4
DIE PRODUKTION FOLGT DEN MÄRKTEN Die neue C-Klasse wird weltweit erstmals an vier Standorten produziert. Die Steuerung der einzelnen Prozessschritte über die Standorte hinweg erfolgt dabei durch das Werk Bremen als sogenanntes Kompetenzzentrum. Von dort aus werden die Einhaltung einheitlicher Standards, der Einsatz und die Schulung von Experten und Spezialisten sowie die produktionsgerechte Produktgestaltung koordiniert. C-KLASSE PRODUKTION 110

Die Produktion folgt den Märkten

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Produktion folgt den Märkten

DIE PRODUKTION FOLGT DEN MÄRKTENDie neue C-Klasse wird weltweit erstmals an vier Standorten produziert. Die Steuerung der einzelnen

Prozessschritte über die Standorte hinweg erfolgt dabei durch das Werk Bremen als sogenanntes

Kompetenzzentrum. Von dort aus werden die Einhaltung einheitlicher Standards, der Einsatz und die

Schulung von Experten und Spezialisten sowie die produktionsgerechte Produktgestaltung koordiniert.

C-KLASSE PRODUKTION

110

Produktion

Page 2: Die Produktion folgt den Märkten

GLOBALE PRODUKTION

Die weltweiten Automobilmärkte verän-dern sich: Die Region Europa ist eher gesättigt, in den USA zeigt sich ein Aufwärtstrend und das Wachstum in Asien gilt weiterhin als Motor zumindest der Automobil-Weltwirtschaft. Mit der neuen C-Klasse und den damit verbun-denen Investitionen in neue Produkti-onstechnologien hat die Daimler AG die-ser Entwicklung strategisch Rechnung getragen. Das weltweite Produktions-netzwerk für die volumenstarke Limou-sine wurde erweitert, um die Fertigung näher an die lokalen Kunden und Märkte zu rücken.

Mit dieser Maßnahme macht sich das Unternehmen zum einen unabhängiger von Wechselkursschwankungen und zum anderen lassen sich die Transport-kosten für fertige Fahrzeuge optimieren. Darüber hinaus kann noch flexibler auf wechselnde und regional unterschiedli-che Kundenwünsche reagiert werden.

Als Ergebnis dieser Neuordnung wird die neue C-Klasse weltweit an vier Stand-orten gefertigt: Tuscaloosa (Alabama, USA), East London (Südafrika), Peking (China) sowie Bremen (Deutschland).

Mit dieser Produktionsaufteilung kann Mercedes-Benz alle wichtigen Märkte unmittelbar bedienen.

KOMPETENZ IN EINER HAND

Die Produktion eines Fahrzeugs in meh-reren Werken erfordert einen komplexen Koordinationsaufwand. Schließlich soll zum Beispiel die Qualität eines Pkw welt-weit auf dem gleichen hohen Niveau sein, unabhängig davon, wo er gebaut wird. Für diese Koordination sind sogenannte Kompetenzzentren zuständig – für jede ihrer Mercedes-Benz Baureihen hat die Daimler AG ein solches eingerichtet. Für die E- und S-Klasse liegt diese Verantwor-tung beim Werk in Sindelfingen, Rastatt ist das Kompetenz zentrum für die A- und B-Klasse, Tuscaloosa für ML- und GL-Klasse und schließlich das Werk Bremen für die C-Klasse.

Da Bremen als erstes Kompetenz-zentrum einen internationalen Anlauf in vier Werken zu steuern hatte, wurden zunächst spezifische Handlungsfelder sondiert und daraus Aufgaben für das Werk abgeleitet. Im Kern lassen sich die Aufgaben des Kompetenzzentrums in vier Kategorien unterteilen.

AUTOR

MARKUS VÖLKEList Werksprojektleiter

C-Klasse Bremen bei der Daimler AG.

➊ Expertenschulung am Standort Bremen

111 Mai 2014 Mercedes-Benz C-Klasse

Produktion

Page 3: Die Produktion folgt den Märkten

QUERSCHNITTSFUNKTION FÜR QUALITÄT UND LOGISTIK

Parallel zu den internationalen Produkti-onsstandorten sind zum Teil Zulieferum-fänge in den jeweiligen Ländern lokali-siert. Einige Zulieferteile, bei denen zum Beispiel die Werkzeugkosten im Verhältnis zu möglichen Transportkosten bei einer Single-Source-Produktion sehr hoch sind, werden nur aus einer Quelle beschafft. Bei technischen Änderungen, die sowohl Single-Source- als auch Multi-Source-Bauteile betreffen, entsteht ein notwendiger Abstimmungsaufwand über mehrere Lieferantenstandorte in unter-schiedlichen Ländern; eine Aufgabe, die zentral koordiniert werden muss.

Ein weiteres Beispiel für zentrale Koordinationsaufgaben des Kompetenz-zentrums ist die Erstfreigabe der neu produzierten Fahrzeuge. Sie wird für alle Standorte zentral aus Bremen gesteuert. Das garantiert ein welt-

weit einheit liches Qualitätsniveau und einen vergleichbaren Maßstab.

KOORDINATION DER PRODUKTIONSSPEZIALISTEN

Die Anläufe der vier Produktionswerke erfolgen kurz nacheinander innerhalb eines Dreivierteljahres. Zur Vorbereitung werden in jedem Standort Produktions-spezialisten benötigt, zum Beispiel für einen größeren Einsatz von Aluminium und den damit verbundenen neuen Ferti-gungstechnologien. Technologien wie Halbhohlstanznieten, Clinchen oder Fließlochschrauben müssen im Karosse-riebau installiert und von Experten in Betrieb genommen werden. Experten für solche Technologien benötigen langjäh-rige Berufserfahrung und sind daher eine vergleichsweise kleine Gruppe. Durch Abgleich von Bedarfen in den weltweiten Produktionswerken wurden in Bremen die jeweiligen Einsatzpläne ausgearbeitet.

So wird dieses wertvolle Know-how opti-mal genutzt und jeder Produktionsstand-ort erhält zum richtigen Zeitpunkt die für ihn notwendige Unterstützung.

AUSBILDUNG VON PRODUKTIONSEXPERTEN

Zusätzlich zu den im Konzern bereits vorhandenen Spezialisten wurden in Bremen circa 500 Mitarbeiter aus den weltweiten C-Klasse-Werken über einen Zeitraum von zwei Jahren ausgebildet. Schwerpunkte waren dabei die Produk-tionsgewerke Karosseriefertigung und Montage, die Instandhaltung, das Quali-tätsmanagement und die Logistik, ➊.

Die Ausbildung eines einzelnen Mitar-beiters variierte dabei zwischen wenigen Wochen bis zu einem halben Jahr. Neben technischen Fähigkeiten standen auch interkulturelle Schulungen und Sprach-trainings im Fokus. Dazu wurden nicht nur Schulungseinrichtungen in Bremen,

➋ Robotergesteuerte Produktion

C-KLASSE PRODUKTION

112

Page 4: Die Produktion folgt den Märkten

sondern auch in Sindelfingen und bei Lieferantenpartnern für Produktionstech-nologien genutzt.

PRODUKTIONSGERECHTE PRODUKTGESTALTUNG

Während der Produktgestaltungsphase arbeiten bei Mercedes-Benz interdiszi-plinäre Teams aus der Entwicklung, der Produktionsplanung und dem Pro-duktionswerk an der Optimierung einer produktionsgerechten Gestaltung der Pro-dukte. Sie haben das Ziel, Produk-tionsanforderungen wie niedrige Ferti-gungszeit, optimale Ergonomie und Design-to-Quality mit den technischen und kaufmännischen Anforderungen der Lastenhefte in Einklang zu bringen. Das ist bei einer weltweiten Produktion deutlich anspruchsvoller, da zum Beispiel bestimmte Fertigungsschritte an einem deutschen Standort mit Robotern automa-tisiert sind, ➋, während der gleiche Vor-

gang in China manuell ausgeführt wird. So muss in China für den Mitarbeiter eine Positionierhilfe für ein Bauteil vorhanden sein, während in Bremen eine solche Hilfe für den Roboter mit seiner hohen Wieder-holgenauigkeit nicht erforderlich ist.

Mitarbeiter aus Bremen waren im Man-dat aller vier Werke Ansprechpartner für Entwicklung und Produktionsplanung und haben in den Abstimmungen die Inte-ressen der Auslandswerke mit vertreten. Hier galt es, nicht nur mit technischer, sondern auch mit sozialer Kompetenz den besten Kompromiss zu erarbeiten.

SUKZESSIVER ANLAUF

In Bremen startete die Staffel der weltwei-ten Anläufe. Die internationalen Werke folgen sukzessive innerhalb von nur sechs Monaten. In Deutschland werden die letzten Schritte zur vollständigen Pro-duktreife umgesetzt und anschließend wird hier die neue C-Klasse zuerst produ-

ziert. Die zeitliche Entzerrung ermöglicht nicht nur den gleichmäßigeren Einsatz von wertvollen Ressourcen, sondern auch die Umsetzung einer Master-/Copy-Strate-gie für Werkzeuge bei Daimler und den Zulieferern. So sind zum Beispiel fast alle Blechteile an den jeweiligen Produktions-standorten lokalisiert – teilweise in kon-zerneigenen Presswerken, teilweise bei lokalen Zulieferern.

Um die Werkzeugänderungskosten möglichst gering zu halten, wurden die Masterwerkzeuge für die Bremer Pro-duktion mit den notwendigen Änderun-gen optimiert. Nach Abschluss der Ände-rungen wurden dann Varianten dieser Masterwerkzeuge für die Standorte Tus-caloosa, East-London und Peking ange-fertigt. Der Zeitraum bis zur vollständi-gen Produktreife in den Auslandswerken wird damit deutlich verkürzt, sodass die Produktion hier schneller auf die vorge-sehene Maximalstückzahl hochgefahren werden kann.

113 Mai 2014 Mercedes-Benz C-Klasse