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Die Problematik der Geldwertstabilisierung Review by: Fritz Neumark FinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 26, H. 1 (1967), pp. 101-104 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40910375 . Accessed: 12/06/2014 17:03 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.21 on Thu, 12 Jun 2014 17:03:32 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die Problematik der Geldwertstabilisierung

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Die Problematik der GeldwertstabilisierungReview by: Fritz NeumarkFinanzArchiv / Public Finance Analysis, New Series, Bd. 26, H. 1 (1967), pp. 101-104Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40910375 .

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Literatur

Die Problematik der Geldwertstabilisierung* von

Fritz Neumark

Hallers neuestes Buch weist Qualitäten auf, die im einschlägigen deutsch- sprachigen Schrifttum nur recht selten zu finden sind: Der Verfasser bemüht sich mit Erfolg, ein relativ breites Publikum auf streng wissenschaftliche Weise, knapp und dennoch - wenn der mit der Materie nicht vertraute Leser sich Zeit und Mühe zum „Nach-denken" nimmt - verständlich mit theo- retisch und praktisch aktuellen Problemen unseres heutigen Wirtschafts- lebens vertraut zu machen. Der Untertitel des Werkes: ,,Eine zugleich in volkswirtschaftliches Denken einführende Untersuchung" besteht demnach voll zu Kecht, und es läßt sich m.E. nach Anlage und Stil am ehesten mit Erich Preisers bekannter ,, Zukunft unserer Wirtschaftsordnung" vergleichen.

Dem Tagespolitiker werden die in strenger Beweisführung erarbeiteten Ergebnisse der Hallerschen Untersuchungen - obwohl diese Ergebnisse mit der im In- und Ausland heute vorherrschenden Theorie durchaus in Einklang stehen - vielfach nicht eben gelegen kommen. Die (meist als ,, schleichende Inflation" bezeichnete) säkulare Preissteigerung, deren Wesen und mögliche Zusammenhänge mit dem Wirtschaftswachstum der Verfasser in den ersten beiden Kapiteln herauszuarbeiten sucht, wird ja gern entweder übertrieben oder bagatellisiert und/oder monokausal erklärt, wobei im allgemeinen sei es dem ,, Leviathan" Staat, sei es den ,, unersättlichen" Gewerkschaften mit ihren ständigen Lohnerhöhungsforderungen die Haupt- oder Alleinschuld zugewiesen zu werden pflegt.

Haller hält sich von derartigen Einseitigkeiten frei. In einer modell- theoretischen Darstellung schildert er die verschiedenen möglichen Formen des Wirtschaftswachstums und die Bedingungen, unter denen jeweils mit Geldwertstabilität zu rechnen ist. Die recht abstrakte Modellbetrachtung, die den methodisch zweckmäßigen Ausgangspunkt bildet, wird, wie das ge- nerell, insbesondere aber für ein Buch der vorliegenden Art, erwünscht ist, durch Überlegungen ergänzt, die sich auf die Kealitätsnähe der zunächst gemachten Annahmen beziehen. Das gilt insbesondere für Lohn- und Preis- politik. So wird wieder und wieder aufgezeigt, daß und warum unter den im

♦ Zu Heinz Haller: Das Problem der Geldwertstabilität. (Urban-Bücher No. 97.) Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1966. W. Kohlhammer. 170 Seiten.

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modernen Interventionsstaat gegebenen ideologischen und institutionellen Bedingungen eine Lohn- und Preisflexibilität nach unten nicht (mehr) durch- setzbar ist, aber zugleich auch, warum sie, wenn realisierbar, das Wirtschafts- wachstum unter Umständen in Frage stellen würde. Konsequenzen aus diesen Feststellungen werden dann - worauf noch zurückzukommen ist - in dem Kapitel der Arbeit gezogen, das sich (S. 115 ff.) mit der Frage ,, Lohnpolitik und Geldwertstabilisierung" befaßt.

Vorher jedoch wird den Motiven der Forderungen nach ,, preisstabilem" Wirtschaftswachstum (S. 57 ff.) sowie den Ursachen der Preissteigerungs- tendenz bei Wirtschaftswachstum unter Vollbeschäftigung (S. 75 ff.) näher nachgegangen, in welcher Beziehung man vielleicht die Frage auf werf en könnte, ob die beiden Fragenkomplexe der Logik des sonstigen Aufbaus der Untersuchungen entsprechend nicht besser in umgekehrter Reihenfolge be- handelt worden wären. Wie dem auch immer sei - man wird dem Verfasser voll zustimmen können in seiner Behauptung, daß einerseits das Festhalten am sogenannten nominalistischen Prinzip für rationales Wirtschaften un- entbehrlich ist und daß andererseits selbst nach ,, Dynamisierung" der meisten Einkommen, wie namentlich Löhne und Altersrenten, aus einer ständigen, überdies ungleichmäßig sich vollziehenden Preissteigerung so zahlreiche Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten (wobei namentlich auch auf die Be- steuerung hingewiesen wird) resultieren, daß der Staat dafür sorgen muß, ,,daß Mark gleich Mark bleibt und die Rechnung auf dem ihr zugedachten Funda- ment tatsächlich ruht" (S. 63). Nachdem anschließend noch kurz die Schwie- rigkeiten hervorgehoben worden sind, die sich einer auch nur leidlich exakten Messung des sogenannten Geldwerts in den Weg stellen, geht der Verfasser daran, anhand sehr instruktiver Zahlenbeispiele, die methodisch weitgehend an Quesnays ,, Tableau économique" erinnern, ,,die ,richtige', Preisstabilität ermöglichende Anpassung der Löhne und Preise bei differenziertem Bran- chenwachstum ab(zu)leiten und . . . dann die Konsequenzen klar(zu)machen, die sich aus den heute gegebenen abweichenden Anpassungs weisen ergeben" (S. 80). Ich halte dieses Kapitel für das wertvollste des ganzen Buchs, da es mit dem Wust der heute von amtlicher Seite und von Interessenvertretern vorgebrachten halbgaren Lohn- und Preis-,, Theorien" gründlich aufräumt; besonders bemerkens- und dankenswert ist, daß nicht, wie das bei uns (im Gegensatze etwa zu den USA) üblich ist, lediglich das Verhalten der Gewerk- schaften für die sogenannten Kosteninflation verantwortlich gemacht, son- dern daneben die Preispolitik der (großen) Unternehmen als Erklärungs- faktor herangezogen wird. Überdies wird die Analyse nicht auf die Erörterung der Wirkungen von Lohnerhöhungen, die generell am (durchschnittlichen oder) Gesamtproduktivitäts Wachstum ausgerichtet sind, beschränkt, sondern auch der Effekt von Lohnveränderungen untersucht, der sich ergibt, wenn diese Erhöhungen differenziert nach dem Sektorenwachstum erfolgen. Von anderen praktischen Schwierigkeiten abgesehen, ist aber, wie Haller zutref- fend bemerkt, eine derartige Lohnpolitik eine Utopie (S. 97), und ähnliches gilt hinsichtlich der Preissenkungen, die notwendig wären, um unter heute vorherrschenden Wachstums- und Beschäftigungsverhältnissen eine am Durchschnittsproduktivitätswachstum orientierte Lohngestaltung wirklich

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preisneutral sein zu lassen. Eine preispolitische und ausgabenpolitische „Dis- ziplin" der Unternehmungen wäre jedoch ,,ein notwendiger Bestandteil einer Politik der koordinierten automatischen Lohnsteigerung - im Dienste der Geldwertstabilität -" (S. 126).

Entscheidend ist, daß - was unsere Anhänger einer „Maßhaltepolitik" gern übersehen - „eine freiwillige Ausgabenbeschränkung der Unternehmer (sc. in bezug auf Investitionen) ... nicht verlangt werden (kann)" (8. 127). Dabei wäre eine solche Beschränkung systematisch erforderlich, um selbst bei einer am durchschnittlichen realen Wachstum orientierten Lohnpolitik Preisstabilität und Wirtschaftswachstum zu gewährleisten. Faktisch läßt sie sich nur mit Zwang, d.h. mittels einer entsprechenden Geldpolitik, reali- sieren. Von dieser (und ergänzend der „Finanzpolitik im Dienste der Geld- wertstabilisierung") ist im 6. Kapitel (S. 130 ff.) die Rede. Abgesehen von der Erörterung der Probleme, die sich aus der Starrheit der Wechselkurse für die Aktivität der Notenbank ergeben, hebt Haller hier namentlich (S. 138) das Dilemma hervor, in dem sich die Leiter der Geldpolitik befinden, wenn sie einerseits einer Preissteigerung entgegenwirken und andererseits Absatz- stockungen und eine Gefährdung der Vollbeschäftigung nicht hinnehmen wollen. Gegenüber den zahlreichen Vertretern der Ansicht, daß geldpolitische Maßnahmen in erster Linie, wenn nicht gar allein in der Lage seien, eine schleichende Inflation zu bekämpfen, weist Haller mit Recht darauf hin, daß die Geldpolitik „nur über die Gesamtnachfrage Einfluß nehmen (kann), an- dere Ursachen der Preissteigerung (sc. dagegen) . . . ihrem Zugriff entzogen (bleiben)" (S. 139). Sie vermag daher im allgemeinen nicht allein Preisstabili- tät zu garantieren, sondern bedarf der Ergänzung durch fiskalpolitische Ein- griffe. Diese finden für meinen Geschmack eine etwas zu knapp geratene Erörterung (S. 144-153). Der Verfasser gibt einen kurzen Überblick über die diesbezüglichen Möglichkeiten und gelangt dabei zu der Feststellung, der „einzig voll zu rechtfertigende Fall einer staatlichen Überschuß bildung ... (sei) die Situation einer nicht mehr auszumanövrierenden automatischen Vermehrung des Zentralbankgeldes durch Devisenumtausch" (S. 151). Ohne die großen Schwierigkeiten bagatellisieren zu wollen, die einer anti-inflatori- schen Budgetüberschußpolitik im Wege stehen, möchte ich doch meinen, daß die Hallersche These zu eng ist. Dagegen stimme ich voll seiner Ansicht zu, daß, wenn schon eine solche Politik nicht durchsetzbar ist, „doch wenigstens in dem Umfange Steuern erhoben werden (sollten), daß die Staatsausgaben vollständig aus Steuermitteln finanziert werden können" (S. 152), eine An- sicht, die unseren Politikern nahezubringen leider immer noch recht schwer ist.

Das Buch schließt mit einigen Bemerkungen über andere der Geldwert- stabilisierung dienende Maßnahmen, die Grenzen einer Stabilisierungspolitik sowie Zielkonflikte, vor die sich die Wirtschaftspolitik unserer Tage gestellt sieht. Was diese Konflikte anlangt, so kulminieren sie nach Haller in dem Gegensatz staatlicher Zwang versus private Entscheidungsfreiheiten (vgl. dazu S. 161). Sicherlich ist ihm recht zu geben, wenn er als Ideal die „frei- willige Koordinierung" aller beteiligten Wirtschaftsgruppen bezeichnet. Hät- ten wir noch den Fortschrittsglauben, der die Begründer des „siècle des

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lumières" beseelte, so könnte man vielleicht die Realisierungsmöglichkeit einer solchen Koordination oder/und Kooperation für gegeben erachten. Ich fürchte, viele werden mit mir angesichts der Erfahrungen in den letzten- Jahrzehnten eher skeptisch in dieser Hinsicht sein. Das sollte nun freilich kein Grund gegen Bemühungen sein, durch objektive, d.h. nicht interessen- mäßig gebundene Aufklärung die wirklichen Zusammenhänge zwischen Wirt- schaftswachstum, Inflationstendenzen, wohlfahrtsstaatlichen Bestrebungen, monopolistischer bzw. oligopolistischer Preispolitik u. dgl. allen Beteiligten immer wieder in einleuchtend-verständlicher Weise vor Augen zu halten und sie so wenigstens zu einer gewissen Berücksichtigung überindividueller Werte (von denen sie langfristig natürlich auch selbst profitieren) zu ver- anlassen. Dazu leistet Hollers Buch einen ausgezeichneten Beitrag. Im übri- gen aber ergibt sich aus ihm, daß letzten Endes die Geldwertstabilität nur gesichert werden kann, wenn der Wille der politisch entscheidenden Instanzen fest auf ihre Realisierung gerichtet ist und die Regierung sich, in enger Zu- sammenarbeit mit der Zentralbank, der notwendigen, auf Zwang beruhenden Maßnahmen der Fiskalpolitik bedient, um „am Rande der Vollbeschäftigung" die mit einem befriedigenden Wirtschaftswachstum zu vereinbarende Preis- niveaukonstanz zu bewirken.

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