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410 Friedrich Frhr. von Huene, gehören mit ihrer anderen Bezahnting und der erweiterten Augenöffnung und dein so merkwürdig großen Foramen parietale einem biologisch andern Lebenskreis an als die bekannten Pareiasaurier. Im einzelnen soll das aber hier nicht untersucht werden, da es zu weit führen würde. (Urschrift eingegangen am 28. Juli 1942.) Die Verwandtschaft einiger früher Tetrapoden- Gruppen. Von FRIEDRICH Frhr. voN HUENE, Tübingen. Mit 3 Abbildungen im Text und Tafel 24 Die kürzlich erschienene Neubearbeitung der Pelycosaurier von ROMER & PRICE (1940) sowie eine Neubesinnung über die Vorfahren der Captorhiniden von `NESTOLL (1942) gibt für manche gegenseitige Beziehungen alter Tetrapoden eine neue Basis und neue Ausblicke. Als Verfasser die Osteologie der Mesosaurier (HUENE 1941) publizierte, stand manches damals als zuverlässige Stütze zum Vergleich da, was nun detaillierter bekannt ist und etwas anders aussieht. Darum muß einiges erneut geprüft werden. Wenn man sich zuerst den Mesosauriern zuwendet, ist festzu- stellen, daß die Schädelbasis gleich ist wie bei den Pelycosauriern und daß auch bei ihnen vom Schädeldach Interparietale und Tabulare ver -schwunden und auf die schräge Hinterhauptsfläche zurückgerückt sind; das haben sie gemeinsam mit den Pelycosauriern. Das Supratemporale der primitiven Reptilien ist bei den Mesosauriern nicht mehr vorhanden. Darin sind sie dem Entwicklungsstadium der Pelycosaurier schon voran. Das Lacrymale erreicht die Nasenöffnung; das ist gleich wie bei den Pelycosauriern. Das Septomaxillare ist bei den Mesosauriern stark an der Außenfläche ausgebreitet; das ist auch ein etwas vorgerückteres Stadium als bei den Pelycosauriern; es entspricht schon den Therapsiden. Bei den Pelycosauriern ist das Septomaxillare kleiner und mehr im In- neren der Nase. Nur bei Tetraceratops (ROMER & PRICE 1940, Pl. 41, Fig. 3), der möglicherweise zu den Edaphosauriden gehört, ist e-, gleich. Die Mesosaurier haben kein Transversum wie z. B. 1I ilderina (BROOM 1938, HUENE 1940b, Fig. 7), aber die Pelycosaurier haben ein solches. Bei Captorhinus ist (las Transversum nach SUSHKI 's TThtersuchungen (1928) nur ganz klein und leicht zu übersehen; bei Labidosaurus scheint

Die Verwandtschaft einiger früher Tetrapoden-Gruppen

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410 Friedrich Frhr. von Huene,

gehören mit ihrer anderen Bezahnting und der erweiterten Augenöffnungund dein so merkwürdig großen Foramen parietale einem biologisch andernLebenskreis an als die bekannten Pareiasaurier. Im einzelnen soll dasaber hier nicht untersucht werden, da es zu weit führen würde.

(Urschrift eingegangen am 28. Juli 1942.)

Die Verwandtschaft einiger früher Tetrapoden- Gruppen.Von FRIEDRICH Frhr. voN HUENE, Tübingen.

Mit 3 Abbildungen im Text und Tafel 24

Die kürzlich erschienene Neubearbeitung der Pelycosaurier vonROMER & PRICE (1940) sowie eine Neubesinnung über die Vorfahrender Captorhiniden von `NESTOLL (1942) gibt für manche gegenseitigeBeziehungen alter Tetrapoden eine neue Basis und neue Ausblicke. AlsVerfasser die Osteologie der Mesosaurier (HUENE 1941) publizierte,stand manches damals als zuverlässige Stütze zum Vergleich da, was nundetaillierter bekannt ist und etwas anders aussieht. Darum muß einigeserneut geprüft werden.

Wenn man sich zuerst den Mesosauriern zuwendet, ist festzu-stellen, daß die Schädelbasis gleich ist wie bei den Pelycosauriern unddaß auch bei ihnen vom Schädeldach Interparietale und Tabulare ver

-schwunden und auf die schräge Hinterhauptsfläche zurückgerückt sind;das haben sie gemeinsam mit den Pelycosauriern. Das Supratemporaleder primitiven Reptilien ist bei den Mesosauriern nicht mehr vorhanden.Darin sind sie dem Entwicklungsstadium der Pelycosaurier schon voran.Das Lacrymale erreicht die Nasenöffnung; das ist gleich wie bei denPelycosauriern. Das Septomaxillare ist bei den Mesosauriern stark ander Außenfläche ausgebreitet; das ist auch ein etwas vorgerückteresStadium als bei den Pelycosauriern; es entspricht schon den Therapsiden.Bei den Pelycosauriern ist das Septomaxillare kleiner und mehr im In-neren der Nase. Nur bei Tetraceratops (ROMER & PRICE 1940, Pl. 41,Fig. 3), der möglicherweise zu den Edaphosauriden gehört, ist e-, gleich.Die Mesosaurier haben kein Transversum wie z. B. 1I ilderina (BROOM

1938, HUENE 1940b, Fig. 7), aber die Pelycosaurier haben ein solches.Bei Captorhinus ist (las Transversum nach SUSHKI 's TThtersuchungen(1928) nur ganz klein und leicht zu übersehen; bei Labidosaurus scheint

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es nicht beobachtet zu sein, auch in den beiden Schädeln in Tübingenkann ich es nicht erkennen, obwohl es wahrscheinlich da ist, und beiLimnoscelis ist es des Unterkiefers wegen nicht zu sehen. Die Artikulationder Präsacralrippen der Mesosaurier ist gleich wie bei den Pelycosauriern.Der primäre Schultergürtel ist bei den Mesosauriern — abgesehen vonder Reduktion der Scapula — in einem den Pelycosauriern vergleichbarenStadium, indem sie (in der Jugend noch) zwei getrennte coracoidale Ele-mente besitzen. Da diese aber während des Lebens zusammenwachsen,sind die Mesosaurier schon ein wenig weiter vorgerückt als die Pelyco-saurier und sogar die Therapsiden. Die vorn breite Interclavicula derMesosaurier erinnert sehr an die Pelycosaurier. Das Cleithrum habendie Mesosaurier verloren, das die Pelycosaurier noch besitzen. Durchdie Anpassung an das Wasserleben sind bei den Mesosauriern besondersentstanden die lange Schnauze und die Zurückverlegung der äußerenund inneren Nasenöffnungen, die Veränderung der Scapula (ähnlich wiebei Sauropterygiern), Veränderung des Stapes, Verlängerung der fünftenZehe des Fußes; vielleicht gehört dahin auch das Verschwinden der Cen-tralia in Carpus und Tarsus, die aber sonst sehr an Pelycosaurier erinnern.Zur Anpassung an das Wasserleben gehört auch die relative Kürzung desUnterarms.

Hieraus geht hervor, daß die Mesosaurier den Pelycosauriern zwarsehr nahe verwandt sind, aber daß sie nicht zu ihrem engeren Bestandgehören können, auch unter Berücksichtigung ihrer Adaption an dasWasserleben. Der grundlegende Bauplan ist der gleiche. Das deutet aufgleiche Wurzel. Aber die Mesosaurier sind über das Stadium der Pelyco-saurier schon hinaus in

Verschwinden des SupratemporaleVerschwinden der letzten Spur des OhreinschnittsVerschwinden des TransversumVerschwinden des Cleithrumstärkerem Hervortreten des Septomaxillare.

Die Herkunft der Mesosaurier aus gemeinsamer Wurzel mit den Pelyco-sauriern zeigt sich aber deutlich in ihrem ganzen Bauplan, namentlich in

SchädelbasisSchädeldach, abgesehen von Supratemporale und SchnauzeGaumen, abgesehen vom TransversumWirbelbau und Rippenartikulationzwei Sacralwirbelnzwei Coracoidenproximaler Tarsalreihe.

2*

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ROMER & PRICE (1940) haben gezeigt, daß die Pelycosaurier vonden Captorhinomorphen herkommen müssen. Das gleiche gilt auch fürdie Mesosaurier. Aber auch alle andern Reptilien können nur auf dieCaptorhinomorphen zurückgeführt werden (außer den Schildkröten), dadie übrigen Cotylosaurier dafür nicht in Betracht kommen können.

Die Cotylosaurier bestehen aus vier Gruppen, erstens den Sey-mouriamorphen mit Seymouria und Kotlassia im unteren und im oberenPerm, zweitens den Diadectomorphen mit Diadectes uhd ein paar ähn-

a b

C

Abb. 1. a Ophiarodon mires b1ARSx (311 mm lang). b Hapiodus (= Pantelosaurus)

saxonicus HUENE (190 mm lang). c Eothyris parkeyi Ro.MEx (62 mm lang). Nach ROMER

& PRICE.

lichen Gattungen im unteren Perm und sogar im oberen Karbon, mitden Pareiasauriern (und vielleicht auch Elginia) im mittleren und oberenPerm und den Procolophoniden mit einem halben Dutzend Gattungenvom oberen Perm bis in die obere Trias, drittens Eunotosaicrus im mitt-leren Perm, und viertens den Captorhinomorphen mit Captorhinus undeinigen nah verwandten Gattungen vom oberen Karbon an, mit Labido-saurus und der primitiven Limnoscelis im unteren Perm. Pant ylus vonder Karbon-Perm-Grenze und im Unterperm (vielleicht nach ROMER

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mit dem oberkarbonischen Solenodonsaurus) gehört möglicherweise nochnicht zu den Cotylosauriern.

Die Captorhinomorphen sind offenbar die einzige (event, auch dieEnnotosaurier) Gruppe, die weiter entwicklungsfähige Potenzen enthält.An die Captorhinus-Verwandtschaft schließen sich Pratorothyris undRomeria (ROMER & PRICE 1940) an. Bei diesen ist die Tabularreihedefinitiv vom Schädeldach verschwunden und das Supratemporale istkléin und in ähnlich rückwärts verschobener Lage wie bei den Pelyco-sauriern. An solche Captorhinidenformen schließen sich ungezwungendie Pelycosaurier an mit ihren primitivsten Vertretern. Das muß nachROMER & PRICE früher als die stephanischen Ciscoschichten gewesensein. Die Pelycosaurier finden nach Ro^IER & PRICE in den Therapsidenihre Fortsetzung und diese nach BROOM in den späteren Säugetieren.Protorothyris und Romeria können nicht selbst die Vorläufer der Pelyco-saurier (Abb. 1) sein, da sie in der Putnam und der Moran formations)des stephanisehen Oberkarbon vorkommen und die Verzweigung früherstattgefunden haben muß, aber in ihrer Verwandtschaft. muß diese Ga-belung vor sich gegangen sein. An diese gleiche Gruppe von Reptiliendürften sich auch die Mesosaurier anschließen als Parallelzweige derPelycosaurier, jedoch mit einer starken Anpassung an das Wasserleben,wodurch angeregt die morphologische Entwicklung schon etwas über diePelycosaurier hinausging.

Damit sind aber die phylogenetischen Lebenskräfte der höchstenCaptorhinomorphen nicht erschöpft. Nur lassen sich die Entfaltungennoch nicht bis in alle Einzelheiten verfolgen. Da sind z. B. die .mit Araeo-scelis und Ophiodeirus beginnenden Pr o t o r o s au r i d e n. `Venn man denSchädel von Protorothyris und Araeoscelis nebeneinander stellt, ist diesehr nahe Verwandtschaft deutlich. Protorothyris stammt aus unterstenWichitaschichten und Araeoscelis aus Clear Fork (Abb. 2), während

1) ROMER & PRICE 1940, S. 23 geben folgendes stratigraphisches Schema:

Permian Clear Fork group1

' Arrovo formation >1 Clyde formation

Belle Plains formationPermian Admiral formation

or Wichita group Putnam formationPennsylvanian I Í Moran formation = rn

Pennsylvanian Cisco group Pueblo formation

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Ophiodeirucs, der noch weniger extreme Verlängerung der Halswirbel undder Extremitäten hat, in Schichten Zwischen beiden sich findet.

Einige andere wie Elliotsmithia (BROOM 1937, HUENE 1940b, S. 292,Fig. 3c—d, und Anningia BROOK 19.7, HUENE 1940b, S. 292, Fig. 3abis b) in den mittelpermischen Tapinocephalus- Schichten in Südafrika und

a

LI

4ghiAii(,111 1

Abb. 2. a Prolorothyris archeri PRICE (57 mm lang). Nach PRICE in 2 Ansichten.b Araeoscelis graeilis %VXLLISTON (49 mm lang). Nach WILLISTON in 2 Ansichten.

Millerina und Millerinoides (BROOM 1940, S. 71, Fig. 1) in den dortigenCistecephalus- Schichten sind offenbar auch noch L'berbleibsel der vorhinerwähnten altpermischen und oberkarbonischen Wurzelgruppe. Elliot-smithia, die das Supratemporale verloren und eine sehr schräg liegendeHinterhaupts platte und weit zurückliegendes Kiefergelenk hat, rechnenROMER & PRICE schon zu den primitivsten Pelycosauriern, obwohl ihr

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das Transversum fehlt. Anningia zeigt in altertümlicher Weise nochInterparietale und Tabulare in schmalem Streifen auf dem Schädeldach,hat aber angeblich kein Supratemporale mehr. ROMER & PRICE (1940,S. 28) bezweifeln dies und meinen auch Anningia in die Pelyco-saurier einschließen zu können. Aber die Tatsachen lassen sichnur an dem einzigen Original feststellen. ítilillerina ist im Gaumensehr Pelycosaurier - ähnlich , hat aber kein Transversum. 'NachBROOM'S Darstellung ist Millerina ein Cotylosaurier mit event.beginnender Temporalöffnung unterhalb dem langen Postorbitale, einSupratemporale soll nach BROOM auch nicht vorhanden sein, d. h. ernennt es Tabulare. Es ist aber ohne Zweifel das gleiche Element wie beiCaptorhinus, nur größer, zwischen Parietale und Squamosum. Am Hinter-rand des Schädeldaches zwischen Supratemporale und Squamosum istdie Stelle des ehemaligen Ohrschlitzes noch erkennbar. Millerinoides mitsehr schmalem, langem Schädel unterscheidet sich wenig in den Pro-portionen der Gaumenknochen von Ylillerina. Die Transversumgegendist bei beiden schlecht erhalten; es kann also leicht auch ein Trans-versum vorhanden gewesen sein. Auf alle Fälle muß ROMER & PRICErecht gegeben werden, daß die beiden Formen zu den Pelycosaurierngehören. Zweifellos gab es außer den bekannten (Elliotsmithia und An-ningia) noch andere permische Pelycosaurier, die den Captorhinomorphenso nahe stehen und die weit in die jüngere Permzeit hinaufreichen. Esliegt auch nahe, eine Verbindung zu suchen zwischen solchen primitivenPelycosauriern und den ebenfalls im jüngsten Perm vorkommendenEosuchiern. Youngotdes hat ein Supratemporale von gleicher Form wiedie primitiven Pelycosaurier.

Im Schädeläußeren hat das Lacrymale sich bei den Eosuchiern vonder Nasenöffnung zurückgezogen und der Gaumen ist weitgehend jenenähnlich, in der Lage der Choanen, in der Ausdehnung von Palatirnrmund Pterygoid, nur der Vomer ist kleiner geworden; die Schädelbasis,die schmalen Pterygoidflügel gegen das Quadratum, auch die Gaumen

-bezahnung ist noch die gleiche; der Stapes ist länger geworden, da dasKiefergelenk mehr zurücksteht..

Man sieht jedenfalls, daß durch die neuesten Fortschritte, die RoxER& PRICE (1940) an Pelvcosauriern und Nachbargruppen (und WATSONan Phyllospondylen, Embolomeren und deren Verwandtschaft 1940 undWESTOLL 1942 an Captorhinomorphen usw.) gemacht haben, die Zu

-sammenhänge der alten Reptilien und andern Tetrapoden wesentlichdeutlicher zu sehen sind als dies noch vor ganz kurzer Zeit (HUENE1940b, S. 301, Fig. 11) möglich war. Die Captorhinomorphen als derfortschrittlichste Teil der Cotylosaurier mit den von ihnen ausstrahlenden

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Gruppen haben allen späteren Reptilien das Leben gegeben. Von dort her -

kommen die Protorosaurier, namentlich aber die Pelycosaurier und Meso-saurier. Von den Pelycosauriern kommen die sämtlichen Tliertipsidenmit den Säugetieren. Aber von den Captorhinomorphen kommen offenbarauch die Eosuchier (HUENE 1940b) mit ihren Abkömmlingen; dieThecodontier verzweigen sich vor und zu Ende der Trias in dieSaurischier, Ornithischier,' Krokodile, Pterosaurier und Vögel.

Bei Gelegenheit dieser phylogenetischen Rekapitulationen habe ichden früher schon von mir (HUENE 1937 a, b, 19.10 e) publizierten Stamm-baum der Wirbeltiere in den Amphibien und Reptilien hier nochmalsdetaillierter ausgeführt (Taf. 2-1) 1). Dazu sind nur wenige Bemerkungenzu machen. Primitiver als die Embolomeren sind im Schädelbau be-kanntlich SÄVE-SÖDERBERG'S Ichthyostegalia (193.9) und zwischen ihnenund den Rhipidistiern unter den Crossopterygiern soll nach WESTOLL.

1) Schließlich sind auch die Fische etwas mehr in orm gebracht, die früher haupt-

sachlich nach ROMER (1930) dargestellt waren. Infolge der eben erschienenen Schriftvon E. JARVix: „On the structure of the snout of Crossopterygians and lower Gnatho-stomes in general" (Zool. Bidrag fr. Uppsala, 21, Novemb. 1942, 235--675, 87 Fig., 17 Pl.)

sind namentlich die Beziehungen der Crossopterygier zu deszendenten Gnathostomen

deutlicher geworden. Die Crossopterygier sind auf der Stammbaumdarstellung in ihredrei Stämme (Osteolepiformes, Porolepiformes, Coelacanthiformes) aufgelöst; Laby-

rinthodonten und Reptilien sind Nachkomnien des ersten derselben, die Pseudocentro-

phori mit den Urodelen stehen jenen gesondert gegenüber und sind Nachkommen der

Porolepiformes, die devonischen Coelacanthiformes (= Actinistia, gegenüber den beidenersten als Rhipidistia) haben die Brachiopterygia (Calamoichthys und Polypterus), die

Coelacanthiden, und die Actinopterygier (Ganoiden, Teleostier und Chondrostier) als.Nachkommen.

2) WATSON definiert 1930 das Embolomeri genannte Entwicklungsstadium(„grade") der primitivsten karbonischen Tetrapoden (Co) folgendermaßen: „Laby-

rinthodoarten mit einfachem Condylus occipitalis, der sich auf das Basioccipitale be-

schränken oder auch auf die Exoccipitalia ausdehnen kann, aber immer ungefähr kreis-rund und konkav ist und überwiegend aus dem Basioccipitale besteht. Knöchernes Basi-

occipitale und Supraoccipitale immer vorhanden. Interparietale und Tabulare ohne

occipitale Flügel, die sich der hinteren Außenfläche der Ohrregion des - euralkraniurns

anlegen würden. Ein Horn oder Fortsatz an der Hinterkante des Tabulare zur Her-

stellung der Verbindung mit dem Schultergürtel stets vorhanden. Pterygoide getragen

von beweglicher Artikulation mit den Basipterygoidfortsätzen und mit großem Gaumen-

teil, so daß beide Pterygoide eine nur kleine Interpterygoidalöffnung umschließen und

eine Symphyse bilden. Wirbel zusammengesetzt aus Neuralbogen, Pleurozentrum und

Interzentrum, die beiden letzteren von gleicher Größe und vollkommen geschlossene

Spangen um die Chorda dorsalis bildend. Praesacral- und manchmal auch Sacralrippen

doppelköpfig.Oberfamilie Anthracosauroidea: Embolomeren mit kleiner Orbita in halber

Schädellänge. Keine Posttemporalöffnung. Die dorsale Außenfläche der Ohrregion des.

Neuralschädels in Zusammenhang mit dem Schädeldach. Tabulare mit hornartigem

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(1938, S. 127, Fig. 1 U. 2) Elpistostege aus unterem Oberdevon von Scau-menac Bay stehen, deren Schädeldach in der Tat eine merkwürdige Mittel-stellung einnimmt. Da die Embolomeren 2) sich nach WATSON in dieAnthracosauroidea und die Loxommoidea teilen, sind sie hier deutlichergespalten dargestellt. Der Wirbelbau der oberdevonischen Ichthyo-stegiden ist leider immer noch nicht bekannt gemacht. Aber WESTOLL.sagt (1942b, S. 121) anscheinend mit bezug auf diese .,die Wirbel dieserfrühesten Formen haben große Centra und kleine oder fehlende Inter-centra wie bei Mierobrachis und Captorhinomorphen"; vielleicht abersoll sich dies auf die von ihm vorher erwähnte Otocratia und dieAnthracosauriden beziehen. Otocratia, die WATSON (1936) vorläufig zuden Anthracosauroidea gerechnet hatte, steht nach WESTOLL (1942b)wahrscheinlich in engster Verwandtschaft mit den Ichthy ostegalia, istja auch unterkarbonischen Alters. Schon WATSON war bei Otocratia derUnterschied von den andern Embolomeren aufgefallen. Im Bau desSchädeldaches (Abb. 3) vermittelt Otocratia sehr zwischen diesen frühestenFormen und den Cotylosauriern (wie Elpistostege zwischen Rhipidistiernund Ichthyostegalia), indem das Supratemporale fortgefallen und derOhrschlitz beinahe völlig obliteriert ist, nur sind im Gegensatz zu denReptilien die Interparietalia noch primitivermaßen so groß, daß sieParietale und Tabulare trennen. Der Wirbelbau der allerältesten Tetra-poden sowie der Adelospondyli, zu denen nach STEEN (1938) und WATSON

(1924, 1930, 1940) auch die Microsaurier: Hylonomus, Hyloplesion undMicrobrachis gehören, unterscheidet sich grundsätzlich nicht vom gastro-zentralen Wirbelbau der Captorhinomorphen, Diadectomorphen undüberhaupt der Reptilien. (Der Name „Adelospondyli" ist demnach nurnoch als Bezeichnung der in diese Gruppe gerechneten Gattungen auf

-zufassen und ist also nicht mehr auf den Wirbelbau zu beziehen.)Nach WATSON'S neuer Bearbeitung von 1940 sind die Phyllo-

spondylen mit ihrer ganzen Geschichte, die über Miobatrachus undProtobatrachus in den Anuren gipfelt, nun klargestellt. Sie entspringenaus den Loxommoidea. Nach SÄVE-SÖDERBERGE's überzeugenden Grün-

Fortsatz, der meist die Anheftung des Posttemporale erkennen läßt. Vomer klein und

zahnlos. Innere Nasenöffnungen groß, weit vorn und weit auseinander. Transversum•

mit einer Zahnreihe.Oberfamilie Loxommoidea: Embolomeren mit kleiner runder Orbita nahe der

Mittellinie, meist hinter der Hälfte der Schädellänge. Die Orbita setzt sich in eine große

dreieckige Öffnung fort, die weit in das Lacrvmale sich erstreckt. Vomer mittelgroß bis

groß, jeder mit einem Paar alternierend funktionierender großer Zähne. Innere Nasen

-öffnungen klein und weit auseinander. Palatinum und Transversum mit je einem Paar

alternierend funktionierender großer Zähne. Tabulare ohne großes Anthracosauroideen-

artiges Horn, aber mit kleinem Muskelfortsatz. Große Posttemporalöffnung vorhanden."

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den (1935) schließen die Rhachitomen mit ihrer Fortsetzung, den Stereo-spondylen, sich auch an die Loxommoidea an.

Was die Ichthyosaurier betrifft, so habe ich (HUENE 1937)

zu zeigen gesucht, daß sie direkt aus den Embolomeren als Parallel-stamm der Cotylosaurier hervorgegangen und ein reptilartiges Ent-wicklungsstadium erreicht haben. Die Gründe zu dieser Überzeugungsind hauptsächlich die Gleichheit der Schädelbasis, die Gestalt der Basi-pterygoidfortsätze, die Gestalt des Pterygoids ohne Querflügel, die hintenbreiten Nasalia, die Gleichheit der Wirbelkörper (z. B. mit NNumulosaurus

oder Eosauravus), die Zweiköpfigkeit der Rippen, sogar bei Mixosaurusbis in die vordere Schwanzregion wie z. B. bei Eogyrinus, die Gleichheit desIlium. Bei näherem Vergleich finde ich jetzt, daß die Ichthyosaurierden Loxommoidea doch näher stehen als den Anthracosauroidea (z. B.Nasalia) und daß sie auch einige Vergleichspunkte mit den Stegocephalenbesitzen, so die Gestalt des Stapes (SÄVE-SÖDERBERGH 1938) be Apha-neramma und andern Gattungen, und die Tendenz, die Nasenöffnungenzurückzuverlegen, so bei langschnauzigen Stegocephalen (obwohl das beimanchen langschnauzigen Reptilien auch vorkommt). So nehmen offenbaralle Stegocephalen und späteren Amphibien zusammen mit den Ichthyo-sauriern ihren Ursprung aus den Loxommoidea wie andererseits die Rep-tilien mit den späteren Säugetieren aus den Anthracosauroidea.

Die früher als „Parapsida" zusammengefaßte Gruppe, zu derman auch die Ichthyosaurier gerechnet hatte, ist eine unnatürliche,denn die hoch liegenden Schläfenöffnungen der betreffenden Ordnungensind einander nicht homolog, da sie phylogenetisch nicht zusammen

-hängen und unabhängig voneinander entstanden sind. Bei den Ichthyo-sauriern ist es eine Neubildung, die möglicherweise infolge der Schnauzen

-verlängerung entstanden ist. Man sieht. die Fensterung bei Mixosaurasnoch beinahe entstehen, Mixosaurus ist noch fast anapsid (HUENE1935) und die Lage der Öffnung sowie ihre Begrenzung durch Frontale,Parietale, Supratemporale und Postfrontale unter Ausschluß des Post-orbitale ist eine durchaus nicht reptilische. Die sonst als „parapsid"aufgefaßte Schläfenöffnung der Sauropterygier, die von den Therapsidenabstammen, ist nur durch eine verschiedene Ausdehnung des Postorbitalescheinbar anders als bei anderen Synapsiden. Ich habe früher schonhervorgehoben, daß bei gewissen Dinocephalen das Postorbitale sichauch unterhalb der Temporalöffnung verlängert. Die diapsiden Verhält-nisse der Eosuchia mit ihren Abkömmlingen (den Rhynchocephalen undden Archosauriern) sind nicht aus Synapsiden, sondern, wie ich annehme,direkt aus fortschrittlichen Captorhinomorphen der -Ilillerina- Gruppeentstanden, wovon oben die Rede war.

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420 Friedrich Frhr. von Huene,

Angeführte Schriften.

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—: On a new type of primitive fossil reptile from the upper Permian of South Africa.— Proceed. Zool. Soc. London. (B), 108, S. 535-542. London 1938.

—: Some new Karroo reptiles from the Graaff-Reinet District. — Ann. Transvaalflus., 20, 1940.

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1937. — [1937a.]—: Versuch eines Stammbaums der Wirbeltiere. — Eclogae geol. Helv., 29, S. 571

bis 574, Taf. 36, Basel 1937. — [1937b.]

—: Die Frage nach der Herkunft der Ichthyosaurier. — Bull. Geol. Inst. Upsala,27, S. 1-9, Upsala 1937. — [1937c.]

—: Ein aquatischer Zweig der Pelycosaurier. — Palaeont. Z., 22. S. 120-126, Taf. 5bis 8, Berlin 1940. — [1940a.]

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—: Die sEammesgeschichtliche Gestalt der Wirbeltiere. — Pálaeont. Z., 22, S. 55bis 62, Berlin 1940. — [1940c.]

—: Osteologie und systematische Stellung von Mesosaurus. — Palaeontographica,92, A, S. 45-58, Taf. 5-8, Stuttgart 1941.

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bis 252. 3 Taf., Budapest „1926" (erschienen 1930).—: The origin of the frogs. — Trans. R. Soc. Edinburgh, 60. S. 195-232, 1940-

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[1942a.] --: Relationships of some primitive Tetrapods. — Nature, 150, S. 121, 1942. —

[1942b.]

(Urschrift eingegangen am 7. Juli 1942.)

Erklärung zu Tafel 2-1.

Erstmals habe ich die Stammesgeschichte der Wirbeltiere in Palaeont. Z., 18,

1936, Taf. 10 darzustellen gesucht, etwas verbesseeri und vollständiger kam die Dar-stellung in Eclogae geol. Helv., 29, 1936, Taf. 35. 4 Jahre später wurde sie erneut auf

•die Höhe der Zeit gebracht in Palaeont. Z., 22, 1940, Abb. 1 auf S. 56. Hier ist dies vonneuem geschehen und zwar besonders in bezug auf die paläozoischen Tetrapoden, waserst durch die neuere Literatur möglich war. N. B. Die Eosuchia sollten auf der

Darstellung nicht an die Pelycosaurier, sondern direkt an die Captorhinomorpha an-geschlossen sein.

Über die Pflanzen aus dem Tuff des Kohlbergesbei Schmiedeberg nahe Dippoldiswalde (Sachsen).

Von W. GOTHAN, Berlin.

Im Jahre 1882 hat H. B. GEINITZ in der Isis S. 80, Taf. 1, Abb. 1bis 4 eine Mitteilung über Pflanzenreste gemacht, die Dr. WoHL-

FARTH und Lehrer SAUFE im Jahre 1871 gesammelt hatten. Auf Veran-lassung von Prof. K. PIETZScH-Freiberg wurden sie von mir einer erneutenDurchsicht unterzogen. Er wünschte zugleich die Frage beantwortet zuhaben, ob es sich um Rotliegendes oder Stephan handelte. Nach denBestimmungen von GEINITZ liegen die folgenden Pflanzenreste vor:cf. Noeggerathia cuneifolia KUTORGA sp., Walchia piniformis SCHLOT-

BEIM sp., Pecopteris arboreseens SCHLOTH. sp., Schützia anomala GEINITZ,

Calamites sp. und ?Delesserites wohlfartianus GEINITZ (Problematikum,Rieselspur oder dergl.). Auf meine Bitte sandte mir das Zwinger-Museum inDresden die Stücke zu. Wie GEINITZ schon hervorhebt, zeigen die Pflanzenkeinerlei kohligen Überzug. Aus seinen ziemlich problematischen Ab-bildungen sieht man schon, daß die Erhaltung nicht besonders gut ge

-wesen sein kann. Sie war tatsächlich so schlecht, daß die meisten Restesich als unbestimmbar erwiesen. Ich gebe im folgenden die Beschriftung

Page 13: Die Verwandtschaft einiger früher Tetrapoden-Gruppen

P. alaeontologische Zeitschrift, Bd. • 23, 1944

Tafel 24

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VERSUCH EINES STAMMBAUMS DER WIRBELTIEREvon FRIEDRICH VON HUENE

Friedrich Frhr. v. Iluene, Die Verwandtschaft einiger früher Tetrapoden- Gruppen

Sell slverlag der Palaeontologisehen Gesellschaft