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DOI 10.1007/s11573-012-0594-8 Z Betriebswirtsch (2012) 82:5–30 Zf B-SPECIAL ISSUE 5/2012 Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate Governance-Diskussion Hanno Merkt Zusammenfassung: Der Beitrag geht der Frage nach, welche konkrete Rolle Bilanz und Abschlus- sprüfung sowie ihre jeweilige Regulierung in der aktuellen Diskussion um gute Corporate Gover- nance spielen. Dabei wird in einem ersten Abschnitt gefragt, in welchem Verhältnis Bilanzierung und Corporate Governance funktional zueinander stehen und inwieweit die Zielbestimmungen von Bi- lanzierung und Abschlussprüfung einerseits und Corporate Governance andererseits konvergieren. Sodann wird im zweiten Abschnitt erörtert, in welcher Weise spezifische inhaltliche wie forma- le bzw. verfahrensmäßige Elemente der Bilanzierung und ihrer Prüfung die Ziele guter Corporate Governance fördern sollen. Schließlich geht es in einem dritten Abschnitt darum, welche regulato- rischen Maßnahmen in jüngerer Zeit ergriffen wurden, um die Leistungsfähigkeit von Bilanzierung und Abschlussprüfung als Instrumente der Förderung guter Corporate Governance zu steigern. Am Ende wird erkennbar, dass trotz der starken Betonung der Informations- und Transparenzfunkti- on der Bilanz ihre originäre und ursprüngliche Funktion als Instrument der Selbstinformation und Selbstrechenschaft gerade in Bezug auf Corporate Governance eine ganz zentrale Rolle spielt. Es ist gerade diese Funktion der „Selbst-Rechnungs-“ bzw. „Selbst-Rechenschaftslegung“, die vom Gesetzgeber in jüngerer Zeit vor allem im Bereich des Risikomanagements und im Verhältnis von Abschlussprüfer und Aufsichtsrat stärker instrumentalisiert wird. Unter regulierungsmethodischem Aspekt ist diese Entwicklung deshalb interessant, weil sie nach einer längeren Phase der starken Konzentration auf Transparenz und Publizität die klassische Verhaltenssteuerung durch materielle Ge- und Verbotsnormen wieder stärker in den Mittelpunkt rückt. © Gabler-Verlag 2012 Prof. Dr. H. Merkt, LL.M. () Rechtswissenschaftliche Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Niemenstrasse 10, 79098 Freiburg im Breisgau, Deutschland E-Mail: [email protected]

Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate Governance-Diskussion; The role of accounting in the current corporate governance-discussion;

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Page 1: Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate Governance-Diskussion; The role of accounting in the current corporate governance-discussion;

DOI 10.1007/s11573-012-0594-8Z Betriebswirtsch (2012) 82:5–30

Zf B-SPECIAL ISSUE 5/2012

Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellenCorporate Governance-Diskussion

Hanno Merkt

Zusammenfassung: Der Beitrag geht der Frage nach, welche konkrete Rolle Bilanz und Abschlus-sprüfung sowie ihre jeweilige Regulierung in der aktuellen Diskussion um gute Corporate Gover-nance spielen. Dabei wird in einem erstenAbschnitt gefragt, in welchemVerhältnis Bilanzierung undCorporate Governance funktional zueinander stehen und inwieweit die Zielbestimmungen von Bi-lanzierung und Abschlussprüfung einerseits und Corporate Governance andererseits konvergieren.Sodann wird im zweiten Abschnitt erörtert, in welcher Weise spezifische inhaltliche wie forma-le bzw. verfahrensmäßige Elemente der Bilanzierung und ihrer Prüfung die Ziele guter CorporateGovernance fördern sollen. Schließlich geht es in einem dritten Abschnitt darum, welche regulato-rischen Maßnahmen in jüngerer Zeit ergriffen wurden, um die Leistungsfähigkeit von Bilanzierungund Abschlussprüfung als Instrumente der Förderung guter Corporate Governance zu steigern. AmEnde wird erkennbar, dass trotz der starken Betonung der Informations- und Transparenzfunkti-on der Bilanz ihre originäre und ursprüngliche Funktion als Instrument der Selbstinformation undSelbstrechenschaft gerade in Bezug auf Corporate Governance eine ganz zentrale Rolle spielt. Esist gerade diese Funktion der „Selbst-Rechnungs-“ bzw. „Selbst-Rechenschaftslegung“, die vomGesetzgeber in jüngerer Zeit vor allem im Bereich des Risikomanagements und im Verhältnis vonAbschlussprüfer und Aufsichtsrat stärker instrumentalisiert wird. Unter regulierungsmethodischemAspekt ist diese Entwicklung deshalb interessant, weil sie nach einer längeren Phase der starkenKonzentration auf Transparenz und Publizität die klassische Verhaltenssteuerung durch materielleGe- und Verbotsnormen wieder stärker in den Mittelpunkt rückt.

© Gabler-Verlag 2012

Prof. Dr. H. Merkt, LL.M. (�)Rechtswissenschaftliche Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,Niemenstrasse 10, 79098 Freiburg im Breisgau, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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Schlüsselwörter: Bilanzrecht · Abschlussprüfung · Corporate Governance ·Informationsfunktion · Transparenzfunktion · Publizität · Selbst-Rechenschaft ·Risikomanagement · Aufsichtsrat · Verhaltenssteuerung

JEL Classification: M4 · M40 · M41 · M42 · M48

1 Einleitung

Bilanz und Abschlussprüfung gehören zu den integralen Elementen der Corporate Gover-nance1-Diskussion, nicht erst seit Enron und Worldcom,2 sondern seit ihrem Beginn inden frühen neunziger Jahren.3 Das belegen exemplarisch zahlreiche Corporate GovernanceKodices4, in denen man diesen beiden Komplexen spezifische Regelungen und Empfeh-lungen gewidmet hat, so etwa im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) inZiffer 7.1 zur Rechnungslegung und in Ziffer 7.2 zur Abschlussprüfung. Dem liegt wohldie Vorstellung zugrunde, dass zwischen Corporate Governance und Bilanzierung einWirkungszusammenhang besteht. Konkret: Durch Bilanzierung lässt sich gute CorporateGovernance erreichen oder zumindest fördern.Allerdings ist jedenfalls aus regulatorischerSicht vielfach unklar, auf welche Weise, in welchen Bereichen und in welchem UmfangBilanzierung und Abschlussprüfung für Zwecke der Corporate Governance nutzbar ge-macht werden können. Vielfach begnügt man sich mit der Feststellung, dass Anteilseignerund Dritte vor allem durch den Konzernabschluss informiert werden und während desGeschäftsjahres zusätzlich durch den Halbjahresfinanzbericht sowie im ersten und zwei-ten Halbjahr durch Zwischenmitteilungen oder Quartalsfinanzberichte unterrichtet werden(Ziff. 7.1.1 DCGK). Der Fokus liegt hier auf der Funktion der Bilanzierung als Instrumentder Transparenz und der Bereitstellung entscheidungserheblicher Informationen.5 Anderestellen apodiktisch fest, Bilanzrecht als Kern von Unternehmensrecht, Gesellschaft- undKapitalmarktrecht sei der Inbegriff der Corporate Governance im Sinne der Unterneh-mensführung, denn es gehe um die angemessene, nachhaltige Finanzierung und mithinum die Information der Abschlussadressaten.6

Der folgende Beitrag möchte der Frage nachgehen, welche konkrete Rolle Bilanz undAbschlussprüfung sowie ihre jeweilige Regulierung in der aktuellen Diskussion um guteCorporate Governance spielen. Dabei soll in einem erstenAbschnitt gefragt werden, in wel-chemVerhältnis Bilanzierung und Corporate Governance funktional zueinander stehen undinwieweit die Zielbestimmungen von Bilanzierung und Abschlussprüfung einerseits undCorporate Governance andererseits konvergieren. Sodann soll in einem zweiten Abschnitterörtert werden, in welcher Weise spezifische inhaltliche wie formale bzw. verfahrensmä-ßige Elemente der Bilanzierung und ihrer Prüfung die Ziele guter Corporate Governancefördern sollen und schließlich wird es in einem dritten Abschnitt darum gehen, welcheregulatorischen Maßnahmen in jüngerer Zeit ergriffen wurden, um die Leistungsfähigkeitvon Bilanzierung und Abschlussprüfung als Instrumente der Förderung guter CorporateGovernance zu steigern. Letztlich und insgesamt geht es um den Versuch, das stark be-ackerte, aber unübersichtliche Feld zwischen Bilanzierung und Corporate Governanceaktuell zu vermessen und zu kartographieren.

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2 Zum Verhältnis von Corporate Governance und Bilanz(recht)

2.1 Ziele der Corporate Governance zwischen Shareholder- und Stakeholder-Interessen

Versteht man mit der modernen Literatur Corporate Governance7 kurz gefasst als recht-lichen und tatsächlichen Ordnungs- und Organisationsrahmen der Leitung und Kontrollevon Unternehmen, so lässt sich das Ziel der Corporate Governance ebenso verkürzt be-schreiben als Optimierung dieses Ordnungs- und Organisationsrahmens.8 Allerdings hatsich der Bezugsrahmen für die Ordnungs- und Organisationsstruktur der Corporate Go-vernance im Laufe der Zeit gewandelt bzw. erweitert. Anfänglich stand, ganz im Sinneder US-amerikanischen Herkunft der Diskussion, das spezifische, aus der „separation ofownership and control“9 herrührende Problem der Überwachung des Managements durchdie Anteilseigner im Mittelpunkt, ausgehend von der Grundthese des US-amerikanischenGesellschaftsrechts, dass die Shareholder die einzigen Stakeholder der business corpora-tion und mithin die einzige Interessengruppe seien, deren Schutz legitime Aufgabe descorporate law sei.10 In den USA ist diese strikte Beschränkung bzw. Verkürzung derCorporate Governance-Problematik auf das eindimensionale Verhältnis zwischen Mana-gement und Shareholder sowie auf die Anlegerinteressen auf Kritik gestoßen, eben weildie übrigen Bezugsgruppen vernachlässigt würden, ein Defizit, das man dort etwa mit demsogenannten Stewardship-Ansatz zu überwinden sucht.11 In der kontinentaleuropäischenund vor allem deutschen Rezeption des Corporate Governance-Gedankens musste hinge-gen ein deutlich erweiterter Stakeholder-Begriff zugrunde gelegt werden. Zusätzlich zuden Anteilseignern werden hier die Interessen zahlreicher anderer Stakeholder, etwa derGläubiger, der Arbeitnehmer, der Konsumenten bzw. Verbraucher, der Öffentlichkeit unddes Staates einbezogen.12

Aus der Perspektive der Neuen Institutionenökonomik betrachtet führt die Pluralitätder Interessen und die Unvollständigkeit der zwischen den unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen geschlossenen Verträge zu opportunistischem Verhalten, das darin liegt, im Ei-geninteresse Vorteile aus den Vertragslücken zum Nachteil anderer Stakeholder-Gruppenzu schlagen. Allerdings gilt dies für sämtliche Stakeholder-Gruppen gleichermaßen, sodass alle Beteiligten theoretisch zugleich bevor- und benachteiligt werden. Das Unterneh-men bildet demnach ein komplexes Netzwerk von Austauschbeziehungen unterschied-licher Akteure mit Opportunismuschancen und Opportunismusgefahren. Daraus wieder-um resultieren Wohlfahrtsverluste und Verteilungsungleichgewichte, denn die Stakehol-der erbringen infolgedessen suboptimale Beiträge zur Wertschöpfung bzw. sie erhaltenGegenleistungen, die ihre Leistungen unter Einschluss der Opportunismuschancen nichtangemessen vergüten. In diesem Kontext haben Regelungen zur Gewährleistung guterbzw. zur Verbesserung der Corporate Governance das Ziel, durch geeignete rechtliche undfaktische Gestaltung die Möglichkeiten und die Veranlassung der Akteure für opportuni-stisches Verhalten zu begrenzen.13 Es geht der Corporate Governance-Regulierung darum,unter Abwägung der Einbußen durch opportunistisches Verhalten (Opportunismuskosten)und der Aufwendungen für die Regelungen (Regulierungs- bzw. Governancekosten) mög-lichst günstige Bedingungen für eine produktive Wertschöpfung und faire Wertverteilungzu schaffen. Die Produktivität der Wertschöpfung und damit der Unternehmenswert beur-

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teilen sich nach der Fähigkeit des Unternehmens, die Erwartungen bzw. Ansprüche seinerStakeholder-Gruppen nachhaltig zu erfüllen.

Allerdings sind hier Grenzen zu beachten: Corporate Governance-Regelungen könnenSpielräume und Motivationen zu opportunistischem Verhalten zwar beschränken, abernicht vollständig eliminieren. Insbesondere ist es natürlich unmöglich, alle denkbarenKonflikte zwischen den Stakeholder-Gruppen im Voraus zu lösen. Als erforderlich wirddaher ein übergeordnetes Leitinteresse angesehen, das dem Management als dem letzt-verantwortlichen Geschäftsführungsorgan im Einzelfall eine Entscheidungshilfe bietet.Das führt zur zentralen Frage der Corporate Governance, nämlich der Frage, in welchemInteresse das Unternehmen zu führen ist.14

Eine allgemeine Antwort würde lauten, dass alle Stakeholder-Gruppen im Kern dasgemeinsame Interesse an einem auf Nachhaltigkeit angelegten wirtschaftlichen Erfolg desUnternehmens teilen, weil nur ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen ihre Ansprü-che erfüllen kann. Bei einer Betrachtung im Detail wird aber erkennbar, dass unterschiedli-che Stakeholder-Gruppen auch spezifische Ziele verfolgen, die unterschiedlich sein oder –zumindest temporär – sogar miteinander in Widerspruch treten können.15 Das gilt etwa fürdie Gehaltserwartungen der Arbeitnehmer, die unmittelbar in Konflikt mit den Gewinner-wartungen der Aktionäre treten können, die wiederum in einem Spannungsverhältnis zudem Interesse der Gläubiger und des Fiskus an Ausschüttungsbegrenzung stehen können.Selbst innerhalb einer Stakeholder-Gruppe können Interessen widerstreiten, etwa jene dergesicherten und jene der ungesicherten Warengläubiger.

Aus rechtlicher Perspektive sind jedenfalls alle jene Stakeholder-Interessen vom Ma-nagement zu beachten bzw. zu schützen, die vertraglich oder gesetzlich gesichert sind.Fraglich ist dann nur, inwieweit Opportunismusoptionen, die aufgrund von Lücken imSystem der rechtlichen Sicherung offen stehen, vom Management im Interesse der An-teilseigner ausgenutzt werden sollen, ob es mit anderen Worten im Zweifelsfall ein Primatder Anteilseignerinteressen gibt.16

Sodann wird aus rechtlicher Betrachtungsperspektive nach der Rechtsform zu diffe-renzieren sein: Im Aktienrecht ist nach überkommenem Verständnis ein interessenpluralerAnsatz herrschend. Sowohl Aktionäre und Gläubiger als auch Arbeitnehmer und die Öf-fentlichkeit sind die maßgeblichen Interessengruppen.17 Im Konfliktfall soll der Vorstandeinen Ausgleich dieser Interessen suchen, ohne dass es zwischen diesen Interessen eineRangfolge gäbe.18 Bei seiner Entscheidung unterliegt der Vorstand den Grundsätzen derbusiness judgement rule. Er hat weites, gerichtlich nicht überprüfbares Ermessen (§ 93Abs. 2 AktG).19 Einzige inhaltliche Richtschnur ist lediglich die Kardinalpflicht, für denBestand und die dauerhafte Rentabilität des Unternehmens zu sorgen.20 Begründet wirddieser interessenplurale Ansatz einerseits mit der stillschweigenden Fortgeltung der Vor-schrift des § 70 Abs. 1 AktG 1937. Diese später außer Kraft gesetzte Vorschrift lautete:„Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft so zu leiten, wie das Wohldes Betriebs und seiner Gefolgschaft und der gemeine Nutzen von Volk und Reich eserfordern.“ Zum anderen verweist man auf die Sozialbindung des Eigentums in Art. 14Abs. 2 GG,21 die für das Aktienrecht bereits frühzeitig in der Feldmühle-Entscheidungdes BVerfG deutlich wurde, in der das Gericht explizit eine Verantwortlichkeit der AGgegenüber der Allgemeinheit bejahte.22 Schließlich wird verschiedentlich auch die Ein-

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führung der paritätischen Mitbestimmung im Jahre 1976 als normative Verankerung einerinteressenpluralistischen Zielbestimmung interpretiert.23

Allerdings ist nicht zu übersehen, dass in den letzten Jahren jene Stimmen zugenommenhaben, die gegen diesen pluralistischen und für einen monistischen oder doch zumindestprimär am Anlegerinteresse ausgerichteten Ansatz plädieren.24

Etwas anders liegen die Dinge bei der GmbH, die in der Diskussion um CorporateGovernance als Unternehmensträgerform zwar mit einer gewissen Verzögerung, in denletzten Jahren aber deutlich wachsende Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.25 Auch inder GmbH spielt gute Corporate Governance eine wichtige Rolle. Allerdings resultiert dieProblematik hier typischerweise nicht aus der Trennung zwischen einem professionellenFremdmanangement und einer verstreuten Anlegerschaft. Das konzeptionelle Überwa-chungsproblem der GmbH rührt aus der Trennung zwischen aktiven Gesellschafterge-schäftsführern und passiven Gesellschaftern, die nicht an der Geschäftsführung beteiligtsind. Und es stellt sich mit besonderer Schärfe, weil die Gesellschafter in der GmbH nachdem Gesetz weit mehr Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben dürfen als die Aktionärein der AG. Es gilt der Grundsatz der Allzuständigkeit.26 Und die GmbH-Geschäftsführersind in klarem Gegensatz zum Vorstand derAG an Weisungen der Gesellschafterversamm-lung gebunden.27 Von gesteigerter Bedeutung ist Corporate Governance sodann aus derSicht der Minderheitsgesellschafter in der GmbH und schließlich in der konzerniertenGmbH.

Für die GmbH besteht zunächst Einigkeit, dass sich die Geschäftsführer bei ihrenunternehmerischen Entscheidungen am Unternehmenswohl28 bzw. – terminologisch undvielleicht auch inhaltlich differenziert – am Gesellschaftsinteresse29 zu orientieren ha-ben. Inhaltliche Uneinigkeit besteht hingegen in der Frage, ob der Geschäftsführer zurBerücksichtigung von Arbeitnehmer- bzw. Gemeinwohlinteressen verpflichtet oder ledig-lich berechtigt ist. Mehrheitlich wird vertreten, dass den Gesellschafterinteressen Vorrangeinzuräumen ist. Manche befürworten darüber hinaus, dass sich der Geschäftsführer aus-schließlich am Gesellschaftswohl bzw. – allerdings ohne nähere Erläuterung zu einemmöglichen Bedeutungsunterschied – Gesellschafterwohl zu orientieren habe.30 Immerhinbesteht hier Einigkeit darin, dass die Gesellschafter diese Zielbestimmung ändern oder be-grenzen können und dass daraus folgend die Verfolgung von Arbeitnehmer- oder Gemein-wohlinteressen nicht ausgeschlossen ist, sofern sie mit den Gesellschaftsinteressen über-einstimmt. Dagegen sprechen sich andere Stimmen dafür aus, ähnlich wie im Aktienrechtdas Unternehmensinteresse in der GmbH pluralistisch als „Resultante aus den Interessender Shareholder und aller Stakeholder“31 zu definieren, sofern die Gesellschafter nichtAb-weichendes vorgäben, was ihnen frei stände. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat indieser Kontroverse bislang noch keine klare Position bezogen. Manche Stimmen wollendie Feststellung des BGH, dass „. . . der Wille einer GmbH im Verhältnis zu ihrem Ge-schäftsführer[werde] grundsätzlich durch denjenigen ihrer Gesellschafter repräsentiert“32,als Fingerzeig für ein interessenmonistisches Modell deuten.33 Dann wäre aber zu klären,ob und unter welchen Umständen abweichend von einem entsprechenden Grundsatz etwasanderes gelten kann oder muss. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wurde demgegen-über von einer „gebotenen Berücksichtigung öffentlicher Interessen“ gesprochen und alsproblematisch betrachtet, „inwieweit die unterschiedlichen im Unternehmen zusammen-treffenden Interessen zu gewichten sind und welche Organe das Unternehmensinteresse

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konkretisieren.“34 Ob die Dinge in der mitbestimmten GmbH anders liegen, kann hiernicht näher beleuchtet werden.35

2.2 Bilanzierung und Bilanzrecht zwischen Dokumentation, Gläubiger-und Anlegerschutz

Die Antwort auf die Frage nach den Zwecken der Bilanzierung und des Bilanzrechtsfällt nicht minder komplex aus.36 Dabei soll hier die Differenzierung zwischen Ziel undZweck37 oder zwischen Motiv und Grund38 der Rechnungslegung nicht vertieft werden.Auch soll es hier zunächst nur um das deutsche Bilanzrecht gehen. Klammert man dieSteuerbilanz einmal aus,39 so ist klassisch die betriebswirtschaftliche Zielbestimmungder externen Rechnungslegung mit der Aufgabentrias Dokumentation, Rechenschaft undKapitalerhaltung.40 Manche verwenden zwar mehr Begriffe und nennen Dokumentation,Selbstinformation, Rechenschaft gegenüber Außenstehenden und Ausschüttungsbemes-sung als Funktionen.41 Dennoch sind die jeweils genannten Begriffe deckungsgleich unddie Zwecksysteme sind identisch: Rechenschaft umfasst Selbstrechenschaft bzw. Selbst-information. Ausschüttungsbemessung ist nur eine andere Bezeichnung für Kapitalerhal-tung, die die Ausschüttung nach oben begrenzt.

Schon der Blick auf den Dokumentations- und den Selbstinformationszweck ist aufs-chlussreich.42 Der Jahresabschluss soll einen Überblick über Vermögen und Schuldensowie über das Eigenkapital und den erzielten Erfolg vermitteln, wobei der Zwang zur„Rechenschaft vor sich selbst“ verhindern soll, dass das Unternehmen aus mangelnderÜbersicht über den Vermögensstand in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Die Dokumen-tationsfunktion dient dadurch mittelbar auch dem Gläubigerschutz.43 Darüber hinaus gehtes um den Schutz des Unternehmens vor dolosen Handlungen bzw. deren Aufklärung.44

Dabei spielen Transparenz und Drittinformation jedenfalls zunächst keine Rolle, denndie Dokumentationspflicht besteht auch für jene Unternehmensträger, die keiner Offen-legungspflicht unterliegen.45 Umgekehrt spielt zwar Selbstinformation bei der Kapital-gesellschaft eine geringere Rolle als beim Einzelkaufmann, doch läßt sich auch hier dieSelbstinformationsfunktion nachweisen. So treffen Vorstand bzw. Geschäftsführung imFall der Überschuldung der Gesellschaft die Pflicht, die Eröffnung des Insolvenzverfah-rens zu beantragen (§ 15aAbs. 1 InsO). Zwar muss sich die Feststellung, ob das Schuldner-vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt (§ 19 Abs. 2 InsO), nichtnotwendig aus einem Jahresabschluss ergeben. Doch bildet in der Praxis eine aktuelleHandelsbilanz regelmäßig den Ausgangspunkt für eine Überschuldungsbilanz. Die Fest-stellung der Überschuldung anlässlich der Aufstellung eines Jahresabschlusses löst mithindie primär gläubigerschützende Insolvenzantragspflicht aus, bevor ein externer Abschlus-sadressat Kenntnis davon erlangen kann.46

Im Vordergrund der Bilanzierungszwecke steht indessen das Ziel der Rechenschafts-legung gegenüber Außenstehenden. Hier ist nach überkommenem Verständnis ein ganzerKreis von Adressaten betroffen. So nennt etwa Moxter vier Gruppen:47 die Kreditge-ber, die nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschafter (stille Gesellschafter,Kommanditisten, Aktionäre), die Arbeitnehmer und die interessierte Öffentlichkeit, etwaKunden, potenzielle Gesellschafter und Lieferanten, man könnte modern von potentiel-len Fremd- und Eigenkapitalgebern sprechen, wobei Moxter die beiden erste Gruppen als

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berechtigte Adressaten und die beiden letzten Gruppen als lediglich berechtigte Informa-tionsinteressenten bezeichnet. Alle vier Gruppen benötigen in unterschiedlichem UmfangInformationen zum Zweck der Kontrolle und Disposition.

Die Ausschüttungsbemessungs- bzw. -begrenzungsfunktion schließlich dient speziellin der haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaft der Sicherung des Haftungsvermögensund damit zunächst den Gläubigerinteressen. Dazu sieht das Bilanzrecht des HGB unter-schiedliche Regelungen vor, etwa, dass bei einer Bewertung von Vermögensgegenständenzwingend Wertobergrenzen in Form der Anschaffungs- und Herstellungskosten zu beach-ten sind (§ 253 Abs. 1 HGB).48 Ebenso zielt die in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB erfolgte Kodifi-zierung desVorsichts- und Imparitätsprinzips für Unternehmen gleich welcher Rechtsformmittelbar auf eine Ausschüttungsbegrenzung und dient damit dem Gläubigerschutz.49 Al-lerdings wurde auch darauf hingewiesen, dass der Jahresabschluss auch die Aufgabe hat,im Interesse der Eigenkapitalgeber eine Mindestausschüttung zu gewährleisten.50 Da-durch sollen Minderheitsgesellschafter vor einem „Aushungern“ (Dividendenverkürzung)geschützt werden.51 Am deutlichsten hat sich dieser Gedanke in den zu den Wertobergren-zen komplementär geltenden Wertuntergrenzen niedergeschlagen (§ 253 Abs. 3 S. 4, Abs.5 HGB).52

Auch für die Bilanzzwecke wird von betriebswirtschaftlicher Seite darauf hingewiesen,dass in Abhängigkeit von der Rechtsform wegen des damit gegebenen unterschiedlichenAdressatenkreises sowohl die Ziele selbst als auch deren Gewichtung von unterschiedlicherBedeutung sind. Das gelte insbesondere für die Zwecke der Rechenschaft gegenüber Ex-ternen und die Ausschüttungsbegrenzung.53 Im Übrigen gilt nach verbreiteter Auffassung,dass der Jahresabschluss den genannten Zwecken, die ein Zwecksystem bilden, gerechtwerden muss. Bei der Gewichtung seien, so das Postulat, die divergierenden Interessender Adressaten zu berücksichtigen. Bei der Betrachtung einzelner handelsrechtlicher Vor-schriften werde deutlich, dass sie zwar häufig jeweils einen Zweck in den Vordergrundstellten, dass sie in ihrer Gesamtheit aber nicht die Dominanz eines bestimmten Jahresab-schlusszwecks erkennen ließen. Vielmehr bedeute der vom Gesetzgeber intendierte Inter-essenausgleich, dass der Abschluss einem relativierten Interessenschutz aller Adressatendiene.54

Anders liegen die Dinge wiederum beim Abschluss nach IFRS. Zweck des IFRS-Abschlusses ist es gemäß dem Conceptual Framework CF.OB 2 „[. . . ] to provide financialinformation about the reporting entity that is useful to existing and potential investors, len-ders and other creditors in making decisions about providing resources to the entity. Thosedecisions involve buying, selling or holding equity and debt instruments, and providingor settling loans and other forms of credit.“ Neben den Eigen- und Fremdkapitalgebernsowie den weiteren Gläubigern als primären Adressaten der Rechnungslegung nennt dasConceptual Framework in CF.OB 10 sekundäre Adressaten: „Other parties, such as regu-lators and members of the public other than investors, lenders and other creditors, mayalso find general purpose financial reports useful. However, those reports are not primarilydirected to these other groups.“ Allerdings, und darin liegt das Besondere, wird gegenwär-tigen und künftigen Investoren ein umfassendes und repräsentatives Informationsinteressezugebilligt, da sie dem Unternehmen Risikokapital zur Verfügung stellen. Die Entschei-dungserheblichkeit von Informationen wird primär nach den Informationsinteressen derInvestoren beurteilt, CF.OB 3 ff. Dieses Primat der Investoreninteressen hat bekanntlich

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zu der Frage geführt, ob die Zwecke eines IFRS-Einzelabschluss den Zwecken einesHGB-Einzelabschlusses entsprechen. Für den Dokumentationszweck und den Zweck derSelbstinformation des Unternehmensträgers wird das von manchen bejaht.55 Zweifel wer-de aber von anderen für das Ausschüttungsbemessungsziel geäußert. Begründen lassensich diese Zweifel damit, dass das IASB im Framework mit dem finanzwirtschaftlichenund dem leistungswirtschaftlichen Konzept zwar zwei Kapitalerhaltungskonzepte disku-tiert, dass damit aber keineswegs die Kapitalerhaltung als Zweck eines IFRS-Abschlussespostuliert wird. Da das nominelle Kapitalerhaltungskonzept mithin keine integrale Rol-le spielt, hat auch das Vorsichtsprinzip in einem IFRS-Abschluss eine deutlich geringereBedeutung als in einem HGB-Abschluss. Daraus folgert man, das die nominelle Ka-pitalerhaltung bei deutschen Unternehmensträgern, die einen IFRS-Abschluss erstellen,zukünftig nicht sichergestellt ist. Ob ein Solvenztest, mit dem das Unternehmen vor derAusschüttung dartun muss, dass es seine Verpflichtungen den Gläubigern gegenüber auchzukünftig erfüllen können wird,56 qualitativ an die nominelle Kapitalerhaltung des HGBherankommt, ist umstritten.57 Daher hat der deutsche Gesetzgeber das Mitgliedstaaten-wahlrecht betreffend die Anwendung der IFRS auf den Einzelabschluss so ausgeübt, dassIFRS-Einzelabschlüsse nur zu Informationszwecken offengelegt werden dürfen und wegender Maßgeblichkeit gemäß § 5Abs. 1 EStG zum Zweck derAusschüttung und Besteuerungweiterhin nach handelsrechtlichen Vorschriften bilanziert werden muss.

Wechseln wir nun die Perspektive und betrachten die Frage nach dem Zweck vonBilanzierungsregeln aus rechtswissenschaftlicher Sicht, so stehen wir vor der Grundent-scheidung zwischen der rechtlichen Erzwingung bestimmter Abbildungs-, Mess- und In-formationsverteilungsregeln auf der einen Seite und auf der andere Seite jenen Problem-lösungen, die ein ungehinderter bzw. unregulierter Markt generieren würde.58 Hier setztdie Theorie der „unvollständigen Verträge“ an, derzufolge durch Zwangspublizität jeneStakeholder geschützt werden müssen, die keine vertraglich vereinbarten Informations-rechte haben bzw. über keine anderen Instrumente verfügen, um die Verlässlichkeit derInformationen sicherzustellen.59 Böcking und Torabian sprechen in diesem Zusammen-hang plastisch von „gesetzlich vorgeschriebenen Mindest-Covenants“ zur Reduktion vonFremdfinanzierungskosten.60 Versteht man darüber hinaus den Markt rechtlich als Domä-ne der Privatautonomie, erkennt man ferner, dass auch Privatautonomie der Fundierung imRecht bedarf und darüber hinaus nur mithilfe staatlicher Macht (Ziviljustiz) effektiv durch-gesetzt werden kann. Damit stellt sich die Frage nach Regulierung nicht als Frage nachdem „Ob“, sondern als Frage nach dem „Wieviel“. Wie weit bedarf es zentraler Lösungendurch den Gesetzgeber und wie weit genügen dezentrale Lösungen über Privatautonomieund Zivilgerichtsbarkeit?

Wiederum rechtlich betrachtet lassen sich an dieser Stelle prinzipiell zwei Begründungs-bzw. Legitimationsstränge für die Regulierung einer bilanzrechtlichen Selbst- und Fremdre-chenschaftspflicht des Managements unterscheiden: einen privatrechtlichen Strang, dermit der agency-Theorie der ökonomischen Analyse des Rechts korrespondiert, und einenöffentlich-rechtlichen Strang, dessen Entsprechung die Kapitalmarkttheorie darstellt. Mo-dern formuliert sprechen wir im ersten Fall von Individualschutz und im zweiten Fallvon Markt- oder Institutionenschutz. Privatrechtlich geht es um vorvertragliche Sorgfalts-,Aufklärungs- und Auskunftspflichten sowie eine allgemeine Rechenschaftspflicht im Rah-men von Vermögensverwaltung. Aus diesen allgemeinen Pflichten leiten sich sodann spe-

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ziellere gesellschaftsrechtliche und kreditrechtliche Aufklärungs-, Auskunfts-, Einsichts-und Rechnungslegungspflichten ab, die ihrerseits ihre dogmatische Grundlage in der Figurder vertraglichen oder gesellschaftlichen Treuepflicht als einer besonderen dauervertragli-chen Ausprägung des Gebots von Treu und Glauben finden. Ökonomische Rechtfertigun-gen für gesetzliche Bilanzierungsregeln, die auch rechtswissenschaftlich legitimiert wer-den können. Sie zielen auf die Senkung von Transaktionskosten durch Standardisierung.Das objektive Recht hält eine Reserveordnung bereit, auf die bei Bedarf zurückgegriffenwerden kann. Ein weiteres Argument, das darüber hinaus zwingende Bilanzregeln recht-fertigen könnte, folgt aus der Notwendigkeit, dass es zu einem in den Vertragsbedingungenfür die Kapitalvergabe an das Unternehmen nicht vorhergesehener Wertetransfer von derMinderheit auf die Mehrheit stattfindet.61 Als Beispiel wird der Fall genannt, dass der Re-sidualanspruch der Eigenkapitalgeber in einer Verlustperiode nicht nach unten angepasstwird. Der Gefahr, dass die Eigenkapitalgeber in dieser Lage unzutreffend informierenund Gläubiger infolgedessen riskante Geschäfte zu ihren Lasten bzw. über den kritischenZeitpunkt hinaus abschließen, könnte durch gesetzliche Informationspflichten vorgebeugtwerden.62 Als drittes Argument lässt sich schließlich die Vermeidung von Informationsa-symmetrien und ein dadurch bedingtes Zusammenbrechen des Marktes anführen.63

Der öffentlich-rechtliche Legitimationsstrang bilanzrechtlicher Abbildungs-, Mess-und Publizitätsregeln hat seinen historischen Ursprung in der Entwicklung der modernenAktiengesellschaft als Kapitalsammelbecken und der Nachfrage von Aktiengesellschaf-ten nach Kapital an den Börsen. Hierin wird verbreitet der Grund für die dominierendeRolle der Publizität der Information gesehen.64 Die bilanzrechtlichen Informationspflich-ten bilden hier ein zentrales, wenn nicht sogar das wichtigste Regulierungsinstrument desBörsenrechts, des Prospektrechts, des Insiderrechts, des Übernahmerechts und zahlreicherweiterer kapitalmarktrechtlicher Teilbereiche. Allerdings sind Funktionsschutzregelungenin gleicher Weise rechtfertigungsbedürftig wie Individualschutzregelungen.65 Kernfrageist zunächst aber auch hier, ob nicht der Markt selbst ein angemessenes Maß an Informati-on produziert. Nach der Kapitalmarkteffizienzhypothese fließen zwar alle marktpreisrele-vanten Informationen so rasch in den Kurs ein, dass Arbitragemöglichkeiten durch Insidernicht systematisch ausgenutzt werden können. Doch ist damit nichts darüber ausgesagt, obdie verbreiteten Informationen ausreichend, inhaltlich richtig und zuverlässig sind. Andersformuliert: Ob eine Investition in ihre produktivsteVerwendungsmöglichkeit gelenkt wird,hängt nicht von der Effizienz der Kursbildung mit Blick auf zukünftige Kurse ab, sonderndavon, ob die Kurse die realwirtschaftlichen Umstände möglichst zutreffend abbilden.66

Die zweite Rechtfertigung für Funktionsschutzregelungen wird aus der Theorie der öffent-lichen Güter abgeleitet. Da die Unternehmen wegen des Phänomens des Trittbrettfahrensnicht den vollen Wert der Erzeugung von Jahresabschlussinformationen realisieren kön-nen, werden sie weniger Informationen anbieten als gesamtwirtschaftlich notwendig wäre.Dies dient als Begründung für rechtlich zwingende Bilanzierungsregeln.67

Vergleicht man nun den Befund für die Ziele der Corporate Governance und der Bilan-zierung, so lässt sich Unterschiedliches feststellen.

Es gehört zu den scheinbaren Paradoxien der modernen betriebswirtschaftlichen undunternehmensrechtlichen Forschung, dass sich bei der Corporate Governance einerseitsund der Bilanzierung andererseits gegenläufige Verschiebungen ergeben haben: Während

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sich bei der Corporate Governance der Fokus von der rein am Anteilseigner-Interesseorientierten engen Betrachtung hin zu einer pluralen, an den Interessen ganz unterschied-licher Gruppen orientierten Perspektive geöffnet hat, hat sich im Bereich der Bilanzierungunter dem Einfluss der Internationalen Standards68 die Bezugsgruppe von den Gläubigernzu den Anteilseignern verlagert.

Eine weitere Paradoxie liegt darin begründet, dass jedenfalls nach herrschendem unter-nehmensrechtlichem Verständnis im Rahmen der Corporate Governance für die Aktienge-sellschaft ein interessenpluraler Ansatz vertreten wird, der es gebietet, auch Gläubigerin-teressen zu berücksichtigen, während für die GmbH ein monistischer Ansatz befürwortetwird, der allein eine Berücksichtigung der Gesellschafterinteressen gestattet.

2.3 Wechselwirkungen zwischen Bilanzierung und Corporate Governance

Wendet man sich der Frage nach dem Verhältnis von Bilanzierung einerseits und Cor-porate Governance andererseits zu, so stellt man fest, dass verbreitet die Rolle der Bi-lanzierung und des Bilanzrechts im Kontext der Corporate Governance allein oder dochprimär in der Gewährleistung hinreichender Transparenz und Kontrolle von jenen kapital-marktorientierten Unternehmen bzw. Großunternehmen gesehen wird, die im besonderenFokus der Öffentlichkeit stehen. So wird das infolge der Bilanzskandale deutlich gestie-gene Interesse an Grundsätzen guter Corporate Governance und Rechnungslegung für dieAufrechterhaltung des sensiblen Systems der weltweit vernetzten lokalen Kapitalmärktehervorgehoben. Die Information der Kapitalmärkte mittels der Finanzberichterstattung imAllgemeinen und der Rechnungslegung der Unternehmen im Besonderen stellen einenEckpfeiler der Aufrechterhaltung unseres marktwirtschaftlich geprägten Finanzsystemsdar. Als entscheidend wird dabei der Grad an Transparenz der berichtenden Unternehmensowie das Vertrauen der Kapitalmarktakteure in die Ordnungsmäßigkeit und Normkon-formität der Finanzberichterstattung angesehen. Sie soll durch ausreichende Kontrollegesichert werden. Kontrolle und Transparenz bilden danach das Bindeglied zwischen denGrundsätzen guter Corporate Governance und einer ordnungsmäßigen, aussagekräftigenund die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelnden Rechnungslegung. Die Zielsetzungeiner verbesserten Transparenz und einer Erhöhung der Vergleichbarkeit soll durch eineinheitliches, möglichst wenig Wahlrechte eröffnendes sowie die Marktwerte widerspie-gelndes Bilanzrecht erreicht werden. Die Überprüfung dieser Form der Rechnungslegungsoll durch einheitliche Prüfungsstandards gewährleistet werden. Der Abschlussprüfer istnur einer von mehreren Bestandteilen dieses Kontrollsystems, bei dessen Beschreibung dieexternen Elemente wie die Überwachung durch Aufsichtsbehörden und die Enforcement-Stellen gegenüber der internen Überwachung deutlich hervorgehoben wird.69

Auch von anderer Seite wird der Zusammenhang zwischen Rechnungslegung undCorporate Governance im Ziel der Vermittlung entscheidungserheblicher Information undmithin in der Transparenzfunktion des Jahresabschlusses für die Corporate Governancegesehen.70 Als Adressaten stehen dabei die aktuellen sowie die potentiellen Fremd- undEigenkapitalgeber im Mittelpunkt. Jahres- und Konzernabschluss sollen die Informati-onsasymmetrien zwischen Anteilseignern und Unternehmensleitung hinsichtlich der wirt-schaftlichen Lage und auch hinsichtlich der Effizienz des Managements beseitigen. Es liegtauf der Hand, dass hierbei massiveAgency-Probleme unausweichlich sind. Neben den Ka-

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Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate . . . 15

pitalgebern werden auch Mitarbeiter geschützt, indem sie anhand der Informationen zurErtragslage die Liquidität des Unternehmens und somit die Sicherheit des Arbeitsplatzesbeurteilen können. Lieferanten und Kunden können wiederum auf Basis des Jahresab-schlusses ihre Entscheidungen über weitere Geschäftskontakte mit dem Unternehmentreffen. Bilanzierung hat danach also im Rahmen der Corporate Governance dienendeFunktion, indem sie durch Schaffung von Transparenz und Vermittlung von Informationmaßgeblich zur Beseitigung von Agency-Problemen zwischen Unternehmensleitung undStakeholdern bzw. zwischen verschiedenen Stakeholder-Gruppen beiträgt.71 Die Kontrol-le des Managements setzt, wie Kirchner formuliert hat, ein verbindliches Regelwerk derZwangspublizität voraus, das die Kontrolleure in die Lage versetzt, von ihren Kontrollbe-fugnissen effektiv Gebrauch zu machen.72

Allerdings lässt sich eine Funktionalisierung auch in umgekehrter Richtung feststellen.So resultiert aus der Indienstnahme der Rechnungslegung für die Zwecke der Corpora-te Governance eine Aufladung der Rechnungslegung und ihrer Regulierung mit Inhaltenund Zielbestimmungen, die Corporate Governance-Konzepten eigen sind. Gerade weilCorporate Governance nach deutschen bzw. kontinentaleuropäischem Verständnis eineninteressenpluralen Ansatz verfolgt, der neben Anteilseignerinteressen eine ganze Reiheweiterer Stakeholder-Gruppen integriert, wird Rechnungslegung, die dieses CorporateGovernance-Konzept unterstützt, ihrerseits interessenplural angelegt sein. Auch dies wirdvon den Vertretern des eben dargelegten Transparenz-Ansatzes anerkannt, wenn festge-stellt wird, dass die Beseitigung vonAgency-Problemen alsAufgabe der Rechnungslegungumso wichtiger sei, wenn die kontinentaleuropäische Auffassung von Corporate Gover-nance zugrunde gelegt werde, wonach sämtliche Stakeholder-Gruppen im Fokus stehen.73

Man kann noch einen Schritt weiter gehen: In dem Maße, in dem Rechnungslegung inden Dienst der Corporate Governance gestellt wird, muss sie das moderne „Schisma derBilanzierungszwecke“, also die Alternativität von Fremd- und Eigenkapitalgeberschutz,von Informations- und Ausschüttungsbemessungsfunktion überwinden.

Ein zweiter Punkt verdient Beachtung: Mit der starken Betonung der Informations-und Transparenzfunktion der Bilanz im Kontext der Corporate Governance gerät leicht inden Hintergrund, dass die Bilanz auch in ihrer originären und ursprünglichen Funktion alsInstrument der Selbstinformation und Selbstrechenschaft gerade in Bezug auf CorporateGovernance eine ganz zentrale Rolle spielt. Die Unternehmensleitung wird durch die Bi-lanz in die Lage versetzt, direkt und unmittelbar sich selbst Rechenschaft über die eigeneTätigkeit abzulegen, Fehler und Fehlentwicklungen zu erkennen und zu korrigieren. Es istgerade diese Funktion der „Selbst-Rechnungs-“ bzw. „Selbst-Rechenschaftslegung“, dievom Gesetzgeber in jüngerer Zeit vor allem im Bereich des Risikomanagements und imVerhältnis von Abschlussprüfer und Aufsichtsrat stärker instrumentalisiert wird. Um die-sen Effekt zu erzielen, sind Transparenz, Publizität und Drittinformation von Stakeholdernnoch gar nicht erforderlich. Für die Ausschüttungsbemessung liegt das auf der Hand: Aus-schüttungsbemessungsregeln wirken auch ohne jede Offenlegung der Bilanz gläubiger-schützend. Darin liegt auch ein wesentlicher Grund dafür, dass das kontinentale Bilanzrechtmit der starken Publizitätsfixierung der internationalen Bilanzierungsstandards74 gewisseSchwierigkeiten hat. Transparenz und Publizität sind aus der Perspektive der Selbstin-formationsfunktion lediglich Sanktionsinstrumente, um Bilanzierung in angemessenemUmfang und mit verlässlichem Inhalt zu erzwingen. Sie werden als Steuerungsinstrumen-

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te gegenüber der Selbstinformation auch nur mit gewisser Verzögerung und insofern auchweniger effizient wirksam. Auch dieser Befund lässt sich durch jüngere gesetzliche Maß-nahmen, mit denen die Rechnungslegung als Instrument der Selbstinformation für Zweckeder Corporate Governance eingesetzt wird, belegen.

Unter regulierungsmethodischem Aspekt schließlich ist diese Entwicklung deshalbinteressant, weil sie nach einer längeren Phase der starken Konzentration auf Transparenzund Publizität die klassischeVerhaltenssteuerung durch materielle Ge- undVerbotsnormenwieder stärker in den Mittelpunkt rückt.

In Übereinstimmung mit diesem Zwischenbefund wird aus betriebswirtschaftlicher75

wie rechtswissenschaftlicher76 Sicht bemerkt, dass die Dualität der Selbstinformations-und der Fremdinformationsfunktion der Rechnungslegung im Bereich der Corporate Go-vernance in zwei grundlegenden Arten der Interpretation Ausdruck findet. Einerseits isteine rechtliche bzw. organisatorische Begriffsinterpretation der Corporate Governanceerkennbar, bei der im Wesentlichen die Aufbau- und Ablauforganisation innerhalb desUnternehmens als Institution, d. h. die interne Kontrolle in den Vordergrund gestellt wird(rechtlich-institutionelle Interpretation). Andererseits wird auf eine kapitalmarktorientier-te, auf die Interaktion abstellende Sichtweise Bezug genommen, bei der die Außenbezie-hungen des Unternehmens im Vordergrund stehen (ökonomisch-interaktive Interpretati-on). Letztere wird in Zusammenhang mit koalitionstheoretischen Überlegungen und der„principal-agent“-Theorie gebracht.77 U. a. Böcking und Gros haben diese Dichotomieder Interpretationsansätze auf die prägnante Formel vom insider- und outsider-System derCorporate Governance gebracht.78 Das marktbasierte outsider-System wird durch einenhohen Grad an Eigenkapitalfinanzierung in Verbindung mit einer hohen Streubesitzquoteund einem liquiden Kapitalmarkt charakterisiert. Unternehmenskontrolle findet über denliquiden Kapitalmarkt statt. Das netzwerkorientierte insider-System wird demgegenüberdurch umfangreiche Beteiligungsverhältnisse zwischen Industrieunternehmen und Ban-ken sowie Überkreuzbeteiligungen und Personalverflechtungen charakterisiert. Im Ge-gensatz zum outsider-System verlangt das insider-System nicht zwingend nach einem aufdie Vermittlung von entscheidungserheblichen Informationen ausgerichteten Rechnungs-legungssystem. Minderheiten- und Gläubigerschutz wird hier auf andere Weise gewährlei-stet, etwa durch Kapitalerhaltungsregeln zur Verhinderung nachvertraglicher Vermögens-und Risikoverlagerungen.

Im Weiteren soll an zwei ausgewählten Beispielen gezeigt werden, wie die rechtlich-institutionelle Interpretation der Corporate Governance im Bereich der Rechnungslegungin jüngerer Zeit vom Gesetzgeber aufgegriffen worden ist.

3 Beispiele der rechtlich-institutionellen Interpretation der Corporate Governanceim Bereich der Berichterstattung

3.1 Corporate Governance-Berichterstattung

Die Ausweitung und Verbesserung der sogenannten Corporate Governance-Berichter-stattung (hier in einem weiten Sinn unter Einschluss von Berichterstattung über Risikoma-nagement, Internem Kontrollsystem und Innenrevision) war in jüngerer Zeit Gegenstand

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umfänglicher Bemühungen auf europarechtlicher, gesetzlicher und Kodexebene. Die hierinteressierende rechtlich-institutionelle Interpretation soll exemplarisch am Beispiel derPflicht zum Bericht über das Risikomanagementsystem betrachtet werden.79

In Umsetzung von Art. 46a Abs. 1 lit. c der Bilanzrichtlinie in der Fassung der Abän-derungsrichtlinie hat der deutsche Gesetzgeber in der neuen Vorschrift § 289 Abs. 5 HGBvorgesehen, dass kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften im Lagebericht künftigdie wesentlichen Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems imHinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu beschreiben haben.80 § 315 Abs. 2 Nr.5 HGB erweitert diese Berichterstattungspflicht auf den Konzernrechnungslegungspro-zess im Konzernlagebericht. Zu erläutern sind die wesentlichen Merkmale des vorhande-nen internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungs-legungsprozess: Beschrieben werden müssen die Systeme mithin nicht in ihrer ganzen,das Unternehmen erfassenden Breite, sondern in zweifacher Einschränkung. Der Fokusliegt zum einen auf dem Prozess der Rechnungslegung und zum anderen auf den we-sentlichen Merkmalen dieses Systems, auf seine Bestandteilen, seinen Grundstrukturenund -prozessen. Die Beschränkung auf den Rechnungslegungsprozess resultiert dabei nachder Gesetzesbegründung aus den berechtigten schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen,die das Unternehmen, bezogen auf die weiteren Teile des internen Kontroll- und Risiko-managementsystems, durch eine zu weitgehende Offenlegung möglicherweise gefährdenkönnte.81

Hat die Geschäftsführung kein entsprechendes Risikomanagementsystem eingerichtet,so ist dies im Lagebericht anzugeben. Allerdings muss für das Fehlen eines Systems keineBegründung gegeben werden. Und es ist an die Rechnungslegungsadressaten – anders alsan den Aufsichtsrat – auch keine Einschätzung des Vorstands über die Funktionsfähigkeitdes internen Kontroll- und Risikomanagementsystems zu übermitteln. Die Berichtspflichterschöpft sich in einer Systembeschreibung und enthält keine eigenständige Würdigung.Der Gesetzgeber geht aber, und das ist hier entscheidend, davon aus, dass schon die bloßeBeschreibung des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf denRechnungslegungsprozess die Geschäftsführungsorgane zu einer Auseinandersetzung mitdem System und dessen Effektivität zwingt.82 Daher ist auch nicht auszuschließen, dassin dem Bericht freiwillige Aussagen über die Funktionsfähigkeit des Systems getroffenwerden.83

Bei alledem lässt der Gesetzgeber keinen Zweifel daran, dass mit der Berichtspflichtweder die Errichtung noch die inhaltlicheAusgestaltung des internen Kontroll- und Risiko-managementsystems mit Blick auf den Rechnungslegungsprozess gesetzlich verpflichtendvorgeschrieben werden soll.84 Demnach bleibt es nach der Vorstellung des Gesetzgebersden geschäftsführenden Organen im Rahmen ihrer rechtsformspezifischen Leitungsauto-nomie überlassen, ein solches internes Kontrollsystem nach den unternehmensspezifischenBedürfnissen unter Berücksichtigung der Unternehmensstrategie, des Geschäftsumfangsund anderer Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte einzurichten. Nur für die AG sieht dem-gegenüber § 91 Abs. 2 AktG zwingend eine entsprechende Systemverantwortung desVorstands vor, allerdings klar beschränkt auf die Früherkennung aller nicht rechnungs-legungsbezogenen bestandsgefährdenden Risiken. Für die GmbH hat der Gesetzgeberhingegen von einer zwingenden Regelung ausdrücklich abgesehen.85 Damit bewegt sichder Gesetzgeber auf der Linie jener Stimmen, die eine analoge Anwendung des § 91 Abs.

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2 AktG auf die GmbH ablehnen.86 Eine explizite Einrichtungsverpflichtung für alle kapi-talmarktorientierten Kapitalgesellschaften enthält § 289 Abs. 5 HGB damit ebenso wenigwie eine implizite Anordnung zum Ausbau eines vorhandenen Risikofrüherkennungssy-stems zu einem vollen Risikomanagementsystem. Dabei ist nicht völlig zweifelsfrei, obdas Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz insoweit mit der Bilanzrichtlinie in der Fassungder Abänderungsrichtlinie übereinstimmt. Allerdings lässt auch der Richtlinientext nichterkennen, dass der europäische Gesetzgeber über die Systemberichterstattung hinaus dieEinrichtung eines Risikomanagementsystems den Mitgliedstaaten vorgeben wollte. In derLiteratur heißt es dazu, der Richtliniengeber hätte eine solche Absicht klar und eindeutigbestimmen müssen. Eine extensive Auslegung, die den Bereich des Rechnungslegungs-rechts überschreitet und in die Sphäre des Organisationsrechts hineinreicht, verböte sich,weil die Erwägungsgründe der Richtlinie keinerlei Hinweise auf eine Einrichtungs- bzw.Ausbauvorgabe enthielten.87

Hier allerdings liegt genau das Problem. Denn es wird erwartet, dass die von derLageberichtspflicht zum Risikomanagementsystem ausgehenden Impulse gerade bei denkapitalmarktorientierten Gesellschaften und den nach § 264a HGB einer Kapitalgesell-schaft gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften wirksam werden und diese Gesell-schaften faktisch zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems veranlassen werden,über das dann auch berichtet werden wird.88 Das ließe sich zunächst damit erklären,dass der negative Bericht, kein Risikomanagementsystem zu haben, mit einer Signalwir-kung an die Kapitalmarktadressaten verbunden ist und unter Umständen sogar mit einerhöheren Risikoprämie sanktioniert würde.89 Entscheidend soll hier aber ein zweiter Me-chanismus sein: Die Gesetzesbegründung selbst unterstellt, wie dargelegt, dass die bloßeBeschreibung des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf denRechnungslegungsprozess die Geschäftsführungsorgane zu einer Auseinandersetzung mitdem System und dessen Effektivität zwingt. In der rechtswissenschaftlichen Literaturwird von der „potentiell verhaltenslenkenden Pflicht der bewussten Auseinandersetzungmit dem existierenden System“ gesprochen.90 In der Sache geht es um einen Wirkungs-mechanismus, den der Gesetzgeber in ähnlicher Weise bei der Entsprechenserklärungeinsetzt. Nicht die strikte Befolgung eines bestimmten Verhaltens wird angeordnet unddie Nichtbefolgung sanktioniert, sondern es wird nur verlangt, dass die im Unternehmenbestehenden Spielregeln aufgezeigt werden. Diese Pflicht hat auch jenseits der Publizi-tät durchaus verhaltenssteuernde Wirkung. Im Prozess der Beschreibung des status quowerden die etablierten Strukturen des Unternehmens (bzw. deren Fehlen) bewusst und esschließt sich gegebenenfalls eine Korrektur an.91 Die Darlegungs-, Dokumentations- undErklärungsfunktion bewirkt auf diesem Weg, dass die Verlautbarungspflicht faktisch zueiner Einrichtungspflicht mutiert. Es kommt tatsächlich zu jener Grenzüberschreitung, dierechtlich unterbleiben soll. Aus Rechnungslegungs- bzw. Rechenschaftslegungsrecht wird– zumindest punktuell – Organisationsrecht. Die Grenzverschiebung bzw. -verwischungwird vom Gesetzgeber selbst noch dadurch befördert, dass er in der Gesetzesbegründungexplizit auf den Sanktionsmechanismus verweist. Der Zwang zur Auseinandersetzung mitdem internen Risikomanagementsystem und damit seiner Effektivität gelte umso mehr,als eine unzureichende Einrichtung eines Risikomanagementsystems, so heißt es in derBegründung, die Möglichkeit einer Sorgfaltspflichtverletzung durch die Geschäftsfüh-rungsorgane in sich bergen kann, soweit dem Unternehmen Schäden daraus erwüchsen.92

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Dieser rein organisationsrechtliche Sanktionsmechanismus trägt dazu bei, dass aus derbloßen Verlautbarungs- eine Einrichtungspflicht wird.

Ob und inwieweit sich für die Frage nach der praktischen Wirkung des beschriebenenErwartungsdrucks Schlüsse aus den empirischen Untersuchungen zur Wirksamkeit des„comply-or-explain“-Ansatzes ziehen lassen, ist offen. Bekanntlich konnte in mehreren derempirischen Untersuchungen zu § 161 AktG ein Zusammenhang zwischen dem Inhalt derEntsprechenserklärung und der Kursentwicklung festgestellt werden.93 Immerhin wäre esmöglich, dass jedenfalls dort, wo ein Wirkungszusammenhang zwischen Offenlegung undKursentwicklung nicht oder nicht in dem erwarteten Maß festgestellt werden kann, eineErklärung für die Befolgung in dem beschriebenen Mechanismus der Verhaltenssteuerungdurch Selbstrechenschaft zu finden ist.

Die hier geäußerten Mutmaßungen über die Pflicht zum Bericht über das Risiko-managementsystem können möglicherweise auch für andere Elemente der CorporateGovernance-Berichterstattung zutreffen. Auch die Erklärung zur Unternehmensführung(Corporate Governance Statement) nach dem neu geschaffenen § 289a HGB94 und die dar-in nun aufzunehmende Entsprechenserklärung setzen möglicherweise implizit auf einenvor der Offenlegung gelagerten Prozess der Darlegung und Selbstrechenschaft, der un-mittelbar verhaltenssteuernde Wirkung entfaltet.95 Das soll indes an dieser Stelle nichtvertieft werden.

3.2 Interne Abschlussprüfung durch den Prüfungsausschuss

Sehr klar und deutlich tritt die Funktion der Selbstrechenschaftslegung bei der Prüfungdes Jahresabschlusses und der Überwachung der Finanzberichterstattung durch den Auf-sichtsrat zutage. Ein langjähriges Monitum gegenüber der Tätigkeit des Aufsichtsrats beider gesetzlich vorgeschrieben Prüfung der Bilanz war die mangelnde Professionalität.Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz wurden in Umsetzung von Art. 41 der EU-Abschlussprüferrichtlinie für solche Unternehmen, die als Unternehmen im öffentlichenInteresse bezeichnet werden, Regelungen zur Einrichtung, Besetzung und Ausgestaltungdes Prüfungsausschusses geschaffen.96 Damit fügt sich der Prüfungsausschuss, der sichtypischerweise mit Fragen der Rechnungslegung, dem Risikomanagement und der Ab-schlussprüfung befasst und der bereits zuvor in vielen börsennotierten Gesellschaftenexistierte, auch offiziell in die aktienrechtliche Kompetenzordnung ein. Eine gesetzlicheVerpflichtung zur Einsetzung eines Prüfungsausschusses besteht nicht. Allerdings emp-fiehlt der Deutsche Corporate Governance Kodex in Ziffer 5.3.2 die Einrichtung einesPrüfungsausschusses. Jüngere empirische Untersuchungen97 zeigen, dass sämtliche Dax-und M-Dax-Unternehmen und 75 % der Unternehmen des S-Dax einen Prüfungsausschusseingesetzt haben.98 Die dem Prüfungsausschuss vom Gesetzgeber besonders zugewieseneÜberwachungsaufgabe bezieht sich nach § 107 Abs. 3 S. 2 AktG im Wesentlichen auf denRechnungslegungsprozess, die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikoma-nagementsystems, des Systems der internen Revision und die Abschlussprüfung.

Die Prüfung des Jahres- und Konzernabschlusses bildet die Hauptaufgabe des Prü-fungsausschusses. Er hat dabei für den Gesamtaufsichtsrat die Vorprüfung von Jahresab-schluss und Lagebericht sowie bei Mutterunternehmen auch von Konzernabschluss undKonzernlagebericht vorzunehmen. Die Ausschussmitglieder haben sich unter kritischer

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Auswertung der Prüfungsberichte des Abschlussprüfers sowie auf der Basis ihrer eigenenErkenntnisse und Erfahrungen sowie der Erörterung in der Ausschusssitzung ein eigenesUrteil über den jeweiligen Abschluss als Ergebnis der Rechnungslegung des Unterneh-mens zu bilden.99 Der Abschlussprüfer hat ihm dabei auch persönlich in der Bilanzsitzungfür Fragen zur Verfügung zu stehen.100 Bei der Prüfung des Abschlusses darf sich derPrüfungsausschuss – anders als der Abschlussprüfer – nicht allein auf die Prüfung der Ver-einbarkeit des Abschlusses mit Gesetz und Satzung beschränken, sondern er hat auch dieZweckmäßigkeit101 der Bilanzierung einschließlich der gewählten Bewertungsmethodenund ihrer Auswirkungen auf den aktuellen Abschluss wie auch auf künftige Abschlüs-se sowie die Bildung und Auflösung von Rücklagen in eigener Verantwortung zu prüfenund damit die vom Vorstand im Rahmen seiner Bilanzpolitik verfolgten Ziele kritisch zuhinterfragen.102 Ferner obliegt dem Ausschuss auch die Prüfung der vom Vorstand vor-gesehenen Ergebnisverwendung auf ihre Angemessenheit, d. h. auf ihre Vereinbarkeit mitdem Interesse der Gesellschaft an der Stärkung des Eigenkapitals und dem Ausschüttungs-interesse der Aktionäre.

Der schnellen und direkten Information des Prüfungsausschusses dient auch die inZiffer 7.2.3 Abs. 1 des Deutschen Corporate Governance Kodex enthaltene Empfehlungmit dem Abschlussprüfer eine Offenlegungsvereinbarung abzuschließen, die den Prüferverpflichtet, den Aufsichtsrat bzw. den Prüfungsausschuss unverzüglich über alle für dieÜberwachungsaufgabe des Aufsichtsrats relevanten Feststellungen und Vorkommnisse,die sich bei der Durchführung der Abschlussprüfung ergeben, zu informieren. Diese In-formationspflicht geht deutlich über die gesetzliche Redepflicht desAbschlussprüfers nach§ 321 Abs. 1 S. 3 HGB hinaus.103

Die Arbeit des Ausschusses mündet in eine Empfehlung an den Gesamtaufsichtsrat,ist also vorbereitender Natur. Allerdings wird das Votum des Ausschusses großes Gewichtbei der Beratung des Gesamtaufsichtsrats haben und im Regelfall dessen Stellungnahmeund Entscheidung zur Billigung oder Missbilligung des Jahresabschlusses präjudizieren.Betrachtet man dieses Verfahren, so zeigt sich deutlich, dass die Prüfung der Bilanz durchden Prüfungsausschuss ein ganz zentrales Instrument der Selbstrechenschaft des Unter-nehmens darstellt. Dabei kommt verstärkend hinzu, dass die Hauptversammlung keinRecht auf Vorlage des Prüfberichts des Abschlussprüfers hat. Sie ist vielmehr auf die Aus-führungen des Aufsichtsrats angewiesen. „Endnutzer“104 des Prüfberichts ist, anders alsbeim Abschluss selbst, die Gesellschaft, nicht die Gesellschafter. Mit anderen Worten: Dieentscheidende Prüfung findet jedenfalls bei der Aktiengesellschaft in Streubesitz nichtdurch die Anteilseigner, sondern durch den Prüfungsausschuss statt, dessen Aufgabe ganzim Sinne der Selbstrechenschaft darin liegt, Fehler bzw. Fehlentwicklungen nicht nur inrechtlicher Sicht sondern auch in puncto Zweckmäßigkeit so frühzeitig wie möglich zuerkennen und für Abhilfe zu sorgen.105

4 Fazit

Der Beitrag der Rechnungs- und Rechenschaftslegung zur Corporate Governance bestehtnicht nur in der Vermittlung entscheidungserheblicher Information im Wege der Publizitätgegenüber dem Kapitalmarkt, sondern auch in der Selbstrechenschaftslegung des Unter-

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nehmens. Damit einher geht eine stärkere Betonung der Pluralität der Schutzinteressen,die als Zielbestimmung der Corporate Governance Eingang in die Rechnungslegung fin-det. Dies hat ferner zur Folge, dass materielle Regeln neben Offenlegungsgeboten wiedergrößere Bedeutung erlangen. Allerdings wohnt dieser Tendenz latent die Gefahr inne, dassRechnungs- bzw. Rechenschaftsregeln faktisch bzw. in ihrer Wirkung zu Organisations-regeln mutieren.

5 Thesen

1. In der modernen betriebswirtschaftlichen und unternehmensrechtlichen Forschung ha-ben sich bei der Corporate Governance einerseits und der Bilanzierung andererseitsgegenläufige Verschiebungen ergeben: Während sich bei der Corporate Governance derFokus von der rein am Anteilseignerinteresse orientierten engen Betrachtung hin zu ei-ner pluralen, an den Interessen ganz unterschiedlicher Gruppen orientierten Perspektivegeöffnet hat, hat sich im Bereich der Bilanzierung unter dem Einfluss der InternationalenStandards die Bezugsgruppe von den Gläubigern zu den Anteilseignern verlagert.

2. Nach herrschendem unternehmensrechtlichem Verständnis wird im Rahmen der Cor-porate Governance für die Aktiengesellschaft ein interessenpluraler Ansatz vertreten,demgemäß auch Gläubigerinteressen zu berücksichtigen sind, während für die GmbHein monistischer Ansatz befürwortet wird, der allein eine Berücksichtigung der Gesell-schafterinteressen gestattet.

3. Verbreitet wird die Rolle der Bilanzierung und des Bilanzrechts im Kontext der Corpora-te Governance allein oder doch primär in der Gewährleistung hinreichender Transparenzund Kontrolle von jenen kapitalmarktorientierten Unternehmen bzw. Großunternehmengesehen wird, die im besonderen Fokus der Öffentlichkeit stehen.

4. Allerdings lässt sich eine Funktionalisierung auch in umgekehrter Richtung feststellen.So resultiert aus der Indienstnahme der Rechnungslegung für die Zwecke der CorporateGovernance eine Aufladung der Rechnungslegung und ihrer Regulierung mit Inhaltenund Zielbestimmungen, die Corporate Governance-Konzepten eigen sind. Gerade weilCorporate Governance nach deutschen bzw. kontinentaleuropäischemVerständnis eineninteressenpluralen Ansatz verfolgt, der neben Anteilseignerinteressen eine ganze Reiheweiterer Stakeholder-Gruppen integriert, wird Rechnungslegung, die dieses CorporateGovernance-Konzept unterstützt, ihrerseits interssenplural angelegt sei.

5. Mit der starken Betonung der Informations- und Transparenzfunktion der Bilanz imKontext der Corporate Governance gerät leicht in den Hintergrund, dass Bilanz auchin ihrer originären und ursprünglichen Funktion als Instrument der Selbstinformationund Selbstrechenschaft gerade in Bezug auf Corporate Governance eine ganz zentra-le Rolle spielt. Es ist gerade diese Funktion der „Selbst-Rechnungs-“ bzw. „Selbst-Rechenschaftslegung“, die vom Gesetzgeber in jüngerer Zeit vor allem im Bereich desRisikomanagements und im Verhältnis von Abschlussprüfer und Aufsichtstrat stärkerinstrumentalisiert wird.

6. Unter regulierungsmethodischem Aspekt ist diese Entwicklung deshalb interessant,weil sie nach einer längeren Phase der starken Konzentration auf Transparenz und

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Publizität die klassische Verhaltenssteuerung durch materielle Ge- und Verbotsnormenwieder stärker in den Mittelpunkt rückt.

7. In Übereinstimmung damit wird aus betriebswirtschaftlicher wie rechtswissenschaftli-cher Sicht bemerkt, dass die Dualität der Selbstinformations- und der Fremdinformati-onsfunktion der Rechnungslegung im Bereich der Corporate Governance in zwei grund-legenden Arten der Interpretation Ausdruck findet. Nach der rechtlich-institutionellenBegriffsinterpretation der Corporate Governance wird die Aufbau- und Ablauforgani-sation innerhalb des Unternehmens als Institution, d. h. die interne Kontrolle in denVordergrund gestellt wird. Hingegen nimmt die ökonomisch-interaktive Interpretationdie kapitalmarktorientierte, auf die Interaktion abstellende Sichtweise ein, bei der dieAußenbeziehungen des Unternehmens im Vordergrund stehen.

8. Beim Risikomanagementsystem (§ 289 Abs. 5 HGB) bleibt es nach der Vorstellungdes Gesetzgebers den geschäftsführenden Organen im Rahmen ihrer rechtsformspezifi-schen Leitungsautonomie überlassen, ein solches internes Kontrollsystem nach den un-ternehmensspezifischen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der Unternehmensstrate-gie, des Geschäftsumfangs und anderer Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte einzurichten.Jedoch ist zu erwarten, dass die von der Lageberichtspflicht zum Risikomanagementsy-stem ausgehenden Impulse faktisch zur Einrichtung eines Risikomanagementsystemsveranlassen werden. Die Darlegungs-, Dokumentations- und Erklärungsfunktion be-wirkt auf diesem Weg, dass die Verlautbarungspflicht faktisch zu einer Einrichtungs-pflicht mutiert. Es kommt tatsächlich zu jener Grenzüberschreitung, die rechtlich unter-bleiben soll.Aus Rechnungslegungs- bzw. Rechenschaftslegungsrecht wird – zumindestpunktuell – Organisationsrecht.

9. Sehr klar und deutlich tritt die Funktion der Selbstrechenschaftslegung schließlich beider Prüfung des Jahresabschlusses und der Überwachung der Finanzberichterstattungdurch den Aufsichtsrat zutage. Betrachtet man das Verfahren der Prüfung des Jahresab-schlusses durch Prüfungsausschuss und Gesamtaufsichtsrat, zeigt sich, dass die Prüfungder Bilanz durch den Prüfungsausschuss ein ganz zentrales Instrument der Selbstrechen-schaft des Unternehmens darstellt. Die entscheidende Prüfung findet jedenfalls bei derAktiengesellschaft in Streubesitz nicht durch die Anteilseigner, sondern durch den Prü-fungsausschuss statt, dessen Aufgabe ganz im Sinne der Selbstrechenschaft darin liegt,Fehler bzw. Fehlentwicklungen nicht nur in rechtlicher Sicht sondern auch in punctoZweckmäßigkeit so frühzeitig wie möglich zu erkennen und für Abhilfe zu sorgen.

Danksagung: DerVerfasser dankt den beiden Reviewern, dem Koreferenten Hans-Joachim Böckingsowie Jörg Baetge für zahlreiche hilfreiche Hinweise.

Anmerkungen

1 Der Begriff Corporate Governance geht zurück auf Williamson (1985, 298); näher zumBegriff und seiner schillernden Bedeutung von Werder (2009, 4 ff.).

2 Siehe den Hinweis „Mit dem Zusammenbruch von Enron ist das Bewusstsein gestiegen, dasseine angemessene Unternehmensverfassung für die effiziente Funktionsweise der Kapital-märkte und eine Vorlage von Abschlüssen hoher Qualität unabdingbar ist“, Vermerk für den

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informellen ECOFIN-Rat am 12. und 13. April 2002 in Oviedo, dort unter Ziffer 3, abrufbarunter ec.europa.eu/internal_market/.../ecofin_2004_04_enron_de.pdf.

3 Baums et al. (1993).

4 Siehe die Angaben bei Hopt (2011) und Wymeersch (2009).

5 Pellens und Strzyz (2009, 534); speziell zum Bankensektor Merkt (2011).

6 Großfeld und Luttermann (2005) Rdnr. 86.

7 Zum Begriff etwa Orth (2005) Rdnr. 7 f.

8 Hopt und Prigge (1998, S. v); Böckli (1999, 2 f.); von Werder (2010) Vorbem. Rdnr. 1.

9 Diese Wendung geht bekanntlich zurück auf Berle und Means (1932).

10 Näher Merkt und Göthel (2006) Rdnr. 49 ff.

11 Etwa Ghoshal und Moran (1996, 14); Donaldson und Davis (1991).

12 Von Werder (2010, 4 f., 7 ff.).

13 Jensen (1993, 831 ff.); Witt (2001, 75 ff.).

14 von Werder (2009, 15).

15 Zu der Frage, ob sich die Interessen unterschiedlicher Stakeholder auf längere Sicht wider-sprechen können siehe etwa Rappaport (1998), 12 f.; Ballwieser (2004), 1377 ff.; Bischoff,180 f.

16 von Werder (2009, 15 f.).

17 Fleischer (2010, 1307) mit weiteren Nachweisen.

18 Raiser und Veil (2010) § 14 Rdnr. 14.

19 Hüffer (2010) § 76 AktG Rdnr. 12b und 13.

20 Mertens und Cahn (2010) § 76 AktG Rdnr. 21.

21 Raiser und Veil (2010) § 14 Rdnr. 72.

22 BVerfGE 14 263.

23 Reuter (1979, 510 ff.); Schilling (1980, 143).

24 Nachweise bei Fleischer (2010, 1308).

25 Gernoth (2010).

26 Schmidt (2002, 1095).

27 Schmidt (2002, 805).

28 Raiser und Veil (2010) § 32 Rdnr. 75; Fleischer (2010, 1308) mit weiteren Nachweisen.

29 Goette (2002) § 8 Rdnr. 201; Fleischer (2010, 1308) mit weiteren Nachweisen.

30 Etwa Klöhn (2010) § 43 GmbHG Rdnr. 4.

31 Haas und Ziemons (2010) § 43 GmbHG Rdnr. 71a.

32 BGH GmbHR (2000, 330); GmbHR (2003, 712).

33 Etwa Fleischer (2010, 1308).

34 OLG Zweibrücken, NZG (1999, 506, 507); siehe auch OLG Naumburg, NZG (1999, 353,354).

35 Dazu aber Fleischer (2010, 1309 ff.).

36 Die folgende Betrachtung bezieht sich auf die deutsche Diskussion; zur US-amerikanischenDiskussion etwa Ballwieser (1993); Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 16.

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37 Schneider (1982, 141 ff.).

38 Seicht (1982, 35 ff.).

39 Zur Funktion der Steuerbilanz etwa Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 11 ff.

40 Erstmalig Leffson (1964, 157 ff.); aus neuerer Zeit etwa Baetge et al. (2011, 93).

41 So Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 2 ff.

42 Zur Selbstinformation und -kontrolle im Kontext der Corporate Governance Merkt (2009).

43 Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 4.

44 Leffson (1964, 157 f.); Baetge et al. (2011, 92).

45 Leffson (1987, 55).

46 Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 4.

47 Moxter (1991, 418 ff.); dazu Ballwieser (1994).

48 Merkt (2010) § 253 HGB Rdnr.1; historisch gesehen fand sich im ADHGB von 1861 zunächstdas Zeitwertprinzip und erst im Zuge der Reform durch die Aktienrechtsnovelle von 1884setzte der Gesetzgeber das Anschaffungs- und Herstellungskosten-Prinzip an dessen Stelle,Baetge (2003, 92).

49 Merkt (2010) § 252 HGB Rdnr. 10 ff.

50 Moxter (1991, 56).

51 Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 8.

52 Merkt (2010) § 253 HGB Rdnrn. 8, 28.

53 Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 1 und 14.

54 Leffson (1964, 157 f.).

55 Pfitzer und Oser (2003) Rdnr. 19; Böcking (2001, 1436 f.), der die verpflichtende Einführungeines IFRS-Einzelabschlusses befürwortet; Böcking (2002, 925 f.); Zabel (2002, 920); s. a.Köhrle (2010).

56 In diese Richtung ging der von der EU-Kommission eingesetzte Vorschlag der High LevelGroup of Company Law Experts (2002, 94 ff.).

57 Baetge et al. (2011, 151).

58 Die folgenden Überlegungen stützen sich auf Walz (1993, 89 ff.); zur Bilanzierung zwischenWettbewerb und Regulierung siehe auch Ballwieser (1995) und Böcking (2008).

59 Kirchner (2006a, 300 f.).

60 Böcking und Torabian (2009, 254).

61 Gordon (1989, 1589).

62 Walz (1993, 95 ff.).

63 Akerlof (1970).

64 Merkt (2001, 59 ff.); ders. (2006).

65 Kohl und Walz (1977).

66 Wagner (1982, 763 f.).

67 Walz (1993, 103).

68 Dazu Böcking und Gros (2010).

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Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate . . . 25

69 Orth (2005) Rdnr. 3; grundlegend zur Unternehmensüberwachung als Element der CorporateGovernance jetzt Eibelshäuser (2011).

70 Allgemein zur Entscheidungsnützlichkeit Kirchner (2000).

71 Pellens und Strzyz (2009, 535).

72 Kirchner (2006b, 299, 300).

73 Pellens und Strzyz (2009, 535) unter Verweis auf von Werder (2004, 161 f.).

74 Dazu Böcking und Torabian (2009, 254 f.); Böcking und Gros (2010).

75 Dörner und Orth (2005, 7 f.); Orth (2005) Rdnr. 9.

76 Schneider (2000, 2413).

77 Orth (2005) Rdnr. 9.

78 Böcking und Gros (2010, 414 ff.).

79 Allgemein zu Risikomanagementsystemen Johanning und Ams (2008).

80 Withus (2009a, b); Wohlmannstetter (2010).

81 Bundesregierung (2008, 76).

82 Bundesregierung (2008, 76).

83 Institut der Wirtschaftsprüfer, FN-IDW 2008, 9, 17.

84 Bundesministerium der Justiz (2007, 156 ff.).

85 Vielmehr soll für andere Gesellschaftsformen als die AG die Frage, ob ein Früherkennungs-system eingerichtet wird, flexibel gehandhabt und der Praxis überlassen bleiben, siehe dieGesetzesbegründung zum KonTraG: „In das GmbHG soll keine entsprechende Regelungaufgenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass für Gesellschaften mit beschränkterHaftung je nach Größe, Komplexität ihrer Struktur usw. nichts anderes gilt und die Neu-regelung Ausstrahlungswirkung auf den Pflichtenrahmen der Geschäftsführer auch andererGesellschaftsformen hat.“ BT-Drucks. 13/97 S. 12.

86 Hommelhoff (2000).

87 Hommelhoff und Mattheus (2007, 2788).

88 Melcher und Mattheus (2009, 79).

89 Leimkühler und Velte (2008, 127).

90 Kort (2010, 457).

91 Kort (2010, 457).

92 Bundesministerium der Justiz (2007, 157).

93 Nowak et al. (2005); Zimmermann et al. (2004); Bassen et al. (2006); Drobetz et al. (2004).

94 Dazu Böcking und Eibelshäuser (2009); Böcking et al. (2010); Kuthe und Geiser (2008)Bachmann (2010); Velte (2011).

95 In diese Richtung weist auch die Untersuchung von Hippel (2011, 92, 135, 145 und 206), derauf der Grundlage einer Befragung professioneller Kapitalmarktteilnehmer solche Konzern-lageberichtspflichten ermittelt hat, die als nicht wesentlich entscheidungsrelevant angesehenwerden und daher verzichtbar erscheinen. Dazu zählen nach Hippel Angaben zum Risikoma-nagementsystem gemäß § 289 Abs. 5 HGB. Solche Angaben sollten nur bei der Einrichtungoder bei wesentlichen Veränderungen im Lagebericht erscheinen, ansonsten genügen Anga-ben auf der Homepage des Unternehmens. Dabei orientiert sich Hippel an der entsprechendengesetzlichen Regelung für die Erklärung zur Unternehmensführung gemäß § 289a HGB.

Page 22: Die Rolle des Bilanzrechts in der aktuellen Corporate Governance-Diskussion; The role of accounting in the current corporate governance-discussion;

26 H. Merkt

96 Näher Kuhner (2010, 998 ff.); Böcking und Dutzi (2010); monographisch zum Prüfungsaus-schuss Krasberg (2010).

97 von Werder und Talaulicar (2010, 857).

98 Zu den Gründen für die hohe Befolgungsrate Vetter (2010, 759 f.).

99 Hüffer (2010) § 171 Rdnr. 5.

100 Näher zur Zusammenarbeit von Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer Eibelshäuser undStein (2008); Velte (2010).

101 Kritisch zu diesem Begriff Kuhner (2010, 1002).

102 Hüffer (2010) § 171 Rdnr. 7; Kropff (2003) § 171 Rdnr. 28; Schulze-Osterloh (1998, 2134).

103 Kropff (2003) § 171 Rdnr. 45.

104 Diesen Begriff führt in diesem Zusammenhang Lanfermann (2011, 939) ein.

105 Zur gesteigerten Verantwortung des Aufsichtsrates bei der Abschlussprüfung vor dem Hin-tergrund der Bilanzskandale (in Fällen mit uneingeschränktem Testat) und der gesteigertenHaftungsrisiken der Aufsichtsratsmitglieder: Velte (2010, 456 f.).

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The role of accounting in the current corporate governance-discussion

Abstract: This paper discusses the role of accounting and auditing and its regulation in the currentdebate over good corporate governance. Part I addresses the functional relationship of accountingand corporate governance and the extent to which the goals of accounting and auditing on onehand and of corporate governance on the other hand converge. Part II discusses the ways in whichspecific substantive and formal or procedural features of accounting and auditing are designed tofoster the goals of good corporate governance. Finally, part III presents a number of regulatory stepstaken recently in order to enhance efficiency of accounting and auditing as devices to promote goodcorporate governance. It becomes evident that despite strong emphasis on information and disclosureas core functions of accounting, the original and prime function of accounting is self-informationand self-account, particularly with regard to corporate governance, as has been evidenced by recentattempts of regulators to exploit self-information and self-account functions of accounting in thecontext of risk-management and the relationship between accountant and supervisory board. Froma regulator’s perspective this recent development is of particular interest since after a long period offocusing on transparency and disclosure the classical technique of material regulation is back in thecenter or legislative attention.

Keywords: Accounting · Auditing · Corporate governance · Information · Transparency ·Disclosure · Self-auditing · Self-account · Risk management · Supervisory board ·Material regulation