8
Geoforum 5171 KRADER, L. (1955): The Ecology of Central Asian Pastomlism SWest. J. Anthrop. LAMB, H. (1967): Britain’s changing climate; GeogrlJ., 133. LUNDMANN, B. (1967): Geographische Anthropologic. Rassen und Viilker der Erde. Stuttgart. MAY, J. (1958): Studies in medical Geography. New York. ~UHLMA~, W. (1952): Das Problem der Umwelt beim Menschen; Z. Morph. Anthrop., 44. NES’l3MNN, L. (1968): Die Humanokologie. Begriff, Inhalt und Stellung im System der Wissenschaften; Deutsche Universi- tiitszeitung, H. 5. NESTMANN, L. (1969): Mensch, Umwelt und Entwicklung. Versueh einer hum~~kologi~hen Int~r~at~n der Ent- wickhmgsdynamik; Deutsche Universit&szeitung, H. 10 (Second part not yet published) NESTMANN, L. (1967): Geographical Research as a basis to country planning and development (Includes suggestions for a system of regional research centres); in: Environmental Design. Middle East Technical University Ankara. ODUM, E. (1963): Fundam~tais in Ecology. New York. PAFFEN, K. H. (1959): Stellung und Bedeutung der physischen Anthropogeographie; Erdkunde, XIII. RAIKES, R. (1967): Water, Weatherand fiehistory. London. REED, C. and R. BRAIDWOOD (1960): Toward the reconstruo tion of the env~o~ental sequence in Northeastern Iraq; Sot. ofAm. Orient. Ref., 31. REIFENBERG, A. (195.5): The Struggle between the Desert and the Sown. Rise and Fall of Agriculture in the Levant. Jerusalem. RODENWALDT, E. und H. JUSATZ (195 2): Weltseuchenatlus. Heidelberg. SEYBOLD, A. (1952): KZimu, Wetter,Mensch. Heidelberg. STAPLEDON, Sir G. (1964): Human Ecology. London. TROLL, C. (1960): Die Entwicklungslander und ihre Kultur und sozialgeographische Differenzierung; Das Parlament. WEYL, R. (1967): Der Mensch im Spiel der geologischen Kriife. Giesen (Antrittsrede des Rektors). WINKLER, E. (1970): A possrbfe e~ss~ication of geosciences; Geoforum, 1. Die Magnetosphlre ‘> Helmut PICHLER, Wien * Der Name Magnetosphiire wurde 1959 von GOLD [I] eingeftihrt. Darunter versteht man zunachst jenen Bereich der AtomsphLe, in dem geladene Teilchen (Ionen, freie Elektranen) nicht mehr der Kontrolle der inneren Reibungskraft zwischen den geladenen und den neutralen Teilchen unterllegen, sondern im wesenthchen von elektrischen und magnetischen Krtiten kontrolliert werden. ‘) Vortrag auf Einladung der Bstereichischen Meteorologischen und ~emisch-~y~~schen Gesellschaft in Wien am 28.IV. 1970. * Univ.-Prof. Dr. Helmut PICHLER, Institut fib Meteorologie und Geophysik der UniverisIt Wien, Hohe Warte 38, A-1190 . . Fi freie Elektronen beginnt dieser Bereich etwa bei 80 km Hijhe, fur Ionen bei 150 km Hohe. Wir kljnnen demnach die untere Grenze der Magnetosphtie bei etwa 150 km Hijhe ansetzen. Bevor insitu Messungen von Satelllten im interplanetarischen Raum vorlagen (d.i. vor 1957) war man der Ansicht, das Erdmagnetfeld lasse sich als ein Dipolfeld darstellen und verlaufe kont~~erlich in den ~te~~et~schen Raum hinaus und werde nur bei Sonnen- eruptionen durch den dadnrch hervorgerufenen Partikelstrom gestiirt (CHAPMAN-FERRARO [2] ). Im Jahre 195 1 schloD jedoch BIER- MANN [3] aus Beobachtungen von Bewegungen in Kometenschwei- fen, daO diese durch einen Plasmastrom, der dauemd von der Sonne ausgeht, hervorgerufen werden miissen. Diesen Plasmastrom nannte man ,,Somrenwind”. Diese Vermutung wurde durch spiitere Satelli- tenb~bachtungen vollauf best$itigt. Nach PARKER [4] erfolgt die Abgabe von Plasma in den interplane- tarischen Raum durch die hydrodynamische Ausdehnung der Sonnen- korona. Das Plasma stromt radial nach at&en und zwar dann, wenn die kinetische Energiedichte des Plasmas der Sonnenkorona grinder istals die magnetische Energiedichte und die Energiedichte des Gmvitat~n~eldes der Sonne. Man kann zeigen, daf3 dies der Fall ist, wenn das Plasma ~erscha~eschw~d~eit und uber-Alfven- geschwindigkeit besitzt ‘1. Fur den Sonnenwind betragt der Schall- geschwindigkeit C X50 km/set, die Alfvengeschwlndigkeit VA = 50 km/set. Die Sonnenwindgeschwindigkeit liegt zwischen 250-800 km/set, die htiufigste Teilchendichte betragt 4-5 Protonen/cm3. Der PartikelfluD hat die Grijl3e 10’ Protonen/cm’sec, die kinetische Energi~ichte 10‘aerg/cm3. Der Massenverlust der Sonne durch den Sonnenwind betragt ca. 10% des Massenverlustes durch thermo-nuklear Reaktionen im Inneren der Sonue. Bevor wir auf die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem Erd- magnetfeld zu sprechen kommen - diese bewirkt die gut&e Bs grenzung der M~netosp~~e - miissen wir noch das ~te~l~e- tarische Magnetfeld besprechen. Wilre der lnterplanetarische Raum ein vollstandiges Vakuum, SO ware in diesem Raum ein Magnetfeld (a) von der Sonne, (b) van den den Planeten, (c) von Galaxien zu erwarten. Doch wliren die Felder 3iuOerstkleln. Geht man von einer Feldstarke von 1 GauD auf der Sonnenober~che aus, so ware ln einer Entfemung von 1AE ( = 1,5 * lo8 km) mu noch 10e7 GauD = 10s2’y zu erwarten. In Wirklichkeit haben aber die Satelliten 3-15Ygemessen. Der Grund liegt darin, dai3 der interplanetarische Raum von Sonnenplasma durchstromt wird und dieses ,,fihrt“ das Magnetfeld der Somie mit, da die Magnetfeldlinien im Plasma ,,einfrieren“. Die mittlere freie WegHnge des Sonnenwindplasmas ist sehr grof (A = 1Oi4 cm; Durchmesser der M~netosph~e w 1,8 . 10” cm). Es handelt sich hier urn ein kollissionsfreies Plasma. Da aber im Plasma ein Magnetfeld ,,eingebettet“ ist, kreisen die geladenen Teilchen (zufolge der Lorentzkraft) urn die Feldlinien. Der Lamor- radius bet&t fti 1 keV Proton mit B = 10’)’ ca. 450 km. Dieser Radius tritt an Stelle der freien mittleren Weglange. Das Magnet- feld des Sonnenwindes ,,bindet“ den Sonnenwind zu einem Kont~uum, so da5 wir die Kont~uumsmech~~ anwenden kiinnen. Urn das ,,Einfrieren“ der magnetischen Feldlinien im Plasma besser verstehen zu kiinnen, geht man zunichst von beiden Maxwell - Gleichungen aus. Vernachllssigt man den Verschiebungsstrom und wird die Stromdichte aus dem Ohmschen Gesetz berechnet, so 2, vA= &+ ~Alfven~eschw~d~keit = For~~anzung~ geschw~di~eit hydromagnetischer Wellen. B = magnet&he Induktion, Wien, Osterreich. p = Permeabilitlt, p = Plasmadichte)

Die magnetosphäre

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Page 1: Die magnetosphäre

Geoforum 5171

KRADER, L. (1955): The Ecology of Central Asian Pastomlism SWest. J. Anthrop.

LAMB, H. (1967): Britain’s changing climate; GeogrlJ., 133.

LUNDMANN, B. (1967): Geographische Anthropologic. Rassen und Viilker der Erde. Stuttgart.

MAY, J. (1958): Studies in medical Geography. New York.

~UHLMA~, W. (1952): Das Problem der Umwelt beim Menschen; Z. Morph. Anthrop., 44.

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NESTMANN, L. (1969): Mensch, Umwelt und Entwicklung. Versueh einer hum~~kologi~hen Int~r~at~n der Ent- wickhmgsdynamik; Deutsche Universit&szeitung, H. 10

(Second part not yet published)

NESTMANN, L. (1967): Geographical Research as a basis to country planning and development (Includes suggestions for a system of regional research centres); in: Environmental Design. Middle East Technical University Ankara.

ODUM, E. (1963): Fundam~tais in Ecology. New York.

PAFFEN, K. H. (1959): Stellung und Bedeutung der physischen Anthropogeographie; Erdkunde, XIII.

RAIKES, R. (1967): Water, Weather and fiehistory. London.

REED, C. and R. BRAIDWOOD (1960): Toward the reconstruo tion of the env~o~ental sequence in Northeastern Iraq; Sot. ofAm. Orient. Ref., 31.

REIFENBERG, A. (195.5): The Struggle between the Desert and the Sown. Rise and Fall of Agriculture in the Levant. Jerusalem.

RODENWALDT, E. und H. JUSATZ (195 2): Weltseuchenatlus. Heidelberg.

SEYBOLD, A. (1952): KZimu, Wetter, Mensch. Heidelberg.

STAPLEDON, Sir G. (1964): Human Ecology. London.

TROLL, C. (1960): Die Entwicklungslander und ihre Kultur und sozialgeographische Differenzierung; Das Parlament.

WEYL, R. (1967): Der Mensch im Spiel der geologischen Kriife. Giesen (Antrittsrede des Rektors).

WINKLER, E. (1970): A possrbfe e~ss~ication of geosciences; Geoforum, 1.

Die Magnetosphlre ‘>

Helmut PICHLER, Wien *

Der Name Magnetosphiire wurde 1959 von GOLD [I] eingeftihrt. Darunter versteht man zunachst jenen Bereich der AtomsphLe, in dem geladene Teilchen (Ionen, freie Elektranen) nicht mehr der Kontrolle der inneren Reibungskraft zwischen den geladenen und den neutralen Teilchen unterllegen, sondern im wesenthchen von elektrischen und magnetischen Krtiten kontrolliert werden.

‘) Vortrag auf Einladung der Bstereichischen Meteorologischen und ~emisch-~y~~schen Gesellschaft in Wien am 28.IV. 1970.

* Univ.-Prof. Dr. Helmut PICHLER, Institut fib Meteorologie und Geophysik der UniverisIt Wien, Hohe Warte 38, A-1190 . .

Fi freie Elektronen beginnt dieser Bereich etwa bei 80 km Hijhe, fur Ionen bei 150 km Hohe. Wir kljnnen demnach die untere Grenze der Magnetosphtie bei etwa 150 km Hijhe ansetzen.

Bevor insitu Messungen von Satelllten im interplanetarischen Raum vorlagen (d.i. vor 1957) war man der Ansicht, das Erdmagnetfeld lasse sich als ein Dipolfeld darstellen und verlaufe kont~~erlich in den ~te~~et~schen Raum hinaus und werde nur bei Sonnen- eruptionen durch den dadnrch hervorgerufenen Partikelstrom gestiirt (CHAPMAN-FERRARO [2] ). Im Jahre 195 1 schloD jedoch BIER- MANN [3] aus Beobachtungen von Bewegungen in Kometenschwei- fen, daO diese durch einen Plasmastrom, der dauemd von der Sonne ausgeht, hervorgerufen werden miissen. Diesen Plasmastrom nannte man ,,Somrenwind”. Diese Vermutung wurde durch spiitere Satelli- tenb~bachtungen vollauf best$itigt.

Nach PARKER [4] erfolgt die Abgabe von Plasma in den interplane- tarischen Raum durch die hydrodynamische Ausdehnung der Sonnen- korona. Das Plasma stromt radial nach at&en und zwar dann, wenn die kinetische Energiedichte des Plasmas der Sonnenkorona grinder istals die magnetische Energiedichte und die Energiedichte des Gmvitat~n~eldes der Sonne. Man kann zeigen, daf3 dies der Fall ist, wenn das Plasma ~erscha~eschw~d~eit und uber-Alfven- geschwindigkeit besitzt ‘1. Fur den Sonnenwind betragt der Schall- geschwindigkeit C X50 km/set, die Alfvengeschwlndigkeit VA = 50 km/set. Die Sonnenwindgeschwindigkeit liegt zwischen 250-800 km/set, die htiufigste Teilchendichte betragt 4-5 Protonen/cm3. Der PartikelfluD hat die Grijl3e 10’ Protonen/cm’sec, die kinetische Energi~ichte 10‘aerg/cm3.

Der Massenverlust der Sonne durch den Sonnenwind betragt ca. 10% des Massenverlustes durch thermo-nuklear Reaktionen im Inneren der Sonue.

Bevor wir auf die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem Erd- magnetfeld zu sprechen kommen - diese bewirkt die gut&e Bs grenzung der M~netosp~~e - miissen wir noch das ~te~l~e- tarische Magnetfeld besprechen.

Wilre der lnterplanetarische Raum ein vollstandiges Vakuum, SO ware in diesem Raum ein Magnetfeld (a) von der Sonne, (b) van den den Planeten, (c) von Galaxien zu erwarten. Doch wliren die Felder 3iuOerst kleln. Geht man von einer Feldstarke von 1 GauD auf der Sonnenober~che aus, so ware ln einer Entfemung von 1AE ( = 1,5 * lo8 km) mu noch 10e7 GauD = 10s2’y zu erwarten. In Wirklichkeit haben aber die Satelliten 3-15Ygemessen. Der Grund liegt darin, dai3 der interplanetarische Raum von Sonnenplasma durchstromt wird und dieses ,,fihrt“ das Magnetfeld der Somie mit, da die Magnetfeldlinien im Plasma ,,einfrieren“.

Die mittlere freie WegHnge des Sonnenwindplasmas ist sehr grof (A = 1Oi4 cm; Durchmesser der M~netosph~e w 1,8 . 10” cm). Es handelt sich hier urn ein kollissionsfreies Plasma. Da aber im Plasma ein Magnetfeld ,,eingebettet“ ist, kreisen die geladenen Teilchen (zufolge der Lorentzkraft) urn die Feldlinien. Der Lamor- radius bet&t fti 1 keV Proton mit B = 10’)’ ca. 450 km. Dieser Radius tritt an Stelle der freien mittleren Weglange. Das Magnet- feld des Sonnenwindes ,,bindet“ den Sonnenwind zu einem Kont~uum, so da5 wir die Kont~uumsmech~~ anwenden kiinnen.

Urn das ,,Einfrieren“ der magnetischen Feldlinien im Plasma besser verstehen zu kiinnen, geht man zunichst von beiden Maxwell - Gleichungen aus. Vernachllssigt man den Verschiebungsstrom und wird die Stromdichte aus dem Ohmschen Gesetz berechnet, so

2, vA= &+ ~Alfven~eschw~d~keit = For~~anzung~ geschw~di~eit hydromagnetischer Wellen. B = magnet&he Induktion,

Wien, Osterreich. p = Permeabilitlt, p = Plasmadichte)

Page 2: Die magnetosphäre

Geoforum 5/7 1 79

folgt durch die Kombination beider Maxwell-Gleichungen fti die magnetische Induktion B folgende Differentialgleichung :

aB ca -=- v2B+ VxVxB at 4n&lo

(I) (11)

Dabei bedeuten : /J = Permeabilitat U = Leitfahigkeit

v = Geschwindigkeit des Plasmas

c = Lichtgeschwindigkeit

Definiert man als rmrgrreiische Reynoldszuhl

magn. II 7 R,=-_..___=_ magn. I T

mit 7 = Diffusionszeit und T = charakteristische Fortpflanzungs- zeit des Plasmas, so folgt fti

a) Rm < 1 eine Diffusion der Magnetfeldlinien, ,.^

b) Rm % 1 +t JJ B.ds =0

d. h. der magnetische Flui bleibt konstant und die magnetischen Feldlinien ,,frieren” im Plasma ein. Hinsichtlich der Wechsel- wirkung des Sonnenwindes mit dem Erdmagneffeld (Langenscale X 1AE) erh%lt man fti 7% IO” set = lOi Jahre und fti T z 3.10’ set * 3 Tage. Dsraus folgt Rm % 1; die Feldlinien ,,frieren” demnach im Sonnenwindplasma em und bewegen sich mit dem Plasma mit. Oder in anderen Worten : Das Magneffeld selbst kann die Bewegung des Plasmas nicht beeinflut3en. Die Feldlinien des interplanetarischen Raumes gehen von der Somte aus und weisen zufolge der Sonnenrotation eine Spiralstruktur auf. Dabei wechselt die Richtung des Magnetfeldes urn 180’. Demnach kann man zwischen Sektoren unterscheiden in denen das Feld zur, in anderen von der Sonne weg gerichtet ist. (Fig. 1).

Fig. 1

Interplanetarisches Mag- netfeld mit Sektoren- struktur

Wir wollen uns nun mit der Wechselwirkung des Sonnenwindes und des interplanetarischen Magnetfeldes mit dem Erdmagnetfeld be- fassen. Verfolgt man die Messungen des Magnetfeldes (Richtung und Sttike) durch einen Satelliten (z. B. IMP I), so ergibt sich folgendes Bild (Fig. 2).

I) Im Bereich von 10 <RE < 13 Entfernung 3)von der Rotations- achse der Erde weicht das Magnetfeld hinsichtlich der Starke vom Dipolfeld der Erde stark ab, nicht aber von der Richtung.

2) Im Bereich von 13 <RB < 18 wird ein stark fluktuierendes (turbulentes) Feld hinsichtlich Richtung und St5rke beobachtet.

3) Im Bereich RE > 18 sinkt die Feldstiirke weiter ab und die Turbulenz I&% nach.

Fig. 2

Magnetische Feldstkkenmessungen vom Satelliten IMP I im Bereich der Tagseite der Erde am 5. Januar 1964.

Es tritt sofort die Frage an uns heran, wie diese Beobachtungen zu verstehen sind.

Will man die Wechselwirkung des Sommnwindes mit dem Erdm&net- feld vollkommen exakt vom theoretischen Standpunkt aus beschrei- ben, so stoat man auf uniiberwindliche Schwierigkeiten. Zunlchst die Problemstellung: Ein Gas (Sonnenwind), das mit einem ,,einge- frorenen“ Magnetfeld mit L)berschaBgeschwindigkeit und tier-Alfven- geschwindigkeit den interplanetarischen Raum durchstriimt, stot3t auf das Hindemis des Erdmagnetfeldes. Zur vollkommenen exakten Behandlung dieses Problems mtite bei vorgegebenen Anfangs- und Randbedingungen eine Koppelung der hydrodynamischen Gleichungen mit den elektrodynamischen vorgenommen werden ( = Magneto- hydrodynamik), wobei erstere nichtlineare partielle Differential- gleichungen sind, fti die als Lijsungsmethode das Superpositions- prinzip versagt. Zur Zeit versucht man das ganze Problem in 3 Stufen zu 15se.n.

1. Die Kompression des Erdmagnetfeldes bei etwa 13 RE (s. Fig. 2) Itit sich folgendermat3en erkhiren : Wenn das Plasma (leiten- des Medium) in das Dipolfeld einstromt, wird ein Strom indu- ziert und das Magnetfeld dieses Stromes ist so gerichtet, d& es das Dipolfeld in Richtung zur Erde verstarkt, in Richtung zur Sonne aber eliminiert.

Diese Kompression wird dort lokalisiert, wo es zu einem Gleich- gewichtszustand zwischen der kinetischen Energiedichte des Sonnenwindes und der magnetischen Energiedichte des Erd- magnetfeldes kommt. Dies ist offenbar dann der Fall, wenn der Striimungsdruck des Sonnenwindes gleich ist dem magnetischen Druck des Erdmagnetfeldes. Berechnet man den Strijmungsdruck aus der Partikelmechanik, so ergrbt sich folgende Gleichgewichto situation :

B2 2NmV2cos2 $‘=F,

wobei

N = Teilchendichte,

m = Teilchenmasse,

V = Sonnenwindgeschwindigkeit

$ = Einfallswinkel und

B2 / 87r = Magnetischer Druck

bedeuten. Daraus M&t sich die Begrenzung des Erdmagneffeldes (= Begrenzung des Magnetosphare --Magnetopause) gegenilber dem interplanetarischen Raum auf der sonnenzugewandten Seite der Erde berechnen. 3> RE = 6378 km (Erdradius)

Page 3: Die magnetosphäre

80 Geoforum 5/71

Fig. 3

Deformation des Dipolfeldes der Erde. Strichlierte Linien: reines Dipolfeld, ausgezogene Linien: komprimiertes Dipol- feld

Aberration of

solar wind

i

\ 5 deg *

.

.

7 To Sun

or magnetosheath

Magnetosphere

IMP 1 rectified

boundary

crossings

Earth

(.W

XSE

- 10 -20

Fig. 5

Lokalisation der StoBwellenfront und Magnetopause aufgrund von Messungen von IMP I und Explorer X.

2.

‘\ 9-75 deg

Fig. 4

Berechnung der Magnetopause

N = Neutraler Punkt

r$ = 90’ (Mittag-Mitternachtsmeridian)

C#J = 0’ (Aquatorebene)

3.

Die Berechnungen wurden u. a. von BEARD-MEAD [S] unter Berilcksichtigung der Kriimmung der magnetischen Feldlinien mit Hilfe eines Iterationsverfahrens durchgefuhrt. Fig. 3 zeigt die Deformation des Magnetfeldes (Dipolfeldes) der Erde und Fig. 4 die Ausbildung der Magnetopause. Hierbei sei besonders auf die neutralen Ptmkte, wo die Feldstiirke an der Innen- und AuBenseite der Magnetosphare verschwindet, hingewiesen. Die Verbindungslinie : neutralen Punkt - Erdmittelpunkt sondert die Feldlinien, die an der Tagseite ,,entspringen“ und wieder an der Tagseite ,,miinden“ ab, von denen, die in die Nachseite verlaufen. An diesen neutralen Punkten kann Plasma in die Mag- netosphare eindringen.

Nun stromt, wie bereits erwahnt, das Sonnenwindplasma mit ilberschallgeschwindigkeit und es kommt daher auf der sonnen- zugewandten Seite zur Ausbildung einer dreidimensionalen Kopfivde (Machzahl M a 8), wobei es zwischen der Magneto- pause und der StoDwellenfront sowohl hinsichtlich der St+ mung des Plasmas als such des interplanetarischen Magnetfel- des zu Turbulenzerscheinungen kommt (Fig. 5). Diese StoB- wellenfront rechnerisch zu erfassen ist aul3erst schwierig, da bekanntlich in der gewohnlichen Gasdynamik keine Losung fti eine Kopfwelle im dreidimensionalen Raum vorliegt. Es existieren nur zweidimensionale Losungen.

Zur Zeit kann daher die StoDwellenfront an der Vorderseite der Magnetosphare ebenfalls rechnerisch nur zweidimensional erf&t werden, und zwar nur so, daB eine Entkoppelung der Hydrodynamik von der Elektrodynamik vorgenommen wird.

Da das interplanetarische Magnetfeld im Plasma ,,eingefroren“ ist, d.h. die Bewegung des Plasmas nicht beeinfluBt, konnen wir zunlchst das Problem rem von der Gasdynamik her losen. Die daraus resultierende Geschwindigkeit zeigt im stationaren Fall Fig. 6. Der Bereich urn den subsolaren Punkt liegt unter- halb der Schallgeschwindigkeit.

Mit Hilfe dieser Geschwindigkeitsverteilung wird das inter- Magnetfeld, das derselben Geschwindigkeit

zwischen der und Magnetopause rechnet (Fig.

Ganz anders die Verh%Itnisse der sonnenabgewandten der Magnetosphare Tail oder Magnetospharei.

Bei 16 RB die Richtung Erdmagnetfeldes urn tmd die selbst erreicht den Wert (Fig. 8).

dieser Messungen man mit [6] zu Vorstellungen tlber Nachtseite der (Fig. 9).

Feldlinien werden die Lange“ so da5 nicht mehr sir@ ; Bereich der biquatorebene existiert eine neutrale Zone (ca. 500 km Ausdehnung). Die Feldlinien in der Nahe der Aquatorebene laufen parallel, aber in entgegenge- setzter Richtung. Eine solche Feldlinienkonfiiuration ist bekannt- lich nicht stabil. Damit sie stabil bleibt muO diese Zone mit Plasma erftillt sein, urn dadurch den magnetischen Druck zu kompensieren.

Page 4: Die magnetosphäre

Geoforum 5/71 81

Boundary

Geocentric distance

e +Wdeg -5Qdeg 36Odeg

..+. I ,..:N- ._--=

._ :

18 00 06

Geocentric distance

co’

40’

20’

0’

360 deg

May 3 00 06

Fig. 8

Magnetische Feldstarkemessungen auf der Nachtseite der Erde von IMP I in der Zeit vom 2. bis 4. Mai 1964

Fig. 6

Stromlinien (ausgezogene Linien) im Bereich der StoBwellen- front und der Magnetopause. Die strichlierten Linien geben die entsprechende Machlinien an, die nur im Uberschallbereich existieren.

3

2

2

3

STREAM LINE

Fig. 7

Stromlinien (ausgezogene Linien) und magnetische Feldlinien (punktiert) im Bereich der StoBwellenfront und der Magneto- pause fur zwei verschiedene Winkel zwischen den Stromlinien des Sonnenwindes und der Richtung des interplanetarischen Magnetfeldes

Durch Satellitenmessungen konnte tatslchlich ein Plasma mit Energien E > 80 eV in dieser neutralen Zone nachgewiesen werden. Der Schweif der Magnetosphtie reicht bis etwa 80 RB, d. h. er erstreckt sich weit ilber die Entfemung Erde-Mond hinaus. Das

Zustandekommen des ,,Tails“ ist noch nicht einwandfrei gekllt. Man nimmt eine viskose Wechselwirkung zwischen dem die Magneto- sphare umstrijmenden Sonnenwind und dem Erdmagnetfeld an. Es kommen zum Unterschied auf der Tagseite der Magnetosphiire die tangentiellen Spannungskomponenten des Sonnenwindes zum Tragen.

Nachdem wir die Magnetospharengrenzen beschrieben haben, tritt die Frage an uns heran, welche physikalische Prozesse spielen sich innerhalb der Magnetosphare ab. Obwohl der Sonnenwlnd im wesentlichen die Magnetosphilre umstromt, ist diese bei weitem nicht frei von Plasma. Wir haben bereits das niederenergetische Plasma im Schweif der Magnetosphare kennengelemt.

Wir wollen uns zunachst der Teilchenpopulation in jenem Teil der Magnetosphtie zuwenden, in dem die Feldlinien ,,geschlossen“ sind, d. h. auf der sildlichen Erdhalbkugel ,,entspringen” und auf der nordlichen ,,miinden“. Es ist dieser jener Bereich der Magneto- sph&re, der noch als Dipolfeld beschrieben werden kamr und an- m&end rotationssymmetrisch ist. Dieser Bereich erstreckt sich ungeftir 6-8 RB in den Raum (s. Fig. 9).

Die Bewegung von geladenen Teilchen in einem solchen Dipolfel ist zwar kompliziert, lit sich aber durch Aufgliederung in 3 Kom ponenten unter gewii3en vereinfachenden Annahmen relativ ilber- sichtlich beschreiben.

Zufolge der Lorentzkraft bewegen sich geladene Teilchen spiral- fiirmig urn eine magnetische Feldlinie. Da das magnetische Moment des durch em geladenes Teilchen hervorgerufenen Kreisstromes im wesentlichen erhalten bleibt und die Feldlinien zu den Polen hin konvergieren, werden die geladenen Teilchen, die spiralformig die Feldlinien umkreisen, an einem bestimmten Punkt (Spiegelungp punkt) wieder reflektiert und pendeln wie in einer ,,magnetischen Flasche“ zwischen der Siid- und der Nordhalbkugel. Die Spiegel- ungsfeldstarke folgt aus dem Erhaltungssatz des magnetischen Moments mit Bs = B,/sin*olg.

Dabei ist

B, die Feldsttike in der Aquatorebene und

crc, der Einfallswinkel der Teilchen zum Vektor B,.

Zufolge des radialen Gradienten und der Krilmmung des Erdmagnet- feldes sind die geladenen Teilchen noch zus;itzlich einer longi- tudinalen Drift unterworfen, wobei die negativen Teilchen nach

Page 5: Die magnetosphäre

82 Geoforum 5/7 1

MAGKTOPtJJsE

RADIAllLTIM(

BELTS

(Pitch angle of helical

Magnetic field line

Osten, positive nach Westen driften (Fig. 10). Dadurch kommt

es in diesem Bereich der Magnetosphare zu einer schalenfiirmigen

Anordnung von geladenen Teilchen urn die Erde. Die Perioden der

3 Bewegungskomponenten unterscheiden sich grunds;itzlich vonein-

ander (Tabelle 1).

Tabelle 1

Perioden fti die 3 Bewegungskomponenten

(a) Gyration urn die Feldlinien: Tg

(b) Oszillation zwischen den Spiegelungspunkten : Tb

Cc) Longitudinale Drift: TI

Teilchenart

1 MeV Elektron

1 MeV Proton

Tg

7.10+%X

4.10e3 set

Tb

0,l set

2,2 set

TI

53 min.

32 min.

In diesem Bereich der Magnetosphare liegen such die 1958 von

VAN ALLEN [7] entdeckten Strahlungsgiirtel der Erde. Der innere Strahlungsglirtel liegt etwa in einer Entfernung von 1,s RE von

der Dipolachse, der lugere bei etwa 3,s RB (s. Fig. 9). Allerdings

wurde anfangs die Intensitat, d. h. der Flu& ( =Teilchen/cm’sec).

stark ilberschltzt (his zu 3 Grogenordnungen).

Obwohl die Teilchen in den Strahlungsgiirtel relativ energiereich

sind (40 keV <E, <5,0 MeV; 100 keV < E, < 700 MeV) “1,

4, E, = Energie fti Elektronen

Ep = Energie fti Protonen

Fig. 9

Zusammenfassende Darstel-

lung der Magnetosphare mit

der darin enthaltenen Teil-

chenpopulation aufgrund von

Satellitenmessungen.

Fig. 10

Bewegung geladener Teilchen in einem Dipolfeld

spielen diese wegen der relativ geringen FluOdichte fti die Variation des Erdmagnetfeldes und fur die Entstehung des Polarlichtes

keine Rolle.

Fiir den Erdmagnetiker wesentlich interessanter sind die nieder-

energetischen Teilchen mit einer Energie von E < 40 keV, da die Fltidichte wesentlich hijher ist (lO’cm_*see-’ fti RE z 8).

Wenn wir mit der Beschreibung des niederenergetischen Plasmas

beginnen wollen, miissen wir zunlchst jene Plasmakomponente be- schreiben, die irdischen Ursprungs ist und eine Energie von nur

einigen eV aufweist.

Man hat nlmlich 1966 durch Whistlerbeobachtungen festgestellt,

dai3 das ionospharische Plasma (gro5te Dichte in der F-Schicht

mit lo6 Elektronen/cm3 in ca. 350 km Hohe) weit in die Magneto-

sphare hineinreicht und die Plasmadichte nach einem r -4 Gesetz abnimmt. Dieser Verlauf weist erst bei ca. 3,s RB einen Sprung von 100 El./cm3 auf 1 El./cm3 auf.

Man nennt diesen Bereich (his etwa 3,s RB) Plasmasphbre und die

iibergangszone (ca. 1000 km dick) Plasmapause (Fig. 11). Die

Plasmapause ist zu jeder Tageszeit vorhanden (Tagseite bei 3,s RE,

Nachtseite bei 5 RE); d.h. sie umgibt die Erde wie eine Schale. Au5erhalb der Plasmapause befindet sich ein niederenergetisches

Plasma von zeitweise nur 1 El./cm3.

Die Plasmapause fault in groben Ziigen mit der ,,verbotenen Zone“

fm niederenergetisches Plasma zusammen. Man kann nlmlich zei-

gen, da8 ein extraterrestrisches Plasma von emigen eV in der

Aquatorebene nur bis etwa 3-5 RE vordringen kann. Diese Gren-

Page 6: Die magnetosphäre

Geofonm 517 1 83

Meridianschnitt durch die Plasmasphtie

TAIL OF THE MAGNETOSPHERE

SOLAR WIND

--_, -

Fig. 12

Mittags-Mitternachsmeridianschnitt durch die MagnetosphLe. Die Pfeile innerhalb der Magnetopause kennzeichnen den ,,Polarwind“

ze fallt mit der Plasmapause im wesentlichen zusammen. Daher lag ursprtinglich der SchluD nahe, da8 das kalte Plasma inner- halb der Plasmasphare irdischen Ursprungs, und das wesentlich verdiinnte Plasma auiaerhalb der Plasmasphke (im sogenannten Husmarrog) extraterrestrischen Ursprungs sei. Diese Anschauung teilt man neuerdings nicht mehr ganz.

BANKS und HOLZER [8] konnten nlmlich nachweisen, da8 zu- folge des niedrigen Plasmadrucks im Schweif der Magnetosphiire das ionosphtiische Plasma, das sich in den polaren Gebieten befin- det, also in Gebieten von wo aus die magnetischen Feldliuien in den Schweif der Magnetosphtie verlaufen (nicht geschlossene Feld- linien) in diesen ,,Tail“ der Magnetosphare abgesaugt wird. Dazu miissen die Teilchen (Elektronen, Protonen, He+-Ionen) tuber- schallgeschwindigkeit erreichen. Man nennt dieses Abstromen in den ,,Tail” Polarwind (Fig. 12). Das Plasma erreicht ab etwa 800 km iiberschallgeschwindigkeit, in 3000 km Hohe betragt die Machzahl M e 2,s. Laut Theorie folgt fti den Polarwind in 3000 km eme Geschwmdigkeit von 12 km/set. Aus Explorer 31 Beobachtungen schloD man auf Geschwindigkeiten zwischen 10 und 20 km/set in 3000 km Hohe.

Als nlchstes wollen wir die niederenergetischen Teilchen im Be- reich der Strahlungsgtirtel besprechen (s. Fig. 9). Diese Teilchen haben Energien von einigen keV (< 40 keV) und bewegen sich zu- folge des nahezu rotationssymmetrischen Dipolfeldes gleich wie die energetischen Van Allen Teilchen, d.h. : (1) spiralformig urn die Feldlinien, (2) in Form einer Pendelung von Spiegel- zu Spiegel- punkt, und (3) wird noch eine longitudinale Drift durchgefiihrt. Denkt man sich diese Bewegungsform von vielen sich gegenseitig nicht stijrenden negativ und positiv geladenen Teilchen ausgeftihrt, so resultiert daraus em makroskopisch westwarts gerichteter Ring- Strom mit einem Magnetfeld, das eine entgegengesetzte Richtung gegentiber dem Dipolfeld aufweist.

Dieser Ringstrom ist - entgegen frtiheren Anschauungen - dauemd vorhanden (etwa bei 6 RE), doch ist sein resultierendes Magnetfeld sehr klein (10 7) und start das Dipolfeld im allgemeinen kaum.

In Zeiten emes magnetischen Sturmes wird dieses niederenergetische Plasma in Wechselwirkung mit dem vorbeistrijmenden Sonnenwmd, der nun von einem Sturmplasma der Sonne herrtihrt, und zunachst eme verstiirkte Kompression auf der Vorderseite der Magneto- sphare bewirkt, stark ,,aufgeheizt“ (his 100 keV). Dadurch ver- sttikt sich der Ringstrom und rtickt n5her zur Erde. Das daraus resultierende Magnetfeld bewirkt eine Stiirung des Dipolfeldes. Es kommt zu einer starken Depression im Aquatorgtirtel (his iiber lO”y, z. T. bis zu 103’y).

Der Bereich in dem die geladenen Teilchen wie in einer magne- tischen Flasche eingeschlossen smd (= annlhernd rotationssym- metrischer Dipolfeldbereich) wird nun ebenfalls umgeben von nie- derenergetischen Teilchen $40 keV). Da in diesem Bereich (s. Fig. 9) das Feld nicht mehr rotationssymmetrisch ist, konnen die Teilchen wohl noch eine Pendelung von Stiden nach Norden und um- gekehrt durchfuhren, aber sie konnen keine game Driftbewegung mehr urn die Erde ausfuhren, sondem h&h&ens eine halbe. Die Teilchen, die in der Nachtseite eingefangen werden, verlieren sich auf der Tagseite und Teilchen, die an der Tagseite eingefangen werden, verlieren sich im Schweif der Magnetosphare (Nachtseite). Es ist dies such jener Teil der Magnetosphare, wo die Feldlinien des Erdmagnetfeldes nicht unbedingt geschlossen sein mtissen und sich mit Feldlinien des interplanetarischen Magnetfeldes verbinden konnen (= neutraler Punkt an der Vorderseite der Magnetosphiire in der N%he des subsolarem Punktes). Man spricht dann mit DUNGEY [9] von einer offenen Magnetosphtie (Fig. 13). Die Zahlen in der

Solar wind direction

Fig. 13

Em Model1 einer ,,offenen“ Magnetosphare. Dabei ,,verbinden“ sich die Feldlinien des interplanetarischen Magnetfeldes mit denen des Erdmagnetfeldes. Die Zahlen geben die Bewegung der individuellen Feldlinien, die hellen Pfeile zeigen den PlasmafluB an

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Fig. 14

Lokalisation des niederenergetischen Plasmas (E < 1,7 keV) in der Aquatorebene der Magnetosphiire

Fig. 15

Meridianschnitt (entlang der Linie CC’ von Abb. 14) durch das niederengergetische Plasma (E < 1,7 keV) auf der Nachtseite der Magnetosphtie

Abbildung geben die individuelle Bewegung der ,,eingefmrenen” Feldlinien an, die Pfeile den PlasmafluB, der senkrecht zur Richtung des Magnetfeldes erfolgt. Dieses Model1 spielt bei der Theorie des magnetischen Sttirme eine gewit3e Rolle. Eine Entscheidung, ob und wamr wir es tatsachlich mit einer offenen oder geschlossenen Mag- netosph&e zu tun haben, kamr z. Zt. noch nicht gefallt werden.

AbschlieBend bleibt noch der Teilchenflug im Schweif der Magneto- sphare zu besprechen. Die Teilchenenergie betriigt 80 eV <E < 1650 eV. Die innere Grenze dieser Plasmazone reicht bis zur lul3eren Grenze der Strahlungsgtirtel (s. Fig. 14). Em Meridianschnitt (Fig. 15) zeigt, dat3 sich diese Plasmazone wie ein ,,Horn“ urn die bereits besprochenen Teilchengllrtel legt. Dieser Bereich ist gleich- zeitlg die Einfallzone fti die polarlichterzeugenden Partikel. Die Feldlinien, die diesen Bereich umgrenzen (s. such Fig. 9), nehmen in ihrem Ursprungsgebiet (bzw. Mllndungsgebiet) auf der Erdober- niche genau die Zone des Polarlichtovals aus, d. i. eine Zone, wo am hiiufigsten Polarlichter auftreten. Das Energiespektrum fth die polarlichterzeugenden Elektronen beginnt bei einigen keV und reicht bis ca. 200 keV. Die gri%te Flugdichte tritt bei etwa 10 keV auf. Fllr Protonen ist die Energie Ep > 10 keV. Der Beschleunigungs- mechanismus fti die polarlichterzeugenden Tellchen ist noch nicht einwandfrei gekl%rt. Die Beschleunigung erfolgt wahrscheinlich im ,,Tail“ der Magnetosphtie im Aquatorbereich. Mit dem Einfall dieser Partikel in die oben erwahnte Zone wird dort die Leitfahigkeit der Ionosphiire enorm erhiiht und es tritt daher in etwa 110 km Hijhe der polme Elektrojet auf, em auf der Nachtseite der Erde eng gebtindelter westwiirts gerichteter Strom.

Die Population der niederenergetischen Teilchen in der Magneto- sphiire ftit weiters noch zu grofiriiumigen hydromagnetischen Konvektionsstromen [Y = ( E x 8) /B’], die in 2 Teile getrennt werden kiinnen und der bisher besprochenen Partikeldrlft iiberlagert sind. Bis etwa zur Plasmapause fuhrt das niederenergetische Plasma eine Korotation mit der Erde aus. Die Konvektion des niederener- getischen Plasmas zwischen Plasmapause und Magnetopause wird durch die Wechselwirktmg dieses Plasmas mit dem Sonnenwind an der Magnetospharengrenze (Fig. 16) bestimmt. In Fig. 16 sind die Verhaltnisse bei einem magnetischen Strum dargestellt. Das Mag- netfeld steht senkrecht zur Bildebene und das durch die Konvektion induzierte elektrische Feld E senkrecht auf IB turd auf die St& mungslinien. Das Magnetfeld ist dabei im Plasma ,,eingefroren“.

SOLAR WIND

Konvektion von niederenerge-

Fig. 16

tischen Plasma in der Aqua- torebene zufolge der Erdrota- tion und der Wechselwirkung mit dem Sonnenwind an der Magnetopause unter der An- nahme einer vollkommenen ge- schlossenen Magnetosph%re

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Nun bleibt noch die Frage nach den Quellen und Senken (a) fur die hochenergetischen Teilchen und (b) ftlr die niederenergetischen Teilchen zu klden. Die bekannte AZbedoneutronentheorie als Quelle fti die Van Allen Strahlungsgtirtel reicht zur Erkliung der Population in diesen Gtirteln nicht aus. Unter Albedoneutronen- theorie versteht man, d& die Primarkomponente der kosmischen Strahlung (hauptsachlich Protonen) in ca. 50 km Hohe mit der neutralen AtmosphLe in Wechselwirkung tritt und dabei Neu- tronen in den Weltraum zuriickstreut. Diese Albedoneutronen zerfallen nach lo3 set in Protonen, Elektronen und Antineutri- nos. Die Protonen und Elektronen werden dann vom Erdmagnet- feld eingefangen.

Als zudtzliche Quelle fti die energetischen Teilchen kommt noch eine radiale Diffusion von geladenen Teilchen in Frage. Dabei ge- winnen diese an Energie und gelangen in die Van Allen Zone. Weiters konnen noch lokale Beschleunigungen durch Turbulenz und Plasmainstabilitaten auftreten (z. B. in der Nahe der Plasma- pause). Energiereiche Teilchen konnen such in der IonosphPe als Folge von lokalen Beschleunigungen durch Turbulenz vor- kommen (Fig. 17). Als Quelle fti die niederenergetischen Teil- then dient das interplanetarische Plasma. Es kann an den neu- tralen Punkten in die Magnetosphare eindringen. Ferner dringt noch Plasma iiber die neutrale Zone im ,,Tail“ der Magnetosphare in das Erdmagnetfeld ein (Fig. 17).

Als Senken kommen hauptslchlich Diffusionsprozesse in Frage und zwar kann dieser Vorgang annahernd durch den PLANK- FOKKER’schen Diffusionsprozefi (z. B. Energieverlust durch Streuung von Elektronen an atmospharischen Komponenten d. s. neutrale Atome und Ionen) beschrieben werden.

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Fig. 17

Quellen fiir das magnetospharische Plasma. Das niederenergeti- sche Plasma kann ilber die neutrale Zone im ,,Tail“ der Magne- tosphLe (1) und an den neutralen Punkten (2) an der Magne- topause in die Magnetosphare eindringen. Die energiereichen Teilchen konnen ihre Energie durch radiate Diffusion (3) ge- winnen und gelangen dadurch in die Van Allen Zone. Auger- dem kann in der Nahe der Plasmapause (4) noch eine Beschleu- nigung durch Turbulenz auftreten. Energiereiche Teilchen ken- nen such in der IonosphLe (5) infolge von Turbulenz vor- kommen.

Die zusammenfassende Darstellung der magnetischen Feldst&rke- messungen und der Messungen des Partikelflusses durch kiinstliche Satelliten und die damn anschliaende Interpretation der Satelli- tenbeobachtungen ergeben ein viillig neues physikalisches Bild llber die Vorgiinge im erdnahen Weltraum. Eine Reihe von alteren Anschauungen muDten revidiert bzw. kormten nicht mehr gehalten werden. Die Theorie der Entstehung von Polarlichtern nach STORMER muDte den neuen Anschauungen weichen. Die Theorie der magnetischen Stilrme wurde ebenfalls weitgehend modifiiiert. Beobachtungen von der Erde aus (z. B. erdmagnetische Registrio rungen) wurden verstandlicher.

Literatur

ill

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Quellennachweis zu den Figuren

Fig. 2, 3,4,5,8, 10, 13 : The Radiation Belts and Magnetosphere, W. N. HESS, Blaisdell Publ. Comp. 1968.

Fig. 6, 7 : Radiation Trapped in the Earth’s Magnetospheric Field, B. M. McCORMAC, Reidel Publ. Comp. 1966.

Fig. 12: Journalof Geophysical Research, Vol74, 1969.

Fig. 9,11,14,15,16,17: Review of Geophysics, Vol7,1969.