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Jan Claudio Munoz* Die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers bei Unternehmen von öffentlichem Interesse Abstract StudZR 1/2008 Die zunehmende Verbreiterung der von Prüfungsgesellschaften angebote- nen Produktpalette birgt erhebliche Probleme für die gesetzlich geforderte Unabhängigkeit des Abschlussprüfers. Neben der klassischen Abschluss- prüfung bieten die Abschlussprüfer ihren Klienten in verstärktem Maße auch betriebswirtschaftliche und steuerliche Beratung. Immer wieder kommen Fälle ans Licht, in denen Abschlussprüfer die Bilanzmanipula- tionen der Manager gedeckt haben oder sogar an diesen Manipulationen beteiligt waren. Der Gesetzgeber hat auf diese Problematik mit einer Re- form der einschlägigen Vorschriften des HGB reagiert. Der Beitrag be- leuchtet die gesetzlich vorgesehenen Mechanismen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und unterzieht diese einer kriti- schen Betrachtung. * Der Autor studiert im siebten Semester Jura an der Universität Heidel- berg. Der vorliegende Beitrag war Teil eines von Prof. Ebke und Prof. Goette veranstalteten Seminars zum Gesellschaftsrecht im Februar 2007. Der Verfasser dankt Prof. Ebke für das lehrreiche Seminar und die freundliche Unterstützung im Vorfeld der Veröffentlichung. StudZR 1/2008 19

Die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers bei Unternehmen ... Die Unabhaengigkeit.pdf · schon vor dem Enron-Skandal. Bereits 1998 warnte Arthur Levitt, Chairman der US-amerikanischen

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Jan Claudio Munoz*

Die Unabhängigkeit desWirtschaftsprüfers bei Unternehmenvon öffentlichem Interesse

Abstract StudZR1/2008

Die zunehmende Verbreiterung der von Prüfungsgesellschaften angebote-nen Produktpalette birgt erhebliche Probleme für die gesetzlich geforderteUnabhängigkeit des Abschlussprüfers. Neben der klassischen Abschluss-prüfung bieten die Abschlussprüfer ihren Klienten in verstärktem Maßeauch betriebswirtschaftliche und steuerliche Beratung. Immer wiederkommen Fälle ans Licht, in denen Abschlussprüfer die Bilanzmanipula-tionen der Manager gedeckt haben oder sogar an diesen Manipulationenbeteiligt waren. Der Gesetzgeber hat auf diese Problematik mit einer Re-form der einschlägigen Vorschriften des HGB reagiert. Der Beitrag be-leuchtet die gesetzlich vorgesehenen Mechanismen zur Sicherstellung derUnabhängigkeit des Abschlussprüfers und unterzieht diese einer kriti-schen Betrachtung.

* Der Autor studiert im siebten Semester Jura an der Universität Heidel-berg. Der vorliegende Beitrag war Teil eines von Prof. Ebke und Prof.Goette veranstalteten Seminars zum Gesellschaftsrecht im Februar2007. Der Verfasser dankt Prof. Ebke für das lehrreiche Seminar unddie freundliche Unterstützung im Vorfeld der Veröffentlichung.

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A. EinleitungMunozDie Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers

Bedingt durch verschiedene Rechnungslegungsskandale im In- und Ausland richtetdie Öffentlichkeit seit Beginn des neuen Jahrtausends ihren kritischen Blick ver-mehrt auf die Branche der Wirtschaftsprüfer. Die Zusammenbrüche von Unterneh-men wie Philipp Holzmann und der Berliner Bankgesellschaft stehen in den Augenvieler im Zusammenhang mit dem Versagen1 oder der mangelnden Unabhängigkeitder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. In den USA gab das Urteil2 in dem „Enron“-Prozess gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Energiekonzerns Enron,Jeffrey Skilling, Anlass, sich mit der Stellung, der Rolle und der Unabhängigkeit derAbschlussprüfer grundlegend auseinanderzusetzen. Damals war die Arthur Ander-sen LL.P., zu diesem Zeitpunkt eine der fünf großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaf-ten („Big Five“), an den Bilanzfälschungen der Enron–Manager beteiligt und musstein Folge des beruflichen Fehlverhaltens den Geschäftsbetrieb einstellen. So tief wa-ren die Verwicklungen von Arthur Andersen, dass in den Verhandlungen vor demeingerichteten US-Kontrollausschuss der Vergleich angeführt wurde, Enron habe dieBank ausgeraubt, während Andersen dass Fluchtauto fuhr.3

Die Problematik der Unabhängigkeit der Wirtschaftsprüfer bestand jedoch auchschon vor dem Enron-Skandal. Bereits 1998 warnte Arthur Levitt, Chairman derUS-amerikanischen Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission – SEC)davor, dass Abschlussprüfer von den Managern der zu prüfenden Unternehmen un-ter Druck gesetzt werden könnten, den Jahresabschluss ungeachtet zu hoch ausge-wiesener Gewinne zu testieren.4 Die Manager erhoffen sich von einem solchen „Ge-winn-Management“, ihr Unternehmen vor allem mit Blick auf den Börsenkurs ineinem besseren Licht erscheinen zu lassen.5 Den Prüfungsgesellschaften fällt jedochim System der Rechnungslegung, Prüfung und Publizität die Aufgabe zu, sorgfältigzu prüfen, ob der von dem Management aufzustellende und zu verantwortendeJahreabschluss im Einklang mit Gesetz und Satzung steht.6 Der Abschlussprüfer hatinsofern auch eine Krisenwarnfunktion.7 Gesellschafter, Gläubiger und auch dieÖffentlichkeit müssen sich auf das von ihm erteilte Testat verlassen können.8

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1 Der Vorsitzende der Bundesbank Ernst Welteke in der SZ vom 22.4.2002: „Wirtschaftsprü-fungsgesellschaften erkennen die Probleme eines Unternehmens oft als Letzte; auf sie ist alsokein Verlass!“.

2 Siehe etwa Financial Times, 24.10.2006.3 Lüdenbach/Hoffmann, Enron und die Umkehrung der Kausalität bei der Rechnungslegung,

DB 2002, S. 1169.4 Die Rede ist abgedruckt in: DB 1998, S. 2544 f.5 Vorwold, Gewinn-Management in den USA, DB 1999, S. 2321.6 Vorwold (Fn. 5), S. 2327; Böcking, Die öffentliche Aufgabe des Wirtschaftsprüfers, in: Lutter,

Der Wirtschaftsprüfer, 2001, S. 53 (54).7 Götz, Die Überwachung der Aktiengesellschaft im Lichte jüngerer Unternehmenskrisen, AG

1995, S. 337 (341).8 Levitt, Spielen mit Zahlen – „The Numbers Game“, DB 1998, S. 2544 (2547); Ebke, Einmal be-

fangen, immer befangen?, in: FS Immenga, 2004, S. 517, (526); Fleischer, Das Doppelmandat desAbschlussprüfers, DStR 1996, S. 758 (760).

Die Prüfungsgesellschaften stehen jedoch vor einem Dilemma. Sie bieten neben der Ab-schlussprüfung häufig noch andere Dienstleistungen an. Ziel ist das sog. „Full-Sevice-Konzept“,9 nach dem die Prüfungsgesellschaften versuchen, die Nachfrage10 der Unter-nehmen nach einer umfassenden rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichenBeratung zu befriedigen.11 Neben der Abschlussprüfung zählen die Steuerberatung so-wie die Unternehmensberatung zu den klassischen Aufgabenfeldern der Prüfungsge-sellschaften.12 Gerade für die vier größten Wirtschatfsprüfungsgesellschaften („BigFour“)13 ist die Abschlussprüfung nur ein Teilbereich ihres Geschäfts. Die SEC errech-nete schon im Jahr 2000, dass die damaligen „Big Five“14 über 50 % ihres Einkommensnicht mit der Prüfung von Jahresabschlüssen, sondern mit Beratungsleistungen verdien-ten.15 So stellte etwa die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG der Motorola Inc. imJahre 2000 $ 3,9 Mio. für die Abschlussprüfung in Rechnung, erhielt darüber hinausaber $ 62,3 Mio. für andere Dienstleistungen.16 Diese Tatsache birgt Gefahren für dieQualität der Abschlussprüfung gleich in zweierlei Hinsicht: Da Abschlussprüfungenim Verhältnis zu Beratungsleistungen eher gering vergütet werden, besteht zum einendas Risiko, dass Jahresabschlüsse weniger genau geprüft wird.17 Die Abschlussprüfungscheint oft nur als eine bezahlte Möglichkeit zur Akquisition für lukrativerer Bera-tungsmandate angesehen zu werden. Zum anderen ist denkbar, dass durch die Kombi-nation von Prüfung und Beratung das Auftragsvolumen des Wirtschaftsprüfers beieinem bestimmten Mandanten steigt und somit auch die finanzielle Abhängigkeit vondiesem Mandanten wächst.18 Angesichts dieser Problematik und der Rechnungsle-gungsskandale der letzten Jahre reagierten Gesetz- und Regelgeber sowohl auf nationa-ler als auch auf internationaler Ebene mit dem Erlass neuer Vorschriften.

B. Normative Entwicklungen der letzten Jahre

Seit Beginn des Jahres 200019 wurde sowohl in den USA als auch auf europäischerEbene an einer Verbesserung der Absicherung der Unabhängigkeit des Abschluss-

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9 Marx, Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, ZGR 2002, S. 292 (294).10 Marx, Unabhängige Abschlussprüfung, 2002, S. 40.11 Hellwig, Beratungsverträge des Abschlussprüfers, ZIP 1999, S. 2117 (2120).12 Marx (Fn. 10) S. 39.13 Im Einzelnen Deloitte Touche Tohmatsu, Ernst & Young, KPMG und PWC; siehe

Schwandtner, Die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, DStR 2002, S. 323, Fn. 12.14 Aus den „Big Five“ sind nach der Auflösung von Arthur Andersen in Folge des Enron-

Skandals die „Big Four“ geworden;15 Revision of the Comission’s Auditor Independence Requirements, abrufbar unter: http://

www.sec.gov/rules/final/33-7919.htm; siehe auch: Lenz/Bauer, Prüfungs- und Beratungshono-rare von Abschlussprüfern deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften, WPg 2004,S. 985 ff.

16 Vollhard/Weber, Abschlussprüfung und Interessenkonflikte, in: FS Ulmer, 2003, S. 865(874).

17 Vollhard/Weber (Fn. 16), S. 866.18 Fleischer (Fn. 8) S. 760; Götz (Fn. 7), S. 340 f.19 Marx (Fn. 9), S. 296, spricht vom „Jahr der Prüferunabhängigkeit“.

prüfers gearbeitet. In Deutschland setzte der Bundesgesetzgeber ein neues Gesetzes-vorhaben in Gang, das mit einer Reform der einschlägigen Normen des HGB endete.Die Kenntnis dieser Entwicklungen ist für das Verständnis der entsprechenden Nor-men unerlässlich.

I. Der Sarbanes-Oxley Act

Der nach seinen Initiatoren Sarbanes und Oxley benannte Sarbanes-Oxley Act(„SOA“) vom 30. Juli 2002 ergänzt den Securities Exchange Act von 1934.20 DiesesGesetz hatte nicht nur mittelbar Einfluss auf die Reform der europäischen und deut-schen Regelungen, sondern es ist auch von bestimmten deutschen Unternehmen undWirtschaftsprüfern unmittelbar zu beachten.21 So müssen sich etwa deutsche Wirt-schaftsprüfungsgesellschaften, die einen Bestätigungsvermerk für ein deutsches Un-ternehmen erteilen, dass an der New York Stock Exchange (NYSE) notiert ist, nachden Vorgaben des SOA richten.22 Der SOA wird von Seiten der SEC durch Ausfüh-rungsbestimmungen in Form von Rechtsverordnungen konkretisiert.23 Charakteris-tisch für die US-amerikanischen Vorschriften zur Unabhängigkeit der Abschlussprü-fer ist der „Rules-based Approach“.24 Danach werden kasuistisch einzelne Tatbe-stände normiert, bei denen Besorgnis der Befangenheit besteht und die deshalbverboten sind. Im Gegensatz dazu steht der „Principles-based Approach“, nach demlediglich allgemeine Tatbestände und Generalklauseln formuliert werden.25 Weiter-hin verlangt der SOA, dass die von dem Gesetz erfassten Unternehmen ein „AuditCommittee“ einrichten. Dies sind Prüfungsausschüsse des Board of Directors, diedie Abschlussprüfer nominieren und überwachen sollen.26

II. Die Bemühungen der EU-Kommission

Auch auf europäischer Ebene wurde die EU-Kommission als Folge der Rechnungs-legungsskandale um die Jahrtausendwende tätig. Die 8. gesellschaftsrechtlicheRichtlinie der EG („Abschlussprüferrichtlinie“)27 aus dem Jahre 1984 setzte dieStandards für Abschlussprüfer in der EU fest. Sie behandelte vornehmlich die Qua-lifikationen, die Abschlussprüfer nachweisen müssen, um die fachliche Qualität des

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20 Altmeppen, Der Prüfungsausschuss – Arbeitsteilung im Aufsichtsrat, ZGR 2004, S. 390(393).

21 Ferlings, Unabhängigkeit von deutschen Abschlussprüfern nach Verabschiedung des Sarba-nes-Oxley Acts, DB 2002, S. 2117.

22 Lenz, Sabanes-Oxley Act of 2002 – Abschied von der Selbstregulierung der Wirtschaftsprü-fer in den USA, BB 2002, S. 2270 f.

23 Schmidt, Neue Anforderungen an die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, BB 2003,S. 779 f.

24 Schwandtner (Fn. 13), S. 324.25 Ebd., S. 324.26 Scheffler, Aufgaben und Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen, ZGR 2003, S. 236

(239 f.).27 Richtlinie 84/253/EWG

Testats sicherzustellen.28 Die Unabhängigkeit der Prüfer wurde dagegen kaum be-handelt.29 Zwar wurde in den Artikeln 23 ff. der 8. Richtlinie von 1984 das Erforder-nis der Unabhängigkeit aufgestellt; es wurden aber weder einzelne Tatbestände nochallgemeine Regeln aufgeführt, die eine Gefahr für die Unabhängigkeit begründenkönnten.30

1. Empfehlung und Mitteilung

Die Empfehlung der EU-Kommission vom 16. Mai 2002 „Unabhängigkeit des Ab-schlussprüfers in der EU – Grundprinzipien“ war der erste Schritt der Kommissionin Richtung einer EU-einheitlichen Rechtsetzung bezüglich der Unabhängigkeit desAbschlussprüfers bei Pflichtprüfungen.31 Die Kommission sah in den rechtlich un-verbindlichen Vorgaben der Empfehlung das schnellste und wirksamste Mittel, umeine einheitliche Grundlage für die mitgliedsstaatlichen Regelungen zu schaffen. DieEU-Kommission behielt sie sich jedoch das Recht vor, zu einem späteren Zeitpunktzu prüfen, ob die Mitgliedstaaten die Empfehlungen umgesetzt haben.32 Die Emp-fehlung verlangt von Prüfern sowohl innere Unabhängigkeit als auch das Bemühenum eine Integrität nach außen hin. Weiterhin erläutert sie bestimmte Umstände, un-ter denen die Unabhängigkeit gefährdet sein könnte. Gefolgt wurde die Empfehlungvon der Mitteilung der Kommission vom 21.5.2003, die einen 10-Punkte-Aktions-plan zur Stärkung der Prüferunabhängigkeit aufstellte, der insbesondere die Aufnah-me der Arbeit zur Modernisierung der 8. Richtlinie bis 2004 vorsah.33 Auch wenneine Empfehlung der EU-Kommission gemäß Art. 249 EG für die Mitgliedsstaatennicht verbindlich ist, hatte die Empfehlung zur Unabhängigkeit der Abschlussprüferdoch erheblichen Einfluss auf den Inhalt des deutsche Bilanzrechtsreformgesetzes(BilReG), das die Unabhängigkeitserfordernisse im deutschen Recht reformierte.34

2. Die Modernisierung der 8. Richtlinie

Die im Mai 2006 erlassene Richtlinie über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüs-sen35 stellt eine Verbreiterung der gesetzlichen Grundlage für die Abschlussprüfungin der EU dar.36 Die modernisierte 8. Richtlinie von 2006 umfasst weit mehr Aspekteder Abschlussprüfung als die 8. gesellschaftsrechtliche Richtlinie von 1984, die durch

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28 Richtlinie 84/253/EWG29 van Hulle/Lanfermann, Mitteilung der Europäischen Kommission zur Stärkung der Ab-

schlussprüfung, BB 2003, S. 1323 (1324).30 Ferlings (Fn. 21), S. 2118.31 Veltins, Verschärfte Unabhängigkeitsanforderungen an Abschlussprüfer, DB 2004, S. 445

(446).32 Ferlings (Fn. 21), S. 2118.33 van Hulle/Lanfermann (Fn. 29), S. 1323 f.34 Veltins (Fn. 31), S. 445.35 2006/43/EG36 Lanfermann, Vorschlag der EU-Kommission zur Modernisierung der EU-Prüferrichtlinie,

DB 2004, S. 609.

die modernisierte Richtlinie grundlegend verändert wurde. Die 8. Richtlinie von2006 untersagt keine konkreten Dienstleistungen. Prüfer sind vielmehr gehalten,selbst zu entscheiden, ob Nicht-Prüfungsleistungen ihre Unabhängigkeit kompro-mittieren und diese dann gegebenenfalls abzulehnen. Da es sich hierbei aber um eineMindestregelung37 handelt, ist es den Mitgliedsstaaten gestattet Nicht-Prüfungsleis-tungen gänzlich oder teilweise zu untersagen. Das deutsche Bilanzrechtsreformge-setz von 2004 orientiert sich bereits an dem zu dieser Zeit schon veröffentlichtenVorschlag für die modernisierte Abschlussprüferrichtlinie.38 Diese ist mithin vomdeutschen Gesetzgeber bereits umgesetzt worden.

III. Das Bilanzrechtsreformgesetz von 2004

Das BilReG von 2004 geht auf das ein Jahr zuvor veröffentlichte 10-Punkte-Pro-gramm der Bundesregierung „Unternehmensintegrität und Anlegerschutz“39 zurückund greift sowohl die EU-Empfehlung als auch den Entwurf der modernisierten8. Richtlinie auf. Einige Vorschriften des SOA haben in dem Gesetz ebenfalls Nie-derschlag gefunden. Das BilReG erhöhte die Unabhängigkeitsanforderungen fürAbschlussprüfer und verschärfte diese darüber hinaus für kapitalmarktorientierteUnternehmen, und zwar durch Einfügung des neuen § 319a HGB.40 Die Trennungzwischen kapitalmarktorientierten und anderen Unternehmen ist vor allem dem all-gemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Staatshandelns geschuldet.41Durch die unterschiedlichen Anforderungen kann das Gesetz einerseits der besonde-ren Bedeutung der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interessegerecht werden, andererseits auch den Mittelstand vor Überregulierung schützen.42Insbesondere reformiert wurden durch das Gesetz der § 319 HGB. Dem Katalog derAusschlussgründe in § 319 III HGB wurde in § 319 II HGB eine Generalklausel vor-angestellt. Der Einfluss des SOA zeigt sich insbesondere in der Einführung eines Ka-talogs verbotener Beratungsleistungen in § 319 III Nr. 3 HGB.43 Der reformierte§ 319 HGB stellt sich also als eine Mischung aus dem „Rules-based Approach“ unddem „Principles-based Approach“ dar.44

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37 Ebd., S. 610.38 BT-Drucks. 15/3419, S. 16; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB-Kommentar, 32. Aufl. 2006,

vor § 316 Rn. 2.39 Seibert, Das 10-Punkte-Programm „Unternehmensintegrität und Anlegerschutz“, BB 2003,

S. 693.40 Veltins (Fn. 31), S. 445.41 Peemöller/Oehler, Referentenentwurf eines Bilanzrechtsreformgesetzes, BB 2004, S. 539.42 Arbeitskreis Bilanzrecht in BB 2004, S. 546 (548).43 Ring, Gesetzliche Neuregelungen der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, WPg 2005,

S. 197 f.44 Knorr, Fehlleistungen des Abschlussprüfers als Befangenheitsgrund, in FS Röhricht, 2005,

S. 935 (937).

C. Die einzelnen Vorschriften zur Prüferunabhängigkeit

Im Folgenden sollen die einzelnen Vorschriften zur Unabhängigkeit der Abschluss-prüfer vorgestellt, erläutert und gegebenenfalls kritisch beleuchtet werden.

I. Tatbestände die einen Ausschluss des Prüfers begründen

Die zentralen Normen des HGB zur Prüferunabhängigkeit finden sich im § 319 II,III HGB und im § 319a HGB. Wird der Tatbestand einer dieser Regelungen erfüllt,ist der Prüfer von der Prüfung des fraglichen Jahresabschlusses ausgeschlossen. Da-bei stellt § 319 II HGB eine Generalklausel dar, vor deren Prüfung zuerst die absolu-ten Ausschlussgründe des § 319 III HGB und – bei Unternehmen von öffentlichemInteresse – auch die speziellen Tatbestände des § 319a HGB geprüft werden müssen.§ 319 III HGB und § 319a HGB konkretisieren die Generalklausel durch mehrereunwiderlegliche gesetzliche Vermutungen.45 Greifen diese Vorschriften nicht ein,kann trotzdem noch die Generalklausel des § 319 II HGB eingreifen.46 Die Normenbeziehen sich ihrem Wortlaut nach zwar auf einzelne Prüfer, § 319 IV HGB und§ 319a I S. 2 HGB erstrecken die Reichweite der Ausschlussgründe aber auf Wirt-schaftsprüfungsgesellschaften. Der begrenzte Rahmen einer Seminararbeit lässt esnicht zu, jede einzelne Vorschrift in allen Details zu erläutern. Somit soll sich die vor-liegende Arbeit lediglich darauf beschränken, die einzelnen Tatbestände aufzuzeigenund nur jene näher vorzustellen, die die zentralen Säulen des Systems des Schutzesder Prüferunabhängigkeit bilden.

1. Der Begriff des Unternehmens von öffentlichem Interesse

Für Wirtschaftsprüfer, die mit der Abschlussprüfung eines Unternehmen von öffent-lichem Interesse betraut sind, normiert § 319a HGB besondere Ausschlussgründe,die neben den Normen des § 319 II und III HGB, die für alle gesetzlichen Abschluss-prüfer gelten, anzuwenden sind. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass unter be-stimmten Umständen besonders strenge Maßstäbe an die Prüferunabhängigkeit zusetzen sind.47 Auch die Empfehlung der EU-Kommission von 2002 und die neue Ab-schlussprüferrichtlinie von 2006 sehen besondere Regelungen für die Prüfung vonUnternehmen von besonderer Bedeutung vor. Fraglich ist, wie „Unternehmen vonöffentlichem Interesse“ definiert werden. Nach § 319a I S. 1 HGB sind das Unter-nehmen, die an einem organisierten Kapitalmarkt zugelassen sind. Verwiesen wirdauf die Definition des § 2 V WpHG. In Deutschland erfüllen der amtliche und dergeregelte Markt die Voraussetzungen des § 2 V WpHG.48 Werden die Wertpapiereeines Unternehmens an diesen Märkten gehandelt, gilt dieses mithin als Unterneh-men von öffentlichem Interesse i. S. v. § 319a HGB. Nach dem Regierungsentwurf

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45 Merkt, in Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319 Rn. 13, § 319a Rn. 1; BT-Drucks. 15/3419, S. 36.46 Merkt, in Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319 Rn. 6.47 BT-Drucks. 15/3419, S. 40.48 Assmann, in Assmann/Schneider, WpHG, 2006, § 2 Rn. 96.

des BilReG sollten neben den kapitalmarktorientierten Unternehmen Banken, Ver-sicherungen, Finanzdienstleister und Pensionsfonds als „Unternehmen von öffent-lichem Interesse“ erfasst werden. Diese Regelung wurde jedoch ersatzlos gestri-chen.49 Damit ist die Definition des § 319a HGB enger als etwa die der Richtlinie von2006 in Art. 2 Nr. 13.

2. Umsatzabhängigkeit

§ 319a I S. 1 Nr. 1 HGB versucht zu verhindern, dass der Abschlussprüfer in eine fi-nanzielle Abhängigkeit vom zu prüfenden Unternehmen gerät. Diese Gefahr siehtder Gesetzgeber insbesondere dann, wenn der Prüfer einen hohen Anteil seiner Ein-künfte aus Mandaten von ein und demselben Unternehmen erhält und ihn so eineBeendigung des Auftragsverhältnisses finanziell schwer treffen würde. Dem Prüferkönnte es wegen drohender finanzieller Einbußen schwer fallen, sich bei Meinungs-verschiedenheiten mit dem Mandanten bezüglich des Jahresabschlusses durchzuset-zen. Mit der Regelung wir damit einer Gefahr entgegengesteuert, die dem Full-Servi-ce-Konzept entspringt. Die sog. Umsatzabhängigkeitsschwelle liegt bei 15 % undbezieht sich auf alle sämtliche Einnahmen, die der Prüfer aus seiner beruflichen Tä-tigkeit erzielt.50 Dazu zählen auch Einnahmen aus einer etwaigen zusätzlichen Tätig-keit als Rechtsanwalt,51 jedoch nicht solche aus Kapitalvermögen oder Vermietung.52Die Einnahmen eines Sozius sind gemäß § 319a I S. 3 HGB bei der Berechnung zuberücksichtigen. Erfasst werden auch Einnahmen, die von Unternehmen stammen,an denen die zu prüfende Gesellschaft zu mehr als 20 % beteiligt ist.

3. Prüferrotation

Der Abschlussprüfer eines kapitalmarktorientierten Unternehmens ist auch dann ge-mäß § 319a I Nr. 4 HGB ausgeschlossen, wenn er für das betreffende Unternehmenschon Bestätigungsvermerke in sieben oder mehr Fällen gezeichnet hat. Dies giltallerdings gemäß § 319a I Nr. 4 Halbs. 2 HGB dann nicht, wenn die letzte Beteiligungan der Prüfung drei oder mehr Jahre zurückliegt. Die sog. „Abkühlungsphase“(„cooling-off period“) soll ein unbegrenztes Fortwirken des Ausschlussgrundes ver-hindern.53 Nicht eindeutig ist jedoch, ob mit den drei Jahren Geschäfts- oder Kalen-derjahre gemeint sind.54 Im Zusammenhang mit dieser Vorschrift ist zunächst derpersonelle Anwendungsbereich zu erörtern. Der Regelung unterliegt nur der Prüfer,der selbst das Testat nach § 322 HGB gezeichnet hat. Der personelle Anwendungsbe-

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49 Ring (Fn. 43), S. 197, 200; Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319a Rn. 1.50 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl. 2007, § 319a, Rn. 2 und § 319 Rn. 5.51 MünchKommHGB/Ebke, 2001, § 319 Rn. 40.; a. A. Zimmer, in: GroßKomm BilanzR, § 319

Rn. 48.52 Hense/Veltins, in: BeckBilKomm, 5. Aufl. 2003, § 319 Rn. 31.53 Ring (Fn. 43), S. 202.54 Pfitzer/Oser/Orth, Offene Fragen und Systemwidrigkeiten des Bilanzrechtsreformgesetzes,

DB 2004, S. 2593 (2600).

reich ist – verglichen mit § 319 II Nr. 8 S. 2 i. V. m. III Nr. 6 HGB a. F.55 sowie derFassung des Referentenentwurf des BilReG56 – sehr eng.

In Bezug auf den zeitlichen Anwendungsbereich ist festzuhalten, dass der Gesetzgeberin der aktuellen Gesetzesfassung einen anderen Ansatzpunkt als bisher aufstellt. Wäh-rend in der a. F. der relevante Zeitraum auf die zurückliegenden zehn Jahre beschränktwar, kommt es nun auf die Anzahl der gezeichneten Testate an, so dass der für die Ro-tation relevante Zeitraum auch weit mehr als sieben bzw. zehn Jahre betragen kann.57Nicht ganz klar wird jedoch, ob die Unterschriften in Fällen, in denen derselbe Ab-schlussprüfer sowohl den Konzernabschluss als auch den eines beteiligten einzelnenUnternehmens prüft, zu addieren sind, so dass der zeichnende Prüfer schon wesentlichfrüher ausgewechselt werden müsste.58 Das OLG Düsseldorf hat sich Ende 2006 füreine gesonderte Zählung der jeweiligen Abschlüsse ausgesprochen.59

Viel diskutiert wurde die Entscheidung des Gesetzgebers für eine interne Rotation inBezug auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Gemäß § 319a I S. 4 HGB kann eineWirtschaftsprüfungsgesellschaft den Prüfungsauftrag auch nach sieben von ihrenMitarbeitern gezeichneten Testaten durchführen, wenn sie den bisher zeichnendenMitarbeiter aus dem Prüfungsteam entfernt.60 Das System der internen Rotation dereinzelnen Mitarbeiter innerhalb der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft steht im Gegen-satz zu der von einigen Autoren geforderten externen Rotation, bei der nach einembestimmten Zeitraum die gesamte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von der Prüfungausgeschlossen ist und somit ausgewechselt werden muss.

Für eine externe Rotation wird primär die damit verbundene Stärkung der Prüferun-abhängigkeit ins Feld geführt. Diese werde dadurch erreicht, dass die von vornhereinbegrenzte Mandatsdauer und damit auch die begrenzten Gewinne aus diesem Man-dat es der Prüfungsgesellschaft leichter machten, sich dem Druck von Seiten des Ma-nagements des zu prüfenden Unternehmens zu widersetzen.61 Andererseits wird dieGefahr gesehen, dass sich bei einer externen Rotation sog. „Prüfungstandems“ auszwei verschiedenen Prüfungsgesellschaften finden, die sich in einer Art „Joint Ventu-re“ bei der Prüfung abwechseln, um so die Rotationsregelung zu umgehen.62 Diewichtigsten Argumente der Gegner einer externen Rotation zielen auf die Qualität

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55 Siehe etwa MünchKommHGB/Ebke, § 319 Rn. 50; Hense/Veltins, in BeckBilKomm, § 319Rn. 42.

56 Peemöller/Oehler (Fn. 41), S. 539, (544).57 Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319a Rn. 7.58 Gelhausen, Reform der externen Rechnungslegung und ihrer Prüfung durch den Wirt-

schaftsprüfer, AG 1997 (Sonderheft), S. 73 (77); für eine getrennte Betrachtung Pfitzer/Oser/Orth, offenen Fragen und Systemwidrigkeiten des Bilanzreformgesetzes (BilReG), DB2004, S. 2593 (2600).

59 OLG Düsseldorf, NZG 2007, 235 (236).60 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 319a Rn. 5; Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38),

§ 319a, Rn. 10.61 Haller/Reitbauer, Obligatorische externe Rotation des Abschlussprüfers – Felix Austria?, DB

2002, S. 2229 (2233); Niehus, Turnusmäßiger Wechsel des Abschlussprüfers, DB 2003, S. 1637(1639); Weber, Zur Modernisierung der EU-Abschlussprüferrichtlinie, AG 2005, S. 877 (880).

62 Haller/Reitbauer (Fn. 61), S. 2229; Weber (Fn. 61), S. 877 (880).

der Prüfung. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lerne einen Mandanten und des-sen oft komplizierten Strukturen und Eigenarten erst im Laufe der Jahre richtig ken-nen. Insofern werde bei jedem neuen Prüfungsauftrag schon vorhandenes Wissenüber den Mandanten genutzt. Diese Erfahrung gehe bei einer externen Pflichtrota-tion z. B. nach 7 Jahren verloren. Die neue Prüfungsgesellschaft müsse sich das Wis-sen in langwieriger Arbeit erst neu aneignen.63 Gerade in wirtschaftlich schwierigenZeiten bräuchten Unternehmen aber einen Prüfer, der ihre Verhältnisse kennt undbei der Prüfung des Jahresabschlusses entsprechend berücksichtigt.64 Weiterhin kön-ne ein Erstprüfer leichter getäuscht werden, so dass Betrugsfälle entgegen der Inten-tion des Gesetzgebers nicht verhindert würden.65 Letztlich wird von den Gegnerneiner externen Rotation auch befürchtet, die Prüfungsgesellschaften würden ihremandatsspezifischen Investitionen reduzieren, weil sie sich bei einem automatischenVerlust des Mandats nach einer bestimmten Anzahl von Jahren, weniger rentierenwürden.66 Dagegen wird eingewandt, im internationalen Umfeld gebe es verpflich-tende Verhaltensvorschriften für den Prüferwechsel, der dem scheidenden Prüfungs-unternehmen aufträgt, seinem Nachfolger bestimmte Unterlagen zur Verfügung zustellen, um diesem eine zügige Einarbeitung zu ermöglichen.67 Auch könne das Ar-gument, der Prüfer brauche mehrere Jahre,68 um sich in das Unternehmen einzuar-beiten, nicht gelten, sonst dürfe ein Prüfer etwa den ersten von ihm zu prüfendenAbschluss gar nicht mit gutem Gewissen testieren.69

Bei der internen Rotation sehen einige Autoren ebenfalls Gefahren für die Qualitätder Prüfung. Auch wenn der zeichnende Prüfer ausgewechselt werde, bleibe das Prü-fungsteam bei dieser Variante personenidentisch. Probleme würden also auf dieselbeArt und Weise, „nach Art des Hauses“ angegangen. Jedes Prüfungsunternehmenhabe seine eigenen standardisierten Lösungsansätze, so dass kein frischer Sachver-stand eingeführt werde und Betriebsblindheit entstehe.70 Über die Auswirkungeneiner externen Pflichtrotation auf den Markt der Prüfungsdienstleistungen ist man inder Literatur ebenfalls geteilter Meinung. Während einerseits Konzentrationstenden-zen71 und Wettbewerbsbeschränkungen72 befürchtet werden, sehen andere neueChancen für mittelständische Prüfungsunternehmen.73

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63 Klein/Tielmann, Die Modernisierung der Abschlussprüferrichtlinie, WPg 2004, S. 501,(505); Götz (Fn. 7), S. 337 (341).

64 Luik, Ist ein obligatorischer Prüferwechsel für Aktiengesellschaften sinnvoll?, BB 1976,S. 237 (238).

65 Seibert, Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, WM 1997, S. 1 (6).66 Ballwieser, Die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers, in: Lutter, Der Wirtschaftsprüfer,

2001, S. 99 (110); Weißenberger, Wider die erzwungene Rotation des Abschlussprüfers, BB1997, S. 2315 (2319).

67 Niehus (Fn. 61), S. 1637 (1639).68 Forster, MG, Schneider, Balsam und die Folgen, AG 1995, S. 1 (3).69 Forster (Fn. 68), S. 3.70 Niehus (Fn. 61), S. 1640.71 Klein/Tielmann (Fn. 63), S. 505; Luik (Fn. 64), S. 239; Seibert (Fn. 65), S. 7.72 Ballwieser (Fn. 66), S. 110.73 Weber (Fn. 61), S. 881.

Letztlich erscheint die vom Gesetzgeber gewählte Lösung in mehrerlei Hinsicht un-befriedigend, speziell in Hinblick auf die Prüferunabhängigkeit. Vor allem erscheinteine interne Rotation als ein Mittelweg. Es bleibt schwer vorstellbar, dass, sollten tat-sächlich in einem konkreten Fall Gefahren für die Unabhängigkeit bestehen, diesesich durch den Austausch einzelner Mitarbeiter beseitigen ließen. Auch die neu-ein-gesetzten Mitarbeiter werden schnell von der Leitung der Prüfungsgesellschaft undden schon vorher an der Prüfung beteiligten Kollegen instruiert werden und somitaus derselben Position heraus prüfen wie ihre Vorgänger. Selbst wenn man sich alsGesetzgeber für eine interne Rotation entscheidet, sollte man doch zumindest einenAustausch aller an der Prüfung wesentlich beteiligten Mitarbeiter verlangen. InDeutschland entschied man sich jedoch im Zuge des BilReG, den personellen An-wendungsbereich auf einen einzelnen Mitarbeiter zu verkürzen. Dies wird in der Ge-setzesbegründung74 zwar mit einer Erweiterung des für die Rotation relevanten Zeit-raums begründet; die gesetzlich verordnete interne Rotation des zeichnenden Prüfersallein erscheint aber als ein stumpfes Schwert.

3. Finanzielle oder personelle Verflechtung

Nicht nur für die Abschlussprüfer von Unternehmen i. S. v. § 319a HGB, sondernauch für andere Abschlussprüfer gilt, dass eine Beteiligung an dem zu prüfenden Un-ternehmen – sei es in persönlicher, sei es in finanzieller Hinsicht – den Ausschluss desPrüfers begründet. Zunächst ist ein Prüfer gem. § 319 III Nr. 1 HGB von der Ab-schlussprüfung eines Unternehmens ausgeschlossen, wenn er Anteile oder anderenicht nur unwesentliche finanzielle Interessen an dem zu prüfenden Unternehmenhat oder mittelbar an ihm beteiligt ist. Als Anteilsbesitz gilt jede kapitalmäßige Betei-ligung an der Gesellschaft, wobei weder Höhe noch Dauer der Beteiligung eine Rollespielen.75 Das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Interessen erweitert den Anwen-dungsbereich der Vorschrift. Der Prüfer ist auch ausgeschlossen, wenn er zwar keineAnteile, aber nicht unwesentliche finanzielle Interessen an der Gesellschaft hat. DieGesetzesbegründung zum BilReG führt aus, dass damit alle sonstigen Finanzie-rungsinstrumente erfasst werden sollen. Als Beispiele werden genannt: Schuldver-schreibungen, Schuldscheine, Optionen oder sonstige Wertpapiere.76 Auch Darlehenbegründen ein finanzielles Interesse.77 Die Beteiligung an einem Fonds, der Amteileder entsprechenden Gesellschaft in seinem Portfolio hat, jedoch wohl nicht.78

Fraglich ist, wann ein finanzielles Interesse „nicht unwesentlich“ ist. Bei Darlehens-forderungen hängt dies von der Höhe der Forderung ab.79 Weiterhin sind kurzfristig

Munoz Die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers 29

74 BT-Drucks. 15/3419, S. 41.75 Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 41 Rn. 101; Müch-

KommHGB/Ebke, § 319, Rn. 23.76 BT-Drucks. 15/3419, S. 39.77 Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 41 Rn.101.78 Ring (Fn. 43), S. 197; Wiedmann, HGB, 2. Aufl. 2003, § 319 Rn. 10; IDW-Stellungnahme,

WPg 2004, S. 148; relativierend: Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB (Fn. 38), § 319 Rn. 16.79 Morck, in Koller/Roth/Morck, HGB, § 319 Rn. 5.

fällige Forderungen aus dem allgemeinen Leistungsverkehr sowie die laufende Ver-zinsung von Bankguthaben unwesentlich.80 Zum Ausschluss führt auch die Bete-iligung an einem Unternehmen, das entweder mit der zu prüfenden Gesellschaftverbunden ist oder mehr als 20 % ihrer Anteile hält. Der Begriff der Beteiligung defi-niert sich nach dem Willen des Gesetzgebers nach § 271 I HGB.81

Problematischer ist der Begriff des verbundenen Unternehmens. Umstritten ist, obdiesbezüglich auf den bilanzrechtlichen Begriff des § 271 II HGB82 oder auf den kon-zernrechtlichen Begriff des § 15 AktG83 zurückzugreifen ist. Bedeutung erlangt dieserStreit vor allem dadurch, dass eine Anwendung des § 271 II HGB sowohl Gebietskör-perschaften als auch ausländische Muttergesellschaften vom Verbundenheitsbegriffausschließt, da auf beide die Rechnungslegungsvorschriften des HGB nicht anwend-bar sind. Der BGH hat sich 2004 in seiner „K. of America“ – Entscheidung84 mit Hin-weis auf den insoweit eindeutigen Wortlaut des § 271 II HGB für eine Anwendungdieser Norm und gegen die Anwendung des § 15 AktG ausgesprochen.

Eine personelle Verflechtung mit dem zu prüfenden Unternehmen ist gemäߧ 319 III Nr. 2 HGB ebenfalls schädlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Wirtschafts-prüfer von der Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn er bestimmte Funktionen inder zu prüfenden Gesellschaft einnimmt. Genannt sind im Gesetz die Funktionendes gesetzlichen Vertreters, des Aufsichtsratsmitglieds bzw. des Arbeitnehmers.Gleiches gilt, wenn der Prüfer die genannten Funktionen in einem Unternehmen ein-nimmt, das mit der zu prüfenden Gesellschaft verbunden ist oder 20 % ihrer Anteilebesitzt.

4. Selbstprüfungsverbot

Aufgabe des Abschlussprüfers ist es, den von dem prüfungspflichtigen Unterneh-mens erstellten Jahresabschluss daraufhin zu prüfen, ob er mit Gesetz und Satzungim Einklang steht. Es erschließt sich von selbst, dass der Prüfer diese Aufgabe nichtunvoreingenommen ausführen kann, wenn er selbst an der Erstellung des Jahresab-schlusses beteiligt war. Das Selbstprüfungsverbot verbietet daher dem Prüfer, einenSachverhalt zu beurteilen, an dessen Zustandekommen er maßgeblich beteiligt war.85Die Beratung eines Unternehmens in rechtlichen, steuerlichen bzw. betriebswirt-

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80 Ebd., Rn. 5; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB (Fn. 38), § 319 Rn. 16.81 BT-Drucks. 15/3419, S. 39.82 So etwa Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB (Fn. 38), § 319 Rn. 16; Claussen, in: Kölner Komm

AktG, 2. Aufl., 1991, § 319 Rn. 59; Ebke/Paal, Die Unabhängigkeit des gesetzlichen Ab-schlussprüfers, ZGR 2005, S. 894 (905).

83 Schulze-Osterloh, in: Baumbach/Hueck GmbHG, § 41 Rn. 101; zustimmend Münch-KommHGB/Ebke, § 319 Rn. 25; Ekkenga, Kommentar zu BGH v. 3.6.2004 – X ZR 104/03,BB 2004, S. 2013; Müller, Der befangene Abschlussprüfer im Unternehmensverbund, NZG2004, S. 1037 f.

84 BGH, WM 2004, S. 1491.85 MünchKommHGB/Ebke, § 319 Rn. 27; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB (Fn. 38), § 319

Rn. 18; Hense/Veltins in: BeckBilKomm, § 319 Rn. 21; BT-Drucks. 15/3419, S. 39.

schaftlichen Angelegenheiten ist für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein lukrativesGeschäftsfeld. Es stellt sich aber die Frage, ob sich Abschlussprüfung und Beratungnicht gegenseitig ausschließen müssen.86 Dagegen wird eingewendet, durch gleich-zeitige Beratung und Prüfung entstünden Synergieeffekte, es könne also zeit- undkostensparender gearbeitet werden.87 Weiterhin werde die Informationsbasis, diedem Prüfer bei der Prüfung des Jahresabschlusses zur Verfügung stehe, durch die Be-ratung verbreitert.88

Der II. Zivilsenat des BGH hat sich in seiner „Allweiler“-Entscheidung89 unter be-stimmten Voraussetzungen für eine grundsätzliche Vereinbarkeit von Prüfung undBeratung ausgesprochen. Der Senat hat in dieser Entscheidung das Kriterium derfunktionalen Entscheidungszuständigkeit aufgegriffen. Die Richter stellten fest, dasseine unzulässige Mitwirkung an dem Jahrsabschluss dann gegeben sei, wenn die Be-ratungstätigkeit des Prüfers bezüglich der Aufstellung des Jahresabschlusses über dieDarstellung von Alternativen als Entscheidungshilfe hinausging und der Prüfer demMandanten die Entscheidung abnimmt.90 Entscheide sich der Mandant selbstständig,prüfe der Prüfer später nicht seine eigene Entscheidung, sondern jene des Mandan-ten. Der Prüfer darf also dadurch beratend eingreifen, dass er den Mandanten vor derPrüfung auf etwaige gesetzliche Mängel im Jahresabschluss hinweist und ihm Emp-fehlungen in Form von Entscheidungsalternativen gibt.91 Wenn es nur eine einzigerechtlich vertretbare Lösung für das Problem im Jahresabschluss gibt, sind alterna-tivlose Vorschläge unbedenklich.92 Der Prüfer muss sich mithin nicht auf eine reinabstakte Beratung beschränken, sondern kann durchaus konkrete Vorschläge ma-chen, die auch ohne weiteres Einfluss auf die unternehmerische Entscheidung desMandanten haben können.93 Letztlich ist eine Überschreitung der Zuständigkeit desWirtschaftsprüfers aber schwer zu beweisen. Da der Jahresabschluss von dem Vor-stand erstellt wird, wird eine unzulässige Mitwirkung des Prüfers nur schwer zu be-weisen sein, auch weil auf die Mithilfe des Vorstandes bei der Aufklärung nicht zuhoffen ist. 94

Nach alledem sind die das Selbstprüfungsverbot betreffenden Tatbestände des§ 319 III Nr. 3 HGB und des § 319a I S. 1 Nr. 2, Nr. 3 HGB als Ausnahme von dergrundsätzlichen Zulässigkeit einer Doppeltätigkeit als Prüfer und Berater zu ver-stehen.95

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86 Dahingehend: Arbeitskreis Bilanzrecht, Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Bi-lanzrechtsreformgesetzes, BB 2002, S. 2663 (2664); Hönle, Die Unabhängigkeit der aktien-rechtlichen Abschlussprüfers, 1978, S. 162.

87 MünchKommHGB/Ebke, § 319 Rn. 27; Fleischer (Fn. 8), S. 762.88 Fleischer (Fn. 8), S. 762.89 BGHZ 135, 260; bestätigt durch BGHZ 153, 32 und BGH WM 2004, S. 1491 (1493) f.90 BGHZ 135, 260, (264); so auch OLG Frankfurt a. M., ZIP 2004, S. 1114 (1117).91 Schmidtmeier, Vereinbarkeit von Prüfung und (Steuer-) Beratung durch denselben Wirt-

schaftsprüfer, DB 1998, S. 1625 (1629).92 Röhricht, Beratung und Abschlussprüfung, WPg 1998, S. 153 (156).93 WP-Handbuch, 12. Aufl. 2002, Abschnitt A, Rn. 242 f.94 Hellwig, Beratungsverträge des Abschlußprüfers, ZIP 1999, S. 2117 (2119).95 Vollhard/Weber (Fn. 16), S. 16; BT-Drucks. 15/3419, S. 27.

a) Spezielle Beratungsverbote des § 319a HGB

Speziell für die Abschlussprüfer von Unternehmen von öffentlichem Interesse giltdie Norm des § 319a I S. 1 Nr. 2 HGB. Wirtschaftsprüfer sind von der Jahresab-schlussprüfung ausgeschlossen, wenn sie für das betreffende Unternehmen Rechts-oder Steuerberatungsleistungen erbracht haben, sofern sich diese Dienstleistungenauf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in dem zu prüfendenJahresabschluss gestaltend und nicht nur unwesentlich ausgewirkt haben. Nach demWortlaut der Norm ist die Beratung in Rechts- und Steuerfragen unter bestimmtenVoraussetzungen allerdings weiterhin erlaubt. Beurteilt wird die Dienstleistung nacheinem Ausmaß- und einem Auswirkungskriterium, die kumulativ vorliegen müssen,damit die Rechts- oder Steuerberatung unvereinbar mit der Abschlussprüfung ist.96Das Ausmaßkriterium nimmt die „Allweiler“-Rechtsprechung in das Gesetz auf.97Es ist dann erfüllt, wenn der Abschlussprüfer über das Aufzeigen von Gestaltungsal-ternativen hinausgeht, also innerhalb der Beratungstätigkeit selbst gestaltend tätigwird. Der Prüfer darf dem Mandanten also nicht die Entscheidung zwischen meh-reren Alternativen abnehmen. Er darf innerhalb seiner Beratungstätigkeit jedochweiterhin auf eine bestimmten Rechts- oder Steuerlage hinweisen, etwa auf eine ver-streichende Frist zur Wahrung von Steuervorteilen.98 Entscheidend ist, ob die Ent-scheidungskompetenz beim Mandanten verbleibt.

Das Auswirkungskriterium ist erfüllt, wenn die Auswirkungen der Beratung auf denJahresabschluss unmittelbar und nicht unwesentlich sind. Eine unmittelbare Auswir-kung liegt dann vor, wenn die Darstellung der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlagesich zwangsläufig aus dem Ergebnis der Beratung ergibt. Davon ist auszugehen,wenn die Darstellung ohne die Beratungsleistung anders ausgefallen wäre.99 Geradebei der Rechtsberatung wird dies häufig der Fall sein. Der Rechtsberater eines Unter-nehmens beschäftigt sich damit, Ansprüche geltend zu machen oder abzuwehren.Das wirtschaftliche Ergebnis dieser Aktivitäten wird fast zwangsläufig Eingang inden Jahresabschluss finden. Denn in diesem Zusammenhang berät der Rechtsberaterdie Unternehmensleitung ja beispielsweise auch dahingehend, in welcher HöheRückstellungen für laufende Prozesse gebildet werden müssen.100 Es werden aller-dings nur wesentliche Auswirkungen erfasst, so dass Beratungsleistungen des Prü-fers, deren Ergebnisse den Abschluss nur geringfügig beeinflussen, ohne Auswirkun-gen auf die Unabhängigkeit bleiben.

§ 319a I Nr. 2 normiert für Prüfer kapitalmarktorientierter Unternehmen strengereMaßstäbe als die des allgemeinen Ausschlussgrundes des § 319 III Nr. 3 HGB. Dieslässt sich an Hand des BGH-Urteils101 im Falle HypoVereinsbank aus dem Jahre2002 veranschaulichen. Nach diesem Urteil, dem noch die a. F. des HGB zu Grundelag, ist die Erstellung eines Verschmelzungsgutachtens und die Ermittlung der Ver-

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96 Merkt in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319a Rn. 3.97 Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319a Rn. 3, 4.98 BT-Drucks. 15/3419, S. 42; Veltins (Fn. 31), S. 451.99 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 319a Rn. 3.

100 Veltins (Fn. 31), S. 451.101 BGHZ 153, 34 ff.

schmelzungswertrelation keine unzulässige Beratungsleistung i. S. d. § 319 II S. 1Nr. 1 a. F. HGB. Heute würde eine solche Tätigkeit, sofern sie bei einem Unterneh-men von öffentlichem Interesse durchgeführt würde, zur Inhabilität des Prüfers be-züglich der Abschlussprüfung der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Gesell-schaft gemäß § 319a I Nr. 2 HGB führen.102 Im internationalen Vergleich wird etwain den USA zwischen Rechts- und Steuerberatung unterschieden. Der SOA verbietetRechtsberatungsleistungen grundsätzlich gem. sec. 201g (8). Steuerberatungsleistun-gen sind demgegenüber gem. sec. 201h erlaubt, wenn das Audit Committee ihnen imVorfeld zugestimmt hat. Als Steuerberatung werden in diesem Zusammenhang ins-besondere die Erstellung von Steuererklärungen und Steuerplanung verstanden.103Allerdings sieht die SEC in einer ihrer Richtlinien104 zum SOA, dennoch die poten-tielle Gefahr für die Prüferunabhängigkeit, die von Steuerberatungsleistungen aus-geht und verlangt demnach von den Audit Committees, etwa solche Steuerbera-tungsleistungen besonders kritisch zu prüfen, die ausschließlich auf die Vermeidungvon Steuern abzielen.

Der Prüfer ist nach § 319 a I S. 1 Nr. 3 HGB außerdem von der Prüfung ausgeschlos-sen, wenn er an der Entwicklung, Einrichtung und Einführung von Rechnungsle-gungsinformationssystemen mitgewirkt hat. Hierbei handelt es sich um IT-Systeme,mit deren Hilfe die Erstellung des Jahresabschlusses gehandhabt wird.105 Im Zugeder Abschlussprüfung kann sich der Prüfer dafür entscheiden, hierfür die internenRechnungslegungsinformationssysteme zu nutzen. Jedoch muss er diese zunächstauf ihre Wirksamkeit und Vollständigkeit prüfen106 Genau hier prüft er jedoch seineeigene Leistung, wenn er das System entwickelt, eingerichtet oder eingeführt hat, sodass er gegen das Selbstprüfungsverbot verstößt. Die Tätigkeit muss über die Prü-fungstätigkeit hinaus gehen, also eine separate, selbstständige und von der Prüfungzu trennende Leistung darstellen.107 Weiterhin muss die Tätigkeit über der Bedeu-tungsschwelle liegen, also nicht von untergeordneter Bedeutung sein. Erfasst werdenauch hier nur Tätigkeiten in dem zu prüfenden Geschäftsjahr.

b) Allgemeine Beratungsverbote des § 319 III Nr. 3 HGB

Für alle Prüfer gelten die Beratungsverbote des § 319 III Nr. 3 HGB. Sie beziehensich alle lediglich auf Tätigkeiten in dem zu prüfenden Geschäftsjahr und greifengem. § 319 III Nr. 3 Halbs. 2 HGB auch dann ein, wenn sie von einem Unternehmenausgeführt werden, mit dem der Prüfer personell oder finanziell verbunden ist. So istes den Prüfern verboten bei der Buchführung oder bei der Aufstellung des Jahresab-schlusses mitgewirkt zu haben (Nr. 3a). Auch hier ist bei der Konkretisierung desTatbestandsmerkmals der Mitwirkung und seiner Abgrenzung zur zulässigen Bera-

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102 Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319a Rn. 5.103 Schmidt (Fn. 23), S. 784.104 SEC, Strengthening the Commission’s Requirements Regarding Auditor’s Independen-

ce, II. B. 11, S. 22105 Veltins (Fn. 31), 452.106 WP-Handbuch, 2000, Abschnitt R, Rn. 72.107 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 319a Rn. 4.

tung das Allweiler-Urteil zu beachten. Ebenfalls nicht zugelassen ist ein Prüfer, derbei der internen Revision des Unternehmens mitgewirkt hat (Nr. 3b). Bei der inter-nen Revision durchleuchtet der beauftragte Wirtschaftsprüfer die einzelnen Ge-schäftsbereiche und die damit zusammenhängenden Unternehmensprozesse. Ziel istdie Weiterentwicklung und Optimierung der untersuchten Felder.108 Voraussetzungfür die Unvereinbarkeit ist jedoch, dass der Prüfer bei der internen Revision in ver-antwortlicher Position mitgewirkt hat.

Bei der Erbringung von Management- und Finanzdienstleistungen (Nr. 3c) ist eineEinflussnahme auf den später zu prüfenden Jahresabschluss nicht auszuschließen.Solche Dienstleistungen sind mithin ebenfalls verboten. Als Hilfe zur Konkretisie-rung dieses Tatbestandes lässt sich das internationale Umfeld heranziehen. Der SOAverbietet Managementdienstleistungen, Tätigkeiten im Human Resources-Bereichund verschiedene Finanzdienstleistungen, etwa die Investment-Beratung.109 Auchdie EU-Empfehlung aus dem Jahre 2002 sieht eine Gefahr in der gleichzeitigen Per-sonalberatung. Finanzdienstleistungen verbietet sie zwar nicht ausdrücklich; Finanz-dienstleistungen werden aber durch den allgemeinen Grundsatz der Unabhängig-keitsgefährdung durch Interessensvertretung erfasst.110

Zuletzt werden auch Bewertungsleistungen und Leistungen versicherungsmathema-tischer Art für mit der Abschlussprüfung unvereinbar erklärt (Nr. 3d). Bei ersterenmuss etwa bei einem Verschmelzungsgutachten der Unternehmenswert bestimmtwerden, bei letzteren geht es darum, mit welchem Betrag Versicherungsbeiträge-oder Leistungen bilanziert werden.111 Das Verbot wird durch ein Wesentlichkeitser-fordernis eingeschränkt. Weiterhin werden von der Norm nur eigenständige Leistun-gen erfasst. Solche sind nur Bewertungsleistungen, die von dem Abschlussprüfereigenständig erbracht wurden und bei denen die für die Bewertung erforderlichenAnnahmen vom Prüfer selbst festgestellt wurden.112

5. Die Generalklausel des § 319 II HGB

Das BilReG hat sich bei der Neuordnung der Vorschriften des HGB zur Prüferunab-hängigkeit für ein Kombinationsmodell113 zwischen den absoluten Ausschlussgrün-den und dem allgemeinen Ausschlussgrund des § 319 II HGB entschieden. Schon ausdem Wortlaut des § 319 III HGB („insbesondere“) wird deutlich, dass § 319 II HGBdie Grundregel114 für den Ausschluss enthält und auch dann noch zu prüfen ist,wenn die absoluten Ausschlussgründe des § 319 III HGB oder des § 319a I HGBnicht einschlägig sind. Ein Ausschluss des Prüfers nach § 319 II HGB ist gegeben,wenn objektive Gründe vorliegen, nach denen die Besorgnis der Befangenheit be-

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108 Förschle/Peemöller, Wirtschaftsprüfung und interne Revision, 2004, S. 154 ff.109 SOA sec. 201, g, (6), (7).110 Schmidt (Fn. 23), S. 783; Peemöller/Oehler (Fn. 41), S. 542.111 Siehe etwa WP-Handbuch, 12. Aufl. 2002, Anhang 2.112 BT-Drucks. 15/3419, S. 39; Ring (Fn. 43), S. 199; IDW (Fn. 78), S. 148.113 Merkt, in: Baumbach/Hopt (Fn. 38), § 319 Rn. 6.114 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 319 Rn. 3.

steht. Die bloße Besorgnis allein reicht jedoch nicht aus; es bedarf vielmehr objekti-ver Anhaltspunkte. Maßgeblich für die Beurteilung ist der Standpunkt eines vernünf-tigen und objektiv denkenden Dritten.115 Diese Feststellung wirft allerdings die Fol-gefrage auf, welche Kriterien ein solcher Dritter erfüllen muss. Die allgemeineöffentliche Meinung, die durch Sensationsberichte in den Medien beeinflusst wird,kann sicherlich nicht als Maßstab genommen werden.116 Die EU-Empfehlungspricht infolgedessen auch von einem „sachverständigen und informierten“ Drit-ten.117 Es kann also letztlich bei der Feststellung einer möglichen, relativen118 Befan-genheit weder darauf ankommen, ob der Prüfer tatsächlich befangen ist, noch darauf,ob er sich selbst für befangen hält.119 Entscheidend ist nur der Standpunkt des infor-mierten und objektiven Dritten.

Welche Gründe können also für die Besorgnis der Befangenheit sprechen? Die Normselbst nennt einige Beispiele, namentlich Beziehungen geschäftlicher, persönlicheroder finanzieller Art. Jedoch sind diese nur beispielhaft hervorgehoben; demnachkönnen auch noch andere Gründe für die Besorgnis der Befangenheit sprechen. Eineabschließende Liste von Gründen kann es nicht geben.120 Es muss somit auf die sichnoch in der Entwicklung befindenden Kasuistik und auch auf die internationaleRechtsentwicklung abgestellt werden.121 Anhaltspunkte finden sich sowohl im Re-gierungsentwurf122 als auch in der EU-Empfehlung,123 den SEC-Leitlinien124 undden IFAC-Regeln.125 Die Fülle möglicher Gründen lässt sich grob in vier Kategorieneinteilen.126 Die Selbstprüfung („Self-Review Risk“), das Eigeninteresse und diefinanzielle Abhängigkeit des Prüfers („Self-Interest Risk“), die persönliche Abhän-gigkeit („Client Influence Risk“) und die Parteilichkeit des Prüfers („AdvocacyRisk“). Einzelfälle lassen sich oft unter mehrere dieser Tatbestände subsumieren. Sohat der BGH in seinem „HypoVereinbank“-Urteil ausgeführt, dass auch Fehlleis-tungen des Prüfers seine Befangenheit begründen können.127 Einerseits wird dadurchdie Selbstprüfung angesprochen, andererseits die Tatsache, dass der Prüfer aus

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115 BGHZ 153, 32, 40; Bormann, Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, BB 2002, S. 190 (191);Lanfermann/Lanfermann, Besorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers, DStR 2003,S. 900 (906).

116 Lanfermann/Lanfermann (Fn. 115), S. 906.117 Abschnitt A. (Rahmenkonzept), Unterabschnitt „vor Abschnitt 1“.118 In diesem Sinne Bormann (Fn. 115), S. 191.119 BayOLG, NJW-RR 1988, S. 163 (164); Knorr (Fn. 44), S. 937.120 Ebke/Paal, (Fn. 82), S. 897.121 Gelhausen/Heinz, Der befangene Abschlussprüfer, seine Ersetzung und sein Honoraran-

spruch, WPg 2005, S. 693 (696).122 BT-Drucks. 15/3419, S. 38.123 Abschnitt B. (Besondere Umstände).124 (Fn. 104).125 IFAC, Code of Ethics, Independence, April 2001, 8.25 ff.126 Bormann (Fn. 115), S. 190 f.; Mertin/Schmidt, Internationale Harmonisierung der Anfor-

derungen an die Abschlussprüfung auf der Grundlage der Verlautbarungen der IFAC WPg2001, S. 317 (323).

127 BGHZ 153, 32, 42 ff.

Furcht vor etwaigen auf die vorhergegangene Fehlleistung bezogenen Schadenser-satzansprüchen gegen ihn versucht, seinen Fehler bei der Abschlussprüfung zu ver-tuschen. Letztlich wird immer eine Abwägung im Einzelfall notwendig sein, da§ 319 II HGB eben keine gesetzlichen Vermutungen enthält.

6. Berufsrecht

Neben den handelsrechtlichen Vorschriften verlangt auch das Berufsrecht der Wirt-schaftsprüfer, namentlich die WPO, die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers. Zu-nächst verlangt § 43 WPO, dass der Prüfer seinen Beruf unabhängig ausübt. Nach§ 49 Var. 2 WPO ist die Prüfertätigkeit bei Besorgnis der Befangenheit zu versagen.Konkretisiert werden diese Festlegungen durch die von der Wirtschaftsprüferkam-mer (WPK) gemäß § 57 III WPO erlassene Berufssatzung,128 insbesondere durch § 21der Berufssatzung, der den Begriff der Besorgnis der Befangenheit berufsrechtlichkonkretisiert.

II. Rechtsfolgen

Die Verwirklichung eines der Tatbestände der §§ 319, 319a HGB kann verschiedeneRechtsfolgen nach sich ziehen. Zunächst kommt ein Ausschluss des Prüfers von derAbschlussprüfung in Betracht, weiterhin sind die schuldrechtlichen Auswirkungenauf den Prüfungsvertrag zwischen Prüfer und Unternehmen zu untersuchen.Schließlich ist fraglich, welche Auswirkungen die Wahl eines inhabilen Prüfers aufden Wahlbeschluss der Hauptversammlung hat.

1. Das Ersetzungsverfahren gemäß § 318 III HGB

Das Gericht hat auf Antrag gemäß § 318 III HGB einen anderen als den nach § 318 IHGB gewählten Prüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des gewähl-ten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint. In Betracht kommen vor allem dieAusschlussgründe der § 319 II –V HGB und § 319a HGB. Ziel des Ersetzungsverfah-rens ist es, eine Abschlussprüfung durch einen nicht befangenen Prüfer sicherzustel-len. Das Gericht wird nur auf Antrag tätig. Das Verfahren richtet sich nach demFGG.129 Antragsberechtigt ist der Vorstand als gesetzlicher Vertreter,130 der Auf-sichtsrat oder Gesellschafter, wenn sie alleine oder zusammen mit anderen einen be-stimmten Mindestanteil halten, wobei die Schwellenwerte durch das BilReG halbiertwurden.131 Unterliegt das Unternehmen einer staatlichen Aufsicht (etwa der derBafin), ist auch diese Aufsichtsbehörde nach § 318 III 6 HGB antragsberechtigt. DieAntragsfrist endet gemäß § 318 III 2 HGB zwei Wochen nach der Wahl oder – beinachträglichem Eintreten oder Bekannt werden eines Ausschlussgrundes – zwei Wo-

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128 Zu finden unter: http://www.wpk.de/pdf/bs-wpvbp. pdf.129 Merkt, in: Baumbach/Hopt, § 318 Rn. 8.130 Morck, in: Koller/Roth/Morck, HGB, § 318 Rn. 4.131 BT-Drucks. 15/3419, S. 36.

chen nach Kenntnisnahme des Grundes (§ 318 III S. 3 HGB). Das Ersetzungsverfah-ren ist also nicht nur bei einer solchen anfänglichen Befangenheit anzuwenden, son-dern auch dann, wenn der Befangenheitsgrund erst nach der Wahl eingetreten ist,etwa wenn der Prüfer in dem Zeitraum zwischen seiner Bestellung und dem Ab-schluss der Prüfung entgegen § 319 III S. 1 Nr. 1 HGB finanzielle Interessen an derzu prüfenden Gesellschaft erwirbt.132

In der Literatur war lange Zeit umstritten, ob neben dem Ersetzungsverfahren des§ 318 III HGB auch eine aktienrechtliche Klage gegen den Bestellungsbeschluss derHauptversammlung gemäß § 243 II AktG a. F. i. V. m. § 246 AktG bzw. § 249 AktGzulässig ist.133 Im BilReG hat sich der Gesetzgeber nunmehr festgelegt.134 § 243 IIINr. 2 AktG n. F. normiert den Vorrang des Ersetzungsverfahrens vor der Anfech-tungsklage. Fraglich ist jedoch, ob selbiges auch für die Nichtigkeitsklage gilt, denn§ 249 I 1 AktG verweist seit der Neufassung durch das UMAG 2005 nicht mehr aufden § 243 III AktG. Dies beruht jedoch auf einem Redaktionsfehler.135 Das BilReGhatte in seinem Art. 4 Nr. 8 noch einen Verweis auf § 243 III AktG vorgesehen, dieseÄnderung ist aber scheinbar bei der Neufassung des § 249 I 1 AktG durch Art. 1Nr. 25a des UMAG übersehen worden. Der Verweis auf § 243 III AktG ist somit in§ 249 I S. 1 AktG hineinzulesen,136 so dass auch eine Nichtigkeitsklage hinter das Er-setzungsverfahren zurücktritt, wenn sie auf dieselben Gründe gestützt wird. DieRatio dieses Vorrangs liegt in der gegenüber der aktienrechtlichen Anfechtungs-bzw. Nichtigkeitsklage wesentlich verkürzten Verfahrensdauer. Durch das beschleu-nigte Verfahren des § 318 III HGB, insbesondere durch die kurze Antragsfrist, sollsichergestellt werden, dass einerseits rechtzeitig ein wirksam bestellter Prüfer zurVerfügung steht, andererseits der Prüfer seinen Auftrag nicht unter dem unbestätig-ten Verdacht der Befangenheit ausführen muss.137

2. Die schuldrechtlichen Auswirkungen

Fraglich ist, wie sich das Vorliegen eines Ausschlussgrundes auf den zwischen Prüferund Unternehmen geschlossenen Prüfungsvertrag und damit auch auf den Lohnan-spruch des Abschlussprüfers auswirkt. Der BGH hatte in der Vergangenheit schonmehrmals Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern. In einem Urteil aus dem Jahre1992,138 dem noch die alte Fassung des HGB zu Grunde lag, entschied der BGH, diedamaligen absoluten Ausschlussgründe des § 319 II, III HGB a. F. seien Verbotsnor-

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132 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 702.133 Siehe nur BGHZ 153, 32, 44 ff.; Zimmer, in GroßkommHGB, § 318 Rn. 44a; a. A. Ebke/Ju-

risch, Der unerwünschte Abschlussprüfer, AG 2000, 208 (213 ff.) (für Vorrang des Erset-zungsverfahrens).

134 BT-Drucks. 15/3419, S. 35.135 Hüffer, AktG, 7. Aufl., 2006, § 249 Rn. 1.136 Ebd., Rn. 12a.137 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 699.138 BGHZ 118, 142 (144 ff.).

men i. S. v. § 134 BGB.139 Damit sei der Prüfungsauftrag nichtig; der Prüfer habe des-halb keinen Vergütungsanspruch aus dem nichtigen Vertrag. Das Bestehen eines An-spruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus Bereicherungsrecht hat derBGH in dieser Entscheidung ebenfalls abgelehnt.140 Der Anspruch aus §§ 677, 683S. 1, 670 BGB bestehe nicht, da der Prüfer die verbotene Leistung nicht für den Um-ständen nach erforderlich i. S. v. § 670 BGB habe halten dürfen.141 Einem Anspruchaus § 812 BGB stehe § 817 S. 2 BGB entgegen. Die Rechtsprechung des BGH im„Schwarzarbeiter“-Urteil,142 in dem die Anwendung des § 817 S. 2 BGB nach denGrundsätzen des § 242 BGB ausgeschlossen wurde, sei auf den Fall eines gegen dieabsoluten Ausschlussgründe verstoßenden Prüfers nicht anzuwenden.

Mithin führt ein Verstoß gegen die absoluten Ausschlussgründe des § 319 III oderdes § 319a HGB zur Nichtigkeit des Prüfungsvertrags und damit zum Verlust desHonoraranspruches. Problematischer ist der Fall, dass ein Prüfer gegen den allgemei-nen Ausschlussgrund des § 319 II HGB verstößt. Der BGH hatte im Juni 2004 inseiner „K. of America“ – Entscheidung festgestellt, die Besorgnis der Befangenheitallein, ohne einen Verstoß gegen die absoluten Ausschlussgründe, sei für den Hono-raranspruch unschädlich.143 Allerdings lag dem Urteil ein Verstoß gegen die berufs-rechtliche Norm des § 49 Var. 2 WPO zu Grunde. Der Gesetzgeber hat mittlerweiledurch das BilReG die Besorgnis der Befangenheit durch die neue Ausgestaltung des§ 319 II HGB als Grundtatbestand der Prüferunabhängigkeit normiert.144 Das derEntscheidung zu Grunde liegende Stufenverhältnis zwischen absoluten Ausschluss-gründen und der Besorgnis der Befangenheit wurde somit aufgegeben.145 Währendder BGH noch im Hinblick auf § 49 Var. 2 WPO ausführte, die Vorschrift stellelediglich eine Verhaltenregel für den Prüfer dar und sei losgelöst von der Wirksam-keit des Prüfungsauftrags zu sehen,146 zielt § 319 II HGB n. F. nunmehr klar daraufab, das Tätigwerden des befangenen Prüfers zu verhindern.147 Somit ist § 319 II HGBebenfalls als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB zu qualifizieren, so dass ein Verstoß ge-gen diese Norm einen Verlust des Honoraranspruchs zur Folge hat.148

An dem vorstehenden Ergebnis wird kritisiert, dass der Verlust der Vergütung sichhinsichtlich des Gesetzeszwecks kontraproduktiv auswirken könne. Die Möglich-keit, unter Umständen die Vergütung zu verweigern, könne der Unternehmenslei-tung ein Druckmittel gegen besonders kritische Abschlussprüfer an die Hand ge-

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139 Dem Urteil liegt ein Verstoß gegen § 319 II Nr. 5 HGB a. F. zu Grunde, es ist aber auf alleabsoluten Ausschlussgründe zu erstrecken, siehe Polt/Winter, Der Honoraranspruch desAbschlussprüfers, WPg 2004, S. 1127 (1129, Fn. 21).

140 BGHZ 118, 142 (150).141 Siehe schon BGHZ 37, 258, 263 f.; BGHZ 111, 308 (311).142 BGHZ 111, S. 308 ff.143 BGH, WM 2004, S. 1491 ff.144 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 700; zu § 318 III 1 HGB a. F. schon BGHZ 153, 32 (38 f.).145 Polt/Winter (Fn. 139), S. 1135.146 BGH, WM 2004, S. 1491, (1495).147 Gelhausen/Heinz (Fn. 121).148 Ring (Fn. 43), S. 200; Müller (Fn. 83), S. 1039.

ben.149 Jedoch kommt eine teleologische Reduktion des § 319 II HGB nicht in Frage,so dass jeder Prüfer gut beraten ist, sich vorzeitig so gut wie möglich Rechtssicher-heit zu verschaffen.150 Bei einem nach der Beauftragung entstandenen Ausschluss-grund ist der Prüfungsvertrag nicht von Anfang an nichtig.151 Begründet wird diesmit der Tatsache, dass § 134 BGB auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsge-schäfts abstellt.152 Der Vertrag sei ja ursprünglich „verbotsfrei“153 geschlossen wor-den. Somit behält der Prüfer zunächst seinen Anspruch auf Honorar, er darf die Prü-fung wegen seiner Befangenheit aber nicht mehr fortsetzen. Teils wird der Prüfungs-vertrag von diesem Zeitpunkt an als ex nunc nichtig angesehen,154 teils wird verlangt,dass ein Ersetzungsverfahren eingeleitet wird oder der Prüfer den Auftrag gemäߧ 318 VI HGB kündigt.155 Für die bereits geleistete Arbeit muss der Abschlussprüferjedenfalls entlohnt werden. Weiterhin kann den Prüfer im Verhältnis zur beauftra-genden Kapitalgesellschaft eine Pflicht zum Schadensersatz nach § 823 II BGBi. V. m. §§ 319, 319a HGB, unter Umständen sogar aus § 826 BGB treffen.156

3. Sonstige Rechtsfolgen

Aus der Regelung des § 256 I Nr. 3 AktG ergibt sich deutlich, dass ein Verstoß gegendie Unabhängigkeitsvorschriften des § 319 II, II, IV HGB und des § 319a I HGB denfestgestellten Jahresabschluss nicht nichtig macht.

Ein Prüfer, der trotz seiner Befangenheit nach den §§ 319, 319a HGB ein Testat füreinen Jahresabschluss erteilt, handelt gemäß § 334 II HGB ordnungswidrig. Er mussmit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen (§ 335 III HGB). Ferner muss ermit berufsrechtlichen Konsequenzen, gemäß §§ 67, 68 WPO rechnen. Die Strafennach der WPO reichen von einem einfachen Verweis über eine Geldstrafe von bis zu100.000 Euro bis hin zum Berufsausschluss.

D. Fazit

Der Gesetzgeber hat versucht mit Hilfe des neuen Kombinationsmodells aus „Rules-based Approach“ und „Principles-based Approach“ den vielfältigen Gefahren für dieUnabhängigkeit des gesetzlichen Abschlussprüfers entgegenzutreten. Zwar hat erdurch allerlei Regelungen versucht, einer Umgehung der Vorschriften – etwa durchZwischenschaltung eines Sozius – zu verhindern. Bei der Ausgestaltung der Vor-schriften selbst scheint er sich aber zu oft für einen Mittelweg entscheiden zu haben.

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149 Polt/Winter (Fn. 139), S. 1135.150 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 701.151 OLG Düsseldorf, GmbHR 1991, S. 159 f.; Zimmer, in: GroßKommHGB, § 319 Rn. 76 f.152 Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., 2006, § 134 Rn. 12b.153 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 703.154 MünchKommHGB/Ebke, § 318 Rn. 73.155 Gelhausen/Heinz (Fn. 121), S. 701.156 Merkt, in: Baumbach/Hopt, § 319 Rn. 31; MünchKommHGB/Ebke, § 318 Rn. 86.

So ist etwa die Schwelle der Umsatzabhängigkeit m. E. zu hoch angesetzt. Der Weg-fall eines Klienten, dessen Mandat 15 % des Gesamteinkommens des Abschlussprü-fers ausmacht, ist für diesen dramatisch. Müsste etwa ein DAX-Unternehmen plötz-lich einen Umsatzrückgang von 15 % veröffentlichen, kann man sich die Reaktionenim Unternehmen selbst, an der Börse und in der Öffentlichkeit ausmalen. Hinsicht-lich der internen Rotation hat der Gesetzgeber dieses Werkzeug zur Sicherstellungder Unabhängigkeit so ausgestaltet, dass letztlich nur alle paar Jahre der zeichnendePartner, nicht aber das gesamte Prüfungsteam ausgewechselt werden muss. Dadurchwird der § 319a I Nr. 4 HGB nahezu auf einen rein symbolischen Charakter redu-ziert. Außerdem wird sich noch zeigen müssen, ob das Instrument der funktionalenEntscheidungszuständigkeit wirklich geeignet ist, die an sich sinnvolle Vereinbarkeitvon Abschlussprüfung und Beratung mit einem wirkungsvollen Unabhängigkeits-schutz in Einklang zu bringen. Viel wird davon abhängen, wie die Rechtsprechung inZukunft die Generalklausel des § 319 II HGB ausfüllen wird. Der Gesetzgeber hatdamit einen Teil seiner Verantwortung an die Gerichte abgegeben. Letztlich wirdman sich aber darauf verlassen müssen, dass einerseits die in § 318 III S. 1 HGB ge-nannten Organe der Gesellschaft tätig werden, sobald sie Gründe erkennen, die eineBesorgnis der Befangenheit des Abschlussprüfers begründen. Andererseits muss manauf die Ehrlichkeit der Prüfer hoffen, einen Prüfungsauftrag gegebenenfalls abzuleh-nen. Erste Nachrichten stimmen diesbezüglich hoffnungsvoll. So haben mehrereführende Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihre Assoziierungen mit Anwaltskanz-leien in Deutschland aufgelöst. Im Dezember 2006 etwa trennte sich Ernst & Youngvon Luther.157 Es bleibt zu hoffen, dass damit nicht nur der schöne Schein gewahrtwerden sollte.

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157 Siehe die entsprechende Pressemitteilung vom 22. November 2006 auf http://www.ey.com/GLOBAL/content.nsf/Germany/Presse_-_Pressemitteilungen_2006_-_Umsatz.