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Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlich- keiten und Prognosen Matthias Ludwig, Goethe-Universität Frankfurt Die Mathematik hinter der Prognose kann man in drei Modelle unterteilen: a) Modell zur Berechnung der Siegwahrscheinlichkeiten bei einem einzelnen Spiel. b) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, das Achtelfinale zu erreichen. c) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, um in der K.O.- Runde weiter zu kommen. Als mathematisches Rüstzeug wird Bruchrechnung und Prozentrechnung, das Bernoulliexpe- riment mit der Berechnung der Binomialverteilung, das Baumdiagramm mit seinen Pfadre- geln, sowie das erstellen von Statistiken benötigt. All dies wird bis zum Ende der Sekundar- stufe in der Schule behandelt. Wir bieten hier Unterrichtsmaterial für eine Modellierung im Mathematikunterricht zum Ende der Sekundarstufe an. a) Modell zur Berechnung der Siegwahrscheinlichkeiten bei einem einzelnen Spiel. Wie kann man die Siegchancen bei einem einzelnen Fußballspiel mit einfachen Mitteln be- stimmen? Wir bestimmen derzeit die Siegwahrscheinlichkeit der Mannschaft A gegen Mann- schaft B aus drei Faktoren: Historische Spielergebnisse (Hat Mannschaft A in der Vergangenheit gegen B gewonnen, verloren oder unentschieden gespielt?), historisches Torverhältnis (Wie viele Tore hat Team A gegen Team B geschossen bzw. sich eingefangen?) und die aktuellen FIFA-Punkte 1 von A und B. Jeder dieser drei Faktoren kann nach persönlichen Wünschen gewichtet werden. Die Grund- einstellung ist die Gleichgewichtung. Nun ist man in der Lage, durch eine entsprechende Modellierung für jede mögliche Mann- schaftspaarung mit den entsprechenden Daten die Siegwahrscheinlichkeiten zu berechnen. Falls Mannschaften noch nie gegeneinander gespielt haben (wie z.B. die Elfenbeinküste ge- gen Kolumbien oder Griechenland in Gruppe C), so werden nur die FIFA-Punkte herangezo- gen. 1 Die FIFA-Punkte einer Nationalmannschaft werden aus den Siegen gegen andere Nationalmannschaf- ten berechnet. Hierbei spielt es auch eine Rolle wie gut das andere Team ist und welchem Kontinental- verband diese angehört. Weitere Infos: de.wikipedia.org/wiki/FIFA-Weltrangliste

Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlich- keiten und …fussballmathe.de/wm2014/material/Hintergrund_fussballmathe.pdf · 1 Die FIFA-Punkte einer Nationalmannschaft werden aus den

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Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlich-

keiten und Prognosen

Matthias Ludwig, Goethe-Universität Frankfurt

Die Mathematik hinter der Prognose kann man in drei Modelle unterteilen:

a) Modell zur Berechnung der Siegwahrscheinlichkeiten bei einem einzelnen Spiel.

b) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, das Achtelfinale zu erreichen.

c) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, um in der K.O.- Runde weiter zu

kommen.

Als mathematisches Rüstzeug wird Bruchrechnung und Prozentrechnung, das Bernoulliexpe-

riment mit der Berechnung der Binomialverteilung, das Baumdiagramm mit seinen Pfadre-

geln, sowie das erstellen von Statistiken benötigt. All dies wird bis zum Ende der Sekundar-

stufe in der Schule behandelt. Wir bieten hier Unterrichtsmaterial für eine Modellierung im

Mathematikunterricht zum Ende der Sekundarstufe an.

a) Modell zur Berechnung der Siegwahrscheinlichkeiten bei

einem einzelnen Spiel.

Wie kann man die Siegchancen bei einem einzelnen Fußballspiel mit einfachen Mitteln be-

stimmen? Wir bestimmen derzeit die Siegwahrscheinlichkeit der Mannschaft A gegen Mann-

schaft B aus drei Faktoren:

Historische Spielergebnisse (Hat Mannschaft A in der Vergangenheit gegen B gewonnen,

verloren oder unentschieden gespielt?), historisches Torverhältnis (Wie viele Tore hat

Team A gegen Team B geschossen bzw. sich eingefangen?) und die aktuellen FIFA-Punkte 1

von A und B.

Jeder dieser drei Faktoren kann nach persönlichen Wünschen gewichtet werden. Die Grund-

einstellung ist die Gleichgewichtung.

Nun ist man in der Lage, durch eine entsprechende Modellierung für jede mögliche Mann-

schaftspaarung mit den entsprechenden Daten die Siegwahrscheinlichkeiten zu berechnen.

Falls Mannschaften noch nie gegeneinander gespielt haben (wie z.B. die Elfenbeinküste ge-

gen Kolumbien oder Griechenland in Gruppe C), so werden nur die FIFA-Punkte herangezo-

gen.

1 Die FIFA-Punkte einer Nationalmannschaft werden aus den Siegen gegen andere Nationalmannschaf-ten berechnet. Hierbei spielt es auch eine Rolle wie gut das andere Team ist und welchem Kontinental-verband diese angehört. Weitere Infos: de.wikipedia.org/wiki/FIFA-Weltrangliste

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Historische Spielergebnisse

Die bekannteste und beliebteste, wenn auch nicht gerade genauste Methode, ein Ergebnis

bei einem Fußballspiel vorherzusagen, ist, historische Spielergebnisse heranzuziehen. Wir alle

kennen das: wenn der Reporter sagt: Deutschland konnte seit 19 Jahren nicht mehr gegen

Italien gewinnen, dann denken wir alle: oh je, das wird wohl wieder nichts. Aber eine Hoff-

nung haben wir doch.

Bleiben wir beim Beispiel Deutschland- Italien: Es gab bisher 32 Begegnungen die von beiden

Verbänden gezählt werden, davon hat Deutschland 7 gewonnen, 15 verloren und 10 Mal

unentschieden gespielt. Es lässt daraus sehr einfach eine Siegwahrscheinlichkeit für Deutsch-

land berechnen P(DgI)=7/32= 21,9%. Dabei bedeutet P(DgI) die Wahrscheinlichkeit des Er-

eignisses: Deutschland gewinnt gegen Italien)

Ein Unentschieden wird es zu P(DuI)= 10/32 = 31,3% geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass

Deutschland verliert beträgt P(DvI)= 15/32=46,9%. Dass dieses Modell nicht besonders weit

trägt, merkt man, wenn man z.B. die historischen Ergebnisse zwischen Deutschland und USA

betrachtet. Hier gibt es sechs Siege für Deutschland, drei für USA und kein Unentschieden.

Die Wahrscheinlichkeit für ein Unentschieden bei diesem dieses Modell wäre also bei 0%,

was keine gute Prognose wäre.

Man muss also noch andere Daten heran ziehen. Eine weitere Datenquelle für Prognosen

wäre das Torverhältnis der beiden Mannschaften. Bei Deutschland gegen die USA ist das Ver-

hältnis derzeit 21:15 bei 9 Spielen. Mit 4 Toren pro Spiel liegt die Toranzahl pro Spiel deutlich

über dem Durchschnitt. Ein Unentschieden wäre in dieser Begegnung mit 19% zwar un-

wahrscheinlicher als im Durchschnitt aber doch möglich. Wie man die Wahrscheinlichkeit für

ein Unentschieden berechnen kann, beschreibt der nächste Abschnitt.

Historisches Torverhältnis

Entscheidend für diesen Ansatz ist, dass wir annehmen, dass der Endstand nach einem Fuß-

ballspiel das Ergebnis eines zufälligen Prozesses ist. Diese Annahme, so unsinnig sie zunächst

erscheinen mag, basiert auf den wöchentlichen Erfahrungen, die in den verschiedensten Li-

gen gesammelt werden. Bei mehr als der Hälfte aller Tore ist absoluter Zufall entscheidend.

Da geht ein Ball beim ersten Schuss an den Pfosten, beim nächsten Mal wird er abgefälscht

und fliegt deshalb in die Maschen, beim dritten Mal wird ein korrektes Tor wegen vermeintli-

chen Abseits nicht gegeben, beim vierten Fall führt eine Schwalbe im Strafraum zu einem

unberechtigten Elfmetertor. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen der Zufall über ein Tor

und somit über Sieg oder Niederlage entscheidet.

Allerdings ist das Glück oder das Pech nicht gleich verteilt. Oder sagen wir es so: manchmal

ist eben Pech auch Unvermögen. Wie kann man das mathematisch fassen?

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3 M. Ludwig: Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlichkeiten und Prognosen

Berechnung der Siegwahrscheinlichkeiten aus der durchschnittlichen Toranzahl

pro Spiel

Die Fakten

Betrachten wir zunächst den Fall, dass alle Mannschaften gleich gut sind. In einem durch-

schnittlichen Bundesligaspiel wird von jeder Mannschaft knapp 10 Mal aufs Tor bzw. in

Richtung Tor geschossen. Etwas mehr als 3 Treffer pro Spiel ist derzeit die Regel.

Legt man die exakten Daten aus der 1. Bundesliga zu Grunde, so hat man derzeit eine durch-

schnittliche Torquote von 16%, das bedeutet also, dass knapp jeder sechste Schuss im Tor

landet.

Unsere Modellbildung

Wir basteln uns aus diesen Daten ein Zufallsexperiment. Dafür nehmen wir einen fairen

Würfel und markieren eine Seitenfläche als Ergebnis „Tor“. Somit liegt die Wahrscheinlich-

keit für ein Tor bei

. Ein Würfelwurf soll bei unserem Experiment einen Torschuss ersetzen.

Fällt bei einem Wurf die Seite „Tor“, so hat man ein Tor erzielt. Man kann nun mit einem

Würfel und einem Gegner ein Bundesligaspiel ausspielen. Jeder darf 10 Mal werfen. Wer die

meisten Tore geworfen hat, hat gewonnen. Wir dürfen im Mittel etwas mehr als 3 Tore pro

Spiel erwarten. Der Erwartungswert E bei unserem einfachen Modell liegt bei 20/6 also

knapp über 3.

Wie groß ist in diesem Falle die Wahrscheinlichkeit, dass einer von beiden gewinnt? Oder

dass das Spiel Unentschieden ausgeht?

Um diese Fragen zu entscheiden, berechnen wir zunächst die Wahrscheinlichkeit dafür, dass

eine Mannschaft eine bestimmte Anzahl von Toren schießt.

Beginnen wir mit 0 Treffern. Jeder der 10 Schüsse einer Mannschaft geht mit einer Wahr-

scheinlichkeit von

nicht ins Tor. Wir erhalten daher für Mannschaft A

( ) (

) 0,1615. Für die andere Mannschaft B erhalten wir, da wir annehmen

dass sie gleich stark ist wie Mannschaft A, die gleiche Null-Tor-Wahrscheinlichkeit.

Bei einem Treffer muss man anders rechnen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer liegt

bei 1/6. Neun mal trifft das Team A mit einer Wahrscheinlichkeit von 5/6 nicht. Im Laufe des

Spiels hat die Mannschaft A genau 10 Möglichkeiten, dieses eine Tor zu schießen.

( ) (

) (

) 0,323.

Bei zwei Treffern muss man sich überlegen, wie viele Möglichkeiten es gibt, zwei Treffer auf

10 Schüsse zu verteilen. Das kann ja ganz am Anfang des Spiels passieren oder zwischen-

durch oder auch ein Treffer in der Mitte und der letzte am Ende. Für den ersten Treffer hat

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4 M. Ludwig: Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlichkeiten und Prognosen

man noch 10 Möglichkeiten, beim Zweiten sind es nur noch 9 Möglichkeiten. Also 90 Mög-

lichkeiten. Da ich die beiden Treffer noch untereinander vertauschen kann, muss man das

Ergebnis noch halbieren.

( )

(

) (

) 0,291

Setzen wir eine Trefferwahrscheinlichkeit p voraus, so erhalten wir für die Wahrscheinlich-

keit P, bei n Schüssen k Tore zu erzielen: ( ) ( ) ( ) .

Mit Hilfe dieser Formel lassen sich nun leicht alle Toranzahlwahrscheinlichkeiten P(n,k,p) für

eine Mannschaft berechnen.

Tabelle 1: Die Wahrscheinlichkeiten k Treffer zu erzielen, sowie ein k:k zu erzielen

n=10 Mannschaft A

pA =

, P(10,k,

)

Mannschaft B

pB =

, P(10,k,

)

Spielergebnis Wahrscheinlichkeit

P(9,k,

,)∙P(9,k,

,)

k=0 0,16150558 0,16150558 0:0 0,02608405

k=1 0,32301117 0,32301117 1:1 0,10433621

2 0,29071005 0,29071005 2:2 0,08451233

3 0,15504536 0,15504536 3:3 0,02403906

4 0,05426588 0,05426588 4:4 0,00294479

5 0,01302381 0,01302381 5:5 0,00016962

6 0,00217064 0,00217064 6:6 0,00000047

7 0,00024807 0,00024807 7:7 0

8 1,8605E-05 1,8605E-05 8:8 0

9 8,2691E-07 8,2691E-07 9:9 0

10 1,6538E-08 1,6538E-08 10:10 0

Summe 100% 100% 24,2%

Ein Spiel geht unentschieden aus, wenn man genauso viele Tore geschossen, bzw. in unserm

Fall gewürfelt, hat wie der Gegner. Berechnen wir die Chancen für ein 0:0. Das bedeutet, dass

keine der beiden Mannschaften ein Tor erzielt. Die Wahrscheinlichkeit für das Spielergebnis

0:0 ist dann PA(0) PB(0) also 2,6% (siehe Tab 1.). Nun müssen wir die Wahrscheinlichkeiten

für alle möglichen Unentschieden (1:1, 2:2, usw.) aufsummieren um die gesamte Wahr-

scheinlichkeit für ein Unentschieden zu erhalten. Wir erhalten für P(A spielt unentschieden

gegen B)= P(AuB)=24,2%.

Da beide Mannschaften gleich stark sind, erhalten wir für den Sieg einer der beiden Mann-

schaften P(A gewinnt gegen B)= P(AgB)= (100%-24,2%)/2=37,9%.

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Verschieden starke Mannschaften

Kommen wir nun zu dem interessanteren Fall, bei dem die beiden Mannschaften unter-

schiedlich stark sind.

Für unser einfaches Modell nehmen wir diesmal von jeder Mannschaft an, dass sie 9 Mal auf

das gegnerische Tor schießt. Allerdings sind die Erfolgsquoten unterschiedlich hoch.

Unsere beiden Mannschaften A und B haben bisher 10-mal gegeneinander gespielt. Mann-

schaft A hat dabei 20 Tore erzielt, Team B nur 10 Tore. Das bedeutet also, dass Team A

durchschnittlich 2 Mal pro Spiel gegen Mannschaft B trifft, Mannschaft B dagegen nur ein-

mal pro Spiel gegen Team A.

Übertragen auf unser Bernoulliexperiment bedeutet das: Die Trefferwahrscheinlichkeit für

Team A beträgt pA=2/9 und für Team B pB=1/9. Wir erhalten dann für die Torwahrschein-

lichkeiten pro Spiel folgende Tabelle 2.

Tabelle 2: Wahrscheinlichkeit bei verschiedenen Trefferhäufigkeiten, ein k:k zu erzielen

n=9 Mannschaft A

pA=

, P(9,k,

)

Mannschaft B

pB=

, P(9,k,

)

Spielergebnis Wahrscheinlichkeit

P(9,k,

)∙P(9,k,

)

k=0 0,10415971 0,34643942 0:0 3,61%

k=1 0,26783926 0,38974434 1:1 10,44%

2 0,30610201 0,19487217 2:2 5,97%

3 0,20406801 0,05683772 3:3 1,16%

4 0,08745772 0,01065707 4:4 0,09%

5 0,02498792 0,00133213 5:5 0,00%

6 0,0047596 0,00011101 6:6 0,00%

7 0,00058281 5,947E-06 7:7 0,00%

8 4,1629E-05 1,8584E-07 8:8 0,00%

9 1,3216E-06 2,5812E-09 9:9 0,00%

Summe 100% 100% 21,27%

Wir stellen fest, dass auch bei sehr unterschiedlich starken Mannschaften ein Unentschieden

bei gut jedem fünften Spiel vorliegt. Zum Vergleich: Auch in der Bundesliga liegt die Häufig-

keit eines Unentschieden bei guten 20%. Wir haben aber noch keine Information darüber,

wie hoch die Siegwahrscheinlichkeit von Mannschaft A oder B ist. Dass auch B gewinnen

kann, ist klar. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass B mindestens ein Tor schießt, liegt bei 1-

0,347= 65,3%, die Wahrscheinlichkeit, dass dabei gleichzeitig Team A kein Tor schießt, liegt

bei 10,4%. Also gilt P(BgA)= PB(X>0)PA(X=0) =6,8%.

In einer Tabelle (siehe Tab. 3) können nun die Wahrscheinlichkeiten für alle im Modell mög-

lichen Spielergebnisse notiert werden.

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6 M. Ludwig: Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlichkeiten und Prognosen

Tabelle 3: Matrix der Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ergebnisse

Team A 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Team B

0,1042 0,2678 0,3061 0,2041 0,0875 0,0250 0,0048 0,0006 0,0000 0,0000

0 0,3464 3,61% 9,28% 10,60% 7,07% 3,03% 0,87% 0,16% 0,02% 0,00% 0,00%

1 0,3897 4,06% 10,44% 11,93% 7,95% 3,41% 0,97% 0,19% 0,02% 0,00% 0,00%

2 0,1949 2,03% 5,22% 5,97% 3,98% 1,70% 0,49% 0,09% 0,01% 0,00% 0,00%

3 0,0568 0,59% 1,52% 1,74% 1,16% 0,50% 0,14% 0,03% 0,00% 0,00% 0,00%

4 0,0107 0,11% 0,29% 0,33% 0,22% 0,09% 0,03% 0,01% 0,00% 0,00% 0,00%

5 0,0013 0,01% 0,04% 0,04% 0,03% 0,01% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00%

6 0,0001 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00%

7 0,0000 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00%

8 0,0000 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00%

9 0,0000 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00%

Die gelben Felder von Tabelle 3 zeigen die Wahrscheinlichkeiten der Spielergebnisse an, bei

denen das Team A gewinnt. Zum Beispiel gewinnt Team A 2:1 mit einer Wahrscheinlichkeit

von 11,93%. Summiert man die Prozentzahlen der gelben Felder auf, so erhält man die Ge-

winnwahrscheinlichkeit für A. Die Summe der Prozentzahlen in den grünen Feldern ergibt

die Gewinnwahrscheinlichkeit für Team B. Die Summe der Zahlen der roten Felder ergibt die

Wahrscheinlichkeit für ein Unentschieden.

In unserem Fall gewinnt Mannschaft A gegen Mannschaft B mit 62,5% P(AgB)=62,5%, für

ein Unentschieden erhalten wir P(AuB)=21,3% und dafür, dass A gegen B verliert, erhalten

wir P(AvB)=16,2%.

In der Datenbank von fussballmathe.de sind alle Torverhältnisse für alle Spielpaarungen hin-

terlegt und somit können Siegwahrscheinlichkeiten aus den Torverhältnissen berechnet und

verwendet werden.

Einbeziehung der FIFA-Punkte

Die FIFA führt eine Rangliste aller in der FIFA aufgenommenen Nationalverbände. Derzeit

(01.05.2014) führt Spanien die Rangliste mit 1460 Punkten vor Deutschland mit 1314 Punk-

ten an.

Die Berechnung der Punkte basiert im Grunde auf der Anzahl der gewonnen Spiele. Die Spie-

le werden je nach Kontinentalverband entsprechend gewichtet. Ebenso zählen Spiele der

jüngsten Vergangenheit mehr als Spiele die länger zurück liegen. Spiele die länger als 5 Jahre

zurück liegen, werden gar nicht mehr verwendet. Für weitere Informationen siehe

www.fifa.com oder de.wikipedia.org/wiki/FIFA-Weltrangliste.

Die FIFA-Punkte sollen somit die Spielstärke eines Nationalteams abbilden. Unsere Aufgabe

ist es nun, die Fifa-Punkte in Torwahrscheinlichkeiten umzurechnen.

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7 M. Ludwig: Die Mathematik hinter Siegwahrscheinlichkeiten und Prognosen

Klar ist, dass die Torwahrscheinlichkeit vom Gegner abhängt. Wir nehmen an, dass die An-

zahl der geschossenen Tore wieder konstant 3 ist. also tA + tB=3 wobei tA die Anzahl der ge-

schossenen Tore von Team A ist. Mit FPA und FPB bezeichnen wir die FIFA-Punktzahl der

Teams A und B.

Außerdem soll gelten, dass der Erwartungswert des Torverhältnisses tA/tB gleich dem Verhält-

nis der FIFA-Punkte der beiden Mannschaften ist. Dies ist eine vernünftige Annahme wenn

man der FIFA-Rangliste glauben schenkt und andere Daten nicht hat. Außerdem wollen wir

es so einfach wie möglich machen.

Aus

I tA + tB= 3 und

II

Folgt nach ein bisschen Algebra:

und

.

Mit diesen Toranzahlen pro Spiel kann man dann wieder die Torwahrscheinlichkeiten pA und

pB der Teams A und B bestimmen und mit der oben erwähnten Modellbildung die Siegwahr-

scheinlichkeiten berechnen.

Eine Beispielrechnung zeigt für Deutschland gegen Ghana:

FPD=1314; FPG= 733 daraus ergibt sich für tDeutschland= 1,92 und für tGhana= 1,08.

Daraus lassen sich dann mit dem obigen Modell die Siegwahrscheinlichkeiten auf Grundlage

der FIFA-Punkte bestimmen. Man erhält dabei: P(DgG)= 58,5%, P(DuG)=22,5% und

P(DvG)= 19%.

Kombination der drei Faktoren Historische Ergebnisse, Torverhältnis und FIFA-Punkte.

In unserem Modell kann nun der Nutzer selbst einstellen, wie stark die einzelnen Faktoren

gewichtet werden sollen. In unserm Beispiel Deutschland gegen Ghana gab es bisher 2 Spie-

le, von denen Deutschland beide gewonnen hat. Das Torverhältnis liegt bei 7:1 für Deutsch-

land. Die FIFA-Punkte lagen bei Redaktionsschluss bei FPD=1314 und FPG= 733.

Tabelle 4: Notwendige Wahrscheinlichkeiten zur Berechnung der Siegwahrscheinlichkeit

Faktor Historisch Faktor Torverhältnis Faktor FIFA-Punkte Gesamt

P(DgG)

0,25

100%

0,25

94,3%

0,5

58,5% 78%

P(PuG) 0 4,4% 22,5% 12%

P(DvG) 0 1,2% 19% 10%

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Nach unserem Modell und mit den oben angegeben Faktoren wird Deutschland zu 78% ge-

winnen, zu 12% unentschieden spielen und zu 10% verlieren.

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b) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, das Achtel-

finale zu erreichen

Wer erreicht das Achtelfinale?

Mit Hilfe von Siegwahrscheinlichkeiten einer Mannschaft (konkrete Berechnung siehe Teil

a), werden die Chancen einer Mannschaft berechnet, Gruppensieger bzw. Gruppenzweiter zu

werden. In der Gruppenphase spielt jedes Team einer Gruppe gegen jeden. Jede Mannschaft

macht drei Spiele. Die maximal zu erreichende Punktzahl liegt mit drei Siegen bei 9 Punkten.

Man kann mathematisch sicher nur sagen, dass man bei 9 und 7 Punkten im Achtelfinale ist

und dass man mit weniger als 3 Punkten ausgeschieden ist. bei allen anderen Punktzahlen ist

theoretisch beides möglich.

An zwei Beispielen aus der WM-Geschichte soll dies deutlich werden. Gehen wir zur WM

nach Frankreich 1998. In Gruppe B hatte Italien als Gruppenerster 7 Punkte und Chile holte

als Gruppenzweiter 3 Punkte aus drei Unentschieden. Österreich und Kamerun sind mit je-

weils 2 Punkten ausgeschieden. Als Beispiel vom anderen Ende sei die Weltmeisterschaft von

1994 angeführt, wo in zwei Gruppen (D und F) jeweils drei Mannschaften 6 Punkte hatten.

Argentinien (Gruppe D) und Belgien (Gruppe F) waren jeweils mit 6 Punkten Gruppendritter

und nach heutigem Spielmodus ausgeschieden.

Aus der untenstehenden Tabelle kann man ablesen, mit welcher Wahrscheinlichkeit man in

der Vergangenheit mit welcher Punktzahl Gruppenerster oder Gruppenzweiter wurde oder

ausgeschieden ist. Es wurden nur Ergebnisse seit 1994 berücksichtigt. da es seit der Welt-

meisterschaft in den USA es drei Punkte für einen Sieg bei einer WM-Endrunde gibt. Es sei

noch erwähnt, dass es bei dieser WM auch nur 24 Teilnehmer gab und somit die vier besten

Gruppendritten weiter kamen. Dies ist in dieser Tabelle nicht berücksichtigt, da wir die Er-

gebnisse auf den heutigen Wettkampfmodus anwenden wollen.

Tabelle 5: Relative Häufigkeiten mit den Punkten x das Achtelfinale zu erreichen

Punkte x 9 7 6 5 4 3 2 1 0

Gruppenerster 100% 92% 38% 23% 2% 0% 0% 0% 0%

Gruppenzweiter 0% 8% 55% 73% 49% 3% 0% 0% 0%

Ausgeschieden 0% 0% 7% 5% 49% 97% 100% 100% 100%

Im zweiten Schritt muss man nun die Wahrscheinlichkeiten berechnen, mit der eine Mann-

schaft 9, 7, 6,… oder 0 Punkte in der Gruppenphase erreicht. Für diese Berechnung hilft auch

wieder ein dreistufiges Zufallsexperiment, da jede Mannschaft genau drei Spiele in der Grup-

penphase abzuliefern hat. In jeder Stufe kann die Mannschaft gewinnen, verlieren, oder un-

entschieden spielen. An den Blättern des Baumes in der folgenden Abbildung kann man die

Berechnung der entsprechenden Wahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Punktzahlen

ablesen.

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Abbildung 1: Baumdiagramm zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit x Punkte in der

Gruppenphase zu erreichen.

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c) Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeiten, in der K.O.-

Runde weiter zu kommen

Beispielrechnung für die Wahrscheinlichkeit eines Teams, das Viertelfinale

zu erreichen

Schulmathematik der Sekundarstufe reicht aus um dieses Problem zu modellieren, da man

aber sehr viele Fälle betrachten muss, ist es relativ aufwändig. Der Trick der das Ganze über-

sichtlicher macht ist die Verwendung eines Baumdiagramms. Als Beispiel wollen wir hier

einmal den Berechnungsterm für die Wahrscheinlichkeit ( ) herleiten mit der die

Mannschaft A1 als Gruppenerster im Achtelfinale gewinnt und ins Viertelfinale einzieht.

Dazu definieren wir

( ) := Wahrscheinlichkeit mit der das Team x aus Gruppe A Gruppenerster wird.

( ) := Wahrscheinlichkeit mit der das Team x aus Gruppe B Gruppenzweiter wird.

( ) :=Wahrscheinlichkeit dass Team T1 gegen Team T2 gewinnt.

Team x aus Gruppe A muss, wenn es Gruppenerster wird, gegen den Gruppenzweiten aus

Gruppe B spielen. Da wir nicht wissen, wer das ist, bestimmen wir für jedes Team aus Gruppe

B die Wahrscheinlichkeit ( ) Gruppenzweiter zu werden. Zum Schluss muss man noch

die Siegwahrscheinlichkeit eines Teams aus Gruppe A gegen Gruppe B betrachten also:

( ). Mathematisch betrachtet handelt es sich hierbei um ein dreistufiges Zufallsexpe-

riment, bei dem auf der ersten Stufe entschieden wird, ob man Gruppenerster oder Gruppen-

zweiter wird oder ausscheidet. Auf der zweiten Stufe entscheidet sich, welchen Gegner

(Gruppenzweiter) man erhält. Auf der dritten Stufe finden sich die Wahrscheinlichkeiten, mit

denen man das Spiel gewinnt oder verliert. Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass das Spiel un-

entschieden ausgeht, zu gleichen Teilen auf die Siegwahrscheinlichkeiten der beiden Mann-

schaften aufgeteilt wird.

Mit Hilfe der Pfadregeln und des Baumdiagramms (siehe Abb. 2) lassen sich nun die einzel-

nen Wahrscheinlichkeiten berechnen und aufsummieren. Es gilt dann für die Wahrschein-

lichkeit, als Gruppenerster ins Viertelfinale einzuziehen:

( ) ( ) ∑ ( ) ( )

Die gesamte Wahrscheinlichkeit, mit der eine Mannschaft in das Viertelfinale einzieht, ist

dann die Summe aus ( ) und ( ), also

( ) ( ) ∑ ( ) ( ) ( ) ∑ ( ) ( )

Für die weiteren Berechnungen (Einzug ins Halbfinale, Finale, Weltmeister) muss man aber

immer unterscheiden, ob man als Gruppenerster weiter kommt oder als Gruppenzweiter.

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Abbildung 2: Baumdiagramm zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit ins Achtelfinale ein-

zuziehen.

Wollen wir nun die Wahrscheinlichkeit bestimmen, ins Halbfinale vorzudringen, so wird man

auch hier die Situation durch ein dreistufiges Zufallsexperiment modellieren. Stufe 1 ist ähn-

lich zum Achtelfinale. Auch Stufe 2 ist inhaltlich gleich, es geht darum, alle möglichen Geg-

ner aufzulisten, gegen die man antreten könnte. Dies können aber diesmal schon acht ver-

schiedene sein, nämlich alle möglichen Gruppenersten aus C und alle möglichen Gruppen-

zweiten aus Gruppe D. In der dritten Stufe wird wieder die Siegwahrscheinlichkeit von Team

A1 gegen die anderen Teams einfließen.

Nach dem gleichen Muster (dreistufiges Zufallsexperiment) wird die Wahrscheinlichkeit eines

Nationalteams bestimmt, ins Finale einzuziehen oder Weltmeister zu werden.