Die Nabelwelt

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Atlan - Die Abenteuer der SOLNr. 635Anti-ES - Das Arsenal

Die Nabelweltvon Hubert Haensel

In der Gewalt von Anti-ES

Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfllen, scheint auerhalb der Mglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfllung seines Auftrages entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst.Doch Atlan gibt nicht auf! Im Bewutsein, sich die verlorenen Koordinaten wieder besorgen zu mssen, folgt der Arkonide einer Spur, die in die Galaxis Xiinx-Markant fhrt, wo die SOL in erbitterte Kmpfe verwickelt wird. Schlielich, gegen Ende des Jahres 3607 Terrazeit, mu die SOL den Sturz ins Nichts wagen, und sie gelangt dabei nach Bars-2-Bars, die aus zwei ineinander verschmolzenen Galaxien bestehende Sterneninsel.Die Verhltnisse dort sind mehr als verwirrend, wie die Solaner bald erkennen mssen. Da sind die Vlker der knstlich geschaffenen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekmpfen. Da sind die Manifestationen der Zentralintelligenzen der Galaxien, verkrpert in Atlans Freundin Tyari und Mjailam, dem Hnen und da ist das verderbliche Wirken von Anti-ES, dem Erzfeind der Solaner.Die in der Namenlosen Zone gefangene negative Superintelligenz arbeitet ber DIE NABELWELT

Die Hauptpersonen des Romans:

Atlan - Der Arkonide hrt einen wichtigen Bericht.Porter - Ein Sendbote Wbbekings.Pork und Tega - Zwei Multis.Sanny und Kik - Atlans alte Freunde in der Gewalt von Anti-ES.Mjailam - Der von Prezzar Geschaffene greift ein.

1.

Innerhalb weniger Minuten verschwand die Morgensonne hinter den dichten Staubwolken, die der jh losbrechende Sturm vor sich herpeitschte. Die Auenmikrophone bertrugen ein rasch anschwellendes Knistern, hin und wieder von fernem, dumpfem Grollen berlagert. Aber whrend die sich zusammenballenden Gewitterwolken die unteren Sektionen des gelandeten Fernraumschiffs verdunkelten, whrend Blitze die mchtigen Landesttzen umflossen, lag der weitaus grte Teil der Auenhlle nach wie vor im gleienden Licht der Sonne Barsanter.Seit einigen Tagen herrschte Ruhe es mochte die sprichwrtlich trgerische Ruhe vor dem Sturm sein, doch sie ermglichte es den Solanern, abschlieende Arbeiten durchzufhren und sich im brigen mit den jngst gewonnenen Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Lngst nicht jeder sah die Zukunft rosig; die Gewitterwolken, die jetzt die SOL umspielten, schienen zugleich symbolhaften Charakter zu besitzen. Denn whrend man mehr oder weniger zum Abwarten verurteilt war, mochten sich an anderer Stelle von Bars-2-Bars, sehr wahrscheinlich aber in der Namenlosen Zone, Gefahren zusammenbrauen, die eindeutig gegen Atlan und seine Helfer gerichtet sein wrden. Die SOL war der drohenden Vernichtung nur dank dem schnellen und konsequenten Handeln von Breckcrown Hayes entgangen. Ohne den Einsatz smtlicher Waffensysteme wre sie vermutlich beim Aufprall des Mondes Lootyndol atomisiert worden selbst die aktivierten Paratronschirme htten dieser Katastrophe nicht standgehalten.Und was kam nun?Lootyndol hatte in seinem Innern eine technische Anlage beherbergt, die zweifellos Teil des vielfltigen Nabels gewesen war, der Bars-2-Bars, die knstlich herbeigefhrte Konstellation zweier einander hnlicher Spiralgalaxien, mit der Namenlosen Zone verband, wo Anti-ES bislang nicht einmal eine von zehn Relativ-Einheiten seiner Verbannung hinter sich gebracht hatte. Vermutlich wrde es auch nie ber diese erste Einheit hinausgelangen, denn sein ganzes Handeln widersprach dem Luterungsproze, den die Kosmokraten von ihm erwarteten. Anti-ES wollte die Freiheit und wrde alles daransetzen, um diese Freiheit zu erlangen. Auf seine Weise.Unser Gegner hat nichts zu verlieren.Atlan schreckte aus seinen berlegungen auf und wandte sich von dem kleinen Monitor der Auenbeobachtung um. Sein Blick huschte ber die sprliche, berwiegend technische Einrichtung der Kabine, die dennoch unverkennbar die Handschrift ihres Bewohners trug, und blieb schlielich an der Frau hngen, die ihm so hnlich sah. Tyari war 1,76 Meter gro und wirkte trotz ihrer betont weiblichen Formen krftig. Das schlohweie, lockige Haar trug sie zurckgekmmt, es fiel ihr bis fast zur Hfte. Mhelos hielt sie Atlans forschendem Blick stand. Sie sprte die Gefhle, die er ihr gegenber empfand und manchmal unter einer Mauer aus Unsicherheit zu verbergen suchte. Atlan war irritiert. Alles, was er tat und sagte, schien irgendwie ein unbewutes, gefhlsmiges Abtasten.Als wrde er noch mehr fr mich empfinden, als er jemals zugegeben hat, scho es Tyari durch den Sinn. Das spttische Aufblitzen in ihren roten Albinoaugen veranlate den Arkoniden, sich abrupt wieder dem Monitor zuzuwenden.Zwischen ihnen bestand viel mehr als Loyalitt. Sie arbeiteten eng zusammen, und sie lebten in einer Kabine.Fr Anti-ES sind wir ein Faktor, den es nur schwer berechnen kann, fuhr Tyari fort. Wir gefhrden die bergangsstellen, auf die es angewiesen ist.Atlan schttelte den Kopf, zgerte, zuckte dann mit den Schultern.Wenn es sich vermeiden lt, werde ich die SOL knftig von kmpferischen Auseinandersetzungen fernhalten. Lootyndol hat mir wieder einmal vor Augen gefhrt, wie gro das Risiko ist.Bleibt dir berhaupt eine Wahl?Anterf scheint ein sicherer Ort zu sein, sonst htte Anti-ES lngst erneut zugeschlagen. Warten wir ab, was geschieht.Ich habe dich bisher nicht als einen Mann kennengelernt, der das Unangenehme vor sich herschiebt.Ein unwilliger Zug lag um die Mundwinkel des Arkoniden.Die Situation ist festgefahren, was die eigentliche Problematik von Bars-2-Bars betrifft. Abgesehen von unseren Bemhungen, dauerhaften Frieden zu stiften, werden die Vlker von Bars und Farynt es selbst gemeinsam kaum schaffen, ihre Galaxien voneinander zu lsen. Dazu fehlen noch die Ansatzpunkte.Ist es nichts, da wir inzwischen von der Existenz der Nabel wissen? Und irgendwann, Atlan, ob du willst oder nicht, wirst du in Zugzwang geraten. Dann nmlich, wenn Anti-ES auf den einzig logischen Gedanken verfllt, die SOL in die Namenlose Zone zu entfhren, um so jede weitere Gefhrdung seiner technischen Einrichtungen zu vermeiden.Der Arkonide nickte schwer.Ich werde mit Breck darber reden.Durch einen Blickkontakt zur Sensorschaltung desaktivierte er den Monitor der Auenbeobachtung. Das Gewitter, das ber dem Landefeld und der nahe gelegenen Stadt Karn-Ant niederging, war heftiger geworden. In ununterbrochener Folge zuckten grelle Blitze aus der schwarzen Wolkenfront hervor, whrend groe Hagelkrner die Ebene mit einer weien Decke berzogen.Interessiert betrachtete Tyari eine Reihe farbenprchtiger Aufnahmen, jede kaum zehn mal zehn Zentimeter messend. Durch die dnnen Plastikblcke, in die sie eingeschmolzen waren, wirkten sie um ein Vielfaches grer.Deine Heimat?Atlan zgerte mit der Antwort. Die. Bilder zeigten einen blau leuchtenden Planeten, eingebettet in die samtene Schwrze der Unendlichkeit. Und diese Welt besa einen kleinen, zerklfteten Begleiter.Fast wie Seleterf, bemerkte Tyari. Ein schner Planet, eines der Juwelen der Schpfung. Und dieser braun-grne Kontinent gleicht Palland Das ist Afrika, sagte Atlan. Was du als Juwel bezeichnest, war nicht immer so. Das Leben, das diese Welt hervorgebracht hat, fhrte sie an den Rand der Vernichtung Die Solaner stammen von dort? vermutete Tyari spontan. Ich sehe es dir an.Zumindest die Vorfahren vieler von ihnen, nickte der Arkonide. Die Erde ist meine zweite Heimat; SENECA hat diese Bilder fr mich angefertigt.Du wrdest um sie kmpfen?Ja, sagte Atlan, obwohl er genau wute, worauf Tyari abzielte.Dann wirst du verstehen, da ich alles tun mu, um Bars zu erhalten. Die Frau lchelte. Ihr Blick, ihre ganze Haltung war herausfordernd.Atlan sah sie an, sein Gesicht nahm einen erstaunten, beinahe abweisenden Ausdruck an.Geh da weg, schnell!Sie zgerte, weil sie nicht verstand.Auf einer Konsole neben ihr stand ein kleines Kstchen. In dem Augenblick in dem es seine Form vernderte, begriff Tyari, da es keineswegs zum Mobiliar gehrte.Zur Kugel geworden, rollte dieses Ding provozierend langsam ber die Konsole und fiel dann zu Boden, wo es sich hpfend fortbewegte. Unglubig blickte Tyari ihm hinterher, whrend sie zugleich ihren Kombistrahler zog und entsicherte.Atlan fiel ihr in den Arm. Immerhin, das sah er erst jetzt, hatte sie die Waffe nur auf Paralysestrahlen geschaltet.Du weit, was das ist?Nein.Die Kugel wurde zur Walze, deren Oberflche in stndiger, flieender Bewegung begriffen schien. Immer neue Muster und Formen bildeten sich, als sie in der Mitte des Raumes verharrte.Das Ding knnte von Anti-ES geschickt worden sein, vermutete Tyari. Wie sonst sollte es smtliche Sicherheitssperren um die SOL berwunden haben.Aus der Walze entstand wieder das Kstchen, wie es sich auf der Konsole befunden hatte. Es wirkte ungefhrlich. Trotzdem blieb die Frage, wie es nach SOL-City gelangt und vor allem, seit wann es an Bord war.Es mu nicht unbedingt ein Gegner sein, wisperte der Extrasinn.Das Ding sah technisch aus. Vielleicht bestand es aus beliebig vernderbarer Formenergie.Kurz entschlossen bckte Atlan sich, doch ehe seine Finger das Kstchen berhrten, bildete es eine Vielzahl winziger Auswchse, auf denen es blitzschnell unter den nchststehenden Sessel flchtete.Tyari rief berrascht aus:Das knnte sogar ein Lebewesen sein. Kein Roboter bese den Instinkt, sich unter dem Sessel zu verbergen.Atlan nickte knapp. Einem Schrankfach entnahm er ein doppelt faustgroes Steuergert, mit dem sich ein kleiner Prallschirm erzeugen und steuern lie. Ein Grinsen huschte ber sein Gesicht, als er das Ding, das nun die Form einer plumpen Spindel besa, aus dessen Versteck hervortrieb.Seltsame Gerusche, die sich wie verhaltenes menschliches Lachen anhrten, erfllten pltzlich den Raum. Im nchsten Moment war die Spindel verschwunden, als htte sie nie existiert.

*

Es denkt, erklrte Tyari spontan.Kannst du seine Anwesenheit noch wahrnehmen?Es ist irgendwo in der Nhe, ohne da ich allerdings seine Absichten zu erkennen vermag. Zu viel Verschiedenes geht von diesem Geschpf aus.Atlan wandte sich zum Interkom um. Das ist eine Aufgabe fr Bldel. Wenn jemand herausfinden kann, was Offensichtlich erstaunt unterbrach er sich und fhrte rasch hintereinander eine Reihe von Schaltungen durch.Der Interkom ist tot.Aus der Verkleidung des Gerts schob sich ein helles Flimmern hervor, das rasch materielle Konturen annahm. Innerhalb weniger Sekunden schwebte ein etwa vierzig mal vierzig Zentimeter messender Wrfel in Augenhhe. Seine Oberflche war wie ein Spiegel. Atlan sprte ein leichtes, sich ausweitendes Ziehen in den Schlfen.Da ist es wieder, stellte Tyari vllig berflssig fest. Auch sie schien verunsichert. Es denkt, aber noch kann ich seine Gedankenstrme nicht richtig erfassen. Warte! rief sie schnell, als Atlan nach dem Wrfel greifen wollte, der erneut seine Form zu verndern begann. Es ich habe keinen anderen Ausdruck dafr es versucht, deine Sprache zu erlernen.Porter ist harmlos, behauptete der Extrasinn.Porter? gab Atlan zurck.So nennt er sich. Ein Freund, sagt er, hat ihn geschickt.Der Arkonide seufzte.Was weit du auerdem?Nichts.Allmhlich verschwand das Ziehen unter der Schdeldecke wieder. Atlan glaubte, einen Hauch von Einsamkeit und Sehnsucht wahrzunehmen, war sich dessen aber keineswegs sicher. Porter hatte abermals Kugelform angenommen; die stilisierten Umrisse eines menschlichen Gesichts zeigten sich auf seiner Oberflche. Schlielich begann er zu reden, abgehackt zwar und zunchst schwer verstndlich, doch mit jedem Wort deutlicher werdend, ganz so, als msse er sich an die Lautfolge des Interkosmo erst gewhnen.Ich habe lange nach dir gesucht, Atlan, und auch nach dir, Tyari, die du der Galaxis Bars entstammst. Euer Mitrauen mir gegenber ist ungerechtfertigt.Wer bist du?Dein zweites Ich nannte meinen Namen, den unser gemeinsamer Freund mir gab.Wer schickt dich?Wbbeking-Nar'Bon.berrascht zog Atlan die Brauen hoch. Ein nachdenklicher Zug umspielte seine Mundwinkel. Fragend blickte er Tyari an, aber die Frau zuckte nur mit den Schultern. Entweder konnte sie Porters Gedanken nach wie vor nicht klar erfassen, oder es gab etwas, was sie nicht zu deuten vermochte.Wbbeking hat nie von dir gesprochen.Weshalb sollte er, erwiderte Porter ausweichend. Ich verdanke ihm viel. Ohne ihn wre ich lngst in jenem Raum ohne Sterne gefangen.Das Geschpf verformte sich erneut. Nur seine unfertig wirkenden Gesichtszge blieben erhalten.Kaum merklich schttelte Tyari den Kopf. Ihr Blick bedeutete dem Arkoniden, vorsichtig zu sein.Wie bist du in die SOL gelangt?Wbbeking-Nar'Bon gab mir die Kraft dazu.Warum kommt er nicht selbst? Atlan kannte die Antwort auf diese Frage im voraus, nur wollte er sie von Porter hren.Das Wesen bildete zwei Tentakel aus und fuchtelte damit in der Luft herum.Wbbeking ist nicht bereit, in Bars-2-Bars zu erscheinen. Das ist eines, was er dir durch mich sagen lt.Ich kann nicht erkennen, ob Porter lgt, lie Tyari endlich vernehmen. Jedenfalls denkt er stndig etwas anderes, als er sagt. Es scheint, als wrde eine mentale Sperre sein Gedchtnis zumindest teilweise blockieren. Seine Gedanken kreisen nur um seine Heimat, ohne da ich wirklich erfahre, was damit gemeint ist.Du hast gehrt, was Tyari sagt, wandte Atlan sich wieder dem merkwrdigen Geschpf zu. Du brauchst schon eine plausible Erklrung, wenn wir dir vertrauen sollen. Er hielt jetzt seinen Strahler in der Rechten.Wbbeking-Nar'Bon hat vorausgesehen, da du mir mitrauen wrdest. Er gab mir den Rat, dich an Cara Doz zu erinnern, was sie fr ihn getan hat, indem sie die SOL in den galaktozentrischen Transmitter von Xiinx-Markant lenkte. Vertrauen, Atlan, ist manchmal mehr wert als jeder noch so berechtigt erscheinende Zweifel.Womit er gar nicht unrecht hat, stimmte der Extrasinn zu. Es lieen sich viele Beispiele dafr anfhren.Deine Waffe schchtert Porter nicht ein, sagte Tyari in dem Moment. Er ist einsam und sehnt sich nach einem Leben, wie es frher war, bevor ARCHITEKT nach seiner Welt griff. Er denkt durchaus menschlich und glaubt manchmal, nur der Tod knnte ihn von seiner Sehnsucht erlsen.Weit du, woher er kommt?Nein. Es ist, als wrde er seine Erinnerung absichtlich verdrngen. Sie qult ihn.Wbbeking-Nar'Bon hat allen Solanern von dem galaktischen Epos berichtet, von Bars und Farynt, die heute Bars-2-Bars sind, sagte Porter. Er hat mich gesandt, um euch eine andere Geschichte zu erzhlen die von Sanny, Kik und Asgard. Ich wei, Atlan, da du an ihrem Schicksal interessiert bist, darum hre mir zu.

2.TYAR

Vieles war geschehen fast alles davon unbegreiflich, doch nichts so sinnlos wie das Vergehen ganzer Vlker, die vor wenigen kosmischen Augenblicken noch in der Blte ihrer Entwicklung standen.Warum?Tyar schrie seine Gedanken hinaus. Indes, da war niemand, der sie hren konnte, der vor allem verstand, was es fr diese unbegreifliche Intelligenz bedeutete, gefangen zu sein.Prezzar hatte sich zurckgezogen, aber seine Anwesenheit war nach wie vor sprbar. Der Instinkt von Farynt plante etwas, das Tyar nicht wissen durfte. Dabei war beider Schicksal untrennbar miteinander verbunden, auch wenn Prezzar das oft genug zu vergessen schien. Er war unberechenbar und launisch.Tyar vermite die Freiheit, die Sonnen Planeten und Monde, die fr ihn Krper und Erfllung zugleich gewesen waren. Die Unendlichkeit hatte ihn begleitet, seit mit dem Licht der ersten aus Dunkelheit geborenen Sonne von Bars ein winziger Teil von ihm sich seiner Existenz bewut geworden war.Er hatte zu spt reagiert, damals, als die Galaxis KJ-41 begonnen hatte, sich Bars zu nhern, und er hatte fr sein Zgern mit der qualvollen Enge eines planetaren Gefngnisses bezahlt. Das Volk der Vlahreser ging unter bei dem verzweifelten Versuch, das letztlich doch Unvermeidliche abzuwenden. Aber war nicht der Tod gndiger als das ihm zugedachte Schicksal? Tyar ahnte, und diese Ahnung gewann zunehmend an Realitt, da in nicht mehr ferner Zukunft sein Geist sich verwirren und damit blind werden wrde fr die Schnheiten der Schpfung. In einer letzten, verzweifelten Kraftanstrengung hatte er ein Wesen erzeugt, von dem er sich Hilfe versprach: Tyari.Die Intelligenz von Bars schrie ihre Furcht hinaus. Vor nicht allzu langer Zeit htte sie so Sonnen in Nova verwandeln knnen. Jetzt war sie schwach.Niemand hrte sie niemand auer Prezzar, und der verstand nicht, was wirklich geschah. Dabei wren sie gemeinsam vielleicht stark genug gewesen, dem Gegner zu widerstehen.Doch das war lngst Vergangenheit

*

Selbst in der Zentrumsregion von Bars-2-Bars standen die Sonnen nicht so dicht wie im Kern mancher anderen Galaxis. Das war einer der Grnde, weshalb Bars und Farynt zusammengefhrt worden waren. Auch hatte die Population berraschend wenig alte Sterne aufzuweisen, deren hyperenergetische Strahlungspegel besonderen Strfaktoren unterworfen gewesen wren. Angeregt durch die Beobachtungen im Prezzar-Mydonium hatte Sanny immer neue paramathematische Berechnungen erstellt und wieder verworfen, war aber mit der ihr eigenen Unermdlichkeit zu dem Schlu gelangt, da es nicht nur mglich war, von bestimmten Orten der Doppelgalaxis aus Einblick in die Namenlose Zone zu nehmen, sondern da es bergnge gab, die ein Hinberwechseln von einem Raum in den anderen ermglichten. Sanny errechnete weiter, da genau dies der Anla fr HIDDEN-X, der sich damals noch ARCHITEKT oder ALLMACHT nannte, gewesen war, Bars und Farynt ineinander zu verankern. Die energetischen Verhltnisse beider Galaxien waren geradezu ideal; die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Sonnen und vorgelagerten Kugelsternhaufen muten eine Vielzahl hypothetischer Aufrifronten erzeugt haben. Infolge der beibehaltenen Eigenrotation der Sternsysteme mochte sich jedoch mancher bergang als instabil oder zeitlich begrenzt erweisen. Allein daraus resultierte die Erfordernis, auf technischer Basis fr eine Stabilisierung zu sorgen.Du willst nach einem solchen h bergang suchen, nicht wahr, bemerkte Kik, richtete sich auf zwei seiner fnf Beine auf und fuchtelte mit den anderen interessiert vor seinem Krper herum.Es wre logisch, diese Orte als Nabel zu bezeichnen, nickte Sanny. Immerhin hegt die Namenlose Zone entgegen der Krmmung unserer Raum-Zeit-Struktur Hr auf damit, wehrte der Vlahreser ab. Ehrlich gesagt, verstehe ich nur die Hlfte von dem, was du von dir gibst. Er zog die Molaatin an sich und strich vorsichtig ber ihren dichten lindgrnen Pelz. Wenn er sich aufrichtete, konnte er Sanny mhelos unter seinem Krper verbergen.La das, schimpfte sie. Du bringst mich vllig durcheinander.Kik vollfhrte eine heftige Bewegung, und die schlagartig einsetzende Schwerelosigkeit lie ihn sich unkontrolliert berschlagen. Zum Glck durchma der Hohlraum in Asgards Innerem nur drei Meter, so da der Vlahreser rasch wieder Halt fand. Kopfber richtete er sein groes Augenpaar auf die Molaatin.Hast du das etwa auch berechnet?Natrlich. Asgard wollte dir nur zu verstehen geben, da du mich nicht behindern sollst.Langsam wirst du mir unheimlich, gestand Kik, stie sich sanft ab und kam unmittelbar neben Sanny auf. Mit zwei seiner Gliedmaen, die fr ihn Arme und Beine zugleich waren, fuhr er sich durch die wirren, roten Haare, die seinen Kopf fast vllig bedeckten.Haben wir nun einen Nabel gefunden oder nicht? wollte er wissen.Ich denke schon, nickte die Paramathematikerin. Dieser Sektor nahe der berlappungszone von Bars und Farynt weist mehrere energetische Besonderheiten auf.Sollen wir Atlan von unserer Entdeckung informieren?Nicht solange die endgltige Gewiheit fehlt. Wir beschrnken uns ohnehin nur aufs Beobachten.

*

Doppelsonnen, die einen gemeinsamen Schwerpunkt umkreisten, waren zwar eine astrophysikalische Seltenheit, keinesfalls aber so ungewhnlich, da allein schon ihre Existenz den gewagtesten Vermutungen Vorschub geleistet htte. Da eine von beiden ein roter Riese war, die andere hingegen ein vllig normaler gelber Stern mit Oberflchentemperaturen nur wenig ber 5 000 Grad, war ebenfalls kaum dazu angetan, Verdacht zu erregen.Erst als Sanny den einzigen Begleiter dieser beiden Sonnen entdeckte, wute sie, da sie ihr Ziel erreicht hatte. Diese Welt, deren Durchmesser knapp zweitausend Kilometer betrug, war eigentlich kaum als Planet zu bezeichnen, eher als Mond, der irgendwann von den ungewhnlichen Schwerkraftverhltnissen eingefangen worden war. Er umkreiste die Sonnen auf der Bahn einer langgestreckten, elliptischen Acht, deren Schnittpunkt identisch war mit dem gemeinsamen Schwerpunkt des Systems.Jede grere Masse, stellte Sanny fest, wrde unter der Einwirkung der unterschiedlichen Krfte zerbrechen.Du meinst, da es sich lohnt, dieser Welt einen Besuch abzustatten? fragte Kik zgernd. Irgendwie kam er sich berflssig vor. Weder konnte er erkennen, was drauen, im Weltraum geschah, noch war er in der Lage, an Sannys Berechnungen teilzuhaben. Sage Asgard, da er landen soll.Unser Freund fliegt den Mond bereits an, nickte die Molaatin.Wenn deine Berechnungen stimmen, ist seine Masse zu gering, um eine Atmosphre festzuhalten, gab Kik zu bedenken. Wir werden Asgard nicht verlassen knnen.Sie merkten nichts davon, ob ihr organisches Raumschiff beschleunigte oder abbremste. Die fnf Meter durchmessende Kugel war nach dem Willen von Anti-ES und seinem frheren Helfer Anti-Homunk geformt, durch das Einwirken von Atlans Extrasinn jedoch mit einer positiven Mentalitt ausgestattet worden. Eigentlich bestand Asgard aus einer einen Meter dicken Kugelschale, die seine Haut, seine Organe, der Sitz seiner Intelligenz war. In dem Hohlraum in seinem Innern konnte er beliebige Atmosphren erzeugen und auch erhalten.Weniger als eine Stunde mochte vergangen sein, als sich unvermittelt die Kugelhlle ffnete. Noch ehe Sanny Anstalten traf, Asgard zu verlassen, war Kik bereits auf seinen fnf Beinen an ihr vorbeigestakt.Die Luft ist atembar, rief er von drauen und begann, in der weichen, blauen Grasnarbe herumzuwhlen. Augenblicke spter hielt er abrupt inne, kratzte sich seine Haare. Richtig. Asgard htte uns wohl kaum den Weg freigegeben, wenn dem nicht so wre.Sie warfen zwei Schatten einen langen, weichen, der an den Rndern fast mit der Helligkeit des Tages verschmolz, und einen weitaus krzeren, jedoch scharf abgegrenzten. Der rote Riese stieg soeben als Glutball ber den Horizont herauf. Die Lichtbrechung der Atmosphre mochte das ihre dazu beitragen, da er nahezu die halbe Hemisphre ausfllte.Die gelbe Sonne stand um knapp 180 Grad entgegengesetzt und neigte sich dem Abend zu. In ihrem Widerschein erstrahlte ein ferner Gebirgszug, als bestnde er aus reinem Glas. Das Gleien und Funkeln von dort schmerzte in den Augen.Morgen um diese Zeit werden die Sonnen einander genau gegenberstehen, sagte Sanny. Dann tritt der Planet in den Schnittpunkt ihrer Anziehungskrfte ein.Wir nennen ihn Zwielicht, nicht wahr, schlug Kik vor.Sanny hatte nichts dagegen einzuwenden, und Asgard signalisierte sein Einverstndnis durch einen raschen Farbwechsel seiner Oberflche.Diese Welt ist etwas Besonderes, behauptete die Molaatin. Ich kann es nun deutlicher berechnen als zuvor. Sie birgt ein Geheimnis, das fr uns von Interesse ist.Asgard hatte als Landeplatz eine nicht sonderlich ausgedehnte Hochebene gewhlt, deren Vegetation berwiegend aus niedrigem Gras bestand. Erst zu den steil abfallenden Rndern hin wuchsen blhende Strucher und vereinzelt sogar kegelfrmige Bume, deren Laub schon unmittelbar ber dem Boden beraus dicht war. Je hher die rote Sonne stieg, desto deutlicher vernderten sich die Farben bis hin zu einem krftigen Blau. Bestandteile von Edelgasen in der Atmosphre mochten fr den Effekt verantwortlich sein.Sanny stellte fest, da die Schwerkraft fr diese kleine Welt viel zu hoch war. Aber vielleicht bestand das Innere des Planeten aus Elementen von ungewhnlich hoher Dichte. Damit wre das Vorhandensein der Atmosphre zu erklren gewesen.Blutrot schlngelte sich das Band eines Flusses durch die tiefer gelegene Landschaft. Ausgedehnte Wlder beherrschten das Bild, aber auch steppenhnliche Regionen und dazwischen vereinzelt kahle Flecken, an denen nackter Fels zutage trat. Keine Spur von Besiedlung oder dem Wirken intelligenten Lebens. Urwchsigkeit war vorherrschend.Kik entdeckte den dunklen Punkt am Horizont, der sich langsam zu bewegen schien, als erster. Auf die Entfernung hin blieb unklar, um was es sich handelte.Ich hatte ohnehin vor, Zwielicht nher zu erforschen, sagte Sanny. Weshalb sollten wir nicht in dieser Richtung anfangen.

*

Asgard lie eine Lcke in seiner Hlle, so da seine beiden Passagiere bequem Ausschau halten konnten. Der Punkt am Horizont entpuppte sich schon bald als Herde monstrser Tiere, die sich durch die Uferauen eines Flusses wlzten. Etwa fnfzig Exemplare waren es, deren groflchige Panzerplatten eine nicht zu berhrende Geruschkulisse erzeugten. Sie waren Pflanzenfresser. Mit ihren breiten Schdeln schien es ihnen ein leichtes, selbst starke Bume zu entwurzeln.Sie folgen dem Lauf der roten Sonne, stellte Sanny fest. Aber sie sind viel zu langsam. Vermutlich verfallen sie in Inaktivitt, sobald das Muttergestirn wieder hinter dem Horizont versinkt.Asgard ging tiefer. Eines der Tiere hob ruckartig den Schdel und sphte aus seinen sechs groen, hervorquellenden Augen zu ihnen herauf, whrend die anderen sich nicht im geringsten stren lieen.Trge zogen sie durch die schlammige Uferregion. Nur das eine Tier starrte Asgard noch eine Weile hinterher, bis es sich scheinbar unwillig wieder in Bewegung setzte.Zwielicht bestand aus einer umfassenden Landflche, die hin und wieder von ausgedehnten Seenplatten unterbrochen wurde. Es gab keine ausgesprochenen Vegetationszonen. Waldgebiete und Steppen wechselten einander in lockerer Folge ab, woran nicht zuletzt die gleichmige Einstrahlung beider Sonnen Schuld hatte. Es war warm auf dieser Welt. Feuchtigkeit hing ber den Flssen und Seen wie ein dnner Nebel.Nach der dritten Umrundung stand fr Kik fest, da kein Sttzpunkt raumfahrender Rassen auf Zwielicht existierte. Die Wildnis war unberhrt. Mit Ausnahme der gepanzerten Tiere schien es auch keine greren Lebewesen zu geben.Ich wei nicht, sagte Sanny. Diese Welt liegt so nahe an der berlappungszone von Bars und Farynt, da zumindest im Zug der kmpferischen Auseinandersetzungen Raumschiffe den Weg hierher gefunden haben mssen. Einen idealeren Vorposten kann ich mir kaum vorstellen, zumal im Umkreis von einigen Lichtjahren keine weiteren Sonnensysteme stehen. Sie bat Asgard, am Rand einer der kahlen Felsflchen zu landen, die nur durch einen schmalen Buschstreifen vom umgebenden Hochwald getrennt war. Mag sein, da Anterferranter oder Beneterlogen sich aus Furcht vor Entdeckung ins Planeteninnere begeben haben. Ihre Technik ist weit genug entwickelt.Dann mten sie uns lngst bemerkt haben und angreifen, nicht wahr. Unschlssig wedelte Kik mit zwei Armen. Jeder wrde uns fr die Gegner halten, die seine miliche Lage verschuldet haben. Und wenn sie schon von Atlans Friedensbemhungen vernommen haben Zwielicht haftet etwas Besonderes an, unterbrach die Molaatin. Vielleicht tusche ich mich, und es gibt tatschlich keine Station hier, aber ganz sicher wird die morgige Konstellation zwischen beiden Sonnen und dem Planeten zu auergewhnlichen Ereignissen fhren.Nicht ein Grashalm ragte zwischen den Felsen auf. Knapp hundert Meter durchma die kahle Flche, deren Umrisse so unregelmig waren, da sie nur zufllig entstanden sein konnten. Das Gelnde senkte sich zur Mitte hin ab.Zgernd streckte Kik zwei Arme aus, um einen Stein an sich zu nehmen, den er dann abschtzend vor seinen Augen drehte. Unvermittelt brach der Stein auseinander und gab eine Vielzahl winziger Hohlrume frei.He, machte Kik berrascht und griff nach einem weiteren Brocken, der ihm ebenfalls zu leicht erschien.Sanny schrzte die Lippen. Als wre ein bestimmtes Mineral herausgelst worden, sagte sie. Mich interessiert, ob die groen Felsen ebenfalls brchig sind.Ehe Kik sie zurckhalten konnte, hastete sie vorwrts. Ihr Eifer, endlich etwas gefunden zu haben, war ihre Vermutung besttigen konnte, lie sie jede Vorsicht vergessen. Kik dachte da anders.Was hlst du davon? wandte er sich an Asgard. Mir ist Zwielicht unheimlich.Auf der Auenhlle der Kugel entstand das Abbild der beiden Sonnen. Die vielfach gewundenen, zum Teil ineinander verschlungenen Linien sollten wohl die Strahlungsverhltnisse darstellen.Du meinst, die Sonnen verunsichern mich?Asgard besttigte das.Sanny war stehengeblieben, hatte zwei oder drei grere Steine zerbrochen und wandte sich nun um. Ein zufriedenes Lcheln huschte ber ihr Gesicht.Es ist wie ich angenommen habe, rief sie. Ein uerer Einflu hat die Steine verndert. Vielleicht sind vor gar nicht allzu langer Zeit Raumschiffe hier gelandet. und wieder gestartet, nicht wahr, fgte Kik hinzu.Ein leises schabendes Gerusch erklang. Kik glaubte, da der Boden unter seinen fnf Beinen vibrierte.Das Gerusch vernderte sich zum anschwellenden Fauchen, mit dem kubikmeterweise Sand und Gerll in die Luft geschleudert wurden. Sanny stand nur wenige Schritte von der Fontne entfernt, sie schaffte es nicht, sich in Sicherheit zu bringen. Jh brach unter ihr das Erdreich ein. Sie befand sich pltzlich im oberen Drittel eines gut zwanzig Meter tiefen, steil abfallenden Trichters. Verzweifelt versuchte sie, in die Hhe zu gelangen, rutschte aber nur noch tiefer ab.Kik hrte sie schreien, ohne da er erkennen konnte, was geschah. Stoweise wurde jetzt Sand emporgeschleudert.Sanny fand nirgendwo festen Halt. Unaufhaltsam glitt sie in die Tiefe, wo sich unter einem Haufen von Gerll ruckartige Bewegungen abzeichneten. Ein eckiger Schdel wurde sichtbar, zwei krftige Kieferzangen, jede gut doppelt so gro wie die Molaatin, zuckten heran.Entsetzt warf sie sich herum. Es gelang ihr tatschlich, zu klettern, aber schon wurde sie von dem Tier, das seine sicher geglaubte Beute entkommen sah, mit Steinen beworfen. Inmitten einer sich rasch ausdehnenden Lawine aus Gerll, Sand und Erde rutschte sie ab, dem Zentrum des Trichters entgegen.Die Falle war perfekt. Die lockeren brchigen Steine verhinderten, da die Opfer flohen. Nach allem, was Sanny bislang gesehen hatte, gab es Dutzende dieser Geschpfe auf Zwielicht. Existierte demnach doch eine reichhaltigere Tierwelt als angenommen?Auf allen vieren versuchte die Molaatin, Hhe zu gewinnen, blindlings, stolpernd, vor Furcht und Entsetzen halb gelhmt. Eine der Zangen traf sie schmerzhaft an den Beinen, sie berschlug sich, prallte hart auf und rutschte erneut abwrts. Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie das Tier an, das nun auf sie zukam, unfhig, sich zu bewegen.Schlagartig verdunkelte sich der Trichter. Ein Schatten fiel von oben herab. Sanny nahm es nur unbewut wahr.In dem Moment, in dem das Tier nach ihr schnappte, fhlte sie sich angehoben. Asgard hatte einen dnnen Tentakel um ihren Leib gewickelt und hielt sie fest umschlungen. Kik winkte ihr von unten her aufgeregt zu, als sie dann ber ihm schwebte, und Asgard setzte sie sanft im Gras ab.Sanny bentigte eine ganze Weile, um sich von dem erlittenen Schock zu erholen. Immer wieder, whrend sie ihren Pelz suberte, ertappte sie sich dabei, da sie ngstlich zu dem Trichter hinberblickte. Innerhalb weniger Minuten erinnerte kaum noch etwas an die dort lauernde Gefahr.Das war knapp, gab Asgard zu verstehen. Zwielicht ist tckischer, als wir dachten.Was nur beweist, da meine Berechnungen stimmen, nickte Sanny. Wir werden eben vorsichtiger sein mssen.Nicht weit entfernt erscholl ein dumpfes, langgezogenes Brllen.Das sind die gepanzerten Tiere, die wir gesehen haben, nicht wahr, sagte Kik.Die Molaatin warf einen flchtigen Blick zum Firmament empor, wo das rote Gestirn noch immer im frhen Vormittag stand. Ein Tag auf Zwielicht whrte mindestens vierzig Stunden.Ich denke, sie wandern mit der Sonne. Sie drften nicht in unsere Richtung kommen.Das Brllen wiederholte sich, diesmal aus grerer Nhe und begleitet vom Splittern und Krachen strzender Bume. Zumindest eines der Geschpfe bahnte sich unbeirrbar seinen Weg.Ein ohrenbetubender Knall zerri die Atmosphre und fegte als rollender Donner ber das Land. Im selben Moment gewahrte Sanny mehrere Dunststreifen, die scheinbar aus der Sonne gekommen waren und am Horizont verschwanden. Drei silbern glitzernde Punkte kehrten in einer weiten Schleife zurck.Jger!Ob sie uns suchen?Ich glaube nicht. Auf jeden Fall drfen wir kaum wagen, jetzt aufzusteigen. Wir mssen uns im Wald verbergen.Dort waren sie zumindest vor direkter Sicht von oben her geschtzt. Stille hielt Einzug eine beklemmende, unwirkliche Stille. Selbst die Gerusche der Panzerechse waren verstummt. Entweder hielt das Tier erschrocken inne, oder Sanny sprte die nahe Gefahr, obwohl sie sie nicht in voller Konsequenz zu berechnen vermochte. Es war nur eine Ahnung, die jedoch mit jeder verstreichenden Sekunde mehr zur Gewiheit wurde. Auch Kik zeigte sich unruhig, als sie hintereinander tiefer in den Wald eindrangen. Asgard hatte ein Dutzend kurzer Auswchse geformt, auf denen er sich ebenso rasch fortbewegen konnte.Augenblicke spter starrten sie in die flimmernden Mndungen aktivierter Strahler.Solaner, stie Kik erleichtert hervor. Ihr habt mir einen schnen Schreck eingejagt, nicht wahr.Die Mnner blieben stumm. Sie kamen nher, ohne da in ihren Mienen die geringste Regung zu erkennen war.He, machte Kik. Sagt Atlan, da wir es sind. Er verga sogar auch sein Lieblingswort nicht wahr.Im selben Moment, in dem er feststellte, da Asgard verschwunden war, rissen die Solaner ihre Waffen hoch und feuerten in die Baumwipfel. Flchtig glaubte Kik die Umrisse der Kugel zu sehen, dann versperrte die rasch um sie greifende Glut jegliche Sicht. Das Fauchen verdrngter Luft, gefolgt von dem Donnern der Triebwerke, bewies, da die Jger wieder heran waren.Was soll das? wandte Kik sich an die Molaatin. Betrachten die uns etwa als Gefangene?Es sieht leider so aus.Aber sie sind doch Solaner, nicht wahr.Einige hastig hervorgestoene Worte in einer vllig fremdartigen Sprache berzeugten Kik davon, da er sich irrte. Obwohl diese Wesen wie Solaner wirkten sie waren Fremde. Und da sie keineswegs zgerten, von ihren Strahlern Gebrauch zu machen, hatte er eben erlebt. Hoffentlich war Asgard davongekommen. Der Gedanke an die Flugzeuge lie Kik zittern.Ihnen blieb keine andere Wahl, als sich der bermacht zu fgen. Man sprang nicht gerade sanft mit ihnen um.Sie bringen uns in ihre Station, nicht wahr?Sanny nickte nur. Ihre Berechnungen bewahrheiteten sich, wenn auch auf gnzlich andere Weise, als sie es sich erhofft hatte.Zwischen umgestrzten, zersplitterten Bumen verharrte regungslos eine Panzerechse. Kik zuckte bei ihrem Anblick zusammen, hatte sich aber sofort wieder unter Kontrolle.Das war zu erwarten, flsterte Sanny neben ihm. Die Fremden haben eine perfekte Art gefunden, Zwielicht unauffllig zu berwachen.Sie wurden ins Innere des Tierroboters gestoen, der sich schwankend in Bewegung setzte. Energetische Fesselfelder hinderten sie von vornherein an jedem Fluchtversuch.Die Paramathematikerin glaubte nicht, da alle Panzerechsen getarnte Maschinen waren. Sie mute daran denken, da nur eines der Tiere in der Herde ihnen nachgeschaut hatte. Vielleicht war es sogar gerade dieses gewesen, in dem man sich nun befand.Eine Stunde verging, ohne da etwas geschah.Sanny htte viel dafr gegeben, zu wissen, was sie am Ziel ihrer unfreiwilligen Reise erwartete. Aber ihr fehlten die Ansatzpunkte fr eine Berechnung.

3.PREZZAR

Das Geschehene zu begreifen, fiel schwer. Vielleicht wollte er auch nicht verstehen.Was es bedeutete, gefangen zu sein, konnte er erst ermessen, seit er seine Freiheit verloren hatte. Es gab Zeiten, da wre er lieber tot gewesen, als dumpf vor sich hin zu vegetieren. Dann wieder bumte alles in ihm sich auf, dann wollte er die Fesseln sprengen, die ihn hielten und Rache nehmen an jenen, die ihm das angetan hatten. Aber er war zu schwach dazu. Und er wurde schwcher, je lnger seine Gefangenschaft dauerte.Er gab Tyar die Schuld an seinem Schicksal, weil er jemanden brauchte, dem er die Schuld zuschieben konnte, um nicht in Selbstvorwrfen zu versinken. Manchmal hate er Tyar. Die Intelligenz von Bars erschien ihm vollkommen. Doch gab es auch Momente, in denen er einsah, da ganze Entwicklungsstufen sie voneinander trennten, in denen er sein Schicksal sogar Tyar anvertraut htte, um alles Belastende von sich abzustreifen wie eine alte Haut, die fr den wachsenden Krper zu eng geworden ist.Eine eigenartige Beziehung bestand zwischen ihnen, eine Art Haliebe. Jeder wollte allein sein, wollte endlich wieder frei sein, aber beide wuten, da einer ohne den anderen endgltig verloren war.Sie muten sich zusammentun und konnten es doch nicht. Eine unsichtbare Macht sorgte dafr, da sie ihren anfnglichen Ha nie vergaen.Nun frchtete Prezzar um seine Existenz. Er glaubte, allen Grund dafr zu haben, denn ihm war nicht entgangen, da Tyar nach langer Zeit vergeblicher Bemhungen ein Wesen aus sich abgesondert hatte, dem die Hoffnungen von Bars galten.Tyari lebte nur aus dem einen Grund, um ihn, Prezzar zu vernichten. Er durfte nicht warten, bis ihm keine eigene Entscheidung mehr blieb. Instinktiv sprte er, da er gezwungen war, die Intelligenz von Bars mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.

*

Zuerst wollte Pork es nicht glauben, da seine frischen Triebe sich einrollten, doch als der Schmerz sich durch die Nervenbahnen fortpflanzte, krallte er die Wurzeln in das lockere Erdreich. Kam der trockene Wind zu zeitig in dieser Wachstumsperiode?Vergeblich suchte er nach Wasser, das eben noch seine Wurzeln umsplt hatte.Es war versickert.Er erinnerte sich daran, da die Lauscher groes Unheil voraussagten. Sie, die jede Schwankung im kosmischen Gefge wahrnahmen, warnten schon seit vielen Perioden davor, da der Himmel sich spalten wrde, die Erde sich auftun und die Wasser verdunsten.Auch Pork war einer jener, die darber lachten.Die silbernen Gespinste der Wchter werden aus der Schwrze verschwinden, hatten die Lauscher prophezeit.Allein das war unvorstellbar. Die Wchter existierten seit dem Anbeginn der Zeit, und es wrde sie selbst dann noch gehen, wenn die Schwrze der Unendlichkeit jedes Leben verschlungen hatte.Unwillig stie Pork die Wurzeln tiefer in den Boden, hob seinen Sehast und lie den Blick schweifen. Die anderen Multis, die wie er dieses Nahrungsfeld aufgesucht hatten, weil es als das mineralreichste galt, wurden allmhlich unruhig. Einige stelzten davon, um auf den minderwertigeren Nachbarfeldern ihren Bedarf an Flssigkeit zu decken, whrend andere sinnlose Diskussionen begannen. Um den Grund der Vernderung herauszufinden, mute man den Boden aufgraben eine Arbeit, die Tage in Anspruch nehmen wrde.Rein instinktiv richtete Pork seinen Blick in die Unendliche Schwrze, die nur von den silbernen Gespinsten durchzogen wurde. Nichts hatte sich seit jener Zeit verndert, als sein erster Trieb die Samenkapseln durchbrach.Aber war da nicht ein winziger, heller Punkt?Pork sah genauer hin.Der Punkt war nun fast schon so gro wie eine Bltenknospe. Er pulsierte.Hatten die Lauscher doch recht? Geschahen Dinge in der Unendlichkeit, die sich den Sinnen der Multis entzogen?Fr einen Moment lie Pork sich ablenken. Als er wieder aufsah, war der helle Fleck verschwunden, und nichts deutete darauf hin, da er berhaupt existiert hatte.Pork schttelte sich, da seine ste raschelnd aneinander rieben. Vertrocknete Rindenstckchen fielen ab, deutliches Zeichen dafr, da die Wachstumsperiode nahezu abgeschlossen war.Langsam und nachdenklich bewegte er sich auf die terrassenfrmig am Fu eines Berges errichtete Stadt zu. Er blieb nicht lange allein, andere Multis gesellten sich zu ihm, aber er beantwortete ihre Fragen und Feststellungen recht einsilbig. Das einzige Thema, das alle Unterhaltungen beherrschte, war das Versiegen des unterirdischen Stromes. Pork sprte, da viele den Warnungen der Lauscher pltzlich greres Gewicht beimaen.Es interessierte ihn nicht. Mit seinen Gedanken war er lngst wieder bei Tega, seiner Gefhrtin whrend dieser Bltezeit. Der Duft ihrer Knospen war betrender als alles, was er jemals gerochen hatte. Pork ertappte sich dabei, da er mit dem Gedanken spielte, Tega auch bei der nchsten Blte zu sich zu holen.Sein Wurzelplatz befand sich hoch oben, auf einer der letzten Terrassen. Es fiel ihm schwerer als sonst, die schrgen Rampen emporzusteigen. Oft blieb er stehen und musterte die Schwrze, die sanft wie verwelkendes Lauf die Welt der Multis bedeckte. Hoffte er, den hellen Punkt wiederzusehen, oder frchtete er sich davor? Er vermochte es nicht zu sagen. Die Mauern aus aufgeschichteten, durch Lehm miteinander verbundenen Steinen wurden zum Irrgarten. berall wucherten Flechten und leuchtende Moose, in deren sprlichem Schein sich weihutige Tiere tummelten. rgerlich peitschte Pork mit den sten, als eines der flinken Geschpfe sich zwischen seinen Wurzeln verfing. Schrille Laute ausstoend, raste er eine Mauer hinauf und warf aus sicherer Hhe mit Steinen nach ihm. Pork versprte keine Lust auf eine Kraftprobe, sondern bewegte seine Wurzeln schneller.Endlich nahm er den Duft von Tegas Blten wahr und wenig spter das leuchtende Rot ihrer weit geffneten Kelche.Aber er sah auch etwas anderes: der helle Punkt im Zenit war wieder da. Und er war grer als zuvor.

*

Die Multis besaen keine natrlichen Feinde. Vielleicht hatte es jedoch in grauer Vorzeit grere Tiere auf ihrer Welt gegeben, denn eine Art der Fortpflanzung, nmlich die durch schnell wachsende Ableger, die dem Hauptstamm bis aufs Blatt glichen, lie darauf schlieen.Pork hatte noch keine Ableger gebildet. Dazu, glaubte er, war spter gengend Zeit, wenn er die Fhigkeit, Bltenknospen zu erzeugen, verloren hatte. Es beeindruckte ihn immer wieder, das Wachstum der aus Samen entstehenden Keimlinge zu beobachten, weil diese stets vernderte Eigenschaften besaen. Auch er war aus einem solchen Smling hervorgegangen.Tega erwartete ihn auf dem Wurzelplatz. Ihr Sehast war ungeduldig in die Hhe gereckt.Erschtterungen durchlaufen die Stadt, rief sie. Was ist geschehen?Pork zgerte, whrend seine Augen sich erneut auf den Punkt im Zenit richteten, der inzwischen etliche helle Fortstze ausgebildet hatte, die sich wie tastende Wurzelstrnge bewegten. Irgend etwas an diesem Gebilde faszinierte ihn, stie ihn zugleich auch ab.Tegas Blten wirkten verlockend. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.Sie wiederholte die Frage.Das Wasser im Nahrungsfeld ist versickert, sagte er schlielich und fgte rasch hinzu, als er ihr Erschrecken bemerkte: Vermutlich eine Verschiebung im Erdreich. Ich bin sicher, es steigt bald anderswo an die Oberflche. Wir hatten nie Schwierigkeiten.Die Lauscher , begann sie, verstummte aber, als Pork ihr spontan die Sprechffnung ber dem Wurzelansatz verschlo. Er wollte jetzt weder davon hren noch daran denken; ihre Bltenpracht raubte ihm schier den Atem. Whrend beider ste einander umfingen, whrend ihre Bltter raschelnd aneinander rieben, ffneten seine Knospen sich und tauchten in den Honigduft ihrer Blten ein.Aber vieles war anders als sonst. Das Erdreich des Wurzelplatzes erschien trocken und sprde, und aus der Tiefe stieg eine unerklrliche Wrme herauf, die den Wurzelenden schmerzte.Schon bald verlieen Pork und Tega, wie Hunderte andere Multis auch, fr kurze Zeit die Stadt. Erst im sprlichen Tau auf den Wiesen der nheren Umgebung fhlten sie sich wieder wohl.

*

Jeder Tag brachte ein wenig Wrme, und mit jedem Tag wuchs die Helligkeit im Zenit, die mit gierigen Fngen nach der Welt der Multis zu greifen schien. Auf weiteren Nahrungsfeldern versickerte das Wasser. Grabungen selbst bis zur fnffachen Wurzeltiefe frderten nur trockenes, feinkrniges Erdreich zu Tage. Der Lehmboden der Wiesen war von unzhligen Rissen durchzogen, die zusehends tiefer und breiter wurden. Vor den wenigen Feldern, die noch Flssigkeit bargen, drngten sich die Multis. Doch war abzusehen, wann auch hier die unterirdischen Strme versiegten.Immer hufiger bebte der Boden, begleitet von einem dumpfen Grollen, das aus dem Berg selbst kam, an dessen Hang die Stadt errichtet war. Der Lehm, der die Mauern zusammenhielt, schwand in der steigenden Hitze.Tegas Bltenbltter hatten sich geschlossen und waren zu Samenkapseln zusammengewachsen. Zwei oder drei Tage noch, dann bentigten die Stecklinge feuchten Boden.Sie werden verdorren, befrchtete Pork. Schlielich haben wir nicht einmal mehr fr uns selbst genug Wasser. Widerwillig betrachtete er die gelben Spitzen, die den Verfall seiner frischen Triebe anzeigten. Vorerst waren nur wenige davon betroffen, aber er wute, da die Drre rasch voranschreiten wrde er brauchte nur Tega anzusehen, die inzwischen etliche kahle Zweige besa. Immerhin beanspruchten die heranreifenden Samenkapseln viel von ihrem Lebenssaft.Die Helligkeit stand wie ein gieriger, alles verschlingender Moloch am Firmament. Pork frchtete sich vor dem Anblick, in dem die zuckenden Auswchse den Berg berhren wrden.Wir mssen fort von hier! Ohne da er es bewut wollte, formte er die Worte, ber die er selbst erschrak. Fort das bedeutete, alles Vertraute aufzugeben, vielleicht in den weiten Wsten zu verdorren. Viele Multis hatten schon versucht, die Welt hinter den Dnen zu erforschen, hatten sogar Wasservorrte mit sich geschleppt, waren aber nie zurckgekehrt.Uns bleibt keine andere Wahl, wollen wir nicht, da unsere Stecklinge verkmmern, stimmte Tega zu seiner berraschung zu. Durch die dnner werdende Schale der Samenkapseln hindurch sah er kleine Wurzelfden sich erstmals bewegen.Als sie die lngst von Steinen bersten, staubigen Rampen der Stadt hinabstiegen, bebte wieder der Berg. Niemand machte sich mehr die Mhe, den Weg von Gerll freizuhalten es wre ein sinnloses Unterfangen gewesen. Das Beben war strker und hielt lnger an als alle vorangegangenen. An vielen Stellen brach die Stadt auf; Mauern strzten in sich zusammen und begruben Multis unter sich. Entsetzt stellte Pork fest, da die Risse diesmal auch vor dem gewachsenen Fels nicht haltmachten. Mchtige Brocken brachen aus der nahen Steilwand aus und verschwanden donnernd in der Tiefe.Im Nu waren Pork und Tega zwischen schreienden Multis eingekeilt, die ihr Heil in der Flucht suchten. Zu spt streckte Pork seine ste nach der Gefhrtin aus. Hie und da versuchten beherzte Stmme, das Durcheinander in geordnete Bahnen zu lenken. Leider vergeblich.Und dann als sie die unterste Ebene der Stadt erreichten berzog der Himmel sich mit einem flackernden, dster roten Leuchten, das die gewohnte Schwrze nahezu vllig verdrngte. Am Horizont wuchs eine drohende Wolkenwand auf, von der aus sich windende Fortstze nach der Erde griffen. Noch immer rief Pork nach Tega, die er aus den Augen verloren hatte. Der Himmel war nun ein einziges, waberndes Feuermeer. Obwohl niemand wute, was geschehen war, sprte doch jeder die ungeheuerliche Bedrohung, die davon ausging.Der Sturm brach mit unwiderstehlicher Gewalt ber die Stadt herein. Heie, stickige Luft lie die Multis geqult aufsthnen und etliche, deren Laub bereits verdorrt war, zusammenbrechen. Die entfesselten Gewalten peitschten Wolken von Sand vor sich her.Die Beben kamen nun in krzesten Abstnden, der Berg chzte und sthnte. In allernchster Nhe ging donnernd eine Gerllawine zu Tal.Ein Teil der Rampe brach ab. Pork wurde durch die Luft gewirbelt, berschlug sich und prallte unsanft irgendwo auf, wobei zwei seiner unteren ste splitterten. Der Schmerz raubte ihm fast die Besinnung, doch mit letzter Kraft schleppte er sich weiter. Er wute, da er fort mute, wollte er nicht von den herabbrechenden Felsen erschlagen werden.Nur mehr gedmpft vernahm er die vielfltigen Gerusche um sich her. Schwankend kam er hoch, stemmte sich gegen den an Heftigkeit weiter zunehmenden Sturm. Das Land erstrahlte in einem dsteren roten Licht, das seltsame Schatten zeichnete Schatten, wie man sie auf der Welt der Multis nie zuvor gekannt hatte. Pork erstarrte frmlich, als er seinen Sehast zum Himmel emporreckte. Mitten im Zenit stand ein riesiges, glhendes Auge, dessen Hitze unbarmherzig herabbrannte. Tiefer, von dem Berggipfel fast schon verdeckt, gab es einen zweiten, helleren Glutball. Und zwischen beiden stand der sich heftig windende Schlauch, der unberschaubare Dimensionen angenommen hatte.Pork taumelte weiter, blindlings, nur vorwrts getrieben von dem Willen, am Leben zu bleiben. Mit ihm strmten Hunderte von Multis in das weite Land, das sich um ihre Stadt erstreckte.Irgendwann wurde es Pork schwarz vor Augen. Er strzte und blieb regungslos liegen.

*

Der leichte Nieselregen, der ber der ausgedrrten, vernarbten Ebene niederging, versickerte viel zu rasch, als da er Labsal bringen konnte. Winzige Staubkrater zeigten, wo die Tropfen den Boden berhrt hatten, um von dem verbrannten Erdreich gierig aufgesogen zu werden.Es war khler geworden, nachdem der Sturm sich verlaufen hatte. Aber wo noch vor kurzem hohes, blhendes Gras die Erde bedeckt hatte, erstreckten sich nun sanft gewellte Sanddnen, unter deren Last jegliches Leben erstickte.belkeit durchflutete Pork. Sein erster Versuch, sich aufzurichten, milang, weil er zur Hlfte mit Sand verschttet lag. Nur einige der empfindlichen Wurzeln und seine obersten ste mit dem Sehast ragten daraus hervor.Am Himmel war die gewohnte Schwrze wieder vorherrschend.Scheinbar unendlich weit entfernt, pulsierten die beiden leuchtenden Augen, das eine gro und rot, das andere wesentlich kleiner und von gelber Frbung. Dann sah Pork die Stadt, oder vielmehr das, was von ihr brig war. Er erschrak.Der Berg hatte sich gespalten. Ein tiefer Einschnitt erstreckte sich von unmittelbar unterhalb des schroffen Gipfels quer ber seine ganze Flanke. Die Ruinen der Stadt waren von Gesteinslawinen halb verschttet worden. Wer immer sich noch dort befunden hatte, konnte den alles zermalmenden Gewalten nicht entkommen sein.Pork dachte an Tega, und die Verbitterung lie Lebenssaft aus seinen verharzten Wunden tropfen. Ob sie ebenfalls davongekommen war?Schwankend richtete er sich auf. Da er allein war, wurde ihm erst jetzt richtig bewut. Wahrscheinlich hatten die anderen ihn fr tot gehalten und in ihrer Panik liegengelassen. Wohin mochten sie sich gewandt haben? Pork entschied sich dafr, mit der zerstrten Stadt im Rcken weiterzugehen.Tief sanken seine Wurzeln im Sand ein, der ein rasches Vorwrtskommen erschwerte. Pork hatte Hunger, fhlte sich schwach und elend. Flchtig spielte er mit dem Gedanken, umzukehren. Aber alle Nahrungsfelder muten unter dem feinkrnigen Sand begraben sein.Das Gehen strengte ihn an. Immer wieder blieb er stehen, weil er kaum Luft bekam. Er hatte einige ste verloren und besa nur noch wenige Bltter. Obwohl er Knospen zum Wachstum anregte, wrde es ohne Wasser lange dauern, bis sie sich entfalteten.In der Ferne erstreckte sich eine langgezogene Hgelkette. Pork war nie zuvor hier gewesen, wute aber aus Berichten, da dahinter die Wste begann. Er fragte sich, ob es sinnvoll war, den Weg fortzusetzen. Da der Sand sprlicher wurde, lie ihn hoffen. Spter entdeckte er die ersten braunen Gewchse Unkraut, das auch die Stadt von Zeit zu Zeit heimgesucht hatte und mit seinem weitverzweigten Wurzelwerk selbst auf nacktem Fels Halt fand. Pork unterdrckte die Regung, das Gestrpp mit Strunk und Stiel auszureien. Immerhin konnte er froh sein, da berhaupt etwas in dieser Einde wuchs.Von der Anhhe eines Hgels aus bot sich ihm ein weitaus besserer Rundblick. Das Land ringsum war unfruchtbar, lediglich am Horizont zeichnete sich ein groflchiger dunkler Schatten ab: ein Wald von Riesen, die starr an ihren Platz gebunden waren. Sie wuchsen beraus langsam und besaen weder die Fhigkeit, sich mitzuteilen, noch durch Ableger zu vermehren. Pork hielt sie fr dumm, trotz ihres ueren kaum auf einer hheren Stufe stehend als die vielen Tiere, die sich in ihrem Laubwerk verbargen. Die Multis hingegen duldeten keine Schmarotzer, die sich von ihren Lebenssften ernhrten.Pork war mde. Von der ehemaligen Stadt war lngst nichts mehr zu sehen. Aber er wute, wenn er jetzt ruhte, wrde ihm das Weitergehen spter um so schwerer fallen. Das wre einem Aufgeben gleichgekommen. Er mute den Wald erreichen. Wo die Riesen waren, sagte er sich, gab es auch Wasser.Das Unkraut wuchs hher. Die scharfkantigen, von einer dicken Haut berzogenen Bltter welkten selbst in Zeiten grter Trockenheit nicht. Im Dickicht der Halme fand Pork die erste Spur, da vor ihm jemand in diese Richtung gegangen war und Pflanzen rcksichtslos ausgerissen hatte. Vermutlich, um nach Wasser zu suchen, denn der Boden war an vielen Stellen aufgewhlt. Aber nicht einmal mehr Wrmer und anderes Getier hielten sich in der ausgedrrten Krume.Vereinzelt standen die ersten Riesen. Pork brauchte nur ihr verfrbtes Laub anzusehen, um zu wissen, da auch ihre Wurzeln kein Wasser mehr fanden.Ein breiter Graben zog sich durch das Land; die Erde hatte sich regelrecht abgesenkt und nacktes Gestein blogelegt. Der Multi erschrak. Er htte nicht geglaubt, so weit von der Stadt entfernt noch Spuren der Zerstrung zu finden.Um auf die andere Seite hinberzugelangen, war er gezwungen, auf den Grund der Schlucht hinabzuklettern. Mehrmals frchtete er, den Halt zu verlieren, aber er schaffte es. Je tiefer er kam, desto frischer wurde die Luft. Seine Knospen brachen nun schneller auf.Die Schlucht war von Felsblcken berst. Zwischen ihnen fand sich sogar Erdreich feuchtes Erdreich, wie Pork berrascht feststellte. Moose und Flechten wucherten hier. Er nahm keinerlei Rcksicht, als er gierig das bichen Nsse in sich aufsog.Zweifellos waren vor ihm schon andere Multis hier gewesen. Die Abdrcke ihrer Wurzeln fhrten die Schlucht entlang. Er folgte ihnen.Wenig spter stand er vor dem ersten toten Stamm, der noch mindestens die Hlfte seiner Bltter besa, also nicht erstickt sein konnte. Pork begann, ihn nher zu untersuchen, im nchsten Moment zuckte er entsetzt zurck. An vielen Stellen wies die Borke winzige Lcher auf. Als er vorsichtig ein Stck davon abbrach, wimmelte es darunter von kleinen braunen Kfern.Holzkfer!Pork stie einen Laut des Entsetzens aus und warf sich herum. So schnell ihn seine Wurzeln trugen, hetzte er davon. Gegen diese Insekten gab es kein Mittel, wenn sie erst ihre Eier unter der Rinde abgelegt hatten.Er stie auf zwei weitere tote Multis und schlug einen weiten Bogen um sie. Die Schlucht verengte sich allmhlich. Wenn er den Sehast hob, konnte er die Riesen erkennen, die zu beiden Seiten aufragten. Zum Teil reichten ihre Wurzeln bis zu ihm herab.Tuschte er sich, oder wurden die bislang steil abfallenden Wnde flacher? Der Boden stieg an. Aber noch war gengend Feuchtigkeit vorhanden, um die Wurzeln zu khlen. Erschpft erreichte Pork schlielich den Waldrand. Dichtes Gehlz wuchs hier, dazwischen weitlufige Moospolster und immer wieder aus der Hhe herabhngende Luftwurzeln der Riesen.Ein auffrischender Wind trug ihm das Gerusch ferner Stimmen zu. Von einer pltzlichen Sehnsucht erfllt, hastete er weiter.Tega! rief er.Nichts. Nur das Lrmen aufgescheuchter Tiere antwortete ihm.Eine Lichtung von Gras berwuchert und dichten Bschen begrenzt.Pork blieb stehen. Unmittelbar vor ihm hatte jemand das Gras entfernt und drei kleine Stecklinge eingepflanzt. Die frischen Triebe bewiesen, da sie gnstige Wachstumsbedingungen vorfanden.Dann erst gewahrte er die Multis, die auf ihn zukamen. Allen voran Tega.Nur mehr die berreste der Samenkapseln hingen zwischen ihren sten.Pork begriff, da die Stecklinge seine und Tegas Nachkommen waren.Pork, rief sie und streckte ihre Greifste nach ihm aus. Du hast es geschafft. Ich wute, da du kommen wrdest.

*

Etliche Perioden des Wachens und Schlafens wechselten einander ab, whrend das Leben sich weiter normalisierte. Obwohl sie im Wald gnstige Lebensbedingungen vorfanden, vermiten die Multis die Geborgenheit ihrer Stadt.Nur wenig mehr als fnfzig hatten berlebt. Die ersten von ihnen begannen bereits, Ableger zu bilden, Pork dachte noch nicht daran; er beobachtete das Wachstum der Stecklinge, deren Bltter zwar winzig waren, dafr aber um so eifriger sprossen.Das dichte Laubdach des Waldes verhinderte den Blick auf die Endlose Schwrze. Einerseits war Pork froh darber, andererseits frchtete er, die beiden glhenden Augen wrden wieder erscheinen, ohne da die Multis rechtzeitig davor gewarnt wurden. Mit jeder Periode, die verging, fhlte er eine strker werdende Anspannung.Dann, whrend er schlief, kam das erste schwache Beben. Er nahm es nicht einmal wahr, aber die anderen berichteten ihm davon.Von nun an war Pork stndig auf neues Unheil gefat. Seine Warnungen fanden nur bei wenigen Gehr. Sie wollten nicht zurck und sie konnten nicht weiter, weil vor ihnen die Wste lag, die den sicheren Tod verhie.Das Laub der Riesen begann zu verdorren. Die Multis bemerkten es, als die ersten welken Bltter fielen. Bald schon schimmerte die Schwrze zwischen kahlen sten hindurch, wurde ein Schlauch sich windender Helligkeit sichtbar. Schwache Beben kamen in immer krzeren Abstnden, und selbst das von Moosen berwucherte Erdreich begann aufzubrechen.Wohin sollen wir noch fliehen? wandte Tega sich an Pork. berall wartet der Tod auf uns.Wenn wir hierbleiben, erwiderte er heftig, werden wir frher oder spter sterben. Sobald das rote Auge wieder am Himmel steht, ist es fr uns Zeit aufzubrechen.Die Stunde kam schneller, als er befrchtet hatte.Whrend die Erde strker zitterte als je zuvor, whrend die Riesen chzend und sthnend schwankten, senkte sich eine dstere Rte auf das Land herab. Scheinbar zum Greifen nahe stand das glhende Auge; seine Strahlen muten die Welt verdorren lassen.Panik brach aus. In die verzweifelten Schreie der Multis mischte sich das Bersten und Krachen der ersten entwurzelten Bume.Die Stecklinge, schrie Tega. Wir mssen sie mitnehmen.Pork hastete neben ihr her. Gemeinsam versuchten sie, die inzwischen zu beachtlicher Gre gewachsenen jungen Stmme, die sich noch nicht aus eigener Kraft bewegen konnten, zusammen mit einem Ballen Nhrboden auszugraben.Der Lrm ringsum wurde ohrenbetubend. Sie hatten den ersten Stamm ausgestochen, als Pork zufllig in die Hhe blickte. Im nchsten Moment warf er sich auf Tega und rollte mit ihr und dem Steckling zusammen einen kleinen Abhang hinunter. Wo sie eben noch gestanden hatten, schlug einer der Riesen auf. Wenn sie nicht schon vom Aufprall gettet worden wren, htten zumindest seine weit ausladenden ste sie durchbohrt. Tega wollte zurck, aber Pork hielt sie fest an sich gedrckt.Es hat keinen Sinn, sagte er. Wir mssen uns selbst in Sicherheit bringen.So schnell sie konnten, rannten die Multis auf ihren Wurzeln davon, whrend hinter ihnen immer mehr Bume splitterten.Die Wste erwartete sie: vom Sturm aufgewirbelter feinkrniger Sand, der in dichten Schwaden dahintrieb und die Sicht auf ein Minimum begrenzte. Sie wuten, dies war die Hlle, aber ihnen blieb keine andere Wahl. Pork versammelte die wenigen berlebenden um sich.Wir mssen dicht beieinander bleiben, sagte er. Allein hat keiner eine Chance.Ohne da sich Widerspruch regte, bernahm er die Fhrung. Der warme Sand schmerzte den Wurzeln, trocknete sie aus und zerstrte die vielen feinen Hrchen, die den Multis einen ausgezeichneten Tastsinn verliehen, er zerfetzte die Bltter und Blten und schmirgelte selbst die dicke Rinde von den Stmmen, bis das nackte Holz hervortrat. Zudem verband er sich mit dem aus den Wunden austretenden Harz zu harten, schmerzenden Krusten.Stumm schleppten sich die Multis durch die Wste zersauste Silhouetten inmitten einer ihnen feindlichen Umgebung. Das Heulen des Sturmes bertnte jedes Wort. Wer strzte, besa selbst nicht mehr die Kraft, sich zu erheben, jede verzweifelte Anstrengung lie ihn nur noch tiefer einsinken er war auf die Hilfe der anderen angewiesen.Die Beben waren strker geworden, sie kamen nun in ununterbrochener Folge. Pork begann allmhlich zu begreifen, da sein Aufbumen gegen das Schicksal vergebens sein mute. Die Welt der Multis schien zum Untergang verurteilt. Er verfluchte das rote Auge, dessen Feuerschein selbst den Sandsturm durchdrang und die Wste mit flackernden Schatten erfllte.Der Zeitpunkt, an dem alle so geschwcht waren, da sie nicht mehr weiter konnten, kam schnell. Pork gab zu verstehen, da sie sich eng aneinander drngen sollten. So blieben wenigstens einige vom Sand verschont.Irgendwann flaute der Sturm ab. Aber es mochte nur ein Atemholen der aufgepeitschten Natur sein, bevor diese endgltig zuschlug.

*

Ein Meer sich stndig verndernder Farben berzog das Firmament. Obwohl von berwltigender Schnheit, barg es zugleich den Keim des beginnenden Untergangs in sich. Pork glaubte nun den Aussagen der Lauscher, die das Ende der Welt prophezeit hatten. Existierten in den Weiten der Unendlichkeit wirklich Strmungen, aus denen man die Zukunft erfahren konnte? Vieles, ber das er noch vor kurzem mitleidig gelacht hatte, war inzwischen eingetroffen.Pork schttelte den Sand aus seinen sten. Jede Bewegung schmerzte. Aber es gab kein Zurck mehr. Die anderen setzten ihr Vertrauen in ihn. Mit einem raschen Blick stellte er fest, da drei Multis fehlten. Vermutlich hatten sie sich in dem Sandsturm, der inzwischen vllig zum Erliegen gekommen war, verirrt.Es gab nichts, woran man sich orientieren konnte. Nichts als sanft gewellte Dnen, die sich in alle Richtungen bis zum nahen Horizont erstreckten.Wir mssen weiter! hrte Pork sich krchzen. Je lnger wir verweilen, desto schlimmer wird es fr uns.Niemand widersprach. Sie waren noch zwanzig. Vielleicht die letzten ihres Volkes? Pork wute es nicht, wollte es auch nicht wissen, denn das htte seine selbst bernommene Verantwortung nur noch unertrglicher werden lassen.In langer Reihe schleppten sie sich durch die Wste. Niemand konnte sagen, wann sie fruchtbare Gebiete erreichen wrden. Tega trug den Steckling, der mittlerweile ein Achtel ihrer Gre besa. Obwohl es ihr schwerfiel, lie sie sich nicht einmal von Pork helfen.Ein Lichtblitz zuckte auf, gefolgt von grollendem Donner, der sich rasch ber den ganzen Himmel auszubreiten schien. Zwei groe Streifen, dnn wie verwehender Nebel, zeichneten sich vor dem roten Leuchten ab.Pork hielt den Sehast in die Hhe gerichtet, whrend seine Wurzeln monoton durch den Sand stapften. Deshalb entdeckte er die silbern glitzernden Punkte sofort, die wenig spter dicht ber dem Horizont erschienen, sich rasch nherten und dabei grer wurden. Sie sahen aus wie riesige Vgel, und wie diese kreisten sie eine Weile ber den Multis, ehe sie in Wolken von aufgewirbeltem Sand niedergingen.Das sind keine richtigen Vgel, behauptete Tega spontan.Die seltsamen Tiere maen gut fnfzig Wurzellngen. Sie besaen kein Gefieder, sondern eine vllig glatte Haut. Dort, wo eigentlich ihre Schwnze sein sollten, flimmerte die Luft vor Hitze.Pork zuckte kurz zusammen, als die Haut beider Vgel sich ffneten und Wesen daraus hervorkletterten, die nur wenig grer als Multis waren.Sie kommen aus der Unendlichkeit, stellte er fest.Erst Tegas berraschter Blick lie ihn das Ungeheuerliche an seiner Behauptung erkennen.Woher weit du das? fragte sie verblfft.Er hatte keine Ahnung. Entwickelte er gar die Fhigkeiten eines Lauschers? Erschreckt ber sich selbst, wandte er sich wieder den seltsamen Fremden zu, die auf nur zwei langen und bermig dicken Wurzelstrnken nher kamen. Auch ihre ste waren verkmmert und zu unfrmigen Fortstzen geworden, die in jeweils fnf kurzen, blattlosen Zweigen endeten. Oben auf ihrem allem Anschein nach beraus biegsamen Stmmen befanden sich kugelfrmige, von grashnlichen Gewchsen berzogene Gebilde, in deren Mitte lediglich zwei kleine Augen angeordnet waren. In ihren verkmmerten sten trugen sie glatte Rohre mit bedrohlich flimmernden ffnungen an einem Ende.Die Fremden sagten etwas in einer Sprache, die keiner der Multis verstand.In einer Geste, die Freundschaft bedeutete, streckte er seine ste von sich. Sofort ruckten die seltsamen Rohre herum, richteten ihre ffnungen auf ihn. Pork hatte das untrgliche Gefhl, da es besser war, auf der Stelle zu verharren. Aber noch ehe er Tega eine Warnung zurufen konnte, hielt sie den Fremden ihren gemeinsamen Steckling entgegen und ging auf sie zu.Wir brauchen eure Hilfe, sagte sie. Gebt uns Wasser, sonst verdorren Ein greller, blendender Blitz zuckte auf. Tegas gellender Schrei brach abrupt ab. Lichterloh brennend, machte sie noch zwei Schritte auf die Fremden zu, bevor sie zusammenbrach. Ihr ausgetrockneter Krper setzte dem Feuer keinerlei Widerstand entgegen.Ihr habt sie gettet! schrie Pork auer sich vor Zorn und Entsetzen. Mit ansehen zu mssen, wie Tega verbrannte, und nicht helfen zu knnen, trieb ihn fast in den Wahnsinn. Haerfllt wollte er sich auf die Angreifer strzen, als ihn jh ein heftiger Schlag traf und einknicken lie. Er blieb zwar bei Besinnung, aber er vermochte nicht einmal mehr die kleinste Wurzel zu bewegen. Hilflos mute er mit ansehen, wie die Multis der Reihe nach zusammenbrachen. Die Fremden hoben sie auf und schleppten sie in ihren silbernen Vogel, wo sie die Stmme achtlos bereinander warfen. Mancher drre Ast brach dabei ab.Mitten im Raum war ein Stck Wste, und einige der Fremden standen darum herum und taten so, als msse jeden Augenblick etwas geschehen. Pork besa einen recht guten berblick. Er konnte alles wahrnehmen, nur war er nicht in der Lage, sich aufzurichten.Er erschrak, als die Wste sich vernderte, kleiner wurde, und als gleich darauf auch der Wald, von einer Vielzahl von Erdspalten durchzogen, wie aus dem Nichts heraus entstand. Zudem machte sich ein seltsames, gleichmiges Vibrieren bemerkbar, das den nackten, kalten Boden durchzog, auf dem er lag.Pork begann zu begreifen, da der Vogel sich wieder in die Lfte erhoben hatte. Und er sah durch dessen Augen. Wie, das begriff er nicht, doch es mute so sein. Der Berg wurde sichtbar, an dessen Flanke sich die Stadt befunden hatte.Ein nicht enden wollender Glutstrom wlzte sich ber die Hnge in die Tiefe, und dichte Wolken von Rauch und Asche verhllten den Gipfel. Das Land ringsum brannte. Es war ein weites Land, das von den Lichtfluten der zuckenden Helligkeit umspielt wurde.Pork erschrak zutiefst. Seine Welt, seine Heimat, war dem Ende nahe. Er ahnte, da es keine Rettung geben konnte, aber er weigerte sich, zu begreifen, da die Oberflche sich aufwlbte und in tausend Stcke barst, die aufflammend aus seinem Blickfeld verschwanden. Er wollte schreien und konnte es nicht, weil die seltsame Lhmung noch immer nicht von ihm gewichen war. Zweifellos trugen die Fremden die Verantwortung dafr, denn ihr Vogel strzte sich in die alles verschlingende Helligkeit.Das letzte, das Pork empfand, war grenzenloser Ha. Er wrde kmpfen

*

Was hat diese Geschichte mit Sanny, Kik und Asgard zu tun? unterbrach Atlan Porters Erzhlung. Erneut hatte das eigenartige Wesen sein Aussehen verndert, als knne es sich nicht entscheiden, welche Form es letztlich annehmen sollte. Irgendwie erinnerte es nun an einen von abstehenden Schuppen umgebenen Kegel.Sehr viel, Atlan, erwiderte Porter. Wbbeking-Nar'Bon will dir sagen, da die Existenz der Nabel nicht nur die Vlker von Bars und Farynt gefhrdet, sondern sie sogar in der Namenlosen Zone Unheil stiften knnen. Die Welt der Multis stand zufllig an einem der bergangspunkte und mute weichen, damit der Nabel sich stabilisieren konnte.Was weit du ber sie? fragte Tyari.Porter zgerte.Nichts, was ich nicht schon erzhlt htte, gestand er dann.So klar wie jetzt waren seine Gedanken bisher nicht zu erfassen gewesen. Tyari las Trauer und Sehnsucht in ihnen und eine schier grenzenlose Einsamkeit. Unbewut suchte Porter nach etwas, von dem er weder wute, was er war, noch wo er es finden konnte. Es schien beinahe, als suche er ein Stck seiner selbst oder den Sinn seines Daseins, das sich nicht allein darin erschpfen konnte, Wbbekings Bote zu sein.Tyari erkannte, da Porter tatschlich nichts ber sich selbst wute.Wenn es eine Mglichkeit gibt, dir zu helfen, dachte sie bei sich, dann werde ich es tun.Sie vermutete, da Wbbeking-Nar'Bon ganz bestimmte Ziele verfolgte. War Porter nicht nur gekommen, um ihnen von unwiderruflich Vergangenem zu berichten? Sollten sie und Atlan weit wichtigere Hinweise erhalten?War Porter der Schlssel fr einige der Geheimnisse von Bars-2-Bars?

4.PREZZAR

Tyars Anwesenheit war so deutlich wie nie zuvor zu spren, beider Umklammerung hatte etwas Eisiges an sich. Verzweifelt versuchte der Instinkt von Farynt, seine Gedanken und Empfindungen vor Tyar zu verbergen.Prezzar hatte Angst vor der Entscheidung, die er so lange schon herbeisehnte.Vielleicht war er zu schwach, um siegen zu knnen.Zweifel nagten an seiner Existent. Aber er hatte es tun mssen, obwohl er damit viel von seiner eigenen Substanz opferte er hatte ein Wesen formen mssen, das sich auerhalb des Gefngnisses bewegen konnte, so wie Tyar aus sich selbst heraus Tyari erzeugt hatte.Mjailams Erschaffung hatte ihm viel Kraft abverlangt Zugleich war er stolz darauf, es geschafft zu haben.Mjailam das bedeutete nicht nur der letzte Versuch, das hie auch: Fri Tyar!

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Als Asgard die Falle erkannte, war es zu spt, um Sanny und Kik noch zu warnen. Es ging um Sekunden. Wenn er zgerte, vertat er damit jede Chance, den beiden spter helfen zu knnen.Die dichtstehenden Bume hinderten ihn daran, mit Hchstwerten aufzusteigen. Glutstrahlen fraen sich hinter ihm ins Gest, erreichten ihn aber nicht mehr. Asgard ahnte, da die Fremden, die er beinahe fr Solaner gehalten htte, einen Sttzpunkt unter der Oberflche von Zwielicht besaen. Und irgendwie hatte er das Gefhl, da sie weder zu Bars noch zu Farynt gehrten. Das waren Neuigkeiten, die Atlan und seine Solaner zweifellos interessieren muten.Asgard schwebte dicht ber den Wipfeln der brennenden Bume; der Beschu hatte aufgehrt. Die beiden Jger bemerkte er erst, als sie bereits das Feuer aus ihren starr eingebauten Bugkanonen erffneten. Vor und neben ihm schlugen armdicke Glutstrahlen ein und zerfetzten die Baumkronen.Asgard reagierte, ohne zu zgern. Innerhalb von Sekunden fiel die Oberflche von Zwielicht unter ihm zurck.Vorbergehend lieen die Verfolger Verwirrung erkennen, dann versuchten sie, ihn in die Zange zu nehmen. Blitzschnell hintereinander wechselte er mehrmals den Kurs. Asgard war nicht sicher, ob sie ihn in der Ortung hatten oder nur optisch ausmachen konnten. Trotzdem versuchte er, die Blendwirkung des roten Riesen fr sich auszunutzen, und hielt auf die Sonne zu.Die Jger blieben hinter ihm. Sie holten auf, lieen sich nicht abschtteln. Rein instinktiv verfiel Asgard in einen krftezehrenden Zickzack-Kurs, den seine Verfolger nicht durchhalten konnten. Tatschlich vergrerte sich die Distanz zwischen ihnen wieder. Zwielicht war schon nicht viel mehr als ein winziger, strahlender Punkt in der Schwrze des Alls ein Stern von unzhligen.Aber einige andere Sterne wuchsen scheinbar an.Raumschiffe!Sie kamen dicht gestaffelt aus dem Linearraum und riegelten mehrere Sektoren vllig ab. Vorbergehend versprte Asgard Belustigung. Wenn der Aufwand ihm galt, muten die Fremden ihn fr sehr wichtig halten. Ihre Absicht, ihn einzukreisen, war offensichtlich. In einer engen Kreisbahn scho er auf die rote Sonne zu, innerhalb deren Korona er zumindest vorbergehend sicher sein wrde.Zwei Raumschiffe materialisierten vor ihm. Asgard tat das in dieser Situation vermeintlich Richtige. Anstatt zur Seite hin auszuweichen, raste er weiter auf sie zu, und er war zwischen ihnen hindurch, ehe die groen Geschtztrme feuern konnten.Dann trennten ihn nur noch wenige Lichtsekunden von der Riesensonne.In dem Moment, in dem er bemerkte, da die Schiffe ihm nicht folgten, begriff er seinen Fehler. Aber es war bereits zu spt, um erneut zu fliehen.Aus dem Ortungsschatten der Sonne heraus griffen starke Traktorstrahlen nach ihm. Asgard versuchte vergeblich, ihnen zu entkommen. Unaufhaltsam wurde er auf die geffnete Hangarschleuse einer erst jetzt sichtbar werdenden Station zu gezogen

*

Der Raum, in den die Fremden sie gebracht hatten, war kahl und bar jeder technischen Einrichtung. Er besa die Form eines exakten geometrischen Wrfels mit einer Kantenlnge von etwa fnf Metern. Finsternis herrschte. Nur hin und wieder blitzten in unregelmiger Folge grelle, blendende Lichter auf, die den Augen schmerzten und selbst die geschlossenen Lider durchdrangen.Wir haben uns schn dumm angestellt, nicht wahr, bemerkte Kik trotzig.Sanny antwortete nicht.Du httest es berechnen knnen, nicht wahr?Die Molaatin schttelte den Kopf. Wieder flammte es kurz hintereinander in mehreren Wnden auf. Fr die Dauer von Sekundenbruchteilen schien Kiks Seesternkrper durchsichtig zu werden; Sanny sah die Organe in seinem Innern pulsieren. Aufsthnend prete sie die Hnde auf ihre Schlfen ihr Schdel schien zerspringen zu wollen. Das Pochen unter der Kopfhaut machte es unmglich, Berechnungen anzustellen. Zweifellos war dieses alles durchdringende Licht dafr verantwortlich. Es lhmte die Psyche und lie sie mehr und mehr in einem Wust wirr durcheinanderwirbelnder Gedanken versinken.Kiks Verhalten bewies der Molaatin, da auch er davon betroffen war. Der liebenswerte Bursche redete viel, plapperte einfach drauflos, als wolle er seine Angst und Unsicherheit dahinter verbergen. Schon die Finsternis wirkte zermrbend, das Licht aber noch weitaus mehr keine krperliche Folter htte schlimmer sein knnen als dieses in den Wahnsinn treibende Wechselspiel.Sanny hatte jeden Zeitbegriff verloren, sie wute nicht zu sagen, ob sie schon seit Stunden in diesem Gefngnis saen oder erst wenige Minuten. Nur eines war ihr klar: ber kurz oder lang muten Kik und sie zu seelischen Wracks werden, die vorbehaltlos ihr Wissen ausplauderten. Sie wrden es allein schon deshalb tun, um den grellen Blitzen wenigstens fr kurze Zeit zu entgehen.Buchlings auf dem glatten, fugenlosen Boden liegend, die fnf Gliedmaen ber dem Kopf ineinander verhakt und seine Augen damit drftig bedenkt, schien Kik seiner Einbildung freien Lauf zu lassen. Sanny wertete das als erstes Zeichen einer rasch voranschreitenden Verwirrung. Der Seestern murmelte etwas von einer Prezzarleserin namens Djerbsch, von einem Planeten Vlahbheyn was immer das bedeuten mochte, denn Sanny erkannte, da dieses Wort eine Synthese aus den Begriffen Vlahreser und Bheynder war und von Annymon. Als sie ihn sanft berhrte, rollte er sich wimmernd zusammen. Trotzdem war ihr, als sei in seiner Nhe der uere Einflu nicht mehr ganz so stark. Zgernd lie sie sich nieder, berkreuzte die Beine und verbarg ihren haarlosen Kopf in den Handflchen.Sie schreckte jh auf, als vor ihr eine ffnung in der Wand entstand. Obwohl Kik und sie anfangs den Raum genau untersucht hatten, hatten sie nicht einmal die Spur eines Zugangs gefunden.Roboter schwebten herein. Sie besaen die ideale Kugelform. Ein Kranz von Sehzellen im oberen Drittel des Rumpfes erlaubte ihnen Rundumsicht, und die langen, biegsamen Tentakel, die jeweils in drei Greifklauen endeten, machten sie zweifellos zu ernst zu nehmenden Gegnern.Sanny unternahm nicht den geringsten Versuch einer Gegenwehr, lediglich Kik schlug mit seinen fnf Gliedmaen heftig um sich, erreichte damit aber nur, da die Roboter hrter zupackten.Die Molaatin war berzeugt davon, da sie sich in einer Station unter der Oberflche von Zwielicht befanden. Das Wenige, was sie zu sehen bekam, besttigte sie in ihrer Meinung. Aus verborgenen Lichtquellen drang gedmpfte Helligkeit, die keine Schatten warf. Alles wirkte steril. In einem Antigravschacht, gro genug fr die Aufnahme sperriger Lasten, schwebten sie in die Hhe. Sanny versuchte abzuschtzen, wie weit, gab ihren Versuch aber nach der dreiigsten Etage verwirrt auf. Neunhundert Meter und alles war noch riesiger. Wenn sie den Kopf hob, schien es ber ihr kein Ende zu geben. Hatten die Fremden den halben Planeten ausgehhlt? Instinktiv ahnte sie, da sie einem Geheimnis auf der Spur war, doch fiel es ihr schwer, Berechnungen in gewohnter Weise anzustellen. Irgendein uerer Einflu hinderte sie daran. Vielleicht die ungewhnlichen Strahlungsverhltnisse der Doppelsonne, die sich selbst in dieser Tiefe noch bemerkbar machten. Einen Moment lang dachte Sanny daran, da Zwielicht bald den Schnittpunkt aller Schwerkraftlinien erreicht haben mute.Die Roboter verlieen den Antigravschacht. Hatte es bislang so ausgesehen, als gbe es innerhalb der Station keine lebenden Wesen, so gelangte man nun in belebtere Bereiche. Die vorberhastenden Fremden sahen tatschlich wie Solaner aus. Sanny begann sich vorzustellen, welches Unheil sie stiften konnten, falls sie versuchten, die Friedensbemhungen zwischen den Vlkern von Bars und Farynt zu hintergehen.Steckte Anti-ES hinter alldem?Ein Schott schwang auf. Im ersten Erschrecken glaubte die Molaatin, in den leeren Weltraum hinauszublicken, dann erkannte sie, da es sich lediglich um ein perfektes Hologramm handelte, aufgenommen von einem mit Unterlichtgeschwindigkeit fliegenden Raumschiff.Da standen zwei Sessel, fr die Krpermae von Kik und Sanny viel zu gro. Dennoch lieen die Roboter beide hineinfallen. Fesselfelder hielten sie auf den weichen Polstern fest. Die gleich darauf von irgendwoher erklingende Stimme bediente sich des unverstndlichen Idioms der Fremden.Leise sthnend rollte Kik mit den Augen. Er versuchte vergeblich, freizukommen.Die Stimme nahm einen drngenden Klang an. Sie hatte etwas Suggestives an sich. Noch unterdrckte Sanny den Zwang, reden zu mssen; sie kmpfte gegen sich selbst einen letztlich aussichtslosen Kampf. Schon hrte sie Kik losplappern. Wie ein Wasserfall sprudelten all die belanglosen Dinge aus ihm hervor, die ihm gerade in den Sinn kamen.Das gengt! erklang es schroff. Ich will wissen, wer euch geschickt hat.Kiks Wortschwall hatte die Translatoren der Fremden mit dem erforderlichen Wortschatz versehen.Niemand, nicht wahr, sagte er.Du lgst. Euer Erscheinen zu diesem Zeitpunkt kann kein Zufall sein.Kein Wort von Asgard. Sollte ihm die Flucht gelungen sein? Das lie Sanny hoffen.Welchen Grund htte ich, zu lgen? meinte Kik.Viele. Aber du wirst nicht lange schweigen. Der unmenschliche Klang der Stimme lie Sanny erschaudern. Tuschte sie sich, oder zeichnete sich ein Schatten inmitten des Hologramms ab? Tatschlich kam einer der Fremden auf sie zu. Auf seinen befehlenden Wink hin brach die dreidimensionale Bildwiedergabe zusammen und lie erkennen, da der Raum, in dem man sich befand, in Wirklichkeit doppelt so gro war. Es mochte sich um eine Art Zentrale handeln, denn im Hintergrund herrschte rege Geschftigkeit.Der Mann blieb unmittelbar vor Sanny stehen. Wir haben euch lange genug beobachtet, bevor wir uns zum Eingreifen entschlossen. Was sucht ihr auf unserer Welt?Brennend rann ihr der Schwei in die Augen, aber die Molaatin konnte die Arme nicht heben, um sich ber die Stirn zu wischen. Der Fremde grinste sie herausfordernd an. Fr einen flchtigen Moment glaubte sie, Atlan vor sich zu sehen. Sie stand unter einem Schock, den die noch immer in ihr verwurzelte Finsternis und die zuckenden grellen Blitze ausgelst hatten, obwohl sie verzweifelt versuchte, dagegen anzukmpfen.Was? drngte der Fremde. Blitzschnell packte er zu und zwang sie, ihn anzusehen. Ein harter, erbarmungsloser Zug umspielte seine Mundwinkel. Die stechenden, tief in den Hhlen liegenden Augen schienen Sanny durchbohren zu wollen.Anti-ES , murmelte sie. Wie von selbst kamen die Worte ber ihre Lippen. Wir suchen einen bergang in die Namen Kiks verzweifeltes chzen unterbrach sie. Sanny bemerkte, da er sie anstarrte.Der Griff des Fremden wurde hrter. Trotzdem brachte die Molaatin nun ein Lcheln zustande. Instinktiv fragte sie sich, was mit ihr geschah, Kiks Blick ruhte noch immer auf ihr. In ihren Gedanken wirbelte alles haltlos durcheinander.Ich werde nichts sagen, erklrte sie. In einem Winkel ihres Bewutseins keimte die Ahnung, da der Vlahreser fr ihre pltzliche Empfindungslosigkeit verantwortlich war.Alles um sie her versank in Bedeutungslosigkeit. Die Schmerzen waren wie weggewischt. Unbeteiligt nahm Sanny wahr, da der Fremde sie schlug. Er verlor zusehends die Fassung und wurde wtender. Der normale Arbeitsablauf innerhalb der Zentrale geriet ins Stocken. Immer mehr fragende Gesichter wandten sich ihnen zu. Sanny war es, als schwebe sie ber den Dingen. Kiks Nhe bte einen beruhigenden Einflu aus.Bringt sie weg! schrie der Mann vor ihr. Lat sie so lange schmoren, bis sie reden!Die Tentakel eines Roboters zerrten Sanny aus dem Sessel. Flchtig empfand sie Furcht davor, zurckgebracht zu werden.Soweit wird es nicht kommen, schien Kiks Winken zu bedeuten. Mit vier seiner Gliedmaen klammerte der Seestern sich an den Kugelkrper des Roboters. Im nchsten Moment ri die Maschine ihre Waffenarme hoch.Fauchend brachen Glutbahnen aus den Abstrahlmndungen hervor. Entsetzte Schreie wurden laut. Im Hintergrund implodierten Bildschirme mit lautem Knall. An verschiedenen Stellen begann der Bodenbelag blasenwerfend aufzuglhen. Dunkler, schwerer Qualm behinderte die Sicht, es roch nach Ozon und verschmortem Kunststoff.Der Roboter schwebte zur Decke empor und begann von oben her alles, was sich bewegte, unter Beschu zu nehmen. Kik hing wie eine dicke rote Klette an ihm. Sanny zweifelte nicht eine Sekunde lang daran, da der Vlahreser fr das entstandene Durcheinander die Verantwortung trug, auch wenn ihr unverstndlich war, wie er das Programm der Maschine beeinflute.Noch immer regte sich keine Gegenwehr. Die Fremden schienen sich innerhalb ihrer Station zu sicher gefhlt zu haben. Erstaunlich auch, da keiner verletzt wurde, obwohl die Maschine ununterbrochen feuerte. Meterhohe Stichflammen verwsteten einen Aggregatblock und schwrzten die Decke. Deutlich konnte Sanny erkennen, da ein Mann von glhenden Trmmerstcken getroffen wurde. Den Bruchteil eines Augenblicks zuvor verschwammen jedoch seine Umrisse schattenhaft. Der Roboter scho auf ihn, konnte ihn aber ebenfalls nicht aufhalten.Die Luft war kaum mehr atembar, sie brannte wie Feuer in den Lungen. Sanny fhlte, da ihre Sinne sich allmhlich wieder verwirrten. Der Roboter, der sie nach wie vor fest umklammert hielt, hatte bislang regungslos verharrt. Nun mochte er neue Befehle erhalten haben, denn er entfernte sich schneller werdend in Richtung auf das groe Schott.Schlagartig herrschte Ruhe, nur unterbrochen vom Knistern und Knacken abkhlenden Metalls. Der andere Roboter, in dessen Tentakeln Kik hing, hatte das Feuer eingestellt. Wie durch einen trben Schleier hindurch konnte Sanny erkennen, da der Vlahreser offenbar die Besinnung verloren hatte. Das bestrkte sie in ihrer Annahme, er knne der Urheber des Zwischenfalls gewesen sein. Sie mute sich eingestehen, da sie lngst nicht genug ber den rothaarigen Burschen wute. Auch wenn er unscheinbar wirkte und mitunter sogar leicht einfltig schien er Fhigkeiten zu besitzen, von denen niemand etwas ahnte.Die Roboter brachten sie in den Gefngnisraum zurck.

*

Schwrze bengstigend und vollkommen, angefllt mit allen Schrecken menschlichen Denkens.Dann wieder Licht ein kurzer, gleiender Blitz, sich gierig hineinfressend in jede einzelne Nervenzelle, schmerzhaft und zerstrerisch.Nachdem die Roboter sie achtlos abgeladen hatten, hatte Sanny sich zu Kik vorgetastet, der noch immer ohne Bewutsein war. Nur manchmal durchliefen Zuckungen seinen weichen Krper.Zum erstenmal seit langem sprte die Molaatin wieder, wie beklemmend Hoffnungslosigkeit sein kann. Sie fhlte sich leer und ausgebrannt. Unter diesen Umstnden auch nur eine einzige Berechnung aufzustellen, war unmglich.Sanny schluchzte leise. Sie war sich ihrer Sache so sicher gewesen zu sicher, wie sie sich nun eingestand.Jeder grelle Blitz fra ein Stck ihrer selbst. Die absolute Stille war zermrbend. Innerlich wehrte die Paramathematikerin sich gegen jedes neue Aufleuchten, verkrampfte sich, verbarg sich schlielich sogar hinter selbstzerstrerischen Gedanken. Konnte es eine schlimmere Art der Folter geben?Endlich begann Kik sich zu regen. Als suche er Hilfe bei der Molaatin, umklammerten seine fnf Arme ihren zierlichen Krper und zogen sie zu sich heran. Sanny geno seine Nhe, die ihr wie ein ruhender Pol erschien, sie lie es zu, da er sich sanft ber sie schob.Gut so, nicht wahr.Seine geflsterten Worte drangen nur langsam in ihr bewutes Denken vor.Kik ist gut, nicht?Ja, nickte Sanny monoton. Du Sie unterbrach sich. Die Finsternis war pltzlich nicht mehr so kalt, das Aufblitzen weit weniger schmerzhaft als eben noch.Kik lie ein leises Kichern vernehmen.Ich beschtze dich, Kleines, nicht wahr. Genauso wie ich Atlan beschtzt habe, damals, auf der Basis des Ersten Zhlers.Wie machst du das?Ich wei nicht, nicht wahr.Spare dir deine komischen Zustze. Ich denke, du bist intelligenter, als du dich gibst.Kik schwieg fr eine Weile.Ich wei es wirklich nicht, beteuerte er dann. Vielleicht kannst du berechnen, was mit mir los ist.Glaubst du, das htte ich nicht lngst versucht?Liebkosend strich der einem Seestern hnliche Vlahreser ber Sannys lindgrnen Pelz.Wir beide gehren zusammen, sagte er.Weil ich seit den Geschehnissen in der Namenlosen Zone ein Leben von dir in mir trage?Das ist nicht ausschlaggebend.Du glaubst daran, da unser Schicksal vorherbestimmt ist, nicht wahr, vermutete Sanny.H, machte Kik berrascht.Ich meine, du Nein, nicht das, wehrte er schnell ab. Du hast nur gerade nicht wahr gesagt. Kik bewegte sich so ungeschickt, da er Sanny einfach umstie.Recht unsanft landete sie auf ihrem verlngerten Rckgrat.Manchmal ist es sinnlos, mit dir diskutieren zu wollen, seufzte sie. Ich stelle nur die Tatsachen fest. Vor einigen Stunden warst du ebenso hilflos wie ich, nun beschtzt du mich vor der psychischen Folter und scheinst selbst nahezu immun zu sein. Du konntest einen Roboter der Fremden beeinflussen, der daraufhin ein nicht zu unterschtzendes Feuerwerk veranstaltete.Habe ich das? Und seit wann bedienst du dich dieser seltsamen Ausdrucksweise? Du machst sie den Solanern nach, nicht wahr?Versuche nicht, mich abzulenken. Sanny stie von unten her ihre Faust in Kiks Weichteile, was er durchaus als freundschaftlichen Klaps aufnahm. Ich kann dich nicht berechnen.Dann will ich dir etwas sagen, du kleines Rechengenie: Mglich, da die Strahlung der beiden Sonnen daran schuld ist, vielleicht auch der vermutete bergang zur Namenlosen Zone, den du als Nabel bezeichnest, oder sonst was. Ich wei es nicht, ich will es nicht wissen, ich Warum ereifere ich mich berhaupt so? Wir sollten lieber zusehen, da wir einen Ausweg finden. Ich habe nmlich das dumme Gefhl, da wir uns beinahe schon in der Gewalt von Anti-ES befinden, nicht wahr.Unter Kiks aufgewlbtem Krper fhlte Sanny sich geborgen. Die von Lichtblitzen durchzuckte Finsternis war geblieben, dennoch schwand der Alptraum massiver Beeinflussung mehr und mehr. Im gleichen Ausma gewann die Molaatin ihr Knnen zurck, aus den vorhandenen Fakten eindeutige Schlsse zu ziehen.Demnach befand man sich noch auf Zwielicht, und die gigantische technische Anlage war Teil des Nabels, der Verbindung zur Namenlosen Zone. Durch die berlappung der Galaxien Bars und Farynt muten mehrere solcher bergnge entstanden sein, die meisten davon wohl instabil oder zumindest Schwankungen unterworfen. Die Maschinen im Innern des Planeten waren imstande, in einem eng begrenzten Umfeld den bergang sowohl knstlich hervorzurufen als auch beliebig zu erhalten oder zu stabilisieren.Es kann nicht mehr lange dauern, bis Zwielicht den Schwerpunkt zwischen den Sonnen passiert, gab Kik zu bedenken. Wir werden uns darauf vorbereiten, nicht wahr.Sanny hatte errechnet, da der Planet nur etwa alle zwlf Jahre diesen Stand erreichte, und da die sich gegenseitig aufhebende Schwerkraft der beiden Sonnen Einflu auf die Raumkrmmung nahm. Dabei mochte es zu Effekten kommen, die die Aufmerksamkeit der Fremden voll in Anspruch nahmen, da diese sich nicht auerdem mit ihren Gefangenen befassen konnten.

*

Die ersten Vernderungen traten schneller auf, als Kik und Sanny vermutet hatten. Rtliche Lichtschleier durchdrangen die Wnde ihres Gefngnisses, verteilten sich wie feiner Nebel und verschwanden innerhalb von Sekunden wieder, nur um jedesmal an anderer Stelle erneut aufzutauchen lnger und ein wenig intensiver. Die Finsternis wich dem fahlen Leuchten.Die Schwerkraft, ebenso hoch wie an Bord der SOL, wurde Schwankungen unterworfen. Wenn Kik sich sanft abstie, konnte er meterweite Sprnge vollfhren.La den Bldsinn, tadelte Sanny. Wenn die Auswirkungen ins Gegenteil umschlagen, brichst du dir das Genick.Sie konnten pltzlich den Gang sehen, der vor ihrem Gefngnis verlief. Aber noch ehe sie die Stelle erreichten, verlor die Wand ihre Transparenz wieder. Leichte Erschtterungen durchliefen den Boden, begleitet von den Geruschen auf Vollast arbeitender Energieerzeuger.Kik reckte sich auf drei seiner Gliedmaen zu voller Gre auf und verschrnkte die beiden anderen Arme herausfordernd.He, rief er. Wann brechen wir endlich aus?Noch hat der Planet die optimale Position nicht erreicht.Woher willst du das wissen?Ich habe es berechnet.Hm, brummte Kik. Deine Berechnungen basieren lediglich auf Vermutungen, nicht wahr?Im nchsten Moment zog Sanny ihn einfach hinter sich her, auf die erneut transparent gewordene Wand zu. Ein flchtiger Windhauch schien sie zu streifen, dann waren beide hindurch und wurden von der kurzfristig ansteigenden Schwerkraft in die Knie gezwungen. Kik wollte etwas sagen, brachte aber nur ein heiseres Sthnen hervor. Sannys Griff lockerte sich.He, erklang es hinter ihnen. Wann brechen wir endlich aus?Der Vlahreser, der sah, wie die Molaatin unglubig die Augen aufri, wirbelte herum. Bis er begriff, weshalb die Stimme ihm so eigenartig vertraut vorkam, war es bereits zu spt. Der Schreck lie ihn taumeln.Das, das bin ich selbst , stammelte er.Sanny nickte schwer.A-aber wieso? Und weshalb ausgerechnet ich? Kik starrte sein Ebenbild an, als stnde er einem Geist gegenber. Der andere hingegen schien ihn berhaupt nicht wahrzunehmen. Tut, als wre ich Luft fr ihn. Wer ist das berhaupt, he? Eine neue Teufelei von Anti-ES?Zgernd machte Kik einen Schritt vorwrts, dann einen zweiten. Sanny hielt ihn rechtzeitig zurck, ehe er die Wand zum zweitenmal durchdringen konnte. Das war sein Glck, denn gleich darauf wurde diese wieder so mate