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Die Revolution von 1848

Der Begriff Vormärz charakterisiert die Zeit vor den revolutionären Ereignissen vom März1848 als deren Wegbereiter. Damit auch in Deutschland der Pariser Februar-Aufstand mitseinen Barrikadenkämpfen zu einem politischen Signal werden konnte, damit die Unzufrie-denheit der Bevölkerung auch hier zur revolutionären Erhebung führte, musste „eine Verei-sung des politischen Systems und damit einhergehend die Inflexibilität der traditionellenEliten und Funktionsträger hinzutreten ". (Hachtmann 2002, S. 19.)

Sinnfällig wird diese Entwicklung in der Person des österreichischen Staatskanzlers Metter-nich. Dieser hatte mit seinem System der Restauration die Hoffnung auf eine nationale Ein-heit Deutschlands zunichte gemacht. Allerdings konnten sich die Ideen der französischenRevolution und die Ideale der Aufklärung vor allem im gebildeten Bürgertum zu einer trag-fähigen Basis der politischen Opposition entwickeln. Studenten, die für die nationale Ein -heit 1813 zu-den Waffen gegriffen hatten, setzten mit dem Zusammenschluss ihrer Lands-mannschaften zu einer deutschen Burschenschaft ein Zeichen für das angestrebte Ziel.

Als Appell an die Öffentlichkeit, die durch eine noch relativ frei berichtende Presse an denVorgängen Anteil nahm, ist die Versammlung auf der Wartburg zu werten. Redner fordertendie nationale Einheit und die Garantie einer Verfassung auf der Grundlage der Menschen-rechte. Die Verbrennung des Code Napoleon sowie von Symbolen der Fürstenherrschaftverweisen bereits auf die Ereignisse von 1848/49. Während liberale Bürgerkreise das politi -sche Bekenntnis billigten, sahen konservative Regierungen darin eine ,offene Aufforderungzum Aufstand' und suchten nach Möglichkeiten zur Unterbindung der oppositionellen Kräf -te. (Hein-Mooren u.a. (Hrsg.) 2002, S. 103.)

Ausgehend von der Ermordung des Schriftstellers Karl August von Kotzebue wurde die po-litische Opposition durch die Karlsbader Beschlüsse stark eingeschränkt. Zensur und politi -sche Bespitzelung prägten den Alltag und führten zu einem Rückzug der bürgerlichenSchicht in die unpolitische Beschaulichkeit des Privaten. Nicht einfacher wurde die öffentli-che Vertretung einer gegenläufigen Meinung auch durch die immer rigider werdendenMaßnahmen des Metternich'schen Systems. Die nicht verstummende politische Oppositionversetzte Metternich und die deutschen Regierungen „in Furcht und Schrecken". (Hardtwig1985, S. 46.) Die Konsequenzen waren eine Verschärfung der Zensurbestimmungen sowiedas Verbot von politischen Vereinen und Versammlungen.

In diese Phase der massiven Kontrolle fällt das politische Engagement des damals 21-jähri-gen Georg Büchner (1813-1837). Büchner interessierte sich bereits früh für die Ideen derFranzösischen Revolution. Seine Unzufriedenheit mit der gesellschaftlichen und politischenSituation fließt in die 1834 zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837) verfassteund anonym verteilte Flugschrift ,Der Hessische Landbote'ein. Büchner wendet sich an dieBauern des Herzogtums Hessen-Darmstadt, um sie zum Aufstand gegen ihre adligen Unter-drücker zu bewegen.

Der Ton der Flugschrift ist aggressiv, die Ideen aufwieglerisch. Da Büchner eine erfolgreicheRevolution nur dem gemeinsam handelnden Volk zutraut, dieses seine politische Verant -wortung aber aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage nicht wahrnimmt, spricht ergenau die Bedürfnisse seiner Adressaten an, um sie für sein Ziel zu gewinnen:

„Die früheren Flugschriften, welche zu diesem Zweck etwa erschienen sind,entsprachen demselben nicht,• es war darin die Rede vom Wiener Kongreß,Preßfreiheitl ... L lauter Dinge, um welche sich die Bauern 1...] nicht kümmern, solange sie noch mit ihrer materiellen Not beschäftigt sind, denn diese Leute ha-ben aus sehr nahe liegenden Ursachen durchaus keinen Sinn für die Ehre undFreiheit ihrer Nation, keinen Begriff von den Rechten des Menschen u.s.w.man muß ihnen zeigen und vorrechnen, daß sie einem Staate angehören, des-sen Lasten sie größtenteils tragen müssen, während andere den Vorteil davonbeziehen;(August Becker: Verhör vom 1. September 1837. Büchner 1988, S. 367f.)

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Die Adressatenbezogenheit Büchners zeigt sich vor allem in seiner dem bäuerlichen Hori -zont angepassten Argumentation, Stilgebung und Wortwahl.

Auch wenn die Flugschriftenaktion nicht das gewünschte Ergebnis zeigte, so verdeutlichtsie doch die Bedingungen und Konsequenzen oppositionellen Handelns in derVormärz-Zeit. Nach dem Verrat Büchners und seiner Helfer konnte Büchner sich derVerurteilung und Kerkerhaft nur durch die Flucht nach Straßburg entziehen. Das Schicksalseiner Mitstreiter wird in den Briefen Georg Büchners sowie in den mündlichen Aussagenseiner Freunde deutlich. Der Lebensweg und seine politischen Überzeugungen machenGeorg Büchner zum eindrücklichen Beispiel der intellektuellen Opposition der Vormärz-Zeit.

Die Vormärz-Opposition meldet sich zu Wort und muss dabei viele Hindernisse umgehen.Alarmiert durch eine wachsende Unzufriedenheit und durch die zunehmende Tendenz, die-se auch publik zu machen, entschlossen sich die europäischen Monarchen unter dem ,Res-taurator' Metternich zu weitreichenden Beschneidungen der freien Meinungsäußerung. Vorallem die treibende Kraft der Unmutsäußerungen —die universitäre Intelligenz — sollte durchÜberwachung der Universitäten kontrolliert werden. Zu groß war die Furcht der Herrschen-den, in ihrem Machtbereich durch revolutionäre Forderungen beschnitten zu werden, alsdass sie oppositionelle Kritik geduldet hätten.

In Karlsbad wurde die Verschärfung der Pressezensur, die Verhaftung oppositionspolitischAktiver sowie deren Verurteilung als Demagogen beschlossen. Alle revolutionären Umtrie-be sollten bereits im Keim erstickt werden. Zu sehen, dass die Opposition trotz aller Widrig-keiten nicht verstummte, wirft mehrere Fragen auf:

— In welcher Form konnten politisch Andersdenkende unter diesen Restriktions- und Sank-tionsmaßnahmen aktiv werden?

— Für die Veröffentlichung welcher Inhalte lohnte es sich Leib und Leben zu riskieren?

— Unter welchen Bedingungen erfolgte die politische Aktivität bzw. was waren ihre Folgen?

Die Beschäftigung mit den Inhalten, Zielen und Schwierigkeiten der Vormärz-Oppositionstellt einen wichtigen Schritt zum Verständnis der Revolution von 1848 dar und erlaubt zu-gleich die Diskussion historischer Parallelen wie z.B. der 68er Studentenbewegung. Der Be-zug zur Französischen Revolution bindet die vielfältigen oppositionellen Äußerungen desVormärz zugleich in eine — heute mehr denn je — europäische Demokratie-Tradition ein.