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F ORUM A LPENVEREIN Jan Mersch Nicole Slupetzky Hans Heiss Reinhold Messner Josef Klenner

Die Spirale dreht sich weiter - erlebnis-berg.com · Die zusammengefassten und beschriebe-nen alpinsportlichen Betätigungen – zwi-schen Bouldern und Everest – fanden im Zei-traum

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FFOORRUUMM

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Die zusammengefassten und beschriebe-nen alpinsportlichen Betätigungen – zwi-schen Bouldern und Everest – fanden im Zei-traum Januar 2005 bis März 2006 statt. Für diefolgenden Jahresrückblicke ist dann immerder 21. März des laufenden Jahres der Stich-tag. Dadurch schiebt sich das Betrachtungs-fenster des alpinistischen Jahresrückblicksnäher an die Gegenwart heran und die langePatagonien-Saison ist besser zu erfassen.

Eine weitere Veränderung gegenüber denVorjahren besteht in der detaillierten Be-trachtung eines Bereichs bzw. einer alpinenTradition, die in den Ländern der Heraus-geber beheimatet ist. In diesem Jahr ist derFokus auf die aktuelle Situation im sächsi-schen Elbsandstein scharf gestellt und dieklettersportliche Entwicklung im Elbsand-steingebirge wird vertieft behandelt. Dafürist allerdings der internationale Bogen nichtmehr so detailliert und umfassend gespannt.

Grundsätzlich ist das allgemeine alpin-sportliche Niveau ungemein hoch. Eine Be-steigung des Everest gehört heute zum gu-ten Ton in den oberen Gesellschaftsschich-ten, Sportklettern bis 8c ist normal, beimWasserfallklettern steht man Schlange inden Meisterstücken der letzten Winter undM 10 ist genau der richtige Schwierigkeits-grad zum Aufwärmen für die Profis.

Die Beurteilung der Spitzenleistungenwird durch die ungemein hohe Leistungs-dichte erschwert. Was ist bemerkenswert:8c+ eines Profis oder 20 Wasserfälle im Eis-grat 6 eines Normalbürgers?

Die im folgenden dargestellten Abenteuer,Leistungen und Heldentaten, stellen denVersuch dar, die unterschiedlichen Spielfor-men des alpinistischen Treibens im High EndBereich exemplarisch darzustellen. Ein An-spruch auf Vollständigkeit besteht nicht.

ExpeditionIm Allgemeinen versteht man unter Ex-

pedition eine Entdeckungsreise in uner-forschtes Gebiet. Abgeleitet vom lateini-schen »expeditio« – Erledigung, Feldzug –ergibt sich auch die Bedeutung einer He-rausforderung im sportlichen, technischenoder logistischen Sinn. Im sportlichen Zu-sammenhang gilt es als inneres Ziel, seinepersönliche physische oder psychische Leis-tungsgrenze zu erleben, oder als Ziel mitAußenwirkung etwas zu tun, was so nochniemand getan hat. In der Regel sind Ex-tremsportler (und eben auch Expeditions-bergsteiger) keine waghalsigen Draufgän-ger, sondern Spitzensportler, die an ihreGrenzen gehen, aber nicht darüber hinaus.Sie bereiten ihre Projekte und Expeditionensehr gut vor (Ausrüstung, Team, Ernährung,Sportmedizin, Wetter, Gelände, Navigation,Notfallmanagement, Rettungsgeräte, etc.).

Im alpinistischen Zusammenhang wirdunter dem Begriff Expedition sehr Unter-schiedliches subsummiert. Höhenbergstei-gen, Kletterreisen in unerschlossene Ge-biete, alpines Bergsteigen in unzugäng-lichen oder exponierten Regionen. Durchden Einsatz von Satellitentelefonen und diebedingte Verfügbarkeit von Helikoptern istdie Abgeschiedenheit selbst im hinterstenWinkel der Erde heute de facto nicht mehrgegeben, außer man legt sie sich selbst auf.Sogar in den höchsten Wänden an den8000ern kann man heute die aktuelle lokaleWetterprognose abfragen und bei Schwie-rigkeiten Verbindung zum Rest der Weltaufnehmen. Eindrücklich war die Heli-kopterbergung eines slowenischen Solo-kletterers aus der Rupalflanke am NangaParbat aus einer Höhe von ca. 6000 m. – DieBesucherzahlen seiner Homepage warensensationell.

Dementsprechend breit gefächert istheute das eingegangene Commitment, derEinsatz und damit das Risiko. Die Stilfragerückt gerade bei den Expeditionen immermehr in den Vordergrund der Herange-hensweise der Aktiven wie auch der kom-mentierenden alpinen Öffentlichkeit. Auf-erlegter Verzicht und Selbstbeschränkungwerden neben dem Explorationsgedanken,dem Wagnis echtes Neuland zu betretenoder einen innovativen Zugang im Bestei-gungsstil zu versuchen, immer mehr zumQualitätsmerkmal einer Unternehmung,neben der reinen technischen Schwierigkeit.

Große Wände mit immer längeren,schweren Routen in minimalistischem Al-pinstil zu begehen gilt als »State of the art«.Dabei müssen die Kletterer die klassischenalpinen Fähigkeiten mit den Techniken desSportkletterns und der Taktik der Speed-begehungen verknüpfen.

Höhenbergsteigen über 7500 mSteve House und Vince Anderson gelingt

in einem Meisterstück an Purismus im al-pinen Superleichtstil die Erstbegehung ei-ner neuen und direkten Route in der Ru-palflanke am Nanga Parbat, 8125 m. AnfangSeptember durchsteigen die beiden US-

Amerikaner den »Zentralpfeiler«, 5.9 M5X WI4, Wandhöhe 4100 m und lösen damiteines der letzten großen Probleme im Hi-malaya. Seit Jahrzehnten verfeinerte Housedie Taktik und Herangehensweise, um imechten Alpinstil hohe Wände zu durchstei-gen. Kompromisslos gelingt die Umsetzungam Nanga Parbat. Nach einem vorange-gangenen Versuch 2004, gelingt dem Zwei-Mann-Team die Durchsteigung dieser tech-nisch anspruchsvollen Wand in nur sechsTagen bis zum Gipfel. Auf der letzten, leich-teren Etappe zum Gipfel reduzieren sie ihrMaterial nochmals. Nur mit einer 5mmReepschnur, minimalster Biwakausrüstungund einem Rucksack erreichen sie spät denGipfel und kämpfen sich in zwei Tagen übereine leichtere Route zurück ins Tal. Die Ver-leihung des Piolet d´Or 2006 für diesen al-pinistischen Meilenstein lässt keine Dis-kussionen aufkommen.

Ähnlich gekonnt erreichen die beidenKasachen Denis Urubko und Serguey Sa-moilov auf neuer Route durch die lawi-nengefährdete SW-Wand, 2500 m, M6+,nach 6 Tagen im alpinen Stil am 25.07. denGipfel des Broad Peak, 8047.

Mit der Traversierung vom Nordgipfel,7199 m, zum Zentralgipfel des Chomo Lon-

Die Spirale dreht sich weiterHerausragende alpinsportliche Leistungen der letzten Saison

VON JAN MERSCH

BERG 2007BERG 2007 289288 FORUM ALPENVEREIN DIE SPIRALE DREHT SICH WEITER

Das alpinistischeHighlight des Jahres:eine Erstbegehung in derRupalflanke am NangaParbat durch SteveHouse und VinceAnderson.Foto: Steve House

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zo, 7540 m, bei hohen technischen Schwie-rigkeiten gelingt den Franzosen YannickGraziani, Christian Trommsdorf und PatrickWagnon die Erstbesteigung von zwei rechthohen jungfräulichen Gipfeln in Tibet.

Gerlinde Kaltenbrunner (A), Ralf Duj-movits (D) und Hirotaka Takeuchi (J) durch-steigen bei relativ unangenehmen Bedin-gungen mit viel Neuschnee, die Shisha-pangma Südwand auf der Britenroute imAlpinstil. Damit setzt das Trio seine ein-drücklichen Begehungen und Versuche anden höchsten Bergen fort. Gerlinde ist dieerste Frau, der eine Begehung der Südwandgelingt (siehe Beitrag Gaby Funk, S. 120).

Gerfried Göschl (A) gelingt die Bestei-gung zweier Achtausender, Shisha Pangmaund Everst (ohne Sauerstoff), innerhalb ei-ner Saison über die Normalrouten.

Schwere Routen an hohen BergenDie zwei jungen Slowaken Jozef Kopold

und Gabo Cmarik, beide Anfang 20, legenein beeindruckendes Zeugnis über ihre harteslowakische »Alpinschule« ab. In der S-

Wand des Großen Trangoturm begehen siein 90 SL »Assalam Aleikum«, 8 A2, im purenAlpinstil mit minimalster Ausrüstung.

Der Schweizer Ueli Steck beweist seineAusnahmestellung mit der SoloaktionKhumbu Express im April 2005. Alleine be-geht er in zwei Tagen die schwierige Nord-wand des Cholatse, 6440 m, und hängt kurzdarauf noch als Morgenlauf vor dem Früh-stück die Durchsteigung der Ostwand desTawoche, 6505 m dran. Den Gipfel hatte seitfünf Jahren keiner mehr erreicht.

Mick Fowler und Chris Watts haben auch2005 wieder im typisch britischen Stil zuge-schlagen. Die Erstbesteigung des Kajaqiao,6447 m, das »Matterhorn« Nyainquentagliasim Osten Tibets, im Wunderland der unbe-stiegenen 6000er, im Alpinstil, 6 Tage rauf –3 Tage runter, 1,5 m Neuschnee, -20°, 80erWind, Lawinensurfen im Zelt: Hört sich nachbritischen Spezialitäten an.

In der gleichen Ecke Tibets gelingt demSchweizer Gabriel Voide die Erstbesteigungdes Namla Karpo, 6316 m, über den Nord-westpfeiler (6+ WI5, 1600 m).

Ein junges Team des DAV-Expeditions-kaders kann in Charakusa (Karakorum)einige Gipfel besteigen und sich im steilenGranit versuchen. Driffika, 6447 m, Sulo,5900 m, Beatrice, 5450 m, und Nasser,5300 m, werden mehrfach erklettert.

Im selben Gebiet gelingt Hans Mitterer(D) und Cedric Hählen (CH) im Alpinstildie erste Besteigung des Farol Hauptgipfels,6370 m, über den Westpfeiler. Die Mannendes DAV waren hier kurz zuvor abgeblitzt.

Patagonien, Alaska und ähnlichesDen Italienern Alessandro Beltrami, Ro-

lando Garibotti und Ermanno Salvaterra ge-lingt vom 11.11. bis zum 13.11.05 im Alpin-stil ohne zusätzliche Fixseile mit »El Arcade los Vientos« die Erstbegehung der CerroTorre Nordostwand. Damit lösen sie einesder letzten großen Patagonienprobleme.Auf weiten Teilen verläuft die 1200 m langeRoute, Schwierigkeiten 5.11 A1 90°, auf dervon Maestri seit 1959 proklamierten Linie,die er mit Toni Egger begangen haben will.

Begehungsspuren finden die drei Italienerauch im oberen Wandteil nicht.

Den deutschen Profibergsteigern StefanGlowacz und Robert Jasper glückt im drit-ten Jahr des Werbens und Mühens »VomWinde verweht« am Cerro Murallon, dersich mitten im Inlandeis erhebt. Hartnäckigsind sie zu ihrem Traum zurückgekehrt undoperieren von einer Eishöhle am Wandfußaus. Auf den ersten 10 Längen bringen sieneue Fixseile an. Nach einer Sturmpause ge-lingt ihnen in zwei langen Tagen, bei denensie sich teilweise den vom Sturm zerfetztenFixseilresten des Vorjahrs anvertrauen, dieVollendung dieser schwierigen Route, 27 SL,7c+ A2 M4 (siehe Beitrag Glowacz, S. 130).

Alexander Huber (D) und Stephan Sie-grist (CH) legen in die 850 m hohe Südwandder Aguja Desmochada die Neutour »Gol-den Eagle«, 24 SL, 5.11+ A1. Ohne vorherigeErkundigungen dauert der Roundtrip vomBridwellcamp aus keine 36 Stunden.

Die 2004 mit vielen Fixseilen erstbegan-gene »Linea di Eleganza« am Fitz Roy er-hält die erste Wiederholung und gleichzei-tige freie Begehung. Tommy Caldwell, Top-her Donahue und Eric Roed sind 50 Stun-den vom Rio Blanco Lager aus und zurückunterwegs, um alle Seillängen der 1250 mlangen Route frei zu klettern, 5.12+ M7.

In Peru können Marco Prezelj (SLO) undSteve House (USA) nach einem kletter-sportlichen Akklimatisationsprogramm(Onsight-Wiederholungen an La Esfinge,5325 m, bis 7c+) in 16 Stunden Roundtripeine Erstbegehung in die Westwand desCayesh, 5719 m, legen, 6b M7+ und den Ita-lienerpfeiler am Taulliraju, 5830 m, in zweiTagen komplett frei begehen, M6+.

In Alaska gelingt der Seilschaft Turgeon/Ménard (CAN) am Mt. Bradley, 2775 m,»Spice Factory«. In 47 Stunden erklettern sieim Alpinstil die 1600 m, Bewertung AlaskaGrad 5, WI5 M/ 5.10R.

KletterexpeditionenEin internationales 7-Mann-Team begeht

in 19 Tagen 31 SL an den Angel Falls, Vene-zuela. Ihre Route »Rainbow Jambaya« hängt

insgesamt gute 50 m über und wird mit5.13R oder E7 6b bewertet. Bohrhaken kom-men nur an den Biwakplätzen zum Einsatz.

Pauli Trenkwalder und Helli Gargitterklettern im Alpinstil an einem Tag »Shu-kran« am Jebel Misht im Oman. Die Schwie-rigkeiten der 1000 m liegen bei VII, Bohr-haken kommen nicht zum Einsatz.

Daniel Gebel und Freunde erschließenam Tsaranoro-Massiv auf Madagaskar mit»Tough enough«, 500 m, 8b A3+ wahr-scheinlich die schwerste Mehrseillängen-Route in Afrika. Eine Darminfektion ver-hindert die komplette Befreiung der Linie.

Bergsteigen und Klettern (ohne Expedi-tionscharakter)

Der Pluralismus im Bergsport blüht auchvor der Haustüre und in den leicht erreich-baren Regionen. Während die einen ihr Herz-blut beim Bouldern und Sportklettern ver-gießen, geht bei den anderen unter 1000 Me-ter Wandhöhe und -20° gar nichts. Entspre-chend hitzig wird in den Diskussionsforender diversen Internetseiten über Stilfragen,Bewertungsvorschläge und ähnliches disku-tiert. Ein Auszug an Bemerkenswertem:

Alpines und GefrorenesAusnahmetalent Ueli Steck (CH) ringt sei-

ner Route »The young Spider«, Schwierig-keit 7a A2 WI6 M7 in der Eigernordwand insechs Tagen die erste Winter-Solo-Begehung

BERG 2007BERG 2007 291290 FORUM ALPENVEREIN DIE SPIRALE DREHT SICH WEITER

Peter Anzenberger am Driffika. Foto: Jan Mersch

Salvaterra, Garibottiund Beltrami legen »ElArca de los Vientos«durch die Cerro TorreOstwand.Foto: ErmannoSalvaterra

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ab. Gegen Winterende hängt er noch eineschnelle Solobegehung der »Bonattiführe«ED3 durch die Matterhornnordwand dran.

An den Grandes Jorasses gelingt demHausmeister Patrick Gabarrou (F) mitUnterstützung durch die zwei jüngerenFranzosen Philippe Batoux und ChristophDumarest die Erstbegehung einer der letz-ten freien Linien in der Nordwand. »Heidi«zieht in direkter Linie durch den abweisen-den Pfeiler zur Punta Margherita: 5 Tage,Wandhöhe 850 m, Schwierigkeiten WI 4,M5+, 5c/A3.

Dave Mac Leod (GB) ringt einer Sommer-Felsroute (E4/6a), in den Cairngorms, Schott-land, bei echten schottischen Winterbedin-gungen eine Mixedbegehung ab: »The Hur-ting«, XI, 11, was soviel heißt wie M9+/M10mit der Gefahr im Falle des Falles am Bo-den aufzuschlagen. Im Sport-Mixed-Ge-lände konnte der starke Schotte bisher bisM12 einiges wiederholen.

»Flying Circus« M10, war diesen Winterendlich wieder komplett gewachsen. DieAnwärter auf eine Wiederholung standenin den Startlöchern und die Route erhieltgleich mehrere Wiederholungen und On-sight-Begehungen (teilweise mit dem Fels-sicherungsmaterial in der Route). Michi

Wärthel (D) gelang eine Onsight-Begehung,einmal mehr präsentierte er sich als ner-venstarker Wiederholer von anspruchsvol-len Mixedrouten.

Albert Leichtfried (A) gelingt im Lan-gental bei Wolkenstein die Erstbegehung»Illuminati«. In drei überhängenden Mi-xedlängen (M11-, M11+, M8-) erreicht er ei-nen herabhängenden Eiszapfen und steigtüber diesen noch zwei Seillängen (WI4,WI6+) zum Ausstieg.

Die eindrückliche Linie des Staubbach-falls im Lauterbrunnertal begehen RobertJasper und Markus Stoffer mit der Route»Sperrzone« in 12 Seillängen mit Schwie-rigkeiten bis M9 in mehreren Anläufen undunter ständigem Eisbeschuss.

Beim harten Sport-Mixed-Klettern hatsich der »Reloaded-Stil« etabliert – die Fer-sensporne, mit denen sich die Athleten wiedie Fledermäuse in die Dächer hängen, wer-den wieder abmontiert. Im neuen Stil wer-den viele Routen wiederholt und bis M13erstbegangen. Albert Leichtfried (A), Mar-kus Bendler (A), Scott Muir (GB) sind dieVorreiter.

Klettern an den hohen WändenTommy Caldwell (USA) und Beth Rod-

den (USA) gelingt gemeinsam die zweitefreie Begehung der Nose am El Capitan,5.14a. Nach einer freien Begehung an einemTag legte Caldwell noch eins drauf und linktdie »Freie Nose« mit der Route »Free Ri-der«, 5.13a zusammen. In unvorstellbaren23 Stunden klettert er 65 Seillängen, 6 da-von bis 10/10+.

Steph Davis (USA) schafft die erste freie»Frauen-Begehung« der »Salathe«, 5.13c, inelf Tage Kampf mit dem Granit, anderenSeilschaften und dem Wetter.

Alexander Huber (D) klettert nach 4 Ta-gen Vorbereitung die »Voie Petit«, 8b, amGrand Capucin, 3838 m, an einem Tag rot-punkt (siehe Beitrag A. Huber, S. 90).

Manfred Stuffer (I) klettert in 5½ Stundenfree solo bei Schwierigkeiten bis 6c+ durchdrei Routen an der Tofana. Im Abstieg hängter im Vorbeigehen noch ein 7c+-Solo im Klet-

tergarten dran. Für die »Ottovolante«, 7a+,am Brunneckerturm benötigt er onsight imSolo gerade mal 80 Minuten.

Sportklettern und BouldernAction Directe, 9a, im Frankenjura gilt

nach wie vor als Maßstab im Schwierig-keitsklettern. Im Oktober erhält die Routegleich drei Wiederholungen, unter anderendurch Markus Bock (D) und konnte damitvon insgesamt 8 Kletterern begangen wer-den.

Eher unbemerkt kann Thomas Katzlber-ger (A) drei unbekannte 9a-Routen vonKlem Loskot wiederholen. Christian Bind-hammer (D) schafft seine fünfte Route imGrad 9a. Dani Andrada spuckt in Spanienbei 10 Erstbegehungen den Schwierigkeits-vorschlag 8c+/9a und schwerer aus undwiederholt nebenbei auch noch einige Rou-ten in diesem Grad. Die schwerste ist 52 Me-ter lang und wird mit 9a+/9b gehandelt. Ju-lius Westphal kann mit »Mekka direkt«8c+/9a in der Pfalz ein altes Problem imSandstein lösen. Daniel Gebel klettert mit»Temps de Vivre«, 8c+/9a, in Konstein diewohl schwerste Route im Südlichen Fran-kenjura.

Das Onsight-Niveau geht inzwischen bis8c. Mit Kraft rückt die nächste Generationden Felsen zu Leibe. David Lama (15 Jahre)und Adam Ondra (12 Jahre) klettern mehr-fach onsight bis 8b+ und rotpunkt bis 8c+.Aber auch mit fast 50 Jahren lässt sich Ma-nolo nicht lumpen und schafft eine Wieder-holung von »Bain de Sang« 8c+.

Josune Bereziartu (Spanien) isteine Klasse für sich. Nach einemMonat Arbeit knackt sie »Bimba-luna« 9a+ im »Nicolschen« SaintLoup.

Der Schweizer Didier Berthodlehrt die Amerikaner das Fürchtenund begeht mit »From Switzerlandwith love«, 8b, in Indian Creek(Utha) die schwierigste Risskletterei.

Beim Bouldern geht die Schwie-rigkeitsentwicklung eher in eine Kon-solidierungsphase. Viele der eta-

blierten Probleme werden wiederholt, dieBewertungen bestätigt oder abgewertet. Fürdie härtesten Probleme gibt es bis zu 8c+. ImBereich bis 8b bouldert eine unüberschau-bare Anzahl, darüber hinaus fallen unter an-deren vor allem folgende Namen: Dave Gra-ham, Bernd Zangerl, Simon Wandeler, ToniLamprecht, Markus Bock, Chris Sharma.Barbara Zangerl schafft es als Frau bis 8a+.Teilweise werden die Neukreationen garnicht mehr bewertet, in der Bewertungsdis-kussion kommen immer mehr auch die in-dividuellen körperlichen Voraussetzungenund Spezialitäten der einzelnen Akteurezum Tragen.

BERG 2007 293292 BERG 2007FORUM ALPENVEREIN DIE SPIRALE DREHT SICH WEITER

Michi Wärthel wieder-holt onsight (Fels-Siche-rungsmaterial ist ange-bracht) den FlyingCircus, M10.Archiv Wärthel

Tommy Caldwell undBeth Rodden bei derfreien Begehung derNose.Foto: Corey Rich

Daniel Gebel in »Tempsde Vivre«, 8c+/9a.Foto: Archiv Giebel

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Brüchiger Sandstein,spärliche Absicherung,Magnesiaverbot, langeZustiege, unklare Rou-tenführung, keine schwe-ren Wege…

So oder so ähnlich lau-tet das übliche Urteil inKletterkreisen über dieSächsische Schweiz.

Das »Gebirge« im Na-tionalpark »SächsischeSchweiz« besteht aus 1100Gipfeln und weist etwa17000 Routen auf (¼ da-von wird tatsächlich be-klettert, das sind immernoch über 4000 Wege), mitWandhöhen bis zu 100 m.

Bis Anfang der 1990er-Jahre galt das Elbsand-stein zu Recht noch alsWiege des Freikletterns,mit der explosionsartigenEntwicklung des Schwie-rigkeitskletterns hat sichder Fokus verschoben.Die sportliche, messbareLeistung wurde immerwichtiger, der Gesamtan-

spruch einer Route fand kaum noch Berück-sichtigung.

Regelwerk und EntwicklungRudolf Fehrmann schrieb bereits 1910

die sächsischen Kletterregeln fest. DiesesRegelwerk ist bis auf wenige Erneuerungenund Anpassungen bis heute gültig. DemSächsischen Bergsteigerbund (SBB) ist eszu verdanken, dass auch heute noch, trotzder Entstehung des Nationalparks Sächsi-

sche Schweiz, fast ohne Einschränkungengemäß dem Regelwerk geklettert werdendarf, und uns dieses Paradies in seiner ur-sprünglichen Form erhalten ist. Nicht jedeVorwärtsentwicklung muss auch gleich-zeitig eine Weiterentwicklung bedeuten.Gerade beim Klettersport bedeutet Verzichtund bewusste Beschränkung mit Sicherheitauch einen Gewinn an Erlebnistiefe undlässt noch Raum für nachfolgende Genera-tionen.

Es wird nur an freistehenden Gipfel ge-klettert, das Beklettern der Massivwände (3Ausnahmen) ist bis heute verboten. Es giltder Grundsatz des freien Kletterns, d.h. Seil,Schlingen und Ringe dürfen ausschließlichzur Sicherung benutzt werden. Allerdingsist das Ruhen in den Sicherungspunkten er-laubt und wird auch praktiziert. Insofern istdie Schwierigkeitsbewertung von Routenprimär in a.f. Kletterei zu verstehen (dem-entsprechend erwartet einen aber auch in ei-ner Route z.B. im Grad VIIIb eine echte Sie-benerstelle), der Rotpunktgedanke etabliertsich erst seit Anfang der 1990er-Jahre, dieBewertung für eine Rotpunktbegehung dif-feriert häufig und wird dann nachgeordnetim Kletterführer angegeben. Die Verwen-dung von Magnesia ist verboten. Im säch-sischen Teil des Elbsandsteins wird das auchkonsequent umgesetzt. Zur Sicherung wer-den stark dimensionierte Ringe angebracht,deren Abstand aber groß und deren Anzahlgering ist. Darüber hinaus kann man imstark strukturierten Sandstein mit Seil-,Reepschnur-, Kevlar- und Bandschlingen jenach Können und Geduld zusätzliche Si-cherungspunkte anbringen. Die Verwen-dung von Klemmkeilen und Friends istuntersagt. Das Anbringen der Ringe beiErstbegehungen muss im Vorstieg erfolgen

und der Abstand der Ringe untereinanderund zu benachbarten Wegen ist festgelegt.

Die »Westkante«, VIIIa (UIAA 7-) amWilden Kopf konnte Emanuel Strubich be-reits 1918 erstbegehen. Heute stecken in derRoute zwei Ringe, die nachträglich ge-schlagen wurden, dennoch ist diese Tourimmer noch ernsthaft und schwierig, alsWiederholer sollte man über den Dingenstehen. Gerade in diesen klassischen Tou-ren wird einem der Unterschied zum reinenSportklettern sehr klar, die Kletterei ver-langt meistens vom Einstieg bis zum Aus-stieg unterschiedlichste Klettertechniken(Riss, Wand, Reibung, Kante) und die psy-chischen Anforderungen sind enorm hoch.

1965 wird mit der »Königshangel«, IXa(UIAA 8-) am Frienstein durch Fritz Eskeder achte Grad, und 1982 mit der »Schall-mauer«, Xa (UIAA 9-) an der Amselspitzedurch Bernd Arnold der neunte Grad er-reicht. Mit »Barometer für Stimmungen«,Xc (UIAA 9+) am Heringstein, 1986, und»Garten Eden«, Xc am Rokkokoturm, 1987,demonstriert Arnold seine herausragendeRolle im sächsischen Klettern.

Die schwersten RoutenBedingt durch die Beschränkung Erstbe-

gehungen nur im Vorstieg anzugehen undden vorgegebenen Ringabstand, wird bisheute der Schwierigkeitsgrad Xc für die a.f.-Bewertung bei Neutouren selten über-schritten. Die RP-Bewertung geht heute be-stätigt und in der Gemeinschaft anerkanntbis XIb/c (UIAA 10/10+). Das Ganze ohneMagnesia, oftmals weit über der letzten Si-cherung und meistens in langen Routen, istvom Anspruch mit einer 10+ in Franken nurschwer zu vergleichen.

Durch Regeländerung darf seit einigenJahren bei Erstbegehungen mit Cliff undBohrmaschine gearbeitet werden, dadurchhaben sich viele neue Möglichkeiten ergeben,in den letzten zwei Jahren wurden insgesamt340 neue Routen zur Anerkennung bei derFachkommission »Neue Wege« eingereicht.

Auf der Suche nach der schwersten,schönsten, bedeutendsten, etc. Tour gerät

BERG 2007BERG 2007 295294 DIE SPIRALE DREHT SICH WEITERFORUM ALPENVEREIN

Im Brennpunkt:

Aktuelle klettersportliche Entwicklung im sächsischen Sandstein

Sächsische Skala VIIb VIIc VIIIa VIIIb VIIIc IXa IXb IXc Xa Xb Xc XIa XIb XIc

UIAA Skala 6 6+ 7- 7 7+ 8- 8 8+ 9- 9 9+ 10- 10 10+ 11- 11

Vergleichstabelle für die Schwierigkeitseinstufung ab dem sechsten (UIAA) Grad aufwärts

Tobias Wolf in»Legenden sterben nie«XIa, a.f., Rauschenstein.Foto: Robert Hohlfeld

Personen

In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Klettern im Elbsandstein starkdurch die Persönlichkeit Bernd Arnold geprägt. (siehe Beitrag Elmar Landes,S. 230). Auch wenn Bernd bis heute noch immer sehr schwer kletter t, sohaben verschiedene Kletterer aktiv sein Erbe angetreten – entweder bei schwe-ren Erstbegehungen oder bei RP-Begehungen der schweren Wege: WernerSchönlebe, Jindrich Hudecek, Jörn Beilke, Sven und Michael Scholz, ChristianGünther, Jörg Andreas, Alex Adler, Uwe Richter, Gilbert Mohyla, Chris Jan-Stil-ler, Rüdiger Helling, Jürgen Höfer, Joachim Friedrich, Thomas Küntscher, Da-niel Danzer, Carsten Beichler, Jens Triebel, Stefan Gerber, Mathias Wernerum nur einige zu nennen.Die Vorwärtsentwicklung der jüngeren Vergangenheit wird im Spitzenbereichgeprägt durch Tobias Wolf und Rober t Leistner als Erstbegeher und RP-Aspiranten großer schwerer Linien, und Markus Hoppe (sonst eher bekanntaus dem Wettkampfzirkus) als RP-Wiederholer der schwersten Wege.Bei den Frauen liegt der im Vorstieg gekletterte Schwierigkeitsgrad soweit be-kannt bei Xa, RP Xb. Nachdem sich in den Neunziger Jahren vor allem Cor-dula Wissel und Romy Krämer in dieser Männerdomäne behaupteten, sind inden letzten Jahren in den wirklich schweren Graden Heike Arnold, Karen Zie-gra und Anna Böhm unterwegs.Schon immer in der Geschichte des sächsischen Kletterns gibt es Ärger undZweifel bei Erstbegehungen im Spitzenbereich. Einerseits ist die SächsischeSchweiz ein sehr sensibles Gebirge mit begrenzten Möglichkeiten und einembegründet aus der Tradition gewachsenen Regelwerk, andererseits herrschtnatürlich der Wunsch, Routen im obersten Grenzbereich und moderner Prä-gung zu erschließen und eine Weiterentwicklung im Klettersport zu erreichen.Die Frage ob eine neue Route und ihre Entstehung regelkonform ist – von un-ten erstbegangen, Abstand der Ringe, Abstand zu existierenden Routen, infreier Kletterei begangen, usw. – ist keine leichte Aufgabe für die zustän-dige Fachkommission, aber auch für die Erstbegeher selbst. Ehrlichkeit undVertrauen sind in diesem Zusammenhang unabdingbar. Ein konstruktiver Aus-tausch und ein unterstützendes Miteinander unter den Vorreitern der Szenewäre sicher hilfreich.Am Namen Thomas Willenberg scheiden sich die Geister. Alleine in den letz-ten zwei Jahren legte er mehr als 10 Erstbegehungen mit Schwierigkeitsvor-schlägen XIIa/b (UIAA 11-/11) zur Anerkennung bei der zuständigen Kom-mission vor. In der Szene herrschen Zweifel vor, ob bei den Erstbegehungenalles mit rechten Dingen zugegangen ist. Bisher konnte Thomas aber nichtswirklich nachgewiesen werden, Wiederholungsversuche seiner Touren fin-den so gut wie nicht statt, allerdings wird er auch kaum bei seinem spekta-kulären Tun gesehen. Zuletzt wurde eine offizielle Warnung ausgesprochen,Willenberg-Routen zu wiederholen, da mehrfach das verwendete Ringmaterialunterdimensioniert oder schlecht angebracht war.Es ist wohl eine Frage des Standpunkts und Blickwinkels, ob hier einem gu-ten Kletterer und Querdenker auf Grund von Traditionalismus, Neid und Miss-gunst das Leben schwer gemacht wird, oder ob sich Thomas Willenberg tat-sächlich gegen alle im sächsischen Sandstein geltenden Regeln stellt.

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man schnell ins Dickicht der verschiedenensächsischen Parallelwelten (Die Dresdner,Die Hohnsteiner, Die Sebnitzer, etc.). EineAuswahl bedeutender, auf mehr oder we-niger eigenständiger Linie verlaufender(oder heute übliche Begradigung) und querdurch die sächsische Szene anerkannterRouten ab XIa (UIAA 10-), bei RP-Bege-hung, sieht etwa folgendermaßen aus, inKlammern das Jahr der Erstbegehung (a.f.),die RP-Begehungen gelangen teilweise erstin den letzten Jahren bzw. stehen noch aus.

Leistungsorientierte Vielfalt im säch-sischen Klettersport

Eine eher klassische Aufgabe ist es alleGipfel des sächsischen Sandsteins zu be-steigen: »Gipfelsammeln«. Dies gelang bis-her 209 Kletterern, darunter mit Petra Win-ter einer Frau und mit Jörg Brutscher demersten aus den alten Bundesländern stam-menden Kletterer. Im Spiel der Gipfel-sammler gibt es natürlich Varianten, bei»alle Gipfel im Vorstieg« dünnt die Zahldann schon stark aus auf um die 30 und dieErweiterung auf den gesamten Elbsand-stein inklusiv der Gipfel im tschechischenTeil des Gebirges ist bisher nur zwei mög-lich gewesen. Wenn man so manchen alsGipfel zählenden »vermoosten Dreckhau-fen« sieht, dann mischt sich zur Bewunde-rung für die Gilde der Gipfelsammler einegehörige Portion Ratlosigkeit.

Zu DDR-Zeiten gab es auch beim Kletterneine Klassifizierung in verschiedenen Leis-tungsklassen, wie in fast allen Sportarten.Die höchste Leistungsnorm war die »Meis-terklasse«. Die letzte Liste der »Meister-klassewege« datiert wohl auf 1974 zurückund umfasst 89 ganz große Routen der 40erbis 60er Jahre und die damals ersten großen»Arnold-Wege«, also allesamt ganz große Li-nien mit teilweise eher kühner Absicherung,von denen man eine bestimmte Anzahl klet-tern musste. Aktuell ist Stephan Gerber deraktivste »Meisterklasse-Wege-Sammler«,noch drei harmlose Routen fehlen ihm.

Eine ähnlich strukturierte, wenn auchdeutlich schwerere Aufgabe besteht darin,alle Routen von Bernd Arnold zu wieder-holen. Unter den »Arnold-Wege-Samm-lern« haben wohl Uwe Richter und GilbertMohyla die Nase vorn.

Eine Besonderheit im sächsischen Regel-werk sind die Unterstützungsstellen. Dabeiist es erlaubt sich gegenseitig am Fels zuunterstützen (eine Person gibt Hilfestel-lung), und ausgiebig zu unterstützen (mehrals eine Person dienen dem Vorsteiger alsHilfe). Salopp gesprochen die »Räuberlei-ter in der Senkrechten«. Es ist aber auch imRegelwerk festgeschrieben, dass die Bau-

leute, die Unterstützung gewähren, sich amFels mit eigener Kraft halten müssen undim Sicherungsmaterial (Ringe oder Schlin-gen) nur gesichert sind. Im Rahmen vonGroßbaustellen werden heute bis zu fünf-stöckige Pyramiden gebaut.

Schon immer gibt es im Sandstein eine ei-gene Sprungskala bis Sprung 4 zur Bewer-tung von Sprüngen von Gipfel zu Gipfel, vonMassiv zu Gipfel oder in eine Wand hinein.Neuerdings werden in Anlehnung an dieBaustellenprojekte ausgiebig unterstützteSprünge angegangen. Anfang 2006 gelangeiner Gruppe mit dem »Katapult« am Schan-dauer Turm nach zwei vergeblichen Ver-suchen, vier Jahren Training und Entwick-lung einer neuen Technik in der Turnhalleeine Steigerung der Schwierigkeit.

Sowohl die Großbaustellen, als auch dieunterstützten Sprünge zeichnen sich vor al-lem durch das Gemeinschaftserlebnis, ge-schickte Koordination je nach Fähigkeitenund gute Organisation aus. Thomas Böhmer,Jörg Brutscher und Stefan Heidenreich warendie letzten Jahre die Rädelsführer bei der Vor-bereitung und Durchführung dieser Projekte.

Das Bouldern hat sich wie überall sonstauch im letzten Jahrzehnt stark weiterent-wickelt und die Boulderer bilden heute eineeigene Gruppierung, die unabhängig vonVerein und dem Klettern an den Gipfelnunterwegs ist. Die Schwierigkeitsentwick-lung geht bestätigt bis Fb 8b+ und kann so-mit mit anderen namhaften Gebieten mit-halten. In der Boulderbewegung gibt es ein-zelne markante Persönlichkeiten, Sven undMichael Scholz, Heike Arnold, MarkusHoppe, Anna Böhm, Björn Sieber, die ver-suchen die Bewegung aktiv mitzugestalten,während das Gros sich wenig um Umfeld,Verein und Probleme kümmert, sonderneinfach seinem Individualismus frönt. DerSBB, als Vertreter und Sprachrohr für denKlettersport im sächsischen Sandstein undgegenüber der Nationalparkverwaltung,hat damit so seine Probleme. Während dieeine Seite ihr freies Recht zur Sportausü-bung nach eigenen Regeln (mit Magnesiaund an allen geeigneten Felsen) fordert,

sieht sich die andere Seite mit einem Hau-fen unorganisierter, junger Wilder kon-frontiert, die so gar nicht in das sächsischeBild vom Klettern passen wollen.

Wohin die klettersportliche Entwicklungin der näheren Zukunft geht ist ungewiss,man kann den Verantwortlichen und den Ak-tiven nur Besonnenheit und einen klaren Kopfwünschen. Die kontrollierende, traditionsbe-wusste Arbeit des SBB, die einem Kernge-danken des Kletterns – dem Ausleben der in-dividuellen Freiheit – eigentlich widerspricht,ermöglicht paradoxerweise über den Erhaltdes Klettergebiets in seiner sehr ursprüng-lichen Form erst die individuelle Maxime,sein Leben eigenverantwortlich zu gefährden.

Unter den Vorzeichen von Erlebnis, Be-schränkung und Abenteuer hat die Sächsi-sche Schweiz auf alle Fälle das Potentialnach wie vor eine bedeutende Rolle im Klet-tersport zu spielen. Ein stärkerer Austauschmit der internationalen Szene würde demGebiet und dem teilweise etwas eng wir-kenden Mikrokosmos sicherlich gut tun. Of-fene und neugierige Gäste sind in Sachsenherzlich willkommen und werden behut-sam in die Besonderheiten des »Gebirgeseingeführt. Ein sehr vielfältiges Kletterer-lebnis ist für jeden garantiert.

BERG 2007BERG 2007 297296 FORUM ALPENVEREIN DIE SPIRALE DREHT SICH WEITER

Mein Dank für dieUnterstützung undHinweise gilt TomDauer und dem gro-ßen Bekanntenkreis,die mir mit Informa-tionen und Tipps zurSeite gestanden ha-ben. Direktinforma-tionen über an-spruchsvolle Unter-nehmungen nehmeich gerne entgegenunter:[email protected]

Robert Leistner beimErstbegehen im Vorstieg.Foto: Stephan Leistner

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