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I. Analytische Anwendungen der Polarographie Institut fiir Anorganische und Allgemeine Chemie der Technischen Hochschule Wien Die Polarographie in wasserfreiem _~thylendiamin Von G. SCHfiBER und V. GUTMANN Die Durehsicht der polarographischen Literatur zeigt, daB ein auBer- orden~lieh geringer Bruch~eil der Untersuchungen (e~wa 70) nichtw/~Brige Solventien behandelt 2. Xthylendiamin hat trotz seiner relativ geringen Dielektrizit/~ts- konstanten yon 14 ausgezeichnete LSseeigensehaften ffir zahlreiche Nitrate und Perchlorate. Zur Reinigung wurde das LSsungsmittel mehr- reals fiber geschmolzenem Natrium im Reinststickstoffs~rom destillicrt. •ur dutch Verwendung yon vorher mit Xthylendiamin ausged~rapftell Gefal~en konnte ein Produkt mit einer spezifisehen Leitf/~higkeit yon 9.10-SOhm-lcm -1 bei 20~ erhalten werden; wird in auf gew5hn- lichem Wege getroekne~e Gef/~Be destflliert, liegt die Lcitf/~higkeit um mindestens eine GrSBenordnung hSher. In diesem Falle ist polaro- graphisch eine nieht gedeutete Vorwelle beim Leitsalzanstieg zu be- obachten, welehe jedoch weder yon Alkali- noch yon Erdalkahionen herriihren kann3, 9. Als Potentialbezugspunkt wurde, /~hnhch wie yon KOLT~OFr U. CO~TZ~ ~ eine w/iBrige/%rmalkalomelelektrode gew/ihlt. Die Verbindung der beiden Halbelemente erfolgte jedoeh nicht mittels eines Strom- schliissels, sondern mit einer Membran ~. Lei~f/~higkeits- und EMK- Messungen sowie direkte Wasserbestimmungen nach KARL FISCIt]~R zeigten, dab bei Verwendung einer mi~ Wasserglas gediehteten Glas- sinterpla~te keine nachweisbare Vermischung der beiden Phasen dutch Diffusion innerhalb einiger Stunden erfolgte. Nach maximal 10 rain hat~en sich die Diffusionspotentiale eir~gestellt. Die Halbwellenpotentiale waren unabh~ngig yon der Dieke der Frittendiehtung. Wegen des in der verwendeten Anordnung gegebenen Widerstandes yon etlichen 1000 Ohm war eine Ri-Korrektur unerl/~Bheh. It_ierzu wurde neben den klassischen Methoden aueh ein neu entwickeltes Verfahren verwendet, dutch welches der Widerstandswert aus einer einzigen polarographisehen Welle erhalten wirdS : i E = E,/~ -- ~ In i~ -- i q- Rw" i vorausgesetz% ergib% die Rechnung ffir

Die Polarographie in wasserfreiem Äthylendiamin

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I. Analytische Anwendungen der Polarographie

Institut fiir Anorganische und Allgemeine Chemie der Technischen Hochschule Wien

Die Polarographie in wasserfreiem _~thylendiamin Von

G. SCHfiBER und V. GUTMANN

Die Durehsicht der polarographischen Literatur zeigt, daB ein auBer- orden~lieh geringer Bruch~eil der Untersuchungen (e~wa 70) nichtw/~Brige Solventien behandelt 2.

Xthylendiamin hat trotz seiner relativ geringen Dielektrizit/~ts- konstanten yon 14 ausgezeichnete LSseeigensehaften ffir zahlreiche Nitrate und Perchlorate. Zur Reinigung wurde das LSsungsmittel mehr- reals fiber geschmolzenem Natrium im Reinststickstoffs~rom destillicrt. •ur dutch Verwendung yon vorher mit Xthylendiamin ausged~rapftell Gefal~en konnte ein Produkt mit einer spezifisehen Leitf/~higkeit yon 9 . 10 -S Ohm- l cm -1 bei 20~ erhalten werden; wird in auf gew5hn- lichem Wege getroekne~e Gef/~Be destflliert, liegt die Lcitf/~higkeit um mindestens eine GrSBenordnung hSher. In diesem Falle ist polaro- graphisch eine nieht gedeutete Vorwelle beim Leitsalzanstieg zu be- obachten, welehe jedoch weder yon Alkali- noch yon Erdalkahionen herriihren kann3, 9.

Als Potentialbezugspunkt wurde, /~hnhch wie yon KOLT~OFr U. CO~TZ~ ~ eine w/iBrige/%rmalkalomelelektrode gew/ihlt. Die Verbindung der beiden Halbelemente erfolgte jedoeh nicht mittels eines Strom- schliissels, sondern mit einer Membran ~. Lei~f/~higkeits- und EMK- Messungen sowie direkte Wasserbestimmungen nach KARL FISCIt]~R zeigten, dab bei Verwendung einer mi~ Wasserglas gediehteten Glas- sinterpla~te keine nachweisbare Vermischung der beiden Phasen dutch Diffusion innerhalb einiger Stunden erfolgte. Nach maximal 10 rain hat~en sich die Diffusionspotentiale eir~gestellt. Die Halbwellenpotentiale waren unabh~ngig yon der Dieke der Frittendiehtung.

Wegen des in der verwendeten Anordnung gegebenen Widerstandes yon etlichen 1000 Ohm war eine Ri-Korrektur unerl/~Bheh. It_ierzu wurde neben den klassischen Methoden aueh ein neu entwickeltes Verfahren verwendet, dutch welches der Widerstandswert aus einer einzigen polarographisehen Welle erhalten wirdS :

i E = E,/~ -- ~ In i~ - - i q- R w " i

vorausgesetz% ergib% die Rechnung ffir

Polarographie in wasseffreiem Athylendiamin

1 2 T di ] -~ Ell2 ~- --~-~D " ln3 ~- 1,91 �9 R w

wobei T die unkorrigierte Tome~-Zahl bedeutet.

Die graphische Extrapolation der Geraden \ d i ] E = Z / 2 gegen 1/i~

auf i D -+ ec ergibt als Ordinatenabsehnitt 1,91 R W. Als Leitsalz wurde haupts/~ehlich Tetra/~thylammoniumnitrat ver-

wendet, da es yon den untersuchten Stoffen beste L6sliehkeit und Leitf/~higkeit (x02~ m = 1,3-10-aOkm -~" em -~) mit negativstem Stufen- fuBpotential (EF = -- 2,74 V bei 1 #A/ram) vereinigt.

Daneben wurden auch Lithiumehlorid, Natriumnitrat und ver- sehiedene andere quatern/~re Ammoniumsalze als Grundelektrolyte herangezogen. Der Vergleieh der Reihung der ttalbwellenpotentiale yon Kationen in ~thylendiamin und flfissigem Ammoniak zeigt, dab die Reihenfolge der Abseheidungen in den beiden L6sungsmitteln verschieden ist, was auf versehiedenartige Solvatation zurfickzuf/ihren sein wird.

f I t h y l e n d i a m i n : Li, Na, Cs, Rb, N]~4, K, Ba, Ca, Sr, Zn, Pb, Cd, T1. A m m o n i a k : Ca, Sr, Li , Ba, NIta, Na, K, Rb, Cs, Zn, Cd, T1, Pb.

Bemerkenswert erscheint die v611ige Separiertmg der Alkalien yon den Erdalkahen. Als besonders krasses Beispiel sei das Halbwellen- potential des komplexen Silberions in Athylendiamin mit --1,84 V gegen die w/iBrige NKE erw/ihnt; im Vergleich dazu liegen Barium und Magnesium in ~thylendiamin /~hrdich bei --1,80 V gegen die w~Brige N K E unter sonst gleichen Bedingungen.

Von Ionen wie Be, Mn, Co, Ni, Cr, Ce, Pr, Th, U, Ta konnte bis zum Leitsalzanstieg keine Welle erhalten werden, obwohl mit Tetra~thyl- ammoniumnitrat als Leitsalz und einer Sulfatgegenelektrode t in Poten- tialbereieh yon fast 3 V zur Verfiigu~g stand.

Die aufgefundeneAbh/~n- Depolarisator-

gigkeit der Halbwellen- s~lz potentiale vonder Natur des Leitsalzes diirfte durch die CdCI~ Cd(N03)~ verschiedenen Diffusions- Cd(ClO4h potentiale der Grundl6sung

Tabelle

NaNO~

--0,64 V --0,50 V --0,70 V

Leitsalz

LiCl I (C2Hs)~N NO8

--0,74 V --0,46 V --0,60 V --0,60 V --0,80 V --0,50 V

sowie dutch die unterschiedlichen Solvatationsverh/iltnisse bedingt sein. Selbst die Kurvenform der Polarogwamme ist stark yon der Natur des Leit- salzes abh~ngig, was sich bei den Sauerstoffwellen besonders deutlich zeigt.

Bei einer Anzahl yon Ionen, wie z.B. Cadmium (Tabelle) wurde fest- gestellt, dab die Halbwellenpotentiale in hohem MaBe yon der Natur des Anions abh/ingen, wie dies bisher nur bei Zinkpolarogrammen in Aceto- nitril 4 und beim Blei in Acetanhydrid 1 beobachtet wurde; dieses Ph/s kon~te allerdings bisher night gedeutet werden.

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4 G. SCtt(~BER und V. GUTMASIIq: Polarographie in wasseffreiem Athylendiamin

I n ~ thy lend iamin werden fast alle Kat ionen irreversibel abgeschieden. Bei Zink und Ti tan ist der Grad der Irreversibili t~t eine Funkt ion yon Depolarisator- und Leitsalzkonzentrat ion, wie dies auch yon PrZqFOLD U. SEBBA ~ bei polarographischen Untersuehungen in Ameisens/iure beobachte t wurde.

Bei den meisten K u r v e n wurden Maxima beobachtet , welche in vielen F~llen dutch eine Kombina t ion yon Methylenblau und Agar gedi~mpft werden konnten, obwohl Agar allein unwirksam ist.

Die IlkoviS-Beziehung ist bei den meisten Ionen bis zu Depolarisator- konzentra t ionen yon 10 -2 Mol/1 erffillt; oberhalb dieser Konzent ra t ion sind Abweichungen zu beobachten, die durch interionische Kr~fte, Wanderungss t rom a n d unvollsti~ndige Dissoziation zu erkl~ren sind. Die nach der erweiterten IlkoviS-Gleichung6,1~ berechneten Diffusions- koeffizienten liegen in ~ thy lend iamin u m etwa eine Gr6Benordnnng unter den Wer ten in ws L6sung; dies d/irfte durch die h6here Viscosit~t der Athylendiaminl6sungen, sowie durch die gr61]eren Ionen- radien der solvatisierten Ionen in ~ thy lend iamin gegenfiber den hydrat i - sierten Ionen in Wasser bedingt sein.

I n einer L6sung yon ~ thy lendiammoniumchlor id konnte die dem Solvenskation entsprechende Welle aufgefunden werden, wobei ~hnlieh der HaO+-Welle in Wasser eine Abh~ngigkeit ihres Halbwellenpotentiales yon der Konzent ra t ion des Salzes, der Anwesenheit anderer gel6ster Stoffe und der Tropfgeschwindigkeit zu beobachten war.

Der bei etwa - - 3 V steil erfolgende Anstieg wird offenbar durch Reakt ion des Solvens an der Queeksilbertropfelektrode verursacht . Die Frage, ob es sich hier, /~hnlich wit in fl/issigem Ammoniak u m eine Elektronenelektrode 5 oder die Abscheidung eines im Gleichgewieht s tehenden h6her solvatisierten Solvenskations handelt , ist noch often.

Als Ausblick zur analyt ischen Anwendung der Polarographie in wasserfreiem ~ thy lend iamin sei auf die gut ausmeBbaren Kurven yon Calcium, Magnesium und Li th ium hingewiesen.

Li tera tu r

1 GUT~-~, V., u. E. N]~DBAr.EK: Mh. Chem. 89, 203 (1958). -- u GUT~.~, V.~ u. G. SCH6BER: Angew. Chem. 70, 98 (1958); vgl. diese Z. 165, 129 (1959). -- a Guw~:s~, V., u. G. Seg6B~R: Mh. Chem. 88, 206 (1957). -- 4 KOLT~OrF, I. ~., U. J. 1~. COETZ]~E: J. Amer. chem. Soc. 79, 870 (1957). -- 5 LAITI~EIq, t:[. A., U. C. J. N:zM~r: J. Amer. chem. Soc. 70, 3002 (1948). -- 6 LrNox~, J. J., u. B. A. LOVERrDG]~: J. Amer. chem. Soc. 72, 438 (1950). -- 7 PIZ~]rOLD, T. A., u. F. SEBB~,: J. Amer. chem. Soc. 78, 5193 (1958). -- s SCH6BER, G. : Mh. Chem. 89,671 (1958). --

Sc~6m~R, G., u. V. GUT~IA~: M_h. Chem. 89, 401,649 (1958). -- 10 ST~E~LOW, H., U. M. V. ST~O]~E~BERO: Z. Elektroohem. angew, physik. Chem. 54, 51 (1950).

Prof. Dr. V. GU'r~NN; Dr. G. SGH[)BER, Institut fiir anorganisehe und allgemeine Chemie der Technisehen Hoehsehule, Wien VII., Getreidemark~ 9 (0s~erreich)