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216 D. Balareu?. Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. II. Von D. BALAREW. In dem ersten Beitrag dieser Arbeitl) habe ich festgestellt, da6 die in dem BaO bzw. SrO enthaltenen Hydrate bei etwa 387O bzw. 495 O schmelzen und darum zeigen im Gebiet dieser Temperaturen die beiden Osyde eine Fahigkeit, mit verscbiedenen festen Salzen - Carbonaten, Sulfaten, Nitraten, anderen Metallen schnell zu reagieren. Diese SchluBfolgerung wird auch von der Untersuchung einer Reihe von andoren ,,festen Systemen" unterstutzt, namlich: Das System BaO - PbO,. Erhitzt man eine Mischung von stark gepreBten (in einem Stahl- morserj aquivalenten Mengen ron BaO (E. MEBCK) und PbO, (pro Analyse E. MERCK), so zeigt die Erhitzungskurve der Mischung zwischen 360° und 365O eine Aufnahme, ganz ahnlich wie die der Erhitzungskurve des Systems BaO . CaCO,. 2, Die dabei entstandene Masse ist homogen und dunkelbraun gefarbt. Die ganze Menge von PbO, ist mit BaO in Reaktion getreten, da bei 600°, Dissoziations- temperatur des Pb,O, die Erhitzungskurve keinen Haltintervall hat. Wie das BaO, das in Beriih- rung mit der Luft gekommen ist, so auch das PbO,, das aus einer Wasserliisung dargestellt ist, enthalt Wasser, das an einzelnen Stellen der Oberflache beider festen Oxyde in Form von festen Hydraten derselben Oxyde verbunden sein wird. Bei gewohnlicher Temperatur wird das Wasser jedes Hydrats eine Dampfspannung haben und an einzelnen Beriihrungsstellen beider festen Hydrate konnten sich einige von den Wasserdampfmolekulen aufhaufen und wiirden also Lasungen bzw. Schichten von durch die festen Hydrate absorbiertem Wasser bilden. Bei einer haheren Temperatur, im Qebiet, wo die beiden Hydrate dissoziieren, wird nur eine Adsorption von Wasser- Es war folgendes xu erwarten. l) 2. anorg. u. ally. Chem. 134 (1924), 117. 2, 2. anorg. zc. allg. Chem. 123 (1922), '81.

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. II

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216 D. Balareu?.

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen im festen Zustande. I I .

Von D. BALAREW. In dem ersten Beitrag dieser Arbeitl) habe ich festgestellt, da6

die in dem BaO bzw. SrO enthaltenen Hydrate bei etwa 387O bzw. 495 O schmelzen und darum zeigen im Gebiet dieser Temperaturen die beiden Osyde eine Fahigkeit, mit verscbiedenen festen Salzen - Carbonaten, Sulfaten, Nitraten, anderen Metallen schnell zu reagieren. Diese SchluBfolgerung wird auch von der Untersuchung einer Reihe von andoren ,,festen Systemen" unterstutzt, namlich:

Das System BaO - PbO,. Erhitzt man eine Mischung von stark gepreBten (in einem Stahl-

morserj aquivalenten Mengen ron BaO (E. MEBCK) und PbO, (pro Analyse E. MERCK), so zeigt die Erhitzungskurve der Mischung zwischen 360° und 365O eine Aufnahme, ganz ahnlich wie die der Erhitzungskurve des Systems BaO . CaCO,. 2, Die dabei entstandene Masse ist homogen und dunkelbraun gefarbt. Die ganze Menge von PbO, ist mit BaO in Reaktion getreten, da bei 600°, Dissoziations- temperatur des Pb,O, die Erhitzungskurve keinen Haltintervall hat.

Wie das BaO, das in Beriih- rung mit der Luft gekommen ist, so auch das PbO,, das aus einer Wasserliisung dargestellt ist, enthalt Wasser, das an einzelnen Stellen der Oberflache beider festen Oxyde in Form von festen Hydraten derselben Oxyde verbunden sein wird. Bei gewohnlicher Temperatur wird das Wasser jedes Hydrats eine Dampfspannung haben und an einzelnen Beriihrungsstellen beider festen Hydrate konnten sich einige von den Wasserdampfmolekulen aufhaufen und wiirden also Lasungen bzw. Schichten von durch die festen Hydrate absorbiertem Wasser bilden. Bei einer haheren Temperatur, im Qebiet, wo die beiden Hydrate dissoziieren, wird nur eine Adsorption von Wasser-

Es war folgendes xu erwarten.

l) 2. anorg. u. ally. Chem. 134 (1924), 117. 2, 2. anorg. zc. allg. Chem. 123 (1922), '81.

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molekulen auf der Oberflache beider festen Stoffe moglich sein. Ubrigens war es zu erwarten, daB in einem solchen System eine Neutralisation zwischen den Losungen beider Hydrate bzw. beider Systeme von durch feste Phase adsorbiertem Wasser (siehe Beitrag I, S. 119) stattfindet. Bei der Steigerung des Zusammenpressens des Systems, bei der VergrbBerung der Menge des in dem System ent- haltenen Wassers und bei der ErbGhung der Temperatur mii5te die Geschwindigkeit der in Frage kommenden Neutralisation groBer sein, weil die innere Diffusion dabei vollkommener und groBer wirdl) und es mu8te bei einem gewissen Zusammenpressen und gewissem Wassergehalt eine Temperatur existieren, bei welcher die von der Neutralisation befreite Warme so groB wird, da8 die Geschwindig- keit der Reaktion logarithmisch zu steigen anfangt. Fur das System BaO .PbO, konnte ich eine solche Abhangigkeit nicht erreichen - die schwach (in einem Porzellanmarser gut gemischte) und stark (clurch Aufschlagen in einem StahlmGrser mit einem Hammer) ge- preBte Mischung fangt an mit groBter Geschwindigkeit zu reagieren (die Erhitzungskurve fangt an schnell aufzusteigen), bei ein und derselben Temperatur - etwa 360° - wahrscbeinlich das Eutek- tikum des Systems BaO . Ba(OH), - BaCO,. In dem System ungereinig- tes BaO . PbO, liegt vielleicht das Gebiet dieser Abhlngigkeit uber dem Anfang des Schmelzens des Ba(OH), enthaltenden Komponenten. Eine solcbe Abhangigkeit konnte ich aber in dem System BaO-MnO, beob- achten.

Das System BaO . MnO,. Bei einem Versuch, wo die Mischung von Pyrocusit - BaO stark

gepreBt war, fangt die Erhitzungskurve bei 240° schnell zu steigen an, bei einer anderen, wo dieselbe Mischung schwach gepre0t war, bei 330 O. Eine iihnliche Abhangigkeit der ,,Reaktionstemperatur" von dem Zusammenpressen wurde auch in dem System

BaO Ur,O, beobachtet. Das Ur,O, wurde durch Erhitzen von UrO, dargestellt. Beim Erhitzen einer Mischung von BaO.Ur,O, tritt bei einem von mir gemachten Versuche bei 328O eine sehr kraftige Verbindung ein - die Temperatur der Mischung steigt auf einmal uber 640°. Bei der Veranderung des Zusammenpressens steigt, bzw. erniedrigt sich die Temperatur des ,,Anfang@ dieser kraftigen Reaktion, aber einige meiner Versuche haben gezeigt, daB sie nicht die Temperatur 360 O iiberschreiten kann.

l) G. TAMMANN, Z. Elektrochm. 29 (1923)) 509.

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Das System BaO . SnO,. Aus dem Gang der Erhitzungskurve dieses Systems kann man

schlieben, dab der Warmeeffekt der Reaktion sehr schwach ist. Dabei gibt die gepreBte und nicht gepreBte Mischung von BaO und SnO, eine Aufnahme der Erhitzungskurve bei etwa 360O.

Meine Versuche haben also gezeigt, da8 bei de r Steigerung des Zusammenpressens einiger fes ten Systeme die Reak- t i ons t empera tu r des Systems, d. h. die Temperatur , be i welcher die Reak t ion i n dem System so schnell zu gehen anfangt, daB sie in kurzer Zei t bis zu Ende geht , s ich er- niedrigt .

Das System CaO . MOO,. Die Rolle dee Wassers bei der ,,Anfangstemperatur" einer Reak-

tion zwischen einem basischen und einem sauren Anhydrid konnte ich in dem System CaO-MOO, beobachten. Beim Erhitzen eines Systems von CaO - PbO, bzw. CaO - MnO, zerfallen die Peroxyde, bevor sie mit dem CaO in Reaktion eintreten. Das Ur,O, reagiert mit CaO bis 950° auch nicht.

Bei der VergroBerung der Feuchtigkeit in dem System CaO-Moo, erniedrigt sich die ,,Anfangstemperaturl' der Reaktion in dem System. Die Qrenzen, in welcheii bei meinem Versuche die Reaktion schnell zu gehen anfangt, in Zusammenhang mit der Starke des Zusammen- pressens und der Stufe der Feuchtigkeit, waren 280° - 480O.

Also haben meine Versuche gezeigt, dab de r Wassergehal t in einigen festen Systeme n die Reakt ionstemperatur der- selben erniedrigt .

Die letzten zwei SchluBfolgerungen kann man folgenderweise aus- sprechen: Einige feste Systeme besitzen keine bestimmte Reak t ions t empera tu r , d a diese von dem Zusammenpressen des Systems und von dem Wassergehal t i n demselben ab - hangig ist.

Das System BaO . Mg. WINKLER~) wirft eine Mischung von BaO und Mg in einen bis

zum Rotgluhen erhitzten Porzellantiegel und findet, daB dabei eine kriaftige Reaktion unter Bildung von MgO eintritt. Meine Versuche haben gezeigt, daI3 die Reaktion bei 360° anfangt, zuerst nicht so kraftig geht, aber bei einer hijheren Temperatur (bei meinen Ver- suchen bei 490°) eine Explosion in dem Rohr stattfindet. Diese

BW. 23 (1890), 120.

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Die Rolle des Wassers bei delz Reaktioneib in, f e s tm Zustmde. 219

Explosion steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem von Ba(OH), und Mg befreiten Wasserstoff.'

Also zeigt die Tatsache, da8 in den von mir untersuchten ,,festen Systemen" BaO - PbO,, BaO MnO,, BaO . SnO,, BaO . Ur,O, und BaO Mg die schnelle Reaktion immer bei oder unter 360° anf&ngt, und daB diese Temperatur nicht vie1 uberschritten werden kann, da6 wirklich d i e groBe Reak t ions fah igke i t d e s S p u r e n von W a s s e r e n t h a l t e n d e n BaO i n Zusammenhang m i t dem Schmelzen d e s i n dem Sys tem e n t h a l t e n e n Ba(OH), s teh t .

Jetzt kommt die Frage: Wie kann man die Tatsache erklaren. da6 die schnelle Reaktion, z. B. in dem System BaO NnO,, BaO .Ur308, auch unter dem Schmelzen des Ba(O% anfangen kann? Ich habe schon die Annahme gemacht (S. 21'Q da6 bei Anwesen- heit von Wasser eine Neutralisation zwischen jedem Paar Oxyde auch bei gewohnlicher Temperatur stattfinden kann. Bei der Er- hbhung der Temperatur steigt die innere Diffusion in dem System und geht in ein Gebiet der meSbaren Gr86e herein. Also mu8 jedes feste System seine Temperatur innere Diffusionskurve haben, deren Gang auch durch Anwesenheit verschiedener Gase verandert werden kann. Die Versuche haben gezeigt, daB diese Kurve besonders schnell in dem Gebiet zu steigen anfangt, wo der eine oder die beiden festen Kompo- nenten, bzw. eins von den intermediaren Produkten der Reaktion weich bzw. geschmolzen worden sind. Bei dem allmiihlichen Erhitzen des Systems, dessen Erhitzungskurve gebaut wird, steigt die innere Diffusion der festen Phasen des Systems, und in Zusammenhang mit den anwesenden Gasen besitzt sie bei jeder Temperatnr eine ganz bestimmte Gro8e. Da aber das System fest ist, so geht die Reaktion zuerst nur in den Beriihrungsstellen beider Komponenten vor sich und je groBer die positive Reaktionswarme ist, desto hoher werden die Stellen der Reaktion erwgrmt, in Vergleich mit den anderen Stellen der Masse, die noch nicht in Reaktion miteinander gekommen sind. Das Vorhandensein 8olcher hiiher, als die allgemeine Temperatur erwtirmten Stellen in dem von uns untersuchten System, kann uns erklaren, warum die Reaktion z. B. im BaO Mn0,-System unter der Schmelztemperatur des Ba(OH), schnell zu gehen anfangt. Wir miissen also snnehmen, da6 in diesem Fall bei dem ,,Anfang der Reaktion" an einzelnen Stellen das Ba(OH), schon weich bzw. geschmolzen ist und darum beginnt von diesem Moment an die Er- hitzungskurve schnell zu steigen. In dem System BaO 9 SnO,, in welchem der Wiirmeeffekt kleiner ist, fangt die Reaktion immer

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bei 360° an. Der friibere Anfang der Reaktion zwischen BaO und MnO, steht nicht in Zusammenhang mit der Erweichung des MnO,, weil dasselbe Oxyd beim Erhitzen mit CaO weit uber 360 O (bis 930 O )

nicht reagiert. Von dem oben dargestellten Standpunkt aus ist es ganz klar,

warnm bei der VergrbBerung des Zusammenpressens einiger fester Systeme die ,,Reaktionstemperatur" erniedrigt wird - dabei sind die Bedingungen gunstiger fur ein schnelleres Erwarmen der Be- riihrungsstellen beider Komponenten, da dabei der Kontakt zwischen beiden Stoffen vollkommener ist.

Es miiBte auch eine Abhangigkeit zwischen der Anfangstempe- ratur und der Geschwindigkeit der Erhitzung der Masse existieren - bei schnellerem Erwarmen muBte die Anfangstemperatur niedriger liegen. Diese Abhangigkeit konnte ich experimentell nicht fest- stellen, wahrscheinlich weil sie zu klein ist im Vergleich mit dem EinfluB von den anderen Bedingungen (Zusammenpressen und Wasser- gehalt), die auch auf die Anfangstemperatur EinfluB haben.

Die Untersuchungen folgen.

h'ofta, Institut fiir Anorganische Claemi8 der l.hiversitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 26. Mlirz 1924.