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Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2015 2018 Nationaler Bericht von Kultusministerkonferenz und Bundesministerium für Bildung und Forschung unter Mitwirkung von HRK, DAAD, Akkreditierungsrat, fzs, DSW und Sozialpartnern (15.02.2018)

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Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2015 – 2018

Nationaler Bericht von Kultusministerkonferenz und

Bundesministerium für Bildung und Forschung

unter Mitwirkung von

HRK, DAAD, Akkreditierungsrat, fzs, DSW und Sozialpartnern

(15.02.2018)

- 2 -

Inhalt1

1. Vorwort 3

2. Nationale Entwicklungen 5

2.1 Lernen und Lehren 6

2.2 Mobilität 7

2.3 Internationalisierung 9

2.4 Digitalisierung 10

2.5 Lebenslanges Lernen 11

2.6 Bedeutung der beruflichen Bildung in Deutschland 12

2.7 Unterrepräsentierte und benachteiligte Gruppen 12

2.8 Wechselseitige Anerkennung akademischer Qualifikationen 14

2.9 Qualitätssicherung 15

3. Internationale Entwicklungen 17

3.1 Internationale Zusammenarbeit 17

3.2 Konferenz der Wissenschaftsministerinnen und –minister 19

vom 23. bis 25.05.2018 in Paris

4. Wissenschaftsfreiheit und institutionelle Autonomie als 22

besondere internationale Herausforderung

1 Der Bericht ist unter Mitwirkung aller in der nationalen AG „Fortführung des Bologna-Prozesses“

vertretenen Stakeholder entstanden. Mitwirkung bedeutet nicht, dass alle Aussagen von allen Akteu-ren im Detail mitgetragen werden.

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1. Vorwort

Im Mai 2018 findet in Paris die mittlerweile 10. Bologna-Konferenz der Wissen-

schaftsministerinnen und -minister statt. In diesem Rahmen wird erneut der auf ei-

ner umfangreichen Datenerhebung unter den Staaten und verschiedenen Organi-

sationen basierende Umsetzungsbericht Bologna vorgelegt. Dieser Bericht dient

der Abbildung des Stands der Umsetzung in den Unterzeichnerstaaten der Bolog-

na-Erklärung und beinhaltet sowohl alte wie auch neue von den Ministerinnen und

Ministern gesteckte Ziele. Der Bericht beruht indikatorengestützt auf offiziellen sta-

tistischen Daten und von den Teilnehmerstaaten ausgefüllten Fragebögen.

Deutschland hat gemeinsam mit Frankreich, Italien und Großbritannien auf der

Konferenz der für Bildung zuständigen Ministerinnen und Minister an der Universi-

tät Sorbonne 1998 die Grundlage eines gemeinsamen Rahmens für die europäi-

sche Hochschulbildung geschaffen. Auf der Sorbonne-Erklärung aufbauend,

schlossen sich ein Jahr später 30 Staaten bei einer Konferenz in Bologna dieser

Idee an und bereiteten mit der Bologna-Erklärung die Basis für den Europäischen

Hochschulraum (EHR), dem inzwischen 48 Staaten angehören. Die Kernziele der

Erklärung sind:

- die Einführung gestufter Studiengänge,

- die Vereinfachung der Anerkennung,

- die Einführung eines Kreditpunktesystems ECTS,

- die europäische Zusammenarbeit im Bereich der Qualitätssicherung,

- die Förderung der Mobilität der Studierenden und Hochschulangehörigen und

- die Stärkung einer europäischen Dimension der Hochschulbildung.

Erweitert wurde der Zielkatalog bei den Folgekonferenzen in Prag (2001) und Ber-

lin (2003) um folgende Punkte:

- Lebenslanges Lernen,

- Einbeziehung der Hochschulen und Studierenden,

- Förderung der weiteren Entwicklung der Qualitätssicherung,

- Berücksichtigung der Sozialen Dimension bei der Umsetzung des Bologna-

Prozesses,

- 4 -

- Erhöhung der weltweiten Attraktivität des Europäischen Hochschulraums sowie

- Etablierung des Europäischen Hochschulraums und des Europäischen For-

schungsraums als die zwei Säulen der Wissensgesellschaft.

Seit 1999 wurden und werden in allen Unterzeichnerstaaten der Bologna-

Erklärung große Anstrengungen unternommen, diese Ziele umzusetzen.

Über die vergangenen Jahrzehnte hat sich der Europäische Hochschulraum mit

seinen vergleichbaren Studienstrukturen, gemeinsam genutzten Standards bei der

Qualitätssicherung, der besseren, europaweiten Anerkennung von Studienleistun-

gen, der adäquaten Nutzung von ECTS und den dazugehörigen, bewerteten

Lernergebnissen zu einem weltweit beachteten Raum mit Vorbildfunktion entwi-

ckelt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurde seit einigen Jahren die

adäquate Umsetzung aller beschlossenen Reformen verstärkt in den Fokus ge-

nommen. Nur wenn die Instrumente und Strukturen passgenau und funktional

sind, kann der Europäische Hochschulraum gesteckte Ziele wie Vergleichbarkeit,

einfache Anerkennung oder erleichterte Mobilität erreichen.

Von mindestens ebenso großer Bedeutung wie die zum Bologna-Prozess gehö-

renden Instrumente, Richtlinien und Standards ist die Entwicklung eines gemein-

samen Verständnisses und einer gemeinsamen Sprache in Bezug auf eine quali-

tativ hochwertige und qualitätsgesicherte Hochschulbildung in 48 europäischen

Staaten. Der Bologna-Prozess ist das einzige Forum, das die Kooperation der EU

mit ihren östlichen Nachbarn in dieser für die Zukunft Europas vitalen Frage er-

möglicht, langfristig entwickelt und unterstützt.

Der Bologna-Prozess wird bei seiner Weiterentwicklung auch die Initiativen der

Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und die jüngsten Überle-

gungen von Staatspräsident Macron aufnehmen. Dabei soll nach Vorstellung von

Bundesregierung und KMK zunächst eine Verstärkung der Mobilität und des Aus-

tauschs, auch durch ein wesentlich gestärktes, integriertes und erweitertes Pro-

gramm Erasmus+, erreicht werden. Ebenfalls von Bedeutung werden die Stärkung

strategischer Partnerschaften zwischen Hochschuleinrichtungen in der gesamten

EU und die Förderung der Herausbildung von europäischen Hochschulnetzwerken

bis 2024 sein.

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Die Vorschläge bieten auch eine Chance, den europäischen Hochschulraum und

den europäischen Forschungsraum zusammenzudenken. Die nach dem Bottom-

up-Prinzip zu errichtenden Hochschulnetzwerke in der gesamten EU sollen es

Studierenden ermöglichen, durch eine Kombination von Studienfächern bzw. Mo-

dulen in mehreren EU-Ländern einen Studienabschluss zu erwerben. Diese Ko-

operation stärkt auch gemeinsame Forschungsaktivitäten und trägt somit zur in-

ternationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschulen bei.

Ein starker Hochschul- und Forschungsraum entsteht nur, wenn die Freiheit von

Wissenschaft und Forschung sowie institutionelle Autonomie gewährleistet werden

sowie Forschende, Lehrende und Studierende an der (Mit-)Gestaltung der Hoch-

schulen beteiligt sind. Deshalb gehört es zur Glaubwürdigkeit Europas, die

Grundwerte in Paris erneut zu betonen, auch wenn eine Umsetzung in allen Staa-

ten einen längeren Zeitraum erfordert. Hierbei sollte die Weiterentwicklung aus

deutscher Sicht durch Dialog, Begegnung und Zusammenarbeit geprägt sein.

Der Prozess wird in Deutschland durch die Arbeitsgruppe „Fortführung des Bolog-

na-Prozesses“ begleitet und organisiert, die gemeinsam vom Bundesministerium

für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz der Länder geleitet

wird. Mitglieder sind die Hochschulrektorenkonferenz, der Akkreditierungsrat, der

Deutsche Akademische Austauschdienst, der freie zusammenschluss der stu-

dent*innenschaften, das Deutsche Studentenwerk, die Gewerkschaft Erziehung

und Wissenschaft sowie die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. An der

Erstellung dieses hier vorgelegten Berichts haben alle genannten Partner mitge-

wirkt.

2. Nationale Entwicklungen

Deutschland hat seit der Unterzeichnung der Bologna-Erklärung 1999 große An-

strengungen unternommen, um die Ziele zur Schaffung eines Europäischen

Hochschulraums zu erreichen. Besonders sichtbar wurde dies bei der Einführung

der gestuften Struktur der Studiengänge, eines Kreditpunktesystems und der

Schaffung gemeinsamer Grundlagen für die Qualitätssicherung.

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2.1 Lernen und Lehren

Entwicklung der Studierendenzahl

Insgesamt waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Wintersemes-

ter 2017/2018 2.847.821 Studierende an den deutschen Hochschulen einge-

schrieben. Das entspricht einer Steigerung von rund 231.000 Studierenden bezie-

hungsweise beinahe 9 % im Vergleich zum letzten nationalen Bericht zur Umset-

zung der Ziele des Bologna-Prozesses aus dem Jahr 2015.

Angebotene Studiengänge

Die deutschen Hochschulen haben laut der Datenbank des Hochschulkompasses

der Hochschulrektorenkonferenz im Wintersemester 2017/2018 8.750 Bachelor-

und 8.758 Masterstudiengänge angeboten. Darüber hinaus gibt es 1.280 Studien-

gänge, die zu einem staatlichen (insbesondere in Jura, Medizin, Pharmazie und

teilweise im Lehramt) oder kirchlichen Abschluss führen, sowie 401 übrige Studi-

engänge.

Die 17.508 Studiengänge, die mit einem Bachelor- oder Masterabschluss enden,

machen somit 91,1 % aller Studiengänge in Deutschland aus. Dies bedeutet einen

weiteren Anstieg um 3,7 Prozentpunkte gegenüber dem nationalen Bologna-

Bericht 2015. Das Studienangebot an deutschen Hochschulen ist damit inzwi-

schen ganz überwiegend durch international anerkannte Bachelor- und Master-

studiengänge geprägt.

Übergang zum Master

Laut der Absolventenuntersuchung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und

Wissenschaftsforschung (DZHW) aus dem Jahr 2016 haben 64 % der Bachelor-

absolventinnen und -absolventen des Jahrgangs 2013 ein Masterstudium aufge-

nommen, weitere 14 % haben dies geplant. Große Unterschiede zeigen sich hier

bei der Betrachtung der verschiedenen Hochschularten: Während an den Univer-

sitäten 82 % der Bachelorabsolventinnen und -absolventen ein Masterstudium

aufgenommen und weitere 8 % dies geplant haben, sind es an den Fachhoch-

schulen 44 % bzw. 20 %.

Zum Wintersemester 2016/2017 wies ein Anteil von 23,8 % (gegenüber 25,4 % im

Vorjahr) der Masterstudiengänge laut dem Bericht „Situation im Masterbereich im

- 7 -

Wintersemester 2016/2017“ der Kultusministerkonferenz örtliche Zulassungsbe-

schränkungen auf. Der Anteil an Studiengängen mit örtlichen Zulassungsbe-

schränkungen ist sowohl an Universitäten (20,3 % gegenüber 21,4 % im Jahr da-

vor) als auch – noch deutlicher – an Fachhochschulen (35,6 % gegenüber 40,5 %

im Jahr zuvor) zurückgegangen. Somit unterlagen damit mehr als drei Viertel aller

Masterstudiengänge keinen Zulassungsbeschränkungen.

2.2 Mobilität2

Das große, übergeordnete Ziel des Bologna-Prozesses ist die Schaffung eines

gemeinsamen Europäischen Hochschulraums. In diesem soll es möglich sein,

verschiedene Elemente des Studiums – einen ganzen Studiengang bis zum Ab-

schluss oder Teile des Studiums – in einem anderen Land unter Anerkennung

dieses Abschlusses bzw. der Studienleistungen zu absolvieren.

Bund und Länder haben es sich zum Ziel gesetzt, dass 50 % aller Absolventinnen

und Absolventen studienbezogene Auslandserfahrung gesammelt haben sollen.

Für die EU- und die Bologna-Unterzeichnerstaaten ist es ein erklärtes Ziel, dass

mindestens 20 % der Absolventinnen und Absolventen einen mindestens dreimo-

natigen Studien- oder Praktikumsaufenthalt im Ausland absolviert haben bzw. 15

ECTS-Punkte im Ausland erworben wurden.

In Bestimmungen wie den Ländergemeinsamen Strukturvorgaben bzw. der Mus-

terrechtsverordnung zum Staatsvertrag über die Organisation eines gemeinsamen

Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Studium und Lehre an den

deutschen Hochschulen (Studienakkreditierungsstaatsvertrag) ist darüber hinaus

festgehalten, dass die Hochschulen den Studierenden die Möglichkeit eines Aus-

landsaufenthaltes, etwa durch den Einbau eines „Mobilitätsfenster“ in den Pro-

grammen, bieten müssen. Damit ist Deutschland der einzige Staat unter den Bo-

logna-Unterzeichnerstaaten, der diese Möglichkeit verbindlich vorsieht.

Deutsche Studierende im Ausland

Legt man die Befunde der DAAD/DZHW-Mobilitätsstudie 2017 zugrunde, so ist

davon auszugehen, dass das europäische Mobilitätsziel in Deutschland bereits er-

2 Ausführliche Informationen und weitere Zahlen finden sich in der regelmäßig vom DAAD herausge-gebenen Publikation „Wissenschaft Weltoffen“

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reicht wurde: 30 % der deutschen Studierenden in höheren Semestern3 haben ei-

nen Auslandsaufenthalt absolviert, der den Kriterien des Ziels der EU bzw. der Bo-

logna-Unterzeichnerstaaten entspricht. Studienbezogene Auslandserfahrung nach

den Kriterien des Ziels von Bund und Ländern können bereits 36 % der Studieren-

den in höheren Semestern vorweisen. Die Erreichung des gesetzten 50% Mobili-

tätsziels erfordert weitere Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf bestimmte

Studienfächer und Herkunftsgruppen der Studierenden.

Ausländische Studierende in Deutschland

Im Wintersemester 2016/17 waren an deutschen Hochschulen 358.895 ausländi-

sche Studierende eingeschrieben und stellten damit 12,8 % aller Studierenden in

Deutschland. Die Zahl der Bildungsausländer, d.h. der ausländischen Studieren-

den mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung, lag im WS 2016/17 bei

265.484, was einem Anteil von 9,5 % aller Studierenden entspricht (WS 2013/14:

8,4 %). Die Steigerung im Vergleich zum letzten nationalen Bologna-Bericht fällt

hier demnach mit 21,3 % sehr viel deutlicher aus als bei den Studierenden insge-

samt. Die mit Abstand größten Gruppen der Bildungsausländer stammen aus Eu-

ropa (40,5 %) und Asien (40,4%), gefolgt von Studierenden aus Afrika (10,4 %)

und Nord- bzw. Südamerika (8,2 %).

Differenziert man die Bildungsausländer nach Hochschulart, so zeigt sich, dass

197.516 Studierende an Universitäten (10,9 %) und 67.968 Studierende an Fach-

hochschulen (6,8 %) immatrikuliert sind.

Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern

Im Jahr 2016 waren an den deutschen Hochschulen insgesamt 43.647 wissen-

schaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ausländischer

Staatsangehörigkeit beschäftigt. Die größte Gruppe stellen dabei die Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa mit rund 60 %, gefolgt von Asien

mit 25 %.

Im Vergleich zu 2013 (38.015) bedeutet das einen Anstieg um rund 5.600 Perso-

nen bzw. rund 15 %. Vergleicht man damit die Steigerung um 4,25 % der Anzahl

der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insge- 3 Die Definition der Anzahl der Semester unterscheidet sich je nach Abschlussart

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samt von 174.701 auf 182.129 zeigt sich, dass der Anteil der ausländischen Mitar-

beiterinnen und Mitarbeiter deutlicher gestiegen ist.

Noch nachdrücklicher zeigt sich die Bedeutung der Wissenschaftlerinnen und

Wissenschaftler aus dem europäischen Ausland, wenn man den Blick speziell auf

die Professorinnen und Professoren mit ausländischer Staatsangehörigkeit richtet,

von denen über drei Viertel (76 %) aus Europa stammen.

Die Zahl der geförderten Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern an den

deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen belief

sich im Jahr 2015 auf 35.636 Personen, von denen 95 % eine Förderung vom

Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Deutschen Forschungs-

gemeinschaft (DFG) oder der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) erhielten.

Rund 16.000 deutsche Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler wurden im

Jahr 2015 von deutschen und ausländischen Förderorganisationen bei einem Aus-

landsaufenthalt unterstützt.

2.3 Internationalisierung

Die Internationalisierung ist ein zentraler Bestandteil der Profilbildung der deut-

schen Hochschulen. Sie dient durch wissenschaftliche Zusammenarbeit und den

interkulturellen Dialog dem übergeordneten Ziel, die Hochschulen international

noch konkurrenzfähiger und attraktiver zu machen und prägt ganz entscheidend

die Entwicklung der Hochschulen und des Wissenschaftsstandortes Deutschland.

Mittlerweile hat die überwiegende Mehrheit der Hochschulen in Umsetzung der

2013 gemeinsam von Bund und Ländern verabschiedeten Strategie zur Internati-

onalisierung der Hochschulen eine eigene Internationalisierungsstrategie verab-

schiedet. Auch die Möglichkeit, sogenannte Gemeinsame Studienprogramme

(Joint Programmes), die von mindestens einer ausländischen und einer deutschen

Hochschule durchgeführt werden – anzubieten, wird in zunehmendem Maße ge-

nutzt und fördert ebenfalls die internationale Vernetzung der deutschen Hochschu-

len. Die laut Hochschulkompass mehr als 32.000 internationalen Kooperationen

deutscher Hochschulen, gut 1.700 internationale Studienprogramme in Deutsch-

land und rund 600 Joint Programmes sind Spiegel dieser positiven Entwicklung.

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2.4 Digitalisierung

Im Kommuniqué der Ministerkonferenz in Jerewan wurden 2015 erstmals die

Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für die Hochschulbildung ge-

nannt. In Deutschland wurden vielfältige Maßnahmen ergriffen, um die Digitalisie-

rung konstruktiv zu gestalten und voranzubringen. So haben sich Bund und Län-

der mit der in der Kultusministerkonferenz Ende 2016 vereinbarten Strategie „Bil-

dung in der digitalen Welt“ und der BMBF-Strategie „Bildungsoffensive für die digi-

tale Wissensgesellschaft“ auf zahlreiche Maßnahmen verständigt, um die Digitali-

sierung auch im Hochschulbereich weiter voranzutreiben.

Deutschland ist damit neben Estland, Italien und den Niederlanden einer der we-

nigen Bologna-Unterzeichnerstaaten, der eine nationale Digitalisierungsstrategie

für den Hochschulbereich vorweisen kann. Mit der Unterstützung des Bundes,

insbesondere im Rahmen der Förderung zur Erforschung digitaler Hochschulbil-

dung, bereiten sich die Länder und die Hochschulen auf die Herausforderungen

der Digitalisierung vor und sind bestrebt, diese selbstständig und aktiv zu gestal-

ten. Digitalisierung heißt dabei auch, die digitalen Kompetenzen von Absolventin-

nen und Absolventen zu stärken.

Die Digitalisierung kann dazu beitragen, die Hochschulen als Bildungsort attrakti-

ver zu machen. Neuartige Bildungsangebote können die Sichtbarkeit der deut-

schen Hochschulen insbesondere für Studieninteressierte aus anderen Ländern

erhöhen. Die Digitalisierung kann auch neue Zugangswege für Bildung schaffen.

Bei der strategischen Ausrichtung des Wissenschaftsstandortes Deutschland

spielt die Digitalisierung daher eine wichtige Rolle. Dabei geht es nicht darum, die

Präsenzhochschulen in Online-Universitäten umzubauen, sondern den spezifi-

schen Mehrwert der Digitalisierung für die Arbeit der Hochschulen und in der Leh-

re nutzbar zu machen.

Für die Umsetzung der Strategien der Länder und des Bundes sind in den kom-

menden Jahren zahlreiche Aktivitäten geplant, um weiteren Handlungsbedarf zu

identifizieren und -empfehlungen zu erarbeiten, wobei ein Fokus unter anderem

auf die Lehrkräftebildung gelegt werden soll. Die Internationalität der Wissenschaft

stellt darüber hinaus einen ganz eigenen Innovationsmotor für die “digitale Revolu-

tion“ dar.

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Die in den Strategien vorgeschlagenen Maßnahmen, wie der Ausbau der Unter-

stützungsstrukturen, die Verankerung des Umgangs mit digitalen Medien als

selbstverständlicher Teil der wissenschaftlichen Karriere bis zur Professur, die

Schaffung von Campus-Connect-Lösungen durch die Entwicklung von Standards

sowie die Schaffung von Anreizsystemen, werden von den Ländern gemeinsam

mit den Hochschulen umgesetzt.

Damit befinden sich die Hochschulen in Deutschland auf einem guten Weg. Trotz

allem bleiben Herausforderungen bestehen, wie beispielsweise die Digitalisierung

der Hochschulverwaltung, die Vernetzung der Hochschulen untereinander sowie

international oder die Etablierung elektronischer Verfahren zur Anerkennung bzw.

Zulassung.

Auch im Europäischen Hochschulraum gibt es Maßnahmen, um die Digitalisierung

voranzutreiben. So entscheiden die Ministerinnen und Minister bei der Konferenz

in Paris darüber, ob das Diploma Supplement, wie von der entsprechenden Ar-

beitsgruppe empfohlen, künftig auch elektronisch zur Verfügung gestellt werden

soll.

2.5 Lebenslanges Lernen

Die Hochschulen für neue Studierendengruppen zu öffnen, ist erklärtes Ziel der

Länder, des Bundes und der Hochschulen. Hiermit soll unter anderem auf den

wachsenden Fachkräftebedarf reagiert, Chancengleichheit hergestellt und auf die

geänderten Ansprüche des Arbeitsmarktes eingegangen werden.

Bund und Länder haben in den letzten Jahren vielfältige Maßnahmen ergriffen, um

die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu verbessern und insbesondere den

Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte zu erleichtern. So wurde den Inhabe-

rinnen und Inhabern beruflicher Aufstiegsfortbildungen (Meister, Techniker, Fach-

wirte und Inhaberinnen bzw. Inhaber gleichberechtigter Abschlüsse) der allgemei-

ne Hochschulzugang eröffnet. Zudem wurden die Voraussetzungen definiert, nach

denen beruflich Qualifizierte ohne Aufstiegsfortbildung den fachgebundenen Zu-

gang zur Hochschule erhalten.

Auch bei der Studienorganisation reagieren die Hochschulen auf die Bedürfnisse

der beruflich Qualifizierten: Sukzessive ausgebaut wird das Angebot an berufsbe-

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gleitenden Studiengängen, die eine Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Studium

ermöglichen. So gibt es nach Angaben des HRK Hochschulkompass 496 grund-

ständige und 823 weiterführende berufsbegleitende Studiengänge an den deut-

schen Hochschulen, was eine Steigerung um beinahe 50 % gegenüber dem letz-

ten Bologna-Bericht bedeutet.

Unterstützt wird dieses Angebot durch die oben beschriebenen Maßnahmen im

Zuge der Umsetzung der Digitalisierung an den Hochschulen. Flexibleres, räum-

lich unabhängiges Lernen und zielgruppenorientierte Ansprache kommen auch

den berufstätigen Studierenden zu Gute.

2.6 Bedeutung der beruflichen Bildung in Deutschland

Im Unterschied zu vielen anderen Staaten ist die duale Berufsausbildung in

Deutschland eine Säule des Bildungssystems. Sie hat ihre besondere Stärke ge-

rade in der Wirtschafts- und Finanzkrise erneut unter Beweis gestellt. In vielen eu-

ropäischen Staaten gibt es hingegen sogenannte Short-Cycle-Programme, die in

diesen Ländern der Spezialisierung und der gezielten Qualifizierung für den Ar-

beitsmarkt beziehungsweise der Vorbereitung für die Aufnahme eines Bachelor-

Studiums dienen und im Kommuniqué der Ministerkonferenz in Jerewan 2015 er-

wähnt wurden.

Aufgrund der bewährten und etablierten dualen beruflichen Aus- und Fortbildung

sehen Bund und Länder für Deutschland keine Notwendigkeit, Short-Cycle-

Programme neben den regulären Studiengängen an den Hochschulen zu schaf-

fen.

2.7 Unterrepräsentierte und benachteiligte Gruppen

Bund und Länder unternehmen große Anstrengungen, damit Studierende und Ab-

solventinnen und Absolventen die Diversität der Bevölkerung widerspiegeln. Die-

ser im Bologna-Prozess bislang als „Soziale Dimension“ bezeichnete Themen-

komplex wurde bei der Ministerkonferenz in Jerewan 2015 in den weiteren Kontext

der Öffnung der Hochschulbildung für eine vielfältige Studierendenschaft eingebet-

tet.

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Das Gleichbehandlungsgebot und das Benachteiligungsverbot sind in der Bundes-

republik Deutschland verfassungsrechtlich verankert (Art. 34, Art. 6 und Art. 33

Grundgesetz) und damit Maßstab aller rechtlichen Regelungen. Initiativen von

Bund und Ländern zur Förderung unterrepräsentierter oder benachteiligter Grup-

pen wie beispielsweise Studierende mit Familienaufgaben, aus Nicht-

Akademikerhaushalten, mit Migrationshintergrund, ausländische Studierende,

Studierende mit chronischen Krankheiten oder einer Behinderung sowie beruflich

Qualifizierte ohne formale Hochschulzugangsberechtigung zielen daher darauf ab,

die gleichen Zugangsvoraussetzungen zu schaffen und die Chancengerechtigkeit

zu erhöhen beziehungsweise die soziale Infrastruktur an den Hochschulen insge-

samt auszubauen. Hierauf beruhen zahlreiche Maßnahmen: Neben der oben be-

reits genannten Öffnung der Hochschulen für beruflich Qualifizierte wurden in den

letzten Jahren erfolgreich Programme ins Leben gerufen, um mehr Schülerinnen

und Schülern die Möglichkeit zu eröffnen, eine Hochschulzugangsberechtigung zu

erwerben. Gleichzeitig wurden durch Bund und Länder Förder- und Unterstüt-

zungsprogramme5 aufgelegt, um mehr Studienplätze zu schaffen und damit der in

Kapitel 2.1 dargelegten gestiegenen Zahl der Studierenden gerecht zu werden,

verstärkt Studienangebote der wissenschaftlichen Weiterbildung an den Hoch-

schulen zu etablieren sowie die Studienbedingungen und die Qualität der Lehre

insgesamt zu verbessern. Im Zusammenspiel dieser Maßnahmen wurde die

Chancengerechtigkeit verbessert.

Gleichwohl müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um unterreprä-

sentierte und benachteiligte Gruppen gleichberechtigt in die Hochschulbildung

einzubeziehen. Als Beispiel können hier Studierende aus Nicht-

Akademikerhaushalten genannt werden, die sich besonderen Herausforderungen

bei der Aufnahme, im Verlauf und bei Abschluss eines Studiums gegenüber se-

hen. Die 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat gezeigt, dass die

Quote dieser Gruppe leicht rückläufig ist. Bund und Länder sind sich dieser Prob-

lematik bewusst und werden deshalb den eingeschlagenen Weg, allen Studienin-

teressierten unabhängig von Herkunft oder Beeinträchtigungen ein Studium zu

4 Durch Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes ist festgeschrieben, dass „Niemand […] wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden [darf].“ 5 Hochschulpakt 2020, Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen, Qualitätspakt Lehre

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ermöglichen, konsequent weiter gehen und die Chancen auf Teilhabe an Hoch-

schulbildung verbessern.

Für Deutschland wird unter anderem im Bologna Implementation Report regelmä-

ßig beanstandet, dass keine Daten zur Förderung dieser Gruppen, wie sie hierfür

angefordert werden, geliefert werden können. Dies liegt unter anderem daran,

dass Studierende in Deutschland weder zu Beginn noch während oder bei Ab-

schluss des Studiums nach ihrer sozialen Herkunft, einem möglichen Migrations-

hintergrund oder ihrer Religionszugehörigkeit gefragt werden. Dies ist sowohl un-

ter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung geboten als auch durch das Be-

nachteiligungsverbot begründet. Das Fehlen dieser Daten bedeutet nicht, dass es

in Deutschland keine Förderung benachteiligter Gruppen gibt. Zum Beispiel unter-

suchen Studien, Befragungen und Sozialerhebungen des Deutschen Studenten-

werks und des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung

diese Zusammenhänge.

Zudem bildet das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) den Kernbestand-

teil des staatlichen Angebots an chancengerechten Hilfen zur individuellen Ausbil-

dungsfinanzierung in Deutschland. Das BAföG ist ein Sozialleistungsgesetz, das

der Sicherstellung der Chancengleichheit im Bildungswesen dient. Kindern aus

einkommensschwachen Familien, die eine Ausbildung aus eigener Kraft nicht fi-

nanzieren können, soll dadurch der Zugang zu qualifizierter Ausbildung ermöglicht

werden.

2.8 Wechselseitige Anerkennung akademischer Qualifikationen

Zu den Kernzielen des Bologna-Prozesses gehört die gegenseitige Anerkennung

von Studienleistungen und Studienabschlüssen. Anerkennung dient unmittelbar

der akademischen Mobilität der Studierenden, verbessert die Chancen der Absol-

ventinnen und Absolventen auf berufliche Mobilität und ist ein Maßstab für erreich-

te Konvergenz und erzieltes Vertrauen.

Ein wesentlicher Grundstein für eine Verbesserung der Anerkennung von Studien-

leistungen und Studienabschlüssen ist die Lissabon-Konvention, das „Überein-

kommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der

europäischen Region“, das Deutschland am 01. Oktober 2007 ratifiziert hat und

dessen Grundsätze – dies sind vor allem die Anerkennung als Regelfall und die

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Begründungspflicht bei Versagung der Anerkennung – inzwischen in den hoch-

schulrechtlichen Regelungen aller Länder umgesetzt wurden. Diese Grundsätze

beschränken sich nicht auf die Unterzeichnerstaaten der Konvention, sondern gel-

ten für alle Fälle der Anerkennung von in- und ausländischen Studienleistungen

bei Studiengangs- oder Hochschulwechsel. Mit dieser umfassenden Anwendung

soll im Interesse von Mobilität und Transparenz die Einheitlichkeit der Verfahren

sichergestellt werden. Die wesentlichen Grundsätze der wechselseitigen Anerken-

nung sind außerdem so in den hochschulischen Vorschriften zu dokumentieren,

dass Klarheit für die Studierenden hinsichtlich ihrer Rechtsposition gegenüber den

Hochschulen gewährleistet wird.

Trotz der umfassenden rechtlichen Regelungen in der Lissabon-Konvention und

den Landeshochschulgesetzen besteht nach wie vor Verbesserungsbedarf bei der

praktischen Umsetzung der Anerkennung.6 Dies gilt für die Anerkennung und An-

rechnung sowohl von im Ausland als auch im Inland erworbenen Studienleistun-

gen und Qualifikationen.7

2.9 Qualitätssicherung

Im Kommuniqué der Ministerkonferenz in Jerewan wurde ausdrücklich betont,

dass die externe Qualitätssicherung von entscheidender Bedeutung für Vertrau-

ensbildung und Stärkung der Attraktivität der Hochschulen und ihrer Studienange-

bote im Europäischen Hochschulraum ist. Die Bologna-Staaten sind aufgefordert,

nationale Qualitätssicherungsinstrumente zu schaffen, um der Konvergenz auf eu-

ropäischer Ebene Rechnung zu tragen.

Die externe Qualitätssicherung ist eines der zentralen Elemente des Bologna-

Prozesses. In Deutschland wurde bereits vor der Unterzeichnung der Bologna-

Deklaration 1998 das Verfahren zur externen Qualitätssicherung auf Basis der

Expertenbegutachtung (peer review) eingeführt. Beteiligt sind neben Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftlern Studierende, Vertreterinnen und Vertreter der

Sozialpartner sowie internationale Expertinnen und Experten. Der Akkreditierungs-

rat wurde mit der Akkreditierung der Agenturen beauftragt.

6 Weitere Informationen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Studienleistungen finden sich unter anderem in der regelmäßig aktualisierten Studie „Anerkennung – (k)ein Problem?“ des DAAD. 7 Vgl. hierzu u.a. die einschlägigen Aktivitäten des Projekts „nexus – Übergänge gestalten, Studiener-folg verbessern“ der Hochschulrektorenkonferenz unter www.hrk.-nexus.de.

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Aufgabe der Akkreditierung ist die Sicherstellung der Aktualität und Adäquanz der

fachlichen und wissenschaftlichen Anforderungen. Hierzu gehören die Überprü-

fung der fachlich-inhaltlichen Gestaltung und der methodisch-didaktischen Ansät-

ze der Curricula sowie deren Anpassung an die fachliche und didaktische Weiter-

entwicklung. Dies schließt die Studierbarkeit des Lehrangebots sowie die berufs-

feldbezogenen Qualifikationen ein. Die Gewährleistung der Geschlechtergerech-

tigkeit und die Förderung der Chancengleichheit von Studierenden in besonderen

Lebenslagen sind Gegenstand der Überprüfung im Rahmen der Akkreditierung.

Grundlage der Akkreditierungsentscheidungen sind die Standards und Leitlinien

für die Qualitätssicherung im Europäischen Hochschulraum als Garant für die ho-

he Studienqualität in Deutschland und im Europäischen Hochschulraum.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Akkreditierung in

Deutschland am 17.02.2016 festgestellt, dass das Grundrecht der Wissenschafts-

freiheit Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten grundsätzlich

nicht entgegensteht. Angemahnt wurde allerdings, dass der Gesetzgeber wesent-

liche Entscheidungen und Regelungen zur Akkreditierung selbst zu treffen hat.

Auf dieser Basis haben sich die Länder darauf verständigt, der Akkreditierung in

Deutschland ein neues rechtliches Fundament zu geben. Im Laufe des Jahres

2017 haben die Landesparlamente den Staatsvertrag über die Organisation eines

gemeinsamen Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Studium und Leh-

re an den deutschen Hochschulen (Studienakkreditierungsstaatsvertrag) ratifiziert,

der nunmehr am 01.01.2018 in Kraft getreten ist. Dieser wird durch Länderverord-

nungen ergänzt, die auf der am 07.12.2017 von der Kultusministerkonferenz be-

schlossenen Musterrechtsverordnung zur Umsetzung des Staatsvertrags basie-

ren.

Die Verfahren des bestehenden Systems wurden an entscheidenden Stellen mo-

difiziert. Die Durchführung der Begutachtung verbleibt bei den Agenturen. Die bis-

her den Agenturen obliegenden Entscheidungen zur Akkreditierung wurden auf

den Akkreditierungsrat übertragen, der eine gemeinsame Einrichtung der Länder

für die Akkreditierung und Qualitätssicherung in Studium und Lehre an den deut-

schen Hochschulen ist und nunmehr die Akkreditierung und Reakkreditierung der

- 17 -

Studiengänge und der hochschulinternen Qualitätssicherungssysteme verantwort-

lich übernimmt.

Zur Wahrung der Wissenschaftsfreiheit wurde bei fachlich-inhaltlichen Fragen eine

Stimmenmehrheit der Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft verankert.

Zudem wurde die Zulassung von Agenturen vereinfacht. Diese erfolgt in der Regel

auf Basis der Registrierung beim Europäischen Register anerkannter Qualitätssi-

cherungsagenturen (EQAR).

Ebenfalls in die Umsetzung aufgenommen wurde der von den Ministerinnen und

Ministern bei der Bologna-Konferenz 2015 in Jerewan verabschiedete Europäi-

sche Ansatz zur Qualitätssicherung von internationalen Studiengängen, der soge-

nannte European Approach. Es handelt sich dabei um einen einheitlichen europä-

ischen Rahmen, dem die Europäischen Standards und Leitlinien für die Qualitäts-

sicherung zu Grunde liegen. Durch die Umsetzung dieses Beschlusses in

Deutschland ist es - neben einer Vereinfachung der Akkreditierung der Joint

Degree Programmes - ermöglicht worden, ausländische Akkreditierungen dieser

Programme anzuerkennen, ohne dass eine inländische Agentur beteiligt sein

muss.

3. Internationale Entwicklungen

3.1 Internationale Zusammenarbeit

Nach jeder Ministerkonferenz bearbeitet die Bologna Follow-up Group mit Vertre-

terinnen und Vertretern aus insgesamt 48 Staaten, der Europäischen Kommission

und sieben weiteren Organisationen8 die Arbeitsaufträge der Ministerinnen und

Minister, die im jeweiligen Kommuniqué der Konferenz niedergelegt sind.

Nach der Ministerkonferenz in Jerewan im Mai 2015 wurden dafür drei Arbeits-

gruppen geschaffen.

Die AG Monitoring erarbeitete den Implementierungsbericht für die Ministerkonfe-

renz in Paris. Die AG Unterstützung bei der Implementierung entwickelte ein

konkretes Arbeitsprogramm mit Veranstaltungen für Staaten, die sich bei der Um-

8 European University Association, EURASHE für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, European Student Union, Education International als Vertreter der Lehrenden, BusinessEurope, EN-QA, EQAR und Europarat

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setzung der Bologna-Reformen in wichtigen Bereichen noch Herausforderungen

gegenüber sehen.

Die AG Neue Ziele entwickelte Empfehlungen zur Aufnahme in das Pariser Kom-

muniqué für die Bereiche Digitales, neue Lerner, aktive Bürgerschaft, bessere Sy-

nergien zwischen Europäischem Hochschulraum und Europäischem Forschungs-

raum und verbesserte berufliche Anerkennung von Hochschulqualifikationen so-

wie die Unterstützung der Lehrenden.

Darüber hinaus wurden die folgenden Beratenden Gruppen etabliert, die einen

speziellen thematischen Fokus vorweisen.

Die Beratende Gruppe Internationale Kooperation bereitete das Bologna Policy

Forum vor, in dem die Staaten des Europäischen Hochschulraums mit Staaten

anderer Regionen gemeinsam Themen und Herausforderungen diskutieren.

Die Beratende Gruppe Roadmap für Belarus hatte den Auftrag, Belarus bei der

Umsetzung der von den Ministerinnen und Ministern verabschiedeten Roadmap

und den darin geforderten Reformen zu unterstützen und über den erreichten

Stand zu berichten. Trotz großer Anstrengungen (zahlreiche Treffen der Gruppe,

Peer-Learning Aktivitäten, Konferenzen, Tagungen in Belarus, Deutschland und

von der EU-Kommission organisierte Veranstaltungen in Brüssel und Belarus un-

ter Beteiligung nahezu aller Rektoren, akademischen Auslandsämter und verant-

wortlichen Ministerialvertreter in Belarus), kann nur von einem begrenzten Erfolg

gesprochen werden. Erhebliche Defizite bestehen in Belarus im Verständnis des

Zusammenspiels unterschiedlicher Bologna-Instrumente wie Qualifikationsrah-

men, ECTS und Lernergebnisse, Qualitätssicherung, Lissabon-Konvention und bei

Prinzipien wie akademischer Freiheit oder unabhängiger Studierendenbeteiligung.

Die Vorsitzenden der Gruppe werden den Ministerinnen und Ministern in Paris

über den Stand der Umsetzung der Roadmap berichten und vorschlagen, Belarus

in ein spezifisches Unterstützungsverfahren zu überführen, in dem die noch nicht

erreichten Vorgaben der Roadmap abgearbeitet werden sollen (vgl. auch Bera-

tende Gruppe Umgang mit Nicht-Implementierung). Dies wird insbesondere unter

Berücksichtigung der in der Roadmap geforderten Anstrengungen zur Sicherstel-

lung der akademischen Freiheit, institutionellen Autonomie und Studierenden- und

Lehrendenbeteiligung in den Governance-Strukturen der Hochschulen erfolgen.

- 19 -

Trotz der insgesamt positiven Entwicklungen gibt es noch Nachholbedarf bei der

Umsetzung in weiteren Staaten. Dies betrifft vor allem die Einführung eines Kre-

ditpunktesystems (ECTS), die Umsetzung der Lissabon-Konvention oder die Ver-

einbarungen zu einer unabhängigen externen wie internen Qualitätssicherung in

den Hochschulen. Die Umsetzung von Kernreformen wurde in den vergangenen

Jahren intensiv im Bologna-Raum diskutiert (u.a. in einer Beratenden Gruppe für

Nicht-Implementierung). Für die Ministerkonferenz im Mai 2018 in Paris wurde

ein Vorschlag erarbeitet, wie Staaten unterstützt werden können, die noch Nach-

holbedarf haben. Deutschland hat sich für dieses transparente Verfahren zur Un-

terstützung von Bologna-Staaten von Anfang an eingesetzt, da die Umsetzung der

Kernreformen Voraussetzung für ein optimales Funktionieren des Europäischen

Hochschulraums ist.

Das unterstützende Verfahren wird – wenn die Ministerinnen und Minister in Paris

dem Vorschlag folgen – als Instrument zur Hilfestellung angeboten. Die Fortschrit-

te werden bei der Umsetzung der Reformen nach Durchlaufen des Verfahrens

überprüft und im nächsten Implementierungsbericht dargestellt. Die Europäische

Kommission hat angekündigt, diese Unterstützungsmaßnahmen (Konferenzen,

Workshops, Peer-Learning und Peer Review) nach der Ministerkonferenz in Paris

über Erasmus+ und dessen Folgeprogramm zu finanzieren.

Die Beratende Gruppe Überarbeitung des Diploma Supplements hat es zeit-

gemäß – es soll auch in digitaler Form nutzbar sein – weiterentwickelt.

Deutschland hat sich aktiv mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertreterin in den

letzten Jahren an der Umsetzung der Aufträge in den Arbeits- und beratenden

Gruppen beteiligt.

3.2 Konferenz der Wissenschaftsministerinnen und -minister vom 23. bis

25.05.2018 in Paris

Die Ergebnisse der Arbeits- und beratenden Gruppen fließen in die Beratungen

der Bologna Follow-up Group ein. Auf dieser Grundlage werden folgende Themen

für das Kommuniqué diskutiert: - Die Würdigung des Bologna-Prozesses als Forum für insgesamt 48 Staaten,

das den Studierenden, Lehrenden, Hochschulen und Staaten einen Raum für

- 20 -

ein demokratisches Miteinander, die qualitative Weiterentwicklung der Hoch-

schulsysteme, des Austauschs und der Mobilität untereinander gibt. - Die Werte des Europäischen Hochschulraums. Dazu zählen insbesondere die

akademische Freiheit, die institutionelle Autonomie der Hochschulen und die

Studierenden- und Lehrendenbeteiligung in der Governance der Hochschulen

als Voraussetzungen für die Attraktivität des Europäischen Hochschulraums

für Studierende und Lehrende weltweit. - Die Implementierung der wichtigsten Reformen (adäquate BA-MA-Einführung,

Umsetzung der Lissabon-Konvention, unabhängige Qualitätssicherung) im Bo-

logna-Prozess und konstruktive Unterstützung der Staaten, die noch Defizite

aufweisen. - Der Bologna-Prozess wird auch im Lichte der Vorschläge der Europäischen

Union weiterentwickelt. Gemäß der Schlussfolgerungen des Europäischen Ra-

tes vom 14.12.2017 soll dabei zum einen die Verstärkung der Mobilität und

des Austauschs, auch durch ein wesentlich gestärktes, inklusives und erwei-

tertes Programm Erasmus+, in den Blick genommen werden. Darüber hinaus

soll der Fokus auch auf die Stärkung strategischer Partnerschaften zwischen

Hochschuleinrichtungen in der gesamten EU und die Förderung der Heraus-

bildung von europäischen Hochschulnetzwerken bis 2024 gelegt werden. - Die Chancen der Digitalisierung sollen in all ihren Facetten (Lehre, Lernen,

Forschung, open access, Verwaltung, Barrierefreiheit) in der Modernisierung

der Hochschulbildung genutzt werden. - Die Kooperation zwischen dem Europäischen Hochschulraum und dem Euro-

päischen Forschungsraum, zwischen Akteuren der beruflichen Anerkennung,

UNESCO und OECD bei der Anerkennung und in der hochschulpolitischen

Diskussion soll gestärkt werden.

Bund und Länder beabsichtigen, die Umsetzung der Aufgaben aus dem Paris-

Kommuniqué aktiv mitzugestalten. Mit den Digitalisierungsstrategien des Bundes

und der Länder wird sich Deutschland aktiv in die Weiterentwicklung der Digitali-

sierung der Hochschulen einbringen. Hier gilt es, mit den europäischen Partnern

bestmögliche Anwendungen, u.a. online-gestützte Vorbereitungskurse für interna-

tionale Studierende oder auch potentielle Vereinfachungen in der Administration

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der Hochschulen sowie bei der Zulassung von Studierenden zu den Hochschulen

zu erproben und einzusetzen.

Ebenso gilt es, die Synergien, insbesondere die finanziellen Spielräume zwischen

Europäischem Hochschulraum und Europäischem Forschungsraum besser zu

nutzen. Hier wird sich Deutschland dafür einsetzen, dass die bestehenden europä-

ischen Programme wie Erasmus+ und Horizon 2020 in Zukunft zusammengedacht

und genutzt werden können. Europäische Hochschulverbünde, die gemeinsame

Programme und Mobilität über Erasmus+ organisieren, sollten auch die Möglich-

keit erhalten, in der Forschung ein starkes Standbein über Horizon 2020 und das

künftige Forschungsrahmenprogramm zu entwickeln.

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4. Wissenschaftsfreiheit und institutionelle Autonomie als besondere Heraus-

forderung

Seit der Konferenz der Wissenschaftsministerinnen und -minister in Jerewan 2015

haben sich politische Entwicklungen in einzelnen Staaten ergeben, die die Prinzi-

pien des Europäischen Hochschulraums brechen oder in Frage stellen. Die Ver-

haftung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Einschränkung der

Wissenschaftsfreiheit, die Diskreditierung faktengeleiteter Diskurse, der Versuch,

politisch unliebsame Hochschulreinrichtungen zu schließen und Hochschulange-

hörige zu entlassen, all dies stellte und stellt den Europäischen Hochschulraum

auf die Probe. Vielzitierte gemeinsame europäische Werte erfahren eine inakzep-

table Relativierung im Lichte dieser Entwicklungen. Für Deutschland sind die Wer-

te des Europäischen Hochschulraums, namentlich die Wissenschafts- und aka-

demische Freiheit, die institutionelle Autonomie der Hochschuleinrichtungen, de-

mokratische verfasste Hochschulen unter Beteiligung der Studierenden, Lehren-

den und Forschenden, nicht verhandelbar. Der Europäische Hochschulraum stellt

sich dieser Diskussion. Der Bologna-Prozess mit seinen 48 teilnehmenden Staa-

ten ist ein funktionierendes Forum, in dem historisch, politisch und gesellschaftlich

höchst unterschiedliche Staaten an einem Tisch sitzen und konstruktiv darüber

sprechen, wie sie zum demokratischen und wirtschaftlich erfolgreichen Zusam-

menleben in Europa beitragen können. Deutschland wird sich mit aller Kraft dafür

einsetzen, dass dieser Dialog fortgeführt wird. Die europäischen Hochschulsyste-

me und die Menschen, die in ihnen arbeiten und studieren, sind Brückenbauer für

eine friedliche Zukunft.

Bund und Länder, die deutschen Hochschulen und die Verantwortlichen im deut-

schen Hochschulsystem werden ihren Beitrag leisten, Akademikerinnen und Aka-

demikern in Europa zu unterstützen, damit die gemeinsam geteilten Werte auch

gelebt werden (können).