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270 | © 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2008, 42, 270 – 280 citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker Die Stöchiometrie der Olympischen Spiele K LAUS ROTH Alle vier Jahre begeistern uns die Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen mit sportlichen Höchstleistungen. Dafür brauchen sie nicht nur Willensstärke, Talent und Training, sondern bei ihnen muss auch die Chemie stimmen. Damit ist nicht etwa Doping gemeint, sondern die Basis aller Sportarten, nämlich die Umwandlung von chemischer Energie in Körperbewegung. Wie geht das vor sich? Ein Blick in die Chemie unserer Skelettmuskeln lässt uns nur staunen und die olympischen Leistungen noch mehr bewundern. DOI: 10.1002/ciuz.200800467 ABB. 1 | ENTSPANNTER UND KONTRAHIERTER AUGENMUSKEL links: Ein Längsschnitt durch die Augenmuskulatur eines Menschen zeigt die ge- streifte Gewebestruktur. Eine Muskelfaser setzt sich aus vielen parallel angeordne- ten Strukturelementen zusammen, den Sarcomeren, die von zwei von oben nach unten verlaufenden Z-Scheiben begrenzt sind. An den Z-Scheiben sind die querver- laufenden, dünnen Actinfilamente aufgehängt. Im mittleren, dunkel erscheinenden Bereich des Sarcomers liegen zwischen den Actinfilamenten die parallel angeordne- ten dicken Myosinfilamente. [Bild: www.uni-mainz.de/FB/Medizin/Anatomie/workshop] rechts: Bei einer Muskelkontraktion bewegen sich Actin- gegenüber den Myosin- filamenten und schieben sich aus dem Ruhezustand (links) wie zwei Kämme inein- ander, wodurch sich die Länge des Sarcomers (Abstand zwischen zwei Z-Scheiben) deutlich verkürzt (rechts). Diese Translation ist nur möglich, wenn vorübergehend beide Filamente miteinander verbunden sind und dann eine mechanische Kraft bei- de Filamente gegeneinander verschiebt. Actinfilament Actinfilament Myosinfilament W issenschaftlich betrachtet werden bei jeder Körper- bewegung einige der über 600 menschlichen Ske- lettmuskeln koordiniert kontrahiert und dabei chemische in mechanische Energie umgewandelt. Aber wer denkt schon an Thermodynamik, wenn uns beim olympischen 100-m- Endlauf der Atem stockt oder die Turnerinnen uns mit voll- endeter Körperbeherrschung verzaubern. Trotzdem lohnt ein genauer Blick auf unsere Skelettmuskeln, denn die Olympischen Spiele sind chemisch betrachtet eine gewal- tige Hydrolyse-Reaktion. Diese nüchterne Erkenntnis kann uns aber nicht die Freude am Sport nehmen. Im Gegenteil, was die Athletinnen und Athleten in Peking aus einer ein- fachen Hydrolyse machen, das grenzt an Wunder. Span- nender und schöner kann man eine chemische Reaktion wohl kaum genießen. Unser Körper besteht zu 40–50% aus Skelettmuskeln, wobei jeder einzelne Muskel aus vielen Bündeln parallel an- geordneter Fasern und jede Faser aus etwa 1000 Myofibril- len zusammengesetzt ist. Unter dem Elektronenmikroskop ist die Bänderstruktur der Myofibrillen als Abfolge dunkler und heller Streifen im Abstand von ca. 2,5 μm zu erkennen (Abbildung 1). Ein Vergleich zwischen einem ruhenden und kontrahierten Muskel offenbart die grundlegende Mecha- nik einer Kontraktion. Der Abstand zwischen zwei quer- verlaufenden Z-Scheiben verkürzt sich, indem sich die bei- den fadenartigen Strukturen wie Kämme ineinanderschie- ben. Die molekularen Bauelemente sind zwei Proteine: Ac- tin und Myosin.

Die Stöchiometrie der Olympischen Spiele: citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker

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citius, altius, fortius – schneller, höher, stärker

Die Stöchiometrie der Olympischen SpieleKLAUS ROTH

Alle vier Jahre begeistern uns die Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen mit sportlichenHöchstleistungen. Dafür brauchen sie nicht nur Willensstärke, Talent und Training, sondern bei ihnen mussauch die Chemie stimmen. Damit ist nicht etwa Doping gemeint, sondern die Basis aller Sportarten, nämlichdie Umwandlung von chemischer Energie in Körperbewegung. Wie geht das vor sich? Ein Blick in die Chemieunserer Skelettmuskeln lässt uns nur staunen und die olympischen Leistungen noch mehr bewundern.

DOI: 10.1002/ciuz.200800467

A B B . 1 | E N T S PA N N T E R U N D KO N T R A H I E R T E R AU G E N M U S K E L

links: Ein Längsschnitt durch die Augenmuskulatur eines Menschen zeigt die ge-streifte Gewebestruktur. Eine Muskelfaser setzt sich aus vielen parallel angeordne-ten Strukturelementen zusammen, den Sarcomeren, die von zwei von oben nachunten verlaufenden Z-Scheiben begrenzt sind. An den Z-Scheiben sind die querver-laufenden, dünnen Actinfilamente aufgehängt. Im mittleren, dunkel erscheinendenBereich des Sarcomers liegen zwischen den Actinfilamenten die parallel angeordne-ten dicken Myosinfilamente. [Bild: www.uni-mainz.de/FB/Medizin/Anatomie/workshop]rechts: Bei einer Muskelkontraktion bewegen sich Actin- gegenüber den Myosin-filamenten und schieben sich aus dem Ruhezustand (links) wie zwei Kämme inein-ander, wodurch sich die Länge des Sarcomers (Abstand zwischen zwei Z-Scheiben)deutlich verkürzt (rechts). Diese Translation ist nur möglich, wenn vorübergehendbeide Filamente miteinander verbunden sind und dann eine mechanische Kraft bei-de Filamente gegeneinander verschiebt.

Actinfilament Actinfilament

Myosinfilament

Wissenschaftlich betrachtet werden bei jeder Körper-bewegung einige der über 600 menschlichen Ske-

lettmuskeln koordiniert kontrahiert und dabei chemische inmechanische Energie umgewandelt. Aber wer denkt schonan Thermodynamik, wenn uns beim olympischen 100-m-Endlauf der Atem stockt oder die Turnerinnen uns mit voll-endeter Körperbeherrschung verzaubern. Trotzdem lohntein genauer Blick auf unsere Skelettmuskeln, denn dieOlympischen Spiele sind chemisch betrachtet eine gewal-tige Hydrolyse-Reaktion. Diese nüchterne Erkenntnis kannuns aber nicht die Freude am Sport nehmen. Im Gegenteil,was die Athletinnen und Athleten in Peking aus einer ein-fachen Hydrolyse machen, das grenzt an Wunder. Span-nender und schöner kann man eine chemische Reaktionwohl kaum genießen.

Unser Körper besteht zu 40–50% aus Skelettmuskeln,wobei jeder einzelne Muskel aus vielen Bündeln parallel an-geordneter Fasern und jede Faser aus etwa 1000 Myofibril-len zusammengesetzt ist. Unter dem Elektronenmikroskopist die Bänderstruktur der Myofibrillen als Abfolge dunklerund heller Streifen im Abstand von ca. 2,5 μm zu erkennen(Abbildung 1). Ein Vergleich zwischen einem ruhenden undkontrahierten Muskel offenbart die grundlegende Mecha-nik einer Kontraktion. Der Abstand zwischen zwei quer-verlaufenden Z-Scheiben verkürzt sich, indem sich die bei-den fadenartigen Strukturen wie Kämme ineinanderschie-ben. Die molekularen Bauelemente sind zwei Proteine: Ac-tin und Myosin.

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O LY M P I A | K U R I OS , S PA N N E N D, A L LT Ä G L I C H …

Actin (Molekulargewicht 42.000) ist ein kugelförmigesProtein, von dem sich ca. 360 kettenförmig aneinanderla-gern und dann ein etwa 1 μm langes dünnes Filament bilden.

Myosin (Molekulargewicht 520 000) besteht aus einem150 nm langen Schaft mit einem 20 nm großen Köpfchen.Zwei Myosinmoleküle lagern sich fest zusammen, indemsich ihre beiden Schafte verdrillen. Dieses Dimer neigt zurSelbstassoziation, wobei sich ca. 300 Myosinmoleküle par-allel so zu einem 1,6 μm langen Zylinder zusammenlagern,dass die Köpfchen alle nach außen herausragen.

Das gesamte Actin-Myosin-Ensemble ist äußerst regel-mäßig aufgebaut, fast wie ein Kristall. Dadurch addierensich bei der Kontraktion alle mechanischen Kräfte verlust-frei, die Voraussetzung für eine maximale Umwandlung vonchemischer in mechanischer Energie.

Die genaue Aminosäuresequenz im Myosinköpfchen be-stimmt die Schnelligkeit und Ausdauer der Muskelkontrak-tionen. Grob können Fasertypen unterschieden werden (Ta-belle 1) [1]. Fasertyp I kontrahiert langsam und das not-wendige ATP wird auf Sauerstoff-verbrauchenden (aeroben)Synthesewegen hergestellt, Fasertyp II ist zehnmal schnel-ler, synthetisiert das ATP aber über einen anaeroben Weg(ohne Sauerstoff). Fasertyp I eignet sich besonders für Dau-erbelastungen, Typ II mehr für Kurzzeitbelastungen. Durch-schnittlich verfügen wir über etwa gleiche Anteile beiderFasertypen, durch ein entsprechendes Trainingsprogrammkann jedoch der jeweils gewünschte Faseranteil erhöht wer-den [2].

Die Chemie der Muskelkontraktion Die Muskelkontraktion basiert auf dem so genannten Quer-brückenzyklus (Abbildung 2) [3]. Dabei bindet das von Loh-mann 1929 entdeckte [4] Adenosintriphosphat (ATP, 1) amMyosinköpfchen und wird im gebundenen Zustand zuAdenosindiphosphat (ADP, 2) und anorganischem Phosphat(Pi, 3) [5] hydrolisiert (Abbildung 3). Die anschließende Ab-spaltung von Pi führt zu einer Konformationsänderung desMyosinkopfs, wodurch sich der Winkel zum Schaft von 45°auf 90° erhöht. Wie durch einen Ruderschlag verschiebtsich dabei das Actin- gegen das Myosinfilament um einigeNanometer.

Aus chemischer Sicht basiert eine Muskelkontraktionen[6] auf einer einfachen chemischen Reaktion, der Hydroly-se von ATP (1) zu ADP (2) und Pi (3) (Abbildung 4) [7].

ATP und die Stöchiometrie seiner Hydrolyse Aus thermodynamischer Sicht ist eine Muskelkontraktionnur möglich, weil sie mit einer stärker exergonischen Teil-

schneller langsamer Muskel- Muskel-

fasertyp I [%] fasertyp II [%]Marathonläufer 18 82

untrainiert 55 45

Gewichtheber 55 45

100-m-Sprinter 63 37

TAB. 1 | V E R T E I LU N G D E R M U S K E L FA S E R T Y PE N I N

D U RC H T R A I N I E R T E N S P O R T L E R N [ 2 5 ]

ABB. 2 | DER MOLEKULARE MECHANISMUS DER MUSKELKONTRAK TION

Innerhalb von ca. 50 ms führt ein Zyklus verschiedener Bindungsprozesse zu Kon-formationsänderungen des Myosinkopfes, die wie ein Ruderschlag das Actinfila-ment gegenüber dem Myosinfilament verschieben. [Aus R.D. Vale und R.A.Milligan,Science, 2000, 288, 88-95., abgedruckt mit Genehmigung des AAAS] a) Das Muskelmyosin ist ein Dimer aus zwei identischen Myosinmolekülen, derenSchäfte miteinander verdrillt sind. Von den beiden Myosinköpfen bindet immer nureiner am Actinfilament (unten). Mit gebundenem ADP und Pi bindet der Myosinkopfzunächst nur locker an das Actinfilament.b) Der Myosinkopf bindet sehr fest an eine entsprechende Bindungstelle (grün) desActinfilaments. c) Das Anbinden an das Actin führt zur Abspaltung von anorganischem Phosphat Pi.Dies wiederum bewirkt eine Konformationsänderung des Myosinkopfes, dessenWinkel von ca. 45° schlagartig auf 90° (rot) ansteigt. Das ist der entscheidendeKraftschlag des Myosins, denn dabei werden die beiden Filamente gegeneinanderverschoben. d) ATP verdrängt das ADP am Myosinkopf und die Bindung zum Actinfilament wirdgelockert. Das gebundene ATP wird zu ADP und Pi hydrolysiert, wobei sich der Win-kel zwischen Myosinkopf und Actinfilament von 90° auf 45° ändert. Diese Win-keländerung entspricht einer Streckung des Myosinmoleküls. Ein neuer Zyklus kannbeginnen.

a) b)

d) c)

Laufen bei vollerGeschwindigkeit.[alle Fotos: E. Muy-bridge, ein früherVertreter der Chro-nofotografie, be-kannt für seine Serienaufnahmenmit Studien von Be-wegungsabläufen.

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reaktion, der ATP-Hydrolyse, am Myosin gekoppelt ist [8].Häufig wird dabei der von Lipmann geprägte Begriff „energiereiche Phosphatbindung“ verwendet [9] und dieP-O-P-Bindungen durch eine schlangenförmige Bindung besonders hervorgehoben. Diese „Schlangenbindungen“suggerieren, dass die bei der ATP-Hydrolyse freiwerdendeEnergie genau aus dieser einen Bindung stammt. Das istfalsch, denn die P-O-P-Bindungsenergie ist keineswegs be-sonders stark. Tatsächlich spiegelt die freie Reaktions-enthalpie den Energieunterschied zwischen Edukten undProdukten wider [10].

Die großen Lehrbücher der Biochemie verwirren unsmit der Reaktionsgleichung der so wichtigen ATP-Hydroly-se: Beim Stryer entsteht dabei ein Proton,

ATP + H2O → ADP + Pi + H+

beim Lehninger aber nicht [11]:

ATP + H2O → ADP + Pi

Die Verwirrungen beruhen auf der Verwendung von Ab-kürzungen für die Reaktionspartner, denen man weder dieAnzahl der Atome noch die Ladung ansieht. Schauen wirdeswegen genauer hin: Zunächst sind alle Beteiligten ander ATP-Hydrolyse Abkömmlinge der Phosphorsäure (Ab-bildung 3), die bei physiologischen pH-Werten als Mischungdes primären und sekundären Phosphats vorliegt, bei pH =7 z.B. aus 38% HPO4

2– und 62% H2PO4–.

H2PO4� a HPO4

2� + H�

Gleiches gilt auch für ATP und ADP, die in Wasser als (ATP4–/ATPH3–)- bzw. (ADP3–/ADPH2–)-Gemische vorliegen(Abbildung 3) [12]. Die Verhältnisse werden noch weiter da-durch kompliziert, dass die verschiedenen ATP- und ADP-Ionen Magnesium binden. Eine vollständige Analyse mussdaher alle Gleichgewichtskonstanten und Mg2+-Bindungs-konstanten berücksichtigen. McGilvery hat sich die Mühegemacht, die Reaktionsgleichung für pH = 7.4 und [Mg2+]= 0,5 mMol/l aufzustellen [13]:

A B B . 3 | PH OS PH O R S Ä U R E D E R I VAT E I M M U S K E LG E W E B E

Gerader Sprung

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0,88 MgATP2– + 0,014 HATP3– + 0,106 ATP4– + H2O →0,40 MgADP– + 0,06 HADP2– + 0,54 ADP3– +0,04 MgHPO4 + 0,10 H2PO4

– + 0,86 HPO42– +

0,44 Mg2+ + 0,85 H+

Wieviele Mol Protonen aus einem hydrolysierten Mol ATPfreiwerden, hängt von allen Gleichgewichtskonstanten, vompH-Wert (Abbildung 5) und der Mg2+-Konzentration ab [14].Als Faustregel gilt: Im ruhenden Muskel bei pH = 7 wird jeMol hydrolysiertem ATP etwa ein halbes Mol Protonen frei-gesetzt.

ATP + H2O → ADP + Pi + 1/2 H+ (bei pH = 7,0) (1)

Obwohl diese Gleichung mit dem halben Proton etwas be-fremdlich erscheint, gibt sie die Stöchiometrie zumindestfür ruhendes Muskelgewebe annähernd korrekt wieder.

Woher nehmen die Muskelzellen das ATP?

Das gesamte Muskelgewebe eines Menschen enthält etwa60 g ATP. Das scheint viel zu sein, würde beim Marathon-

lauf aber nur für sechs Sekunden reichen (Abbildung 6). Dasverbrauchte ATP muss also ständig wieder nachsyntheti-siert werden. In diesem Zusammenhang bedeutet allerdings„verbraucht“ nicht, dass das ATP in den Muskeln vollstän-dig, sondern nur zu ADP und Pi abgebaut wird. Unter ATP-„Synthese“ verstehen wir deswegen hier „nur“ die Umkeh-rung der ATP-Hydrolyse.

ATP ist unser zentraler Energieträger, der nicht nur me-chanische Arbeit in den Muskeln, sondern auch viele ener-gieaufwendige biosynthetische Schritte im Stoffwechselund den Transport von Molekülen und Ionen über Mem-brangrenzen in vielen Zellen und Organen überhaupt erstermöglicht. Im Vergleich zu anderen Organen sind Muskelnaber etwas ganz besonderes, denn nur bei ihnen kann derATP-Verbrauch in wenigen Sekunden auf das Zwanzigfacheansteigen. Diese stoßartige Beschleunigung des Stoffwech-sels stellt die Muskelzellen vor eine gewaltige Aufgabe, denndie thermodynamische Ausgangssituation ist denkbarungünstig. Damit die ATP-Synthese überhaupt möglichwird, muss sie mit anderen, viel Energie liefernden Reak-tionen [15] gekoppelt werden. Woher nehmen? Zunächstist klar, die ATP-Synthese muss vor Ort, also in der Muskel-

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… aller Olympischen Spiele, das ATP. Adenosintriphosphat (ATP) kann man sich ausmehreren Teilen zusammengesetzt denken. Der aus Adenin und Ribose bestehendeMolekülteil (Adenosin) mit den vielen basischen Stickstoffatomen und Wasserstoff-brücken-bildenden Hydroxylgruppen bietet den vielen Enzymen, die Reaktionenmit ATP katalysieren, eine Vielzahl von Bindungsmöglichkeiten. In dem von uns betrachteten Zusammenhang sind nur die drei Phosphorsäuren von Interesse. Die erste ist mit der Hydroxylgruppe am C5 der Ribose über eine Esterbindung verbunden. Die beiden anderen Phosphorsäuren sind über Anhydridbindungen ver-bunden.

A B B . 5 | PH - A B H Ä N G I G K E I T …

… der Protonenproduktion während der ATP-Hydrolyse Für eine genaue Analyse der scheinbar einfachen ATP-Hydro-lyse müssen die Gleichgewichtskonzentrationen der verschie-denen ionischen Spezies von ATP, ADP und Pi und deren Ma-gnesium-Komplexe berücksichtigt werden. Daraus ergibt sichinsgesamt eine nicht-lineare Abhängigkeit der Protonenpro-duktion vom pH-Wert. Dieser komplexe Zusammenhang istdie Ursache für die divergierenden Angaben der Stöchiome-trie der ATP-Hydrolyse in Lehrbüchern. Zur groben Orientie-rung kann die Produktion von 0,5 Mol H+ je Mol ATP Hydroly-se bei pH=7 dienen.

Sprung mit Drehung

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zelle stattfinden, denn diebei einem Marathonlaufin jeder Sekunde benö-

tigten 10 Gramm ATPkönnen nicht von irgendwo

z.B. über die Blutbahn herbeige-schafft werden.

Muskelzellen haben intrazellulären Zugriff aufviele Energie-liefernde Abbaureaktionen, wobei vier zurATP-Synthese in nennenswertem Umfang genutzt werden: – Hydrolyse von Kreatinphosphat – anaerober Abbau von Glucose [16]– oxidativer Glucoseabbau – oxidativer Fettsäureabbau

Bei den Olympischen Spielen werden alle vier Alterna-tiven genutzt. Analysieren wir am Beispiel der Laufwettbe-werbe die chemische Vernunft und Raffinesse unserer Mus-kelzellen.

Der 100-m-Lauf Nach dem Startschuss schnellen die Athleten aus den Start-blöcken heraus, um in 1-2 Sekunden ihre Höchstgeschwin-digkeit zu erreichen. Die ATP-Konzentration im Muskel wür-de nur für ein bis zwei Sekunden Maximalbelastung rei-chen. Es muss also mehr passieren und mit einer verglei-chenden Phosphor-NMR-Messung am ruhenden und maxi-mal belasteten Wadenmuskel verschaffen wir uns einen er-sten Überblick über das chemische Geschehen rund umdas ATP [17] (Abbildung 7).

Die NMR-Messungen überraschen, denn trotz maxima-ler Muskelarbeit wird ATP scheinbar überhaupt nicht ver-braucht. Dagegen nimmt die Konzentration des Phosphor-säurederivats Kreatinphosphat (PCr, 4) ab und die Kon-zentration von anorganischem Phosphat, Pi (3) nimmt ent-sprechend zu. Die Summe aller Phosphorsäurederivatebleibt insgesamt unverändert.

Kreatinphosphat (PCr, 4) ist noch „energiereicher“ als ATP und kann deswegen seinen Phosphatrest auf ADP unter Bildung von ATP und Kreatin übertragen (Glei-chung 2).

PCr + ADP → Cr + ATP (2)

Diese Reaktion wird in der Muskelzelle durch das EnzymKreatinkinase so stark beschleunigt, dass alle Reaktions-partner im Gleichgewicht stehen (Gleichung 3).

PCr + ADP a Cr + ATP (3)

Das Zusammenspiel aller intrazellulären Phosphorsäu-rederivate in Muskelgewebe zeigt Abbildung 8.

Die Gleichgewichtskonstante der Kreatinkinase-Reakti-on (3) liegt bei etwa 100 [18] und mit den bekannten Kon-zentrationen für ATP, PCr, Cr und Pi kann die ADP-Konzen-tration berechnet werden, die bei einigen μMol/l liegt. Beidieser äußerst geringen Konzentration lassen sich ADP-Sig-nale im Phosphor-NMR-Spektrum nicht nachweisen.

Kreatinphosphat ist aus biochemischer Sicht ein ATP-Re-servoir [19], das bei plötzlicher Belastung verbrauchtes ATPüber das schnelle Gleichgewicht (3) augenblicklich ersetzenkann.

Die Phosphor-NMR-Messungen zeigen noch mehr. Ausder genauen Resonanzfrequenz des Pi-Signals kann der in-trazelluläre pH-Wert bestimmt werden. Bei maximaler Be-lastung des Wadenmuskels steigt der pH-Wert zunächst an,wird also basisch (Abbildung 9).

Der pH-Anstieg wird erst nach genauer Analyse derStöchiometrie der Kreatinkinase-Reaktion (Gleichung 2) ver-

Abb. 6 ATPmacht müde Mus-keln munter. Manwill es kaum glau-ben, aber die hiergezeigte Mengevon 10 g Adenosin-triphosphat (ATP)verbraucht ein Ma-rathonläufer in je-der Sekunde, imganzen Rennen ca.80 kg ATP, mehr alsdas Körpergewicht.

A B B . 7 | PH OS PH O R- N M R- S PE K T R E N …

… des menschlichen Wadenmuskels. Phosphor-NMR-Spektren sind einfach zu inter-pretieren. Das Spektrum eines Wadenmuskels im Ruhezustand (unterste Spur)zeigt von links nach rechts die Signale des anorganischen Phosphats (Pi), Kreatin-phosphats (PCr) und die Signale der drei verschiedenen Phosphoratome im ATP(Adenosin-tri-phosphat). Die Flächen unter den Signalen entsprechen der jeweili-gen Konzentration. Während einer einminütigen maximalen Kontraktion beobach-tet man eine Abnahme der PCr- und eine entsprechende Zunahme der Pi-Konzentra-tion. Nach Ende der Belastung nimmt die Pi-Konzentration wieder ab und die PCr-Konzentration steigt entsprechend. Die ATP-Konzentration bleibt während des ge-samten Experiments praktisch konstant, wie auch die Summe aus PCr- und Pi-Kon-zentration.

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ständlich. Werden nämlich die pK-Werte und Mg2+-Bin-dungskonstanten aller Reaktionspartner berücksichtigt,wird offenkundig, dass bei pH=7 fast ein Mol Protonen jehydrolysiertem Mol Kreatinphosphat tatsächlich verbrauchtwird (Abbildung 9). Theoretisch müsste der pH-Wert nachHydrolyse der Hälfte des Kreatinphosphats auf Werte vonüber 7,7 steigen. Dies wird jedoch nicht beobachtet, sondern nach Durchlaufen eines Maximums sinkt der pH-Wert wieder. Dies weist auf einen neuen, Protonen-produ-zierenden Stoffwechselprozess hin, der anaeroben Glyko-lyse.

100-m-Läufer nutzen zu Beginn vor allem ihr Kreatin-phosphat-Reservoir, nur im letzten Drittel übernimmt in zu-nehmendem Maße die anaerobe Glykolyse die ATP-Pro-duktion (Tabelle 2).

Warum wählt die Muskelzelle bloß die anaerobe Gly-kolyse? Das ist doch eine schlechte Wahl, denn dabei ergibtein Mol Glucose nur läppische zwei Mol ATP und die als Ab-fallprodukt entstehende Milchsäure ist toxisch, führt zurÜbersäuerung des Muskels mit daraus resultierender Mus-kelschwäche. Warum nutzen die Muskelzellen nicht denviel leistungsfähigeren oxidativen Glucoseabbau, bei demein Mol Glucose ganze 36 Mol ATP liefert? Die Antwort isteinfach: Die Muskelzelle hat einfach keine andere Wahl. Da-mit der Läufer überhaupt weiterlaufen kann, muss die Mus-kelzelle auf die schnellste ATP-Synthese zurückgreifen. Unddas ist eben die anaerobe Glykolyse, alle Alternativen sindviel zu langsam!

Den 100-m-Läuferinnen und -Läufern sieht man die ab-laufende biochemische Dramatik nicht an. Leichtfüßig stür-men sie über die Ziellinie, aber schon beim Auslaufen fan-gen sie an schwer zu atmen und müssen gestützt werden.Kein Wunder, denn die Milchsäure muss aus dem Muskel-gewebe herausgeschleust und entsorgt werden. Diese Auf-gabe übernimmt die Leber, die unter erhöhtem Sauerstoff-verbrauch (minutenlanges schweres Atmen!) die Milchsäu-re zunächst zu Pyruvat oxidiert und dann vollständig zuKohlendioxid und Wasser abbaut [20]. Überspitzt könnteman sagen, die Leber zahlt nach dem Sprint die Stoff-wechselzeche der Muskeln.

Der 200-m-Lauf Schon ein Vergleich der Weltrekordzeiten deutet an, dassein 200-m-Lauf kein doppelter 100-m-Lauf ist. Der 100-m-Weltrekord liegt gegenwärtig bei 9,72 s (U. Bolt, 2008), wo-bei Carl Lewis bei den Olympischen Spielen 1984 als Schluss-läufer der 4x100-m-Staffel für fliegende 100 m genau 8.91 sbrauchte. Rein theoretisch wäre eine 200-Meter-Zeit um18,7 Sekunden zu erwarten, aber der aktuelle 200-m-Welt-

A B B . 8 | C H E M I S C H E Z U SA M M E N H Ä N G E …

… zwischen Phosphorsäurederivaten im MuskelgewebeDie angegebenen Konzentrationen gelten für ruhendes Mus-kelgewebe.

A B B . 9 | Z E I T L I C H E Ä N D E R U N G D E S PH -W E R T E S …

… bei Muskelbelastung. Bei maximaler Belastung eines Ske-lettmuskels steigt in den ersten Sekunden der pH-Wertzunächst an, da die Hydrolyse des Kreatinphosphats zu ATPProtonen verbraucht. Die verzögert einsetzende anaerobeGlykolyse führt durch die Milchsäurebildung bereits nachkurzer Zeit zum Absinken des pH-Wertes in den sauren Be-reich [27].

vorher hinterher ATP-Produktion

ATP [mMol/kg] 5 4 1

PCr [mMol/kg] 25 7 18

Glykogen [mMol Glucose/kg] 56 42 42

TAB. 2 | D I E C H E M I S C H E B I L A N Z E I N E S

1 0 0 - M - R E N N E N S [ 2 6 ]

Salto rückwärts

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rekord von Michael Johnson steht „nur“ bei 19,32 s. Schonan den Gesichtern der Läufer auf den letzten 50 Metern er-kennt man, dass sie beim Endspurt alle körperlichen undmentalen Reserven mobilisieren müssen, sich mit letzterKraft in die Ziellinie werfen und dahinter häufig völlig er-schöpft zusammenbrechen. Die abnehmende Geschwin-digkeit auf den letzten 50 Metern kann auf die sich ver-langsamende anaerobe Glykolyse zurückgeführt werden.Die Muskeln werden durch die zunehmende Milchsäure-bildung immer saurer und dadurch immer schwächer und

scheinen auf den letzten Metern fast zu versagen [21].Tatsächlich ist der 200-m-Endspurt ein Kampf mit dem sin-kenden pH-Wert.

Wegen der stärkeren Übersäuerung der Muskeln dauertdie Erholungsphase nach einem 200-m- länger als nach ei-nem 100-m-Lauf.

Die Halbwertszeit des Milchsäureabbaus liegt in derGrößenordnung von 20-30 Minuten, so dass ein erneuterStart mit vollem Leistungsvermögen erst nach einigen Stun-den erfolgen kann.

E I N M A R AT H O N L AU F I N D E R „ G U T E N A LT E N Z E I T “ |Am 30. August 1904, kurz nach drei Uhr nachmit-tags, starteten 31 Läufer zum Marathonlauf der 3. Olympischen Spiele in St. Louis und begabensich nach fünf Runden im Stadion bei 32 °C aufden langen Weg. Die äußeren Bedingungen waren für die meist untrainierten Teilnehmer hart, denn es gab nur zwei Wasserversorgungenauf der ganzen Strecke. Auf den sandigen Straßenabschnitten wurde durch die begleitendenAutomobile so viel Staub aufgewirbelt, dass dieLäufer ständig schlucken und husten mussten[30].

Bei Kilometer 14 gab der Favorit, der New Yor-ker Fred Lorz, wegen starker Krämpfe auf. Nachund nach gaben auch andere Läufer auf, nur weni-ger als die Hälfte der Läufer erreichten das Ziel. Bei Kilometer 20 war auch der Amerikaner Tho-

mas Hicks am Ende. Sein Betreuer Charles Lucasversorgte ihn mit Stärkendem aus dem Auto: Einenfeuchten Schwamm, Brandy und eine Prise Strych-nin. Das reichte bis Kilometer 30, dann bekamHicks eine zweite Dosis Strychnin. Aber schon nachwenigen Kilometern wollte sich Hicks am Straßen-rand hinlegen. Sein Gesicht war aschfahl. Charlesüberredete ihn wenigstens weiter zu gehen, denner hatte inzwischen bereits einen großen Vor-sprung. Dann gab er ihm eine weitere DosisStrychnin, zwei Eier, einen kräftigen Schluck Brandy und einen Schwamm voll warmen Wasser.Lucas selbst beschrieb Hicks’ Augen als stumpf mitstarrem Blick, sein aschfahles Gesicht war völligeingefallen und seine Arme hingen wie schwereGewichte an seinem Körper. Lucas’ „Stärkung“half, Hicks rannte weiter.

Wenige Kilometer vor dem Ziel wurde er plötz-lich von Fred Lorz überholt, der bei Kilometer 14das Rennen schon aufgegeben hatte und mit ei-nem Auto zum Stadion zurückgebracht werdensollte. Auf dem Weg dorthin überholte das Autofast das ganze Teilnehmerfeld, blieb dann aber wegen eines Motorschadens liegen. Bei dieser Ge-legenheit sprang Fred Lorz aus dem Wagen undnahm das Rennen wieder auf und wurde zunächstirrtümlich zum Sieger erklärt, aber wenige Minu-ten später disqualifiziert.

Hicks musste kurz vor dem Ziel noch zwei Hügelbewältigen. Er war sehr schwach und ging die Hü-gel nur langsam hoch und rannte sie herunter. Fürjeden Hügel gab Lucas seinem Schützling einenkräftigen Schluck aus der Brandyflasche. Wie vielBrandy Hicks insgesamt getrunken hat, ist nichtüberliefert. Schließlich taumelte er, völlig dehydra-tisiert, wahrscheinlich betrunken und mit Strych-nin vergiftet, über die Ziellinie und brach zusam-men. Seine Lebenszeichen waren so schwach, dasser die Siegestrophäe nicht entgegen nehmenkonnte. Selbst eine Stunde später konnte er nochnicht stehen (Abbildung 11). Trotzdem war seinBetreuer Charles Lucas fest davon überzeugt, dases Hicks nur dank seiner guten medizinischen Ver-sorgung mit Brandy und Strychnin geschafft hat.

Aus heutiger Sicht ist die damals geleistete „me-dizinische“ Betreuung eine Horrorvision. Einmalverringert Alkohol die körperliche Leistungsfähig-keit [32] und Strychnin ist hochtoxisch und führtdurch unkontrollierte Neuronenaktivitäten zuMuskelkrämpfen. Hicks konnte froh sein, dass erim Ziel nur zusammenbrach. Noch ein bisschenmehr der „medizinischen“ Fürsorge und es wäresein letztes Rennen gewesen. Thomas Hicks ahntedas vielleicht, er ist nie wieder ein Marathon-rennen gelaufen und wurde so 89 Jahre alt.

Abb. 11 ThomasHicks, Sieger imMarathonlauf derOlympischen Spie-le von 1904 in St.Louis und sein Do-pingmittel Strych-nin. Thomas Hickskonnte noch Stun-

den nach seinem siegreichen Marathonlaufnicht stehen (links) und sein starrer Blick undsein eingefallenes Gesicht sind weitere Zeichenseiner schlechten körperlichen Verfassung.Kein Wunder, denn während des Rennens be-kam er kaum Wasser gereicht, sondern zurStärkung große Mengen Brandy und mehrerePortionen Strychnin, das hochtoxische Alkalo-id der Brechnuss (Strychnos nux-vomica).

Handstand

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Der 400-m-Lauf Der 400-m-Lauf ist ohne Zweifel der biochemische Höhe-punkt der Olympischen Spiele: Nach ca. 70 Metern ist dasKreatinphosphat-Reservoir erschöpft und die anaerobe Gly-kolyse übernimmt die ATP-Produktion. Nach ca. 300m hatdie anaerobe Glykolyse soviel Milchsäure produziert, dassdas Muskelgewebe an seine pH-Grenze stößt. Nun kommtder dritte ATP-Syntheseweg ins Spiel, der auf dem vollstän-digen aeroben Glucoseabbau zu Kohlendioxid und Wasserberuht. Auch dabei entsteht zunächst Pyruvat, das jedochnicht wie bei der anaeroben Glykolyse zu Milchsäure redu-ziert wird, sondern im Zitronensäurezyklus [22] und mitHilfe der oxidativen Phosphorylierung vollständig zu Koh-lendioxid und Wasser abgebaut wird. Dieser vollständig ae-robe Abbau ist mit 36 Mol ATP je Mol Glucose sehr effizi-ent. So schön dies aus thermodynamischer Sicht klingt, einNachteil ist auf dem letzten Streckenstück offensichtlich:Die Läufer werden langsamer, da sich mit dem oxidativenGlucoseabbau pro Sekunde nur noch ein Fünftel der ATP-Menge herstellen lässt und das nur bei optimaler Sauer-stoffversorgung der Muskeln. Für 400-m-Läufer wird daherauf den letzten 100m das Herz-Kreislauf-System zum limi-tierenden Faktor.

Ein Liter Blut bindet etwa 200 ml Sauerstoff, wovon ma-ximal 165 ml abgegeben werden können. Die den Muskelnzugeführte Sauerstoffmenge hängt vom Puls und vom mitjedem Herzschlag gepumpten Blutvolumen ab. In Ruhe sinddas etwa 5 l/min, bei hoher Anstrengung bis zu 20 l/min.Durch intensives Training kann das Herzvolumen von 100auf 200 ml erhöht werden und Werte bis zu 40 l/min kön-nen erreicht werden. Zusätzlich wird bei körperlichen Ex-trembelastungen die Blutversorgung auf die aktiven Mus-kelgewebe begrenzt, indem sich z.B. Arterien verengen, dieandere Organe (Verdauungstrakt, Nieren, Haut) und nichtbeanspruchte Muskeln versorgen [23].

Insgesamt schaffen es die 400-m-Läuferinnen und -Läu-fer durch eine aufeinander abgestimmte Nutzung von dreiunterschiedlichen Stoffwechselwegen, die ATP-Bildungwährend des Rennens immer auf höchstem Niveau zu hal-ten (Tabelle 3), denn sie erreichen das Ziel in rund 45 Se-kunden, für 100 Meter also nur 11 s. Hut ab vor dieser bio-chemischen Meisterleistung!

Nach einem 400-m-Lauf wird in den ersten zwei bis dreiMinuten dem Blut und den anderen Körperflüssigkeitendurch verstärkte Atmung Sauerstoff zugeführt, der währenddes Rennes von dort abgezogen wurde. Der anschließendeoxidative Abbau der akkumulierten Milchsäure ist langsam,so dass ein erneuter Start erst nach mehreren Stunden Er-holungsphase möglich ist.

Der Marathon-LaufMarathonrennen werden mit mäßiger und relativ konstan-ter Geschwindigkeit gelaufen, und die ATP-Synthese basiertausschließlich auf aeroben Abbauten. Für die Schnelligkeitdes Läufers ist deswegen vor allem die ausreichende Sau-erstoffversorgung der Muskeln durch das Herz-Kreislauf-System ausschlaggebend. Aber was heißt mäßige Ge-schwindigkeit? Marathonläufer der Spitzenklasse laufen imDurchschnitt mehr als 5 m/s. Ein 100-m-Weltrekordler ist„nur“ doppelt so schnell!

Ungefähr bei Kilometer 35 geht der etwa 400 g großeGlucosevorrat (in Form von Glykogen) zur Neige. Die Mus-keln haben schon während der ersten 35 km einen Teil derEnergie aus dem oxidativen Fettsäureabbau gewonnen, aberjetzt wird dies zur alleinigen Energiequelle. Mit dem Satz„Dann kommt der Mann mit dem Hammer“ beschreibenerfahrene Marathonläufer ihr Körpergefühl während dieserbiochemischen Umstellung. Während des Rennens ist diesein kritischer Zeitpunkt, da der Glucosespiegel im Blut nichtzu tief fallen darf, da sonst lebenswichtige Organe wie dasGehirn nicht mehr ausreichend versorgt werden. Desori-entierungen gegen Ende eines Marathonlaufs sind daher kei-ne Seltenheit (Tabelle 4). Der problemlose Umstieg von Glu-cose auf Fettsäuren entscheidet ganz wesentlich über dieerzielte Zeit und für Fachleute beginnt der eigentliche Ma-rathonlauf erst bei Kilometer 35 km. Auf der anderen Seiteeröffnet die Stoffwechselumstellung den Muskeln das ge-waltige Fettreservoir von etwa 135.000 kcal (Glyko-genspeicher 2400 kcal). Dieses Energiereservoir reicht fürviele Stunden moderater ATP-Synthese, wie die Ultra-langstreckenläuferin Ann Trason eindrucksvoll belegt, die

TAB. 3 M A X I M A L E S Y N T H E S E L E I S T U N G VO N M U S K E LG E W E B E

ATP-Quelle ATP-Syntheseleistung Größe des ATP-Reservoirs

Kreatinphosphat 4 Mol ATP/min knapp 10s

anaerobe Glykolyse 2,5 Mol ATP/min etwa 30s

oxidativer Glykoseabbau 1 Mol ATP/min eine Stunde

TAB. 4 A B BAU VO N S PE I C H E R S U B S TA N Z E N W Ä H R E N D

D E S M A R AT H O N L AU F S [ 2 6 ]

Laufzeit [h] Glykogen [Mol] Fettsäuren [Mol] Blutglucose [mMol/l] 0–1 50 12 5,6

1–2 26 37 4,6

2–3 20 40 3,8

Gehen

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mit einer Durchschnittgeschwindigkeit von knapp 3,3 m/sdie 100 Meilen (161 km) in 13 h 47 min zurücklegt.

Neben dem Ausdauertraining bereiten sich Marathon-läufer durch eine spezielle Diät auf die Olympischen Spie-le vor. Ziel ist es, einen möglichst großen Glykogenvorratin die Muskelzellen einzulagern. Durch eine kohlenhydra-treiche Diät (Nudeln, Nudeln und nochmals Nudeln) ge-lingt es, statt der normalen 17,5 g bis zu 33 g Glykogen prokg Muskelgewebe einzulagern.

Woher wissen wir eigentlich, dass der Körper ab Kilo-meter 35 nur noch Fettsäuren für die ATP-Synthese abbaut?Auch hier hilft die Stöchiometrie weiter:

Oxidativer Glucoseabbau:C6H12O6 + 6 O2 → 6 CO2 + 6 H2O

Oxidativer Fettsäureabbau:CH3-(CH2) n-COOH + 1/2 (3n+4) O2 → (n+2) CO2 + (n+2) H2O

Wenn nur Glucose oxidativ abgebaut wird, gilt (CO2/O2) =1, bei oxidativem Abbau von Fettsäuren (z.B. Stearinsäuren = 16) jedoch (CO2/O2) = 0.7. Durch Messung dieses Quo-

tienten kann die energetische Quelle der ATP-Synthesezweifelsfrei bestimmt werden.

Das nach einem Marathonlauf notwendige Auffüllen desGlycogenspeichers dauert selbst bei kohlenhydratreicherDiät etwa zwei Tage, so dass ein erneuter Wettlauf erst nacheinigen Tagen wieder möglich ist.

Die hier erarbeiteten chemischen Grundlagen erlaubenuns eine völlig neue Betrachtungsweise der olympischenWettkämpfe. Vom explosionsartigen Abbau von Kreatin-phosphat beim 100-m-Sprint über die 400-m-Läufer, die zu-sätzlich Glucose zunächst anaerob und auf den letzten Me-tern oxidativ abbauen bis hin zu den Marathonläufern, diemit ihren leistungsstarken Herz-Kreislauf-Systemen vor al-lem Glucose und zum Schluss nur noch Fette abbauen (Ab-bildung 10). All diese komplexen Abbaureaktionen habennur einen Zweck: die Muskeln mit ausreichenden MengenATP zu versorgen.

So sehr wir uns mit den Medaillengewinnern freuen,der eigentliche Sieger steht für uns längst fest: Adenosin-triphosphat!

ZusammenfassungBei den Olympischen Spielen in Peking wird eine gewaltigeMenge Chemie ablaufen. Es geht nicht etwa um Doping, zu-mindest hoffen wir dies, sondern um über 10.000 teilneh-mende Sportlerinnen und Sportler, die weit über 400.000 kgAdenosintriphosphat in ihren Muskeln abbauen und wiederaufbauen werden [24]. Wegen dieser imposanten Zahl solltenwir diesem kleinen Molekül deutlich mehr Aufmerksamkeitschenken, denn wir haben gelernt: Erst ATP macht die Olym-pischen Spiele überhaupt möglich.

SummaryDuring the Olympic Games in Beijing there will be a lot ofchemistry happening. We are not talking about doping butabout the 10,000 participating athletes who will hydrolyzeand resynthesize over 400,000 kg of adenosinetriphosphate(ATP) in their muscle tissues. This impressive figure shows thatthis little molecule definitely deserves more attention. Let’snot forget that ATP makes the Olympic Games possible at allin the first place.

Danksagungen Dr. H. Jastrow von der Universität Mainz danke ich für dieAbdruckerlaubnis von zwei elektronenmikroskopischenAufnahmen aus seinem Anatomieatlas www.uni-mainz.de/FB/ Medizin/Anatomie/workshop, Prof. M.W. Weiner von

A B B . 1 0 | AT P- S Y N T H E S E AU F V E R S C H I E D E N E N L AU F S T R EC K E N

Bei einem 100-m-Lauf stammt das verbrauchte ATP auf den ersten 50 Metern über-wiegend aus dem Kreatinphosphat-Reservoir, dann aus der anaeroben Glykolyse.Beim 400-m-Lauf setzt auf dem letzten Viertel der Strecke der oxidative Glucoseab-bau ein. Die ATP-Synthese während eines Marathonlaufs beruht anfangs vorwie-gend auf dem oxidativen Glucoseabbau und zum Ende hin aus dem oxidativenFettsäureabbau.

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der University of San Francisco und Prof. M.D. Boska vomUniversity of Nebraska Medical Center für die Überlassungder In-vivo-Phosphor-NMR-Spektren, der Missouri Histori-cal Society für den Abdruck von Fotomaterial, H. Hube für

seine leichathletische Beratung, G. Kahn für ihre hilfereicheHand, Dr. Spandl, FU Berlin für seine stöchiometrische Be-ratung und Dr. P. Winchester, FU Berlin, für die Durchsichtdes Manuskripts.

D I E D O PPE L- I S OTO PE N - M E T H O D E : E I N G E N I A L E R E I N FA L L |Der Energieverbrauch eines Menschen lässt sich ineinem Ganzkörper-Kalorimeter bei bekannter Nah-rungs- und Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxid-abgabe bestimmen. In einer abgeschlossenenKammer lassen sich aber viele körperliche Aktivitä-ten (Schwimmen, Bergsteigen etc.) nicht simulie-ren. Erst die Entwicklung der Doppel-Isotopen-Me-thode erlaubte Untersuchungen an „freilebenden“Menschen in ihrer Alltagswelt [33].

Nach Trinken einer geringen Menge von mitDeuterium-2H und Sauerstoff-18O angereichertemWasser wird die Ausscheidung beider Isotope übermehrere Tage im Urin verfolgt [34]. Beide Isoto-penkonzentrationen nehmen exponentiell ab, wo-bei 18O schneller ausgeschieden wird als 2H (Abbil-dung 12) .

Zum Verständnis verfolgen wir beide Isotope imKörper. Nach der Aufnahme verteilen sie sich zu-nächst gleichmäßig im Körperwasser. Die schnelle-re Ausscheidung von 18O wird durch das im Blut

gelöste CO2 verursacht, das mit Wasser in folgen-dem Gleichgewicht steht: CO2 + H2O a H2CO3.Dabei findet ein 18O/16O-Sauerstoffaustausch statt(Abbildung 13), der die 18O-Anteile im Kohlendio-xid und Wasser gleich groß macht [35].

Die Auswertung der Messreihe ist einfach, dadie Konzentrationsabnahme streng einem Ab-klinggesetz c = c0 exp(-ki t) folgt. Aus den beidenAusscheidungskonstanten k2 und k18 (Dimensiond–1) und der gleichzeitig bestimmten Gesamtmen-ge des Körperwassers MK kann die ausgeatmeteCO2-Menge pro Tag berechnet werden [36].

rCO2 = Mk ⋅ (k18 - k2)/2.Nun kommt der entscheidende Punkt: Das ausge-atmete Kohlendioxid entsteht allein durch den oxi-dativen Abbau von Nahrungsmitteln, so dass ausder Menge des ausgeatmeten Kohlendioxids rCO2

der Nährwert der verdauten Nahrung berechnetwerden kann [37]: E = 127,5 rCO2 (kcal/d).

Nun offenbart sich die ganze Eleganz der Dop-pel-Isotopen-Methode. Man schluckt ein paar Mil-

liliter Isotopen-angereichertes Wasser, ansonstenleben die untersuchten Personen normal weiter.Aus wenigen Urinproben kann der mittlere tägli-che Energieverbrauch ohne jeglichen weiteren Ein-griff bestimmt werden [38]. Auf diese eleganteWeise kann der Energieverbrauch auch bei außer-gewöhnlichen Belastungen bestimmt werden, z.B.

– Hochseesegler bei einer Weltumrundung: 4700 kcal/d

– Extrembergsteiger auf Touren oberhalb von6000 m: 4700 kcal/d

– Soldaten bei Wüstenmanövern unter extremerHitze: 5600 kcal/d

Den höchsten täglichen Energieverbrauch zeig-ten vier Radrennfahrer auf der Tour de France1984 mit etwa 7000 kcal/d [39], also etwa demFünffachen des Grundumsatzes [40]. Übrigenskonnte nachgewiesen werden, dass bei kurzenRaumflügen die fehlende Schwerkraft keinen Ein-fluss auf den täglichen Energiebedarf hat.

Abb. 12 Abnahme von 2H und 18O im Urin nach Aufnah-me von 2H2O und H2

18O. Nach oraler Aufnahme von 10–20 ml isotopenangereichertem Wasser [28] verteilensich 18O und 2H im gesamten Körper. Die Konzentratio-nen beider Isotope nehmen exponentiell ab.

Abb. 13 16O/18O-Isotopenaus-tausch nach Aufnahme von 18O-markiertem Wasser. In Wassergelöstes CO2 steht mit Kohlensäu-re im Gleichgewicht, wobei dasGleichgewicht mit 99,997 % aufSeiten des CO2 liegt. Die Bildungvon H2CO3 ist im neutralen pH-Bereich relativ langsam (k = 0,13 s–1). Da diese Reaktionfür die Wasserausscheidung inden Nieren und den Transportvon CO2 aus den Zellen zur Lungeentscheidend ist, wird sie in unse-rem Körper durch das Enzym Car-boanhydrase um fast sieben Zeh-nerpotenzen beschleunigt [29].

Ein einziges Enzymmolekül katalysiert die Umsetzung von 36 Millionen CO2-Molekülenpro Minute [30] und macht Carboanhydrase zu einem der leistungsfähigsten Enzyme.Durch die Enzymkatalyse findet ein rascher Austausch zwischen den Sauerstoffatomenim gelösten CO2 und Wasser statt.

Tennis

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Literatur und Anmerkungen[1] Beim schnellen Fasertyp II können mehrere Untertypen unter-

schieden werden, die sich z.B. in ihren Anteilen der anaeroben undaeroben Energiegewinnung unterscheiden. Keep on Running, E. Newsholme, T. Leech und G. Duester, 11999944, John Wiley & Sons,Chichester.

[2] C.P. Ingalls, J. Appl. Physiol. 22000044, 97, 1591.[3] K. Schmidt-Bäse, Chem. unserer Zeit, 11999933, 27, 306. B. Saltin et al.

Spektrum Wissensch. 22000011 (3), 70.[4] Eine liebevolle Würdigung: P. Langen und F. Hucho, Angew. Chem.

22000088,120, 1848.[5] Auch in der deutschsprachigen Literatur haben sich die englischen

Abkürzungen Pi (inorganic phosphate), PCr (phosphocreatine) undCr (creatine) eingebürgert.

[6] R. Cooke, J. Gen. Physiol. 22000044, 123, 643; R.D. Vale und R.A. Milligan,Science, 22000000, 288, 88.

[7] Anorganisches Phosphat, Pi , ist wirklich nichts anderes ist, als dasSalz der Phosphorsäure bei physiologischen pH-Wert. Man glaubtes kaum, aber in unseren Muskeln stecken einige mMol/kg Phos-phorsäure, einfache, frei herum schwimmende Phosphorsäure!

[8] Lord A.R. Todd, Chem. unserer Zeit, 11996688, 2, 1.[9] http://nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/1953/

lipmann-lecture.pdf[10] Bioenergetik, A.L. Lehninger, 11998822, Thieme Verlag, Stuttgart.[11] Biochemie, L. Stryer, 11998888, Spektrum Verlag, Heidelberg; Lehninger

Biochemie, D. Nelson und M. Cox, 22000011, Springer, Heidelberg.[12] Thermodynamics of Biochemical Reactions, R.A. Alberty, 22000033,

John Wiley & Sons, Hoboken.[13] Biochemistry, R. W. McGilvery, 11998833, W.B. Saunders, Philadelphia.[14] K. Roth und M. Weiner, Magn. Reson. Medicine, 11999911, 22, 505.[15] Natürlich wird ATP nicht direkt aus Glucose oder Fett hergestellt,

sondern im Verlauf deren vielstufigen Abbaus. Die Hauptmenge anATP entsteht in den Mitochondrien. Siehe P. Dimroth, Chem.unserer Zeit, 11999955, 29, 33.

[16] Glucose steht nicht direkt in ausreichender Menge zur Verfügung,sondern wird bei Bedarf in den Muskelzellen aus Glykogen, einerPolyglucose, durch Hydrolyse gewonnen.

[17] Einführung in die In-vivo Phosphor-NMR-Spektroskopie (NMR =nuclear magnetic resonance): A.M. Gronenborn und K. Roth, Chem.unserer Zeit, 11998822, 16, 1; J.A. Kent-Braun et al, Radiol. Clin. NorthAm. 11999944, 32, 313.

[18] Die Gleichgewichtskonstante von 100 bezieht sich auf pH = 7 und[Mg2+] = 0.5 mMol/l.

[19] Einige Athleten versuchen ihr Kreatinphosphat-Reservoir durchhohe Kreatinzufuhr zu erhöhen. A. Maelicke, Nachr. Chem. Tech.Lab. 11999999, 47, 1326.

[20] Ein Teil des Pyruvats wird zu Glucose verarbeitet und als Glykogengespeichert.

[21] Die Abnahme des pH-Wertes (Übersäuerung) wird meist alsauslösender Faktor von Muskelschwäche diskutiert, jedoch ergebendie zahlreichen Untersuchungen kein eindeutiges, teilweise sogarwidersprüchliches Bild. S.K. Stackhouse et al. Phys. Therapy22000011,81, 1897.

[22] K. Roth, Chem. unserer Zeit 22000055, 3 ,348.[23] H. Kuipers, Endeavour 11998877, 11, 63.[24] Es wird angenommen, dass jeder Olympiateilnehmer in Peking

beim Training, Aufwärmen, bei den Vorläufen und Endkämpfen im

Durchschnitt die Hälfte der ATP-Menge verbraucht, die er oder siebei einem einzigen Marathonlauf verbrauchen würde.

[25] Human Physiology and Mechanisms of Disease, A.C. Guyton, 11998877,W.B. Saunders, Philadelphia.

[26] Clinical Detective Stories, M.L. Halperin und F.S. Rolleston,11999933,Portland Press, London. Jedes Molekül PCr liefert ein Molekül ATP,jede zu Milchsäure abgebaute Glucose zwei Moleküle ATP.

[27] B. R. Newcomer und M.D. Boska Muscle & Nerve 11999977, 20, 336.[28] D.A. Schoeller, Am.J.Clin.Nutr. 11998833, 38, 999. Üblicherweise werden

0,12 ml 2H2O (Anreicherung = 99%) und 0,3 ml H218O (Anreiche-

rung = 10%) je Kilogramm Körperwasser verabreicht. Bei einem 70-kg-Mann mit 42 kg Körperwasser wären das 13 g H2

18O und 5 g2H2O.

[29] D.N. Silverman und S. Lindskog, Acc. Chem. Res. 11998888, 21, 30.[30] R. Ludwig und A. Kornath, Angew. Chem. 22000000, 112, 1479.[31] S. Pain, New Scientist, 22000044, 7. August, 46. The Olympic Marathon,

D. Martin und R. Gynn, 22000000, Human Kinetics. America’s FirstOlympics, G.R. Matthews, 22000055, University of Missouri Press,Columbia.

[32] D. Dawson und K. Reid, Nature, 11999977, 388, 235.[33] N. Lifson et al., J. Appl. Physiol. 11995555, 7, 704; D.A. Schoeller und

E. van Santen, J. Appl. Physiol. 11998822, 53, 955.[34] Beide Isotope sind nicht radioaktiv und in natürlichem Wasser

enthalten (2H -Gehalt: 0,015 %, 18O-Gehalt: 0,205 %). Mit Deuteri-um oder 18O angereichertes Wasser ist bei diesen geringen Mengenvöllig unbedenklich.

[35] N. Lifson et al., J. Biol. Chem. 11994499, 180, 803.[36] www.unu.edu/unupress/food2/UID05E/uid05e00.htm[37] Der Wert 127,5 kcal/mol entspricht einer typischen westlichen

Mischdiät. [38] Die Untersuchungsmethode kann auch bei Tieren genutzt werden.

So wurde der Energieverbrauch von arktischen Schlittenhundenwährend eines 450-km-Rennens und von frei lebenden wildenTruthähnen, Albatrossen, Seelöwen usw. untersucht:www.metsol.com/energy_expenditure.htm

[39] K.R. Westerterp et al, J. Appl. Physiol. 11998866, 61, 2162.[40] Ein Vergleich einer Vielzahl von Lebewesen zeigt, dass der Quotient

aus maximalem täglichen Energieverbrauch und Grundumsatz beiunbeschränktem Nahrungsangebot einen Wert von 5-7 nichtüberschreitet. Verglichen wurden Zugvögel, säugende Labormäuse,australische Beuteltiere, Stachelleguane und Hühner bei derAufzucht von Küken auch unter extremen Umweltbedingungen.K.A. Hammond und J. Diamond, Nature 11999977, 386, 457.

Der AutorAutor dieser Rubrik istProf. Klaus Roth vonder Freien UniversitätBerlin. E-Mail: [email protected]

Stabhochsprung