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Prof. Hans Geser Online Publikationen Universität Zürich Soziologisches Institut Sociology of Work and Organization Die schweizerische Arbeitswelt im Wandel Konzept eines nationalen Forschungsschwerpunkts Hans Geser Zürich 1994 www.geser.net Inhalt 1. Kapitel: Die "Arbeitswelt" als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analyse: Konzeptuelle Grundlagen und methodische Perspektiven .................................................................................. 2 2. Kapitel: Problemorientierte Strukturierung eines Forschungsmoduls "Arbeitswelt" ............. 15 3. Kapitel: Vorschlag für ein Pilotprojekt „Früherkennung von Veränderungen der Beschäftigungsnachfrage.“ ........................................................................................................... 33 Literatur ........................................................................................................................................ 34 __________________________________________________________________________________________ Bibliographische Zitierung: Geser Hans: Die Schweizerische Arbeitswelt im Wandel. In: Prof. Hans Geser: Online Publications. Zürich 1994. http://geser.net/arbeit/t_hgeser2.pdf __________________________________________________________________________________________ Prof. Dr. Hans Geser www.geser.net [email protected]

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Prof. Hans Geser Online Publikationen

Universität Zürich Soziologisches Institut

Sociology of Work and Organization

Die schweizerische Arbeitswelt im Wandel Konzept eines nationalen Forschungsschwerpunkts

Hans Geser Zürich 1994

www.geser.net

Inhalt

1. Kapitel: Die "Arbeitswelt" als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analyse: Konzeptuelle Grundlagen und methodische Perspektiven .................................................................................. 2

2. Kapitel: Problemorientierte Strukturierung eines Forschungsmoduls "Arbeitswelt" ............. 15

3. Kapitel: Vorschlag für ein Pilotprojekt „Früherkennung von Veränderungen der Beschäftigungsnachfrage.“ ........................................................................................................... 33

Literatur ........................................................................................................................................ 34

__________________________________________________________________________________________ Bibliographische Zitierung: Geser Hans: Die Schweizerische Arbeitswelt im Wandel. In: Prof. Hans Geser: Online Publications. Zürich 1994. http://geser.net/arbeit/t_hgeser2.pdf __________________________________________________________________________________________

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1. Kapitel: Die "Arbeitswelt" als Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analyse: Konzeptuelle Grundlagen und methodische Perspektiven

1.1 Warum "Arbeitsweltforschung"

Zur "Arbeitswelt" sollen im folgenden - in guter Übereinstimmung mit dem vorherrschenden Begriffsverständnis in Wissenschaft und Alltag - alle Beschäftigungsrollen im privatwirtschaftli-chen und öffentlichen Bereich verstanden werden, die aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit und pe-kuniären Entlöhnung als "Erwerbstätigkeiten" bezeichnet werden können. Nicht eingeschlossen sind demgemäss 1) alle Beschäftigungen ehrenamtlicher Art (z.B. in politischen Behörden) 2) zwangsweise verordnete Tätigkeiten (z.B. im Rahmen der Wehrpflicht oder in Vollzugsanstal-ten) 3) unbezahlte Haushaltarbeit 4) Ausbildungstätigkeiten (sofern sie nicht - wie die gewerbliche Lehre - einen Einbezug in Er-werbsarbeit mitimplizieren). Sehr wohl eingeschlossen sind hingegen Erwerbstätigkeiten innerhalb der sog., "Schattenwirt-schaft", obwohl sich diese per definitionem nicht nur der administrativen, sondern in hohem Masse auch der sozialwissenschaftlichen Erfassbarkeit entziehen.1 Die wachsenden Arbeitslosenzahlen der letzten Monate sind nur ein oberflächliches Anzeichen dafür, dass die Arbeitswelt in der Schweiz momentan fundamentalen Wandlungen unterliegt, die ökonomische, technisch--organisatorische wie auch kulturelle Ursachen haben. Auf Seiten der Arbeitgeber verweisen Schlagworte wie "lean production", "Lohnderegulierung", "Arbeitszeitflexibilisierung", "CIM", "Job Sharing", "Toyotisierung", "Telearbeit" usw. auf vielfäl-tige Vorgänge betrieblicher Reorganisation, die auf die Gestalt der zukünftigen schweizerischen Arbeitswelt (z.B. hinsichtlich Beschäftigungsnachfrage, Qualifikationsanforderungen, Aufstiegs-chancen etc.) mit Sicherheit einen tiefgreifenden - wenn auch heute noch schwer abschätzba-ren - Einfluss haben. Ähnliches gilt für jüngste internationale Entwicklungen (GATT-Abkommen, Gründung der NAFTA, EWR, etc.) , die die schweizerische Volkswirtschaft als Ganzes dazu zwin-gen, ihre Stellung in der globalen ökonomischen Arbeitsteilung neu zu definieren. Analog dazu finden auf der Angebotsseite des Arbeitsmarkts vielfältige demographische Ent-wicklungen, Veränderungen der Qualifikationsstruktur und Prozesse des kulturellen Werte-wandels statt, von denen beispielsweise abhängen wird, wie qualifiziert, mobilitätsbereit und leistungswillig die Arbeitskräfte sind, die den Unternehmen und der öffentlichen Hand zukünf-tig zur Verfügung stehen Die Rezession der letzten Jahre hat ganz offensichtlich als Katalysator derartiger Veränderungen gewirkt, indem sie die Unternehmen zu vielfältigen Massnahmen der Effizienzsteigerung und Flexibilisierung genötigt und zahlreiche Erwerbstätigen dazu veranlasst hat, ihre Lebensperspektiven und beruflichen Laufbahnen neu zu orientieren. Es ist unbestreitbar, dass die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zunehmend heterogener und unübersichtlicher werden.

1 Zur quantitativen Schätzung des "informellen Arbeitsmarkts" sind in der internationalen Forschung verschiedene

Verfahren entwickelt worden, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen (zwischen 3% und über 20% der ge-samtwirtschaftlichen Wertschöpfung) führen. Vgl. dazu z.B. Buttler, G. Schattenwirtschaft. Grenzen der Erfassbar-keit, Köln 1984, sowie: Jessen J. et. al. Arbeit nach der Arbeit. Schattenwirtschaft, Wertewandel und Industriear-beit, Westdeutscher Verlag Opladen 1988.

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Auf der Nachfrageseite ist dies deshalb so, weil - im Zuge der "Deregulierung" die Verhältnisse zwischen einzelnen Branchen und Unterneh-

mungen immer stärker divergieren, - aufgrund unternehmensinterner Dezentralisierungen (z.B. divisionaler Gliederungen in "profit

centers") immer mehr wichtige Entscheidungen weit unterhalb der obersten Leitungsspitze entschieden werden.

Analog dazu stellt man auf der Angebotsseite fest, dass die erwerbstätige Bevölkerung im Zuge der "Pluralisierung der Lebensformen" zunehmend in Segmente zerfällt, die sich z.B. hinsicht-lich ihrer Arbeitsethik, Wertorientierungen, Mobilitätsbereitschaften etc. in wachsendem Mas-se voneinander unterscheiden. 2 So muss ein wachsender Aufwand an statistischen Erhebungen und sozialwissenschaftlicher Forschung betrieben werden, um sich wenigstens über den aktuellen Ist-Zustand der Verhält-nisse auf dem Laufenden zu halten - und ein noch ungleich grösserer Aufwand erscheint erfor-derlich, um Prognosen über den weiteren Verlauf der Entwicklungen zu wagen. Der momenta-ne Mangel an derartigen Information erweist sich zunehmend als Quelle weit verbreiteter Ver-unsicherungen, die nicht nur in ökonomischer Hinsicht, sondern auch auf psycho-sozialer Ebe-ne sowie in Politik und Gesamtgesellschaft grosse Kosten verursachen. 1) Die Teilnehmer am Arbeitsmarkt verfügen nicht über hinreichende Information, um rationale Entscheidungen treffen zu können. So sind beispielsweise Individuen immer weniger in der La-ge , sich bei der Wahl ihrer Ausbildungswege und beruflichen Karriere rational und zukunfts-adäquat zu verhalten - und den Berufsberatungsstellen fehlen die Unterlagen, um hilfreiche Orientierungen anzubieten. Und auf der andern Seite wissen die Arbeitgeber nicht, welche Or-ganisationsformen, Anreizstrukturen Arbeitsplatzgestaltungen, Weiterbildungsangebote usw. am besten geeignet sind, um qualifiziertes Personal anzulocken und zu hohen Leistungen zu motivieren. Dementsprechend fehlen auch die Informationen darüber, inwiefern und nach welchen Gesetzmässigkeiten der Arbeitsmarkt funktioniert: ob beispielsweise davon ausge-gangen werden kann, dass sich die Arbeiter gemäss neoklassischer Doktrin räumlich und beruf-lich mobil verhalten, oder ob die Keynsianische Prämisse zutrifft, dass die Nominallöhne nach unten hin unflexibel sind. 2) Die Möglichkeiten für effektive Steuerungen des Arbeitsmarkts sind sehr begrenzt, weil die verantwortlichen Verbände und politischen Behörden über die (aktuellen und zukünftigen) Rahmenbedingungen zu wenig Bescheid wissen, von denen die Wirkung bestimmter Interven-tionen und Regelungen abhängig ist. So weiss man beispielsweise nicht, unter welchen Um-ständen Erhöhungen der Lohnkosten eine Verringerung der Beschäftigung bewirken oder Un-ternehmensstandorte mittels raumplanerischer Massnahmen beeinflusst werden können. 3) In den meisten übrigen Politikbereichen ist die Entscheidungsfindung und Zukunftsplanung deshalb erschwert, weil bestimmte Prämissen hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitswelt ein-bezogen werden müssen. So sind keine Bildungsreformen denkbar, die nicht auf bestimmten Vorstellungen über die ökonomische Nachfrage nach Berufsqualifikationen aufbauen würden;

2 Ein Grund dafür scheint darin zu liegen, dass sich die Tradierung und Sozialisation arbeitsbezogenen Werthaltun-

gen immer weniger in der Arbeiswelt selbst, sondern zunehmend im Kontext von Familie und Freizeit vollzieht. Vgl. dazu: Voller, R. Die Entmythologisierung der Berufsarbeit. Westdeutscher Verlag Opladen 1986: passim.

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und jede Reform der direkten Besteuerung oder der AHV muss auf realistischen Vorstellungen über den Umfang zukünftiger Beschäftigung und Einkommen basieren. Die Arbeitswelt erweist sich hier als der eigentliche Kernbereich der Gesellschaft, der direkt oder indirekt praktisch alle gesellschaftlichen Aktivitäten und Verhältnisse determiniert. Von ihr hängt beispielsweise ab, wie sich die Bevölkerung künftig auf ländliche Regionen und städtische Agglomerationen verteilt oder wann sich heranwachsende Kinder von ihren Eltern materiell unabhängig machen. Im Lichte rein quantitativer Betrachtungen scheint die Arbeitswelt an Bedeutung immer mehr zu verlieren, weil verschiedenste Entwicklungen (Überalterung, längere Ausbildungszeiten, wachsende Arbeitslosigkeit usw.) dazu führen, dass ein immer geringerer Prozentanteil der Ge-samtbevölkerung an eigentlicher Erwerbsarbeit partizipiert. In qualitativer Hinsicht dagegen hat die Arbeitswelt ihren zentralen Platz im Leben der einzelnen Individuen wie auch im Gefüge der Gesamtgesellschaft durchaus beibehalten: denn nach wie vor sie bildet die Grundlage, auf der Individuen ihre Ausbildung und persönliche Lebenslaufbahn planen und an der man sich orientiert, wenn sozialpolitische, bildungspolitische, raumplanerische Entscheidungen (usw.) getroffen werden. An den psycho-sozialen Negativwirkungen der Arbeitslosigkeit wird überdies sichtbar, wie sehr auch heutige Menschen nach wie vor darauf angewiesen sind, im Beruf nicht nur die materiel-len Mittel zum Lebensunterhalt zu beschaffen, sondern auch ihre Bedürfnisse nach sozialer An-erkennung, persönlichen Kontakten und nach Selbstverwirklichung zu erfüllen.3 Dementspre-chend besteht ein allseitiger und dringender Bedarf nach verlässlichem Wissen über die aktuel-len Verhältnisse und zukünftigen Entwicklungstendenzen in der Arbeitswelt, der aufgrund des permanenten und sich beschleunigenden Wandels nur durch den Aufbau eines institutionali-sierten Dauerüberwachungssystems ("monitoring system") befriedigt werden kann. Ein besonderes Anliegen sind Forschungen, die der Antizipation beabsichtigter und geplanter sowie der Früherkennung in Gang befindlicher Entwicklungen dienen: mit dem Ziel, den Teil-nehmern am Arbeitsmarkt zukunftsorientiertes Entscheiden und Handeln zu ermöglichen und auf politischer Ebene von einer rein reaktiven zu einer verstärkt präventiven und aktiv-gestaltenden Steuerung überzuwechseln. Generell ist die Welt der erwerbsmässig betriebenen Arbeit in modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften a) aufgrund der Vielfalt verschiedener Branchen und Berufe derart komplex b)aufgrund der raschen Entwicklungen im technisch-ökonomischen und sozio-kulturellen Be-

reich derart wandelbar geworden, dass Versuche, ihren Zustand mit Hilfe empirischer Forschung integral zu erfassen und in ihre verschiedenen Entwicklungen integral zu verfolgen, zum vornherein völlig aussichts-los erscheinen. Es kann nur darum gehen, sie selektiv unter dem Gesichtspunkt interessieren-der Einzelaspekte (Beschäftigung, Qualifikation, Entlöhnung usw.) zum Thema zu machen oder

3 Wenn die subjektive Bindung der Erwerbstätigen an ihre Berufsarbeit vielleicht abgenommen hat, so stellt man

andererseits fest, dass immer grössere prozentanteile der Bevölkerung (z.B.auch Frauen, Oberschichtangehörige mit grosser Erbschaft u.,a.) die Erwerbsarbeit als zentralen Lebensinhalt betrachten. Vgl. dazu: Vollmer R. Die Ent-mythologisierung der Berufsarbeit. Westdeutscher Verlag Opladen 1986, 115.

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sich mit sektoralen und punktuellen Untersuchungen zu begnügen, in denen ausgewählte Pro-duktionszweige, Berufsgruppen, Regionen oder andere Segmente im Mittelpunkt stehen. Die Auswahl solcher selektiver Gesichtspunkte und Untersuchungsfelder ist eine Aufgabe, die von der Wissenschaft und der "Praxis" (=Politik, Verbände, Unternehmen usw.) gemeinsam an die Hand genommen und ständig neu diskutiert werden muss: weil es darum geht , einerseits den objektiv vorfindbaren Entwicklungen und andererseits den relevanten Problemen und Be-dürfnissen der Öffentlichkeit und verschiedener gesellschaftlicher Institutionen Rechnung zu tragen. In einem Kleinstaat wie der Schweiz ist die Erarbeitung von konsensualen Forschungsprioritäten ein besonders dringendes (und anspruchsvolles) Problem, weil ihre Arbeitswelt hinsichtlich Komplexität und Problemvielfalt derjenigen Deutschlands oder der USA kaum nachsteht, für ihre wissenschaftliche Erforschung hingegen viel beschränktere Forschungsmittel ( Finanzen, Personal, Institutionen u.a.) zur Verfügung stehen.

1.2. Nachfrage und Angebot: die zwei Gesichter des Arbeitsmarkts

Auf grundsätzlichster Ebene kann die Arbeitswelt als ein umfassender Markt beschrieben wer-den, bei dem sich die seitens der Arbeitgeber konstituierte Nachfrage nach Arbeitsleistungen und Arbeitskräften und die seitens der Bevölkerung angebotenen Bereitschaften und Qualifika-tionen zu Erwerbstätigkeiten gegenüberstehen. Diese Konzeptualisierung schliesst nicht aus, dass ein Erwerbstätiger auf die Nachfrage nach der von ihm angebotenen Arbeitskraft eigen-ständig Einfluss nimmt oder sie sogar - wie im Falle aller Selbständigerwerbender - selber kon-stituiert. Dementsprechend gliedert sich die Erforschung der Arbeitswelt in zwei Objektberei-che, zu deren Analyse sehr verschiedenartige konzeptuell-theoretische Orientierungen und me-thodische Instrumentarien notwendig sind. 1.2.1 Die "Nachfrageseite" Nachfrageseitig umfasst die Arbeitswelt die Gesamtheit aller Arbeitsrollen und Kooperations-verhältnisse die im Rahmen von Betriebsstätten, Unternehmungen , Branchen oder der gesam-ten Volkswirtschaft zum Zwecke der Produktion von Waren und Dienstleistungen konzipiert sind und zur Besetzung durch Erwerbstätige offenstehen. Die Ausgestaltung und Entwicklung der Beschäftigungsnachfrage muss primär von den arbeits-teilig organisierten Produktionsprozessen her begriffen werden, die ihrerseits mannigfachen Determinante auf ökonomischer, technisch-organisatorischer wie auch kultureller Ebene unter-liegen. Als empirische Ausgangsbasis fungieren die Betriebsstättenzählungen und Beschäftigtenstatis-tiken, die vom BIGA regelmässig erarbeitet werden. Der methodische Zugang erfolgt primär über die Erfassung von Dokumenten (z.B. Organigram-me, Stelleninserate usw.) sowie über die Befragung von Schlüsselpersonen (z.B. Personalchefs oder die Beschäftigten selbst), die in der Lage sind, über die Merkmale von Arbeitsplätzen und Kooperationsstrukturen Auskunft zu geben. Der wachsende Forschungsbedarf im Nachfragebereich ergibt sich aus folgenden drei Gründen: 1) Aufgrund der sich beschleunigenden Wandlungen im Bereich der Wirtschaftsmärkte, Tech-nologien und Organisationsformen ist auch die Arbeitswelt immer rascheren Wandlungen aus-gesetzt, die ohne Forschung sowohl von der Politik und der Öffentlichkeit wie auch von den Erwerbstätigen selbst nicht zureichend wahrgenommen werden.

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2) Im Vergleich zu den beiden ersten Nachkriegsjahrzehnten sind die Verhältnisse in verschie-denen Branchen, Unternehmungen und Berufszweigen sehr viel heterogener geworden, weil an die Stelle einheitlicher Kollektivregelungen zunehmend partikulärere Regelungen treten. Insbesondere hat die momentane Rezession zu einer Auflockerung der bisherigen starren Rege-lungen im Bereich der Entlöhnung, Arbeitszeit oder der Verteilung von Arbeitsaufgaben ge-führt, die zur Folge haben, dass die "realen Verhältnisse" nicht mehr aus verbandlichen Rege-lungen abgelesen werden können, sondern mühevoll durch extensive Erhebungen auf dem Ni-veau einzelner Unternehmungen und Betriebe eruiert werden müssen. 1.2.2. Die "Angebotsseite" Angebotsseitig konstituiert sich die Arbeitswelt als Gesamtheit aller Personen, die entweder momentan erwerbstätig sind oder bereit und fähig sind, eine Erwerbsarbeit zu übernehmen (z.B. unfreiwillige Arbeitslose). In zweiter Linie müssen - insbesondere für prognostische Zwe-cke - die noch im Ausbildungsprozess befindlichen Personen hinzugezogen werden, die als zu-künftige Anbieter von Arbeitskraft und beruflichen Qualifikationen in Rechnung gestellt werden müssen. Die Charakteristika und Veränderungen des Arbeitskräfteangebots werden primär durch Fakto-ren auf demographischer Ebene wie auch auf dem Niveau des Ausbildungssystems sowie kultu-rell bedingter Wertorientierungen (z.B. Präferenzen für Freizeit, Hausarbeit, Frühpensionierung usw.) bestimmt, die ihrerseits alle auch durch sozialpolitische Rahmenbedingungen (Stipen-dien, Altersversicherung u.a.) mitbeeinflusst werden. Die empirische Ausgangsbasis besteht in den Ergebnissen der Volkszählung sowie begrenzterer Repräsentativerhebungen (z.B. SAKE), die geeignet sind, über den Umfang und die qualitativen Merkmale des schweizerischen Arbeitskräftepotentials (und seiner verschiedenen Segmente wie z.B. Frauen, Alterskohorten, regionale Bevölkerungen usw.) Auskunft zu geben. Der methodische Zugriff für die Gewinnung weitergehender Informationen erfolgt vorwiegend durch Repräsentativbefragungen, die darauf abzielen, die Verbreitung verschiedenartiger ar-beitsmarktrelevanter Variablen (z.B. Qualifikationen, arbeitsethische Einstellungen, Stellenprä-ferenzen etc.) in der Bevölkerung zu eruieren. Auch auf der Angebotsseite des Arbeitsmarkts sind die Bedürfnisse nach systematischer For-schung stark angewachsen, weil die Lebensverhältnisse, Einstellungen und Verhaltensorientie-rungen der Erwerbstätigen aufgrund des immer rascheren sozio-kulturellen Wandels und der "Individualisierung" der Lebensstile immer heterogener und unübersichtlicher geworden sind. Nur durch umfangreiche - und in kurzfristigen Abständen sich wiederholende - Erhebungen können beispielsweise gesicherte Informationen darüber beschafft werden, welche Segmente der Bevölkerung ein bestimmtes "Arbeitsethos" aufrechterhalten, im Beruf Selbstverwirkli-chung suchen und bereit sind, sich auf neue Berufe umschulen oder an einen andern Arbeitsort versetzen zu lassen.

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1.2.3. Erhöhung der "Arbeitsmarkttransparenz" durch komplementäre Nachfrage-Angebotsanalysen. Es empfiehlt sich, nachfrage- und angebotsseitige Explorationen der Arbeitswelt gleichzeitig und gleichgewichtig an die Hand zu nehmen, weil dadurch die Möglichkeit entsteht, sie kom-plementär aufeinander zu beziehen und dadurch zu einer höheren Transparenz des Arbeits-markts beizutragen, die ihrerseits wiederum die Voraussetzung bildet, um Angebote und Nach-fragen in bessere Übereinstimmung u bringen.. Beispielsweise können die Arbeitgeber aus Be-völkerungsumfragen Nutzen ziehen, um ihre Arbeitsrollengestaltung (z.B. bezüglich Arbeitszeit, Entlöhnungsformen oder technisch-ästhetischer Ausstattung der Arbeitsplätze) besser auf die Präferenzen der Erwerbstätigen abzustimmen. Und umgekehrt können Einsichten über Nach-frageveränderungen dazu verhelfen, dass Individuen Fehlentscheidungen bezüglich Berufswahl und Ausbildungsgängen vermeiden und dass auf berufspolitischer Ebene eine zukunftsgerech-tere Gestaltung von Ausbildungsgängen, Weiterbildungskursen und Umschulungsmassnahmen gelingt. Es ist ein generelles Merkmal der modernen Wirtschafts- Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, dass de politischen Behörden in jeder Hinsicht auf die Information und Mithilfe der Betroffenen (=Arbeitgeber und Arbeitnehmer) angewiesen sind, um zu wissen, was wann wie getan werden kann, soll oder muss. Es ist dringend zu empfehlen, relativ umfangreiche Panels von Unternehmen einerseits und von Erwerbstätigen andererseits aufzubauen, damit die Möglichkeit besteht, bei Bedarf über eine anstehende politische Entscheidungsfrage möglichst rasch einschlägige Informationen (über Erwünschtheit, Machbarkeit, und voraussichtliche Folgewirkungen bestimmter Massnahmen) zu beschaffen. Derartige Ad hoc-Studien können die günstige Wirkung haben, dass Vernehm-lassungsprozesse auf eine breitere (und vor allem: weniger interessengebundene) Basis von Meinungsäusserungen und Experteninformationen abgestützt werden können, weil neben den Stellungnahmen der Verbände nun auch breitgefächerte Artikulationen der "betroffenen Basis" zur Verfügung stehen. Auf Seiten der Arbeitgeber ist dies wichtig, weil die Einstellungen verschiedener, im selben Wirtschaftsverband organisierten Unternehmungen häufig weit divergieren. Und auf Seiten der Arbeitnehmer ist dies erwünscht, weil die meisten Erwerbstätigen nicht in Gewerkschaften oder politisch aktive Berufsverbände eingebunden sind.

1.3 Globale, sektorale und punktuelle Studien

Datenerhebungen und Forschungsprojekte über die Arbeitswelt lassen sich nach ihrer Reich-weite klassifizieren. je nachdem, ob sie sich - global auf das nationale (bzw. gar europäische oder weltweite) Beschäftigungssystem als Gan-zes, - sektoral auf einzelne Segmente der Produktion (z.B. Branchen) oder einzelne Segmente der Erwerbstätigen (z.B. Geschlechts- Alters- oder Qualifikationsgruppen), - punktuell auf einen engeren Kreis von Arbeitsplätzen, Betriebsstätten oder Personen beziehen.

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1.3.1 Globale Untersuchungen Auf der Nachfrageseite erfüllen dienen globale Untersuchungen dem Zweck, 1) übergreifende Parameter des integralen Beschäftigungssektors (z.B. Auftragslage, Arbeits-produktivität, Stellenzahl) zu eruieren; 2) verschiedene Merkmale innerer Differenzierung des Beschäftigungssystems (z.B. hinsichtlich Zahl und Umfang verschiedener Betriebstypen, Berufe oder Statusgruppen) zu bestimmen; 3) die Verbreitung verschiedener genereller Aspekte von Arbeitsrollen (z.B. Löhne, Arbeitszei-ten, soziale Schutzregelungen usw.) sichtbar zu machen. Der weitere Ausbau derartiger Globalstatistiken ist heute vor allem durch verschiedene inter-nationaler Organisationen (ILO, OECD etc.) vorgegeben, deren Standards die Schweiz bisher nicht zureichend erfüllt. In methodischer Hinsicht werden zukünftige Fortschritte wohl nur zu geringem Teil auf einem weiteren Ausbau aufwendiger Vollerhebungen liegen, da diese sehr kostspielig sind, die An-wendung von gesetzlichem Zwang voraussetzen und wegen ihrer Schwerfälligkeit meist nur einen bereits vergangenen Zustand der Arbeitswelt abzubilden pflegen. Im Interesse niedrigerer Kosten und höherer Flexibilität muss deshalb der Aufbau von Reprä-sentativstichproben an die Hand genommen werden, die approximative Hochrechnungen auf das Gesamtsystem erlauben. Diese müssen derart umfangreich und diversifiziert sein, dass es gelingt, die unterschiedlichen Branchen, Berufsgruppen, Betriebsgrössen, Regionen usw. ge-mäss ihrem relativen Gewicht zur Geltung zu bringen. Analog dazu dienen angebotsorientierte Globalstudien dazu, generalisierbare Merkmale (z.B. arbeitsethische Orientierungen, Präferen-zen für Arbeitszeiten und Entlöhnungsfomen usw.).über die Gesamtpopulation sowie verglei-chende Daten über verschiedene Segmente dieser Population (z.B. Frauen-Männer, Alters-gruppen, Bildungsgruppen usw.) zu gewinnen. Die dazu erforderlichen Samples müssen beträchtlich umfangreicher sein als die in der üblichen Demoskopie verwendeten Bevölkerungsstichproben, damit die Möglichkeit gewahrt wird, den unterschiedlichen Situationsbedingungen und Einstellungen verschiedener Berufs- und Funkti-onsgruppen Rechnung zu tragen. Ähnlich wie auf der Nachfrageseite müssen die gewählten Stichproben also mit dem Grad (und ständigen Zunahme) der arbeitsteiligen Differenzierung des Beschäftigungssystems in Übereinstimmung gehalten werden. 1.3.2. Sektorale Untersuchungen Nachfrageseitig sind sektorale Studien erforderlich, um die - immer vielfältigen - Sonderent-wicklungen in einzelnen Beschäftigungsbereichen (z.B. Branchen und Berufsgruppen) sichtbar zu machen. Nur auf dieser spezifischeren Ebene ist die Erfassung jener konkreteren Betriebs- und Arbeits-platzmerkmale sinnvoll, die - wie z.B. bestimmte Qualifikationsanforderungen oder sense-motorische Belastungsfaktoren - mit den im jeweiligen Funktionsbereich vorherrschenden Problemstrukturen, Technologien und Organisationsformen zusammenhängen. Stärker als bei Globalstudien richtet sich hier die Forschung an konkrete Adressaten (z.B. Branchenverbände, Berufsvereinigungen, Gewerkschaften usw.) gerechnet werden , die an der Erforschung "ihres" Sektors ein besonderes Interesse nehmen (und damit vielleicht als Sponso-ren in Frage kommen), andererseits aber auch stärker geneigt sein werden, auf die Festlegung von Erhebungsstrategien und Forschungszielen Einfluss zu nehmen. Isomorph dazu geht es auf der Angebotsseite darum, vertiefte Information über einzelne Seg-mente der erwerbstätigen Bevölkerung zu verschaffen: beispielsweise mit dem Ziel, die ver-

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stärkte berufliche Integration und Gleichstellung von Frauen, Ausländern oder Behinderten zu fördern oder sich über die Berufswünsche und Arbeitsethik der Universitätsabgänger Klarheit zu verschaffen usw. In methodischer Hinsicht ist es bei allen sektoralen Untersuchungen unerlässlich,

1) das Universum von Untersuchungseinheiten scharf zu umgrenzen, über die wissenschaftli-che Information beschafft werden soll

2) ein Auswahlverfahren anzuwenden, das geeignet ist, dieses Universum in all seinen inne-ren Differenzierungen adäquat widerzuspiegeln.

1.3.3. Punktuelle Untersuchungen Schliesslich stellen sich innerhalb der Arbeitswelt vielerlei Forschungsfragen, die am besten (bzw. ausschliesslich) mittels eng begrenzte Vergleichs- und Fallstudien (ohne Anspruch auf Repräsentativität) bearbeitet werden können. Dazu gehören

1) exemplarische Studien von einzelnen "Pionierunternehmungen", anhand derer beispiels-weise deutlich gemacht werden kann, von welchen Rahmenbedingungen die Einführung bestimmter Neuerungen (z.B., technischer oder betriebsorganisatorischer Art) abhängt und welche Konsequenzen damit verbunden sind.

2) komparative Studien, die dem systematischen Test bestimmter Kausalhypothesen gelten und damit dem Ausbau des generellen theoretischen Instrumentariums dienen, das für explanatorische und prognostische Zwecke zur Verfügung steht.

Punktuelle Studien dieser Art sind am meisten dazu geeignet, Erkenntnisbeiträge zur internati-onalen Arbeits- Berufs- und Organisationsforschung zu liefern: genauso wie sie andererseits auch häufig entbehrlich werden, indem man die Ergebnisse ausländischer Studien auf den schweizerischen Kontext extrapoliert.

1.4. Fünf Perspektiven der Erkenntnisgewinnung

1.4.1. Historische Analysen Sozialhistorische Analysen haben seit jeher sehr viel zum Verständnis der modernen Arbeits-welt und ihrer Entwicklungen beigetragen: Insbesondere geben sie Aufschluss darüber,

a) welchen langfristigen kausalen Gestaltungskräften verschiedene Merkmale der Arbeitswelt unterliegen und welche Aspekte (z.B. Werthaltungen, Arbeitszeiten, Qualifikationsanforde-rungen) als relativ konstant oder variabel begriffen werden müssen;

b) welchen säkularen oder zyklischen Entwicklungstrends die Arbeitswelt ausgesetzt ist, die auch bei der Bewertung aktueller Situationen (z.B. Rezessionen) und bei der Prognose zu-künftiger Veränderungen in Rechnung gestellt werden müssen;

c) welche geschichtlichen Ereignisse und kulturellen Traditionen dafür verantwortlich sind, dass die schweizerische Arbeitswelt in verschiedenen Sprachregionen und Kantonen unter-schiedlich geprägt ist und sich insgesamt von der Arbeitswelt anderer Länder unterscheidet.

Die raschen Wandlungsprozesse im ökonomischen, technischen und organisatorischen Bereich bewirken, dass immer kürzer zurückliegende Epochen (z.B. das "Schreibmaschinenzeitalter") zum Gegenstand der "Arbeitsgeschichte" werden die dafür verantwortlich ist, adäquate Vor-stellungen über die rasanten intergenerationellen Veränderungen (und die damit verknüpften Verluste an berufsspezifischen Kulturen und Erfahrungswelten) zu vermitteln.

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Methodisch bedeutet dies, dass anstelle klassischer schriftlicher Quellenanalyse immer mehr auch die neueren Verfahren der "oral history" benutzt werden können, da heute noch lebende Personen als Informanten über endgültig verschwundene Formen der Berufsarbeit herangezo-gen werden können. 1.4.2 Erhebung des aktuellen Ist-Zustandes Präzise Kenntnisse über die momentane Situation auf dem Arbeitsmarkt sind eine notwendige - wenn auch noch keineswegs hinreichende - Voraussetzung, damit Unternehmungen, Verbände und Staat rationale Entscheidungen treffen und deren Konsequenzen adäquat vorausberech-nen können. Ebenso sind sie wichtig, um - durch Vergleich mit früheren Daten - in Gang befind-liche Entwicklungen bewusst und messbar zu machen, und um sich realistische Vorstellungen bezüglich der Unterschiede zwischen der Schweiz und anderen Ländern (bzw. zwischen ver-schiedenen Regionen innerhalb der Schweiz) zu beschaffen. Vollerhebungen wie z.B. die in zehnjährigem Abstand durchgeführte Arbeitsstättenzählung des BIGA sind zwar wünschbar, erweisen sich aber immer mehr als zu schwerfällig, da sie mit dem sich beschleunigenden Wandel in der Arbeitswelt immer weniger Schritt halten können. Als flexiblere Erhebungsinstrumente kommen Panels von Unternehmungen und Betrieben in Frage, die aufgrund ihrer Zusammensetzung (nach Branchen, Betriebsgrößen, Regionen usw.) für das Beschäftigungssystem als ganzes oder bestimmte Sektoren repräsentativ sind und von denen die erforderliche Informationen in kurzfristigen Abständen - und ohne horrende Kosten - erhoben werden können. Generell erfordert die deskriptive Erfassung der momentanen Situation in der Arbeitswelt ins-gesamt und ihren verschiedenen Segmenten äusserst extensive Erhebungsstrategien, um den spezifischen Besonderheiten der verschiedenen Branchen, Berufszweige, Funktionsgruppen und Betriebsgrössenklassen (und evtl. auch verschiedener Regionen) gerecht zu werden.

Als notwendige Basis muss die zehnjährig (und neuerdings zum Teil auch in kürzeren Zeitab-ständen) durchgeführte Betriebsstätten- und Beschäftigtenstatistik des BIGA herangezogen werden. Auf ihrer Grundlage soll eine umfassende Stichprobe von Betrieben erstellt werden, die aufgrund ihrer Zusammensetzung (nach Branchen, Betriebsgrössen, regionalen Standorten) als repräsentativ für die Arbeitswelt insgesamt gelten kann: so dass Hochrechnungen auf die Arbeitswelt insgesamt möglich werden.

1.4.3 Exploration aktueller und in Aussicht stehender Entwicklungstrends Im Hinblick auf eine Früherkennung zukünftiger Veränderungen müssen unbedingt Wege ge-funden werden, um in Gang befindliche (bzw. auch erst in Aussicht stehende) Wandlungspro-zesse in möglichst frühzeitig sichtbar zu machen. Nur teilweise werden derartige Entwicklungen bereits aus dem Vergleich verschiedener Ist-Zustand-Erhebungen deutlich: allerdings nur, wenn diese Erhebungen in relativ kurzen Abständen erfolgen, bzw. wenn es sich um relativ gemächli-che Entwicklungen handelt. Angesichts der knappen Erhebungsmittel einerseits und der sich ständig beschleunigenden Entwicklungen, in der modernen Arbeitswelt andererseits müssen unbedingt alternative empirische Zugänge erschlossen werden: dies umso mehr, als der Ver-gleich von Ist-Zuständen nur ein retrospektives Bild vermittelt und - auch wieder als Folge der rasanten und immer unvorhersehbareren Entwicklungen - kaum Zukunftsextrapolationen er-laubt. Es wird vorgeschlagen, hier mit dem bisher wenig erprobten Instrument des "Betriebspanels" zu arbeiten.

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Wie im Falle von (1) wird auf der Basis der Betriebszählung eine Stichprobe von Betrieben er-mittelt, die als repräsentativ für das Beschäftigungssegment, in denen eine bestimmte Entwick-lung ermittelt werden soll, gelten können. (Die Stichprobe muss in systematischer Weise re-dundant sein. so dass nicht kooperierende Betriebe ohne weiteres durch Ersatzbetriebe mit ähnlichen Eigenschaften ersetzt werden können). In all diesen Betrieben werden geeignete Informanten (Betriebsleiter, Personalchefs u.a.) er-mittelt, die a) über jüngste Änderungen im Personalbereich b) über geplante Massnahmen, die in nächster Zeit auf den Personalbereich direkte oder indi-rekte Auswirkungen haben Auskunft geben können. Um zuverlässige "Frühindikatoren" über sich abzeichnende und innerhalb der nächsten Monate und Jahre eintretende Entwicklungen zu beschaffen, müssen insbesondere jene Veränderun-gen erfasst werden, die auf Unternehmensebene bereits beschlossen worden sind und sich in der Phase der Planung oder konkreten Ausführung befinden. Längerfristige - und entsprechend ungewissere - Entwicklungen können dadurch erfasst werden, dass man sich auf Unterneh-mensebene (d.h. oberhalb der Betriebsebene) über strategische Grundsatzentscheidungen und längerfristige Planungen informiert.

1.4.4 Erarbeitung von Prospektiven und Szenarien Im Hinblick auf umfassendere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Entscheidungen ist es erforderlich, Langfristentwicklungen der nächsten 20-30 Jahre zu erfassen, die aufgrund gene-rellerer Entwicklungen (z.B. demographischer oder weltpolitischer Natur) oder aufgrund tech-nischer und kultureller "Megatrends" für wahrscheinlich gehalten werden. Bei der Konzeption prospektiver Studien kann zumindest teilweise auf ausländische Modelle (z.B. die jüngste PROGNOS-Untersuchung über die Langfristentwicklung des deutschen Ar-beitsmarkts) zurückgegriffen werden.4 Heute setzt sich zunehmend die Einsicht durch, dass es aus zwei Gründen nötig ist, derartige Voraussagen durch die Analyse von "Szenarien" zu ergänzen, bzw. teilweise auch zu substituie-ren: 1) Je längerfristig die Prognosen, desto eher muss man sich mit der "Kontingenz" der Zukunft konfrontieren. d.h. mit der Tatsache, dass es mehrere denkbare Entwicklungspfade (und ent-sprechende Finalzustände) gibt, die

a) vom Eintreffen oder Nichteintreffen bestimmter exogener Rahmenbedingungen (z.B. der Realisierung einer europäischen Währungsunion),

b) von den Handlungsstrategien, die auf der Ebene des Staates, der verbände oder einzelnen Arbeitgeber verfolgt werden,

abhängig sind 2) Sowohl die allgemeine Öffentlichkeit wie auch - noch ausgeprägter: die Entscheidungsträger - sind meist nicht primär an "sicheren" wissenschaftlichen Prognosen interessiert, sondern an Auskünften darüber, was der Fall wäre, wenn. z.B. bestimmte Entscheidungen getroffen wür-den. Nur dadurch kann die Wissenschaft die Rationalität des gesellschaftspolitischen Handelns steigern: indem sie es ermöglicht, Entscheidungen in einem breiteren Horizont verfügbarer Al-

4 vgl. Hofer, Peter/Weidig Inge, Wolff, Heimfrid Arbeitslandschaft bis 2010. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-

forschung der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg 1989.

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ternativen und vorhersehbarer Konsequenzen zu treffen. Im scharfen Gegensatz zu (1) genügen zur Erarbeitung prospektiver Erkenntnisse, relativ wenige Informanten, die aber aufgrund ihrer besonderen Qualifikation (z.B. als Branchenanalysten, Professoren, Verbandsfunktionäre u.a.) über ein besonderes Sensorium für längerfristige Entwicklungen verfügen. Die "Delphi-Methode" und andere Verfahren der Expertenbefragung erscheinen hier geeignet, um pro-spektiv orientierte Informationen zu sammeln und deren Validität (z.B. durch die Methode des "Expert Rating" ) objektivierbar zu machen. Generell muss aber auf die relativ engen objektiven Schranken prospektiver Erkenntnisgewinnung hingewiesen werden. Denn es muss damit ge-rechnet werden, dass einerseits aufgrund unvoraussehbarer internationaler Entwicklungen und andererseits aufgrund anstehender technischer Grossinnovationen (Glasfaserverkabelung, Hochtemperatur-Superleitung u.a.) in relativ kurzer Frist völlig neue Szenarien entstehen. 1.4.5. Erforschung von Spielräumen und Optionen Welche Firmen wären in der Lage, ohne erhebliche Mehrkosten das "job sharing" einzuführen, geschützte Arbeitsplätze für Behinderte zu schaffen, ihr Angebot an Lehrstellen zu erhöhen oder in strukturschwachen Regionen "Telearbeitsplätze" anzubieten? Wieviele Erwerbstätige wären bereit, aus Berufsgründen ihren Wohnort zu wechseln, eine zusätzliche Umschulung auf sich zu nehmen oder trotz Lohneinbussen eine Frühpensionierung in Betracht zu ziehen? Von der Klärung solcher Fragen hängt es beispielsweise ab, nach welchen Gesetzmässigkeiten der schweizerische Arbeitsmarkt funktioniert, inwiefern geltende Gesetze und kollektivvertrag-liche Regelungen (noch) tauglich sind und welche arbeits- sozial- und bildungspolitischen Mass-nahmen mit Aussicht auf Erfolg an die Hand genommen werden können. In dieser fünften Sichtweise soll die Arbeitswelt als ein Feld betrachtet werden, das einer absichtsvollen Gestal-tung und Umgestaltung zugänglich ist: mit dem Ziel, die produktiven Leistungen einerseits und die Lebenssituation der Erwerbstätigen (sowie der Bevölkerung insgesamt) in gewünschter Weise zu verbessern. Generell kann davon ausgegangen werden, dass mit zunehmendem technisch-organisatorischen Fortschritt immer mehr alternative Wege der Produktions- und Arbeitsges-taltung zur Verfügung stehen: so dass es beispielsweise möglich wird, bei weiteren Entwick-lungsschritten zwischen einem eher "technozentrierten" und einem eher "anthropozentrierten Weg zu wählen. Hierbei ist zu beachten, dass zur erfolgreichen Realisierung derartiger Verän-derungen im allgemeinen ein Zusammenwirken des Staates, der Verbände, der einzelnen Un-ternehmungen und Betriebe sowie der verschiedenen Berufsgruppen und einzelnen Erwerbstä-tigen notwendig ist. Dementsprechend ist es wichtig, vor der Initiierung irgendwelcher Mass-nahmen zu erforschen, inwiefern sie genannten Akteure subjektiv bereit und objektiv in der Lage sind, sie zu akzeptieren oder sich gar für ihre Realisierung aktiv einzusetzen. Die Exploration von Optionen (im Sinne objektiv vorliegender Spielräume für Alternativen) wird vor allem deshalb immer wichtiger, weil man immer weniger davon ausgehen kann, die Ar-beitswelt sei durch technisch-organisatorische Zwänge eindeutig determiniert. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass a) moderne Technologien immer weitere Spielräume für alternative Arbeitsgestaltungen eröff-nen, so dass deren Konkretisierung immer mehr von psychologischen Präferenzen, sozio-kulturellen Normen oder politischen Entscheidungen abhängig wird; 5

5 vgl. dazu: Heidegger G. et al.: Berufsbilder 2000. Soziale Gestaltung von Arbeit, Technik und Bildung. Mensch und

Technik. Sozialverträgliche Technikgestaltung , Band 18, Westdeutscher verlag Opladen 1991, passim); sowie:

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b) die Unternehmen bei der Festlegung ihrer Organisationsformen und Führungsstile auf ein immer reichhaltigeres Instrumentarium alternativer Konzepte zurückgreifen können, über de-ren rein ökonomische Bewertung (in Termini von Kosten und Ertrag) keine klaren Vorstellun-gen existieren.

In methodischer Hinsicht erfordert die Exploration von "Optionen und Spielräumen" die Ent-wicklung spezieller Befragungstechniken, die dem Umstand Rechnung tragen, dass die Infor-manten über Art und Konsequenzen bestimmter Massnahmen und Verhaltensänderungen ge-nau informiert sein müssen, bevor sie eine relevante Meinung zu bilden.

1.5. Methodisch-forschungstechnische Instrumentarien

Angesichts der Vielfalt und Komplexität der Forschungsprobleme, die aufgrund - der objektiven Differenziertheit und Dynamik der Arbeitswelt einerseits, -der Mannigfaltigkeit verschiedener Forschungsperspektiven und Erkenntnisziele andererseits

zu behandeln sind, muss praktisch das ganze methodische Instrumentarium der Sozialwissen-schaften in Anspruch genommen werden.

1.5.1 Auswertung statistischer Daten Trotz ihrer Rückständigkeit hinsichtlich statistischer Erhebungen liegen über die Entwicklung der Arbeitswelt in der Schweiz zunehmend reichhaltigere Datenquellen vor, die - wie z.B. die neue SAKE-Statistik des Schweizerischen Bundesamts für Statistik - bei geeigneter Analyse reichhaltige Erkenntnisse vermitteln. Das im Aufbau befindliche Sozialwissenschaftliche Infor-mationssystem (SIDOS) kann eine Ausgangsbasis dafür bieten, um die ständig anwachsende Datenflut zu überblicken, zu sichten und den Interessierten Forschern in technisch und juris-tisch möglichst ungehinderter Form zugänglich zu machen. Ein weiterer Ausbau statistischer Erhebungen muss sich vor allem an den von verschiedenen internationalen Organisationen (ILO, OECD, EU etc.) gesetzten Standards orientieren: mit dem Ziel, differenziertere Vergleiche zwischen der Schweiz und anderen Ländern zu ermöglichen. 1.5.2. Dokumentenanalyse Abgesehen von historischen Untersuchungen, die häufig ausschließlich auf schriftliche Doku-mente angewiesen sind, können textanalytische Erhebungsverfahren auch zur Exploration ak-tueller Zustände und Entwicklungen und in Einzelfällen gar für längerfristige Prognosen Ver-wendung finden. So geben beispielsweise Stelleninserate nicht nur Auskunft über die Zahl und Art der offenen Stellen, sondern auch über qualifikatorische Anforderungsprofile oder Anforde-rungen hinsichtlich Alter und Geschlecht.6 1.5.3. Befragungen Das klassische Instrument der standardisierten Fragebogenerhebung muss extensiv benutzt werden, um die aktuellen Verhältnisse und in Gang befindlichen Entwicklungen auf Seiten der Erwerbstätigen wie auch auf Seiten der Arbeitgeber und Betriebsstätten zu erfassen.

Evans J.: Arbeitnehmer und Arbeitsplatz. In: Friedrichs G, Schaff A, ed.: Auf Gedeih und Verderb: Mikroelektronik und Gesellschaft. Wien: Europa Verlag, 1982: 169-200. 6 vgl. z.B. Geser, Hans: Qualifikatorische Anforderungsprofile bei wirtschaftlichen Führungspositionen (Soziale Welt

34, 1983, 471-499)

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Während auf der Angebotsseite bewährte Verfahren der Repräsentativbefragung benutzt wer-den können, müssen auf der Nachfrageseite andere, zum Teil viel weniger erprobte Auswahl-verfahren in Betracht gezogen werden, die geeignet sind, a) innerhalb der untersuchten Verbände, Unternehmungen und Betriebsstätten die jeweils ge-

eignetsten Informanten zu eruieren; b) der Vielfalt verschiedener Branchen, Betriebsgrössen, Unternehmensformen usw. Rechnung

zu tragen. In erster Linie ist hier an Betriebsleiter und Personalmanager zu denken, die einerseits über Zustände und Vorgänge der Gesamtunternehmung informiert sind und andererseits die kon-kreten Arbeitsverhältnisse und Mitarbeiter ihrer Betriebsstätte im Blickfeld haben. Extensiv angelegte, betriebsnahe Erhebungen sind auch deshalb angezeigt, weil im Zuge von Dezentrali-sierungsmassnahmen (z.B. divisionale Firmengliederungen in "profit centers") immer mehr re-levante Entscheidungen weit unterhalb der Unternehmensspitze getroffen werden. Es muss gelingen, zu einer grösseren Zahl von Betrieben dauerhafte Beziehungen zu knüpfen, die es erlauben, sie in periodisch sich wiederholende Panelerhebungen einzuschliessen. Vor allem Erhebungen über im Vollzug befindliche, geplante oder bloss beabsichtigte betriebli-che Veränderungen, die im Interesse der "Früherkennung" erfolgen, sind weitgehend auf das Instrument der Befragung angewiesen. Dies gilt ebenso für die Ermittlung längerfristiger Pro-spektiven, wo qualitiativ orientierte Erhebungen bei Experten notwendig sind, die nur zum Teil einer Standardisierung ("Delphi-Methode", "Expert-Rating" u.a.) zugänglich sind.

1.5.4. Systematische Rezeption ausländischer Forschung Im Vergleich zu grossen Ländern wie USA oder Deutschland erfährt der Kleinstaat Schweiz eine erhebliche relative Knappheit an Forschungskapazitäten, weil einer fast ebenso komplexen und (dynamisch sich wandelnden) Arbeitswelt sehr viel bescheidenere absolute Mittel (Finanzen, Institutionen, Wissenschaftler u.a.) gegenüberstehen. So muss die Schweiz besonders extensi-ven Nutzen auf der Tatsache ziehen, dass in allen hochentwickelten Ländern zum grossen Teil sehr ähnliche Wandlungstendenzen der Arbeitswelt stattfinden, die in den wachsenden Ge-meinsamkeiten der globalen Wirtschaft und Arbeitsteilung sowie der verwendeten Technolo-gien und organisatorischen Verfahren ihre Ursache haben. Deshalb sollte ein der schweizerischen Arbeitswelt gewidmetes Forschungsprogramm einen Teil der Mittel auf Projekte verwenden, die dem Ziel gewidmet sind, die einschlägige internati-onale Literatur in diesem Feld kontinuierlich zu sammeln, zu rezipieren und - unter kritischer Beachtung nationaler Spezifitäten - für die Analyse der schweizerischen Arbeitsverhältnisse fruchtbar zu machen. Im Interesse der Frühdiagnose sollten vor allem jene ausländischen Untersuchungen umgehend rezipiert werden, in denen neuartige, in der Schweiz noch nicht erkennbare Entwicklungen sichtbar werden. Allerdings erscheinen die Möglichkeiten solcher Transfers aus der Sicht der heutigen Sozialwis-senschaft begrenzter als beispielsweise noch in den 60er Jahren, weil man seither .entdeckt hat, auf wie vielfältige und tiefgreifende Weise auch technisch-ökonomische Wandlungsprozes-se von der jeweiligen nationalen Kultur mitbeeinflusst werden. Im Falle, dass einheimische Studien unverzichtbar sind, ist es aber immerhin möglich, sich auf methodischer Ebene an den im Ausland erarbeiteten Instrumenten und Erfahrungen zu orien-tieren.

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Durch Gastdozenturen, Austausch von Stipendiaten und andere Massnahmen sollte gewähr-leistet werden, dass einschlägige wissenschaftliche Qualifikationen des Auslandes in der Schweiz verfügbar werden.

2. Kapitel: Problemorientierte Strukturierung eines Forschungsmoduls "Arbeitswelt"

2.1. Die volkswirtschaftliche Dimension der Arbeitswelt: Globaler Umfang der Beschäftigungsnachfrage und des Beschäftigungsangebots.

2.1.1 Themenfeld: Quantitativer Umfang der Beschäftigungsnachfrage (auf der Ebene von Vollzeit-, Teilzeit- und Temporärstellen). Bestimmungsgründe von Nachfrageänderungen (Weltwirtschaft, Konjunktur, technisch-organisatorische Rationalisierungen, Zukunftserwartungen usw.). Massnahmen zur Beeinflussung der Beschäftigungsnachfrage (Lohnpolitik, Arbeitsschutzgesetz-gebung, Steueranreize usw.). Quantitativer Umfang des Beschäftigungsangebots (aufgrund der Zahl und Beschäftigungswil-ligkeit von Erwerbsfähigen, zugelassenen Ausländerkontingenten usw.). Ausdehnung informeller Arbeit in der "Schattenwirtschaft". Bestimmungsfaktoren von Angebotsveränderungen (demographischer Wandel, Wandel der Immigrationspolitik, Länge der Ausbildungsdauer, Erwerbswiligkeit von Frauen usw.) Möglichkeiten zur Einwirkung auf das Beschäftigungsangebot.

2.1.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Die schweizerische Volkswirtschaft erlebt momentan den stärksten Beschäftigungseinbruch seit dem zweiten Weltkrieg. Grosse Beunruhigung entsteht vor allem daraus, dass nicht klar ist, inwiefern reversibel-konjunkturelle oder irreversibel-strukturelle Faktoren (technische Rationa-lisierung, Verlust von Exportmarktpositionen usw.) dafür verantwortlich sind. Diskussionen über den Einfluss verschiedener Bestimmungsfaktoren auf die Beschäftigung (Lohnniveau, Sozialabgaben, Beitritt zur EU, Ausbau des Umweltschutzes) werden im Interes-senstreit der Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften bisher weitgehend mit ideologischen Argumenten geführt. Es sind dringend umfangreiche, nach streng objektiven Kriterien gestaltete Untersuchungen notwendig, um gesicherte Informationen über die Existenz und das Ausmass derartiger Kausal-beziehungen zu erlangen. Vor allem muss geklärt werden, welche Auswirkungen von der inter-nationalen Liberalisierung des Handelns (WTO, NAFTA, EWR etc.) ausgehen und inwiefern auf-grund der immensen Lohngefälle kurz- mittel- und längerfristig Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland (z.B. nach Osteuropa oder in Drittweltländer) erwartet werden müssen In zweiter Linie stellt sich die Frage nach den Massnahmen, die geeignet sind, derartigen Ent-wicklungen vorzubeugen. Im Hinblick auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stellt sich die Frage, welche kollektiv-verbandlichen und staatlichen Massnahmen geeignet sind, bestehende Arbeitsplätze zu erhal-ten oder neue, dauerhafte Arbeitsplätze zu schaffen - und auf welche Weise Systeme der Ar-beitslosenunterstützung konzipiert werden müssen, um diese Zielsetzung nicht zu behindern.

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Auch auf der Angebotsseite sind - abgesehen von demographischen Änderungen - komplizierte Entwicklungen im Gang, über deren Verlauf und Ergebnis bisher keine klaren Erkenntnisse be-stehen. Generell erweist sich die quantitative Bestimmung des Arbeitskräfteangebots heute als ein zunehmend schwieriges Unterfangen, weil neben den Vollerwerbstätigen immer mehr un-scharf abgegrenzte Randgruppen (Frauen, Studierende, Frührentner u.a.) in Rechnung zu stel-len sind, die je nach Lebenssituation und Neigung für eine Temporär- oder Teilzeitstelle zur Ver-fügung stehen.7 So stellt sich z.B. die Frage, inwiefern aufgrund von Veränderungen im Famili-enbereich (Gleichstellung der Partner, hohe Scheidungsraten etc.) mit einer wachsenden Zahl vollzeitlich erwerbswilliger Frauen gerechnet werden muss, oder ob der wachsenden Arbeitslo-sigkeit möglicherweise ein korrelatives Anwachsen der "Schattenarbeit" gegenübersteht (deren Erfassung natürlich besondere methodische Schwierigkeiten bietet.). Des Weiteren muss die Gesetzgebung und Praxis der schweizerischen Einwanderungspolitik untersucht werden, die die Strukturen des Arbeitskräfteangebots (nach Branchen, Qualifikati-onsgruppen, Regionen u.a.) in hohem Masse bestimmt.

2.2. Die arbeitsteilig-organisatorische Dimension der Arbeitswelt: Branchen, Berufszweige, Betriebsstätten und Stellenpositionen

2.2.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Gliederung der Arbeitswelt in verschiedene (private und öffentliche) Branchen-sektoren und Betriebsstätten verschiedener Grösse. Quantitativer Umfang verschiedener Be-rufs- und Qualifikationsgruppen (z.B. Ungelernte, Facharbeiter und Professionelle) und hierar-chischer Positionsgruppen (Kader, Führungskräfte usw.). Veränderungen in der Nachfrage nach verschiedenen Berufen durch Wandlungen in der Nach-frage nach verschiedenen Produkten und Dienstleistungen oder aufgrund technisch-organisatorischer Entwicklungen (z.B. Rationalisierung der industriellen Fertigung, Büroautoma-tion usw. Entstehung neuer Berufsbilder und Verschwinden hergebrachter Berufe. Angebotsseitig: Veränderungen im Bestand verschiedener Berufskategorien und Qualifikations-gruppen aufgrund von Berufspräferenzen der Schulabgänger, in Gang befindlichen Ausbil-dungsprozessen, Bereitschaft der Erwerbstätigen zum Berufswechsel usw. Möglichkeiten der Einwirkung auf die quantitative Besetzung verschiedener Berufskategorien (z.B. durch vermehrte Information, Berufsberatung, zusätzliche Ausbildungs- und Umschulungs-angebote usw.).

2.2.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse. Dramatische Änderungen der Nachfrage entstehen momentan auch durch grossangelegte Un-ternehmensreorganisation, wie sie beispielsweise unter dem Stichwort der "lean production" und des "lean management" im doppelten Interesse der Kostensenkung und der Flexibilisie-rung der Entscheidungs- und Betriebsabläufe betrieben werden. Im Falle der Schweiz hat bei-spielsweise die innerhalb weniger Monate vollzogene Restrukturierung der ABB in 5000 Profit Centers , die von der Aufhebung von über 3000 zentralen Stabsstellen begleitet war, weltweit grosse Beachtung gefunden.8

7 vgl. dazu: Vollmer, R. Die Entmythologisierung der Berufsarbeit. Westdeutscher Verlag Opladen 1986, 276.

8Peters Tom, Jenseits der Hierarchien. ECON-Verlag, Düsseldorf 1993: 85.

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Von der weiteren Verbreitung derartiger Reorganisationsstrategien dürfte wesentlich abhän-gen, welche Aufstiegschancen den Kaderkräften unserer Wirtschaft (im Linien- und Stabsbe-reich) noch offenstehen. Die Verbreitung von Computern und computergestützten Fertigungstechnologien (z.B. CNC-Maschinen) hat zur Folge, dass auch die kleinen und kleinsten Betriebe - wie sie für unsere heimische Wirtschaft traditionell typisch sind - einem raschen und dramatischen Wandel ihrer Betriebsabläufe und beruflichen Rollenstrukturen unterliegen. Mit dem Eindringen dieser Technologien in den Dienstleistungsbereich werden auch Branchen mit bisher eher traditioneller Produktionsweise (z.B. Handel, Banken und Versicherungen) von noch nicht absehbaren Wellen der Arbeitsrationalisierung erfasst, so dass sie nicht mehr wie bisher bereit sein werden, die von der Industrie freigesetzten Arbeitskräfte zu absorbieren. Es müssen differenzierte statistische Erhebungsinstrumente entwickelt werden, um die sich wandelnde "Arbeitslandschaft" in einem mehrdimensionalen Kategoriensystem von Tätigkeits-arten zu erfassen.9 Dabei gilt zu beachten, dass diese modernen Technologien immer weniger eine ganz spezifische Form der Arbeitsteilung erzwingen, sondern in steigendem Masse ver-schiedene Optionen (z.B. bezüglich der Verteilung von qualifizierten Arbeitsgängen auf höhere und niedrige Positionen) eröffnen.10 Deshalb muss sich die Forschung zentral darauf ausrichten, derartige Alternativen sichtbar zu machen, damit sie in Unternehmen, Verbänden und der Öf-fentlichkeit diskutiert werden können. Auf der Angebotsseite gilt es, die in der Bevölkerung verbreiteten - Präferenzen und Abneigungen gegenüber verschiedenen Branchen und Berufstätigkeiten, - Vorstellungen über die zukünftigen Chancen, Arbeit zu finden und Karriere zu machen, zu untersuchen, von denen sich die Einzelnen bei ihren Mikroentscheidungen über die Wahl ihres Bildungswegs, ihres Berufs und Arbeitgebers leiten lassen. In praxisbezogener Hinsicht stellt sich die Frage nach geeigneten Massnahmen, um die Bevöl-kerung über aktuelle und künftige Wandlungen der Nachfrageseite zu informieren, bzw. um die individuellen Ausbildungs- und Berufsentscheidungen damit besser in Übereinstimmung zu bringen.

2.3. Die statusdistributive Dimension der Arbeitswelt: Selektionskriterien bei der Rekrutierung und Promotion von Arbeitskräften.

2.3.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Relevanz verschiedener persönlicher Merkmale von Bewerbern (Alter, Ge-schlecht, Nationalität, Bildungsausweis, Familienverhältnisse etc.) bei der Besetzung von offe-nen Stellen, bei Beförderungen von Mitarbeitern sowie bei Entlassungen. Diskriminationspraktiken gegenüber Frauen, Ausländern, Behinderten, HIV-Positiven usw.

9 Dabei könnte man sich beispielsweise auf das flächendeckende Raster von Arbeitstätigkeiten abstützen, das von

der Prognos AG im zusammenhang mit dem deutschen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ent-wickelt wurde. Vgl. dazu: v. Rothkirch, C. /Weidig I. Die Zukunft der Arbeitslandschaft nach Umfang, tätigkeiten und Qualifikationen bis zum Jahr 2000, Nürnberg 1985). Vorbildlich (trotz eindeutiger Mängel) ist auch der in den USA vom "Federal Bureau of Labor" betreute "Dictionary of Occupational Titles" (DOT), der seit Jahrzehnten die Basis für fruchtbare Forschungen im Bereich der Arbeits-und Berufssoziologie bildet und vor allem für diachrone Längsschnittuntersuchungen geeignet ist. 10

vgl. z. B. zum Fall der CNC-Maschinen: Kelley M.R. New Process Technology, Job Design and Work Organization: A Contingency Model (Americal Sociological Review 55, 1990, 191-208).

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Auswirkungen verschiedener personeller Evaluationsverfahren auf die Rekrutierung (Psycho-tests, Vorstellungsgepräches, Einschaltung von Personalberatungsinstitutionen usw.). Wandel dieser Rekrutierungskriterien aufgrund des aktuellen Überangebotes an Arbeitssuchen-den, sowie aufgrund von Veränderungen bei den Anforderungsprofilen oder in der informellen Firmenkultur. Evaluation verschiedener Massnahmen zur Veränderung von Rekrutierungsprak-tiken (z.B. im Sinne der "Frauenförderung" oder der Eingliederung von Behinderten). Angebotsseitig: Wahrnehmung und Beurteilung der vorherrschenden Selektions- und Diskrimi-nierungspraktiken aus der Sicht der Arbeitnehmer. Anspruchshaltungen hinsichtlich "Gerechtig-keit" (bzw. "Gleichheit") bei den Zugangschancen zu verschiedenen Berufen und Positionen. Faktische berufliche Eintritts- und Aufstiegschancen sowie biographische Karriereverläufe von Erwerbstätigen in Abhängigkeit von Geschlecht, Nationalität, Ausbildungsniveau usw. 2.3.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Die Chancen und Risiken, mit denen sich verschiedene Kategorien von Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sehen, hängen wesentlich von den Auswahlkriterien ab, denen die Unternehmen im Falle von Neueinstellungen und Beförderungen einerseits, sowie bei Ent-lassungen andererseits den Vorzug geben. Im Vergleich zu den Zeiten der Hochkonjunktur und der angespannten Beschäftigungslage ha-ben derartige Fragen heute an Bedeutung sehr stark gewonnen, weil sich die Unternehmen bei Stellenausschreibungen oft einer Vielzahl von Bewerbungen gegenübersehen und deshalb in der Lage sind, vielerlei zusätzliche Selektionskriterien (Alter, Geschlecht, Nationalität, familiäre Situation, berufliche Vorerfahrungen u.a.) zur Geltung zu bringen. So erscheint es nicht ausgeschlossen, dass viele Firmen beispielsweise

- Bewerber oberhalb gewisser Altersgrenzen überhaupt nicht mehr in Erwägung ziehen, - Alleinverdiener gegenüber Doppelverdiener aus sozialen Gründen den Vorzug geben, - sich auf Kandidaten mit ganz spezifischen beruflichen Ausbildungsgängen und Vorerfah-

rungen konzentrieren. Hinzu kommen momentan vielerlei technisch und organisatorisch bedingte Wandlungen in der Einstellungspraxis, die beispielsweise zur Frage Anlass geben, wie sich der berufliche Stellen-wert eines akademischen Studiums verändert, welche Beschäftigungsmöglichkeiten den Frauen in Zukunft noch zur Verfügung stehen, oder in welchen Bereichen zukünftig stärker damit zu rechnen ist, dass ältere Jahrgänge durch Frühpensionierung vorzeitig aus dem Arbeitsprozess ausgegliedert werden. So besteht aus verschiedener (z.B. ökonomischer, bildungs- oder sozialpolitischer) Sicht ein dringender Bedarf nach systematischen empirischen Untersuchungen, die über aktuelle Wand-lungen und sich abzeichnende zukünftige Entwicklungen in der Rekrutierungspraxis der Unter-nehmen Aufschluss geben. Generell hängt die ökonomische Funktionsweise von Arbeitsmärkten sehr weitgehend von "Segmentierungen" ab, die beispielsweise zur Folge haben, die beispielsweise aus der man-gelnden Mobilität der Erwerbstätiger oder aus systematischen Diskriminierungen (nach Ge-schlecht, Alter, Nationalität usw.) resultieren.11 Über die im schweizerischen Arbeitsmarkt vorherrschenden Segmentierungen sind bisher keine gesicherten Erkenntnisse verfügbar, obwohl sie die notwendige Grundlage für alle ökonomi-schen Arbeitsmarktmodelle bilden.

11

vgl. z.B. Kalleberg Arne L. /Berg, Ivar Work Structures and Markets (in: Farkas, George /England Paula (eds.) In-dustries, Firms and Jobs, Plenum Press, New York/London 1988, 3-17).

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Vor allem muss geklärt werden, inwiefern die in den USA entwickelten Vorstellungen eines "dualen Arbeitsmarktes"12 auch in unserem Lande anwendbar sind (bzw. ob neuerdings Ent-wicklungen in diese Richtung festgestellt werden können)

2.4. Die räumlich-geographische Dimension der Arbeitswelt: Standortwahl, Mobilität und Telekommunikation

2.4.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Verteilung der Betriebsstätten und Arbeitsplätze nach Sprachregionen, Kanto-ne, Städte, Landregionen und Berggebiete. Veränderungen in der räumlichen Verteilung der Arbeitsplätze aufgrund von Wandlungen in den Verkehrs- und Kommunikationstechnologien, den politisch-institutionellen Rahmenbedin-gungen (Besteuerung, Bau- und Planungsrecht) oder den lokalen Arbeitskräfteangeboten. Angebotsseitig: Bereitschaft der Erwerbstätigen zur Inkaufnahme längerer Arbeitswege oder zum berufsbedingten Wohnortwechsel. Massnahmen zur gezielten Veränderung der geographischen Arbeitslandschaft (z.B. durch Be-einflussung der Standortwahl von Unternehmungen oder der Mobilität von Arbeitnehmern). 2.4.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Von der geographischen Verteilung der angebotenen Arbeitsplätze hängt es beispielsweise ab, welche Siedlungsstrukturen und Stadt-Land-Verhältnisse sich in unserer Gesellschaft ausbilden, welche Verkehrsbelastungen aufgrund des täglichen Pendelverkehrs entstehen und welche Arbeitsmarktbedingungen die Betriebe vorfinden und welche Mobilitätsanforderungen den Arbeitnehmern aufgebürdet werden. Nach allgemeiner wissenschaftlicher Lehrmeinung muss in Zukunft mit erheblicheren und ra-scheren räumlichen Verschiebungen der Arbeitsplätze als in früherer Zeit gerechnet werden, weil die Faktoren, die die "Standortgunst" von Unternehmen beeinflussen, einem raschen Wechsel unterliegen und weil sich technisch-ökonomisch bedingte Standortbindungen tenden-ziell verringern. So stellt sich intensiver als früher die Frage, in welchem Masse sich Firmen (bzw. auch öffentli-che Institutionen) bei ihrer Standortwahl von Gegebenheiten des lokalen Kontexts beeinflussen lassen und welche politischen (z.B. fiskalischer oder planungsrechtlicher Art) auf regionaler, kantonale oder kommunaler Ebene für eine Steuerung der Arbeitsplatzverteilung in frage kommen. Dank neuer Telekommunikationstechnologien sind neue Freiheitsgrade hinsichtlich der räumli-chen Allokation der Arbeitsplätze entstanden: so dass die Standorte von Firmen und deren Be-triebszweigen , Büros usw. immer weniger von technologischen Zwängen bestimmt sind, son-dern von verschiedensten betriebsökonomischen Faktoren (z.B. "lean production") wie auch sozio-kulturellen und psychologisch bedingten Präferenzen. (vgl. Evans 1982)13 Deshalb stellt sich die Frage, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Firmen be-reit sind, unter Ausnützung der neuen technischen Möglichkeiten beispielsweise "Satellitenbü-

12

vgl. Jacobs, Jerry A. /Breiger Ronald L. Careers, Industries and Occupations (in: Farkas, george /England Paula (eds.) Industtries, Firms and Jobs, Plenum Press, New York/London 1988, 43-63). 13

Evans J. Arbeitnehmer und Arbeitsplatz (in: Friedrichs, G./Schaff,A. Auf Gedeih und Verderb. Mikroelektronik und Gesellschaft, Europa Verlag Wien 1982, 169-200)

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ros" und häusliche Telearbeit einzuführen oder interbetriebliche Kooperation über weite Dis-tanzen hinweg zu realisieren. Angebotsseitig stellt sich - von höchster Bedeutung für die Funktionsweise des schweizerischen Arbeitsmarktes - ist die Frage nach der Bereitschaft der Erwerbstätigen zur geographischen Mobilität. Inwiefern gilt beispielsweise auch für unser Land die in Deutschland konstatierte Regularität, dass die Bereitschaft zum berufsbedingten Wohnortwechsel ständig sinkt?14 Welche Anreize wären geeignet, die Mobilität zu erhöhen und mit den Nachfragebedingungen der verschiedenen Gemeinden und Regionen in bessere Übereinstimmung zu bringen? Weiter stellt sich die Frage nach der Akzeptanz von Standortverlagerungen der Arbeitsplätzen, wie sie momentan beispielsweise in der Emigration grosser Banken und Versicherungen von der City in Vorortsgemeinden sichtbar werden.

2.5. Die "qualifikatorische" Dimension der Arbeitswelt: Ausbildung, Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten

2.5.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Anforderungsprofile verschiedener Arbeitsrollen und Berufe hinsichtlich for-maler Ausbildung, informell erworbener Kenntnisse und Erfahrungen sowie persönlich-charakterlicher Begabungen und Kompetenzen. Wandel dieser Anforderungen unter dem Einfluss technischer-organisatorischer Neuerungen sowie aufgrund veränderter Produkte, Kundenbedürfnisse und Marktbedingungen der Betrie-be. Qualifikationsdefizite und Qualifikationsüberschüsse in verschiedenen Branchen, Betrieben, Betriebsabteilungen und Funktionsrollen. Alternative Gestaltungen der technisch-organisatorischen Arbeitsprozesse unter dem Gesichts-punkt des Bedarfs nach verschiedenen Qualifikationen. Angebotsseitig: Aktuelle Verbreitung verschiedener Qualifikationsstufen und -formen in der Erwerbstätigen Bevölkerung. Zukünftige Veränderungen dieses Angebots aufgrund in Gang be-findlicher Prozesse beruflicher Ausbildung und Erfahrungsgewinnung sowie aufgrund der Wün-sche und Bereitschaften verschiedener Personen, bestimmte Qualifikationen (hinzu-) zu erwer-ben. 2.5.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse In einer rohstoffarmen Volkswirtschaft wie der Schweiz hängt die Wertschöpfung in besonde-rem Masse davon ab, dass a) zur Besetzung der nachgefragten Arbeitskräfte adäquat qualifizierte Personen zur Verfü-gung stehen b)dank eines reichlichen Angebots an fähigen Arbeitskräften anspruchsvolle Tätigkeitsbereiche (z.B. der Forschung und Entwicklung) innerhalb der Schweiz aufrechterhalten oder weiter aus-gebaut werden können. Unter "adäquater Qualifikation" darf keinesfalls einfach eine "maximale schulische Ausbildung" verstanden werden, weil es gilt, den höchst unterschiedlichen (und sich ständig wandelnden Fähigkeitsanforderungen verschiedener Tätigkeiten (insbesondere auch in ausserschulischen

14

vgl. z.B. Vollmer, Randolph, Die Entmythologisierung der Berufsarbeit. Westdeutscher Verlag Opladen 1986, 141ff.)

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Qualifikationen wie z.B. langjährigen Berufserfahrungen, manuelle Geschicklichkeit, Zuverläs-sigkeit, Team- und Führungsfähigkeit usw.) Rechnung zu tragen.15 Auf technologischer Ebene trägt vor allem die rasche Verbreitung der Mikroelektronik dazu bei, dass sich die Anforderungsprofile der meisten Berufe momentan und in absehbarer Zukunft dramatischen Wandlungen unterliegen Manches spricht beispielsweise dafür, dass theoretisches Arbeitswissen immer bedeutsamer wird, während Erfahrungsqualifikationen in den Hintergrund treten: so dass die Tendenz be-steht, immer mehr Positionen (z.B. Meisterstellen) mit "Semi-Akademikern" anstatt Facharbei-tern besetzt werden. 16 Bezüglich der Frage, ob im Bereich industrieller Produktion Entwicklungen der Dequalifizierung, der Requalifizierung oder der "Polarisierung der Qualifikationen" überwiegen, hat auch die aus-ländische Forschung bisher keine hinreichende Klarheit geschaffen.17 Da diese Entwicklungen nicht deterministisch mit Technologie verknüpft, sondern von der kul-turell spezifischen Weise des Technologieeinsatzes abhängig sind18, müssen in jedem Land (also auch in der Schweiz) eigene Untersuchungen durchgeführt werden, um die vorherrschenden Trends zu eruieren. Auf der andern Seite mögen "soziale Kompetenzen" (Kommunikationsfähigkeit, Durchset-zungsfähigkeit etc.) zunehmende Bedeutung zu erlangen, weil die Produktivität einer (hoch-technisierten) Firma immer mehr von der Qualität ihres inneren Betriebsklimas und ihr Markt-erfolg zunehmend von der Qualität ihrer externen Kundenbeziehungen abzuhängen scheint.19 Angesichts der Vielschichtigkeit der nachgefragten Qualifikationen stellt sich auch die Erhebung der Qualifikationsangebote als ein anspruchsvolles wissenschaftliches Problem, weil es gilt, über die formellen Ausbildungsabschlüsse hinaus vielerlei informellen und ausserberuflichen Formen der individuellen Qualifizierung (z.B. im Rahmen von Vereinsarbeit, Abendkursen oder autodidaktischen Lernprozessen) Rechnung zu tragen. Arbeitgeber sind bei ihren Standort- und Investitionsentscheidungen auf zuverlässige Informa-tionen über momentane und zukünftige Qualifikationsangebote angewiesen, um voraussehen zu können, welche Arbeitsplätze mit adäquatem Personal besetzt werden können. Im Hinblick auf die zukünftige Gestaltung betrieblicher Arbeitsprozesse und Rollenstrukturen stellt sich vor allem die Frage, inwiefern verschiedene Kategorien von Arbeitnehmern an vielseitigen und an-spruchsvollen Tätigkeitsrollen überhaupt Interesse haben.20

15

vgl. Geser H. Eine funktional-morphologische Theorie der berufsqualifikationen (Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, 7, 1981, 399-417) 16

vgl. Heidegger G. et al. Berufsbilder 2000. Soziale Gestaltung von Arbeit, Technik und Bildung. Mensch und Technik. Sozialverträgliche Technikgestaltung , Band 18, Westdeutscher verlag Opladen 1991, 467). 17

vgl. Bloch, I. /Bürli-Ruf, M. Technologischer Wandel und betriebliche Weiterbildung, Lizentiatsarbeit, Zürich 1993, 144ff.) 18

vgl. z.B. Rolff, H.G. Technologieentwicklung und Arbeitsorganisation als Ausgangspunkte für eine Neufassung des Bildungsbegriffs (in: Lisop I. (Hrsg.) Bildung und neue Technologien, Band 5, G.A.F.B. Frankfurt am Main 1986,49-70; 56). 19

vgl. Peters, Tom Jenseits der Hierarchien. ECON-Verlag, Düsseldorf 1993: passim. 20

vgl. zu dieser Kontroverse z.B. Kieser A. /Kubiceck, H. Organisation, Walter de Gruyter, Berlin 1983, 448f; Latt-mann Ch. Menschengerechte Arbeitsgestaltung. (in: Lattmann Ch./Staffelbach B. (Hrsg.) Die Personalfunktion der Unternehmung im Spannungsfeld von Humanität und wirtschaftlicher Rationalität. Physica Verlag, Heidelberg 1991: 181-212)

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22

2.6. Die "edukative" Dimension der Arbeitswelt: Berufliche Ausbildung, Weiter-bildung und Umschulung

2.6.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Umfang und Formen der beruflichen Bildung, die von verschiedenen Bran-chen, Berufsverbänden und einzelnen Arbeitgebern (z.B. Unternehmen, Verwaltungen u.a.) auf der Ebene der Berufslehre sowie im Rahmen berufsbegleitender Weiterbildungs- und Umschu-lungskursen angeboten werden. Veränderungen dieses Angebots aufgrund technisch-organisatorischer und ökonomischer Ent-wicklungen , sowie aufgrund der herrschenden Vorstellungen über den zukünftigen Bedarf nach beruflichen Qualifikationen. Angebotsseitig: Bereitschaften verschiedener Personengruppen in der Bevölkerung, von diesen Angeboten beruflicher Aus- und Weiterbildung Gebrauch zu machen oder sich für neue Berufs-tätigkeiten umschulen zu lassen. Bereitschaften und Möglichkeiten der Arbeitgeber, ihre Aus- und Weiterbildungsangebote

a) unter dem Gesichtspunkt makroökonomischer und zukünftiger Anforderungen b) im Hinblick auf veränderte Bedürfnislagen und Schulungsbereitschaften der Bevölkerung zu modifizieren.

2.6.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft hängt unbestritten in hohem Umfang davon ab, welche Möglichkeiten beruflicher Qualifizierung von den Unterneh-mungen auf der Ebene der Grundausbildung (Lehre), der beruflichen Weiterbildung (z.B. für Kader- und Führungskräfte) und der beruflichen Umschulung (z.B. in Hinblick auf neue Techno-logien) angeboten werden. Angesichts des raschen Wandels der Technik, der Produktmärkte und der Konkurrenzbedin-gungen (WTO, EU etc.) stellt sich heute entschiedener als jemals die Frage, ob dieses Angebot, das die Firmen freiwillig und nach Massgabe ihrer einzelbetrieblichen Möglichkeiten und Be-dürfnisse zur Verfügung stellen, den makroökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Zu-kunftsanforderungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht genügt. Aufgrund der gegenwärtigen Rezession hat diese Frage eine zusätzliche Aktualität gewonnen, weil

- einerseits zusätzliche Bedürfnisse nach Weiterbildung und Umschulung entstanden sind, um für Arbeitslose günstigere Chancen der Wiederbeschäftigung zu schaffen,

- andererseits damit zu rechnen ist, dass zahlreiche Firmen aus Kostengründen derarti-ge Angebote reduzieren.21

So besteht ein dringender Bedarf nach umfassenden empirischen Untersuchungen, die über aktuelle Entwicklungstendenzen im beruflichen Ausbildungsangebot sowie über die von den Unternehmen in Aussicht genommenen Veränderungen informieren. Derartige Untersuchungen könnten Aufschluss darüber geben,

a) welchen Rekrutierungsproblemen sich die Unternehmen in Zukunft bei ihrer Suche nach qualifizierten Mitarbeitern gegenübersehen,

b) wo und auf welche Weise der Staat subsidiär tätig werden soll, um Defizite im privaten Be-

21 So hat das Amt für Berufsberatung des Kantons Zürich im Jahre 1992 einen (rezessionsbedingten) Rückgang des

Lehrstellenangebots um nicht weniger als 25% registriert. (vgl. NZZ 14.6.1993,17).

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rufsbildungssystem durch eigene, öffentliche Angebote wettzumachen oder um die Privat-unternehmen zu einem grösseren (bzw. zeitgemässeren) Ausbildungsangebot zu motivieren.

Auf der anderen Seite haben die veränderten ökonomischen Bedingungen wahrscheinlich auch bewirkt, dass die Schule ihre beruflichen Ausbildungspläne und die bereits Erwerbstätigen ihre Bereitschaften zur beruflichen Weiterbildung und Umschulung erheblich geändert haben. Es ist logisch naheliegend - aber empirisch keineswegs bewiesen - dass Erwerbstätige auf den Erwerb langwieriger Qualifikationen immer mehr verzichten, weil sie angesichts der unsicheren Zukunft vieler Berufe immer mehr daran zweifeln, "ob die Investition sich lohnt". Jedenfalls ist die Erforschung solcher Entwicklungen notwendig, um zu wissen, welche berufli-chen Bildungsangebote momentan und in Zukunft auf hinreichendes Interesse stossen.

2.7. Die temporale Dimension der Arbeitswelt: Umfang, Rhythmus und Variabi-lität der Arbeitszeiten

2.7.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Umfang der vertraglich fixierten sowie der faktisch geleisteten Arbeitszeiten. Allokation der Arbeitsleistung im Tages- Wochen- und Jahreszyklus. Verbreitung von Schicht- Wochenend-, Überstunden- und Kurzarbeit. Grad der Variabiliät und Flexibilität im geforderten Arbeitseinsatz. Veränderungen der Arbeitszeitregelungen und realen Arbeitszeiten aufgrund von Massnahmen der Flexibilisierung (Gleitzeit, Kapovaz etc.), sowie infolge von Veränderungen in den technisch-organisatorischen Arbeitsprozessen und den ökonomischen Marktverhältnissen. Faktische Verbreitung (und zukünftige Akzeptanz) verschiedener Modelle der Arbeitsumverteilung durch Job Sharing, Viertagewoche etc.) Angebotsseitig: Einstellung der Erwerbstätigen zu verschiedenen Formen der Regelung (bzw. Deregulierung) der Arbeitszeit. Präferenzen verschiedener Bevölkerungsgruppen für flexible Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Teilzeitarbeit usw. Bereitschaft zum Lohnverzicht zugunsten kürze-rer Arbeitszeiten. 2.7.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Das tägliche Verkehrsaufkommen auf Ausfallstrassen, die Belegungsrate öffentlicher Schwimmbäder, die Kundenfrequenz in Einkaufsgeschäften oder die Gästezahl in Ferienhotels - dies sind einige der zahlreichen Phänomene, die ganz offensichtlich von der in der Gesell-schaft üblichen Gestaltung der Arbeitszeit abhängig sind. Sehr viel weniger als beispielsweise noch in den 60er Jahren kann man heute davon ausgehen, dass die Vollzeitstelle mit ihrem regelmässigen Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus die übli-che Norm bildet, während z.B. Schicht-, Teilzeit- oder Temporärarbeit nur am Rande (bzw. nur in charakteristischen Bereichen wie Verkehr, Tourismus , Kliniken u.a.) vorkommt. Schon seit längerem sind Bestrebungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Gang, die in verschiebbaren täglichen Anwesenheitszeiten ebenso wie in Regelungen zum "Arbeitseinsatz auf Abruf", in teilzeitlichen und befristeten Anstellungsverhältnissen oder in Regelungen der Früh- oder Teilpensionierung ihren Ausdruck findet. Solche Regelungen beeinflussen beispielsweise die Chance, dass Hausfrauen mit Kleinkindern allenfalls dennoch eine begrenzte, ihren Möglichkeiten entsprechende Arbeitsstelle finden,

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oder dass es Mitgliedern öffentlicher Milizbehörden und Kommissionen gelingt, regelmässig vollzählig zu den Sitzungen zu erscheinen. Überdies scheinen sich die Diskrepanzen zwischen (gesetzlich oder vertraglich fixierten) "Re-gelarbeitszeiten" und den faktischen Arbeitszeiten aus verschiedenen Gründen ständig zu er-höhen: zum Beispiel weil durch Entlassungen reduzierte Belegschaften einer grösseren Pro-Kopf-Belastung unterliegen, oder weil neue "integralistische" Unternehmensphilosophien Wei-teranstellung und Aufstieg von einem praktisch unbegrenzten Einsatzwillen abhängig ma-chen.22 So besteht seitens der Öffentlichkeit wie auch der Politik, der Wirtschaftsverbände und ver-schiedener Branchen ein Interesse an Untersuchungen, die über aktuelle sowie zukünftig zu erwartende Wandlungen in der Arbeitszeit der Erwerbstätigkeiten (bzw. verschiedener Arbeit-nehmerkategorien) Aufschluss geben. Im Gegensatz zu Deutschland, wo sich die Gewerkschaften neuerdings der Erforschung sich wandelnder Arbeitszeitregelungen angenommen haben23, liegen in der Schweiz bisher keine Studien vor, die über die Verbreitung (und weitere Ausbreitungstendenz) verschiedener Flexibi-lisierungsformen (Gleitzeit, Kapovaz etc.) Aufschluss geben würden. Im Hinblick auf gezielte politische Interventionen in diesem Bereich wäre es überdies wichtig, die Bedingungen zu erforschen, unter denen verschiedene Arbeitgeber beispielsweise bereit wären, vermehrt Teilzeitstellen für Studenten, Hausfrauen und rüstige Rentner anzubieten oder durch neue Formen der "Arbeitsumverteilung" zur Reduktion der Arbeitslosenrate beizu-tragen. Angebotsseitig besteht Im Hinblick auf die von den Arbeitgebern bereits vorgenommenen oder geplanten Flexibilisierungsmassnahmen ein dringender Bedarf nach Untersuchungen, die (ähn-lich wie z.B. der Bericht "Arbeitszeit '87" des Landes Nordrhein-Westfalen24) über Arbeitszeit-präferenzen der Erwerbstätigen differenziert Aufschluss geben. So ist bisher nicht geklärt, inwiefern sich sich Bemühungen um weitere Arbeitszeitverkürzungen auf eine breite Zustimmung der Arbeitnehmer abstützen können, oder ob sie zur Folge haben , dass diese ihr Arbeitskraftangebot vermehrt in die informelle "Schattenwirtschaft" verlagern. Mit Blick auf die zukünftige Arbeitszeitpolitik der Verbände und einzelnen Arbeitgeber wären zudem die ausserberuflichen Auswirkungen verschiedener Arbeitszeitregelungen zu erfor-schen, die in Veränderungen der individuellen Freizeitgestaltung, des Familienlebens sowie der Partizipation in Politik und freiwilligen Vereinigungen zum Ausdruck kommen.

2.8. Die remunerative Dimension der Arbeitswelt: Mechanismen der Lohnbil-dung und Einkommensdifferenzierung.

2.8.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Kollektivvertragliche und einzelvertragliche Regelungen und Praktiken bei der Festlegung von Löhnen und Gehältern und allen andern Formen finanzieller Honorierung (z.B. zweite Säule) und naturaler Remuneration (z.B. kostenlose Freizeiteinrichtungen, vergünstigter Bezug von Firmenprodukten usw.).

22

Peters, Tom Jenseits der Hierarchien, ECON-Verlag, Düsseldorf 1993: passim. 23

vgl. Smentek, Martin, Arbeitszeit-Flexibilisierung. VSA-Verlag, Hamburg 1991. 24

Arbeitszeit '87. Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, Düsseldorf 1987.

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Veränderungen in der Bedeutung verschiedener Kriterien der Lohndifferenzierung (z.B. Ausbil-dungsniveau, Dienstalter, Lebensalter, Geschlecht, hierarchisches Niveau, Leistung, Belastun-gen am Arbeitsplatz, Gewinnlage des Unternehmens, Region u.a.) aufgrund von Veränderungen auf der technisch-organisatorischen Ebene (=Qualifikationsanforderungen, Verantwortung usw.) oder auf der kulturell-normativen Ebene (gesetzliche Vorschriften, ethische Vorstellun-gen von "Lohngerechtigkeit" u.a.). Formen, Voraussetzungen und Konsequenzen lohnwirksamer Verfahren der Leistungsmessung und Mitarbeiterqualifizierung. Elastizitäten der Lohnniveaus und der Lohndifferenzierungen gegenüber Veränderungen in den Nachfrage- und Angebotsverhältnissen. Angebotsseitig: Einstellungen der Bevölkerung gegenüber den aktuell geltenden Regelungen der Entlöhnung und ihren momentanen Wandlungsprozessen. Verbreitungsgrad verschiedener Vorstellungen von "Lohngerechtigkeit" und Präferenzen für verschiedene Kriterien der Lohndif-ferenzierung (z.B. Berufserfahrung, Arbeitsleistung, familiäre Verhältnisse, Gleichstellung der Geschlechter usw.) bei verschiedenen sozialen Schichten. Sensibilität der Erwerbstätigen ge-genüber ökonomisch bedingten Lohnkürzungen. Akzeptanz und Ablehnung verschiedener Massnahmen der Lohnflexibilisierung. 2.8.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Entlöhnungssysteme werden gegenwärtig auf breiter Basis "dereguliert" : in dem Sinne, dass formell fixierte oder gewohnheitsrechtlich gewachsene Normen (bezüglich Teuerungsausgleich, Dienstalterszulagen etc.) ausser Kraft gesetzt werden und die Erwerbseinkommen in höherem Masse von der Leistung des Einzelnen oder von der Ertragslage der Gesamtfirma abhängig werden. Anstelle umfassender kollektivvertraglicher Regelungen dominieren immer mehr kleinformati-gere Verträge und Praktiken - mit der Folge, dass ein immer grösserer empirischer Erhebungs-aufwand betrieben werden muss, um über aktuelle Regelungen (und deren Entwicklungen) eine Uebersicht zu gewinnen. Bisher fehlt es in der Schweiz weitgehend an Untersuchungen, in denen die verschiedenen Be-stimmungsgründe personaler Lohneinkommen (Bildung, Dienstalter, Berufserfahrung usw.) eruiert worden wären - eine Fragestellung, zu deren Klärung vorbildliche ausländische Modell-untersuchungen zur Verfügung stehen.25 Angesichts der zunehmenden Verbreitung "individueller" (anstatt genereller) Lohnzumessun-gen besteht ein dringender bedarf nach Information darüber, welche Verfahren der Mitarbei-terqualifizierung angewendet werden und welche Konsequenzen (bezüglich Arbeitsleistung, Motivation u.a.) damit verbunden sind. Schliesslich fehlt es an zuverlässigen Grundlageninformationen über das Ausmass nachfrage- und angebotsbedingter Lohnflexibilitäten, von denen es abhängt, welche ökonomischen Ein-kommens-, Beschäftigungs-, Konjunktur- und Wachstumstheorien für die Schweiz Geltung ha-ben. Seitens der Erwerbstätigen (und ihrer Gewerkschaften und Berufsverbände) sind ebenfalls er-hebliche Wandlungen in Gang, die sich auf die Bewertung verschiedener Entlöhnungsformen

25

unter vielen anderen z.B. DiTomaso, Nancy, Income Determination in Three Internal Labor Markets (in: Farkas, George/ England Paula (eds.) Industries, Firms and Jobs. Sociological and Economic Approaches, Plenum Press, New York / London 1988,217-242).

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und Kriterien der Lohndifferenzierung beziehen. Besonders bedeutsam ist momentan die Fra-ge, inwiefern a) Forderungen nach "Gleichstellung" (insbesondere der beiden Geschlechter) gegenüber an-deren Kriterien der Einkommensbemessung (z.B. familiäre Bedürftigkeit, Leistungsbewertung usw.) zunehmend in den Vordergrund zu treten; b) die in den letzten Jahren wieder angewachsenen vertikalen Einkommensunterschiede (Z.B. zwischen Managern und unteren Angestellten) weit verbreitete Unzufriedenheit erzeugen.

2.9. Die psycho-soziale Dimension der Arbeitswelt: Emotionale Einbindungen und interpersonelle Beziehungen.

2.9.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Analyse der Arbeitsrollen unter dem Gesichtspunkt der Chancen sozialer Kon-takte, zwischenmenschlicher Beziehungen und emotionaler Identifikation. Wandel dieser Bedingungen aufgrund räumlicher Standortverlagerungen von Arbeitsplätzen, betrieblicher Reorganisationsmassnahmen (z.B. Verschiebungen zwischen Einzel- und Grup-penarbeit) und technischen Innovationen (z.B. Informatisierung). Voraussetzungen und Konsequenzen der Realisierung neuer Modelle der Arbeitsorganisation, die erhöhte soziale Integrationschancen bieten (z.B. Wechsel von Fliessband- zu Teamproduk-tion). Angebotsseitig: Bedürfnisse und Erwartungen verschiedener Kategorien von Erwerbstätigen in Hinblick auf soziale Kontaktchancen und Beziehungen am Arbeitsplatz. Präferenzen der Erwerbstätigen für verschiedene Gestaltung der Arbeitsorganisation (Teamar-beit, Grossraumbüro u.a.) und für den Umgang mit verschiedenen Mitarbeitern (bezüglich Ge-schlecht, Alter, Nationalität usw.)

2.9.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Aus den gravierenden psychologischen Folgeproblemen, die mit Entlassung und länger andau-ernder Arbeitslosigkeit einhergehen, wird deutlich, wie sehr auch heutige Menschen ihre per-sönliche Identität und psychische Stabilität mit der Ausübung einer Berufsarbeit verbinden. Ein grosser Teil dieser Wirkungen entsteht daraus, dass die Berufsarbeit Gefühle sozialer Zuge-hörigkeit (z.B. zu einem Betrieb oder einem Arbeitsteam) sowie vielfältige soziale Kontaktchan-cen und Kommunikationsgelegenheiten vermittelt, die für den Aufbau des persönlichen Be-kannten- und Freundeskreises (bis hin zur Bildung lebenslanger Partnerschaften) grösste Be-deutung haben. Eine umfangreiche internationale Forschungsliteratur belegt, in welch hohem Umfang derartige Chancen psycho-sozialer Bedürfnisbefriedigung von Gegebenheiten des Arbeitsprozesses ab-hängig sind, die sich im Zuge technisch-organisatorischer Entwicklungen ständig wandeln. Für Hunderttausende von heimischen Erwerbstätigen haben sich die sozialen Kontaktchancen und kommunikativen Gewohnheiten am Arbeitsplatz beispielsweise aufgrund des Überwech-selns zur Bildschirmarbeit innerhalb der vergangenen zehn Jahre drastisch verändert. Detaillierte Global- und Sektoralstudien müssen klären, ob die vielzitierte These von der irre-versibel anwachsenden "Vereinsamung am Arbeitsplatz" zutrifft, und in welchem Umfange daraus Gefühle subjektiver Frustration oder gar Zustände anhaltender Depressivität entste-hen.

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Andererseits spricht vieles dafür, dass die informellen Beziehungen zwischen Mitarbeitern mit wachsender Technisierung der Arbeitsabläufe an relativer Bedeutung gewinnen und insbeson-dere die Rolle des Vorgesetzten sich von instrumentellen auf sozio-emotionale Aspekte ver-schiebt (vgl. z.B. Hoefert 1989:260).26 So haben Jäggi und Wiedemann bereits sehr früh (1963) auf die Tatsache hingewiesen, dass z.B. Bank- und Versicherungsangestellte im Zuge der Informatisierung betriebsinterner Abläufe "freie Valenzen" gewinnen, die sie für den Ausbau von Kundenkontakten oder betriebsinterner Kommunikationen nutzbar machen können.27 Ebenso hat die neuere Verbreitung von Teams und Gruppen zum Zwecke der Ideenkonzipie-rung, Entscheidungsfindung, Planung und Arbeitsgestaltung (z.B. "Brain Trusts" "Sponti-Gruppen", "Qualitätszirkel" etc.) dazu beigetragen, dass den Mitarbeitern erhöhte Möglichkei-ten sozialer Einbindung geboten werden.28 Andererseits fehlt es nicht an Hinweisen, dass im Zuge wachsender Stellenunsicherheit in man-chen Betrieben ein rauhes Klima des "Verdrängungswettbewerbs" um sich greifen kann, das sich für alle Beteiligten als Belastung erweist. Auf der Angebotsseite muss erforscht werden, in welchem Umfang verschiedene Kategorien von Erwerbstätigen mit ihrer Arbeit im Allgemeinen (und ihrer gewählten Berufstätigkeit im besonderen) Erwartungen sozialer Integration und emotionaler Befriedigung verbinden. In der Schweiz erweist sich diese Frage als besonders vielschichtig, weil es gilt, den unterschied-lichen Einstellungen verschiedener ethnischer Gastarbeitergruppen Rechnung zu tragen. Möglicherweise gilt auch für die Schweiz der im Deutschland der 80er Jahre erhärtete Befund, dass "kommunikative Tugenden" (z.B. Offenheit, Teambereitschaft, Toleranz, Menschenkennt-nis) bei den Erwerbstätigen an Bedeutung stark gewonnen haben ?29 Die momentane Rezession liefert die willkommene Möglichkeit, im Lichte solcher Entwicklun-gen Untersuchungen über die psychologischen und (psychosomatischen) Konsequenzen der Arbeitslosigkeit durchzuführen, um Klarheit über die immensen immateriellen Kosten längerer Erwerbslosigkeit zu gewinnen. Inwiefern sind verschiedene Integrationsmassnahmen (z.B. Schulungskurse, "Übungsfirmen", Freizeitprogramme) geeignet, derartige negative Wirkungen zu verhindern ?

2.10. Die humanistische Dimension der Arbeitswelt: Autonomie, Selbstverwirk-lichung und Mitbestimmung

2.10.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Analyse von Arbeitsplätzen, Betriebsformen und Unternehmensstrukturen unter dem Gesichtspunkt, welche Chancen für selbständige Arbeitsgestaltung und Selbstver-wirklichung sowie für wirksame Mitsprache und Mitbestimmung sie verschiedenen Kategorien von Mitarbeitern bieten.

26

Hoefert, H.W. Der Mensch in der Organisation. Verlag Dr. Götz Schmidt, Giessen 1989. 27 Jäggi U, Wiedemann H. Der Angestellte im automatisierten Büro.Stuttgart: Kohlhammer, 1963 28

Vgl. z.B. Jürgens, U. The Transfer of Japanese Management Concepts in the International Automobile Industry (in: Wood, St 8ed.) The Transformation of Work? Unwin Hyman, London 1989, 204-218; 212). 29

Schmidtchen, G. Neue Technik- neue Arbeitsmoral. Eine sozialpsychologische Untersuchung über die Motivation in der Metallindustrie. Köln 1984.

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28

Wandel dieser Chancen persönlicher Entfaltung aufgrund von Änderungen der Technologie , der Arbeitsorganisation oder der Unternehmungsführung sowie von Entwicklungen in den Marktbedingungen und auf der Ebene interorganisationeller Kooperation. Realisierungschancen für verschiedene Massnahmen mit dem Ziel, diese Chancen zu erhöhen und auf breitere Kreise von Mitarbeitern auszudehnen. Angebotsseitig: Verbreitung verschiedener Bedürfnisse und Erwartungen nach "Selbständig-keit", "Selbstverwirklichung" und "Mitbestimmung" unter der erwerbstätigen Bevölkerung. Veränderung derartiger Bedürfnisse durch intergenerationellen Wandel oder im Laufe des Le-benszyklus von Individuen. Bereitschaften zur aktiven Partizipation an Institutionen der Mitsprache und Mitbestimmung auf Abteilungs- Betriebs- und Unternehmensebene. 2.10.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Mit der Arbeitsrolle verbinden sich bei den meisten Erwerbstätigen bestimmte Ansprüche nach "Selbstverwirklichung", deren Realisierungschancen davon abhängig sind, in welchem Ausmass sie sich in der Arbeitstätigkeit autonom Verhalten und auf die Arbeitsgestaltung in ihrem be-trieb (oder gar auf die strategischen Ziele des Unternehmens) Einfluss nehmen können. Während die in den 70er Jahren geführten Diskussionen über "Mitbestimmung" momentan stark in den Hintergrund getreten sind, wird der Frage, welche Autonomiechancen und Mög-lichkeiten der Selbstverwirklichung mit einem Arbeitsplatz gebunden sind, eine unverminderte (und infolge des Aufkommens "postmaterialistischer" Werte wohl sogar gesteigerte) Bedeu-tung beigemessen. Internationale Vergleichsstudien haben gezeigt, dass die durchschnittliche "Selbständigkeit am Arbeitsplatz" in den meisten westliche Ländern eher steigt, in Deutschland hingegen sinkt30 - ein Widerspruch, der auch in der Schweiz eigene Untersuchungen erforderlich macht. Im Rahmen vielfältiger Reorganisationsmassnahmen (Vorschlagswesen, Überwechseln zu "par-tizipativem Management", divisionale Dezentralisierung und profit centers, Einrichtung von "Qualitätszirkeln" usw.) haben die Unternehmensleitungen selber im betriebsökonomischen Interesse breitere Mitwirkungsmöglichkeiten geschaffen, über deren aktuelle Verbreitung und zukünftige Expansionschancen bisher keine klaren Erkenntnisse verfügbar sind. Die Ausbreitung der "lean production" mag andererseits viele in den letzten Jahrzehnten an-gewachsene Autonomiespielräume wieder in Frage stellen, weil die Fertigungsprozesse von minutiösen Koordinationsvorgängen abhängig werden.31 Die Selbstverwirklichungschancen von Erwerbstätigen werden schliesslich - vor allem auf Ka-der- und Direktionsebene - sehr stark davon abhängen, ob die Unternehmungen eher ein auf ökonomische Ziele eingeengtes Selbstverständnis aufrechterhalten oder oder sich dem gesell-schaftlichen Umfeld gegenüber in generellerer Weise mitverantwortlich fühlen. 32 Der bisher vorherrschende Eindruck, dass das schweizerische Management nach wie vor einem eng ökonomistischen Denken verpflichtet sei, kann sich bisher nur auf relativ magere impressi-onistische Erkenntnisse stützen.33

30

vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth/ Strümpel, Burkhard Macht Arbeit krank? Macht Arbeit glücklich?. Eine aktuelle Kontroverse Piper, München 1984. 31

Benz, Markus, Human Resources Management, Lizentiatsarbeit Zürich 1993, 61. 32

Herman, E. S. Corporate Control, Corporate Power. Cambridge: Cambridge University Press 1981. 33

Benz, M. op. cit 63.

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29

Auf der Angebotsseite des Arbeitsmarkts herrscht momentan grosse Ungewissheit darüber, in welchem Umfang Erwerbstätige verschiedener Schicht- und Altersgruppen mit ihrer Berufsar-beit überhaupt Erwartungen nach Autonomie, Selbstverwirklichung und weiterer Mitbestim-mung verbinden. Dementsprechend fehlt den Arbeitgebern die nötige Information darüber, welche Potentiale an kreativen Ideen und Leistungsbereitschaft durch restriktive Formen der Arbeitsorganisation und betrieblicher Führung verlorengehen, und welche Angebote der Mit-sprache und Mitentscheidung auf hinreichendes Interesse stossen würden.

2.11. Die kulturelle Dimension der Arbeitswelt: Arbeitsethik, Werthaltungen und Verhaltensstile

2.11.1 Themenfeld Nachfrageseitig: Vergleichende Analyse von Regionen, Branchen, Unternehmen und Betrieben unter dem Gesichtspunkt ihrer "Arbeitskultur": d.h. ihrer formellen und informellen Normen bezüglich Wertorientierungen der Arbeit, Leistungserwartungen, Firmenloyalität, Führungsstile, Verhalten am Arbeitsplatz usw. Wandel dieser Normen und Erwartungen unter dem Einfluss technisch-organisatorischer Ent-wicklungen oder makrokultureller Entwicklungen (Oeko-Management, "Japanisierung" usw.). Angebotsseitig: Werthaltungen und Gesinnungen der erwerbstätigen Bevölkerung gegenüber der Arbeit sowie gegenüber Betriebsstätten und Unternehmen. Veränderungen dieser Einstellungen aufgrund von Wandlungen der familiären Sozialisation, intergenerationellem Kulturwandel oder durch immigrationsbedingte Veränderungen in der ethnischen Zusammensetzung der Arbeitnehmer. 2.11.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse Im Vergleich zu den 50er und 60er Jahren hat sich heute die Einsicht durchgesetzt, dass die Entwicklungen der industriellen (bzw. postindustriellen) Arbeitswelt in vieler Hinsicht keines-wegs nach universellen, überall auf der Welt ähnlichen Gesetzmässigkeiten verlaufen, sondern durch die jeweiligen lokalen, nationalen und regionalen Kulturen eine starke Prägung erhalten. So hat sich beispielsweise das "Fordistische" Produktionsparadigma als eine eher auf den ame-rikanischen Kontinent begrenzte Form sozio-technischer Organisation erwiesen, die beispiels-weise im zentraleuropäischen Raum gegenüber kleinbetrieblich-gewerblich geprägten Produk-tionsweisen nie die Oberhand gewann.34 Insofern mit solch kulturspezifischen Arbeits- und Produktionsformen komparative Kosten- oder Qualitätsvorteile (oder gar Monopolrenten auf exklusive Güter oder Dienstleistungen) verbunden sind, werden sie im Zuge der weltweiten Handelsliberalisierung keineswegs abge-baut, sondern im Gegenteil noch verstärkt. 35 Vieles spricht überdies dafür, dass im Zuge der technischen Entwicklung immer weitere Spielräume für kulturspezifische Arten der Arbeitsor-ganisation und Berufsrollengestaltung entstehen.36 In genereller methodischer Hinsicht bedeutet diese kulturelle Prägung, dass in der Schweiz (wie in jedem anderen Land) umfangreiche eigene Forschungen angesetzt werden müssen, weil aus-ländische Forschungsergebnisse nur begrenzt übertragbar sind.

34

vgl Piore, M. /Sabel C. The Second Industrial Divide: Possibilities for Prosperity. New York: Basic Books 1984. 35

vgl. dazu:.Kambly O. A. Zunehmende Freiheit in der Wahl des unternehmerischen Standorts. Neue Zürcher Zei-tung , 16. Januar 1991:39. 36

Evans J. Arbeitnehmer und Arbeitsplatz (in: Friedrichs, G./Schaff,A. Auf Gedeih und Verderb. Mikroelektronik und Gesellschaft, Europa Verlag Wien 1982, 169-200).

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Auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarkts müssen Unternehmungen, Kliniken, Anstalten und Verwaltungsbeamter sind immer auch Träger spezifischer Betriebskulturen betrachtet werden, die sich beispielsweise im herrschenden "Betriebsklima" und dem praktizierten "Führungsstil" der Vorgesetzten, in der Architektur der Gebäude und der Ausstattung der Arbeitsräume sowie in den von den Arbeitgebern verbindlich fixierten Wertorientierungen und kollektiven Zielset-zungen und den daraus abgeleiteten normativen Erwartungen an die Arbeitnehmer widerspie-geln.37 Auch solche Betriebskulturen sind in den letzten Jahren in den Sog sich beschleunigen-der Wandlungsprozesse geraten. So haben in die Unternehmensphilosophien beispielsweise vermehrt ökologische Werthaltungen Eingang gefunden und viele sehr moderne und erfolgrei-che Firmen verfolgen ein Konzept, das von allen Mitarbeiten ein sehr hohes Niveau an Unter-nehmensidentifikation, Risikobereitschaft, Kundenorientierung und devoter Leistungsbereit-schaft fordert (vgl. z.B. Benz 1993)38 Hinzu kommt, dass in der heutigen Zeit des globalen Wettbewerbs eine neuartige "Konkurrenz der Unternehmenskulturen" eingesetzt hat, deren Ergebnis wahrscheinlich darin besteht, dass in Zukunft neuartige "Synkretismen" vorherrschend werden, dass in die Kultur schweizerischer Unternehmungen vermehrt Elemente amerikanischer und japanischer Provenienz Eingang fin-den. 39 Auf der Angebotsseite muss - im Einklang mit Max Weber - davon ausgegangen, dass nicht nur individuelle Leistungsbereitschaften, sondern die Wertschöpfungsprozesse der gesamten Volkswirtschaft in äusserst weitreichendem Masse von moralischen Gesinnungen und Normen abhängig sind, die in ihrer Gesamtheit als "Arbeitsethik" bezeichnet werden müssen. Internationale Vergleichsstudien (z.B. die Untersuchung "Jobs in the 80s") haben beispielswei-se gezeigt, dass die subjektive Bedeutung der Arbeit (z.B. als Quelle von Lebenssinn und Le-bensfreude) relativ raschen - aber auch stark kulturspezifisch geprägten - Wandlungen unter-liegt40, oder dass das Angebot an weiblichen Erwerbstätigen tiefgreifend von Veränderungen in den Formen familiären Zusammenlebens abhängig ist.41 Da solche Entwicklungen in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich (und teilweise gar ge-gensätzlich) verlaufen42, ist es unverzichtbar, auch für die Schweiz detaillierte empirische For-schungen durchzuführen. Verschiedene empirische Befunde aus anderen westlichen Ländern sprechen für eine Ausbrei-tung postmaterialistischer Werthaltungen, die zu Distanznahme der jüngeren Generation ge-genüber den traditionellen Werten der einkommens- und aufstiegsorientierten Leistungsbe-reitschaft führen. 43 Hinzu kommt, dass immer breitere Bevölkerungsschichten in "wirtschafts-fernen" Berufen (z.B. als Lehrer, Sozialarbeiter, Verwaltungsbeamte) tätig sind und deshalb den

37

Zur zunehmenden Gewichtung der "Firmenkultur" als wirtschaftlichem Produktionsfaktor vgl. Vollmer R. Die Entmythologisierung der Berufsarbeit, Westdeutscher Verlag Opladen 1986, 290) 38

Benz, Markus, Human Resources Management, Lizentiatsarbeit, Zürich 1993, 44) 39

Zur Diffusion japanischer Unternehmenskultur in westlichen Ländern vgl. z.B. Jürgens, U. The Transfer of Japa-nese Management Concepts in the International Automobile Industry (in: Wood, St 8ed.) The Transformation of Work? Unwin Hyman, London 1989, 204-218) 40

vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth/ Strümpel, Burkhard Macht Arbeit krank? Macht Arbeit glücklich?. Eine aktuelle Kontroverse Piper, München 1984). 41

vgl. z.B. Vollmer R. Die Entmythologisierung der Berufsarbeit, Westdeutscher Verlag, Opladen 1986, 132ff.) 42

vgl. dazu: Vollmer R. Die Entmythologisierung der Berufsarbeit. Westdeutscher Verlag Opladen 1985: 81). 43

Pawlowsky, P. Arbeitsorientierungen zwischen neuen Ansprüchen und alten Strukturen (in: Klipstein von M. /Strümpel B. (Hrsg.) Gewandelte Werte - erstarrte Strukturen. Verlag Neue Gesellschaft 1986, 155-178).

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Problemen und Leistungsforderungen der Wirtschaft relativ verständnislos, indifferent oder gar ablehnend gegenüberstehen.44 Dies wären Entwicklungen, die zur obgenannten "neukonservativen" Leistungsideologie mo-derner Firmen im diametralen Widerspruch stehen würden. Trotz immenser Forschungsliteratur hat man bisher über das Ausmass derartiger Wertewand-lungen keine schlüssigen Erkenntnisse gewonnen - geschweige denn darüber, ob sie auch in Zeiten rückläufiger Löhne und Beschäftigung erhalten bleiben. Generell ist die Verbreitung verschiedener kultureller Einstellungen zur Arbeitswelt (Leistungs-ethik, Gewichtung materieller und immaterieller Bedürfnisse, Stellenwert der Arbeit in der ge-samten Lebensführung usw.) sehr heterogen und unübersichtlich geworden, da die verschie-denen Alterskohorten je verschiedene Wertorientierungen ausprägen (und möglicherweise lebenslang beibehalten), und verschiedenste Wertmuster und Lebensstile zur freien Auswahl nebeneinander koexistieren. So sind differenzierte Sektoralstudien notwendig, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass sich in verschiedenen sozialen Gruppen simultan höchst unterschiedliche (eventuell gar gegen-sätzliche) Wertwandlungen vollziehen können. (Zum Beispiel mag einer wachsenden berufli-chen Distanznahme der Männer eine verstärkte Berufsorientierung der Frauen gegenüberste-hen). Im Falle der Schweiz kommt hinzu, dass viele Betriebe Arbeitskräfte verschiedenster ethnischer Herkunft rekrutieren, die sich auch in ihrer Leistungsorientierung und ihrer Akzeptanz verschie-dener Unternehmenskulturen stark voneinander unterscheiden. Dementsprechend lässt sich in der Schweiz besonders gut die - natürlich weltweit interessierende - Frage untersuchen- unter welchen Voraussetzungen es gelingt, Mitarbeiter aus sehr verschiedenen Kulturräumen in ei-nen harmonischen und effizienten Arbeitsprozess zu integrieren.

2.12 Die sozio-politische Dimension der Arbeitswelt: Staatliche Gesetzgebung, kollektive Regelungen und Sozialpartnerschaft.

12.1 Themenfeld Staatliche Arbeits- und Sozialgesetzgebung auf Bundes- Kantons- und Gemeindeebene. Formel-le Beziehungsstrukturen, Regulierungen, Entscheidungsprozesse und Konfliktlöseverfahren auf der Ebene der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie im Verhältnis zwischen Verbän-den und politisch-administrativen Instanzen (Bundesrat, Parlament, BIGA, Kantonsregierungen usw.). Informelle Normstrukturen und Umgangsformen der Sozialpartner und öffentlichen In-stanzen (Vertrauensverhältnisse, Verhandlungskultur, Konfliktbereitschaft, Normen der "Opfer-symmetrie" usw.). Wandel dieser formellen und informellen Verhältnisse aufgrund von Verän-derungen der allgemeinen (heimischen und internationalen) Wirtschaftslage, der Branchen-strukturen und Unternehmensformen sowie der allgemeinen politischen Kultur. 2.12.2 Aktuelle Problemlagen und Forschungsbedürfnisse

44

In diesem Zusammenhang wird von verschiedener Seite die Auffassung vertreten, dass die "alte" Klassenspal-tung zwischen Unternehmern und Arbeitern heute durch eine neue Spaltung ersetzt worden sei, bei der sich "steuerzahlende" Gruppen (=Erwerbstätige der Privatwirtschaft) und "steuerverbrauchende" Gruppen (öffentlich Bedienstete, Stipendiaten, Fürsorgeempfänger u.a.) gegenü¨berstünden. Vgl. dazu: Alber, J. Modernisierung, neue Spannungslinien und die politischen Chancen der Grünen (Politische Vierteljahresschrift 3, 1985, 211-226); Brint, St. "New Class" and Cumulative Trend Explanations of the Liberal Political Attitudes of Professionals (American Journal of Sociology, 90, 1984, 30-71)

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Die innere wirtschaftliche Stabilität der Schweiz und ihrer vorteilhafte Stellung auf den Export-märkten ist wesentlich an das über Jahrzehnten gewachsene System institutioneller Arbeitsbe-ziehungen gebunden, das durch relativ konfliktfreie und hoch kooperative Beziehungen zwi-schen den Sozialpartnerverbänden und staatlichen Akteuren gekennzeichnet ist. Viele Indizien sprechen bereits seit den 70er Jahren (verstärkt aber seit der jüngsten Rezession) dafür, dass dieses System an seine Belastungsgrenzen gestossen ist und in der jetzigen Form möglicherweise nicht in der Lage sein wird, die zukünftigen Herausforderungen zu bestehen. So gibt es Hinweise, dass verbandliche Übereinkünfte immer stärker durch divergente Abma-chungen auf der Ebene einzelner Firmen unterlaufen werden, und dass eine Relativierung der traditionellen "Vertragstreue" eingetreten ist, die das austarierte System formeller und infor-meller Normen zum Einsturz bringen könnte. Ebenso ist evident, dass aufgrund wachsender Arbeitslosigkeit eine Schwerpunktsverschiebung zur staatlichen Sozialpolitik (bzw. gar zur kommunalen Fürsorgepolitik) eingetreten ist und dass die wachsende Heterogenität und Volatilität individueller Arbeits- und Lebenssituationen die Aufgabe der Verbände, kollektiv verallgemeinerbare Standpunkte zu artikulieren, zunehmend erschwert. Schliesslich ist unbestreitbar, dass heute neue Herausforderungen auf die Sozial-partnerverbände zukommen: etwa die Aufgabe, auf die zukünftige Technikgestaltung der Pro-duktionsprozesse Einfluss zu nehmen.45 Es sind auf Dauer gestellte Forschungsprojekte not-wendig, um diese Entwicklungen genau zu verfolgen und mit Blick auf analoge Vorgänge in an-dern westlichen Ländern zu evaluieren.

45

vgl. Greifenstein, R./Jansen P. / Kissler L. Neue Technologien und Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Mensch und Technik. Sozialverträgliche Technikgestaltung, Band 21, Westdeutscher Verlag Opladen 1991, 20.

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3. Kapitel: Vorschlag für ein Pilotprojekt „Früherkennung von Verän-derungen der Beschäftigungsnachfrage.“

Im Hinblick auf die praktische Realisierung der vorhin skizzierten Arbeitsweltforschung stellen sich zwei grundlegende Fragen:

1) Auf forschungstechnischer Ebene: Inwiefern bestehen die objektiven Voraussetzungen, die zur Gewinnung systematischer und zuverlässiger Informationen notwendig sind? Ist es auf-grund der vorhandenen Datenbasis möglich, repräsentative Stichproben von Erwerbstätigen oder von Betriebsstätten zu ziehen? Sind die Informanten bereit, die erfragten Auskünfte zu erteilen und sich nicht bloss an punktuellen, sondern eventuell auch an periodisch wiederkeh-renden (Panel-)Befragungen mitzubeteiligen.

2) Auf forschungsökonomischer Ebene: Wie umfangreich sind die Mittel (an Geld, Personal, Or-ganisation, Bearbeitungszeiten u.a.), die angesichts der hohen Komplexität und Dynamik der schweizerischen Arbeitswelt zur Durchführung umfassender Erhebungen veranschlagt werden müssen?

Ist es möglich, die neuen Forschungen auf der Basis bereits bestehender Institutionen (eventu-ell unter Generierung neuer Formen der Kooperation) zu realisieren, oder müssen zusätzliche Institutionen geschaffen werden?

Diese Ungewissheiten sind deshalb besonders gross, weil mit dem Desiderat der "Früherken-nung" (bzw. der "Prospektive") ambitiöse, über klassische Erhebungen des Ist-Zustandes weit hinausgehende Erkenntnisziele gesetzt worden sind, die nur mit Hilfe relativ neuartiger, bisher weniger erprobter Erhebungsstrategien erreichbar sind.

Deshalb drängt es sich auf, die Realisierbarkeit solcher Forschungsziele an Hand eines exempla-rischen Pilotprojekts zu testen, dessen Zielsetzung darin besteht, innerhalb eines sehr begrenz-ten Problembereichs aktuell ablaufende sowie innerhalb der nächsten Zeit in Aussicht stehende Entwicklungen zu diagnostizieren.

Es erscheint naheliegend, die Entwicklung der quantitativen Beschäftigungsnachfrage in den Mittelpunkt zu stellen, weil momentan ein unbestreitbares öffentliches Interesse besteht, die zukünftige Entwicklung der Arbeitslosigkeit (bzw. auch. der Kurzarbeit, Teilzeitbeschäftigung u.a.) zu prognostizieren und genauer zu wissen, welche Branchen und Kategorien von Erwerbs-tätigen in welchem Umfang davon betroffen sind.

Ebenso erscheint es empfehlenswert, den vorgesehenen Praktikabilitätstest nicht anhand einer völlig neu konzipierten, sondern einer im Ausland bereits erprobten Art der Untersuchung zu vollziehen: weil dies die Möglichkeit bietet, die Risiken des Scheiterns gering zu halten und aus bereits akkumulierten Forschungserfahrungen Nutzen zu ziehen.

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