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Die Reaktion der Protoplasmakomponenten Des Asterias-Eies

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DIE REAKTION DER PROTOPLASMAKOMPONENTEN DES ASTERIAS-EIES

yon J0SEF SPEK (Heidelberg) (Aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass. U.S.A.)

Mit Tafel III

Eingegangen am 19. Mi~rz 1934

Untersuchungen fiber die Reaktion des lebenden Protoplasmas, welche ich in den letzten Jahren an den verschiedensten Objekten ausgeffihrt habe (J. S p e k 1930, 1933, 1934a und b), haben immer wieder neue Beweise ffir die Erkenntnis erbracht, dab das pH in der lebenden Zelle nicht ausgeglichen ist. Die ver- schiedenen Komponenten des Protoplasmas kSnnen ein sehr verschiedenes pH haben und trotzdem in ein und derselben Zelle nebeneinander existiere'n, ohne dal~ sich ihre Reaktion ganz ausgleicht. Wenn wir das verstehen wollen, mfissen wir zuni~ehst scharf unterseheiden zwischen der Reaktion der (ja jedenfalls sehr wasserreiehen) dispersen Teilehen der Protoplasmakolloide und der ihres wi~sserigen Dispersionsmittels. Zahlreiche experimentelle Befunde machen es wahrseheinlieh, da6 die Reaktion der beiden Phasen voneinander weitgehend unabhi~ngig ist, und es ist auch theoretisch keineswegs von vornherein ausgemacht, dal~ die l~eaktion der verschiedenen Phasen heterogener Systeme gleich sein mu6. Die Reaktion der dispersen Phasen verschiedener Kolloidsubstanzen der Zelle aber kann ebenfalls verschieden sein. In irgendeiner Weise - - vielleicht durch ein Schutz- kolloidsystem - - voreinander gesehfitzt kSnnen Kolloidteilchen yon oft sogar sehr versehiedenem pH nebeneinander in der gleichen Zelle vorkommen, ohne sieh gegenseitig ~u ne~tralisieren oder auszuf~llen.

Vielfach sind die ptt-Untersuchungen an E iz ell en ausgeffihrt worden. Man erhoffte davon gleichzeitig einen Gewinn fiir die entwicklungsmechanischen Betrachtungen. Gerade auch an dem E c h i n o d e r m e n e i sind schon zahlreiche Versuche mit ganz versehiedenen Methoden angestellt worden, das pH auf irgendeine Weise zu bestimmen. Alle die Autoren, welche diese Versuche gemacht haben, haben sich aber aussehliel~lich v o n d e r These leiten lassen, da~ nur e in ausgeglichenes pH in der Zelle in Frage komme. Dementsprechend erscheinen bei genauerem Zusehen auch alle diese Untersuchungen, sowohl die elektro- metrisehen pH-Messungen, als auch die Versuche an zerdrfickten und an inji- zierten Zellen in der Tat mit prinzipiellen Fehlern bezw. Fehlerquellen belastet, und die Endergebnisse stimmen, wenn man die yon Vl~s, V e l l i n g e r , R e i 6 , N e e d h a m und C h a m b e r s gefundenen Werte miteinander vergleicht, sehr schleeht fiberein. Ffir diese Diskrepanz der pH-Werte der verschiedenen Autoren ist bis jetzt noch keine befriedigende Erkl~rung gegeben worden.

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L~gen die Dinge etwa so, wie R. C h a m b e r s stillschweigend anzunehmen scheint, dai~ jedes lebende Protoplasma stets ein p H yon etwa 6,8 h~tte, und jede Abweichung yon diesem Wert auch sehon eine ,,injury" der Zelle anzeigen wfirde, dann h~tte man in der allgemeinen Zellphysiologie und gar in der Ent- wicklungsmechanik kaum noch eine Veranlassung der Wasserstoffionenkonzen- t rat ion in der lebenden Zelle viel Beachtung zu sehenken. Dann ware allenfalls noch die Frage, wie diese Konstanz des pH erhalten bleibt, yon Interesse, aber man kSnnte kaum noch erwarten, daI~ das pH des Protoplasmas eine Rolle spielt bei Zustands~nderungen der Zelle, bei Zelldifferenzierungen und bei Zell- leistungen - - kurz fiberall dort, wo es darauf ank/~me, einen physiologischen Situationswechsel in der Zelle zu erkl~ren.

Demgegeniiber er6ffnen meine oben erw~hnten Befunde, die in prinzipiellen Punkten yon denen yon C h a m b e r s abweichen, gerade in dieser Hinsieht ganz andere Perspektiven. Gerade in den sich entwiekelnden Eizellen mit ihren mannigfaltigen Ver~nderungen wirken sieh die oben skizzierten physikalischen Verh~ltnisse in ganz besonders interessanter Weise aus. t m Prinzip haben wir in ihnen mit folgenden Erseheinungen zu rechnen. Sind in einer lebenden Zelle Kolloidteilehen sehr versehiedener Reaktion vorhanden, so k6nnen sie so rein gemischt und gleiehmi~i~ig verteilt sein, d~l~ man weder mikroskopisch, noch ultramikroskopisch eine Heterogeniti~t wahrnehmen kann. Bei Vitalf~rbungen mit Indikatoren fs sigh in solehen F~llen der ganze ZellkSrper gleichfSrmig und im gleichen Farbton an. Aus diesem Zustand kann aber im Handumdrehen eine regionale Verschiedenartigkeit entstehen, wenn sich die verschiedenen Teilchen sondern. In vielen F/~llen wird eine Sonderung der Teilchen, wie es seheint, dadurch verursacht, dal~ die Zellmembran eine Ladung erh~lt und nun positive Teilchen zu ihr hin- und negative yon ihr fortwandern, oder umgekehrt; oder, wenn die Zelloberfl~che sigh in den versehiedenen Zellregionen versehieden verh~lt, dann wandert eine Sorte der Teilchen nach einer best immten Stelle der Zelloberfl/~che, und die andere nach der gegeniiberliegenden Seite der Zelle hin. Sowie die Substanzsonderung aber vollzogen ist, dann verhalten sich die beiden Zellbezirke mit einem Male vSllig verschieden. Nieht nur ihr pH kann sehr weit auseinanderliegen, sondern auch in anderer Hinsieht kSnnen ganz verschiedene physikalische und ehemische Eigenschaften hervortreten. Hieraus ergeben sieh natiirlich ffir das gesamte Differenzierungsproblem unabsehbare Konsequenzen. Bei meinen Untersuchungen an den Eizellen yon A n n e l i d e n (1930 und 1934), T e l e o s t e e r n (1933), C e p h a l o p o d e n (1934) und P r o s o - b r a n c h i e r n (1934) habe ieh dies au6h sehon in vielen Einzelheiten verfolgen kSnnen. Da nun das E c h i n o d e r m e n e i entwicklungsmechanisch so grfindlich durchforscht ist, mu6te es doppelt wichtig erseheinen, zu untersuchen, ob sieh etwas yon den bei den erwahnten Eizellen beschriebenen pH-Ph/~nomenen auch bei ihm nachweisen 1/i6t, und wenn ja, wie sie in die Differenzierung der Blasto- meren eingreifen.

Die Untersuchungen wurden an den Eiern yon Asterias forbesii im Monat Juni und Juli ausgefiihrt. Auch die reifen unbefruehteten Seesterneier zeichnen sigh dureh einen konzentrisehen Bau aus. Besondere Substanzen sind gleich-

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m/~Big unter der Oberfl~che angereiehert und bilden dort die bekannte viskose Kortikalschicht, fiber die R. C h a m b e r s (1921) interessante experimentelle Be- funde verSffent|icht hat ; innerhalb der Kortikalsehicht liegt ein andersartiges yon den Dottertr6pfchen erffilltes Innenplasma. Da sich nun bei den Eizellen anderer Tiere (Teleosteer, N. limbata, Cynthia) ergeben hat, dab die Aussonderung der spezifischen Kortikalsubstanzen auch naeh dem Prinzip erfolgt, dab etwa alkalisehe Teilehen naeh der Oberfl/~che wandern und saure yon ihr abrficken, dab die Kortikalsubstanzen m. a. W. ein anderes pH haben als die Kolloide des Innenplasmas, galt es zun/~chst diesen Punkt auch bei Asterias zu unter- suchen. Hierzu wurden Vitalfi~rbungen mit sehr schwachen L5sungen der Indi- katoren B r i l l a n t v i t a l r o t , N e u t r a l r o t , B r i l l a n t k r e s y l v i o l e t t , K r e s y l - e c h t v i o l e t t , N i l b l a u s u l f a t - B u n d M e t h y l r o t ausgeffihrt. Methylrot dringt auch bei diesem Objekt nur ein, wenn es in reinen Salzl6sungen, etwa einer isotonischen reinen NaC1 oder KC1-L6sung verwendet wird, in denen die Permeabilit/~t der Eier h6her ist als in Seewasser. Eine besondere Ans~uernng der reinen Salzl6sungen im Sinne der Hypothese von R. C h a m b e r s (1929) ist nicht nStig: Eine sehwache Erh6hung des p H durch Zusatz von NaOH zur Salz- 15sung scheint (wohl durch Weehselwirkung mit dem CaC12 der Zellen) die Permeabilit~t ffir das Methylrot zu vermindern, eine weitere ErhShung der Alkalinit/~t macht die Eier wieder permeabel. Alle andern Indikatoren k6nnen dem Seewasser zugesetzt werden (vergl. fiber diese Farbstoffe die Ausffihrungen in Bd. 18, S. 500 und Bd. 21, S. 395).

Das Resultat der an den Asterias-Eiern ausgeffihrten Vitalf/~rbungen war vollkommen eindeutig: In allen Indikatoren fi~rbt sich die K o r t i k a l s e h i e h t im F a r b t o n d e r s a u r e n S e i t e an , w/~hrend naeh Durchfiirbung des ganzen Zellk6rpers, soweit eine solehe fiberhaupt erfolgt, die I n n e n m a s s e de r E i e r a l k a l i s e h e n F a r b t o n annimmt. Die beobachteten Farben sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

T a b e l l e 1

Brillant- Kresyl- Nilblau- Methylrot Indikator kresylviolett echtviolett sulfat

Kortikal- schicht

blau graublau blau

Brillant- vitalrot Neutralrot

ros~ rosa zinnoberrot

gelb mit

Innen- rosa-violett zartviolett - - eingestreuten gelb plasma zinnoberroten

Tr6pfchen

Zum Verst/~ndnis der F/~rbungsergebnisse sind folgende Feststellungen von Bedeutung. Die saure Kortikalschicht kann leicht und rasch angef~rbt werden, wenn die Eier zuerst griindlich m i t Seewasser gewasehen werden, oder eine Zeitlang in Seewasser gelegen haben. Die alkalische Innenmasse der Eier dagegen ist aueh bei dieser Vorbehandlung nur schwer fi~rbbar. Bei den schwachen Konzentrat ionen der Farbstoffl6sungen, welche ich zu meinen Vitalf~rbungs-

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versuchen verwandte, tri t t eine deutliche Anfgrbung des Innenplasmas erst nach einigen Stunden ein. Auch bei Eizellen anderer Tiere zeiehnen sich die alkalischen Portionen durch eigenartige Schwerfi~rbbarkeit aus. Ich neige jetzt zu der Ansicht, da~ es einer der alkalisehen Plasmastoffe selbst ist, der tthnlieh wie Ammoniak die Adsorption der Farbstoffe an den Plasmateilehen erschwert oder vSllig verhindert. Erst wenn die Eier einen Teil dieses Stoffes verloren haben, tri t t Anfgrbung ihrer alkalischen Portionen auf: (Vergl. hiermit meine Befunde an Teleosteer-Eiern, S p e k I933.) In Klumpen yon Asterias-Eiern scheint sich der Stoff soweit anzureichern, dal] die Eier in allen unsern Vital- farbstoffen ungefttrbt bleiben. Isoliert man einzelne Eier aus dem Klumpen in einem gro6en Sch~lchen Seewasser -~ dem Farbstoff, so tritt sehr rasch Fs der Kortikalschicht ein. Offenbar kann jener Stoff aus den Eiern herausdiffun- dieren. Aus diesem Grunde hat das oben erwi~hnte Auswasehen der Eier einen Einflu6 auf die Geschwindigkeit der Anfiirbung. In Nilblausulfat unterbleibt die Anfgrbung des Zellinnern fiberhaupt. Auch in Brillantvitalrot bleibt sie bei den fiblichen schwachen Farbzusi~tzen wegen der gelbtichen Eigenfarbe der Eier fraglich. Im Neutralrot wurde eine Gelbf~rbung des Zellinnern dutch HerauslSsen der Innenmasse vitalgef~rbter Eier aus der Kortikalschicht nach der C h a m b e r s schen Methode 1) beiVerwendung st~rkerer FarblSsungen mit Sicher - heit festgestellt. Auch die Ausscheidung stark gefi~rbter Tropfen oder neu- entstehender Granula im Zellinnern erfolgt erst bei st~rkerer Farbanreicherung in der Zelle. Diese Tr5pfchen haben stets alkalischen Farbton. Sie sind in Neutral- rot zinnoberrot und in Brillantkresylviolett violett.

In Brillantvitalrot erfolgt eine Anf~rbung der Kortikalschicht ausge- waschener Eier schon nach wenigen Minuten. Und zwar f~rbt sich zun~chst eine sehr dfinne Plasmaschicht direkt unter der Membran tiefrosa an. Die Gra- nulen, die in dieser Schicht liegen, sind anfangs ungef~rbt. Die diffuse F~rbung der erwi~hnten Oberfls im sauren Farbton mSchte ich deswegen besonders hervorheben, well manche Autoren die Binge immer wieder so dar- zustellen versucht haben, als ob saure FarbtSne bei Vitatf~rbungen mit Indi- katoren immer nur an Granulen oder an ,,Dottersubstanzen" zu beobachten seien. Erst nachtr~glich fs sich im Brillantvitalrot und ~hnlich auch in Neutralrot auch feine Granulen der Kortikalschicht an. Die A1ffi~rbung im sauren Farbton erstreckt sich schliel~lich auf die ganze Kortikalschicht, bleibt aber auch sparer immer auf sie beschri~nkt. Die blaue F~rbung der Kortikal- schicht in Nilblausulfat bleibt diffus. Eine Stunde nach Fs ist in Brillantvitalrot und in Neutralrot wahrscheinlich fiberhaupt nut noch die Kortikalschicht gefi~rbt. Klumpen solcher vitalgef~rbter unbefruchteter Eier erscheinen in reinem Seewasser fiber wei$em Papier betrachtet tiefrosa. Ein Zusatz yon einer Spur Ammoniak zum Seewasser l~Bt die Farbe sofort in Gelb umschlagen.

1) Den ersten Versuch dieser Art habe ich mit tterrn Prof. R, Chambers zusammen ausgefiihrt, der mir hierbei seine Methode, das Innenplasma yon der Kortikalschicht zu be- freien, zeigte. Ich habe den Versuch sp~ter noch mehrere Male wiederholt. Das Resultat war immer dasselbe.

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Die schBnste F/irbung beider Regionen des unbefruchteten Asterias-Eies, der Kortikalschicht und des Innenplasmas erh/s man mit Brillantkresylviolett. Nach etwa 3 Stunden sehen darin die Eier etwa so aus, wie Fig. 1 auf Taf. I I I zeigt. Solehe Figuren mfissen natiirlich bis zu einem gewissen Grade sehematisch bleiben, da man ja das Innenplasma in Wirklichkeit fiberall nur durch das anders- gef/~rbte Kort ikalplasma betrachten kann. Deutlich erkennen kann man die Verschiedenfarbigkeit yon Kortikal- und Innenplasma aueh bei der Methylrot- f/~rbung. Auch bei dieser ist aber die scharlachrote F/trbung der Oberfl/~chen- schicht sehr intensiv und verdeckt die gelbe F/~rbung des Zellinnern ziemlich stark. So ist es mir nicht recht verst/~ndlich, wie 1~. C h a m b e r s (1929) die Methylrotfarbe der A sterias-Eier so ohne weiteres als ,,brilliant yellow" bezeichnen konnte. Streicht man mit einem abgerupften F15ekchen eines Ovariums fiber ein Deckglas, so dal~ eine dfinne Schicht yon Eiern in Ovarialflfissigkeit auf dieses aufgetragen wird, und bl~tst ein TrSpfehen einer schwach alkoholischen 0,5 ~ gelben MethylrotlBsung in der feuchten Kammer mit einer Mikropipette gegen die Oberfl/iche eines Eies, ohne es zu injizieren, so entsteht sofort eine lokale Rotf/~rbung der Kortikalsubstanz des Eies unter der Pipettenmfindung.

N u r das Kort ikalplasma f/~rbt sich aber hierbei an. In diesem Fall und bei der Vitalf/~rbung t r i t t die Rotf/~rbung des Kort ikalplasmas in Methylrot ohne die geringste , , injury" des Eies auf. Die Anf~rbung des Innenplasmas erfolgt auch in diesem Farbstoff erst nach einer Stunde oder sp/~ter.

Die Methylrotf/trbung ist wichtig, weil sie uns fiber die HShe der Azidit/it des Kort ikalplasmas Auskunft gibt. Das pH desselben mug im normalen Asterias- Ei ungef/~hr bei 5,0 liegen. Der Farbton der Brillantkresylf/trbung des Innen- plasmas 1/tl3t auf ein p H desselben yon ungef/thr 7,6 schlieBen. I m fibrigen dfirften die Dinge auch beim Asterias-Ei so liegen wie bei anderen Zellen, dal~ durch die Farbreakt ionen der Kortikalschicht und der Innenzone des EikSrpers nur die Reaktion der Hauptmasse dieser Bezirke des Eies angezeigt wird, dab m. a. W. die Kortikalsehicht auch noch Teilchen alkaliseher I~eaktion, und die Innenmasse aueh noch solehe saurer l~eaktion enth/~lt. Es sei hier auch darauf hingewiesen, dab gewisse Substanzen des EikBrpers in unseren Farben ungef/~rbt bleiben. Dies geht z. B. daraus hervor, dab die RichtungskBrper und die hyalinen Protoplasmapapillen der experimentell bipolarisierten KC1-Eier (vgl. S. 572) auch bei starker Anf/s des fibrigen ZellkBrpers stets farblos bleiben.

Naehdem wir nun erkannt haben, dab im Seesternei zwei Hauptzonen yon sehr verschiedenem pH vorhanden sind, und dab die Geschwindigkeit, mi t der sich die in ihnen angeh/~uften Substanzen anf/trben, durchweg auBer- ordentlich verschieden ist, haben wir damit auch schon eine besondere Grundlage zur Beurteilung der bisher versuchten Methoden zur Bestimmung des p H des Echinodermeneies gewonnen. Denn wenn wir wissen, dab eine deutliche An- f/trbung der alkalischen Kolloide erst naeh Stunden erfolgt, kBnnen wir auch a priori nicht mehr erwarten, dab bei Injektion eines Indikators, oder wenn wir das Protoptasma zerdrfickter Zellen in eine IndikatorlSsung ausfliefien lassen, eine sofortige Anf/~rbung dieser Kolloide eintritt. Wir werden vielmehr bei beiden Prozeduren in der Hauptsache n u r die Anf~rbung (und damit auch nur den Farbenausschlag) der sauren Kolloide erhalten, laufen also Gefahr, die

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andere Haup tkomponen te des Protoplasmas f iberhaupt zu fibersehen, wenn wir n icht auch andere Methoden zur Ergi~nzung heranziehen.

DaI~ diese Uberlegung richtig ist, kSnnen wir am besten durch Versuche m i t Methylrot zeigen, mi t dem wit sowohl Vitalfi~rbungen yon auBen, als auch In jekt ionsversuche ausffihren kSnnen.

Injiziert man in Asterias-Eier mit der Chambersschen Injektionstechnik irgendeine Salz- oder Farbl0sung, welche sich mit dem Protoplasma mischt, d. h. eine LSsung, gegen die das Protoplasma nicht gleich eine neue Membran bildet, so tritt im Augenblick eine AuflSsung und enorme Verquellung s~mtlicher Zelleinschltisse und Granulationen ein, die eine Aufbli~hung der Zelle und ein Glashellwerq~en des ganzen Zellinhalts bewirkt. Das Phi~nomen wurde als , ,helle Cy to lyse" bezeichnet. Es ist wahrscheinlich so zu erkl~ren, daI3 bei dem normalen Zustand des Eiplasmas das HydratationsvermSgen der Plasmakolloide lange nicht ges~ttigt ist. Kommt irgendwie noch Wasser in die Zelle, so rei~en es die Zell- substanzen sofort an sich und erleiden eine immense Aufquellung. Diese Verquellung der Zellsubstanzen tritt selbst dann ein, wenn man reine S~lzlSsungen yon hoher Konzentration injiziert wie etwa 2,0-M NaCl- oder 1,0-Y[ CaCl~-LSsung. Selbst wenn nach der Injektion zuerst eine Triibung des Plasmas dutch F~llung erscheint wie im 2,0-)/[ NaC], folgt ihr sofort vSllige Aufhellung, Einschmelzung der Einschltisse und Aufblahung der Zelle. Nach Injektion yon Seewasser setzt die Aufquellung auch ein, doch bildet sich zwischen dem injizierten Tropfen und dem Protoplasma sehr rasch eine neue Grenzfl~che. Innerhalb dieser bleibt das Protoplasma normal. Die DotterkSrnchen bleiben hier ungelSst.

Die Cytolyse bleibt nach den Injektionen nur dann aus, wenn man nut sehr geringe Fliissigkeitsmengen injiziert und sehr feine Mikropipetten verwendet. - - Die Cytolyse wird nicht durch die mechanische Alteration hervorgerufen. Heftigste Zerrbewegungen 15sen sie nicht aus. Sie tritt dann ein, wenn Wasser in die Zelle gebracht wird.

Bei der plStzlichen Verquellung der Zelle braucht an sich keine Ver~nderung der Wasser- stoffionenkonzentration zu erfolgen. Wohl aber kSnnte bei der Cytolyse eine ~nderung des Verhaltens der verschiedenen Plasmasubstanzen zu Farbstoffen (Anf~rbbarkeit und dgl.) eintreten, da sich ja nach der Cytolyse jedenfalls die meisten Zellsubstanzen in einem andern physikalischen Zustand befinden. - - F~rben sich Substanzen~ die vorher in KSrnchen- oder Tropfenform dispergiert waren (DotterkSrnchen!) nach ihrer AuflSsung bei der Cytolyse an, dann muB ihre Farbe jetzt diffus im ganzen KSrper der cytolysierten Zelle erscheinen. All dieses kSnnte auch bei F~rbungsversuchen mit :Indikatoren eine starke Ver~tnderung des F~rbungsbildes verursachen und mu{3 daher beriicksichtigt werden.

Indikatorenversuche, welche 1~. C h a m b e r s und H. P o l l a c k (1927) an Asterias-Eiern ausgeffihrt ha t ten , gal ten als Haupts t i i t ze fiir die Behauptung, da~ bei mechanischer Alterat ion, Cytolyse und sonstigen Schs in den Einzelzellen eine sofortige S~urebildung erfolgt. Es handel te sich um Versuche, in denen die C l a r k s c h e n Ind ika to ren in die Eier inj izier t worden waren. Aus dem Gesagten geht hervor, da{3 solche Beobachtungen nur d a n n einen Wer t haben, wenn m a n genauestens prfift, was sich eigentlich mi t dem Ind ika to r im sauren F a r b t o n anfs Diese Pr i i fung ist ]eider in keinem einzigen Falle, wo m a n yon einer ,,acid of i n ju ry" in Einze]zellen sprach, vorgenommen worden. I n keinem Fal l ist auch nur die Frage gestellt worden, ob da~, was den sauren F a r b t o n des Ind ika tors bedingt, n icht schon vor der Sch~digung in der Zelle vorhanden war, ob m. a. W. die Zellen n icht auch schon normalerweise irgend- welche sauren Subs tanzen enthal ten , die sich bloB un te r manchen Versuchs- bedingungen in der i n t ak ten Zelle n icht anf~rben. Geht m a n dieser Frage nach,

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so ergibt sich, dab es kaum cine Zelle gibt, in der saure Zellkolloidc fchlen. In unserem Objekt ist, wie wir sahen, die ganze Masse der Kortikalschicht aus sauren Substanzen aufgebaut, und es bereitet gar keine: Sehwierigkeit ihre Reaktion auch in der intakten Eizelle zu demonstrieren. C h a m b e r s selbst besehreibt (1930, S. 810) ,,red granules" in den mit Methylrot vitalgef~rbten Asterias-Eiern (gemeint sind jedenfalls die feinen Granulationen der Kortikal- schicht). Da6 diese sich bei der Cytolyse aufl6sen, ist ihm natiirlich bekannt. Trotzdem spraeh er, als er dann eine diffuse Anfs der cytolysierten Zellen im sauren Farbton beobachtete, ohne Bedenken yon einer ,,acid of injury".

Die Behauptung, dab bei mechanischen oder sonstigen Alterationen der Zellen im Protoplasma im Augenblick eine S~ure gebildet wird, ist meiner Ansieht nach sowohl beim Asterias-Ei, als auch bei anderen Objekten viel zu voreilig aufgestellt und gar zu leichtgl~ubig hingenommen worden. In all den F~llen ist eine genaueste Analyse der Farbreaktionen der verschiedenen K o m p o n en t en des betr. Protoplasmas notwendig. Bevor sie durchgeffihrt ist, ist die Frago der ,,acid of injury" in Einzelzellen iiberhaupt nicht diskutabel.

Wie diese Dinge beim Asterias-Ei liegen, soll noeh durch einige weitere Versuche beleuehtet werden. Wir w/~hlen dazu noch einige Methylrotf~rbungen.

Methylrotversuche sind fiir die Beurteilung dieser Fragen deswegen sehr lehrreich, weil wir damit bei Anwendung reiner NaG1-L6sungen leicht eine vitale Anf~rbung der nicht cytolysierten Zellen erreiehen, naehtri~glich eine Cytolyse dieser Eier herbeifiihren und andererseits den gleichen Farbstoff injizieren k6nnen. In der NaC1-LSsung eytolysieren nach einiger Zeit einzelne der schon gefs Eier schon von selbst. Hierbei t r i t t k e i n e _~nderung des Farbtones auf. Das Zinnoberrot der Kortikalsubstanzen wird bloB blasser, wenn sie sich auflSsen und ausbreiten. Zum Teil treten diese aufgelSsten Kortikalsubstanzen auch aus dem Ei heraus. Die Substanzen des zentralen Plasmas werden raseh entf~trbt. - - Bei Injektion t r i t t sofortige Anfi~rbung der Kortikalsubstanzen im gleichen zinnoberroten Farbton ein, den die vitalgef~trbten Eier zeigen. Auch hier erfolgt bei der Cytolyse blo6 ein Blasserwerden der l~otf~rbung, niemals auch nur die geringste Verschiebung des Farbtones nach l~osa. Gelingt es einen kleinen Tropfen der Farbl6sung in die zentrale Zellmasse zu injizieren, so bleibt er orange. Diese Manipulation ist nicht leicht, da man im allgemeinen nur in flachausgebreitete Eier eine Pipette einfiihren kann, bei denen der Spielraum zwischen den beiden Lagen der Kortikalschicht zu gering ist. Eine bleibende Anf~rbung des Zellinnern gelingt dureh Injektion tiberhaupt nicht. Die Farbe diffundiert daraus sehr rasch wieder heraus. Bisweilen erfolgt eine tropfige Ent- misehung der cytolysierten Zellen. Die Tropfen fi~rben sich mit Methylrot gelb.

Aus dem Gesagten geht hervor, dab bei d e r C y t o l y s e k e i n e S t e i - g e r u n g de r Acid i t /~ t e i n t r i t t . Was bei d e r C y t o l y s e s a u r e I n d i - k a t o r r e a k t i o n z e i g t , s ind i m m e r n u r d ie K o r t i k a l s u b s t a n z e n , d i e ja n o r m a l e r w e i s e e in sehr t i e f e s p H h a b e n .

Gegen Injektionsversuche mit den Clarksehen Indikatoren mSchte ich fiir marines Material zun~chst folgende prinzipielle Bedenken s Versuche an A m o e b e n (s. bes. R e z n i k o f f und P o l l a c k 1927, S p e k und C h a m b e r s 1934) haben gezeigt, daB Salze m i t zweiwertigen Kationen besonders CaCl~

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einen starken Einflug auf die F~rbung des Protoplasmas naeh Injektion der C la rkschen pH-Indikatoren haben. Sind im Protoplasma zwei Komponenten yon versehiedenem pH vorhanden, so wird die Anf/~rbung der alkalischen Kom- ponente fast v611ig rfickg~ngig gemacht, und in dem Mal3e, in dem sie entf/~rbt wird, reigt die saure Komponente den Indikator an sich. Bei den Amoeben kSnnen die Komponenten, oder wenigstens die beiden I-Iauptkomponenten, mikroskopisch unterschieden werden. Die Hauptmasse der sauren Kolloide ist bei den groBen Amoeben in den diehten Htillen der feinen Bl~schen, dem sog. Granuloplasma angeh~uft. Das Mare Hyaloplasma hingegen besteht vor- wiegend (aber jedenfalls nieht aussehlieglich) aus schwach alkalischeu Sub- stanzen. Injiziert man nun etwa eine Bromkresolpurpurl6sung, so f~rbt sich nur das Hyaloplasma blauviolett an. Injiziert man aber Bromkresolpurpur Jr einer gewissen Dosis von CaCl~, so n immt zwar das Hyaloplasma zu- erst auch die typische blauviolette F~rbung an, gleichzeitig erscheint aber fiberall eine blab zitronengelbe F~rbung des Granuloplasmas. Die F~rbung des Hyaloplasmas wird dann rasch immer blasser, und im gleichen MaBe n immt die Anf~rbung des Granuloplasmas immer mehr zu. Die F/~rbung im sauren Farbton des Indikators ist aufs Sch~rfste auf das Granuloplasma beschr/~nkt. Bei diesem Sachverhalt scheint es mir ganz unzul~ssig yon einer S~urebildung, yon einer yon CaCl~ verursachten ,,acid of injury" zu reden, wie man das tat , bevor man die genaueren Details dieser J~nderung des F/~rbungsbildes beachtet hatte. Das Wesen derselben bes teht jedenfalls darin, dab Ca" die Adsorption des Farb- stoffes an den alkalisehen Kolloiden s tark herabsetzt, und im gleiehen Mag der , ,Konkurrent", die sauren Kolloide, den Farbstoff an sich reigt. - - J~hnlieh aber quant i ta t iv wohl noeh st/~rker ist die Wirkung der zweiwertigen Kationen auf die F~rbung mit anderen Indikatoren von Cla rk .

Ob nun diese auBerordentlieh auffi~llige Wirkung der zwei- und mehr- wertigen Kationen auf das Amoebenplasma auch f f r andere Zellen gilt, ist noeh nieht genauer untersueht. Jedenfalls wird es aber gut sein, yon vornherein damit zu rechnen. Bei marinem Zellenmaterial, welches wie die Eehinodermen- Eier eine ziemlieh hohe Permeabiliti~t fiir Salze besitzt, k6nnte der Gehalt an Ca" und Mg"-Ionen aueh im Zellinnern yon vornherein schon so hoeh sein, dab die C la rksehen Indikatoren fast nur in die sauren Kolloide hineingehen. Das

w/~re dann ein weiterer starker Faktor, der die Anfs der alkalisehen Plasma- komponenten ersehwert oder ganz verhindert und damit d i e s e Farbstoffe fiir die Ermit t lung des Gesamtbildes der pH-Verh/iltnisse unbrauehbar maeht. - - Erfolgt naeh der Injektion Cytolyse und ein erhShter Eintr i t t des Augenmediums, das an Ca" und Mg'" so reich ist, dann slnd die Chaneen fiir die erSrterte Wirkung dieser Ionen nur noeh grSBer.

Naeh Injekt ion yon 1 ~o LSsungen von Bromkresolpurpur, Bromthymol- blau und Phenolrot f/~rben sich die Eier sofort mehr oder weniger intensiv gelb. Nur in wenigen F/~llen beobachtete ich, dab sieh der injizierte violette Brom- kresolpurpurtropfen 1/mgere Zeit violett erhielt. Ob die Injektion in diesen F/~llen mehr zentral erfolgt war, blieb unsicher. Aber es l~Bt sieh wenigstens flit Brom- kresolpurpur mit Leichtigkeit demonstrieren, dab natiirlieh nicht die ganze Masse des Eies eine Azidit/~t besitzt, die aueh noeh diesen Indikator in Gelb

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umschlagen ls Setzt man ni~mlich mehrmals sorgfi~ltig mit anges~uerter isotonischer Kochsalzl6sung gewaschene unbefruchtete Asterias-Eier auf einen Objekttr~ger in eine mit Bromkresolpurpur versetzte isot. NaC1-LSsung, die soweit anges~uert wird, dal~ der Indikator rein gelb wird, und zerdriickt sie unter dem Deckglas durch Auflegen einer Nadel, so e r s c h e i n t s o f o r t u m al le z e r d r i i c k t e n E i e r h e r u m ein b l a u v i o l e t t e r H o f , der auch makro- skopisch auf weiBem Grund zu sehen ist. Erst naeh mehreren Minuten nehmen bei dieser Versuchsanordnung die kSrnig gerinnenden Kortikalsubstanzen der Eier den Farbstoff an. Sie f~rben sich gelb. Etwas kann sieh von ihnen auch aus dem ZellkSrper herauslSsen und in Form einer gelblichen, etwas getriibten Wolke aus den Zellen aufsteigen. Diese erseheint stets wesentlich spi~ter als die rasch diffusiblen blauvioletten HSfe. Ffihrt man den Versuch in einem alkalischen Medium aus, in dem Bromkresolpurpur blauviolette Farbe hat, so sieht man natiirlich nur diese gelblichen Wolken aus den Zellen heraustreten. Die blauvioletten HSfe mfissen ja hier unsichtbar bleiben.

Damit bei Ausfiihrung des ersten Versuches kein Fehler durch anhaftendes Seewasser entstand, wurde das Waschen mit der mit HC1 angesituerten NaC1- LSsung solange wiederholt, bis in der gelben Bromkresolpurpur-NaC1-LSsung um die intakten Eier herum keine Spur yon einer Blaufi~rbung mehr auftrat. Es wurden aueh deutsche Objekttri~ger und Deckgls aus hartem Glas ver- wendet, die auBerdem vorher mit HC1 gewaschen waren. Durch all diese Proze- duren diirfte natfirlich auch schon ein Teil der leichtdiffusiblen Substanzen aus den Eiern herausgewaschen und durch die hohe Aziditi~t des Mediums neu- tralisiert werden. Wir haben schon frtiher gesehen (s. S. 564), dab auch aus den intakten Eiern im normalen Seewasser Stoffe herausdiffundieren. Diese kSnnten identiseh sein, mit den leiehtdiffusiblen Substanzen, die um die zerdrfickten Eier herum auftreten und Bromkresolpurpur in Blauviolett umschlagen lassen. Wie hoch das pH dieser Substanzen ist, lieB sich leider noeh nicht ermitteln, denn in angesi~uerten Phenolrot- und Kresolrot-NaC1-L6sungen f~rbten sieh weder ausdiffundierende Stoffe, noch die restlichen ZellkSrper an, weder rot noch gelb. In alkalischen Medien sieht man nur die viskosen Kortikalsubstanzen beim Zerdrficken der Eier bisweilen aus dem ZellkSrper austreten und gelbliehe Farbe annehmen. DaB Zellsubstanzen, welche einen Indikator nicht adsorbieren, mit ihm fiberhaupt keinen Farbausschlag geben, habe ich sehon frfiher an einem lehrreichen Beispiel demonstriert. In unserem Fall darf man nicht etwa schlieBen, dab die Alkalinit~t der ausdiffundierenden Stoffe nicht hoch genug ist, um Phenolrot oder Kresolrot umschlagen zu lassen. Es ist mSglich, dab das pH jener Stoffe hSher ist als aus dem Umsehlag yon Bromkresolpurpur hervorgeht, aber Phenolrot und Kresolrot geben uns dariiber keine Auskunft, well sie an die Teilchen jener Stoffe gar nieht herankommen.

Li~Bt man unbefruchtete Asterias-Eier l~ngere Zeit in den sauren Brom- kresolpurpur-NaC1-L6sungen liegen, so treten aueh um die unversehrten Eier herum blasse blaue HSfe auf. Dieser Austritt leichtdiffusibler Substanzen ist natiirlich fiir die Fertilizin-Theorie yon gr5Btem Interesse.

Protoplasma. XXI 37

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Nach Analogie mit den Eiern anderer Tiere (vgl. meine Studien fiber die bipolare Differenzierung der Eizellen, S p e k 1930, 1933 und 1934) h~tte man erwarten kSnnen, da~ beim Seesternei die Qualit~tsunterschiede zwischen animaler und vegetativer H~lfte dadurch zustande kommen, dal3 nach der Reifung des Eies die Hauptmasse der sauren Substanzen nach dem einen und die der alkalischen nach dem anderen Pol verlagert wird. So einfach liegen abet bier die Dinge nicht. Diejenigen Substanzen der Kortikalschicht und der Innenmasse des Eies, welche sich durch unsere Vitalf~rbungen nachweisen lassen, werden wie analogeVitalfitrbungen der sp~teren Stadien ergeben, auch nach der Richtungs- k6rperbildung und w~hrend der Furchung in der gleichen Anordnung angetroffen, b l e i b e n a l so an Or t u n d S t e l l e l i egen . S o i s t d a s F ~ r b u n g s b i l d d e r A s t e r i a s - E i e r n a c h de r B e f r u c h t u n g in a l l en u n s e r n F a r b s t o f f e n das g l e i c h e wie v o r de r B e f r u c h t u n g , und auch an den Furchungsblasto- meren ist eine diinne Aul3enschicht vorhanden, welche sich im sauren Farbton anfiirbt, w~hrend die Innenmasse derselben ausnahmslos den alkalischen Farbton annimmt.

Die Kortikalsubstanzen haben eine sehr hohe Viskosit~t. Wenn auch beim Asterias-Ei die gleichen Kritfte, welche bei andern Eiern nach der Richtungs- k6rperbildung so auffi~llige Substanzverlagerungen herbeifiihren, eventuell in Aktion treten, kSnnte man sich sehr wohl vorstellen, dal3 die hohe Viskosit~t der Kortikalsubstanzen eine Wanderung derselben unmSglich macht. Die leicht- diffusiblen Substanzen allerdings miil3ten, wenn jene Kr/~fte auch bier wirksam sind, und nur die Viskosits die Entstehung des typischen Brides einer bipolaren Substanzsonderung vereiteln, irgendwie polar angereichert werden. Dal3 so etwas mSglicherweise der Fall ist, werden wir sp~ter er6rtern.

Bei den Furchungsteilungen wird der ZellkSrper der Blastomeren yon der Furche jeweils so halbiert, als ob er mit einem Messer durchschnitten wiirde, d. h. die Furche schiebt nicht etwa die Kortikalschicht vor sich her, bis sie die der Gegenseite beriihrt, sondern sie trennt die Kortikalschicht durch, so dal3 die Durchschniirungsfl/~che nach v011zogener Teilung zum grSl3ten Teil von Kortikal- schicht ~rei ist. Bei kurzer Anf~rbung der Furchungsstadien mit unseren Vital- farbstoffen, bei der ja nur die Kortikalsubstanzen gef~rbt werden, bleiben die ehemaligen Durchschniirungsstellen ungef~rbt und infolge der hohen Viskosit/~t der Rindenschicht erfolgt auch kein Ausgleich, so dal3 diese Areale noch lange an ihrer Ungef~rbtheit oder doch blasseren F~rbung erkennbar bleiben.

So wie bei der Entwicklung der Eier anderer Tiere t r i t t auch bei den Asterias- Eiern yon den ~lteren Furchungsstadien an eine betri~chtliche Steigerung der F~rbbarkeit der Zellen, und ganz besonders der Fi~rbbarkeit der zentralen al- kalischen Zellbezirke ein. Diese Ercheinung iiberkreuzt sich aber mit einem zweiten interessanten Phitnomen. Sobald ns die Blastomeren anfangen, sich epithelartig aneinander zu ffigen, und die Lficken zwischen ihnen immer mehr verschwinden (das ist etwa vom 64-Zellenstadium der Fall), wird bei F~rbung mit Kresylechtviolett oder Nilblausulfat mit einem Male eine bipolare D i f f e r e n z i e r u n g des g a n z e n K e i m e s erkennbar der Art, da~ die F i i r b b a r - k e i t n u r in den Z e l l e n d e r a n i m a l e n H K l f t e z u n i m m t , in den Zellen

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der v e g e t a t i v e n H s dagegen so schwach wird, da~ diese f a s t f a r b l o s erscheinen (vgl. Fig. 2, Tar. I I I ) . Diese farblose vegetat ive Kappe des Asterias- Keimes entsteht nicht etwa so, da6 ihre Zellen von best immten mehr oder weniger farblosen Regionen ihrer Mutterzellen abgeschnfirt werden. Ihre Farblosigkeit hat aueh keinerlei Beziehung zu den kortikalplasmafreien und daher schwerer f~rbbaren Bezirken der Blastomeren. Wie man bei F~Lrbungen mit anderen Farbstoffen, andeutungsweise auch bei der KresyleehtviolettfArbung erkennen kann, enthalten die Zetlen der vegetativen Keimhttlfte genau so wie die der animalen sowohl Kort ikalplasma als aueh Innenplasma. Die Differenzen in der F~rbbarkeit der animalen und der vegetativen Zellen sind ein Novum, welches erst in diesem Stadium auftritt . Das entstehende Fi~rbbarkeitsgef~lle erstreckt sich ganz gleichmi~13ig fiber den ganzen Keim von einem Pol bis zum andern. Meine vorl~ufige ErklArung, welche sowohl die Gleichm~l~igkeit des Gradienten, als auch die Erscheinung selbst verst/~ndlich mache• wiirde, ist die, dal3 naeh Zusammenschlul3 der Zellen durch die Zellen hindureh eine Wanderung der die Fi~rbungen hemmenden Substanz, naeh dem vegetat iven Pol einsetzt und zu einer fortschreitenden Anreicherung derselben an diesem Pol ffihrt. D i e Beweis- fiihrung ist noch nicht durchgeffihrt. Mit unsern F~rbungsmethoden kommt man eo ipso nicht weiter, well ja jener Stoff die Fitrbungen gerade sehr erschwert. Es mfil3te vor allem noch untersucht werden, ob das Farbloswerden nicht durch eine Reduktion der Farbstoffe verursacht wird. Scharf ausgepr~gt ist die Er- scheinung wie erwAhnt in Kresylechtviolett und Nilblausulfat. In den iibrigen Farbstoffen ist sie hSchstens andeutungsweise zu erkennen. Besonders zahlreiche FArbungen wurden mit Kresylechtviolett ausgeffihrt. In diesem verschwindet die bipolare Differenzierung w~hrend des Blastulastadiums vorfibergehend fast vSllig, wahrscheinlich infolge der allgemeinen starken Steigerung der Fttrbbarkeit. Kurz vor der Gastrulation ist dann aber die vegetat ive Zellenplatte wieder fast vSllig farblos. Ebenso ist die erste Kuppe der Urdarmeinstfilpung fast ganz farblos. Diese lg6t sich auch in andern Farbstoffen fast gar nicht mehr anf~rben. Zum Sehlusse sei noch erwAhnt, dab yon dem Blastula-Stadium an auch e i n e s c h a r f a u s g e p r a g t e b i p o l a r e D i f f e r e n z i e r u n g d e r e i n z e l n e n E p i t h e l - z e l l e n in Erscheinung t r i t t ; und zwar sind in den Zellen der Blastula und in den Ektodermzellen der Gastrula die Komponenten des Plasmas stets so ver- teilt, dal3 an der Au]3enfli~ehe der Zellen Substanzen angereichert sind, die sich in allen penetrierenden Indikatoren im sauren Farbton fi~rben; an der Innenseite der Zellen entmischt sieh eine mat tkontur ier te Vakuole, die alkalischen Farbton annimmt. So ist die Au6enfltLche in Brillantkresylviolett blau, die Vakuole rosaviolett; in der Zwischenzone scheiden sich viele violette Granulen aus. Die Urdarmzellen zeigen eine analoge Differenzierung, blo~ ist ihre F~rbung stets sehr blal3.

~berbl icken wir unsere Befunde fiber die Organisation des unbefruchteten Asterias-Eies und das Verhalten der verschiedenen Komponenten des Proto- plasmas bei der Entwicklung, so kSnnen wir feststellen, da$ nach Analogie mi t den Eizellen anderer Tiere zwar auch beim Asterias-Ei eine Hauptvoraussetzung zur Entstehung stofflicher Differenzen der verschiedenen Keimbezirke durch

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bipolare Stoffgnderungen insofern gegeben zu sein scheint, als auch in ihm Plasmasubstanzen sehr verschiedener Reaktion unausgeglichen nebeneinander vorkommen. Aber bei der normalen Entwicklung kommt es h6chstens zu einer unauffglligen polaren Wanderung leichtdiffusibler Stoffe und die Deutung dieses Phi~nomens ist auch noch nicht gesichert. Um so interessanter ist es bei dieser Sachlage, dab man dutch Behandlung der unbeffuchteten Eier m i t s c h w a c h h y p e r t o n i s c h e n r e i n e n L 6 s u n g e n y o n N a t r i u m - o d e r K a l i u m c h l o r i d s e h r l e i c h t e x p e r i m e n t e l l d ie e x t r e m s t e b i p o l a r e S t o f f w a n d e r u n g in i h n e n a u s l 6 s e n k a n n , d ie m a n s ich n u r v o r - s t e l l e n k a n n .

Die besten Resultate erhglt man mit einer 0,75-M KC1-L6sung. l~bertrggt man eine Anzahl unbeffuchteter Asterias-Eier n0ch vor vollzogener Richtungs- k6rperbildung in eine reine 0,75-M KC1-L6sung, so kann man nach etwa 11/2 Stunden an einem mehr oder weniger gro6en Prozentsatz derselben eine eigentfimliche Vergnderung feststellen. Die Eier erscheinen etwas in die Lgnge gestreckt, oval. Der noch nicht aufgel6ste Zellkern ist ausnahmslos in der Richtung der Lgngsachsen nach dem breiteren Ende verlagert und wird offenbar so lange gegen die Zellwand bewegt, bis er v611ig abgeplat tet ist (vgl. Fig. 3, Taft I I I ) . Am entgegengesetzten, spitzeren Ende findet man stets eine auffgllige dichte Anreicherung einer besonderen Substanz, und da am ganzen fibrigen Eik6rper die Kortikalschicht nicht mehr zu sehen ist, ist es nicht schwer zu erraten, da6 es die Kortikalsubstanzen sind, welche her abwandern. Uber ihrer Ansammlung, und zwar stets nur an dieser Stelle, entstehen charakteristisch gelappte hyaline Protoplasmafortsiitze. Es prggt sicll also auch schon rein morphologisch in der neuen Substanzordnung und sogar in der gui~eren Gestalt der Eier aufs Schgrfste eine gewisse Bipolaritgt aus. Eine sichere Beurteilung des Wesens der ganzen Umordnung des Eiinhaltes erm6glicht aber erst die Vitalfgrbung mit Indikatoren. Besonders sch6n ist die mit Methylrot, da sich in ihm eine Durchfgrbung des ganzen Eiinhaltes erzielen lggtl). Es ergibt sich, da6 in der Tat die roten (sauren) Kortikalsubstanzen alle nach dem spitzen Pol abgewandert sind und sich dort dicht zusammengeschoben haben (vgl. Fig. 4, Tar. I I I . Das dort abgebildete Ei war allerdings in reiner NaCi-L6sung erhalten worden. Ein prinzipieller Unterschied besteht abet in dem Resultat der beiden Salzwirkungen nicht.) Von den fibrigen Teilen des Eies ist die rote Kortikalschicht bis auf eine ganz diinne Schicht verschwunden. Dadurch bekommen wir nun einmal aufs Sch6nste die reine tiefgelbe Farbe des Innenplasmas zu sehen. Bei der bipolaren Um- ordnung des Eiinhaltes zeigen also die Substanzen, welche sich durch verschiedene Farbe auszeichnen, ein entgegengesetztes Verhalten. Hierbei ist bemerkenswert, da6 der nicht aufgel6ste Kern stets mit den alkalischen Substanzen wandert, und ich m6chte daran erinnern, daI~ R. C h a m b e r s (1927) bei Injekt ion yon Phenolrot in das Keimbl~tschen des unreifen Asterias-Eies einen Umschlag in Rosa erhielt. Danach miiI~te also der Kernsa.ft mindestens ein pH yon 7,6 haben.

1) Das Methylrot kann gleich zu Beginn des Versuches der SalzlSsung zugefiigt werden. Die andern rascher anf&rbenden Farben habe ich meist erst nach vollzogener bi- polarer Differenzierung zugesetzt.

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Ob er nicht noch alkalischer ist, kSnnte nur mit hSher umschlagenden Indi- katoren ermittel t werden.

Eine andere Verteilung des Eiinhaltes als die beschriebene kommt bei der bipolaren Umordnung fiberhaupt nicht vor. Es kommt z. B. niemals vor, da6 der Kern in die Anh~ufung der sauren Kort ikalsubstanzen zu liegen kommt, und es kommt auch niemals vor, dal~ diese sich in irgendeiner unregelm~]~igen Weise in m e h r e r e n Portionen im Ei anh~ufen. Auch dig hyalinen I)apillen erscheinen ausnahmslos in der beschriebenen 5rtlichen Beziehung zu der fibrigen Stoffverteilung. Was sie eigentlich bedeuten, l ~ t sich noch nicht sagen. I m ganzen Seh~lchen findet man neben den streng bipolar differenzierten Eiern nur noch einen geringen Prozentsatz yon normalen, unver~nderten und einen wechselnden, meist ziemlieh grol~en Prozentsatz yon cytolysierten, toten Eiern vor. Regellose Variationen des Umgruppierungsph~nomens der Eier habe ich fiberhaupt nie beobachtet. Bei Vitalf~rbungen der schon bipolar differenzierten Eier mi t Brillantvitalrot und Brillantkresylviolett erh~lt man mehr oder weniger nur eine Fs der einseitig angeh~uften Kort ikalsubstanzen und der rest- lichen ganz diinnen Oberfl~chensehicht derselben. Sie f~rben sich in Brillant- vitalrot rosa und in Brillantkresylviolett dunkelblau (s. Fig. 3, Tar. I I I ) . DiG gro6e Masse des Innenplasmas fi~rbt sich aus irgendeinem Grunde so wie in den nieht ausgewasehenen normalen Eiern meist gar nicht an. In Brillantkresyl- violett setzte bisweilen naeh einigen Stunden vom Kernpol her eine zarte rosa- violette Anf~rbung ein, wit sie auch Fig. 3, Tar. ] I I zeigt. Allzulange kann man die Fs nieht fortsetzen, da auch dig bipolar gewordenen Eier in der reinen SalzlSsung naeh einigen Stunden zu eytolysieren beginnen. Vor Einsetzen der Cytolyse erscheint gegen Ende des Versuches vielfaeh zuerst eine dichte braune Koagulation des Kortikalplasmas direkt unter den hyalinen Papillen. Nach dieser Ver~nderung fi~rbt sich diese Stelle in Bril lantvitalrot im neutralen Farb ton an. Auch diese Erscheinung t r i t t immer in genau der gleichen 5rtlichen Be- ziehung zur Bipolariti~t der Eier auf.

Durch Betasten mit Nadeln kann man feststellen, da6 der Zellk5rper der bipolar differenzierten Eier ganz weich ist. Es ist also mSglich, dal~ eine Verminderung der I)rotoplasmaviskosit~t beim Zustandekommen der bipolaren Umordnung eine l%olle spielt. Gegen einen Wechsel des Mediums sind die bipolar differenzierten Eier aui~erordentlich empfindlich, l~bertri~gt man sit in See- wasser, so werden sic alsbald alle cytolysiert. Aus diesem Grunde war es auch nieht mSglieh, schon bipolar differenzierte Eier nachtr~glich zu befruchten und zur Entwieklung zu bringen. In den meisten F~llen vertragen die bipolaren Eier nicht einmal eine Ubertragung in neue KC1- (bezw. NaC1-)L5sung der gleichen Konzentration.

Der Umstand, da]~ es nicht mSglich ist, experimentell bipolarisierte Eier zur Entwicklung zu bringen, macht es leider auch unm5glieh, fiber die Beziehung der Achse der experimentell erzeugten t)olarits der Eier zu der Achse der nor- malen Polarit~t des Seesternkeimes etwas auszusagen. Das Aufsteigen des ganzen Kernes zu einer best immten Stelle des Eies darf man nicht ohne weiteres gleich- setzen dem Aufsteigen der Richtungsk5rperspindel zum animalen 1%1. Die Spindel und der nichtaufgeltiste Kern brauehen ja nicht im gleiehen Sinn zu wandern.

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Ein Extrazusatz von KC1 zum Seewasser bewirkt keine Polarisierung. Mischungen yon Seewasser mit 1,0-M KC1-LSsung waren v611ig wirkungslos. Dagegen erh~lt man, wie erwi~hnt, stets eine Anzahl potarisierter Eier in reinen NaC1-LSsungen von 0,7- his 0,8-M Konzentration. In 0,75-M KC1-L6sungen ist aber der Prozentsatz stets hSher. Die Form der Papillenbildung ist in den beiden Salzl6sungen nicht gleich. Sonst besteht in ihrer Wirkung kein prinzipi- eller Unterschied. Der Prozentsatz bipolarer Eier ist bei Eiermaterial yon ver- schiedenen Weibchen sehr verschieden. Der h6chste Prozentsatz in 0,75-M KC1-L6sung waren etwa 70 ~/o.

In befruchteten Eiern kann m a n mit keinem der besprochenen Medien eine bipolare Wanderung der Eisubstanzen auslSsen.

Die dutch die erw~hnten Salze hervorgerufene bipolare Stoffwanderung zeigt, daB der Faktor, der eine bipolare Wanderung der Plasmateilchen ver- schiedener Reaktion bezw. Ladung in der Eizelle ausl6sen kann und wahrschein- lich in der Ladung der Membran zu suchen ist, in irgendeiner Beziehung steht zu gewissen Ionen, besonders den Kaliumionen des AuBenmediums. Das differente Verhalten der beiden Polbezirke der Zelle kSnnte durch einen Unterschied in der Permeabili ts bedingt sein etwa so, dab das KC1 nut yon der einen Seite in die Zelle eindringen kann oder doch hier leichter eindringt. Wie es hierbei zu einer Aufladung der Membran kommen kann, ob etwa nur eine Ionenart durch die Membran dringt und die andere sich an der Grenzfl/~che anreichert, oder ob irgendein Ionenkonzentrationsgefi~lle entsteht, kann vorli~ufig nicht gesagt werden, es scheinen abet auch schon diese beiden MSglichkeiten eine Direktive fiir kfinftige Versuche zu geben. Zum SchluB sei noch daran erinnert, dab man auch bei unbefruchteten Nereis-Eiern die RichtungskSrperbildung und die normale bipolare Differenzierung durch eine Extradosis yon KC1 aus- 15sen kann.

Vergleichende Untersuchungen wurden auch an Eiern yon Arbacia aus- geffihrt. Wegen der Kleinheit und starken Pigmentierung des Objektes be- schr/inkte ich reich aber auf die Ausffihrung der Hauptversuche und beabsichtige die Versuchsserie an den Eiern der europ~ischen Seeigelarten fortzusetzen.

Von den bisherigen Versuchen sei nur mitgeteilt, dab im Arbacia-Ei im Prinzip die gleichen Verhs vorliegen wie im Asterias-Ei. Die zentrale Masse des Protoplasmas, in der die DotterkSruchen aufgestapelt sind, ist al- kalisch. Die Indikatoren nehmen darin alkalischen Farbton an, oder scheiden sich in TrSpfchen aus, die im alkalischen Farbton gef/irbt sind. Die hyalinen Si~ume des Ektoplasmas dagegen nehmen langsam den Farbton der sauren Seite an. Beim Anstechen der Eier gehen sie klar in LSsung und f~rben sich in den C la rkschen Indikatoren an. Ihre Farbreaktion hat Veranlassung gegeben, auch bei diesem Objekt yon einer aus dem verletzten Ei herausdiffundierenden ,,acid of injury" zu sprechen. Interessant ist, daB sich das Substrat der Pigment- k6rner, ffir welches F. Vl~s und E. V e l l i n g e r auf spektrophotometrischem Wege ein pH yon 5,5 ~ 0,3 ermit tel t haben, in in unsern Blau.Rosa-Indikatoren so intensiv b l a u anfiirbt, daB die Farbe des Indikators die des natiirlichen

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Pigments iiberdeckt. Die saure Reaktion der Pigmentk6rnersubstanz gibt uns jetzt auch eine Erkl~rung, weshMb die KSrner alle peripher verteilt sind.

Unsere Asterias-Versuche geben auch eine ausreiehende Grundlage zur ~berpriifung und Kl~trung der bei den Zellbreiversuchen gemachten pH- ]~estimmungen der franzSsischen Autoren. Die an den zerriebenen Seeigeleiern kolorimetrisch ermittelten Werte bedfirfen jedenfalls nur insofern einer Pri~zision, als es Bruttowerte waren, die sich aus den Farbreaktionen versehiedener Sub- stanzen zusammensetzen. Schwieriger ist sehon die Deutung der potentio- metrischen Messungen, an Zellbreiaufschwemmungen, welche ja aul~er freibeweg- lichen Ionen noeh alkMische und saure Kolloidteilchen der beschriebenen Art enthalten. Bei dieser Methode miissen erst die physikalisehen Grundlagen yon den neuen Gesichtspunkten iiberprtift werden.

Kurze Zusammenfassung der Hauptergebnisse

Vitalf~rbungen mit Indikatoren zeigten, dab sich auch beim Seesternei ~hnlich wie das ftir die Eier anderer Tiere im Stadium vor der RichtungskSrper- bildung beschrieben wurde, die oberfl~chliche Kortikalsubstanz in einem andern Farbton anf~rbt als die zentrMe Masse des EikSrpers. Beim Asterias-Ei sammeln sich (abweichend yon dem VerhMten anderer Eier-Typen) saure Substanzen, die ein pI-I yon ungef~hr 5,0 haben, unter der Oberfli~che an, w~hrend das Zell- innere Substanzen enthi~lt, denen ein pI~ yon ungef~hr 7,6 zukommen dfirfte. Die sauren KortikMsubstanzen bleiben bei der normalen hohen Viskosit~t der Oberfl~chenschicht (wiederum abweichend vom Verhalten anderer Eiertypen) auch nach der RichtungskSrperbildung und w~hrend der ganzen Furchung an Ort und Stelle liegen. Setzt man jedoch unbefruchtete Eier in 0,75-N KC1- oder NaC1-L5sung, so wandern die Mkalischen und die sauren Plasmasubstanzen, ~hnlich wie ich das etwa fiir die normMe Entwicklung der Nereis-Eier festgestellt hat)e, nach zwei ,,Polen" der Eizelle auseinander. Die Erscheinung dtirfte ein neuer und sehr extremer Fall v0n , ,Kataphorese in lebenden Zellen" sein. Je nach ihrer alkalischen oder sauren Reaktion haben die Kolloidteilchen eine verschiedene Ladung. K o m m t es nun zu einer Aufladung der Zellmembran, dann fiihren die Teilchen in dem so entstehenden elektrischen FeldeWanderungen aus. Es wandern in der normMen Eizelle alle sauren Teilchen nach der Ober- fl~che, alle alkalisch~cn dagegen yon ihr fort. I n den reinen SMzlSsungen scheint es wahrscheinlich durch ein verschieden starkes Eindringen der Elektrolyte zu PotentiMunterschieden der Oberfl~che der beiden Eih~lften zu kommen, und nun wandern die Plasmatei lchen verschiedener Reaktion nach zwei ,,Polen" auseinander. Das Ph~nomen dieser ,,bipolaren" Sonderung der Plasmasubstanzen ist entwicklungsmechanisch noch nicht verwertbar. Fiir das Problem der Proto- plasmaelektrizit~tt ist es dagegen zweifellos yon au~erordentlichem Interesse.

Bei der normMen Entwicklung der Asterias-Eier t r i t t bei F~rbung mit Kresyleehtviolett oder Nilblausulfat nach dem 64-Zellenstadium ein scharf- ausgepr~gtes F~rbbarkeitsgefi~lle auf, das kontinuierlich vom animalen zum vegetat iven Pole durch den ganzen Keim durchzieht. Es t r i t t ein die F~rbung hemmender Faktor oder Stoff auf, dessen Wirkung oder Konzentrat ion nach

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dem vegeta t iven Pole zun immt . - - I n dem Asterias-Ei k o m m e n leichtdiffusible Subs tanzen nor, welche die Vit~lf~rbungen hemmen.

Die Versuche bie ten neue Grundlagen und Gesichtspunkte zur Beur te i lung der ~lteren pH-Bes t immungen an Ech inodermen-Eie rn und der Erscheinungen , die mi t dem Auf t re ten einer ,,acid of i n j u r y" erkl~rt wurden.

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Erkl~rung der Abbildungen der Tafel III

Fig. 1. Mit Brillantkresylviolett vitalgef~rbtes reifes, unbefruchtetes Ei von Asterias Forbesii. Kortikalschicht im sauren Farbton (blau), Innenplasma im alkalischen (violett) gef~rbt.

Fig. 2. Mit Kresylechtviolett violett gefarbtes ~lteres Furchungsstadium yon Asterias Forbesii.

Fig. 3. Durch Behandlung mit 0,75-M KCI-L6sung bipolar differenziertes und mit Brillantkresylviolett vital gef~rbtes Ei yon Asterias Forbesii. Kortikalsubstanzen (tiefblau) unter dem Papillenschopf angereichert.

Fig. 4. Dutch Behandlung mit reiner 0,8-M NaC1-L6sung bipolar differenziertes und mit Methylrot vital gef~rbtes Ei yon Asterias Forbesii. Die sauren Kortikalsubstanzen (rot) haben sich alle unter dem Papillenschopf angereichert. Das Innenplasma gelb gef~rbt.