Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
1
Die Ökonomie von Ökosystemen und
Biodiversität –die TEEB-Initiative
Irene RingHelmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
5. Dresdener Landschaftskolloquium, Wert und Potenziale sächsischer Landschaften,
Dresden, 19.11.2010
Warum eine TEEB-Initiative? – Ursprünge
Stern-Report zur Ökonomie des Klimawandels (2006)
– Initiative des britischen Finanzministeriums (!)– Weltweite Beachtung und große Resonanz in
den Medien
G8 + 5 Umweltministergipfel in Potsdam– Potsdam Initiative zur biologischen Vielfalt– Auftrag für eine globale Studie zur
wirtschaftlichen Bedeutung des Nutzens und des Verlusts der Biodiversität
2
“Potsdam Initiative – Biologische Vielfalt 2010”
……die ökonomische Bedeutung des globalen Biodiversitätsverlustes….
TEEB ZwischenberichtCBD COP-9, Bonn, Mai 2008
TEEB HauptberichteNov. 2009 – Okt. 2010
TEEB Climate Issues Update Strömstad, September 2009.
TEEB’s Geschichte …
CBD COP-10, Nagoya
TEEB für unterschiedliche ZielgruppenTEEB für die Wissenschaft: Ökologische und ökonomische Grundlagen
TEEBs Mission ist es, Natur ökonomisch sichtbar zu machen
TEEB für nationale und inter-nationale Entscheidungsträger
TEEB für lokale und regionale Entscheidungsträger
TEEB für Unternehmer
Synthese
www.teeb4me.com für Bürger und Konsumenten
3
Über TEEB…
• Eine Initiative unter dem Dach des Umwelt-programms der Vereinten Nationen (UNEP)
• unter Leitung von Pavan Sukhdev
• Laufzeit 2007-2010
• über 500 Autoren & Beitragende: Ökologen, Ökonomen und Praktiker aus 26 Ländern in 5 AGs
• wissenschaftliche Koordination am UFZ
5
TEEBs Ansatz
1. Werte anerkennen: ein Merkmal mensch-licher Gesellschaften und Gemeinschaften
2. Werte veranschaulichen: in ökonomischen Kategorien zur Entscheidungsunterstützung
3. Werte erfassen: im Rahmen von Mechanis-men und Instrumenten, um Ökosystemwerte in Entscheidungen einzubeziehen
4
Normen, Gesetzgebung
& Politik
Märkte
ÖkonomischeMechanismen
Werte anerkennen
Werte veran-schaulichen
Werteerfassen
Regionalpläne
Gesetze
PES
ZertifizierungSchutzgebiets-
bewertung
Bewertungen, Handlungsräume, Politikoptionen…
Kap.4Kap.5 Kap.3 Kap.3
TEEB – ökologische und ökonomische GrundlagenOktober 2010
• Bewusstsein über den Wert von Biodiversität & Ökosystemleistungen im weitesten Sinn fördern
• Breites Verständnis von Inwertsetzung: ökolo-gische, soziale, kulturelle & ökonomische Werte
• Grenzen ökonomischer Naturbewertung, aber auch Bedeutung für Gesellschaft und Wirtschaft aufzeigen
• Politikberatung: z.B. Rolle ökonomischer Instrumente im Biodiversitätsschutz
8
Von der Schattenwirtschaft der Natur zur Erfassung ihrer Leistungen in unseren Wirtschaftsrechnungen!
5
Was sind Ökosystemleistungen?
Produkte und Leistungen der Natur: z.B. Nahrungsmittel, Trinkwasser, Schutz vor Erdrutschen, Erholung
Erfassung und gesellschaftliche Bewertung von Ökosystemdienstleistungen
Ökologie
Ökonomie
Rechtlich-institutioneller
Kontext
Sozialer &kulturellerKontext
Landnutzung
Ökosystem-strukturen
Prozesse Dienst-leistungen
Nutzen
Biodiversität Biodiversität Biodiversität Gesellschaft
Werte
Sozialwissen-schaften
Kap. 2 & 3 Kap. 4, 5 & 6
6
Erfassung und ökonomische Bewertung von Ökosystemdienstleistungen
Ökologie
Ökonomie
Nutzwerte
Nutzungs-unabhängi-
ge Werte
Landnutzung
Ökosystem-strukturen
Prozesse Dienst-leistungen
Nutzen Werte
Biodiversität Biodiversität Biodiversität Gesellschaft Ökonomik
Rechtlich-institutioneller
Kontext
Sozialer &kulturellerKontext
Kap. 5 & 6
Erfassung und Bewertung von Ökosystemdienstleistungensowie Einbeziehung in Instrumente und Anreizstrukturen
Ökologie
Ökonomie
Δ Anreizstrukturen
Δ Landnutzung
Ökosystem-strukturen
Prozesse Dienst-leistungen
Nutzen Werte
Biodiversität Biodiversität Biodiversität Gesellschaft Ökonomik
Rechtlich-institutioneller
Kontext
SozialerKontext
Nutzwerte
Nutzungs-unabhängi-
ge Werte
7
Verschiedene Ebenen der Analyse
MonetaryValue
Quantitative Review of Effects
Qualitative Review
Gesamtheit der Ökosystemleistungen
Nutzenarten: z.B. Gesundheit, Einkommen, Wohlbefinden
Quantifizierung: z.B. Anzahl der Personen, die Brennholz in Wäldern nutzen
Monetarisierung:z.B. vermiedene Wasser-aufbereitungskosten, Erholungswert
Wissenslücken: Die bekannten und unbekannten Wissenslücken
Quelle: nach TEEB Zwischenbericht 2008
TEEB für nationale und internationale
Entscheidungsträger
TEEB für lokale und regionale
Entscheidungsträger
8
• Pläne zur Trockenlegung des Nakivubo Sumpfes (>40 qkm) zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion
• Ökonomische Bewertung der Abwasseraufbereitungskapazität des Sumpfes:– ~235.000$ jährliche Kosten für die Erhaltung des Feuchtgebietes– ~2.000.000$ jährliche Kosten einer Abwasseraufbereitungsanlage mit
vergleichbarer Kapazität
• Der Nakivubo Sumpf wurde als Schutzgebiet ausgewiesen.
Ökonomische Bewertung als Grundlage politischer Entscheidungen: Kampala, Uganda
Emerton & Bos 2004
Ökonomische Bewertung für das Design von Abgaben: Ausgleichszahlungen für Waldumbau in Indien
• Oberster indischer Gerichtshof 2006: Festlegung von Ausgleichszahlungen für die Umwandlung von unterschiedlichen Waldtypen in andere Landnutzungsformen
• Grundlage: Ökonomische Bewertungsstudie des Green Indian States Trust• Die Studie bewertete den Wert von Holz, Brennholz, sonstigen
Forstprodukten und Ökotourismus, “Bioprospecting” (Naturstoffe für Arzneimittel), ökologischen Dienstleistungen des Waldes und Nicht-Nutzungswerten (z.B. Artenschutz: bengalischer Tiger, asiatischer Löwe) für 6 verschiedenen Waldkategorien.
• Verursacher zahlen einen Ausgleich in einen Aufforstungsfonds zuErhöhung der nationalen Waldbedeckung.
• 2009 bestimmte der Oberste Gerichtshof die jährliche Auszahlung von Rs.10 Mrd. (~ US$ 215 Mio.) für Aufforstungsprojekte, den Schutz von wild lebenden Tieren und der Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.
Gundimeda et al. 2005; Thaindian 10 Juli 2009
9
Ökonomische Bewertung für das Design von Abgaben:Ausgleichszahlungen für Waldumbau in Indien
Öko- Wert-klasse
Waldtyp Sehr dichter
Wald
Dichter Wald
Offener Wald
I Tropische immergrüne & teilimmergrüne Regenwälder; Tropische Feuchtwälder
22.370 20.100 15.700
II Uferzonen und Sumpfgebiete 22.370 20.100 15.700 III Tropische Trockenwälder 19.000 17.200 13.400 IV Tropische Dorn- und immergrüne Trockenwälder 13.400 12.100 9.400 V Subtropische montane Laubwälder, Subtropische
Kiefern- und subtropische immergrüne Trockenwälder
20.100 18.100 14.100
VI Gemäßigte Bergregenwälder, Himalayische Feucht- und gemäßigte Trockenwälder, Subalpine Wälder, feuchte und trockene alpine Fluren
21.300 19.200 15.000
Alle Werte je Hektar, in US$ und gerundet.Gundimeda et al. 2005; Thaindian 10 Juli 2009
TEEB für lokale und regionale Entscheidungsträger
Leitfaden zur Berücksichtigung von Ökosystemleistungen in lokalen und regionalen Entscheidungen
10
1. Schritt: Gemeinsame Problemdefinition• August 2002: extremes Hochwasser an der Elbe • Direkte wirtschaftliche Schäden über 9 Mrd. €• Gelegenheit zur Revision des Hochwasserschutzes• Integriertes Hochwasserrisiko- und Auenmanagement
2. Schritt: Relevante Ökosystemleistungen?
• Hochwasserschutz• Auen als Habitat für zahlreiche Arten• Nährstoffrückhalt
© DPA
TEEB–Leitfaden am Beispiel des Elbehochwassers 2002
3. Schritt: Informationsbedarf und Methodenauswahl• Kosten-Nutzen-Analyse verschiedener Alternativen
(Deichrückverlegung, neue gesteuerte Polder)• Ersatzkostenmethode für Nährstoffrückhalt• Zahlungsbereitschaftsanalyse für Auenrenaturierung
4. Schritt: Durchführung der Bewertung• Maximale Deichrückverlegung reaktiviert
ca. 35.000 ha Auenfläche • Einrichtung gesteuerter Polder in
Sachsen-Anhalt: 3.248 ha• Kombination beider Maßnahmen in
Sachsen und Sachsen-Anhalt:– Deichrückverlegung (3.402 ha) und– gesteuerte Polder (4.143 ha)
TEEB–Leitfaden am Beispiel des Elbehochwassers 2002
Quelle: Grossmann, M., Hartje, V., Meyerhoff, J. (2010): Ökonomische Bewertung naturverträglicher Hochwasservorsorge an der Elbe. Bundesamt für Naturschutz: Bonn.
11
TEEB–Leitfaden am Beispiel des Elbehochwassers 2002
5. Schritt: Beurteilung der Politikoptionen• Alle Varianten haben ein positives Nutzen-
Kosten-Verhältnis • NK-Verhältnis:
– Max. Deichrückverlegung = 3.1– Gesteuerte Polder = 9.9– Kombination = 5.0
6. Schritt: Verteilungswirkungen der Politikoptionen prüfen
• Mittels Karten z.B. räumlich konkrete Darstellung ökonomischer Verluste und sozialer Auswirkungen in Verbindung mit dem Hochwasser
© Grossmann, M.; Hartje, V.; Meyerhoff, J.
Der kommunale Finanzausgleich ist wesentliche Einnahmequelle für Kommunen: ca. 30% in den alten, 50% in den neuen Bundesländern
Nicht erfasst werden:Natur- und Umweltleistungen mit überregionalen externen Effekten
Urbane Räume Ländliche Räume
Finanzielle Ausgleichsmechanismen heute:
Bekannte Instrumente ökologisch neu eingesetzt:
Kommunaler Finanzausgleich
12
Page 23
Biodiversität ökonomisch in Wert setzen: Ökologischer Finanzausgleich
Brasilien (Paraná seit 1992)
14 von 26 Bundesstaaten berück-sichtigen Naturschutzgebiete zur Rückverteilung der Mehrwertsteuer vom Land an die Kommunen
Portugal: Kommunalfinanzgesetz 2007
nachhaltige kommunale Entwicklung fördern
Natura 2000 und nationale Schutzgebiete als Indikatoren für Zuweisungen an Gemeinden und Städte
Paraná, Brasilien: Zunahme der Schutzgebiete
1651.690.3151.052.752637.563Gesamt53.60753.6070Sonstige26.12426.1240RPPN
2951.212.324905.631306.693APA
Privat/gemischt1924.1692.7401.429Kommune3553.66313.80439.859Land
18340.42850.846289.582Bund
Öffentlich
Zunahme
[%]
Gesamtbis 2000
[ha]
Ausgewiesennach 1991
[ha]
Bis 1991
[ha]
Schutzgebiete
APAs (“Umweltschutzgebiete”) können auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene ausgewiesen werden. RPPNs (Private Schutzgebiete) können auf Bundes- oder Landesebene ausgewiesen werden. May et al. 2002, Ring 2008a
13
Gemeinden und Städte Anteil aller Finanzzuweisungen am kommunalen Haushalt
Anteil ökologischer Zuweisungen am
Haushalt
Anteil Schutzgebiete an Gemeindefläche
Gemeinden mit mehr
als 70% Schutzge-
bieten
Campo Maior 89% 25% 100%
Murtosa 78% 6% 80%Porto de Mós 75% 11% 76%
Aljezur 70% 16% 73%Barrancos 97% 26% 100%
Terras de Bouro 94% 22% 95%Freixo de Espada à Cinta 93% 21% 91%
Castro Verde 90% 34% 76%
Gemeinden mit weniger als 70%
Schutzge-bieten
Lisboa 25% 0% 0%Grândola 71% 2% 9%
Viana do Castelo 60% 0,5% 24%Lamego 80% 1% 33%Almeirim 62% 0% 0%
Peso da Régua 87% 0,4% 12%Évora 62% 1% 16%
Vimioso 96% 8% 38%
Portugal: Auswirkungen der Schutzgebiete auf den Kommunalhaushalt (2008)
Santos, Ring, Antunes, Clemente (2010): Fiscal transfers for biodiversity conservation
Umsetzung über Berücksichtigung der Schutzgebietsflächen im kommunalen Finanzausgleich grundsätzlich möglich - Szenarien:
Vorwegentnahme aus Finanzausgleichsmasse und Zuweisung entsprechend der
Anteile der Schutzgebiete an der Gemeindefläche
Brasilianisches Modell:
Berücksichtigung der Schutzgebietsflächen im
Nebenansatz zur Verteilung der Schlüsselzuweisungen
(analog zu Fläche, Schülern, etc.)
Alternativ:
Entsprechende Szenarien wurden am UFZ für den Kommunalen Finanzausgleich des Freistaates Sachsen modelliert.
Transferpotential des brasilianischen Öko-Finanzausgleichs nach Deutschland?
14
Kommunaler Finanzausgleich Sachsen 2002: Naturlastenausgleich
Relative Veränderung der Bedarfs- und Schlüsselzuweisungen in Sachsen
GIS: A. Kindler & H. Hartmann, UFZ
Vorwegentnahme:90 Mio. Euro
(entspricht Straßen-lastenausgleich)
Ring 2008b
TEEB – Vision
“Die Gesellschaft muss dringend ihren mangelhaften ökonomischen Kompass ersetzen, damit sie nicht das menschliche Wohlergehen und die Gesundheit des Planeten durch
die Unterbewertung und den dauerhaften Verlust von
Ökosystemen und Biodiversitätaufs Spiel setzt.“
Pavan Sukhdev, TEEB Studienleiter 29.5.2008, COP 9
15
Informationen unter:
• www.teebweb.org
• www.teeb4me.com
Wissenschaftliche Koordination des TEEB-Projektes: [email protected]
Herzlichen Dank!
29
Literatur
Alle TEEB-Berichte abrufbar unter www.teebweb.orgEmerton, L., Bos, E. (2004): Value – Counting Ecosystems as Water Infrastructure. IUCN, Gland,
Switzerland and CambridgeGrossmann, M., Hartje, V., Meyerhoff, J. (2010): Ökonomische Bewertung naturverträglicher
Hochwasservorsorge an der Elbe. Bundesamt für Naturschutz, BonnGundimeda, H., Sanyal, S., Sinha, R., Sukhdev, P. (2005): The Value of Timber, Carbon, Fuelwood, and
Non-Timber Forest Products in India's Forests. Green Indian States Trust, Neu DehliSantos, R., Ring, I., Antunes, P., Clemente, P. (2010): Fiscal transfers for biodiversity conser-vation: the
Portuguese Local Finances Law. UFZ Diskussionspapiere 11/2010. Helmholtz Centre forEnvironmental Research – UFZ, Leipzig
May, P.H. et al. (2002): Using fiscal instruments to encourage conservation: Municipal responses to the ‘ecological’ value-added tax in Paraná and Minas Gerais, Brazil In Selling Forest Environmental Services: Market-based Mechanisms for Conservation and Development. Edited by Pagiola S., Bishop J., Landell-Mills N., Earthscan, London,173-199
Ring, I. (2008a): Integrating local ecological services into intergovernmental fiscal transfers: The case of the ecological ICMS in Brazil. Land Use Policy 25: 485-497
Ring, I. (2008b): Compensating municipalities for protected areas. Fiscal transfers for biodiversity conservation in Saxony, Germany. GAIA 17/S1: 143-151