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D. Balarew. Die Rolle d. Wassers bei depa Rmktiomn in festsm Zustande. 89 Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen in festem Zustande. IV. Von D. BAUREW. Mit einer Figur im Text. Im Zusammenhang rnit meinen fruheren Untersuchungen iiber die Rolle des Wassers bei den Reaktionen in festem Zustsnde') habe ich folgende Untersuchungen angestellt uber den Mechanismus der Reaktionen zwischen pulverf6rmigen Substanzen zwecks Er- klkung der Frage uberhaupt und zwecks Verbesserung der Methode ihres Studiums. Das System BaO, SiO,. Wenn beim Erhitzen einer Mischung von zwei oder mehr pulver- f6rmigen Stoffen mehrere Prozesse stattfinden, von denen jeder seinen thermischen Effekt besitzt, so konnen wir in diesem Fall den Verlauf der Erhitzungskurve nicht immer mit Sicherheit deuten. So z. B. erhitzt HEDVALL~ eine Mischung von BaO, und SiO, und die Er- hitzungskurve des Systems zeigt einen normalen Anstieg. Die Tat- sache aber, daB bei 800 O-Dissoziationstemperatur des BaO, die Er- hitzungskurve des Systems kein Halteintervall zeigt, und daB die Nischung nach der Erhitzung Mengen von Bariumsilikat enthiilt, zeigt, daB bei dem unter diesen Bedingungen angestellten Versuche zwei Prozesse stattgefunden haben - der Zerfall von BaO, und die Verbindung des hierbei entstandenen BaO mit dem SiO,. Da der erste Prozel3 endo-, der zweite exothermisch ist, und da die Pro- zesse nacheinander erfolgen, so kompensieren sich die beiden Effekte vollstandig oder teilweise und daher kann man sie in dem Verlauf der Einheitskurve nicht nachweisen. Falls ein solches System beim Erhitzen ein Gas entwickelt, kann man den Gang des Prozesses erlautern, wenn man gleichzeitig rnit der Erhitzungskurve die Gasentwicklungskurve des Systems auf- nimmt. l) 2. anorg. u. a&. Oh. 134 (1924), 117; 136 (1924), 216; 138 (1924), 349. 4, 2. anorg. u. dg. Ch. 104 (1918}, 163.

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen in festem Zustande. IV

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D. Balarew. Die Rolle d. Wassers bei depa Rmktiomn in festsm Zustande. 89

Die Rolle des Wassers bei den Reaktionen in festem Zustande. IV.

Von D. BAUREW. Mit einer Figur im Text.

I m Zusammenhang rnit meinen fruheren Untersuchungen iiber die Rolle des Wassers bei den Reaktionen in festem Zustsnde') habe ich folgende Untersuchungen angestellt uber den Mechanismus der Reaktionen zwischen pulverf6rmigen Substanzen zwecks Er- klkung der Frage uberhaupt und zwecks Verbesserung der Methode ihres Studiums.

Das System BaO, SiO,. Wenn beim Erhitzen einer Mischung von zwei oder mehr pulver-

f6rmigen Stoffen mehrere Prozesse stattfinden, von denen jeder seinen thermischen Effekt besitzt, so konnen wir in diesem Fall den Verlauf der Erhitzungskurve nicht immer mit Sicherheit deuten. So z. B. erhitzt HEDVALL~ eine Mischung von BaO, und SiO, und die Er- hitzungskurve des Systems zeigt einen normalen Anstieg. Die Tat- sache aber, daB bei 800 O-Dissoziationstemperatur des BaO, die Er- hitzungskurve des Systems kein Halteintervall zeigt, und daB die Nischung nach der Erhitzung Mengen von Bariumsilikat enthiilt, zeigt, daB bei dem unter diesen Bedingungen angestellten Versuche zwei Prozesse stattgefunden haben - der Zerfall von BaO, und die Verbindung des hierbei entstandenen BaO mit dem SiO,. Da der erste Prozel3 endo-, der zweite exothermisch ist, und da die Pro- zesse nacheinander erfolgen, so kompensieren sich die beiden Effekte vollstandig oder teilweise und daher kann man sie in dem Verlauf der Einheitskurve nicht nachweisen.

Falls ein solches System beim Erhitzen ein Gas entwickelt, kann man den Gang des Prozesses erlautern, wenn man gleichzeitig rnit der Erhitzungskurve die Gasentwicklungskurve des Systems auf- nimmt.

l) 2. anorg. u. a&. Oh. 134 (1924), 117; 136 (1924), 216; 138 (1924), 349. 4, 2. anorg. u. d g . Ch. 104 (1918}, 163.

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Zu diesem Zweck verbindet man das Probierglas, das mit einem Pyrometer versehen ist und die erhitzte Substanz enthalt, durch ein Glasrohrchen mit der oberen Offnung eines mit Alkohol gefiillten graduierten Gassammlungsapparates, wie man ihn z. B. zur Stick- stoffbestimmung nach S C H ~ 1) anwendet, und bestimmt in gleichen Zeitintervallen die Temperatur des Systems und das Volumen des entwickelten Gases.

Auf diese Weise babe ich das System BaO, SiO, untersucht. In der Figur 1 sind die Erhitzungs- (a) und die Gasentwicklungs- kurve (b) des Systems BaO, . gef&Utes (zuerst bia 500° erhitztes) SiO,,

t

500

400

300

200

1OC

. . . . . . . . . . . . Q :

0

Fig. 1.

wie auch die Kurve des leeren Gefiifies (c) angegeben. AUS diesen Kurven gewinnt man tatsiichlich eine Vorstellung von dem Gang der Reaktion zwischen BaO, und SiO, bei den durch meinen Ver- such gegebenen Bedingungen, und man wird auch daruber klar, dai3 man durch das Aufstellen nur der Erhitzungskurve und durch PI%- fung mit gluhendem Holz den Gang der Sauerstoffentwicklung nicht verfolgen kann.

HEDTALL und ZWEIGBERGK~) erhitzen Ba0, mit verschiedenen anderen Oxyden und aus dem Verlauf der Erhitzungskurve der ent- sprechenden Systeme schliehen sie auf den Gang der Oxydation der entsprechenden Oxyde von BaO, bzw. auf den Gang des ,,katalytisohen Zerfalls" von BaO, und der anderen anwesenden Oxyde.

l) Ber. 13 (1880), 885. 2) 2. anorg. u. allg. Ch. 108 (1919), 119.

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In den meieten auf diese Weise untersuchten Systemen iindet aber beim Erhitzen kein einfacher ProzeB, sondern eine Reihe von Prozessen statt, die einer mit dem anderen in Zusammenhang stehen. So z. B. mu8 der Zerfall des BaO, bei Anwesenheit von MOO, sicher zu- sammenhingen mit dem gro6en Warmeeffekt der Reaktion BaO .MOO,, ferner damit, daB das letzte Oxyd immer das BaO, begleitet. Falls die Reaktion zwischen BaO und MOO, an einer Stelle des Systems BaO, . MOO, beginnt, wurden die in der Nahe befindlichen Teilchen van BaO, iiber ihre Dissoziationstemperatur erwiirmt, und das dabei entstehende BaO wiirde wieder in Reaktion mit MOO, eintreten usw. Also auch die von HEDVALL und ZWEIGBERGK untersuchten Reak- tionen kdnnten vie1 vollkommener erklirt werden, wenn die beiden Autoren ihren Untersuchungen andere Untersuchungen iiber solche den Systemen BaO entsprechende Oxyde hatten vorhergehen lassen, und wenn gleichzeitig mit der Erhitzungskurve auch die Gasentwicklungs- kurve der untersuchten Peroxyd-Systeme aufgestellt worden ware.

Das System BaO CaCO,.

Ich habe theoretisch vorausgesagt, daB bei der Veranderuug der Geschwindigkeit der Erhitzung die Reaktionstemperatur eines Systems aus pulverfiirmigen festen Komponenten auch veriindert werden mu8.l) HEDVALL und HEUBERGER haben zu derselben Zeit experimentell diese Abhlingigkeit fur die Systeme BaO . CaSO, bzw. BaO - SrSO, bestitigt. Einige meiner Versuche haben folgendes gezeigt:

Erhitzt man die Mischung BaO CaCO, in einer zugeschmolzenen RGhre in einem Luftbade bis zu 3354 so findet der Austausch BaO + CaC0,--tBaCO, + CaO statt, aber erst nach einer einige Tage andauernden Erhitzung. Dabei bleibt die Masse pulverfdrmig, blickt nicht zu~ammen und in dem Rdhrchen sammelt sich ein Gas - vielleicht Snuerstoff aus dem BaO, , welches das BaO begleiten kann. Wenn man dieselbe Mischung in einem Legierungsbad lang- Sam bis 350° erhitzt und diese Temperatur kurze Zeit beibehiilt, so bleibt der gr6Bte Teil der Mischung unveriindert. Taucht man aber das Rohrchen mit der Mischung plidtzlich in dasselbe Legierungs- bad (350°), so beginnt die Reaktion und ist in kurzer Zeit beendet. Der Versuch hat also gezeigt, daS die Reaktion zwischen BaO und CaCO, bis 335O bzw. 350° entweder unbeendigt bleibt oder beendet merden kann, je nach der Dauer der Erhitzung und der Geschwindig-

*) 2. aworg. zc. allg. Chew,. 136 (1924), 216. 11. Beitrag.

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keit, mit der die Temperatur des Systems steigt. Die Erklarung dieses Befundes ist folgende:

Bei der langsamen Erhiihung der Temperatur hat die durch die Reaktion an den beriihrenden Stellen befreite Warme Zeit, sich verhaltnismafiig gut in den reagierenden Teilchen zu verteilen. Falls aber das System schnell erhitzt wird, wie z. B. bei dem Aufbauen der Erhitzun gskurve oder beim plotzlichen Eintauchen der Mischung in das schon bis 350° erhitzte Legierungsbad, kann der in Frage kommende Ausgleich der Temperatur der einzelnen Stellen des Systems in der kurzen Zeit nicht weit genug gehen. Die Stellen, an denen die Reaktion vorgeschritten ist, werden viel hoher als die anderen Teilchen bzw. Stellen des Systems erwarmt, und daher be- ginnt die Reaktion bei dieser Art der Erhitzung bei einer niedrigeren allgemeinen Temperatur. Fur das System BaO - CaCO, fuhren die Berechnungen zu folgendem : die Reaktionswarme des Prozesses BaO CaCO, ist 24100 cal., die durch das N E U M A N N - K O P P S ~ ~ ~ Gesetz ausgerechnete mol. sp. WArme -56,8. Falls die ganze Reaktionswarme nur fur das Erwarmen der reagierenden Masse gebraucht wiirde, miiBte die letzte um 24100/56,8 = 414O hijher er- hitzt werden, d. h. bis zu 350 + 414 = 764O. Eine solche Erhohung der Temperatur kann man wegen der bekannten Ursachen an dem Pyrometer nicht beobachten, aber diese findet unbedingt statt in dem Moment und an den Stellen, an denen die Beaktion vor sich geht. Da der Umtausch Ba(OH), + CaCO, = BaCo, + Ca(OH), wlrme- verbrauchend ist, so wird der allgemeine thermische Effekt der untersuchten Reaktion um so kleiner sein, je mehr Ba(OH), das reagierende BaO enthalt.

Falls die Reaktion wirklich zwischen festem BaO und CaCO, vor sich gehen wurde, so mul3te bei dieser Erhohung der Temperatur die innere Diffusion der Komponenten des Systems - welche Diffusion schon bei 350° meBbare Geschwindigkeit gehabt hatte - auf einmal viel hoher steigen, und im Zusammenhang damit muBte auch die Qeschwindigkeit der Reaktion viel grofier sein.

Meine Untersuchungen aber haben gezeigt, daS in der Tat die Reaktion nur zwischen dem geschmolzenen bzw. erweichten Ba(OH),, das sich immer in dem BaO findet, und dem CaCO, stattfindet, und deswegen die Gewhwindigkeit der Reaktion in diesem Fall aus der Geschwindigkeit des Ubergehens der Wasserdampfe an den Stellen, an denen die Reaktion schon fertig ist - an denen das Wasser des Systems schon mit CaO als Ca(OH),, verbunden ist -, zu dem

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freien BaO sich bestimmen mu6te. Falls diese Ansicht uber die Rolle des Wassers in diesem Fall richtig ware, mu6te die Ge- schwindigkeit der Reaktion bei einem grijBeren Wassergehalt in dem System gr06er sein, was wirklich meine Versuche bestatigen konnten.

Also durch diese Versuche wurde die Rolle des Wassers bei der Geschwindigkeit von Reaktionen zwischen BaO CaCO, weiter erklart.

Vergleicht man die Erhitzungskurve des Systems BaO - CaCO, mit der des Systems BaO-MOO,, so mu8 man darauf schlieBen, da5 in dem letzten System die Stellen, an denen die Reaktion fortschreitet, vie1 hiiher erhitzt sind als in dem ersten - vielleicht uber 1500°, d. h. uber die Schmelztemperatur des MOO, und iiber das Eutektikum des Systems.

Die Resultate aus den Dntersuchungen uber das System BaO,.SiO, und dns System BaO. CaCO, habe ich bei einer weiteren Unter- suchung ausgenutzt, ob das Wasser eine Rolle bei dem katalytischen Zerfall von KC10, spielt, und zwar beim Erhitzen des festen Salzes mit verschiedenen Oxyden. Zuerst untersuchte ich

das System KC10, MnO,. Die Mischung wurde in einem Glasgefa5 in einem elektrischen

Ofen erhitzt. Die Erhitzungskurve dieses Systems zeigt, daB der ProzeB oxothermisch ist. Da aber der thermische Effekt des Systems wegen der Anwesenheit von MnO, als Masse, die von der Reaktions- warme sich erwarmen mu6, und wegen der Basentwicklung aus dem System, sich nicht mit einem scharfen Anstieg in dem Verlauf der Erhitzungskurve ausdriickt, kann man den Gang der Reaktion auf der Erhitzungskurve nicht klar ablesen. Als besonders nutzlich hat sich mir in diesem Fall die Gasentwicklungskurve des Systems erwiesen. Aus dem Verlauf dieser Kurve ersieht man, daB die Basentwicklung schon bei einer von dem Pyrometer angezeigten niedrigeren Temperatur beginnt, und daB eine Temperatur existiert, bei der die Reaktion platzlich schneller abzulaufen beginnt. Diese Temperatur ist aber gar nicht bestimmt, und der Knick auf der Gasentwicklungskurve ist nicht immer gleich scharf; in einer Mischung von angefeuchteten Substanzen und in einer besser gemischten und zusammengepreBten (mit einem Glasstab in dem Reagenzriihrchen) Mischung liegt sie niedriger als in einer getrockneten bzw. in einer nicht zusammengepretlten. Die Mischung aus getrockneten Sub- stanzen ergibt einen scharferen Knick auf der Gasentwicklungskurve

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als die angefeuchtete Mischung. Bei meinen Versuchen schwankt die Temperatur des Beginns der schnellen Gasentwicklung zwischen 190-310°. I n einer gut angefeuchteten Mischung begiunt die lang- same Gasentwicklung etwa uber l l O o - von dem Pyrometer an- gezeigten Temperatur.

Einige Versuche haben mir gezeigt, daB das Eutektikum des KC10, - KC1-Systems bei etwa 340 O liegt, d. h. 30 O unter der Schmelz- tcmperatur des KClO,, 372-374O.

Die oben angegebenen Tatsachen fuhren uns zn der Annahme, daS der Mechanismus der in Frage kommenden Reaktion zwiachen festem KC10, und festem MnO, ganz ahnlich dem Mechanismus der yon HEDVALL und von mir untersuchten festen Systeme von BaO bzw. SrO und anderen festen Substanzen ist, nur schmilzt bzw. er- weicht in diesem Fall das KC10,- bzw. KCLO, KC1-System und wird als solches katalysiert von dem festen BlnO,. Wir miissen also annehmen, daB an den Stellen, an denen die Sauerstoffentwick- lung stattfindet, das KC10,- bzw. KC10, KC1-System bis zur Er- weichung bzw. Schmelzen erwkrmt ist. Die Berechnungen zeigen, da8 diese Stellen etwa 300° uber der allgemeinen Temperatur des Systems erhitzt sein miifiten.

Wie oben gezeigt wurde , beginnt die Sauerstoffentwicklung nach dem Verlauf der Erhitzungs- und Gasentwicklungskurve bei einer sehr niedrigen, von dem Pyrometer augezeigten Temperatur. In diesem Fall spielt sicher die strahlende Warme eine Rolle. Sie geht durch das GlasgefaB hindurch und erwarmt die aufleren Schichten der Masse hoher als die Masse um das Pyrometer herum. Diese Erklarung wird durch meine folgende Beobnchtung bekraftigt. Erhitzt man durch ein Legierungsbad das in einem GlasgefaBe befindliche Salz Ag,NaP,O, und fiihrt man das Pyrometer in das Legierungsbad ein, so f&rbt sich das Salz bei 235O ge1b.l) Erhitzt man aber das Reagenzglas in einem elektrischen Ofen und fiihrt das Pyrometer in die Mitte des Salzes ein, so beginnt die Farbung des Salzes, wann das Pyrometer noch etwas uber looo anzeigt.

Die letzten beiden Beobachtangen zeigen, wie groB der Unter- schied in der Temperatur der verscbiedenen Schichten bei direktem Erhitzen eines Pulvers in einem GlasgefaB sein kann.

WIEDERHOLT 2, erhitzte in einem Legierungsbad Systeme von KC10,- MnO, , KClO, - CuO, KC10, PbO, , KClO, Platinschwamm

2. ailzorg. u. allg. Chew&. 138 (19241, 356. 9 Pogg. Ban. 116 (1862), 171; 118 (1863), 157.

111. Beitrsg.

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und fand mit gluhendem Holz, daB die Sauerstoffentwicklung bei 200 O

bzw. 230 O bzw. 280° bzw. 260 beginnt. Mit dieser Methode konnte aber WIEDEXHOLT nur die Temperatur bestimmen, bei der die Geschwindig- keit des Zerfalls schon verhaltnismiibig groB war. Meine Versuche haben gezeigt, daB der Zerfall des KClO,, z. B. bei Anwesenheit von MnO,, bei einer viel niedrigeren Temperatur als 200° langsam vor sich zu gehen beginnt. Bewahrt man ein Jah r lang die Mischung von KC10, und MnO, bei einer gewohnlichen Temperatur auf, so enthalt das wabrige Filtrat des Systems so viel Cl’, wie dag Filtrat der Mischung in dem Moment ihrer Darstellung, wiihrend beim Er- hitzen derselben Mischung in einem Legierungsbad bis zu 140 O nur wiihrend einer Stunde das Filtrat an Cl’ reich ist.

Also auch dieser Befund spricht dafiir, dab es keine bestimmte Temperatur gibt, bei der die katalytische Einwirkung des MnO, auf den Zerfall des KC10, beginnt. Mit dem Steigen der Temperatur steigt die Geschwindigkeit dieses Zerfalls, und in Zusammenhang mit dem Zusammenpressen des Systems, ferner mit dem Wasser- gehalt desselben und der Geschwindigkeit, mit der die Temperatur des Systems steigt, und irn Zusammenhang damit, wie gut die beiden Substanzen miteinander gemischt sind, und in welchem Verhhltnis die Menge von KC10, zu der Menge von MnO, steht, entsteht eine Temperatur, bei der die von der Reaktion befreite Warme so groS ist, daB sie den Zerfall logarithmisch zu beschleunigen beginnt. Die letzte Temperatur mu6 auch von der Natur des anwesenden Katdysators abhangen. J e schneller das erweichte bzw. geschmolzene KClO, von dem Katalysator zerfallt, desto niedriger mu6 diese Temperatur liegen. Dank dem letzten Umstande vielleicht beginnt nach WIEDERHoLrschen Resultaten die Sauerstoffentwicklung bei Anwesenbeit von verschiedenen Katalysatoren bei verschiedener Tem- peratur. Von diesem Standpunkt aus muBten wir schlieBen, daB die Ge- schwindigkeit des Zerfalls des geschmolzenen KC10,- bzw. KC10, - KC1- Systems bei Anwesenheit von MnO, am griiBten, bei Anwesenheit von PbO, am kleinsten ist.

WIEDERHOLT fand, daB aus einer Mischung von gefiilltem E’e,O, und KCIO, schon bei 110-120 O die Sauerstoffentwicklung beginnt. Dieses Resultat von WIEDERHOLT konnte ich nicht bestatigen. - Eine Mischung von KClO, und Fe,O, gibt eine Erhitzungs- und Gasentwicklungskurve ganz iihnlich der beim KC10, - I\lnO,-System, nur liegt der schnelle Zerfall, z. B. einer Mischung von getrocknetem Fe,O, und getrocknetem MnO,, bei etwa 320-330°, d. h. er liegt

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dem Eutektikum des Systems KC10, . KCl sehr nahe. Vielleicht hat WIEDERHOLT mit Fe,O, gearbeitet, das nicht von FeCI, oder Fe(OH), gereinigt war und infolge der Umsetzung des I(C10, mit diesen Un- reinlichkeiten entstand Eisenchlorat, das schon bei einer niedrigeren Temperatur zerfillt.

Also fiihren meine Untersuchungen zu der SchluBfolgerung, daB mi t meBbarer Geschwindigkeit nu r d a s erweichte bzw. ge- s c h m o l z e n e KC10, k a t a1 y t i s c h z e r f&ll t.

In dem System KC10, - MnO, besteht wahrscheinlich die Rolle des Wassers bei der Geschwindigkeit der Sauerstoffentwicklung darin, daB es auf der Oberflache des KC10, und MnO, absorbiert ist bzw. LSsungen bildet und dadurch eine VergriiBerung der Beweglichkeit der Atome bzw. Molekiile an ihrer Oberflache verursacht. Zwischen diesen beweglicheren Schichten geht die Reaktion schneller vor sich, und es findet also bei einer niedrigeren allgemeinen Temperatur eine hahere Erwarmung der beriihrten Stellen statt, an denen der Zerfall vor sich geht.

Beim Erhitzen einer Mischung von KC10, MnO, . NaCl findet die Sauerstoffentwicklung regelmabiger statt. In diesem Fall wird durch das Kochsalz einerseits die Feuchtigkeit des Systems erhoht, andererseits die Schmelztemperatur des Systems erniedrigt. Nach ROTGESI) erstarrt eine Mischung von KClO, und NaClO, bei 2319 wiihrend das KC10, bei 372O schmilzt. Meine Beobachtungen haben gezeigt, da8, je hiiher die Temperatur ist, bei der die Gasentwick- lung schneller zu erfolgen beginnt, desto stiirmischer diese Ent- wicklung vor sich geht, was auch vorausgesagt werden konnte. Da das Kochsalz die Temperatnr des Schnellzerfalls des KClO, er- niedrigt, miiBte es eine regelmaBigere Sauerstoffentwicklung bei dem Erhitzen des Systems KC10, MnO, NaCl verursachen.

Wie man aus der obigen Aufstellung ersehen kann, wurde bei meiner Untersuchung des katalytischen Zerfalls von KC10, die Frage nach dem Wesen der Katalyse nicht beruhrt.

l) GMELIN-KRAUT, Handbuch 2. 1. 468.

Bofia, Institut fur anorganische Chemie der Universitiit.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. Oktober 1924.