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Zeitschrift f. d. gesamte experimentelle Medizin, Bd. 115, S. 82~90 (1949). Aus der Abteilung fiir Krebsforschung des Paul-Ehrlich-lnstituts- Staatl. Anstalt fiir experimentelle Therapie -- Frankfurt a. l~. (Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. B. ALBreCHT). Die Wirkung yon Ultraschallwellen auf Carcinomzellen in vitro. Von CARL DIT~MAR. ~it 5 Textabbildungen. (Eingegangen am I4. Februar 1949.) In einer frfiheren Ver5ffentlichung 1 haben wir fiber die Einwirkung yon Ultraschallwellen auf tierische Tumoren berichtet. Wir konnten .nachweisen, dab die Reaktion des Gewebes auf die Beschallung eine ganz /~hnliche ist wie nach einer Wi~rmesch~digung. Im erster Linie werden die Gef/~Be getr0ffen, die den Tumor versorgen, dureh ihre Sel~digung kommt es dann zu einem Zerfall des Tumors, ganz ~hnlieh wie bei Tumorsch~digungen dutch Chemotherapeutica, durch die aueh meistens primer die Tumorcapillaren und dann erst die Tumorzellen getroffen werdem Schon Tm~sc~ ~ hatte auf die starke Vasculari- sierung des Stromas in den Tumoren selbst und in ihrer Umgebung hingewiesen und GOLI)~A~ 3 kam dann sp/iter bei seiner~ umfassenden Untersuehungen fiber die versehiedensten mensehliehen und tierisehen Tumoren unter anderem zum Ergebnis, dab die Gef/~Bentwicklung in der Wachstumszone, d.h. in der Peripherie eines Tumors, am stark- sten ist und dab aueh gefi~Barme Geschwfilste immer noch zahlreichere Gef~Be enthalten als die normalen Gewebe der betreffenden Tiere an der Bildungsst/~tte der Geschwfilste. I~euerdings konnte ALGIaE 4 den Beweis erbringen, dab die Tumorzellen selbst das umgebende Gewebe stark zur Bildung immer neuer Capillaren anregen und dab die Tumoren zu ihrer Blut~ersorgung sogar noch eine st~rkere Gef~Bentwicklung benStigen als normales regenerierendes Gewebe nach einer Verwundung. Es ist verst/~ndlieh, dab es zu einer Wachstumshemmung und sogar zum Zerfall eines Tumors kommen kann, wenn seine Blutversorgung dutch eine starke Gef/~l]schadigung beeintraehtigt wird wie man sie naeh einer 1/ingeren Beschallung beobachtet, ohne dal] die Tumor- zellen sofort durch die Sehallwellen zerstSrt werden mfissen. D~I] die ZerstSrung yon Tumorzellen im Gewebe dureh die mechanische Wir- kung der Ultraschallwellen unwahrseheinlich ist, konnten wir ia der vorliegenden Arbeit naehweisen, ebenso unter welehen physikalisehen Bedingungen Tumorzellen in Zellsuspensionen zerstSrt werden.

Die Wirkung von Ultraschallwellen auf Carcinomzellen in vitro

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Zeitschrift f. d. gesamte experimentelle Medizin, Bd. 115, S. 82~90 (1949).

Aus der Abteilung fiir Krebsforschung des Paul-Ehrlich-lnstituts- Staatl. Anstalt fiir experimentelle Therapie - - Frankfurt a. l~. (Kommissarischer

Direktor: Prof. Dr. B. ALBreCHT).

Die Wirkung yon Ultraschallwellen auf Carcinomzellen in vitro.

Von CARL DIT~MAR.

~it 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am I4. Februar 1949.)

In einer frfiheren Ver5ffentlichung 1 haben wir fiber die Einwirkung yon Ultraschallwellen auf tierische Tumoren berichtet. Wir konnten .nachweisen, dab die Reaktion des Gewebes auf die Beschallung eine ganz /~hnliche ist wie nach einer Wi~rmesch~digung. Im erster Linie werden die Gef/~Be getr0ffen, die den Tumor versorgen, dureh ihre Sel~digung kommt es dann zu einem Zerfall des Tumors, ganz ~hnlieh wie bei Tumorsch~digungen dutch Chemotherapeutica, durch die aueh meistens primer die Tumorcapillaren und dann erst die Tumorzellen getroffen werdem Schon T m ~ s c ~ ~ hat te auf die starke Vasculari- sierung des Stromas in den Tumoren selbst und in ihrer Umgebung hingewiesen und GOLI)~A~ 3 kam dann sp/iter bei seiner~ umfassenden Untersuehungen fiber die versehiedensten mensehliehen und tierisehen Tumoren unter anderem zum Ergebnis, dab die Gef/~Bentwicklung in der Wachstumszone, d .h . in der Peripherie eines Tumors, am stark- sten ist und dab aueh gefi~Barme Geschwfilste immer noch zahlreichere Gef~Be enthalten als die normalen Gewebe der betreffenden Tiere an der Bildungsst/~tte der Geschwfilste. I~euerdings konnte ALGIaE 4 den Beweis erbringen, dab die Tumorzellen selbst das umgebende Gewebe stark zur Bildung immer neuer Capillaren anregen und dab die Tumoren zu ihrer Blut~ersorgung sogar noch eine st~rkere Gef~Bentwicklung benStigen als normales regenerierendes Gewebe nach einer Verwundung. Es ist verst/~ndlieh, dab es zu einer Wachstumshemmung und sogar zum Zerfall eines Tumors kommen kann, wenn seine Blutversorgung dutch eine starke Gef/~l]schadigung beeintraehtigt wird wie man sie naeh einer 1/ingeren Beschallung beobachtet, ohne dal] die Tumor- zellen sofort durch die Sehallwellen zerstSrt werden mfissen. D~I] die ZerstSrung yon Tumorzellen im Gewebe dureh die mechanische Wir- kung der Ultraschallwellen unwahrseheinlich ist, konnten wir ia der vorliegenden Arbeit naehweisen, ebenso unter welehen physikalisehen Bedingungen Tumorzellen in Zellsuspensionen zerstSrt werden.

Die Wirkung yon Ultraschaliwellen auf Carcinomzellen in vitro. 83

Wit verwand~tem zu unseren Versuchen Carcinomzellen aus Ascites yon M~usen, die in l~ingerlSsung, Ascitesflfissigkeit, Serum, Gelatine- ]Ssungen usw. suspendiert beschallt wurden. Die Apparatur, mit der wir did Beschallung ausfiihrten, wurde uns entgegenkommenderweise yon den Siemens-Reiniger-Werken in Erlangen zur Verffigung gestellt. Die Eigenfrequenz des schwingenden Quarzes betrug 800 kHz, die maximal abgegebene Schalleistung 3--4 Watt/cm 2, Wir untersuchten zun~chst die Abh~ngigkeit der Zellsch~digung yon der Schallinten. sit~t und der Beschallungszeit. Zum Nachweis der gesch~digten Zellen wurde eine verdfinnte ErythrosinlSsung verwandt. Der Prozentsatz der gesch~digten Zellen wurde durch Ausz~hlen in der Z~ihlkammer bestimmt. Erythrosin dringt nut in tote Zeller~ ein und f~rbt vorwie- gend den Zetlkern an; lebende Zellen werden nicht gef~rbt. Auch ohne F~rbung unterscheiden sick lebende Zellen deutlich yon toten durch ihr klares Cytoplasma und ihre scharfen Zcllumrisse. l~ach l~ngerer ]~eschallung enthalten die Suspensionen auch Zelltrfimmer und aus. getretene durch Cytoplasmareste zusammengeballte Zellkerne.

Wenn sich nach dieser Methode auch keine exakter~ Messungen durchftihren lieBen, d~ die ZellzerstSrung schlieBlich eine Ausz~hlung unmSglich macht, so konnten wir doch feststellen, dab der Prozent- satz der toten Zellen nicht gleichm~Big mit der Beschallungszeit an- steigt, sondern nach kurzen Beschallungszeiten werden nur wenige Zellen abgetStet, dann aber tritt, wenn die Beschallungszeit nur wenig erhSht wird, ein pl6tzlicher Zerfall beinahe s~mtlicher Zellen der Suspension ein. Weiterhin war eine deutliche Abh~ngigkeit der Ultra- schallwirkung yon der Menge der Zellen in der Suspension zu beob. achten, indem die Zellen bei kleirmren Zellmengen schon nach wenigen Sekunden durch die Beschallung abget6tet wurden, w~hrend gr6Bere Zellmengen auch nach l~ngerer Zeit kaum davon betroffen wurden. ~hnl~che Beobachtungen hatten B ~ c A ~ I und Doo~o~ 5 bei der H~mo- lyse dutch Ultraschallwellen gemacht.

Wir stellten nun mittels RingerlSsung, Ascitesfliissigkeit und Serum mit oder ohne Zusatz yon viscSsen LSsungen yon Gelatine, Agar, Gummi arabicum Verdfinnungsreihen yon Carcinomzellen her mit bekannten Zellzahlen je Kubikmillimeter, beschallten diese gleich lung bei gleicher Schallintensit~t und untersuchten, bei welchen Zellzahlen der ZerstSrungseffekt noch auftritt und bei welchen nicht mehr. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, werden die Carcinomzellen oberhalb einer scharf begrenzten Zellzahl in der Suspension auch nach l~ngerer Be- schallung kaum angegriffen, w~hrend Suspensionen mit einer unter dieser. Grenze liegenden Zellzahl durch die Schallwellen in wenigen Sekunden zerstSrt werden. Die Grenze liegt, wenn RingerlSsung zur Verdiinnung verwandt wurde, oberhalb 60000 Zellen/mm a (wie aus

6*

84 C~mL DITT~Ag:

zahlreichen Versuchen ermittelt wurde ). Ascitesfliissigkeit, die ver- muttich dutch ihren Eiweil~gehalt die Zellen schiitzt, verschiebt die Grenze auf 40000 mm ~. Eine ~hnliche Wirkung hatte Pferdeserum und vor allem Gelatine, w~hrend viscSse LSsungen yon Gummi ara-

bicum oder Dextrin nicht schiitztem Tabelle 1. Beschallung yon Carci- nomzellen ( Beschallungszeit 30 Sek. ) .

Zellzahl

60000 40000 30000 15000 7500

Zerst6rungseffekt

l i~ l~inger / in 2~scites

+ ; +

+

Zur Kontrolle wurden Zellkonzen- trationen, die oberhalb und unter- halb dieser. Grenze lagen naeh einer Besehallung yon 30 Sek. M~usen in- traperitoneal verimpft und Zwar so, dab die Tiere der 3 Versuchsreihen ebenso wie die Kontrollen, unter Be- riicksichtigung der Verdiimmng die gleiche Zellmengen bekamen. Das Ergebnis war eindeutig: Die Zell-

konzentrationen, die nach der mikroskopischen Untersuchung nur ge- sch~digte Zellen enthielten, gingen auch nicht mehr an, w~hrend die dariiber liegenden Konzentrationen wie bei den Kontrollen noch Ascitesbildung verursachten (Tabelle 2). Damit ist erwiesen, dab die

Zellen/mm s

80000 50000 40000 80000

Tabelle 2. Verimpfung beschallter Carcinomzellen auf .MSus~.

Z~hl ~Ienge]Maus 1 Zahl der ZerstSrung der ~/I~us e cm" Aseitesm~use

]

- 4 0 ,2 4 (4 +) (+) 4 0,3 1 (3 - ) + 4 0,4 t 0 (4 --)

unbeschallt 4 0,2 ] 4 (4 %)

Zellen, die nach der Beschallung mikroskopisch nicht sichtbar ver- ~ndert waren, auch durch die Beschallung nicht gesch~digt ~varen, denn sonst w~ren sie nicht oder wenigste~s im Verh~ltnis zu den Kon- trollen versp~tet angegangen.

In Parallelversuchen mit Erythrocyten aus Hammelblut unter- suchten wir die Abhgngigkeit der Hgmolysezeit yon der Erythrocyten- konzentratio~ bei konstanter Schallintensit~t. lqach Tabelle 3 steigt die H~tmolysezeit bis etwa zur Verdiinnung 1:5 langsam an, dann erfolgt eine VerzSgerung der H~molyse his zur Verdfirmung yon 1:4 und yon da an werden die Erythrocyten erst nach l~ngerer Beschal- lung zum Teil h~molysiert. Die Grenze liegt etwa bei einer Konzen- tration yon 106 Erythrocyten/mm ~. Man hat also bei der I-I~motyse eine ~hnliche Abh~ngigkeit yon der Zellzahl wie bei der ZerstSrung yon Carcinomzellen durch Ultraschallwellen, nur erfolgt die tt~mo- lyse entsprechend der geringeren GrSBe der Erythrocyten gegenfiber

Die Wirkung yon Ultraschallwellen auf Careinomzellen in vitro. 85

den Careinomzellen bei hSheren Erythroeytenzahlen und aul3erdem besteht bei diesen Zahlen keine so scharfe Grenze wie bei den Carei- nomzellen, oberhalb der die Ery throeyten auch nach ]iingerer Be- sehallung nicht mehr h~molysiert werden. I m Zusammenhang damit diirfte die Erscheinung stehen, dab sich die Erythroeyten in gleieh- ms Abst~nden yon etwa 1 m m in der besehallten Fliissigkeits- siiule ansammeln. Dieser Abst, and entspricht bei einer Frequenz yon 800 k t t z etw~ der halben Wellenlgnge der Ultrasehallwellen. Die Stellen sind demnaeh die Druekknoten stehender Ultrasehallwellen.

Wie kommt es, dag die Careinomzellen bei Zellzahlen unter 60 000/ram avon denU]tra- schallwellen zerst6rt werden, w~hrend bei einer Zellzahl von 60000 und dariiber die Ultra- schallwirkung bei nieht zu lan- g e r Beschallung ohne EinfluB ist ~. Bereelmet man fiir eine Zellzahl yon 60000/mm a den mitt leren Abstand der Carei-

Tabelle 3. Hdmolyseversuche n i t Ultraschall.

Verdiinnungs- Erythrocyten ttfimolysozeit grad je mm ~

1:2 1:3 1:4 1:5 1:6 1:8 1:10

2000000 1300000 1000000

800000 650000 500000 400000

} 4 Min. } 4 Min.

48 Sek. 15 Sek. l0 Sek. 8 Sek. 5 Sek.

nomzellen in der Suspension, so ergibt sich, dug die Zellen sieh gerade beriihren. Die Beriihrung erfolgt dann, wenn der Gesamtinhalt der die 60000 Zellen einschliegenden Wiirfel gerade 1 mm 8 ist. Nach der Reehnung* s t immt das annghemd, wenn man den mitt leren Dureh- messer der Careinomze]len zu 25 # annimmt, wobei allerdings beriiek- sichtigt werden mul3, dab die Durehmesser zwischen 20/t und 30/~ schwanken n i t der gr5ftten Hgufigkeit bei 25 # und dab die Zellen nur armghernd Kugelform haben.

Bei der Ultrasehallh~molyse liegen die Verh~Lltnisse ~ d e r s . Die Ery throey ten beriihren sich bei einer Grenzkonzentration yon l06 nicht, ihre Zahl je Kubikmil l imeter mtiBte in diesem Falle 10real so hoeh sein. DuB die Ery throeyten t rotzdem yon einer Zahl yon 10~/mm 3 an nur langsam hamolysiert werden, diirfte damit zusammenh/ingen, dal3 sie sich in den Druekknoten zusammendrangen und dadureh vet der tti imolyse geschiitzt werden, w~thrend in den dazwischen liegenden Zonen eine Hamolyse erfolgt, Zugabe yon Gelatine ermSglieht eine Stabilisierung der Verdiehtung der Ery throcyten in den Druekknoten durch ErhShung der Viseosit~t des Mediums, man kann dann diese eigen- artige Erseheinung photographiseh festhal tea (Abb. 1). Aul3erdem

* d~n = ]5,6.10 -6. 6. l0 t = 0,936 mm 3.

d Durchmesser der Carcinomzellen (25/@ n Zahl der Careinomzellea je K~ubikmillimeter (6. 104). z. exper. ~Ied., :Bd. 115. 68,

86 CA~L DITT~IA~:

muf~ die Gelatine aueh sonst noeh die Zellen gegen die mechanisehe ZerstSrung dutch dig Ultrasehallwellen sehiitzen. Naeh Tabelle 4 und 5

Abb. I. Besehalhmg einer Suspension yon Erythrocyten. Die Erythroeyten sammeln sich an den Druekknoten der stehenden

Wellen an.

Tabelle 4. Hiimolyse unter Zusatz von Gelatine (1%).

Verdfinnunffs- Ery th roey ten grad j e m m " ttfimolysezoit

1:8 1:16 1:24 1:32

500000 250000 166000 130000

2Min. 2Min.

30 Sek. 30 Sek.

Tabelle 5. Hiimolyse in GelatinelSsungen von verschiedener Konzentration.

Erythrocy ten- Ge/atinegehalt H~molysezeit zahl /mm" %

0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25 0,25

10 s lO s lO s lO s lO s l0 s 10 s l0 s l0 s l0 s lO s

1,6 0,8 0,4 0,2 0,1 1,6 0,8 0,5 0,4 0,2 0,1

2 Nin. 2 Min.

22 Sek. 15 Sek. 5 Sek.

t 2 Min. 2 3/Iin.

18 Sek. 10 Sek. 6 Sek. 3 Sek.

genfigt zur Verhinderung der H/~molyse schon die Zugabe einer sehr kleinen Gelatine- menge zum Medium und naeh Tabelle 6 werden auch Carci- nomzellen durch Gelatine ge- schiitzt. Wesentlich fiir dieserL Sehutz diirfte die Verminde- rung der Relativgeschwindig- keit des Ultrasehalls im Milieu und im den Zellen sein, wodurch sich eineVerringerung der gegen- seitigen meehanischen Krgfte ergibt, die zerstSrend auf die Zellen wirken. Da aber schon geringe Gelatinemengen genii- gen, um diesen Effekt auszu- 15sen, miissen noch andere Fak- toren mitspiele~, vermutlich wird die Zellmembran direkt dureh eine Verdiehtung ihrer Struktur gegen die Einwirkung der Ultrasehallwellen geschfitzt.

Mit diesen Erseheiaungen dfirften aueh die Beobaehtun. gen yon SH~Aa 6 fiber Volum- veri~nderungen vonTumorzellen zusammenhi~ngen : SI~A~ be- sehreibt~ eine merkwiirdige, nieht auf eine Hypotonie des Auger~mediums zuriickffihrba.re Quellungserseheinung, die f f i r Tumorzellen eharakteristiseh ist. Werden Tumorzellen l~n- gere Zeit in einem eiweiBfreien Milieu aufbewahrt, so bilder~ sieh unter der Zellmembran, oft an mehreren Stellen der Membran gleiehzeitig, Blasen,

durch welche die Membran immer welter ausgedehnt wird, bis sie sich schlieglich vom Cytoplasma abhebt. Der Grad der Quellung ist

Die Wirkung yon Ultraschallwellen auf Carcinomzellen in vitro. 87

unabh~ngig yon der Ionenzusammensetzung des Augenmediums mid in gewissen Grenzen aueh yon seinem 10H. Eine Quellung kommt sogar zustande, wenn das Augenmedium stark hypertonisch ist, sie wird nur darm verhindert, wenn sieh Proteine in hSherer Konzentrat ion im Medium befinden. Serum and Aseitesfliissig- keit verz6gern sehon die Quellung, wirksamer noeh sind Plasma und Gelatinel6sungen, dagegen sehiitzen Agarl6sungen nieht. Diehte und Vis- eosit/~t des Augenmediums seheint daher ohne Bedeutung zu seim Naeh

T~belle 6. Beschallung von Carci- nomzellen mit Gelatinezusatz (2%).

Zel lzah l ]mra 8

80000 40000 20000 10000 5000

Zerst6rungseffek~

ohne m i t Ge la t ine Gela t ine

der Annahme yon S~]~au 6 befinden sieh in den Zellell hydrophile Kolloide, die Zellmembran soll semipermeabel sein, so dag dureh diese Membran mehr Wasser in die Zelle hineinstr6me als aus ihr heraus,

Abb . 2. Que l lungse r sche inungen bei Carc inomzel len nach schwache r BeschaI Iung .

hydrophile Kolloide in dem AuBenmedium sollen dies durch ihre Wasserbindnng verhindern, l~ber die Art der hydrophilen Kolloide in der Zelle und wo sie lokalisiert sind, maeht SgEAg keine n~heren Angaben.

Wit fanden nun, dab diese Blasenbildung bei Careinomzellen dureh Besehallung besehleunigt wird und stgrker auftr i t t als bei nieht be- sehallten Zellen (Abb. 2). Es gelang uns in einem Fall bei einer

8 8 CAI~L DITT~AR :

Carcinomzelle, die beschallt wurde, die Vorg~nge der Blasenbildung bis zur Abhebung der Zellmembran in Dunkelfeldaufnahmen festzu- halten. Abb. 3 zeigt die Zelle vor der Blasenbildung. Die Zelle

ist schwer geschi~digt, an der eingezogenen Zellmembran erkennt man, da$ das Cyto- plasma geschrumpft ist, der Zellkern dagegen seheint noeh intakt zu sein. AuffKllig sind die regelmgBigen hellen K6rn- cheneinlagerungen in die Zell- membran. Auch die Mere- bran der nieht geseh~digten Zellen hat eine solehe Struk- tur. Auf Abb. 4 beginnt die Blasenbildung. Die Blasen sind keine Vacuolen, die im Cytoplasma entstehen wtir- den, sondern sie bilden sich unter der Zellmembran. Das letzte Stadium stellt Abb. 5 dar: die Membran hat sich yore Cytoplasma gelSst. An der Grenze des Cytoplasmas gegen den mit Flfissigkeit gefiillten l~aum zwischen Cy- "toplasma und der Membran bilden sieh an versehiedenen Stellen neue kleine Blasen. Die Blasen entstehen dutch die Quellung stark hydrophi- let Substanzen, die der Zell- membran eingelagert sind und aueh im Cytoplasma an Zell- organellen gebunden vor- kommen. Wahrseheinlieh sind

Abb. 3--5. Ver&nderung einer Carcinomzel/e die Zellorganellen identisch nach schwacher Beschallung.

mit den Mitoehondrien. ZOL- LINaER 7 konnte neuerdings naehweisen, dab die Mitochondrien eben- falls eine Membran besitzen. Bei freien Mitoehondrien hebt sieh dutch die Quellung die bisher nieht siehtbare Membran bliischenf6rmig ab. Bei der triiben Sehwellung der Nierentubuli kann man aueh in den Nierenzellen mit ttilfe des Phasenkontrastmikroskops eine /~hnliehe Quellung der Mitoehondrien beobaehten.

Die Wirkung yon Ultraschallwellen auf Carcinomzellen in vitro. 89

Welche Substanzen in der Zelle so starkes WasserbindungsvermSgen besitzen, ist schwer zu entscheiden. Wir vermutea, d~l~ es sich dabei um hydrophile Phosphatide wie Lecithin, Kephalin und Sphingo- myelin handelt, deren starke Quellnngsfiihigkeit schon lang bekannt ist, unter dem ~amen ,Myelinfiguren" wurden solehe Quellungspro- dukte aus diesen Lipoiden beschrieben. DaI~ hydrophile Lipoide in der Membran der Krebszellen vorkommen, laBt sich durch einen Farb- stoff nachweisen. Irisblau (ein Oxazinfarbstoff) hat naeh SPEK s die Eigenschaft nur solche Substanzen ~nzufiirben, die gleichzeitig hydro- phil und lipophil sind, dies trifft nur fiir die erw~hn}en Lipoide zu, die d~nn im Gegensatz zu anderen Zellbestandteilen eine sch6ne rote Fluorescenz zeigen. Wie die Lipoide in die Zellmembran eingelagert sind, ist auf den Dunkelfeldaufnahmen nicht ohne weiteres erkennbar. M5glicherweise sind die hellen Granula, in der Membran Lipoide. Mit grSBerer Wahrscheinlichkeit ist jedoch bei dem Aufl6sungs- vermSgen des Ultramikroskops die feinere Struktur der Lipoidein- lagerung in die Zellmembran noch nicht darstellbar. Dazu w~ren elektronenoptische Aufnahmen notwendig, wie sie WOL]'~s 9 yon der Erythrocytenmembran gemacht hat. Mit dieser Me~hode konnte der Nachweis erbracht werden, da$ die Membran der Erythroeyten aus einem Geriistwerk l~ngf~diger EiweiSteile besteht, dem Lipoide als Zwischensubstanz eingelagert sind. l~immt man eine iihnliche Struktur auch fiir die Zellmembran der Krebszellen an, so mul~ hier die Bindung zwischen den Eiwei[tmicellen und den Lipoiden besonders locker sein, denn die Blasenbildung, die auf der Quellung hydrophiler Lipoide beruht, ist unter der Membran yon Krebsze]len starker als bei normalen KSrperzellen. Damit dfirfte auch die erhShte Ionenpermeabiliti~t der Krebszellen im Zusammenhang stehen. Die leichte Durchli~ssigkeit der Zellmembran der Krebszellen ffir bestimmte Ionen aul~ert sich n~ch WATERMA~ ~~ in einer Erniedrigung der

Po]arisation Konstante Widerstand" Der Schutz, den Proteine des Mediums,

vor allem solche mit st~bchenfSrmigem Bau wie Gelatine und Fibrinogen, der Zelle gewghren, wgre dann durch eine Verfestigung der Struktur der Zellmembran zu erkliiren, durch wclche die Quellung hydrophiler Lipoide verhindert wird. Eine ~hnliche Schutzfunktion diirfte die Gelatine auch bei der Beschallung haben, die eine Auf- lockerung der Zellmembran znr Folge hat.

Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen zus~mmen, so erscheinen uns 3 Punkte fiir den Wirkungsmechanismus yon Ultra- schallwellen yon Bedeutung zu sein:

1. Bei kurzer Beschallung werden Carcinomzellen mechanisch nicht zerst6rt, wenn sic sich gegenseitig beri~hren. Nach l~ngerer Beschallung kann eine Zellschigdigung durch die dabei auftretende Wgrme erfolgen.

90 CAnL DIT~IAI~: Wirkung von Ultraschallwellen auf Careinomzellen in vitro.

I m Zellverband in vivo beschallte Zellen kSnnen auBerdem sekund~ir durch eine Ge/di]3schtidigung in ihrem W a c h s t u m beeintr~chtigt werden.

2. Proteine yon st~bchenfSrmigem Bau wie Gelatine, Fibr in u. a. schfitzen Carcinomze]len gegen die mechanische Wirkung der Ultra- schallwellen auch wenn die Zellen sich nicht beriihren.

3. Der mechanischen ZerstSrung der Zellen geht bei kurzer Be- schallung eine starke Blasenbildung un te r der Zel lmembran voraus.

Diese Beobaehtungen sprechen dafiir, da~ sich die Ultrascha]]- wirkung an der Grenzfl/s der Zelle abspielt. Denn zuerst wird die Zel lmembran und dann erst das Cytoplasma betroffen, der Zellkern bleibt am l~ngsten erhalten. Wie wenig das Inhere der Ze]le bei einer geeigneten Versuchsanordnung dureh Ultraschallwellen geseh/idigt wird, konnte F. O. SCI~MITT n zeigen, er benutz te feine Glasnadeln als Sehalleiter, durch Einstechen dieser Nadeln in die Ze]len i ibertrug er Ultrasehallwe]len in das Zellinnere yon AlaaSben und Seeigeleiern. Obgleich der Zellinha]t w/s einer Beschallung so durcheinander gewirbelt wurde, dal~ keine S t ruktur in der Zelle mehr zu erkennen war, wurden die Organismen dadurch nicht geschiidigt. Nach Heraus- ziehen der 2qadel aus der Zelle bildete sieh die urspriingliche Zell- s t ruk tu r zuriick und befruchtete Seeigeleier entwiekelten sieh sogar spgter zu norma]en Embryonen . D a r u m n immt auch SCHMITT an, da~ der ZerstSrung der Zellen Ver~nderungen der Zel lmembran iln Sinn einer erhShten Diffusibilit/~t als Folge der kolloidehemisehen En tmischung ihrer Sfiruktur dutch Ultraschallwelle11 vorausgehen. An Pflanzenzel len war dies aueh nachzuweisen 12. Wi t glauben, dal~ unsere Untersuchungen an Careinomzellen such ftir eine so]che Wirkung des Ultrasehal ls sprechen.

I~iteratur. 1 DIe,MAR: Strahlenther. 78, H. 2 (1948). - - 2 T~IEI~SCH: Der Epithelkrebs,

namentlich der Haut. Leipzig 1865. - - ~ GOLDfCIAI~IN: Studien zur Biologie b6s- artiger Neubildungen. Tiibingen 1911. - - Beitr. klin. Chir. 7"2, 1 (1911). - - 4 ALGII~E: J. nat. Cane. Inst. 4, 53 (1944). - - s BIA~CA~I et DOG~OS: C. r. Aead. Sci. Paris 194, 2168 (1932). - - 6 S~IEAI~: Amer. J. Cane. 9~2, 771 (1935). - - 7 ZOL- LI~OEI~: Experientia 4, 312 (1948) . - s SPE!~: Protoplasma (D.) 27, 49 (1942) . - s WOLPEI~S: 1kTaturw. 29, 416 (1941). --~0 WATEg~A~: Z. ,Xrebsforseh. 19, 101 (1923). - - n Sell,IT% F. 0.: Protoplasma (D.) 7, 332 (1929). - - ~s S c l ~ I ~ u. UI~LE_W~Y~I~: Proc. Soc. exper. Biol. a. Med. (Am.) 27, 626 (1930).

Dr. reed. CARL DITT~AR, (16) Frankfurt a. M., Paul-Ehrlich-Stra~e 42-44.