Negara Islam bzw. als Islamic State Document), legt in groben Zügen die wesentlichen Ziele und Charakteristika eines islamischen Staates dar. Die PAS reagierte damit verspätet auf die für die ethnisch-religiösen Minderheiten schockierende Erklärung Maha-thirs vom 29. September 2001, wonach Malaysia bereits ein islamischer Staat sei. Souverän ist in dem PAS-Modell nicht das Volk, sondern Gott. Menschen sind dem Diktat Gottes unterworfen und führen seine Anweisungen als “Viceregent of Allah on Earth” aus. Das PAS-Dokument enthält ein deutliches Bekenntnis zur Einführung der Scharia inklusive der berüchtigten hudud-Strafen.

Der Entwurf war gegen den internen Widerstand der Reformer in der Partei durchgesetzt und publiziert worden. Diese Reformer wie beispielsweise Hatta Ramli, Nasharudin Mat Isa und Solahuddin haben in der Regel eine überwiegend nichtreligiöse Ausbildung, sprechen Englisch und wissen gut einzuschätzen, wie man im Westen über islamistische Parteien denkt.16 Diese professionals streben eine Modernisierung der Partei an, d.h. die Einführung moderner Management- und Wahlkampfmethoden, die stärkere Berücksichtigung von Frauen und eine Re-krutierungsoffensive vor allem unter jungen Wählern (u. a. mit so genanntem alternativem Entertainment). Viele der ulama wie Abdul Hadi Awang und Nik Abdul Aziz hingegen, die in den traditionellen islamischen Schulen und an islamischen Universitäten ausgebildet worden sind, verkörpern den für Nicht-Muslime abschreckenden provinziellen Dogmatismus der PAS.

Für die reformorientierten Kräfte waren die Ergebnisse der nationalen Wah-len vom März 2004, also das desaströse Abschneiden der PAS, eine Folge der konservativen Wende seit den letzten Wahlen (Ahmad Fauzi 2006). Die Barisan Nasional gewann 2004 insgesamt 198 der 219 Mandate. Die PAS verlor die Wahlen im Bundesstaat Terengganu und hat seither national nur noch 7 Sitze (Funston 1999: 27) [stimmt die Lit-Angabe von 1999 hier für die Ergebnisse

von 2004?].17 Die Partei hatte sich zuvor das Ziel gesetzt, nach den Erfolgen in Kelantan und Terengganu in weiteren Bundesstaaten des malaiischen Kerngebietes die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Die Resultate, die in der malaysischen und in der internationalen Presse als Niederlage des islamischen Fundamentalismus gedeutet wurden, zeigen, dass der rigide Islam der PAS doch nicht so attraktiv zu sein scheint, wie nach 1999 noch angenommen wurde. Wahrscheinlich war das gute Abschneiden der PAS damals eher die Folge des Protestes gegen den Machtmissbrauch der Regierung Mahathir.

Die Wahlergebnisse bestätigten und stärkten den seit September 2003 amtierenden Premierminister Abdullah Badawi. Abdullah, der aus einer angesehe-

16 Interviews mit Solahuddin Ayoob, Hatta Ramli und Nasharudin Mat Isa am 20.09.2004,

24.09.2004 und 23.11.2004 in Kuala Lumpur. 17 Für die PKR (Parti Keadilan Rakyat, People’s Justice Party, das ist die Fusion aus PKN und

PRM) konnte nur Wan Azizah, die Ehefrau Anwar Ibrahims, in ihrem Wahlkreis die Mehr-heit gewinnen. Die DAP war die einzige Oppositionspartei, die mit jetzt 12 Abgeordneten im nationalen Parlament ihre Wahlziele erreichte.

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nen ulama-Familie stammt und einen wertekonservativen, laizistischen Islam repräsentiert, vermag, anders als sein Vorgänger Mahathir, auch die traditionalis-tischen Muslime im Norden Malaysias anzusprechen. Abdullah Badawi schien zunächst den Regierungsstil nachhaltig verändert zu haben. Zwar leitete er einige Reformen ein, aber nach mehr als drei Jahren Amtszeit zeigt sich, dass die ver-sprochene Korruptionsbekämpfung ausgeblieben ist, sich die interethnischen und interreligiösen Beziehungen nicht verbessert haben, und dass auch ein wirtschafts-politischer Wandel, also eine grundlegende Abwendung von teuren, der systema-tischen Patronage dienlichen Prestigeprojekten nicht stattgefunden hat.

In den letzten Jahren haben zudem eine Reihe von Ereignissen vor allem Nicht-Muslime, aber auch jene Muslime, die eine konservative Interpretation ih-rer Religion ablehnen, beunruhigt. Beispiele sind die jüngsten Entscheidungen in den Fällen Lina Joy, M. Moorthy und Revathi Masoosai,18 die Razzien, die von dem Federal Territories Religious Department (JAWI) u. a. auf eine bekannte Diskothek in Kuala Lumpur durchgeführt wurden, die Festnahme eines jungen Paares, Malaysier chinesischer Abstammung, das sich öffentlich geküsst hatte, die Schwierigkeiten von zivilgesellschaftlichen, für Religionsfreiheit eintretenden Gruppierungen wie “Article 11” und die fehlgeschlagenen Versuche, einen öffent-lichen interreligiösen Dialog zu organisieren. Wohlgemerkt, diese restriktiven Maßnahmen gehen vom Staatsapparat und von großen Teilen der UMNO aus. Der Islam Hadhari (“Civilizational Islam”) von Abdullah Badawi hingegen besteht nur aus einigen abstrakten und letztlich nahezu inhaltsleeren Prinzipien (Chong 2006).

Die PAS befand sich nach ihrer Beteiligung an der reformasi-Bewegung 1998-2000 über mehrere Jahre in der Defensive, versuchte sich mit einem radikal-islamistischen Gegenschlag, also der Veröffentlichung des Islamstaatsdokumen-tes, aus dieser Situation zu befreien, wechselte aber nach der Wahlniederlage 2004 erneut ihre Strategie und setzte zusehends auf einen Kurs der Mäßigung und der Annäherung an ihren Koalitionspartner, die PKR, und die DAP. Auf dem Parteitag im August 2004 zeigte sich Präsident Abdul Hadi Awang, einer der konservativen ulama, auch nach den verheerenden Wahlergebnissen uneinsichtig und wurde daher von den Parteitagsdelegierten in ungewöhnlich offener Form kritisiert. Die Kritik, die sich gegen die ulama-Faktion richtete, führte Mitte Dezember zur Abhaltung eines nichtöffentlichen Sonderparteitages. Dort wurde über den von einer Kommission erarbeiteten geheimen “Post-Mortem-Bericht”, eine detaillierte Analyse des Wahldebakels, diskutiert. Einen Monat später wurde überraschend bekannt, dass die PAS ihre Haltung in der Islamstaatsfrage

18 M. Moorthy wurde gegen den Willen seiner Angehörigen, die behaupten, dass er Hindu ge-

blieben und nicht, wie von den Behörden angenommen, Muslim geworden sei, nach muslimi-schen Riten begraben. Revathi Masoosai wurde 2007 wegen angeblicher Apostasie sechs Monate in einem Rehabilitationszentrum in Selangor festgehalten. Lina Joy versucht seit mehreren Jahren ihre Konversion vom Islam zum Christentum zu legalisieren, wurde aber jüngst an das Oberste Scharia-Gericht verwiesen.

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abschwächen und zum Kompromiss, der 1999 gefunden worden war und seinen Ausdruck im BA-Manifest gefunden hatte, zurückkehren wollte. Bei den partei-internen Wahlen 2005 und 2007 stiegen einige Reformer in wichtige Positionen auf. Nasharudin Mat Isa wurde 2007 in seinem Amt als stellvertretender Präsident bestätigt und setzte sich gegen den konservativen ulama Harun Taib durch. Außerdem wurden Husam Musa und Mohamad Sabu als Vizepräsidenten ge-wählt. Dieser Trend verdeutlicht, dass die PAS nicht einfach eine bäuerlich-tradi-tionalistische oder gar reaktionäre Partei ist, die in diametralem Gegensatz zur modernistischen, auf kapitalistische Dynamik setzende UMNO steht (Malhi 2003: 253ff.). Vielmehr ist sie selbst ein Produkt der Moderne, die sich zwar einerseits auf eine rückwärtsgewandte Vision eines kaum definierten und definierbaren Islamstaates stützt, die aber zugleich glaubwürdig die Korruption und Selbst-gerechtigkeit der herrschenden politischen Klasse anprangert und sich etwa in der reformasi-Bewegung auf die Seite jener geschlagen hat, die sich für Menschen-rechte und Demokratie einsetzen. Anders als die UMNO-Größen, die einen elitä-ren Materialismus und Konsumismus pflegen, verkörpern die PAS-Spitzenpoliti-ker einen Lebensstil der religiös inspirierten Bescheidenheit und Zurückhaltung. Sie sind Fürsprecher der von der Globalisierung und der Pro-bumiputera-Politik Ausgeschlossenen und Marginalisierten und artikulieren einen tief greifenden ökonomischen Konflikt in der Begrifflichkeit religiöser Gerechtigkeit.

Insgesamt sind seit 1998 der politische Diskurs und die politischen Ausei-nandersetzungen in Malaysia unübersichtlicher geworden. Francis Loh Kok Wah (2003: 277ff.) spricht in diesem Zusammenhang von “new politics”, d.h. einer Fragmentierung der ethnischen Gruppen und widerstreitenden Diskursen. Ethni-zistische Haltungen, insbesondere der malaiische Chauvinismus, sind schwächer geworden (siehe auch Abdul Rahman 2001). Dies zeigt sich beispielsweise in der Aufwertung der Minderheitenkulturen und in der Entstehung der multiethnischen PKR sowie der Barisan Alternatif. Es gibt Anhänger der “partizipatorischen Demokratie”, die vor allem seit 1998 stärker geworden sind, außerdem weiterhin jene, die auf die “politics of ethnicism” setzen sowie eine große Zahl, die von einem Lebensstil und einer Werthaltung geprägt sind, die Loh als “develop-mentalism” bezeichnet. Dazu zählt er eine konsumistische Haltung, die den politi-schen Autoritarismus akzeptiert, solange er politische Stabilität und wirtschaft-liches Wachstum mit sich bringt. Hinzuzufügen sind die verschiedenen Spielarten eines politisch interpretierten Islam. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Islamisierung wurde als Interaktion von Akteuren dreier Handlungssphären, des Staates, der politischen Gesellschaft und der Zivilgesellschaft, beschrieben. So sollten einerseits Teilprozesse genauer erfasst, andererseits Wechselbeziehun-gen zwischen den Bereichen besser dargestellt werden. Die Analyse hat gezeigt,

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dass die Islamisierung als in sich widersprüchlicher, nicht-linearer Prozess, der von unterschiedlichen Akteuren in unterschiedlichen Bereichen bestimmt wird, gefasst werden muss. Zudem erwies sich, dass die UMNO und der Staatsapparat in den letzten Jahren ihre Steuerungskapazität zum Teil erweitert, zum Teil eingebüßt haben. Dieser Befund wurde in der Darstellung durch die Unter-scheidung von vier Entwicklungsphasen deutlich:

In der ersten Phase, die von der staatlichen Unabhängigkeit bis zu den Unruhen im Mai 1969 reicht, bemühte sich die Allianz darum, die interethnische Elitenkoalition aufrechtzuerhalten und ethnische sowie religiöse Konflikte nicht allzu sehr zu politisieren. Malaysia war offiziell definiert durch Religionsfreiheit, allerdings wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt. Da Malaien verfassungs-rechtlich eine Sonderstellung gewährt wurde, da zudem alle Malaien als Muslime definiert waren, fühlten sich die ethnischen und religiösen Minderheiten schon in vielfacher Hinsicht als Staatsbürger zweiter Klasse. Allerdings war der offizielle Islam – und auch jener der PAS – noch nicht so exklusiv wie später. Die PAS versuchte vielmehr durch die Politisierung von Ethnizität die Legitimation der Regierung in Frage zu stellen. In dieser Phase waren die Impulse zur Stärkung des Islam noch relativ schwach.

Die zweite Phase begann mit einem der einschneidendsten Ereignisse in der Geschichte Malaysias. Im Mai 1969 kam es im Anschluss an nationale Wahlen zu blutigen Unruhen, bei denen sich malaiische und chinesische Gruppen bekämpf-ten. Die Auseinandersetzungen zwischen diesen nicht-staatlichen Akteuren führ-ten zur Erklärung des Ausnahmezustandes und letztlich zur Verabschiedung weit-reichender Reformen. In der Folge veränderten sich die Machtverhältnisse inner-halb der Allianz, die zur Nationalen Front ausgebaut wurde, und zwischen den ethnischen Gruppen in Malaysia insgesamt. Mit der Pro-bumiputera-Politik war eine langsame, behutsame staatliche Islamisierung der Gesellschaft, die auch durch internationale und zivilgesellschaftliche Entwicklungen animiert wurde, verbunden. Besonders die dakwah-Bewegung seit Anfang der 1970er Jahre, die ihren Ausgang in den größten nationalen Universitäten nahm und sich in mehre-ren Wellen langsam auf die gesamte Gesellschaft ausdehnte, übernahm für mehre-re Jahre eine Führungsrolle bei der Aufwertung und Politisierung des Islam.

Die dritte Phase setzte mit zwei Ereignissen ein. Das war zum einen die Machtübernahme Mahathirs, der eine umfassende staatliche Islamisierung einlei-tete und den prominentesten dakwah-Vertreter, Anwar Ibrahim, kooptierte, zum anderen die Übernahme und Neuausrichtung der PAS durch die ebenfalls in der dakwah-Bewegung zu Prominenz gelangten “Jungtürken”. Der Diskurs über wesentliche islamische Fragen wechselte damit wieder stärker in den im engeren Sinne politischen Bereich. Es begann ein Prozess, der im Wesentlichen bis heute anhält und durch eine Art Wettbewerb um den “besseren” Islam zwischen UMNO und PAS gekennzeichnet ist. Zugleich entwickelte sich eine lebendige Zivil-gesellschaft, vor allem bestehend aus Nichtregierungsorganisationen, die zum Teil mäßigend auf islamistische und ethnizistische Strömungen einwirkten. Hetero-

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doxe islamische Organisationen wie Darul Arqam wurden marginalisiert und kriminalisiert.

Die vierte Phase wurde durch eine neuartige zivilgesellschaftliche Mobili-sierung eingeleitet. Die reformasi-Bewegung war im Kern säkularistisch orien-tiert, weil sie von dem inzwischen in islamischen Fragen moderaten Anwar Ibra-him angeführt wurde und u. a. von Teilen der liberalen Mittelklasse, zu der viele Chinesen und Inder gehören, unterstützt wurde. Die Reformbewegung, die Politi-sierung insbesondere der Mittelklasse, die Gründung einer neuen multiethnischen Partei, der PKN, insbesondere die Gründung eines multiethnischen und multi-religiösen Oppositionsbündnisses (der Barisan Alternatif), das bei den Wahlen 1999 nur relativ knapp unterlag, haben den politischen Diskurs und die poli-tischen Machtverhältnisse grundlegend verändert. Zunächst führte die Gründung des Bündnisses zu einer Moderierung der PAS, die sich in der BA sogar zu einer Koalition mit der DAP durchringen konnte. Die Kooperation war aber von An-fang an problematisch und zerbrach im September 2001. Die kurze Phase des Protestes wurde abgelöst durch eine Periode, die durch eine Reihe von Ambi-guitäten geprägt ist. Die PAS hat einerseits ihren Islamismus stärker durch ihren Islamstaatsentwurf prononciert, andererseits hat die Partei immer wieder versucht, mit den säkularistischen Oppositionsparteien PKR und DAP eng zusammenzu-arbeiten und war dazu bereit, ihre islamistische Agenda abzuschwächen. U. a. deswegen konnten sich in der Partei nach dem Wahldebakel 2004 moderate Kräfte mehr und mehr durchsetzen. Die UMNO hat durch zahlreiche Maßnahmen die konservative Islamisierung fortgesetzt, der Höhepunkt war die Erklärung Mahathirs 2001, dass Malaysia ein Islamstaat sei.19 Die Amtsübernahme durch Abdullah Badawi, einem angesehenen ulama, ist Ausdruck der Islamisierungs-tendenzen in Malaysia. Allerdings gilt Badawi, der mit dem Islam Hadhari ein eigenes Konzept eingeführt hat, als moderat. Die Islamisierungsimpulse gehen seit einigen Jahren im starken Maße von der staatlichen religiösen Bürokratie aus, die sich zum Teil von der UMNO emanzipiert zu haben scheint.

Diese Einteilung in vier Phasen erfolgte vor dem Hintergrund der Unter-scheidung dreier Handlungssphären, dem Staatsapparat, der politischen und der Zivilgesellschaft (Alagappa 2004). Eine Stärkung des Staatsapparates muss nicht notwendig eine Schwächung der Zivilgesellschaft bedeuten. Die drei Bereiche sind in Malaysia nicht immer deutlich voneinander unterscheidbar. Es handelt sich nicht um isolierte Entitäten, da es zahlreiche Wechselbeziehungen, gegen-seitige Durchdringungen und sich überschneidende Bereiche gibt (Weiss 2004). Zum Beispiel können in dem semidemokratischen System politische Parteien bestimmte Funktionen nur in eingeschränkter Form erfüllen. Bestimmte Konflikte können nicht adäquat im Parteiensystem abgebildet werden. In solchen Situa-

19 Eine solche Erklärung wurde im Juli 2007 zum Entsetzen insbesondere der Vertreter anderer

Religionsgemeinschaften vom stellvertretenden Premierminister Najib wiederholt. Im August distanzierte sich allerdings Abdullah Badawi von dieser Äußerung.

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tionen können zivilgesellschaftliche Oppositionsbewegungen entstehen, die eine Neuformierung des Parteiensystems erzwingen.

In Malaysia hat der Staat seine Handlungs- und Kontrollkapazitäten perma-nent ausgeweitet, trotzdem kam es besonders seit den 1970er Jahren wie in den meisten südostasiatischen Ländern im Gefolge der Bildungsexpansion und der Entstehung starker Mittelschichten zu einer enormen Ausbreitung und Aufwer-tung von Nichtregierungsorganisationen (Weiss 2006). Der Staat förderte, um insbesondere islamistische Organisationen und Bewegungen einhegen [?] zu können, durch Kooptierung und Repression eine konservative Islamisierung, die mit wirtschaftlichem Wachstum, der Integration in den Weltmarkt und mit dem spezifisch malaysischen, semidemokratischen Arrangement vereinbar sein sollte. Die UMNO-Führung wünscht sich einen Islam, der sich sowohl vom Islamismus der PAS und einiger islamistischer Organisationen als auch vom Säkularismus und Liberalismus der linken Opposition abgrenzt. In dieser Mittellage ist dem offiziellen Islam mit seiner anti-islamistischen Emphase ein durchaus progressiver Zug eigen. Selbst das Bekenntnis Mahathirs zum vermeintlichen malaysischen Islamstaat änderte daran wenig.

Im Laufe der Jahrzehnte ist ein großer bürokratischer Apparat entstanden, der sich u. a. mit der Verwaltung der Scharia-Gerichtshöfe, der Entwicklung von Lehrplänen und dem Islam-Unterricht an Schulen und Universitäten beschäftigt. Viele islamische Intellektuelle konzentrieren sich auf die Propagierung der Regie-rungspolitik, islamische Gelehrte werden mit Missionierungsaufgaben betraut, wieder andere arbeiten für die Moralwächter, die auf die Einhaltung islamischer Gebote achten. Viele malaiische Hochschulabsolventen finden in diesem Bereich eine Anstellung. Der gesamte Apparat hat ein Eigeninteresse an der weiteren Isla-misierung entwickelt, der mitunter die Interessen der Regierung an einer islami-schen Durchdringung der Gesellschaft übersteigt. Insofern sind UMNO als Akteur in der politischen Gesellschaft und der Staatsapparat nicht identisch. Nicht selten kritisieren UMNO-Politiker den religiösen Eifer der Behörden auf bundesstaat-licher Ebene. In einigen Bundesstaaten wie Johor und Perlis wurden sogar Maß-nahmen verabschiedet, die der UMNO-Führung in Kuala Lumpur zu weit gingen.

Heute existieren in Malaysia unterschiedliche politische Strömungen. Im-pulse zur weiteren Islamisierung gehen von der religiösen Bürokratie, von Teilen der UMNO, von der PAS und Teilen der Zivilgesellschaft aus, wobei die Wech-selbeziehungen zwischen diesen Bereichen komplexer geworden sind. Einerseits deutet vieles auf eine Stärkung der konservativ-orthodoxen Muslime.20 Anderer-seits ist eine Tendenz zur Abschwächung des malaiischen Chauvinismus, eine Annäherung an die ethnischen und religiösen Minderheiten und eine Stärkung der pro-demokratischen Kräfte auszumachen.

20 Das zeigt beispielsweise eine Umfrage unter mehr als Tausend Muslimen im Dezember 2005

(Martinez 2006).

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