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Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I. Von D. BALAREW. Die grohe Rolle des Wassers bei der Geschwindigkeit einer ganzen Reihe von chemischen Prozessen zwischen Gasen, Gasen und festen Substanzen und festen Stoffen ist bekannt.l) Bei einigen von BAKER und von COHEN untersuchten Reaktionen zwischen festeu Substanzen bzw. festen Substanzen und Basen kann man den Ein- flu8 des Wassers auf die Geschwindigkeit des Prozesses leicht erklaren, namlich durch eine Bildung von Hydraten an der Ober- fiache der festen Phase. In dem ANDREW schen Volum-Druckdiagramm zeigen die Iso- thermen des CO, auch iiber der kritischen Temperatur - in einem Qebiet, wo keine fliissigen Molekule existieren, noch ein Gebiet stiirkerer Kompressibilitat, das erst bei 48,l O verschwindet. Bei der Dissoziation eines festen Stoffes, z. B. Ca(OH), , beim Erhitzen konnen wir erwarten, daB zwischen dem Gasmolekul -H,O und der ge- bildeten festen Phase - CaO auch eine Anziehungskraft erhalten bleibt,a) welche Kraft eine Adsorption des Gases -H,O, auf der Oberflache der festen Phase - CaO bestimmen wird. Interessant war also die Frage ob auch das auf der Oberflache zweier fester Phasen adsorbierte Wasser einan Einflul3 auf die Geschwindigkeit der Reaktion ausubt? Zur Losung dieser Frage wurden folgende Untersuchungen gemacht. Ich habe mir folgende Frage gestellt: Das System CaO - SiO,. Nach LE CHATELLIER und nach HEDvALL~) fan@ die Reaktion zwischen CaO und gefalltem SiO, erst iiber 1000° an, wahrend nach HEDVALL zwischen CaO und Quarz bei uber 14004 In dem System SiO, 0 CaO, bei einer Temperatur, die so hoch iiber der Dissoziations- ' 1 Literatur siehe H. TEAM, 8 phys. Chew 105 (19231, 351. %) Jown. prakt. Chew. 104 (1922)) 375. $1 Z araorg. 94. allg. Chem. 98 (1916), 59.

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I

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Page 1: Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I.

Von D. BALAREW.

Die grohe Rolle des Wassers bei der Geschwindigkeit einer ganzen Reihe von chemischen Prozessen zwischen Gasen, Gasen und festen Substanzen und festen Stoffen ist bekannt.l) Bei einigen von BAKER und von COHEN untersuchten Reaktionen zwischen festeu Substanzen bzw. festen Substanzen und Basen kann man den Ein- flu8 des Wassers auf die Geschwindigkeit des Prozesses leicht erklaren, namlich durch eine Bildung von Hydraten an der Ober- fiache der festen Phase.

I n dem ANDREW schen Volum-Druckdiagramm zeigen die Iso- thermen des CO, auch iiber der kritischen Temperatur - in einem Qebiet, wo keine fliissigen Molekule existieren, noch ein Gebiet stiirkerer Kompressibilitat, das erst bei 48,l O verschwindet. Bei der Dissoziation eines festen Stoffes, z. B. Ca(OH), , beim Erhitzen konnen wir erwarten, daB zwischen dem Gasmolekul -H,O und der ge- bildeten festen Phase - CaO auch eine Anziehungskraft erhalten bleibt,a) welche Kraft eine Adsorption des Gases -H,O, auf der Oberflache der festen Phase - CaO bestimmen wird. Interessant war also die Frage ob auch das auf der Oberflache zweier fester Phasen adsorbierte Wasser einan Einflul3 auf die Geschwindigkeit der Reaktion ausubt? Zur Losung dieser Frage wurden folgende Untersuchungen gemacht.

Ich habe mir folgende Frage gestellt:

Das System CaO - SiO,. Nach LE CHATELLIER und nach HEDvALL~) fan@ die Reaktion

zwischen CaO und gefalltem SiO, erst iiber 1000° an, wahrend nach HEDVALL zwischen CaO und Quarz bei uber 14004 In dem System SiO, 0 CaO, bei einer Temperatur, die so hoch iiber der Dissoziations-

'1 Literatur siehe H. TEAM, 8 phys. Chew 105 (19231, 351. %) Jown. prakt. Chew. 104 (1922)) 375. $1 Z araorg. 94. allg. Chem. 98 (1916), 59.

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temperatur der Kieselsiiure bzw. Ca(OH), (450 0 ) liegt, kijnnte man nur eine Adsorption von Wasser an der Oberflache der beiden Oxyde erwarten. Es war also sehr interessant, ob auch das so adsorbierte Wasser, wenn solches vorhanden ist, eine Rolle bei der Geschwindig- keit der Reaktion spielen kann. Darum untersuchte ich den Qang der Reaktion bei trockener und bei feuchter Luft bzw. Wasserstoff.

Da fur den Gang und die Geschwindigkeit der Reaktion die Korngr66e der Oxyde, ihre Reinheit und fur SiO, die Tempe- ratur und Dauer seiner Entwlsserung von Bedeutung sein konnten, so wurde jede Serie von Versuchen mit einer und derselben Mischung von Oxyden gemacht.

I. Mengen von bei 600° entwassertem SiO, wurden mit etwa aquivalenter Menge von CaO gut gemischt und Portionen davon in einem Strom von trockener bzw. feuchter Luft, bzw. Wasserstoff erhitzt. Wie weit die Reaktion gegangen ist, wird zuerst die Menge des von der Mischung gebundenen CO, ausweisen. Dauer des Er- Temperatur d. Art u. Weise Verbundene hitzens in Min. Erhitzens in des Erhitzens g CQ, in O l 0

1. 120 920-930 in der Luft 14 2. i 20 920-930 H,-Strom schwach feucht 14,5 3. 20 920-930 ,, 77 durchgel. d. Wass. v. 95O 10 4. 150 920-930 ,) ,, 11 1) 11 17 7 , 4,25

AuBerdem wurden alie vier Mischungen mit verdunnter Essig- skure gleiche Zeit lang behandelt und namlich auf solche Weiae, daf, die Liisung gegen Lackmus immer schwach sauer reagiert (die gebildeten Silikate langsam hydrolysiert) und der Rest mit H F . E,SO, verdampft wurde.

Die Mischung von Versuch 1 gab g verbundene CaO in "i0 10 7 ) 11 77 17 71 1) 11 > > >) >7 14 1 , 9 , 7 7 1 1 3 9 , 7 1 11 77 7 ) 77 18 7 7 27 1, 17 2) 7 1 3 1 7, 17 > > 46

11. Eine Mischung von Quarz (Seesand, Durchinesser zwischen 1 bis 40 Mikron) und fast zweimal soviel CaO wurde bis 940° 15 Minuten lang erhitzt, die Masse dann mit HC1 behandelt und ikroskopisch untersucht. Es hat sich gezeigt, daS, falls die Er- hitzung in durch P,O, getrockneter Luft ausgefiihrt ist, die Sandteil- &en fast unverandert bleiben. Mit Steigerung der Feuchtigkeit uber der erhitzten Mischung verschwinden die kleineren Teilchen immer mehr und mehr, die gebliebenen groBeren werden teilweise gerundet und mit einer amorphen Nasse in groBen Konglomeraten verbunden. Bei 15 M i a Erhitzung im H2-Strom, der durch Wasser von 95O gefeuchtet ist, sind nur die griiBt,en (20 bis 40 Mikron) Quarzteil-

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chen teilweise gerundet geblieben, alle kleineren hatten mit CaO reagiert und das dadurch entstandene Silikat wurde durch HC1 zersetzt.

Eine Portion von derselben Quarz-CaO-Mischung wurde bis 670° in sehr feucht gemachter Luft 15 Min. lang erhitzt. Die mikroskopische Untersuchung hat gezeigt, da6 auch bei dieser nicht so hohen Temperatur bedeutende Mengen von beiden Oxyden mit- einander reagiert haben.

Die Versuche I und I1 zeigen, daB in der Tat d ie W a s s e r - dampfspannung iiber der e r h i t z t e n Mischung yon fe s t em CaO und SiO, bzw. Quarz e ine groSe Rol le b e i d e r Geschwin- d igke i t d e s Reag ie rens be ide r Oxyde und d a r u m a u c h auf d i e Anfangs tempera tu r , d. h. d i e T e m p o r a t u r , wo d ie R e a k - t i on mi t meBbarer Geschwindigkei t zu l an fen anfangt , spiel t .

Diese Tatsache kann man in den1 Sinne deuten, daB die im Anfang gemachte Annahme richtig ist, und daB wirklich das CaO und das SiO,, oder nur eines von den beiden Oxyden, bis 920° eine Verbindungsfahigkeit gegen Wasser noch behalten, welche Ver- bindungsBhigkeit die Adsorption des Wassers auf ihrer Oberflache beetimmt. Dabei mussen wir aber weiter annehmen, dal3 auch das System: Oxyd-adsorbiertes Wasser , obwohI es keine bestimmte Verbindung -Hydrat enthalt, einige von den chemischen Eigen- schaften des Hydrats, dessen Anhydrid es ist, behalt.

Das System Be0 . CaCO, . HEDVALL und HEUBERGER I) erhitzen Mischungen von festen,

sauerstoff haltigen Salzen verschiedener Metalle und Alkalierdoxyden und aus der Aufnahme der Erhitzungskuve schlieBen sie, daB bei bestimmten Mischungen, z. B. CaCO, . BaO, eiii vollstandiger Aus- tausch des CO, , SO,, N,O, , P,06 usw. vorn entsprechenden Oxyd zu den Alkalierdoxyden, z. B. nach der Gleichung BaO + CaCO, = BaCO, + CaO weit unter der Dissoziationstemperatur (p = 1 H) des entsprechenden Carbonates, Sulfates, Nitrates, Phosphates statt- findet. Da die beiden Autoren das gasfdrmige CO, nicht als inter- mediares Produkt der Reaktion nachweisen konnten, so nehmen sie an, daB in diesem F d l e ein direkter Ubergang von festem CO,, von entsprechendem Salz zu dem freien Oxydgitter etattfindet, und daB eine Platzwechseltemperatur existiert, wo die Gitterkriifte durch die

') 2. unorg. u. nZlg. C/ier)z. 312 (1922), 181; 128 (1923), 1.

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120 D. Balarew.

wachsende Bewegung der Teilchen gelockert werden. Diese Tem- peratur, zusammen mit der Affinitat der entsprechenden Oxyde zu den Saureanhydriden, bestimmt die Reaktionstemperatur des ge- gebenen Systems.

ich habe mir die Frage gestellt, ob auch bei dieser Umsetzung daa Wasser eine ahnliche Rolle wie bei dem System SiO, CaO spielt?

111. Eine Mischung von lquivalenten Mengen von BaO (E. MEECK) und CaCO, wurde in 3 Teile geteilt und der zweite und dritte Teil wurden gefeuchtet. Es hat sich gezeigt, da8 die Temperatur zu Anfang der Umsetzung far die 3 Mischungen fast ein und dieselbe + 358 rt 3* ist. Die Geschwindigkeit d e r Reak t ion i s t abe r verschieden - j e feuchter die Mischung w a r , desto schnel ler lief d e r u m t a u s c h ab. Das sieht man von dem stei- leren Gang der Erhitzungskurve im Gebiete des Austausches bei feuchteren Mischungen.

IV. Eine Menge derselben Mischung wurde i n kleinen Rohr- chen zugeschmolzen und jedes Rohrchen 3 Tage lang bis 2400, bzw. 2804 bzw. 300°, bzw. 320O erhitzt. Die Erhitzungskurven der so erhitzten Mischungen haben gezeigt, daB in ihnen kein merk- licher Austausch stattgefunden hat. Bei etwa 360° fangt der Aus- tausch an und dauert nur 10 bis 50 Sek. Falls der in Frage kom- mende Austausch auch bei Temperatureu niedriger als 360 O statt- finden kiinnte und falls die ,,Reaktionstemperatur" nur eine Tem- peratur ware, wo die Geschwindigkeit der lteaktion logarithmisch beschleunigt ist, so mu8te auch bei dieser langeren Erhitzung, be- sonders bei Temperaturen, die nicht vie1 niedriger liegen als die ,,Reaktionstemperatur'L, der in Frage kommende Austausch statt- finden.

V. In ein kleines Rohrchen wurde CaCO, gegeben und dieses geoffnet in ein breiteres hineingesteckt, auf dessen Boden BaO (E. MEECK) getan war. Nach Evakuieren bis lll0 mm wurde das breitere Rohr zugeschmolzen und in einem Thermostat erhitzt. Nach 2 Wochen langem Erhitzen bis 320° findet wegen Bildung von weiBem BaCO, keine merkliche Veranderung der Farbe des grauen BaO statt.

Nach I V und Q i s t also beim HEDvamschen Versuche ein Austausch von gasformigem CO, n u r f u r einige Sekun- den a u sg e s c h l o 8 s en.

VI. Die Mischung CaCO, . BaO wurde in einem speziellen Apparat zum Trocknen hineingesetzt und i m Vakuum bis 200° uber

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P20,, das nicht erhitzt war, getrocknet. Nach 3 Tagen wurde die Mischung in einem langen Reagenzglase erhitzt. Die Erhitzungs- kurve gab auch eine scharfe Steigerung. Dabei wurde aber beob- achtet, daB auf dem oberen Teil des Reagenzglases, der auBerhalb des Ofens war, groBe Mengen von Wasser kondensiert wurden. Einige andere Versuche bestatigen wieder die Tatsache, daB d a s BaO, d a s i n Ber i ih rung rnit d e r L u f t gekommen i s t , i m m e r Nengen n i ch t n u r von BaCO,, sonde rn auch von Ba(OH), e n t - hal t . Das bei dem Austausch entstandene CaO kann nicht das befreite Wasser bei der Temperatur des Austauschs 360 bis 420° behalten und dieses geht von dem System ab.

VII. Ich habe die Schmelzternperatur des Ba(OH), bestimmt, das bei Entwasserung des Ba(OH), aq ungereinigt mit BaCO, ent- steht. Die Temperatur des Anfanges der Kristallisierung war 387 O.

Da die geschmolzene Masse vollkommen homogen ist, d. h. das vor- handene RaCO, in dem geschmolzenen Ba(OH), gelost ist, wird diese Temperatur von der Menge des geliisten BaCO, abhangen. Bei einer Unreinheit des Ba(OH), - auch von BaO -, was wirklich bei meinem Versuche der Fall ist, kann die Schmelztemperatur des Systems weiter erniedrigt und der Anfang des Schmelzens bei 360° err eich t w er den.

Die Versuche 111 bis VII zeigen, da8 d ie R e a k t i o n zwischen BaO u n d CaCO, ke ine Reak t ion zwischen f e s t en P h a s e n ist. B e i e twa 360° schmi lz t das Ba(OH),, d a s i n BaO i m m e r vor- h a n d e n i s t und n u r a l s so l ches tritt e s i n R e a k t i o n rnit CaCO, ein.

Diese SchluBfolgerung bezieht sich sicher auch auf das Re- agieren zwischen BaO und andereo Carbonaten und Sulfaten, welche HEDTUI, bis jetzt publiziert hat, und wird unterstutzt von dem Umstand, daS alle Sulfate, namlich das Sr, Cay Mg, Zn, Cu, Fe" und Fe"', trotzdem sie verschiedenen Dissoziationsdruck des SO, haben, d. h. trotzdem in ihnen das SO, verschieden stark von dem Metalloxyd gebunden ist, bei etwa ein und derselben Temperatur - 360° - das SO, mit BaO umtauschen.

VIII. Das von BaO Gesagte bezieht sich auch auf das Re- agieren des SrO mit den Carbonaten und Sulfaten anderer Oxyde; das geschmolzene, rnit SrCO, und SrO verunreinigte S,(OH), fan& an zu kristallisieren von 495O an, wabrend nach der HEDvULschen Tabelle das SrO mit den entsprechenden Sulfaten zwischen 410 O

nnd 451O reagiert.

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IX. Nach LE CHATELIER erreicht bei 450° der Dissoziations- druck des Wassers in Ca(OH), eine Atmosphire, wahrend im Ver- gleich mit der Schmelztemperatur des ungereinigten B~L(OH)~ - 396 O

und des Sr(OH), - 495O, die Schmelztemperatur des Ca(OH), um 590° liegen mu6. Darum kaan man bei 1 Atmosphare Druck das Ca(OH), nicht schmelzen. Das CaO reagiert nach HEDVALL mit verschiedenen Sulfaten zwischen 444O und 584". Also ist es in diesem Falle moglich, da8 das CaO als festes reagiert.

Bei Erhohung der Temperatur wird die SO,-Spannung der entsprechenden Sulfate schon verhaltnismaiBig groB sein und damit wird ein Austausch von gasformigem SO, (zum CaO) moglich sein. Nach den Versuchen I und I1 mu8 das in diesen Temperatur- gebieten von der Oberflache der einen bzw. der beiden festen Phasen absorbierte Wasser gleichzeitig mit der hohen Temperatur einen EinfluB auf die Geschwindigkeit der Umsetzung ausiiben.

X. Ware die Reaktion zwischen BaO und CaCO, eine Reaktion zwischen festen Phasen, so mufite die Austauschtemperatur von den Umstand abhangen, wie stark die Mischung vor der Erhitzung ge- preBt ist. Einige Versuche haben mir gezeigt, da8 eine solche Abhhngigkeit (beim BaO CaCO, System) nicht existiert.

Hydrolyee bei hoher Temperatur. Ich habe versucht, die Hydrolyse einiger Sulfate und Carbo-

nate im Strom von feuchter Luft bei hoher Temperatur (bis 1000°) zu verfolgen. Nachweise fur eine solche habe ich nur bei den leichtloslichen, bzw. mit Kristallwasser kristallisierenden Salzen erhalten. Genauere Durchstudierung der Frage ist im Gang.

Das System BaCO, Na,SO,. SPRING l) schuttet festes BaCO, und Na,SO, zusammen und

findet, da8 dabei eine Umsetzung stattfindet, die bis zu eicer Grenze fuhrt. Es handelt sich also nach ihm nur um einen Gleichgewichts- prozeB. Diese Umsetzung ist das in der Literatur gegebene typische Beispiel einer Reaktion im Festen bei gewohnlicher Temperatur. Einige Autoren ,) nehmen aber an, daB iiberhaupt eine Umsetzung zwischen festen Phasen unmoglich ist und da6 speziell in diesem Falle die Reaktion nicht zwischen beiden festen Phasen stattfindet, sondern wieder zwischen fiiissigen Systemen, niimlich zwischen ihren

I) GMELIK-KRhaT8 Lehrbuch 11, 2 (1909), 44. ') DOELTER, Petrogenesis, 1906, 164.

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Die Rolle des I.Vassers bei den Reaktionan an festem Zustande. 123

konzentrierten Losungen, die an der Oberflache der Salze gebildet sind. Zugunsten dieser Meinung spricht der Befund von SPRING, daB die hohe Temperatur die Reaktion start.

Eine der Umsetzungsmoglichkeiten ist der Umtausch von SO, und GO, zwischen beiden Basen. Ich stellte mir zuerst die Frage, ist dieser Umtausch bei gewiihnlicher Temperatur mit so groSer Geschwindigkeit, welche SPRING findet, mbglich?

XI. Der Versuch V wurde mit sorgfaltig getrockneter Na,SO, und BaCO, wiederholt. Es hat sich gezeigt, daS nach 10 Tage langem Erhitzen bis 300° bzw. 430° das BaCO, keine analytisch nachweisbare Menge von SO,” enthalt. Also ist bis zu 430° der Druck des SO, bzw. CO, in Na,SO, bzw. BaCO, so klein, daS bei den Bedingungen des Versuchs der Austausch der beiden Saure- anhydride gleich Null ist.

In der Literatur gibt es Tatsachen, die dafiir sprechen, daS bei einer Annkherung von zwei festen Phasen eine Veranderung des Dissoziationsdruckes stattfindet. So erhitzt HEDVALL l) eine Mischung von BaCO, und SiO, (gefalltes) und findet auf Grund des Ganges der Erhitzungskurve bei 1 Atmosphiire, da8 das BaCO, anstatt bei 1370O bei 1280O dissoziiert. Das spricht dafiir, dafi wirklich zwi- schen diesen zwei festen Phasen Oberflachenerscheinungen existieren miissen. Solche Erscheinungen konnten auch eine Veranderung des Druckes des SO, und CO, in dem Na,SO,.BaCO,-System verur- sachen. Ziehen wir das in Betracht, da8 der von HEDVALL unter- suchte ProzeS irreversibel ist, wahrend unser ProzeB nach SPIGINGS Versuchen GleichgewichtsprozeB ist, und zweitens, daB beim HED- VAmschen Versuch bei so hoher Temperatur, wo die Druckkurve schnell steigt, eine Verminderung der Dissoziationstemperatur nur von etwa 90° stattfindet, so sprechen meine Resultate XI dafiir, da6 eine, wie SPRING findet, so schnelle Umsetzung von SO, und GO, bei gewShnlicher Temperatur , fa l ls die Korner beider Salze e i n a n d e r gen a h e r t sind, ausgeschlossen ist.

Die Frage, ob zwischen zwei sehr nahestehenden Carbonaten und Sulfaten ein Umtausch von SO[ und CO,” mbglich ist, bleibt offen - viele Tatsachen sprechen gegen diese Moglichkeit.

Von dem oben (S. 119) gegebenen Standpunkt iiber die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im Festen wird die von SPRING beschriebene schnelle Umsetzung zwischen NazSO, und BaCO, mag-

2. nnorg. u. a&. GlzePn. 98 (19161, 57.

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124 D. Balarew. f i e Rolle des Wwsem bei den Reaktionen usw.

lich, nicht nur bei einer Bildung von fiussigen Losungen an der Oberflache beider Salze, eondern auch bei einer Adsorption von Wasserdiimpfen an der BaC0,-Oberflache. S n der Oberfiacbe des Na,SO, mu8 man die Bildung best.inimter Hydrate, bzw. konzen- trierte Losungen von Salz erwarten.

Die Bildmg von Wolaatonit. Die Resultate, die ich in dieser Arbeit gebe, zeigen, daB das

Wolastonit sich au8 CaCO, und einigen Silikaten bilden kann, nicht nnr, wenn das Silikat geschmolzen ist oder sebr nahe bis zum Scbmelzen erhitzt ist, sondern auch bei weit unter dem Schmelz- punkt des Silikates liegerider Temperatur. Da im Innern der Erde die Dampfspannung des Wassers zu groS sein kann (iber eine Atmosphke), so wird durch diesen Umstand (grBBere Adsorption von Wasser) die Reaktion vie1 mebr erleichtert. Andererseits, bei einer groBen Dampfspannung des Wassers wird es moglich, daS dae bei der Hydrolyse des CaCO, entstehende Ca(OH), geschmolzen wird (IV, S. 122) und als solches mit dem Silikat reagiert.

Sofla, Chtwnisches Instilut der Unirersitiit.

Bei der Redektion eiilgegaiigt:u u m i, Januar 1924.

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Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Bd. 134.

Fig. 11. Li,O - PbO - 5 SiO, 1 COO.

Fig. 12. Na,O - PbO . 5 SiO, COO.

Fig. 8. Fig. 9. Nit,O * PbO - 5 SiO, I NiO. K,O . PbO 5Si0, I NiO.

Tafel I.

Fig. 13. K,O . PbO - 5SiO 1 COO.

Fig. 10. Na,O * 2,5 SiO, [ NiO.

P. P. FEDOTIEFF und LEBEDEFF.

Verlag von Leopold V o s s in Leipeig.

Page 10: Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I

TafeI 11. Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie Bd 134

Fig. 17. Fig. IS. Fig. 19. K,O.PbO-5 Si0,lFeO. Na,O + CaO * 5 SiO, I CuO. Na,O. PbO. 5 SiO, 1 Fe,O,.

Fig. 14. Fig. 15. K20.Ba0.5Si0,1 COO. Li,0.Pb0.5Si02 IFeO.

P. P. FEDOTIEFF und LEBEDEFF.

Verlag von Leopold Voss in Leipeig.

Fig. 16 Na20.Pb0-5SiO,IFr0.

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Zeitschrift f i r anorganische und allgemaine Chemie. Bd. 134.

Fig. 23. N+0.2,BSi02/U0,.

Fig. 24 PbO - SiO, I C.

Fig. 20. Fig. 21. R,0.Pb0.5Si0,1Fe20,. Li,O.PbO-SiO,( Cr,Os.

Tafel 111.

Fig. 25. Xa,0 - SrO * 5 SiO, /IS.

Fig 22. Na,0.PbO-5Si02 IMnO,.

P. P. FEDOTIEFF und LEBEDEFF. Verlag von Leopold Voss in Leipzig.

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Tafel IV. Zeitschrift fur anorganisclie und allgemeine Chemie. Bd. 134.

P. P. FEDOTIEFF und LEBEDEFF.

Verlag von L e o p o l d Voss in Leipzig.