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Die verschiedenen Modi der Verben Im Lateinischen wie im Deutschen unterscheiden wir drei verschiedene Arten (=Modi, von modus i,m: Art, Weise) der Aussageform der Verben. 1. Indikativ: Er drückt die Realität aus das, was wirklich passiert/ passiert ist/ passieren wird. In aller Regel haben die Formen des Indikativs keine besonderen Kennzeichen. Ausnahmen: Ind. Pr. der kons. Konjugation i; z.B.: reg i t, duc i mus, etc. Ind. Perf. Aktiv: -i, -isti, -it,... 2. Imperativ: Er ist der Modus des Befehls . Er richtet sich nur an die 2. Pers., Ausnahme: der Imperativ II (sehr selten). 3. Konjunktiv: Der Modus der Vorstellung . Insofern ist er das Gegenstück zum Indikativ. Innerhalb dieses Modus der Vorstellung lassen sich verschiedene Einteilungen vornehmen: I) Konjunktiv I wird im Lateinischen im Präsens und Perfekt gebildet und drückt eine mögliche Vorstellung aus. II) Konjunktiv II wird im Lateinischen im Imperfekt und Plusquamperfekt gebildet und drückt Aussagen oder Wünsche aus, deren Eintreten ausgeschlossen ist. Für die Übersetzung ist aber eine Unterteilung nach Verwendungszwecken sinnvoller. Die wichtigsten werden nach der Formenbildung vorgestellt. I. Konjunktiv I, Formenbildung: a) Konj. I/ Präsens... hat immer ein a- , es sei denn, es steht schon da (dann steht ein e- ). aktiv passiv move-a-m, capi-a-m, leg-a-m, audi-a-m, aber am-e-m move-a-r, move-a-ris,… am-e-r, am-e-ris,… Ausnahme: sim, sis sit,.... b) Konj. I/ Perfekt… aktiv: sieht fast aus wie Futur II. passiv: PPP+ Konj. I/ Präsens von esse aktiv passiv vocav-erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint vocatus sim, vocatus sis,… auditus sim, auditus sis,.... fu-erim, fu-eris, fu-erit,…

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Die verschiedenen Modi der Verben

Im Lateinischen wie im Deutschen unterscheiden wir drei verschiedene Arten

(=Modi, von modus –i,m: Art, Weise) der Aussageform der Verben.

1. Indikativ: Er drückt die Realität aus – das, was wirklich passiert/ passiert ist/ passieren wird.

In aller Regel haben die Formen des Indikativs keine besonderen Kennzeichen.

Ausnahmen: Ind. Pr. der kons. Konjugation – i; z.B.: reg i t, duc i mus, etc.

Ind. Perf. Aktiv: -i, -isti, -it,...

2. Imperativ: Er ist der Modus des Befehls.

Er richtet sich nur an die 2. Pers., Ausnahme: der Imperativ II (sehr selten).

3. Konjunktiv: Der Modus der Vorstellung. Insofern ist er das Gegenstück zum Indikativ.

Innerhalb dieses Modus der Vorstellung lassen sich verschiedene Einteilungen

vornehmen:

I) Konjunktiv I wird im Lateinischen im Präsens und Perfekt gebildet und drückt eine

mögliche Vorstellung aus.

II) Konjunktiv II wird im Lateinischen im Imperfekt und Plusquamperfekt gebildet und

drückt Aussagen oder Wünsche aus, deren Eintreten ausgeschlossen ist.

Für die Übersetzung ist aber eine Unterteilung nach Verwendungszwecken sinnvoller. Die

wichtigsten werden nach der Formenbildung vorgestellt.

I. Konjunktiv I, Formenbildung:

a) Konj. I/ Präsens... hat immer ein –a-, es sei denn, es steht schon da (dann steht ein –e-).

aktiv passiv

move-a-m, capi-a-m,

leg-a-m, audi-a-m,

aber am-e-m

move-a-r, move-a-ris,…

am-e-r, am-e-ris,…

Ausnahme: sim, sis sit,....

b) Konj. I/ Perfekt… aktiv: sieht fast aus wie Futur II.

passiv: PPP+ Konj. I/ Präsens von esse

aktiv passiv

vocav-erim, -eris, -erit,

-erimus, -eritis, -erint

vocatus sim, vocatus sis,…

auditus sim, auditus sis,....

fu-erim, fu-eris, fu-erit,…

II. Konjunktiv II, Formenbildung:

Es handelt sich um die beiden einfachsten Zeiten in Bezug auf die Flexion.

a) Konjunktiv Imperfekt: Infinitiv Präsens aktiv + Endung (aktiv oder passiv)

aktiv passiv

vocare+m, vocare+s,… vocare+r, vocare+ris,…

esse+m, esse +s,…

b) Konjunktiv Plusquamperfekt: Infinitiv Perfekt aktiv oder passiv + Endung

aktiv passiv

vocavisse+m, vocavisse+s vocatum esse+m, vocatum esse+s

fuisse+m, fuisse+s,...

Die häufigsten Verwendungsarten des Konjunktivs in HS

I. IRREALIS: Aussagen oder Wünsche, deren Eintreten ausgeschlossen ist.

Es gibt zwei Möglichkeiten für einen Irrealis

1. unerfüllbare Aussagen:

z.B.: a) Ich hätte den Krieg nicht gewonnen. Non ego bellum vicissem.

b) Ich würde Kriege fürchten. Ego bella timerem.

Beide Aussagen sind nur vorgestellt und ihr Eintreten ist vollkommen unrealistisch

= sie sind ir-real.

Häufig werden solche Aussagen unmittelbar mit der Bedingung verknüpft,

an der die Realität scheitert.

z.B.: Wenn (si) es nicht geregnet hätte, wäre ich nicht mit dem Wagen gekommen.

(Aber es hat geregnet, also ist es unrealistisch (=irreal), dass ich ohne Wagen gekommen bin.)

Solche Bedingungssätze (Konditionalsätze) werden meist mit si, nisi eingeleitet.

2. unerfüllbare Wunschsätze:

z.B.: a) Wenn doch Paris von den Wassern Utinam Paris aquis obrutus esset!

verschlungen worden wäre.

b) Wenn doch die Mauern Trojas noch ständen. Utinam moenia Troiae etiam starent!

In solchen Fällen widerlegt die Realität den Wunsch der Sprecherin, ihr Wunsch ist ir-real.

Utinam, o utinam sind hier die Signalwörter, mit denen ein solcher Wunsch eingeleitet wird.

Außerdem enden diese Wünsche meist mit !.

3. Die verschiedenen Zeitstufen:

Wir unterscheiden in Deutsch und Latein nur zwischen den Zeitstufen

Gegenwart und Vergangenheit:

Lateinisch Deutsch Beispiel

Irrealis der

Gegenwart

Konjunktiv

Imperfekt

Konjunktiv II des

Präsensstammes

Ego bella timerem.

Ich würde Kriege fürchten.

Irrealis der

Vergangenheit

Konjunktiv

Plusquamperfekt Konjunktiv II des

Perfektstammes

Non ego bellum vicissem.

Ich hätte den Krieg nicht gewonnen.

Die weiteren Verwendungsmöglichkeiten sind ungleich übersichtlicher:

II. POTENTIALIS: Aussagen und Wünsche, die möglicher Weise eintreten/ eingetreten sind.

Der Potentialis bildet damit die direkte Alternative zum Irrealis.

Die Übersetzung im Präsensstamm… etiamsi vocet, non audio.

mit „mögen“: Wenn er auch rufen mag, ich höre ihn nicht.

mit „sollen“ im Konj.: Wenn er auch rufen sollte, ich höre ihn nicht.

mit „möglicherweise“: Auch wenn er möglicherweise ruft, ich höre ihn nicht.

Die Übersetzung im Perfektstamm… etiamsi vocaverit, non audivi.

mit „mögen“ im Perfekt: Wenn er auch gerufen haben mag, ich habe ihn nicht gehört.

mit „sollen“ im Konj. Perf.: Auch wenn er gerufen haben sollte,ich habe ihn nicht gehört.

mit „möglicherweise“: Auch wenn er möglicherweise gerufen hat, ich habe ihn nicht

gehört.

III. Der Prohibitiv/ Modus des Verbotes: (Verneinung: ne)

Der Konj. I wird im Perfekt bei Verboten verwendet:

Übersetzung… Ne clamaveris!

mit „nicht dürfen/ sollen“ im Präsens: Du sollst nicht schreien!

Dieser Modus richtet sich immer an die 2. Pers. und steht immer mit „!“ .

IV. Der Iussiv/ Modus des Gebotes: (Verneinung: ne)

Der Konj. I Präsens kann eine Aufforderung an die 3. Pers. ausdrücken, deren Befolgung als möglich

angesehen wird. Diese Aufforderung ist gegenüber dem Imperativ als weniger zwingend anzusehen.

Übersetzung… toga sine labe sit

durch das Hilfsverb „sollen“: Die Toga soll ohne Fleck sein.

V. Der Adhortativ/ Modus der Aufforderung: (Verneinung: ne)

Dieser Modus steht immer in der 1. Pers. Pl. Konj. Präsens und beinhaltet eine Aufforderung, die

stets die eigene Person mit einschließt und weniger zwingend als ein Gebot ist.

Übersetzung… togam lavemus!

durch die Phrase „Lasst uns…“ Lasst uns die Toga waschen!

mit „wollen“: Wir wollen die Toga waschen!

VI. Der Optativ/ Modus des Wunsches: (Verneinung: ne)

Hier gibt es die Alternativen erfüllbarer Wunsch (Konj.I) oder unerfüllbarer (vgl. Irrealis).

Übersetzung… Marcus me audiat.

mit „mögen“: Möge Markus mich hören.

mit „hoffentlich“: Hoffentlich hört Markus mich.

durch den Konj. I + „doch“: Hörte Markus mich doch.