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Die Zukunft der Austauschverh~ltnisse Ton Colin Clark~ Brisbane ,,D e r E e o n o m i s t" ist zwsifellos eine bewundernswerte Zeit- sehrift. Und in den (nicht sehr haufigen) Fallen, wo er irrt, bringt er es fertig, bewundernswert unrecht zu haben. So z. B. in der am 14. Mat 1949 abgedruckten Feststellung, dal~ ,,in nicht allzu langer Zeit der normale Zustand wiederkehren und das Angebot an Nahrungsmitteln auf dem Weltmarkt eine chronische Tendenz zeigen wird, die wirksame Naehfrage nach ihnen zu iibersteigen". Es ist richtig, dal~ diese Ansicht scheinbar von zahlreichen Eng- landern aller politischen und wirtschaftliehen Richtungen geteilt wird. Denn so lange haben die verschiedensten Lander der Welt sich um das Vorrecht beworben, sis mit billigen Nahrungsmittsln zu versorgen, daft sie gewShnt sind, diese Marktsituation als ,,normal" zu betraehten. In anderen Landern indessen, die im hohen Masse von Nahrungsmittet- importen abhangig sind, wie in Belgien, Japan und Wrestdsutsehland, seheint eine weitaus realistischere Haltung vorzuherrschen. Professor Dennis R o b e r t s o n hat die Situation richtiger ein- gesch~tzt. Er schrieb (in ,L 1 o y d's B a n k R e v i e w", Juli 1949) : ,,Wie stark und dauerhaft auch die Krafte sind, die es -- wie korrekt die Geldpolitik auch sein mag -- der industriellen BevSlkerung West- europas immer mehr ersehweren, aus Ubersee die benStigte Nahrung ffir ihre eigenen verwShnten Magen sowie ffir ihre unersattlichen Maschinen zu verdienen . . . Wir sollten vielleicht das Aufkommen der revolutionaren Idee vorausgesehen haben, daft sich eines Tages 1000 Millionen Asiaten in den Kopf setzen kSnnten, genug zu essen zu haben." In einem kurzen Aufsatz dieser Art mul~ ich es mir versagen, diese Fragen erschSpfend zu behandeln. Alles, was ich mir vornehmen kann, ist, der Konferenz Zahlen zu unterbreiten, die die relevanten GrSRenordnungen aufzeigen, damit die Teilnehmer imstande sind, in ether sehr allgemeinen Art zu entscheiden, ob Professor R o b e r t s o n s und meine Schlufifolgerung (soferne ich Einverstandnis mit ihm bean- spruchen darf) richtig sind. Professor R o b e r t s o n ist (soviet ich weifi) nicht fiber die allgemeine, oben angeffihrte Feststellung hinausgegangen. Was mich betrifft, so mSchte ich ~ ohne ihn blofizustellen ~ sagen, daR ich mehr oder weniger an den Sehlul~folgerungen von ,,T h e E c o n o-

Die Zukunft der Austauschverhältnisse

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Die Zukunft der Austauschverh~ltnisse Ton

Colin Clark~ Brisbane

, ,D e r E e o n o m i s t " ist zwsifellos eine bewundernswerte Zeit- sehrift. Und in den (nicht sehr haufigen) Fallen, wo er irrt, bringt er es fertig, bewundernswert unrecht zu haben. So z. B. in der am 14. Mat 1949 abgedruckten Feststellung, dal~ ,,in nicht allzu langer Zeit der normale Zustand wiederkehren und das Angebot an Nahrungsmitteln auf dem Weltmarkt eine chronische Tendenz zeigen wird, die wirksame Naehfrage nach ihnen zu iibersteigen".

Es ist richtig, dal~ diese Ansicht scheinbar von zahlreichen Eng- landern aller politischen und wirtschaftliehen Richtungen geteilt wird. Denn so lange haben die verschiedensten Lander der Welt sich um das Vorrecht beworben, sis mit billigen Nahrungsmittsln zu versorgen, daft sie gewShnt sind, diese Marktsituation als ,,normal" zu betraehten. In anderen Landern indessen, die im hohen Masse von Nahrungsmittet- importen abhangig sind, wie in Belgien, Japan und Wrestdsutsehland, seheint eine weitaus realistischere Haltung vorzuherrschen.

Professor Dennis R o b e r t s o n hat die Situation richtiger ein- gesch~tzt. Er schrieb (in , L 1 o y d's B a n k R e v i e w", Juli 1949) : ,,Wie stark und dauerhaft auch die Krafte sind, die es - - wie korrekt die Geldpolitik auch sein mag - - der industriellen BevSlkerung West- europas immer mehr ersehweren, aus Ubersee die benStigte Nahrung ffir ihre eigenen verwShnten Magen sowie ffir ihre unersattlichen Maschinen zu verdienen . . . Wir sollten vielleicht das Aufkommen der revolutionaren Idee vorausgesehen haben, daft sich eines Tages 1000 Millionen Asiaten in den Kopf setzen kSnnten, genug zu essen zu haben."

In einem kurzen Aufsatz dieser Art mul~ ich es mir versagen, diese Fragen erschSpfend zu behandeln. Alles, was ich mir vornehmen kann, ist, der Konferenz Zahlen zu unterbreiten, die die relevanten GrSRenordnungen aufzeigen, damit die Teilnehmer imstande sind, in ether sehr allgemeinen Art zu entscheiden, ob Professor R o b e r t s o n s und meine Schlufifolgerung (soferne ich Einverstandnis mit ihm bean- spruchen darf) richtig sind. Professor R o b e r t s o n ist (soviet ich weifi) nicht fiber die allgemeine, oben angeffihrte Feststellung hinausgegangen. Was mich betrifft, so mSchte ich ~ ohne ihn blofizustellen ~ sagen, daR ich mehr oder weniger an den Sehlul~folgerungen von ,,T h e E c o n o-

C. Clark: Die Zukunft der Austa~schverh~iltnisse 391

m i c s o f 1 9 6 0" (geschrieben 1940/41) festhalte, wo ich voraussagte, daii sich die Austauschverh~iltnisse bis zum Jahre 1960 gegenaber der Basisperiode 1925 bis 1934 um einen Faktor yon 1,9 zugunsten der Landwirtschaft verschoben haben werden. Ich mSchte ~etzt noch hin- zuffigen, dalt ich glaube, die gleichen Austausehverhiiltnisse werden bis zum Jahre 1970 vorberrsehen - - fiber diesen Zeitpunkt hinaus habe ich noch keine Voraussage versucht.

Zur Zeit, als dieses Buch geschrieben wurde, war das Zukunfts- bild durch die Miiglichkeit verdfistert, die Welt kSnnte in eine Anzahl ~ener m~iehtigen, in den Drei~igeQahren viel diskutierten ,Wirtschafts- blocks" (,,trading blocs") gespalten werden, die untereinander nu t ge- riugen wirtschaftlichen Verkehr pflegen. Eine solche Situation wfirde die Schluitfolgerungen aber die Austauschverh~ltnisse im Weltdurch- schnitt nur wenig i~ndern, obgleich wir stark versehiedene Austausch- verh~Itnisse innerhalb der einzelnen Blocks erwarten miil~ten.

Wir haben nun einerseits eine vollst~indige tsolierung des Rubet- blocks, wiihrend ftir die fibrige Welt Anzeichen bestehen, daft sie einen welt einheitlieheren Weltmarkt bilden wird, als die meisten yon uns vor 10 Jahren erwarteten. Wir kSnnen nicht voraussagen, ob der Rubelblock isoliert bleiben oder ob er wieder wirtschaftliche Be- ziehungen mit der iibrigen "Welt aufnehmen wird. Aber fa r die abrige Welt ist die wirklich interessante Frage der Fiinfzigerjahre, ob wir einen ann~ihernd einheitlichen Kapitalmarkt haben werden. Eine ver- nanftige und ausgeglichene Entwicklung der Weltwirtschaft erfordert grolie Kapital transfers vorwiegend yon den USA, den britischen Dominien und Westeuropa (~a Westeuropa) ns, ch Lateinamerika und Indien. Ieh habe dariiber eine ziemlich optimistische Ansicht. Solche Bewegungen warden natar l ich und raseh stattfinden, wenn es einen ann~ihernd freien Kapitalmarkt giibe. Wiirden sie durch politische Faktoren verhindert - - Unsieherheit oder Miltwirtschaft in den Schuldnerliindern, Vergeudung der Ersparnisse oder Unterbindung der Spart~tigkeit in den Gliiubigerliindern -- , kSnnten wir weitaus ungfinstigere Austauschverhiiltnisse erhalten als ich voraussah. Aber falls irgendwer glaubt, dal~ er die internationale Kapitalbewegung erschweren kSnnte mit dem Ziel, die Austausehverhiiltnisse zu seinen Gunsten zu veriindern, mSge er sieh von mir warnen lassen, daIt er einen zeitweiligen Vorteil um den Preis einer wahrscheinlich nicht wieder zu beseitigenden Teilung der Welt in Besitzende und Habe- nichtse mit Arbeitslosigkeit und Krise auf der einen Seite, Inflation und Autarkie auf der anderen Seite und einer unvermeidlichen Ex- plosion am Ende erkauft.

Die erste GrSl~enordnung, mit der man sich besch~iftigen mul~, ist das Wachsen der WeltbevSlkerung. Gewiit mult das BevSlkerungs- wachstum keine entscheidende Rolle spielen. Beviilkerungsiinderungen kSnnen ohne ~ede Wirkung auf den Weltmarkt sein, wenn sie sich in

392 C. Clark:

einem Land voltziehen, das eine primitive oder gerade den tebensnot- wendigsten Bedarf deekende Wirtschaf t besitzt oder selbst in einem fortgeschrittenen Lande, das sich freiwillig wirtschaItlich abschliel~t. Aber vergessen wir nicht, dal~ wir versuchen, 10 oder 20 Jah re voraus- zusehauen. In einem so langen Zeitraum miissen wi t mit der MSgtich- keit rechnen, dat~ L~nder ihren Isolat ionismus verlassen oder ihre Wir tschaf t ffihlbar iiber das Existenzminimum hinaus entwickeln, wenn sie unter wirtsehaftl ichem Druck dazu gezwungen sind.

Der Leser braucht nicht China yon den ~Vachstumszahlen der WeltbevSlkerung abzuziehen, da es in den untenstehenden Ergebnissen bereits ausgeschieden wurde. China hat nicht nur eine Wirtschalt , die kaum den lebensnotwendigsten Bedarf deckt; es miissen auch viele J a h r e verstreichen, ehe sie tiber dieses Stadium hinauswachsen kann, so sehr fehlt es ihm an Transportmit te ln and allen anderen notwen- digen Bedingungen fiir einen wirtschaftl ichen Aufschwung. ~STfirden wit die chinesischen Zahlen tats~chlieh einbeziehen, mfil~ten wir unsere Sch~tzungen der Wachstumsra te der WeltbevSlkerung h e r a b- setzem Ich folge bier den beiden sorgf~ltigsten Demographen, C a r r, S a u n d e r s und W i 1 c o x, die sch~tzen, dal~ die chinesische Bev51- kerung seit 1850 stat ioner geblieben ist, wenn nicht abgenommen hat.

Die WeltbevSlkerung, ohne China, stieg ziemlich gleichm~fiig im Ausmal~ yon 0, 95% pro J ah r von 1850 bis 1914. Seit 1940 betrug die Wachstumsra te etwas fiber 1,1~o pro Jahr , wobei erwartet wird, dal~ sie in der Periode 1950 bis 1970 bereits t ,125~ pro J a h r erreichen wird. L~berall, mit Ausnahme yon Afrika, f~llt die Reproduktionsrate; fiberall0 ausgenommen in einigen L~ndern Westeuropas (die nun einen stationi~ren Zustand erreicht haben), f~llt die Sterblichkeitsrat~ schneller. Die Verluste des Krieges (etwa 30 Millionen aul~erhalb Chinas) wurden vollkommen wettgemaeht durch zusi~tzliche Geburten w~hrend des Krieges, und die Wachstumsra te der BevSlkerung in den Jah ren 1940 bis 1950 war tats~chlich grSt~er als in den Jahren 1930 his 1940. Der einzige st~rkere Riickschlag der Waehs tumsra te der ~VeltbevSlkerung in neuerer Zeit fiel in die Dekade 1910 bis 1920 - - in der Hauptsache nicht wegen der Kriegsverluste des ersten Weltkrie- ges (einige 10 Millionen), sondern vielmehr wegen der Typhus- und Grippeepidemien in dieser Periode, die weitaus mehr Menschen tSteten. Im Jah re 1920 war die WeltbevStkerung kaum hSher als im Jah re 1913. Die Unterbrechung der natiirlichen Wachstumsra te der Welt- bev51kerung hat wahrscheinlich z~t der langfrist igen Bewegung der Austausehverhal tnisse zu Ungunsten der Landwir tschaf t beigetragen, die im Jah re 1925 begann.

Es wird demnach erwartet, dag die ~TeltbevSlkerung (ausgenom- men China) in den Jahren 1950 bis 1970 um 25Z steigt. Diese Zahl ist das Ergebnis s tark abweichender Raten in verschiedenen Regionen, wie aus folgendem ersichtlich ist:

Die Zukun~t c~er Austauschverhaltnisse 393

Y~ USA, Kanada, Stidafrika ca. 10~15 Westeuropa ca. 5 Osteuropa, Indien ca. 15 J apan ca. 20 Australasien, Lateinamerika, Afrika,

iibriges Asien ca. 50

Innerhalb der letzten Gruppe wird eine betrgchtliche BevSlke- rungswanderung nach Late inamer ika und Australas ien erwartet, wah- rend aul~erordentlich hohe nattirliehe Wachs tumsra ten noch in Afr ika und Sfidost- und Sfidwestasien (nnd eine ziemlich hohe Rate in La- teinamerika) vorherrschen werden. In Indien and Japan sowie in Rug- land lassen Anzeichen erkennen, dal~ die Reproduktionsrate bereits betrachtlich gefatlen ist.

Die ~Virknng dieses BevSlkerungswachstums anf die Austausch- verhaltnisse hangt gewit~ davon ab, in welchem Matte die einzelnen nNionalen Volkswirtschaften mit dem Wel tmarkt verbunden sind. Aber selbst die einfachen Volkswirtschaften haben gegenwgrtig Ex- portfiberschfisse an Nahrungsmit teln und Rohstoffen, die zur~iek- gehen kSnnten, wenn ihre BevSlkerung zunimmt.

Wie steht es nun mit der potentiellen Zunahme der landwirtschaft- lichen Produktivitfi.t? Betraehten wir zanachst n u t t e c h n i s c h e Verbesserungen, d. h. das Steigen der Produktion, wenn der Einsatz sowohl yon Land als auch yon Arbei tskraf ten gleichbleibt. Ffir euro- p~isehen Lander (ebenso Japan) hat es den Anschein, dal~ die techni- sche Produktivi ta t mn 1½% pro J a h r steigen kann. F a r USA nnd Austral ien betragt die Zahl 2~ oder mehr. Uber diesen normalen Anf- wgrts t rend hinaus ist in den USA die Produkt ion pro Arbeitsstunde im Zei t raum 1940 bis 194L6 um fiber 40~ gestiegen. Professor S e h u 1 t z yon Chicago hat geurteilt, dal~ sich die amerikanische Landwir tschai t wahrend der Dreigiger~ahre in einem Zustand befand, der am besten mit dem aus der Chemic stammenden Wor t , ,~bersat t igung" beschrie- ben werden kann - - bitlige Arbeit war in ungewShnlichem Uberl lng und eine gewisse Erseha t te rung war notwendig, damit sich das System in einer eehten Gleichgewichtslage kristallisierte. Der Rfickstand vieler Jahre wirtschaftl ich mSglicher Mechanisierung wurde wahrend des Krieges aufgeholt. Professor S c h u 1 t z ffigte hinzu, dag eine solche Entwieklung ihrer Natur naeh kaum wiederkehrt; auch in anderen Stuaten hat sic nicht stattgefunden.

Von anderen Kontinenten wissen wit, dal~ technische Verbes- serungen in der Landwir tschaf t durchgeffihrt wurden, besonders in Lgndern mit einem hoeh entwickelten Augenhandel wie Java, Ceylon, die Goldk~iste und Zentralamerika. Wir haben aber nicht gen~igend Unterlagen, ihr Ausmat~ zu messen. Indien verfagt t~ber gentigend Statistiken, die zeigen, dag eine Verbesserung der landwirtsehaftlichen

394 C. Clark:

Produktivit~t so gut wie tiberhaupt fehlt. Es scheint klar, daR Ver- besserungen der landwirtschaftlichen Technik nicht unter der land- wirtsehaftlichen Beviilkerung verbreitet werden kSnnen ohne ein ge- wisses Niveau an Allgemeinbildung und eine Intensivierung yon Transpor t und Handel. Die Wirtschaftsplaner mSgen dies im Auge behalten.

Es ware jedoch verfrfiht zu beurteilen, ob wir hoffen dtirfen, die Rate des technischen Fortschrit tes in der Landwirtschaft im Welt ~ durchschnitt um fiber 1~ pro Jah r steigern zu kSnnen, damit sie mit der Waehstumsrate der WeltbevSlkerung Schritt h~lt. Wenn wir China, Afrika, Siidostasien und Lateinamerika aus unserer Rechnung aus- scheiden, vermindern wit die Wachstumsrate der BevSlkerung auf 1~ und kSnnen (selbst einschliel~lich Indiens) eine Rate des tech- nischen Fortschrittes yon 1 ~ pro Jah r aufzeigen. Ist damit unser Problem geliist? Keineswegs.

Bisher haben wir das Angebot an landwirtschaftlichen Arbeits- kr~ften als konstant angenommen. Praktisch sinkt es jedoch mehr oder weniger stark in allen Staaten. In den USA ist es in der letzten De- kade um 20Z zurfickgegangen, in D~nemark fast um 30Z. Die Ar- beitslosigkeit in den Dreil~igerjahr~en verlangsamte kiinstlich die nor- male Rate tier Landflucht (und half damit, die ffir die Landwirtschaft ungtinstigen Austauschverhi~Itnisse aufrecht zu erhalten). In den westlichen Landern beobachten wir, wie sich der Rfickgang der land- wirtschaftlichen Arbeitskri~fte nach 1914 mit der weiteren Verbrei- tung yon Zeitungen, Radioapparaten, Schulen, Autobussen, Militi~r- dienst und allen anderen Mitteln der sozialen Gleichschaltung be- schleunigte. Wir dfirfen wohl annehmen, dalt die gleichen Faktoren bald anderswo wirksam werden, entweder erzwungenermaiien wie in RuRland (wo die landwirtschaftliche BevSlkerung in den Jahren 1926 bis 1939 um 17Z vermindert wurde) oder ffeiwillig wie in .Japan( wo die landwirtschaftliche BevSlkerung in den DreiRigerJahren um 1Z pro J ah r r id) . Es hi~ngt yon der Schnelligkeit ab, mit der sl~dtische Industrien aufgebaut werden kSnnen und dies h~ngt wieder - - wie bereits festgestellt wurde - - in vielen Li~ndern yon der E infuhr yon Kapital ab. Aber in den reichen Liindern scheint eine fortschreitende Abnahme des Potentials an landwirtschaftlichen Arbeitskri~ften nahe- zu eine Gewiltheit, wenn nicht und solange nicht weitaus bessere Aus- tauschverhaltnisse, als wir sie bisher gekannt haben, die Bewegung umzukehren beginnen.

Ein weiterer Punkt sollte nicht tibersehen werden: Zu den st~dti- schen Errungenschaften, die der Landarbeiter nun ffir sich bean- sprucht, zi~hlen auch die kfirzere Arbeitswoehe und der gelegentliche Urlaub. Ftir Frankre ich hat M. C o u t i n geschi~tzt, dalt in den Jah- ren 1906~46 die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 34%Z zu- riickging, w~hrend gleichzeitig das Angebot an landwirtschaftlichen Arbeitskr~ften um 23½ ~ abnahm.

Die Zukunft der Austauschverhaltn~s.se 395

Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Rohstoffen pro Kopf der BevSlkerung wachst. Das Realeinkommen pro Kopf steigt im all- gemeinen im Ausmal~ von 1½~ pro Jahr in Europa und um 2~ pro Jahr in Nordamerika. Die Einkommenselastizitat der Nachfrage nach Nahrungsmitteln wurde yon Mr. S t o n e ffir die USA auf nicht weni- get als 0,59 geschhtzt, und dieses Resultat wird durch internationale Vergleiche sowie durch Studien fiber Haushaltsausgaben in den USA und anderswo best~tigt. Sogar ffir ein so reiches Land, wie die USA voraussichtlich im Jahre 1970 sein werden, wird der Koeffizient vor- aussichtlich noeh immer ungefahr 0,5 betragen. Das bedeutet, da~ wir mit einem steigenden Trend der Nachfrage pro Kopf in der GrSl~en- ordnung von 1% pro Jahr rechnen mfissen. In Indien zeigen Haus- haltsstatistiken eine Einkommenselastizit~t der Nachfrage nach Nah- rungsmittetn yon etwa 0,9%, und deshalb wird dort die steigende Ten- denz der Nachfrage nach Nahrungsmitteln pro Kopf der BevSlkerung etwa ebenso grofi sein, obwohl die Mlgemeine Aufw~rtsbewegung des Realeinkommens pro Kopf nur etwa 1/a~ pro Jahr betragen d~irfte. Die ~iingste Ver~nderung der relativen Preise hat den indischen Land- wirt veranlal~t, einen bedeutend grSfieren Tell seiner Produktion zu konsumieren; deshalb ist Indien ~etzt ein Land grol~er Nahrungs- mittelimporte geworden.

Das letzte Bestimmungsstfick fiir die Ermittlung der Austausch- verh~ltnisse ist die PreisMastizit~t der Nachfrage nach Nahrungs- mitteln und Rohstoffen. Je niedriger die Preiselastizit~t, desto grSl~er ist das Steigen der relativen Preise, das aus einem bestimmten Fehl- betrag des Angebotes resultiert. Die Zahl seheint in der N~he von --0,5 zu liegen. Ffir ~edes Prozent pro Jahr, um das das Angebot hinter der Naehfrage zuriickbleibt, mfissen wir eine Ver~nderungs- rate yon 2% in den Austauschverh~ltnissen ansetzen.

Auf der Angebotsseite miissen wir sch~tzen, wie grol~ die Ver- anderung der Austauschverh~ltnisse sein mul~, um das AbstrSmen von Arbeitskr~ften aus der Landwirtschaft aufzuhalten oder umzukehren. Wahrseheinlieh wird die Lan~lucht nicht eher aufhSren, bis die land- wirtsehaftliehen L5hne dem Durchschnitt der st~dtischen LShne ent- sprechen - - oder sogar, soweit es sich um neue L~nder handelt, wo die Arbeitskr~fte beweglicher sind, ihn fibersteigen. Im Jahre 1937 erreiehte das Verh~ltnis von nicht-landwirtschaftlichen Einkommen zu landwirtschaftlichen Einkommen in verschiedenen L~ndern fol- gende HShe:

USA Kanada Irland England Niederlande

2,1 Norwegen 2,1 2,3 Schweden 2,1 1,7 Japan 1,7 1,6 Australien 1,2 1,1

Diese Zahlen geben uns ~edenfalls e[nige Vorstellungen von dei Veranderung, die notwendig ist, das endgfiltige Gleichgewicht wieder herzustellen.

Zeitschr. f. National~konomie, XIIL Bd., 3. H. 26

396 C. Clark: Die Zukunlt der Austa~uschverh~iltnisse

Im Jahre 1937 waren die Austauschverh~ttnisse zuf~llig ahnlich wie in der Basisperiode 1925--34.

Beim Studium der obigen Zahlen mfissen wir zun~chst einr~umen.. dal~ die Welt im Jahre 1970 einen betr~chtlieh grSl~eren Teil ihre~ ~ Nahrungsmittelangebotes aus Gebieten beziehen k6nnte, in denen die Landwirtsehaft hSher komparative Vorteile hat. Anderseits mfissen wir vorgesehen, dal~ die Einkommensgleichheit zwischen landwirtschaft- lichen und st~dtischen Arbeitern nur dann gesichert werden kann, w e n n d a s d u r c h s c h n i t t l i c h e E i n k o m m e n p r o K o p f d e r l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e v S l k e r u n g betraehtlich das der stadtischen iibersteigt, well ein betr~chtlicher Teit des landwirtschaft- lichen Einkommens, ~edenfalls in den frfiher besiedelten und starker bevSlkerten Landern, von Pachtzinsen absorbiert werden dfirfte.

(~bersetzt yon Hans Seidel, Wien.)