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Zeitsehrift ffir Physik, Bd. 127, S. 144--t65 (1950). Die Verfiirbung von Kaliumchlorid auf elektrisdiem Wege. Von GERHARD I-IEILAND, G6ttingen. Mit 14 Figuren im Text. (t~ingegangen am 1. Miirz 1950.) Im ersten Tell der Arbeit wird experimentell gezeigt, dab nut dann eine Ver- f~rbung yon Alkalihalogenidkristallen bei Stromdurehgang eintritt, wenn das elektrolytlsch an der Kathode abgeschiedene Metall oder an der Anode abgeschie- dene Halogen nicht dutch sekundAre VorgAnge (Abdampfen, Oxydation usw.) en• wird. -- Ferner wird'die zeitliehe Ausbildung der Strtime beim Ein- wandern einer Farbzentrenwolke gemessen, sowie die Verteilung der Farhzentren- konzentration im Innern der Wolke. -- Im zweiten Tell wird versucht, die Vor- g~tnge reehnerisch quantitativ ~.u erfassen. Dazu wird eine Differentialgleiehung fiir die Bewegung der Farbzentren im elektrisehen Felde aufgestellt und fiir ver- schiedene Nebenbedingungen diskutiert. w I. Aufgabe. Bei Untersuchungen tiber den Mechanismus der Elekttizit~itsleitung in festen K6rpern wurden oft Alkalihalogenidkristalle ats Modellsub- stanz verwandO. In reinem Zustand zeigen sie nut Ionenleitung. Ein stSchiometrischer ~3berschul3 von AlkalimetaU (Farbzentren) oder Halogen ruft zusiitzlich Elektioneniiberschul3- bzw. Elektronendefekt- leitung hervor. Dieser stSchiometrische l~berschuB l~il3t sich auf ver- schiedene Weise herbeiftihren. Eimvirkung yon kurzwelligem Licht oder Korpuskularstrahlen zersetzt den Ktistall. Um eine stabile Ver- ~inderung zu erhalten ist es nStig, den einen Partner zu entfernen, z.B. durch Diffusion zur OberfI/iche. Bei einem anderen Verfahren erhitzt man den KtistaU im Dampf einer der Komponenten. Diffusion ftihrt dann zu einem 13berschul3 der betreffenden Komponente. Es diffun- dieren geladene Teilchen. Durch ein elektrisches Feld l~il3t sich daher der Diffusionsvorgang beein,flussen. Daraus folgt ein weiteres Verfahren, mit dem sich diese Arbeit befal3t. Ihre Ergebnisse sind voraussichtlich nicht ohne Bedeutung ftir die Verh~iltnisse bei anderen Halbleitern. Ahntich wie bei den Alkalihalogeniden kann auch dort ein Abweichen yon der stSchiometrisch richtigen Zusammensetzung zu Elektronen- leitung ftihren. Ist neben der Elektronenleitung eine, wenn auch ge- tinge, Ionenleitung vorhanden, so kann diese durch die im folgenden behandelten Rtickwirkungen auf die Elektronenleitung tri[ge Anderungen x POHL, R.W.: Phys. Z. ~i9, 36 (1938); zusammenfassender Bericht.

Die Verfärbung von Kaliumchlorid auf elektrischem Wege

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Zeitsehrift ffir Physik, Bd. 127, S. 144--t65 (1950).

Die Verfiirbung von Kaliumchlorid auf elektrisdiem Wege.

Von

GERHARD I-IEILAND, G6ttingen.

Mit 14 Figuren im Text.

(t~ingegangen am 1. Miirz 1950.)

Im ersten Tell der Arbeit wird experimentell gezeigt, dab nut dann eine Ver- f~rbung yon Alkalihalogenidkristallen bei Stromdurehgang eintritt, wenn das elektrolytlsch an der Kathode abgeschiedene Metall oder an der Anode abgeschie- dene Halogen nicht dutch sekundAre VorgAnge (Abdampfen, Oxydation usw.) en• wird. - - Ferner wi rd 'd ie zeitliehe Ausbildung der Strtime beim Ein- wandern einer Farbzentrenwolke gemessen, sowie die Verteilung der Farhzentren- konzentration im Innern der Wolke. - - Im zweiten Tell wird versucht, die Vor- g~tnge reehnerisch quanti tat iv ~.u erfassen. Dazu wird eine Differentialgleiehung fiir die Bewegung der Farbzentren im elektrisehen Felde aufgestellt und fiir ver-

schiedene Nebenbedingungen diskutiert.

w I. Aufgabe. Bei Untersuchungen tiber den Mechanismus der Elekttizit~itsleitung

in festen K6rpern wurden oft Alkalihalogenidkristalle ats Modellsub- stanz verwandO. In reinem Zustand zeigen sie nut Ionenleitung. Ein stSchiometrischer ~3berschul3 von AlkalimetaU (Farbzentren) oder Halogen ruft zusiitzlich Elektioneniiberschul3- bzw. Elektronendefekt- leitung hervor. Dieser stSchiometrische l~berschuB l~il3t sich auf ver- schiedene Weise herbeiftihren. Eimvirkung yon kurzwelligem Licht oder Korpuskularstrahlen zersetzt den Ktistall. Um eine stabile Ver- ~inderung zu erhalten ist es nStig, den einen Partner zu entfernen, z.B. durch Diffusion zur OberfI/iche. Bei einem anderen Verfahren erhitzt man den KtistaU im Dampf einer der Komponenten. Diffusion ftihrt dann zu einem 13berschul3 der betreffenden Komponente. Es diffun- dieren geladene Teilchen. Durch ein elektrisches Feld l~il3t sich daher der Diffusionsvorgang beein,flussen. Daraus folgt ein weiteres Verfahren, mit dem sich diese Arbeit befal3t. Ihre Ergebnisse sind voraussichtlich nicht ohne Bedeutung ftir die Verh~iltnisse bei anderen Halbleitern. Ahntich wie bei den Alkalihalogeniden kann auch dort ein Abweichen yon der stSchiometrisch richtigen Zusammensetzung zu Elektronen- leitung ftihren. Ist neben der Elektronenleitung eine, wenn auch ge- tinge, Ionenleitung vorhanden, so kann diese durch die im folgenden behandelten Rtickwirkungen auf die Elektronenleitung tri[ge Anderungen

x POHL, R . W . : Phys. Z. ~i9, 36 (1938); zusammenfassender Bericht.

Die Verfi~rbung yon Kaliumchlor.id auf elektr ischera Wege. 145

der Leitf/ihigkeit verursachen (z.B. Formierung yon Trockengleich- richtern).

Legt m a n an den erhitzten Alkalihalogenidkristall ein elektrisches Feld und bentitzt als Kathode eine Platinspitze, so dringt eine blaue Wolke aus Farbzentren v o n d e r Kathode ausgehend in den Kristall ein 1. Nachdem die Front der Farbzentrenwolke die Anode erreicht hat, nimmt die Tiefe der F/irbung noch zu. Mit der Einwanderung der Farbzentren steigt der Strom bei konstanter angelegter Spannung. Die Leitf/ihigkeit des KristaUes nimmt zu . SM.AKULA 2 erhielt mit einer Platinspitze als Kathode stationXre Str6me. Aus optischen Messungen schloB er auf eine homogene Verteilung der Farbzentren in Feldrichtung. Die ersten quantitativen Messungen zur elektrischen Verf/irbung hat KARABASCHEFF durchgeftihrt 3. Er verwandte als Kathode eine fltissige .Kaliumelektrode oder eine Platinspitze. Aus den Messungen folgte bei konstanter Spannung U: d i / d t = C . U ~. Aus einer theoretischen Betrachtung findet KARABASCHEFF fiir die Konstante C den Weft C ==F v hi/313; hierbei ist F der Kristallquerschnitt, v die Beweglichkeit der Farbzentren im elektrischen Feld, e i die Ionenleitf~higkeit des reinen Kristalls und l die Kristall/inge. Eine befriedigende Deutung, warum bei bestimmten Kathodenarten eine Verfiirbung eintritt, bei anderen dagegen nicht, wird yon KARABASCHEFF nlcht gegeben. Er fiihrt als ,,elektronenliefernde" Kathoden an Platten aus elektro- positivem Material oder Spitzen aus beliebigem Metall. Als ,,Sperr- elektroden" werden genannt Platten aus Platin oder Chromnickel 4.

Eine neue Erkl/irung fiir die Experimente yon KARABASCHEFF hat MOLLW0 5 gegeben: Die einwandernden Farbzentren werden yon dem elektrolytisch an der Kathode abgeschiedenen Alkalimetall geliefert ; wird dieses durch Sekundiirreaktionen gebunden oder dampft es weg, so tr i t t keine Verf/irbung ein, bleibt es erhalten, so findet eine Einwanderung yon Farbzentren statt. Nach dem Mechanismus der Elektronenersatzleitung kann auch das anodische Abscheidungsprodukt in den Kristall einwandern (z. B. J in K J). Fiir den Gebrauch in

t GXJDDEN, B.: Erg. exakt . Naturwiss~ 3, t16 (1924). - - I~OHL, R. W.: Natur - wiss. 20, 932 (1932).

8 SMAXlJLA, A.: Nachr . Ges. Wiss. GStt ingen, math . -phys ik . KI., N . F . I, 55 (1934).

3 KARABASCHgF~, N.: Z. Phys ik 118, 718 (1942).

4 HILSCH, R., u. R . W . PoHL: Z. Phys ik 111, 399 (1938).

B MoLLWO, E.: Nachr. Ges. Wiss. G6ttingen, math.-physik. K1. 1945, H. 3, 89. Besonders sei auf die Abb. 4a verwiesen. Sie zeigt die Photographie- eines KJ-Kristalles mit zwei eingepreBten spitzen Elektroden. Man sieht gleichzeitig yon der Kathode Kalium, vonder Anode Jod wolkenftirmig in den Kristull ein- dringen. Beim Zusammentreffen vereinigen sie sieh wioder zu farblosem KJ.

Zeitschrift fttr Physik. Bd. t28. l0

1 4 6 G ~ a ^ R D H ~ L A ~ D :

dieser Arbeit sollen hier zwei Begriffe eingeffihrt werden: Wiihrend an einer ,,Flul3elektrode" das elektrolytische Abscheidungsprodukt (Alkalimetall oder Halogen) erhalten bleibt und ir~ den KristaU ein- wandern kann, wird es an einer-,,Sperrelektrode" durch Sekundi[r- reaktionen oder Abdampfen beseitigt. Nur die Elektronenleitung wird also ,,gesperrt", aber nicht die Ionenleitung.

Zur quantitativen Anwendung der elektrischen Verf~irbung bleiben noch folgende Fragen zu kl~iren:

t. Welchen Einflul3 haben verschiedene Elektrodenarten auf den Verf~irbungsvorgang ?

2. Unter welchen Versuchsbedingungen erh~It man station~ire Str6me rind wie grol3 sind sie ?

3. Wie sind die Farbzentren im Kristall verteilt ? Ist homogene Verfiirbung m6glich ?

w 2. Versuchsanordnung.

Die experimentellen Aufgaben waren: Die Messung des zeitlichen Verlaufes des Strornes und der Spannung w/ihrend der Verf/irbung und die optische Bestimmung der r/iumlichen Verteilung der Farb- zentren nach Abschrecken und Spalten des Kristalles. Um zu einer genauen Kenntnis der Leitf/ihigkeit zu gelangen muBte die Polari- sationsspannung gemessen werden.

Die Kristalle wurden zur Messung in einem elektrischen R6hrenofen erhitzt, der mit einem Hartglas- und mit einem Glimmerfenster versehen war. Die Ternperatur des Ofens regelte ein Thermoelement an der Heizwicklung fiber Spiegelgalvanometer und Photoelement. Zur Mes- sung der Temperatur des Kristalles diente ein weiteres Thermoelement. Die Probestficke wurden aus Einkristallen gespalten, die aus dem SchmelzfluB gezogen worden waren. Bei ann/ihernd quadratischem Querschnitt zwischen 0,2 u n d t cm 2 betrug ihre L~nge t bis 2 cm. Im Ofen wurden die Kristalle durch Nickeldr/ihte yon 4 mm Durchmesser gehalten, die an ihren Enden die Elektroden trugen, Die optischen Konzentrationsbestimmungen 1 wurden mit Hilfe eines Doppelmono- chromators und einer Photozelle mit R6hrenelektrometer durchgeffihrt. Ffir die Untersuchungen im Vakuum diente ein Supremaxrohr in einem elektrischen Ofen. Die Beobachtung des Kristalles erfolgte hierbei durch ein Glimmerfenster in der Mitte der Ldngsseite des R6hrenofens. Die Polarisafionsspannung wurde mit einem Einfadenelektrometer in Kompensationsschaltung gemessen.

1 KLIgINSCI-IROD, F~ G.: Ann. Phys. 27, 97 (t936).

Die Verf~.rbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 147

w 3. MeBergebnisse.

1. Wahl geeigneter Elektroden.

Zuniichst wurde der Versuch mit der Platinspitze als Kathode wieder- holt, aber fiber l~ngere Zeit fortgefiihrt, w~hrend KARABASCHEFF nur t min lang beobachte te , Die Platinspitze wurde bei Tempcraturen

~ 5

2,,0

f l

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o:

~o

b

KCL 720 ~

1 ~,0f ] r

! _ +

J o 50 700 rain 150

Ze# Fig. I a--c. Der zeitliche Verlauf des Stromes bei konstanter Spannung (20 V) fiir verschiedene Kathoden :

Kristallqucrschnitt Elektrodcnabstand

a Wolframdraht mit Supremaxglasumschmelzun~ F = 0,24 cmS; l = 0,8 cm; b Eingeschmolzener Plat indraht F = 0,42 cm2; l = t ,2 cm, c Platinspitze F = 0,45 cmS; I = 1,1 cm.

dicht unter dem Schmelzpunkt t b i s 2 m m tief in den Kristall einge- drfickt. Als Anode diente ein Platinblech. I n Fig. t c ist der zeitliche Verlauf des Stromes dargestellt. Nach dem steilen Anstieg, den KARA- BASCHEFF beobachtete, folgt ein rascher Abfall des Stromes. Die Fiirbung verblaBt, und nach einiger Zeit sind alle Farbzentren wieder ausge- wandert. Nach MOLLWO 1 kann diese Erscheinung folgendermaBen gedeutet werden: Die st6rende Sekund~rreaktion, und daffir kommt hier in erster Linie die Oxydation des elektrolytisch abgeschiedenen Kaliums durch den Luftsauerstoff in Frage, macht sich erst eine gewisse Zeit nach Einschalten des Stromes bemerkbar.

1 MOLLWO, E.: Siehe FuBnote 5, S. 145. Zeitschrift ffir Physik. Bd. t28. 10&

148 GERHARD HEILAND :

Um diese Erscheinung besser verfolgen zu k6nnen, wurden Versuche mit gr613eren und besser eingeschmolzenen Kathoden durchgeftihrt. Man kann in erhitzte Alkalihalogenidkristalle elektrisch geheizte Dr~hte einschmelzen 1. Hinter dem Draht wAchst der Kristall wieder zusamrnen. Die Einschmelzung ist nur gasdicht, d.h. es wird das Eindringen yon Gas l~ngs des Drahtes verhindert, solange der Kristall auf einer Tem- peratur yon mindestens etwa 200 ~ C gehalten wird. Mit einem solchen KC1-Kristall wurde die in Fig. t b dargestellte Strom-Zeitkurve ge- messen. ZunXchst liefert der als Kathode dienende Platindraht auf seiner ganzen LAnge Farbzentren. Nach etwa t0min beginnt ein Aufklaren an der Kathode, das yon der Kristalloberfl~che langsarn nach innen fortschreitet. Nach 70 rain hSrt die Einwanderung yon Farbzentren vollkolnmen auf. Der StroIn hat seinen Anfangswert nahezu wieder erreicht und der Kristall ist entf~rbt. Eine mikrosk9pi- sche Untersuchung zeigt bei der Anode eine schwammige, inetallisch glitzernde Verdickung, die beiderseits al~s dem Kristall herausquillt. An der Anode wird Chlor abgeschieden, das mit dem Platin reagiert. Wahrscheinlich handelt es sich also um Platinschwamm, der dutch die thermische Zersetzung einer primer gebildeten Chlor-Platinver- bindung entstanden ist. Auf der Kathode zeigt sich fiber der Kristall- oberfl~che auf mehrere Millimeter DrahtlXnge ein feiner gelber Nieder- schlag wie Bliitenstaub. Es handelt sich dabei vermutlich um das Verbrennungsprodukt einer Kalium-Platinlegierung, das ein gelbes Pulver bilden sollZ. Daraus ergibt sich folgende Deutung des Versuches: Die Einschrnelzung des Platindrahtes wird undicht. Dieser Vorgang nimmt an der Grenzlinie KC1-Pt-Luft seinen Anfang. Die Zerst6rung beginnt erst bei Stromdurchgang, erfolgt also wahrscheinlich durch das Oxydationsprodukt yon Kalium und Platin.

Wenn diese Vorstellung richtig ist, so muB eine andauernde Ein- wanderung yon Farbzentren durch folgende 2 Verfahren zu erreichen sein:

a) Messen in einer sauerstofffreien Umgebung, b) Vermeiden der Kaliumabscheidung an der Grenzlinie Elektrode-

Luft-Kristall. Um St6rungen durch das abgeschiedene Halogen zu vermeiden, muB

die Anode in beiden F~itlen so gew~hlt werden, dab sie dem Halogen Abzug gew~hrt.

Bei dem Versuch a) liefern bereits leicht angedrtickte Platinbleche im Vakuum Farbzentren. Infolge der Kaliumverluste durch Verdampfen ist die Konzentration der Farbzentren geringer als bei eingeschmolzener

1 POHL, R . W . : Naturwiss. 20, 932 (t932). Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, 8. Aufl., Bd. Platin, Teil C,

S. 59 u. 165.

Die Verf/irbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 149

Kathode. Um diese Verluste zu vermeiden, w~re also auch im Hoch- vakuum ein Einschmelzen erforderlich. Eine L6sung fiir die Kathode im Sinne von b) wurde in folgender Weise gefunden: Auf einen Platin- oder Wolframdraht wird ein feines Supremaxr6hrchen von etwa 4 mm L~tnge aufgeschmolzen. In den fast bis zum Schmelzpunkt erhitzten Kristall wird dieser Draht so weit eingepreBt, dab die Supremaxhtille als Durchffihrung durch die Kristalloberfl~che wirkt. Die Wolfram- dr~ihte lassen sich infolge ihrer Starrheit gut eindrficken, besonders, nachdem sie durch Eintauchen in geschmolzenes Natriumnitfit ange- spitzt wurden. Zwar wird Wolfram an Luft bei den in Frage kom- menden Temperaturen, besonders in Gegenwart von schmelzendem KC1, angegriffen, aber bereits bei Temperaturen weir tinter dem Schmelz- punkt ist die Wolframspitze bis zu der Glasumschmelzung in den Kristall eingedrungen. Die Erhitzung bis an den Schmelzpunkt dient nur noch dazu, eine gute Benetzung der Supremaxoberfl~che herbei- zuffihren.

Als Anode solt nun eine Sperrelektrode verwandt werden. Mit dem bisher als Sperrelektrode aufgeftihrten Platinblech an Stelle der spitzen Kathode tr i t t abet bei sorgf~iltigerh Aufschmelzen noch eine Einwan- derung von Farbzentren auf. Wenn auch die Einschmelzung bald zerst6rt wird, wie nach den Vorg~ingen an Platinspitzen ohne Supremax zu erwarten ist, so liefern doch auch sp~terhin gelegenfiich einzelne Stellen des Platinbleches Farbzentren. Dagegen erwies sich Graphit als zuverldssige Sperrelektrode. Er "&ird von dem schmelzendei1 KC1 nicht benetzt. In Luft tri t t selbst bei Stromdichten von 50 mA/cm 2 keine Verf~trbung auf. Bei dem Parallelversuch im Vakuum begann die Einwanderung mit einem nur leicht angedrfickten Graphitsttick als Kathode bei einer Stromdichte von 3 mA/cm 2. Aus diesen beiden Versuchen kann man auf die Rolle des Sauerstoffs schlieBen.

Dutch die Gegentiberstellung einer Flu8- und einer Sperrelektrode (Draht mit Supremaxumschmelzung und Platinblech oder besser Graphitplatte) kann man also je nach der Polung das kathodische oder das anodische Abscheidungsprodukt in den Kristall einwandern lassen. Ffir alle weiteren Messungen zur elektrischen Verf~trbung wurde diese Anordnung verwandt. Fig. t a zeigt eine gemessene Strom-Zeitkurve, die nicht wieder absinl~t, wie bei den Kathoden ohne Supremax- umschmelzung (Fig. I b u. c), aber nur anfangs proportional der Zeit ansteigt und dann einem S~ittigungswert zustrebt, der fiber lange Zeit konstant bleibt.

2. Untersuchungen ~ber die elektrische Ver]drbung. Wir betrachten erst die Einwanderung der Farbzentren und dann

den station~ren Zustand. Eine Strom-Zeitkurve ze~gt Fig. 2. W~hrend

1 5 0 GERHARD H E I L A N D :

F

/o,0

der ersten Minute bleibt der Strom konstant und man sieht auch keine Farbzentren. Dies6r Vorgang ist bei Wolfram ausgepr~igter als bei Platin. Nachdem die Front der Farbzentrenwolke die Anode erreicht hat, steigt der Strom proportional der Zeit an. Die Konzentrations- verteilung in Feldrichtung vor und nach Erreichen der Anode ist in Fig. 3 und 4 dargestellt. Auch wurde die Verteilung in einem Quer- schnitt senkrecht zur L~ingsachse des Kristaltes bei dem Versuchssttick der Fig. 4 gemessen.

Die elek.trolytische Polarisationsspannung erreicht bei den ver- wendeten Temperaturen bald nach dem Einschalten etwa 3 V, im

Mittel 2,8 V. Die am Kristall -- /u ~lJlla

KCL ~ wirksame Spannung ist also um I e15 ~ / ~ diesen Betrag kleiner als die an-

Anode gelegte Spannung.

Der S~ittigungsstrom ist ab- h~ngig vonder Spannung (Fig. 5).

�9 Nachdem sich in 25 min ein ~ , , o ~ - stationiirer Strom eingestellt hat,

r! wird die Spannung erh6ht. Dar- o s 1o rnin 7s aufhin steigt der Strom weiter an.

Ze/~ Fig. 2. Anstieg des Stromes ftir kleine Zeiten. Sat- N a c h einiger Z e i t t r i t t w i e d e r tigung ist erst bei gr0Beren Zeiten zu erwarten (vgl. S~ttigung ein. Legt m a n n u n die

Fig. t a). Angelegte Spannung Uo = t06 V, F = o,48 cm'; ~ = t,s cm. zuerst verwandte Spannung an, so

n~thert sich der Strom wieder dem ersten station~iren Wert. Eine Messung der station~iren Konzentrations- verteilung in der L~ingsachse des Kristalles (Feldrichtung) zeigt Fig. 6, ftir 730~ und Fig. 7 fiir 500 ~ C. Die Konzentrationsverteilung im Querschnitt senkrecht zur Feldrichtung f i i r verschiedene Abstiinde yon der Kathode gibt Fig. 8 wieder (720 ~ C), w~thrend in Fig. 7 ein Querschnitt dutch den gleichen Kristall, dessen L~tngsschnitt dargestellt ist, mit eingezeichnet wurde (500 ~ C).

Wird der Strom konstant gehalten, z.B. mit einer Penthode als Vorwiderstand, so sinkt die Spannung am Kristall zun~ichst und strebt dann einem station~iren Wert zu. Die Konzentrationsverteilung ergibt sich ~ihnlich der bei konstanter Spannung gemessenen.

Man wird vermuten, dab ftir das Auftreten der station~iren StrSme 2 Erscheinungen mal3gebend sind, die begrenzte LSslichkeit von Kalium in KC1 und die Diffusion der Farbzentren. Letztere fiihrt auf der ganzen Kristalloberfl~iche zu einem st~indigen Kaliumverlust, der eine Erkliirung fiir den Abfall der station~iren Konzentrationsverteilung von der Kathode zur Anode gibt. Eine rechnerische Begrtindung dieser Annahme soll in w 5 versucht werden.

.~ 6

Die Verf~trbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege, 151 - - i v ~ n ~ - 3 �9

KCL G30 ~

0,5 1,o i,5 c ~ 2,0 ADs/and yon o'er Ko/hode Anode

Fig. 3. Fa rbzen t r enkonzen t r a t i on in der L~ingsachse des Kr i s t a l l s vo r E r r e i chen de r Anode. U0 = 77 V; F = O , S e m ~ ; l = 2 e m ; Ze i t (yon Beg inn der

E i n w a n d e r u n g an gerechnet) t = 4 rain.

KC~ 720 ~

\ ,.o

q a~cm

KCL ~:~0 ~

i I 0 0,5 7,0 ~5c~ Anode

Abstand /on der k'dfhode Fig. 4. Fa rbz#n t r enkonzen t r a t i on in de r L/ingsachse des K r i s t a l l s und in e inem Querschn i t t nach E r - r e iehen de r Anode. Uo = t07 V; F = 0 ,64cm~ ;

I = 1,85 cm; t = ~2 rain,

3 - ; 10~$crf 3

KCl, 2 730 ~

\ sfahb d'r

i,

0 25 50 75 rain 700 Zeit

Fig. 5. Einflul3 der Spannung a u i den S~itt igungs- s t rom. F = O,25cm~; t = 1 , 5 c m .

I /1/ t J J i / - 3 w

-.~ I cn~ ~35 0 035cm.

| KCt soo~ !

/ . s2~//bn~'P

0 0,5 1,0c~ ADs/and yon o'er k'athode Anode

Fig. 7. S ta t ion/ i re Konzen t r a t i onsve r t e i l ung in dec L~ngsachse des Kr i s t a l l s und in e inem Quersehni t t . Uo = 3 0 O V ; F = 0,53 cmZ; l = 1,1 cm; t = t 0 0 m i n .

Ze i t schr i f t f l i t Phys ik . Bd. t28 .

0,5 gcr~ Anode Abstand yon o'er Kothode

Fig. 6. S ta t ion~re Konzen t r a t ionsve r t e i lung in de r L~.ngsachse des Kr ia ta l l s . U o = 8 V; F = 0,64 cma;

l = t , 4 cm; t = 52 rain.

_. 10 Z~cm-3 KCL

720~ stoflondr I Z = C~73CT~

J 2Z/TZ = 0,' 16'cm,--

o ,'d '~" i 0,2 0, r 0 0, ;' 0,2cr~

Ab~ctand yon o'er La;Tgsachae Fig. 8. Station~ire Konzentra t ion-qver te i lung ira Querschn i t t . z = A b s t a n d yon der Ka lhode . Uo = 8 V; F = 0 ,25cm2; l = t ,5 era; t = 100ra in .

t 0 b

152 G E R H A R D H E I L A N D :

3. Zwei Versuche zur Erlduterung des Einwanderungsvorganges.

Durch Kombination einer FluB- und einer Sperrkathode gegenfiber einer Sperranode ist es m6glich, den Verf~irbungsprozeB durch Steuerung der Stromverteilung zwischen den beiden Kathoden zu beeinflussen. Man kann die Bildung neuer Farbzentren einschr~nken, ganz abstellen

Craphit ~ �9

Abb. 9. Abb. t0.

Fig. 9 und t0. Gesteuerte Einwanderung yon Farbzeutren in KCI. Um die Kas siehtbar zu maehen, wurden bei Fig. 10 die Graphitelektroden vor der Aufnahme entfernt. Temperafur 585 ~ C, Anodenspannung

2 t0 V~ Sperrspannung der Graphitkathode gegen die Wolframkathode - - t2 V

und wieder anlaufen lassen durch den zwischen beiden Kathoden flieBenden Querstrom (Abscheidung yon Kalium oder Chlor an der Wolframspitze). Fig. 9 zeigt ein Schema der Anordnung, Fig. 10 einen auf diese Weise verf~rbten Kristall. Die Einwanderung wurde zwei- mal eingeschaltet und wieder unterbrochen. Die Tr~tgheit bei der Ein- stellung.station~rer Str6me kann durch Verwendung kfirzerer Kristalle

verringert werden. N~there Aussagen fiber die Eigenschaften dieser Anordnung setzen weitere Messungen voraus.

Ein zweiter Versuch soll noch einmal anschaulich zeigen, dab nicht die hohe Feldst~irke an der Spitze der Kathode

Fig, 11. Einwanderuno~ der Farbzentren die Ursache der Elektroneneinwanderung yon einer mitten im KCI-Kristallein- ist. Man spaltet einen Kristall senk-

geschmolzenen Platinfolie aus. -- Graphitelektroden. recht zur L~tngsachse, legt eine P1Min-

folie yon kleineren Abmessungen als der Kristallquerschnitt dazwischen und schmilzt die Stficke wieder auf- einander. Die Platinfolie steht senkrecht auf den Feldlinien und ver- ursacht keine Verzerrung des homogenen Feldes. Bei Verwendung von Graphitelektroden tri t t an den Endflfichen des Kristalls keine Ein- wanderung auf. Dagegen wirkt die Platinfolie ffir die eine KristaU- h~ilfte als Kathode, fiir die andere als Anode. Falls die Einschmelzung gasdicht ist, w~tchst von dem Platin eine blaue Zunge auf die positive Graphitelektrode zu (Fig. 1 t). Beim Umpolen wandern die Farbzentren zu der Ptatinfolie zuriick und verschwinden hier. Nachdem das auf der anderen Seite der Folie abgeschiedene Chlor wieder durch Kalium gebunden ist, beginnt dort die Verf~irbung. Auch das Halogen kann~

Die Verflirbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 153

beobachtet werden, wenn man den Versuch mit K J durchffihrt. Mitten in dem klaren Kristall bilden sich 2 Wolken. Die blaue wandert auf die Anode zu, die braune, von dem st6chiometrisch iiberschtissigen Jod gebildete, zur Kathode.

w 4. Theoretische Deutung ffir kleine Zeiten unter Vernachl~issigung yon Diffusion und L6slichkeit.

1. Herleitung und Integration der partiellen DiHerentialgleichung.

Zur quantitativen Deutung der in w 3 behandelten Einwanderung yon Farbzentren untersuchen wir die Bewegung von Farbzentren in einem elektrischen Feld. Sie wird durch eine partielle Differential- gleichung beschrieben, die in ~ihnlicher Form, wie hier, bereits yon KARABASCHEFF hergeleitet wurde. Er integrierte sie unter den ver- einfachenden Annahmen, dab die Feldst~irke ~ an der Kathode infolge der groBen Leitf~ihigkeit stets Null ist und an der Anode stets den Anfangswert U/l beibeh~ilt (Uangelegte Spannung, 1 Elektrodenabstand). Wie die allgemeine Integration der Differentialgleichung zeigen wird, ist die zweite Annahme nur fiir den Beginn der Verf~irbung zul~issig. Die Rechnung von KARABASCHEFF liefert daher nur die Anfangssteigung der Strom-Zeitkurve.

Wit betrachten einen Kristall yore Querschnitt F u n d der L~inge l. Kathode und Anode liegen als ebene Platten auf den Stirnfl~ichen. Die z-Achse l~iuft yon der Kathode (z = 0) zur Anode (z = l). Die Ionen- leitf~ihigkeit sei • Also ist der Ionenstrom im unverf~irbten Kristall

io = F~i ~ = F~i U/l.

Die Beweglichkeit v der Farbzentren wird als unabh~ingig yon der Kon- zentration angenommen 2. Die Farbzentrenkonzentration (Zahl/Volumen) sei N~(z, t). Es wird also eine homogene Verteilung im Quersehnitt vorausgesetzt, entsprechend der ebenen Kathode und der Vernach- l~issigung yon Farbzentrenverlusten dutch Ausdiffundieren an der Kristalloberfl~iche. -- Die dureh Anwesenheit der Farbzentren verur- sachte zus~itzliche Leitf~ihigkeit ist dann Y,F (z, t) = ~ e v N~ (z, t). Der Faktor ~ rfihrt von dem Beitrag der Ausgleichsladungen her (wahr-

I LEHFELD, W.: Z. Physik 85, 717 (t933).

]R•GENER, H.: Ann. Phys., Lpz. 29, 386 (1937). Die Beweglichkeit der Farbzentren muB unterschieden werden yon der t~eweglichkeit der Leitungs- elektronen. 13bcr die Verknfipfung beider gibt es verschiedene Vorstellungen: SMAKULA, A.: Siehe FuBnote 2, S. 145; MOTT, N. F., u. R. W. GURNEV: Electronic Processes in Ionic Crystals, Oxford t940; MOLLWO, g. : Siehe Fugnote 5, S. 145. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind unabh~ingig yon der Wahl des Farb- zentrenmodells.

154 GERHARD HEILAND :

scheinlich Cl--Liicken). cr : t +v, /v , wobei v a die Beweglichkeit der Ausgleichsladungen ist. Fiir die Auswertung der Rechnungen wird ange- nommen, dab va angen[hert gleich v ist und ~ : 2 gesetzt<

Mit der Farbzentrenkonzentration hangt die Leitf~higkeit und damit auch die Feldst~trke von Ort und Zeit ab. Die PolssoNssche Gleichung bedingt eine Oberschul3konzentration yon Ladungstritgern eines Vor- zeichens. Ich setze nun voraus, dab der durch die zeitliche Ver~inderung der Raumladungen bedingte Strom klein ist gegenfiber dem Gesamtstrom und daher vernachl&ssigt werden kann ~, ai/~z ----0. Die negative Ladung der einwandernden Elektronen wird dutch die positive Ladung der zugeh6rigen C1--Lficken weitgehend ausgeglichen. Der Gesamtstrom wird dann ftir jeden Kristallquerschnitt

i (t) : F ~ (z, t) (ni + ~ e v N~ (z, t)). (t)

Da im Kristall Farbzentren weder entstehen noch verschwinden, gilt eine Kontinuit{it sgleichung

~2v~ _ ~ (N~ (z, t) �9 v ~ (z, t ) ) . (2) at ~z

Die Geschwindigkeit der Farbzentren ist v . ~(z, t).

Aus (1) und (2) folgt die partielle Differentialgleichung

aNv xivi(t) . eNv (3)

Nach der Methode der Charakteristiken liil3t sich zu (3) folgende L6sung finden ~ .

~. ~. ~ (t) = r (~), (4) z F(~{+o~evNv) 2

t wobei I ( t ) : f i(O)d~9 als Abkt~rzung eingeftihrt ist. Wird ftir t----(}

o

eine Verteilung der Farbzentren durch die Funktion z : q)(N~) vor- gegeben, so beschreibt (4) die Verteilung zur Zeit t.

1 MOLLWO, E . : S i e h e F u l 3 n o t e 5, S. 145.

2 Als Begri indung mag 1olgende Abschgtzung dienen: Die Durchschlagfeld- stArke in Alkalihalogenidkristallen betrAgt etwa 10 8 V/era. Mit e = 5 folgt d a r a u s eine F1Achendichte der Ladung yon 3 " t01S e/cm =. Die Stromdichte bei den Mes- sungen bet r~gt mindestens tO -~ Amp/cm 2. Das entspr icht einem Ladungs t rans - por t yon 6" 1014e/cm ~ ' sec .

a Die L6sung zu (3) wurde mir freundlicherweise von Her rn Dr. LUDWIG angegeben, dem ich an dieser Stelle aueh fiir viele Diskussionen zur theoretisehen Dars te l lung meinen besten Dank sage.

Die Verfiirbung von Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 1~)5

2. A n w e n d u n g au] die Bewegung einer Farbzentrenwolke.

Die .Geschwindigkeit, mit der sich der Ort einer bestimmten Kon- zentration N~ bewegt, ist

us v- i (t) i = F (~ + ~ ~ ~ 2v~)~ " (5)

Die Anwendung von (5) zentrenwolke kann dazu kleinen Konzentrationen die grol3en fiberholen, Zu einer Stelle z geh6ren dann 2 Konzentrations- werte. Dieser Fall mug aus ~ 2 physikalischen Grfinden ~ ~ o ausgeschlossen werden. ~ i I , Das Experiment zeigt die ~, Bildung einer scharf abge- grenzten Riickfront der .g Farbzentrenwolke. Ftir die Geschwindigkeit dieser ~ i I Rfiekfront ist (5) nicht mehr giiltig. Eine Konti- nuit/ttsbetrachtung ergibt

0

~ v i (t) (6) Z S = F ~ r ( ~ i + cz e v No) "

W~hrend ~ im allgemei- nen unterschieden werden muB yon der Geschwin- digkeit der Farbzentren v ~ = k (~i + ~ e v N~)I~, ist die Geschwindigkeit

auf eine von der Kathode abgetrennte Farb- ffihren, dab an der Rfickfront der Wolke die

q t

Amp-sec 5.10 -e cm ~

5 10 15T~

Abstand yon der Kethode Fig. t2. Die Wanderung einer Farbzentrenwolke im elektrischen Feld nach tier Differentialgleichung (3), dargestellt mit Hilfe eines endlose B~nder benfitzenden mechanischen ModeUes. Das obere Teilbild zeigt ein Schema des im Text besehriebenen meehanischen Modells, links die vor Einsehalten des Feldes an- genommene Konzentrationsverteilung. Das mittlere und das untere Teilbild geben die Verteilungen in zwei sp~teren Zeit- punkten. - - Parameter ist das Zeitintegral der Stromdichte

t I ( t ) /F = f eo (0) dO �9 A [F. Die KristaUtemperatur ist zu 700 ~ C

0 angenommen.

der scharfen Rtickfront }~ ebenso wie die der Vorderfront }~ = v i ( t ) / F n i gleich der Geschwindigkeit der Farbzentren. Allgemein: Die Geschwindigkeit der Farbzentren ist all jeder SteUe der Farb- zentrenwolke das geometrische Mittel zwischen der Konzentrations- geschwindigkeit (5) und der Geschwindigkeit der Vorderiront (d. h. der Geschwindigkeit eines einzelnen Farbzentrums im unverf~rbten Teil des Kristalles). Stets gilt v ~ }. Die Farbzentrenwolke l~uft nach vorn auseinander. Wenn der Kristall lang genug w~re, wfirde schliefllich die Wolke so weit auseinandergezogen sein, dab keine Ab- h~ngigkeit der Leitf~higkeit yore Ort mehr vorhanden wXre. (6) stimmt

156 G E R H A R D H E I L A N D :

fiberein mit der Geschwindigkeit, die MOLLwo-Roos 1 ftir die scharfe Rt ickfront einer homogenen Farbzentrenwolke angegeben haben.

An e inem m e c h a n i s c h e n , ,BAndermodel l " 1Agt s ich die Ver~.nderung e iner F a r b z e n t r e n w o l k e u n t e r d e m Einf luB eines e lek t r i schen Feldes dars te l len. E ine Schar parMleler B ~nde r l~uf t au I de r e inen Seite fiber e inen K6rper , de r d u t c h R o t a t i o n der K u r v e r = A ~ i v / F ( u i + cee v Nv)2 u m die Nv-Achse e n t s t a n d e n ist, a u f der a n d e r e n Sei te fiber lose Rol len (Fig. t2 oben). Hierbe i i s t A eine will- kfirl iche K o n s t a n t e m i t de r D i m e n s i o n A m p sec. Die z-Achse l iegt in R i c h t u n g de r BAnder. Ze ichne t m a n n u n die K o n z e n t r a t i o n s v e r t e i l u n g N v (z, t) zu e inem b e s t i m m t e n Z e i t p u n k t au f die BAnder u n d d r e h t den R o t a t i o n s k 6 r p e r m i t de r Geschwind igke i t o~ (t) ~ i ( t ) /A , so erhi~lt m a n die K o n z e n t r a t i o n s v e r t e i l u n g ffir alle sp~ te ren Ze i tpunk te . ~ b e r h o l e n an der Rfickfro-fit die k le inen K o n z e n t r a t i o n e n die grol~en, so besch re ib t da s Modell zwar noch die L 6 s u n g der Dif ferent ia lg le ichung, a b e t n i ch t m e h r den p h y s i k a l i s c h e n T a t b e s t a n d , der eine scha r f abgeg renz t e Rf ickf ron t zeigt (6). Die L age dieser F r o n t er1~l t m a n , i n d e m m a n eine Senkrech te so zieht, dab die Zahl der F a r b z e n t r e n , d. h. die Fl~che u n t e r der Kurve , e rha l t en bleibt . Die in Fig. 12 Mitre u n d u n t e n schra f f i e r t en S e g m e n t e s ind also in j edem Fal le f l~chengleich zu w~hlen ~.

3. Ein[~hrung einer An[angsbedingung [6ir die elektrische Ver/drbung. Berechnung des Stromes.

Zur Zeit t = 0 enth~ilt der Kristall noch keine Farbzentren. Ich setze daher ~ (Nv) ---- 0 ffir alle /V~(0 ~ N~ < ~ ) . Ftir die Rechmmg mache ich die Annahme, dab sich an der Ka thode bereits alle m6g- lichen Konzent ra t ionen befinden. Bei Einschal ten des Feldes zur Zeit t = 0 beginnen die Orte aller Konzentra t ionen ihre Bewegung yon der Ka thode aus auf die Anode zu mit ihrer durch (5) gegebenen Geschwin- digkeit. Die Konzentrat ionsvertei lung zur Zeit t wird beschrieben dutch

~i v I (t) Z ~ F (~i + ~ e v Nv)~ '

N v (z, t) = ~ \ [ / ~ - - - t far z ~ %. (7)

Die Koordinate der Fron t der Farbzentrenwolke ergibt sich ftir N~=0 zu

v. I (t/ (8) z~ - - F �9 ~r

1 MOLLWO, t~., U. W. ROOS: Nach r . Wiss . Ges. G6t t ingen , m a t h . - p h y s i k . KL,

N . F . l, 107 (1934). H e r r n Dr. R6GENER ve rdanke ich den Hinweis au f e inen Vorgang in der

G a s d y n a m i k , d e r m i t der B i ldung einer schar I abgegrenz ten Rt ickf ron t der Fa rb - zen t r enwolke verg l ichen werden k a n n [H. PF;RIElU, Akus t . Z. 6, 222 (194t)!. Infolge der Tempera tu rabh~ .ng igke i t der Schal lgeschwindigkei t in Gasen wird die F r o n t e iner zunAchst s inus f6 rmigen Druckwel le i m m e r stei ler und geh t schlie~3- lich in einen Verd ich tungss toB m i t steiler Vorder f ron t fiber.

Die Verf~trbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 157

G1. (1) zur Berechnung von i(t) enth~ilt neben der Farbzent ren- konzentra t ion als weitere U n b e k a n n t e die Feldst~irke. Durch

zo l f ~ d z + f ~ b d z ~- U 0 Zo

kann sie auf die angelegte kons tan te Spannung zuriickgefiihrt werden. Dabei sind nach (t) und (7)

/ < (~, ~ / - V)~; V ~ " i c,~ / (9t

In der Zeit z erreicht die F ron t der Farbzent renwolke die Anode. z0 ~ l fiir t - - 3 .

t < T ergibt:

I~( t ) - ~ 1 - t �9 (to) 3 l ~ '

t > z ergibt:

12 (t) =

m i t den Anfangsbedingungen

/1 (o) ---- o; Mit (8) folgt:

1 ( _ v U .\2 64 v

1, (,) = t~ (~).

5 l* ~ - - 6 v U ; ( / 1 )

v - ~ T / Der S t rom ftir t----0 ist

Dann gilt ftir t ~ z

und ftir t ~

io = F ~ U/I.

i l ( t ) - - . i~ ( t2 )

t 9 ~:

5 t

Als Anfangssteigung erhfilt man die yon KARABASCHEFF allgemein angegebene Steigung

158 GI~RHARD HEILAND :

Nach unserer Rechnung nimmt die Steigung zu, bis die Farbzentren- wolke die Anode erreicht hat, d .h . bis t = v ist. Von da an ist sie konstant:

d i,, 9 U" dr-- - - g F ~ i v l-~. (t5)

Der Stromverlauf ftir t < z wird im Experiment durch verschiedene Einfltisse verf~ilscht. Nach Einschalten des Stromes wird ein Tell des

abgeschiedenen Kaliums zun~chst an Tabelle 1.

Temperatur in ~

730 2,8 725 t0 720 35 710 8,9 630 t5 615 9,6 500 ~0,3

Berechnete Gemessene Steigung Steigung

in t0 -7 Amp/sec

3,2 9,7

18 5,3.

14 11,2 9,2

der Kathode gebunden (Fig. 2, t. min) . Beginnt dann die Einwanderung der Farbzentren, so bewirkt bei der groBen Stromdichte vor der spitzen Kathode eine LeitfXhigkeitserh6hung an dieser Stelle eine gr6Bere Stromzunahme als im Falle einer ebenen Kathode (Fig. 2, 2. mill). Weiterhin kann der Stromver- lauf bei kleinen Spannungen durch die Ausbfldung der elektrolytischen Polari- sationsspannung (etwa 3 V) beeinfluBt

werden. F i i r t < , bringt Tabelle t einen Vergleich zwischen gemessenen und nach (t5) berechneten Steigungen. Da die Rechnung eine ebene Kathode annimmt, das Experiment aber mit einer spitzen arbeitet, wird der Ausdruck F ni/l dutch die Anfangswerte der Messung io/U o ersetzt. Es wird also der experimentell gefundene Leitwert des unverfitrbten Kfistalles eingesetzt. Als wirkhame Spannung U ist die Differenz zwischen der angelegten Spannung U o und der Polarisationsspannung eingesetzt. Die gemessene Steigung ist im Mittel um t 1% kleiner als die berechnete. Eine Erkliirung hierffir k6nnen die Farbzentrenverluste durch Ausdiffundieren sein.

4. Berechnung der Konzentrationsverteilung und der Feldstdrke.

(7) ergibt mit (9), (10) und (tl) fiir t ~

= (1/, ~,~, ~ (z, t) g77~ ~ l -

U , _ _ V ~ _ ffi r

U t

t - 9 v

(t6)

z ~ zo, (t7)

ftir z > Zo, (t8)

Die Verfiirbung yon Kaliumchlorid auI elektrischem Wege, 159

fiir t > T

(z, 0 ( 3 [ t s , = , s , ' ( , 9 )

3 u 1/-/- ~ (z) = ~ ~ - 1 / Y (2o)

Die Feldst~rke wird ffir t > z unabh~ingig von der Zeit. Diese Forderung wurde bereits von MoLLwo 1 als Voraussetzung ffir einen linearen Anstieg des Stromes mit der Zeit aufgesteUt.

Der Inhalt der G1. (16) bis (20) wird in Fig: t3 dar- gestellt. Als Ordinate ist in Fig. t3 a statt der Farbzen- trenkonzentration das Ver- h~iltnis Elektronenleit f~ihig- keit/Ionenleitf~ihigkeit aufge- tragen. In Verbindung mit dem Parameter t/z wird dann die DarsteUung unabh~tngig von der Temperatur und den Abmessungen des Kristalles. Will man die Konzentrations- verteilung fiir eine bestimmte Temperatur entnehmen, so mul3 man die Ordinatenteilung mit ~/~r v fiir die betreffende Temperatur multiplizieren. Bei Kurve II ist bemerkenswert, dab sie die z-Achse nicht be- rtihrt, sondern mit endlicher Steigung in sie einmtindet. Die Rectmung Ilimmt eine homo- gene Verteilung der Farb- zentren im Querschnitt an. Die optische Messung liefert abet die Konzentration in der Liingsachse, w~ihrend nach der KristaUoberfliiche hin die

Beobachtu~qczeif t = 0 ft~r .l" ~renzleufze17 ~ -~5 " J~

i i I ~ ~ ~ ~

il ~

o

d ~es ~sa

/ /

/

f ~Z5 7,a0

Ka/hode Abstand woe de," Kefhode A n o d e E[ekfrodenqbsfend

Fig. t 3 a u. b. Einwanderuag der Farbzemren naeh For- reel (t6) bis (20), a Die , ,Konzentrationsverteil tmg" der Farbzentren. Star t der Konzentration is t das Verhgtltnis der Elektronen- und Ionenleitf~thigkelt aufgetragen, in der Grenzlaufzeit erreicht die Front der Farbzentrenwolke

die Anode [Formel ( t l ) ] . b Die Verteilung der Feldst~rke zu a.

Farbzentrenkonzentration absinkt. Daher wurden die bei Kurve III in Fig. 4 3 a zum Vergleich eingetragenen MeBwerte der Fig. 4 entnommen und mit dem Faktor 0,7 multipliziert, entsprechend der Umrechnung

i MOLLWO, E.: Siehe FuBnote 5, S. t45.

160 GERHARD HEILAND:

der gemessenen Verteilung im Querschnitt auf eine homogene. :In Fig. 4 ist dies durch eine gestrichelte Linie angedeutet. Auch die Dar- stellung der zu Fig. t3a geh6renden Verteilung der Feldst/trke in Fig. t3 b ist unabh/ingig yon Temperatur und Geometrie des KristaUes.

5. Greme /ar die Anwendbarkeit der Formeln.

Formel (t3) fordert einen linearen Anstieg des Stromes ffir beliebig groBe Zeiten, nachdem die Front der Farbzentrenwolke die Anode erreicht hat. Fig. t a zeigt zwar ffir t > , zunitchst einen linearen An- stieg des Stromes, sobald abet ffir gr6Bere Zeiten die Abweichung von der Linearit~t beginnt, erweisen sich die Annahmen dieses Paragraphen als zu einfach ffir die Beschreibung der Experimente.

Kalium 16st sich nut bis zu einer bestimmten, temperaturabhAngigen Konzentration der Farbzentren in KC11. Hierdurch wird die Konzen- tration der Farbzentren vor der Kathode begrenzt. Unsere Rechnung ilahm an: z=O; Nv--~ oo; ~-+0. Das Verhitltnis ~ / ~ hat aber auch an der Kathode einen endlichen Wert (bei 600~ etwa 35)-

Ferner wird in gr6Beren Zeiten der EinfluB der Diffusion bemerkbar 2. Der Diffusionsstrom in z-Richtung kalln bei den verwandten Versuchs- bedingungen nur dicht vor der Kathode gegenfiber dem Feldstrom eine Rolle spielen, wo das K onzentrationsgef~lle hinreichend groB ist. Dagegen tiben die Diffusionsverluste dutch Ausdampfen der Farb- zentren einen groBen EinfluB auf die Vorg~tnge bei der elektrischen Verfitrbung aus.

Im folgenden soll daher versucht werden, unter Berficksichtigung von Diffusionsverlusten und L6slichkeit zu Aussagen fiber den statio- n~ren Zustand bei der elektrischen Verf~rbung zu gelangen.

w 5. Theoretische Deutung des station~ren Zustandes durch Berficksichfigung von Diffusionsverlusten und L6slichkeit.

1. Herlei tung der Di/ /erentialgleichu~g.

Bei Berticksichtigung der Farbzentrenverluste durch Ausdiffundieren tritt in der Kontinuitlitsgleichung (2) und damit auch in der Diffe- rentialgleichung (3) ein weiteres Glied hinzu.

Nach dem ersten FIcKschen Gesetz ist die Zahl der durch den Querschnitt F , oN~ dt in der Zeit d t tretenden Teilchen d ~ = F . D . - - ~ - x , wobei D die Diffusions-

1 MoLLwo, E . : Z. Physik 85, 56 (1933). - - R6GXNER, ~I.:~ Siehe Fu~note 2, S. t 53.

STASlW, O.: Z. techn. Phys. |6, 343 (1935). - - Nachr. Ges. Wiss. G6ttingen, Math.-physik. KI., N . F . 2, t3t (t936).

Die Verfgrbung von Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 161

konstante und aNv/ax das KonzentrationsgefMle senkrecht zu F i s t . Wir be- t rachten nun die Diffusionsverluste einer Schicht des Kristalles, die durch zwei Querschnitte d ~ senkrecht zur z-Achse begrenzt wird und die Dicke dz besitzt . Ihre Aul3enflitehe F ' betrggt 4d dz. Die mit t lere Konzentrat ionsAnderung in der Schicht infolge Ausdiffundierens dutch die OberflAche ist

Ffir das Konzentrationsgef~lle an der Oberfl~che wurde zun~.chst der Ansa tz gemacht (~ ~/0 X)F ~,Nv (z, t). Zu einer besseren Beschreibung der Exper imente ffihrte jedoch der Ansatz, dab 0Nv/Ox unabhgngig yon z ist. Ich setze ( 0 N J 0 x ) F = 4N, j d . Dabei bedeutet N'vj die Konzentrat ion der Farbzentren vor der Anode. Eine Begrfindung ffir diese Annahme stellen die Messungen der Fig. 8 dar. Der Faktor 4 ergibt die beste Ann~herung an das Exper iment . Durch ihn ist auch dierTatsache mit berficksiehtigt, dab 0.N.JO x nach den Kr is ta l ikanten abn immt . Der Ansatz stellt nur eine erste Ng.herung dar. Die Durchffihrung der Rechnung. ges ta t te t es jedoch immerhin, fiber den EinfiuB der Diffusionsverluste auf die elektrische Ver~.rbung weitgebende Aussagen zu machen.

Nach Einffihrung des Diffusionsgliedes lautet die Differential- gleichung (3)

ON~ ~i" v. i (t) aN~ D

2. Integration der Di/[erentialgleichung fiir den stationdren Fall. Die Integration der Differentialgleichung (2t) wurde nur fiir den

station~iren Zustand ~Nd~t----o durchgeffihrt. Die begrenzte L6s- lichkeit wird, im Gegensatz zu w 4, dutch die Randbedingungen berfick- sichtigt. Vor der Kathode herrscht die Sgttigungskonzentration nach R6GEI~ER 1 N~,R; z : 0 ; N~:N~, R. Diese Randbedingung bringt eine bessere Beschreibung der Expefimente als die Randbedingung z = 0 ; Nv-+~, Trotzdem wird letztere zur Berechnung von N~,z verwandt, um die Rechnung zu vereinfachen.

Ich ffihre ein: Die Leitf~higkeit vor der Kathode ~R : ~ + ~ e v No, R,

Dann ergibt eine

is __ ~R [1 io xi L

~{,) ,, [2/. ~,r/,/iT-V ) ~,}

(z) = ~ t g ~ Y - 1 R6GENXR, H.: Siehe FuBnote 2, S. 153.

Zoitschtlft fOx Physik. Bd. 128.

4D 1 ~ die ,,Diffusionsspannung" U,~-- vF '

die Feldst~rke im unverf/irbten Kristall ~o = U/l, den Strom im unverfiirbten Krista11 i o = F ~ ~ ~o, den Sitttigungsstrom i~. Zwischenrechnung

ud ( ~l~ 1) ]1/ua ~ (22)

(23)

(24)

11

162 G~HA~D H~ILAND:

Tabelle ~.

Temperatur U is . . . . . gemessen

~ Ud [t0-' Amp].

730 725 725 720 710 7t0 710 500

2,36 1,3 2,3

14,7 12,8 3t 48

1250

gemessen bereclmet [t0 -~ Amp] [t0 -4 Amp]

t,63 6,1 0,65 L85 1,15 4,4 2 , 3 19,5 t,44 12, 2 3,4 43 5,4 8t 0,84 t6,8

6,0 1,33 4,2

21,3 t l ,3 46 75 2t

Tabelle 2 gibt die nach (22) berechneten S/ittigungsstr6me ffir ver- schiedene Kristalle im Vergleich mit den gemessenen wieder. Als wirk- same Spannung U ist wieder die Differenz zwischen der angelegten

10 - . / v , . .m , I . i "

Grenze dee,Zb~l/chke/'r

io

/ I t

-1250 .

c~zs c~5o c~)5 l, oo Kothode Absfond yon dee go.ode Anode

E/ekfrodeno~,nd Fig. t 4 a u . b. Der station~re Zustand bei 500 ~ C nach Formel (22) bis (24). a Die Konzentrationsverteilung

dex Faxbzentren. b Die Verteilung der l%lflstSxke zu a.

Spannung U o und der Polarisationsspannung eingesetzt, i o ist daher mit U / U o multipliziert. Die ,,Stromverst/irkung" is/i o h/ingt von zwei Ver/inderlichen ab. nR/ni ist eine reine Temperaturiunktion, die ihr

Die Verf~rbung von Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 168

Maximum (etwa 60) ffir die Temperatur erreicht, bei der die Ionen-Eigen- leitung die St6rleitung zu fiberwiegen beginnt (500 bis 600 ~ C je nach Reinheit und Vorgeschichte des Probestfickes). Sowohl ffir h6here wie ffir tiefere Temperaturen f~llt nR/~i monoton ab. Die zweite Ver- Anderliche, U/U a, stellt ein MaB dar ft~r den EinfluB der angelegten Spannung gegeniiber dem der Diffusion. Bei gegebener Temperatur wird die Lage des Gleichgewichtes nut durch das Verh~ltnis U/U a bestimmt. Mit wachsendem U/U a steigt is/i o an und strebt dem Grenz- wert xR/~ ~ zu. ZR/~i stellt also die obere Schranke der Stromverst~rkung dar, die erst erreicht wird, wenn durch hohe Spannung oder durch geeignete Abmessungen des Kristalles (groBes Verh~ltnis F/l) tier Ein- fluB der Diffusion sehr klein wird.

Fig. t4a u. b geben die nach (24) und (23) berechnete Verteilung der FarbZentren und der Feldst~rke im station~ren Zustand bei 500~ wieder. Die eingezeichneten Mel3punkte stammen von einem Versuch, durch groBes U/U a eine ann~hernd homogene Verf~rbung zu erzielen (vgl. Fig. 7).

w 6. Kritische Betrachtung der elektrischen Verf~rbung.

1. Grenzen tier Anwendung.

Wenn keine streng homogene Verteilung der Farbzentren gefordert wird, ffihrt die elektrische Verf~rbung schneller zum Ziele als die Ver- f~rbung im Kaliumdampf. Infolge der Diffusionsverluste ist abet stets ein Abfa)l der Farbzentrenkonzentration yon der Kathode zur Anode hill vorhanden. Er wird mit zunehmendem Quotienten U/F/d= U vF]4D l 2 kleiner. Der Spannung U ist eine obere Grenze gesetzt durch die im Kristall erzeugte Stromw~rme, das Verh~ltnis F/l ist durch die Forderung einer homogenen Verteilung im Querschnitt begrenzt, solange man mit spitzer Kathode arbeitet. Bei Verwendung einer ebenen Kathode kann F/l vergr6Bert werden, abet bisher ist als sicher arbeitende ebene Kathode nur die flfissige Kaliumelektrode bekannt 1. Der experi- mentelle Aufwand hierbei wtirde kaum geringer sein Ms bei der Ver- ~rbung im Kaliumdampf. Vergleicht man entsprechend der EINSTEIN- schen Beziehung D/v mit der ,,Temperaturspannung" k T/e, so findet mall eine Ubereinstimmung nur in der Gr61~enordnung ~.

Die Temperatur ist durch die gewfinschte Farbzentrenkonzen- tration und den Temperaturgang der L6slichkeit festgelegt, damit auch ~R/~.

1 I'{ARABASCHEFF, R-.: Z. Physik 118, 718 (1942). 2 STASlW, O.: Z. techn. Phys. 16, 343 (1935). Der Vergleich unter Verwen-

dung der neueren Beweglichkeitsmessungen Yon R6GENER (FuBnote 2, S. 153) ffihrt zu keiner besseren Ubereinstimmung.

Zeitschrift fOr Physik. Bd. t28. ] la

164 GERHARD HEILAND :

2. D i e K a l i u m a b s c h e i d u n g a n t ier K a t h o d e .

Unter Vernachl~ssigung einer m6glichen Kaliumeinwanderung durch Diffusion ergibt sich folgende Kaliumbilanz: Aus der Kathode treten in der Zeit t

o

Elektronen. Der Elektronenstrom vor der Kathode ist

i (*). ~ v Nv,R i e(t) = F " e" v" ~(t) ~Nv, R =

~: i + cr e v Nv,R '

wobei ~ aus (t) eingesetzt ist. Es wandern ~lso in der Zeit t

Elektronen yon der KathQde weg in den Kristall. An der Kathode werden in der gleichen Zeit

o~ e V Nv R Kaliumatome abgeschieden. Der Faktor ui + o: e v Nv, R beriicksiehtigt die L6slich-

keit. Er liegt nahe an t. Es wandern also etwa n~ ,~ , -- Kalium- e ~ e

atome als Farbzentren in den Kristall ein ( m i t e = 2 die tt~lfte der insgesamt abgeschiedenen Kaliumatome). An der Kathode werden im gleichen Zeitraum

g va

Kaliumatome als Metall abge~chieden. Qualit'ativ ist nach l~ngerem Stromdurch- gang metallisches Kalium an einer FluBkathode leicht nachzuweisen. Dendriten wurden, wohl infolge der hohen Temperaturen, nicht beobachtet.

3. D i e s ta t iondre~r S t r 6 m e be i SMAKULA.

Die y o n SMAKULA t erwAhnten stationAren Str6me kOnnen nur voriibergehend stationAr gewesen sein, denn fiir homogene Verfi~rbung bis zur Grenze der L6s- lichkeit liegt das angegebene VerhAltnis is/i o zu niedrig. E i n sta*ioni~rer Strom mit groBem EinfluB der Diffusion, also kleinem U][Td, fordert aber eine ziemlich inhornogene Konzentrationsverteilung, wghrend SI%IAKULA eine nahezu homogeno angibt. Wahrscheinlich entstanden die stationAren Str6rne dadurch, dab die Platinl~athode zu verderben begann. In der Strom-Zeitkurve t r i t t dann voriiber- gehend eine waagerechte Tangente auf, bevor der Abfall infolge der Zerstfrung des gasdichten Abschlusses und der Auswanderung der Farbzentren einsetzt. Auch in diesem Falle ist ein .stationArer Strom keineswegs notwendig mit einer homogenen VerfArbung verkniipft.

1 SMAKULA,. A.." Nachr. Ges. Wiss. G6ttingen, math.-physik. KI., N. F. l, 55 (1934).

Die VerfArbung yon Kaliumchlorid auf elektrischem Wege. 165

Zusammen/assung. 1. Nach Untersuchung der Einwanderung yon Farbzentren in

Kaliumchlorid mit verschiedenen Elektroden werden ffir zuverl~sige elektrische Verf~rbung ein Platin- oder Wolframdraht mit Supremax- umschmelzung als Kathode (,,Flul3elektrode") ulld eine Graphitplatte als Anode (,,Sperrelektrode") angegeben. Die Verbindung einer Flul3- mit einer Sperrkathode erm6glicht eine Steuerung des Elektronenstromes.

2. Die Einwanderung yon Farbzentren im elektrischen Feld wird durch elektrische und optische Messungen verfolgt.

3. Ffir den Einwanderungsvorgang und ffir den station~ren Zustand wird eine theoretische Deutung gegeben.

4. Homogene elektrische Verfiirbung ist nur im GrenzfaU m6glich, wenn die Diffusionsverluste vernachl~ssigt werden k6nnen, d.h. bei hohen Spannungen, niedrigen Temperaturen und groBen Kristallquer- schnitten.

Herrn Prof. POHL und Herrn Prof. MOLLWO danke ich vielmals ffir die Anregung und F6rderung dieser Arbeit.

Herrn Dr. PICK danke ich ffir wertvolle Diskussionen.

G6ttingen, I. Physikalisches Institut der Universit~t. Februar 1948.