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D i p l o m a r b e i t i m S t u d i e n g a n g U m w e l t w i s s e n s c h a f t e n ,
U n i v e r s i t ä t L ü n e b u r g
Die Zukunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument
als Katalysator für die Ausgestaltung
eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs?
- Evaluation eines Fallbeispiels
Gutachter
Erstprüfer: Prof. Dr. Gerd Michelsen
Zweitprüfer: PD Dr. Peter Pez
Lüneburg, im September 2001
vorgelegt vonCarsten WachholzFinkenstr. 18,33803 Steinhagen(Matr.-Nr. 982403)
„Die Zukunft, die wir wollen, muß erfunden werden.
Sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen.“
Joseph Beuys
Vorwort
Die Idee zu der vorliegenden Arbeit entstand während meines Praktikums beim Kom-
munikationsbüro iku GmbH in Dortmund, als ich mich mit einer umfangreichen Re-
cherche zur Methode der Zukunftskonferenz (Future Search Conference) beschäftigte.
Meine damaligen Tätigkeiten im Bereich der Moderationsassistenz ermöglichten mir
einen guten Einblick in den Beteiligungsprozess Nahverkehr 21 Düsseldorf. Die so ent-
standenen Kontakte zum Auftraggeber, der Rheinischen Bahngesellschaft, konnte ich
anschließend für mein Evaluationsvorhaben nutzen.
Für die vielfältige Unterstützung, die ich während der Konzeption und der Erstellung
meiner Diplomarbeit erfahren habe, möchte ich mich bei meinen Freunden, Bekannten
und Kollegen besonders bedanken: Eure kritischen und konstruktiven Anmerkungen
zum methodischen Vorgehen sowie Eure Bereitschaft zum Gegenlesen einzelner Kapi-
tel waren für mich sehr hilfreich!
Nicht zuletzt habe ich das fachliche und persönliche Interesse meiner Betreuer an der
Universität Lüneburg, Herrn Prof. Dr. Michelsen (Umweltkommunikation) und Herrn
PD Dr. Pez (Verkehrsgeographie), am Thema meiner Diplomarbeit als sehr motivierend
empfunden. Außerdem möchte ich an dieser Stelle die finanzielle Förderung und ideelle
Begleitung meines Studiums der Umweltwissenschaften durch meine Eltern und das
Evangelische Studienwerk e.V. würdigen.
Lüneburg, 01.09.2001
Hinweis:
Um den Lesefluss dieser Arbeit nicht zu erschweren, wird an den entsprechenden Stel-len auf die Doppelbezeichnung der weiblichen und der männlichen Form von Begriffenund Wörtern sowie auf die Konstruktion des großen „I“ verzichtet. Selbstverständlichsind, soweit keine Differenzierungen vorgenommen werden, stets beide Geschlechterangesprochen.
Inhaltsverzeichnis I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ..................................................................................................................... 1
1.1 Planung und Kommunikation................................................................................. 1
1.2 Zukunftsfähiger Öffentlicher Personen-Nahverkehr .............................................. 2
1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation............................................................... 3
1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit ....................................... 5
2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV........................................................... 6
2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen......................... 6
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren.................................................... 11
2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs............................................... 18
3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben.................................................................... 22
3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf............................................. 22
3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation............................................ 26
3.3 Methodisches Vorgehen........................................................................................ 29
4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie ................................................ 32
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen.................................. 32
4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts.................................................................... 40
4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation................................................... 45
4.4 Zusammenfassung................................................................................................. 50
5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte .......................................................... 52
5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell................................. 52
5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz................................................................... 55
5.3 Anregung von sozialen Normen........................................................................... 58
5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung............................................. 61
5.5 Die Perspektive des Auftraggebers....................................................................... 65
5.6 Zusammenfassung................................................................................................. 70
II Inhaltsverzeichnis
6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse ...................................................................... 73
6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick............................... 73
6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf................................... 76
6.3 Zusammenfassung................................................................................................. 79
7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs ............................................................. 80
7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation................................................................ 80
7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing .................... 83
7.3 Fazit und Ausblick ................................................................................................ 84
Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 86
Anhang
Abbildungsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Leitziele `Zukunftsfähiger ÖPNV´ – Eine Auswahl von Themen............. 3
Abbildung 2: Qualitätskomponenten im ÖPNV-System.................................................. 4
Abbildung 3: Ziel-Maßnahmen-System der Verkehrsplanung im Personenverkehr........ 9
Abbildung 4: Spannungsfeld Nahverkehrsplan.............................................................. 10
Abbildung 5: Struktur des Beteiligungsprozesses Nahverkehr21 .................................. 22
Abbildung 6: Teilnehmer der Zukunftskonferenz nach Blickwinkeln sortiert............... 23
Abbildung 7: Ablauf einer Zukunftskonferenz............................................................... 24
Abbildung 8: Struktur der Programmtheorie für die Evaluation.................................... 27
Abbildung 9: Zusammenführung v. Applied Behaviour Analysis u. Social Marketing . 37
Abbildung 10: Prozessmodell zur Steuerung partizipativer Interventionen................... 40
Abbildung 11: Mechanismen individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion..... 47
Abbildung 12: Ergebniszusammenfassung der Evaluationsbereiche
Veranstaltungskonzept und methodische Umsetzung............................. 51
Abbildung 13: Die Theorie des geplanten Verhaltens .................................................... 52
Abbildung 14: Einstiegsfrage ......................................................................................... 56
Abbildung 15: Teilnehmer-Zusammensetzung............................................................... 56
Abbildung 16: Ablauf ..................................................................................................... 57
Abbildung 17: Arbeitsweise ........................................................................................... 57
Abbildung 18: Bedeutung der Ergebnisse ...................................................................... 58
Abbildung 19: Altbekanntes/ Innovationen.................................................................... 58
Abbildung 20: Medien-Berichterstattung ....................................................................... 59
Abbildung 21: Weiterverbreitung der Ergebnisse .......................................................... 59
Abbildung 22: Verantwortung für den ÖPNV................................................................ 60
Abbildung 23: Persönlicher Einfluss auf Umsetzung..................................................... 61
Abbildung 24: Unterstützung Entscheidungsträger ........................................................ 62
Abbildung 25: Umsetzbarkeit Handlungsprogramm...................................................... 63
Abbildung 26: Abschlussbewertung............................................................................... 64
IV Tabellenverzeichnis
Abbildung 27: Die Polaritätsprofile von Teilnehmern & Auftraggeber im Vergleich... 66
Abbildung 28: Erweiterung des Wirkungsmodells zur Handlungsmotivierung............. 69
Abbildung 29: Ergebniszusammenfassung der Befragungen......................................... 71
Abbildung 30: Entscheidungsmodell zur Verkehrsmittelwahl....................................... 78
Abbildung 31: Ergebniszusammenfassung Charakterisierung d. inhaltlichen Qualität . 79
Abbildung 32: Netzwerksystem als Katalysator............................................................. 81
Abbildung 33: Phasenmodell zur Prozessorientierung................................................... 83
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Organisation des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr im 3-Ebenen-Modell........ 8
Tabelle 2: Informelle Beteiligungsverfahren im ÖPNV................................................. 17
Tabelle 3: Struktur v. Grundgesamtheit & Stichprobe für Befragung d. Teilnehmer .... 30
Tabelle 4: Individuumsbezogene Interventionsformen zur Verhaltensänderung........... 32
Tabelle 5: Erfolgsfaktoren für die Interventionsplanung................................................ 40
Tabelle 6: Die Vorschläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz........ 73
Tabelle 7: Charakterisierung der inhaltlichen Qualität der Vorschläge.......................... 77
1.1 Planung und Kommunikation 1
1. Einleitung
1.1 Planung und Kommunikation
Wenn die Planungsentwürfe von gesellschaftlichen Entscheidungsträgern und Experten
in Politik, Verwaltung und Wirtschaft scheitern, sind immer wieder Kommunikations-
defizite als Ursache zu entdecken: sei es die mangelnde Abstimmung zwischen den Be-
teiligten, Fehleinschätzungen der Kundenbedürfnisse oder auch die Ausblendung
bestimmter Interessen. Als Fazit aus mindestens 30 Jahren Diskussion um geeignete
Formen, Verfahren, Methoden und Techniken für eine Verständigung zwischen den
jeweils relevanten Akteuren lässt sich daher festhalten: „Planung ist Kommunikation:
Erkunden, Informieren, Präsentieren, Diskutieren, Moderieren, Koordinieren, Akzep-
tanz fördern, Beteiligen, um den Konsens streiten, gemeinsam nach Lösungen suchen,
zum Handeln anregen... alles dies sind Kommunikationsaufgaben“ 1, die es zu gestalten
gilt, wenn zukünftige Entwicklungen konzeptionell bzw. strategisch beeinflusst und
entsprechende Handlungsmöglichkeiten erschlossen werden sollen. Dabei wird deutlich,
dass sich das Themenfeld nicht auf die staatlichen Planungsaufgaben beschränkt, son-
dern auch eine Herausforderung an das Management von privaten Organisationen und
Unternehmen darstellt.
In diesen Kontext ist auch das in den USA entwickelte Planungs- und Dialoginstrument
der Zukunftskonferenz2 einzuordnen, das ursprünglich aus dem Bereich der Organisa-
tionsentwicklung stammt. Unter der englischen Bezeichnung Future Search hat sich ein
weltweites Netzwerk zum Austausch und zur Auswertung von Erfahrungen gebildet,
wie mit Großgruppen Veränderungsprozesse initiiert werden können. Für die so ge-
nannte Zukunftskonferenz haben sich auf diese Weise im Laufe der Zeit feste Grund-
prinzipien, ein klar strukturierter Ablaufplan und Anregungen für die Arbeitsmethoden
herauskristallisiert. Im Wesentlichen geht es darum, eine größere Zahl von Personen aus
unterschiedlichen Anspruchs- und Interessengruppen für drei Tage in einem Raum zu-
sammenzubringen, dort zu einem bestimmten Thema eine gemeinsame Basis zu finden,
um auf dieser Grundlage Konsens über Ziele für die Zukunft zu erreichen und entspre-
chende Maßnahmenvorschläge zu deren Umsetzung zu erarbeiten. Neben der Verstän-
digung über die inhaltlichen Ergebnisse soll dabei auch eine emotionale Mobilisierung
aller Beteiligten für die gemeinsamen Anliegen erzielt werden.
1 Selle 1996: 112 Der aktuelle Entwicklungsstand wird dokumentiert in Weisbord & Janoff 2000.
2 1. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit werden anhand eines Fallbeispiels, der Zukunftskonferenz
der Rheinischen Bahngesellschaft (kurz: Rheinbahn) zum Nahverkehr in Düsseldorf,
die Möglichkeiten und Grenzen dieses Instrumentes sowie die damit induzierten Kom-
munikationsprozesse untersucht. Bevor aber nach der Gestaltung von Kommunikation
gefragt werden kann, sind zunächst die Rahmenbedingungen zu klären: Um was geht
es? Wer soll warum beteiligt werden? Wie weit reicht der Mitgestaltungsspie lraum?3
1.2 Zukunftsfähiger Öffentlicher Personen-Nahverkehr
Im Folgenden wird der Gegenstand der Kommunikation kurz skizziert, um daraus we-
sentliche Fragestellungen bzw. Themen für eine gemeinsame Erörterung beispielhaft
abzuleiten. Was steht eigentlich zur Debatte, wenn über die Ausgestaltung eines zu-
kunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (im Folgenden ÖPNV) geredet wird?
Im sogenannten Regionalisierungsgesetz (RegG) von 1993 wurde der Begriff des
ÖPNVs erstmalig wie folgt definiert:
Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängli-che Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, die überwiegenddazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zubefriedigen. Das ist im Zweifel der Fall, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälleeines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeiteine Stunde nicht übersteigt.4
Damit ist klargestellt, dass die räumliche Dimension des Nahverkehrs nicht an den ad-
ministrativen Grenzen der Kommunen oder Verkehrsunternehmen festgemacht werden
kann, sondern sich an den real existierenden Verkehrsbeziehungen orientieren muss.
Lediglich die Beschränkung der Definition auf Linienverkehre ist aus Sicht des Verfas-
sers nicht sinnvoll, da es inzwischen auch im Öffentlichen Verkehr (d.h. die beförderte
Person steuert das Verkehrsmittel nicht selbst) eine Fülle von flexiblen Bedienungswei-
sen5 gibt, wie z.B. die Angebote von Anruf-Sammeltaxen oder Rufbussen zeigen.
In der Diskussion um die künftige Ausgestaltung des ÖPNVs wird eine Orientierung am
Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung vorgeschlagen, weil „dieser Begriff gegenwärtig
auf eine relativ breite Akzeptanz stößt. Genau das erlaubt es, soziale, ökonomische und
ökologische Fragestellungen im Zusammenhang zu sehen und offen zu diskutieren.“6
Die Grundidee geht auf die Definition des englischen Begriffs Sustainable Development
im sogenannten Brundtland-Bericht der World Commission on Environment and
3 Vgl. Selle 2000: 194 §2 RegG (entspricht Artikel 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes – ENeuOG) – zit. nach Voigt 1997: 85 Vgl. Verband deutscher Verkehrsunternehmen 1997: 210-2156 Szabo 1999: 3
1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation 3
Development (WCED) von 1987 zurück: „It meets the needs of the present without
compromising the ability of future generations to meet their own needs“7. Daher muss
sich die Umsetzung von Leitzielen für einen zukunftsfähigen ÖPNV (Beispiele siehe
Abbildung 1) v.a. an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen orientieren, wenn Zu-
kunftsfähigkeit im Sinne von Nachhaltiger Entwicklung verstanden werden soll.
Ø Sicherstellung der Grund- versorgung in der Fläche
Soziale Leitziele Ø Verbesserung Aufenthalts- qualität & Sicherheit
Ø Erleichterter Zugang für benachteiligte Nutzergruppen
Ø Einfache Nutzung durch mehr Kundenorientierung
Ökologische Leitziele Ökonomische LeitzieleØ Verkehrsverlagerung Auto => ÖPNV, insb. auf die Schiene
Ø Bündelung der Potenziale auf ÖPNV-Achsen
Ø Minimierung von Flächen- und Ressourcenverbrauch
Ø Erschließung neuer und lukrativer Marktsegmente
Ø EmissionsminderungØ Verringerung Energieeinsatz
Ø Effizienzsteigerung durch mehr Wettbewerb
Ø Verbesserter LärmschutzØ Förderung Umweltverbund
Ø Senkung des öffentlichen Zuschussbedarfs
Abbildung 1: Leitziele `Zukunftsfähiger ÖPNV´ – Eine Auswahl von Themen (Eigene Darstellung)8
Mobilität im Sinne von Beweglichkeit (lateinisch: mobilitas) ist Voraussetzung für die
Befriedigung von physiologischen, sozialen und Selbstverwirklichungs-Bedürfnissen.
Es geht dabei um die Möglichkeiten des Einzelnen, Aktivitäten wie Wohnen, Arbeiten,
Versorgen, (Aus-)Bildung, Erholen, Freizeitgestaltung, Reisen, Aufrechterhaltung von
sozialen Kontakten etc. raumübergreifend wahrnehmen zu können. Verkehrssysteme
übernehmen dabei eine überwiegend dienende Funktion, indem sie die indirekt entste-
henden Mobilitätsbedürfnisse befriedigen sollen. Die Attraktivierung des ÖPNVs ist
daher eine unverzichtbare Strategie, um für heutige und künftige Generationen ver-
kehrsbedingte Umweltbelastungen und Mobilitätseinschränkungen durch fehlende Al-
ternativen zum motorisierten Individualverkehr (kurz MIV) zu verringern. 9 Aber wie
sehen zukunftsfähige ÖPNV-Systeme aus, die den Menschen eine bedürfnisgerechte
Mobilität ermöglichen, und wie kann ein entsprechendes Angebot geplant werden?
1.3 Bedarf für Partizipation und Kooperation
Für die wesentlichen Qualitätskomponenten eines ÖPNV-Systems (siehe Abbildung 2)
gibt es vielfältige Gestaltungskriterien, die sich z.B. aus möglichen Einflussfaktoren der
7 Zit. nach Huber 1995: 128 Zu den Inhalten siehe z.B. bei Barth 2000: 34-36 und Landkreis Kulmbach 1999: 3279 Vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen 2000: 15-17, 164ff sowie Becker & Rau 2000: 62-64
4 1. Einleitung
Verkehrsmittelwahl ableiten lassen: räumliche und zeitliche Verfügbarkeit, Zielerreich-
barkeit, Kopplung von Wegen und Aktivitäten, Flexibilität/ Unabhängigkeit, Zuverläs-
sigkeit, Zeitaufwand, (Zugangs-, Beförderungs-, Umsteige-) Komfort, Handhabbarkeit,
Kosten, Sicherheitsgefühl, Transportkapazität, soziale Kontaktmöglichkeiten, Pri-
vatheit, Witterungsunabhängigkeit, Umweltfreundlichkeit, Design und Image etc.10 Die
Relevanz der einzelnen Kriterien für Planungen im ÖPNV bleibt allerdings unklar. Im-
mer mehr Verkehrsunternehmen verstehen sich zwar als Mobilitätsdienstleister, müssen
dabei aber in einem schwierigen Spannungsfeld zwischen politisch-rechtlichen Rah-
menbedingungen, privatwirtschaftlichen Interessen und Kundenanforderungen agieren.
Für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs sind daher verschiedene Blick-
winkel zu berücksichtigen, um sinnvolle Prioritäten setzen und angemessene Konkreti-
sierungen vornehmen zu können. So fordert u.a. die Enquête-Kommission `Zukunft der
Mobilität´ des Landtags in Nordrhein-Westfalen: „Fragen der Angebotsplanung, Tarif-
gestaltung, des Vertriebs sowie der strategischen Entwicklung sind durch eine intensive
Kommunikation mit den [Erg.d.Verf.: eigenen Mitarbeitern,] Kunden, Medien, Mul-
tiplikatoren, politischen Entscheidungsträgern und Kooperationspartnern in der Wirt-
schaft zu entwickeln.“11
Abbildung 2: Qualitätskomponenten im ÖPNV-System (aus Will 2000: 62)
Da die bisher eingesetzten Instrumente der Verkehrsunternehmen aus den Bereichen
Marktforschung, Öffentlichkeitsarbeit und Beschwerdemangement die heutigen und v.a.
die künftigen Mobilitätsbedürfnisse nur unzureichend erfassen, erscheinen neue Formen
des Dialogs notwendig. Durch die Schaffung von realen Mitwirkungsmöglichkeiten bei
der Ausgestaltung des ÖPNVs können Bezüge zur Lebenswirklichkeit und damit zur
Mobilitätssituation der jetzigen und potenziellen Nutzer hergestellt werden. Wenn
10 Vgl. Pez 1998: 138-140 / Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1998: A 27-3011 Landtag Nordrhein-Westfalen 2000: 169
1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit 5
entsprechende Kommunikationsprozesse sinnvoll gestaltet werden und erfolgreich ve r-
laufen, führen Partizipation und Kooperation somit zu einer Effektivitätssteigerung von
Planungen für den ÖPNV, indem
• durch zusätzliche Informationsquellen die inhaltliche Qualität verbessert wird,
• durch die gemeinsame Verständigung Abstimmungen beschleunigt werden,
• durch die Mobilisierung aller Beteiligten die Umsetzung erleichtert sowie
• die Akzeptanz und Zufriedenheit mit den Maßnahmen erhöht wird.12
1.4 Zielsetzung und Strukturierung der vorliegenden Arbeit
Nachdem die bisherigen Ausführungen dazu dienten, den Kommunikationsbedarf bei
der Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs aufzuzeigen und zu begründen, stellt
sich nun die Frage nach den für diesen Zweck geeigneten Instrumenten. Vor diesem
Hintergrund wird die im Fallbeispiel durchgeführte Zukunftskonferenz zum Nahverkehr
in Düsseldorf in Form einer summativen Evaluation v.a. unter sozialpsychologischen
und verkehrswissenschaftlichen Gesichtspunkten zu analysieren sein. Es werden sowohl
theoretische Kriterien als auch empirische Forschungsmethoden herangezogen, um das
Konzept, die methodische Umsetzung und die Wirksamkeit der Zukunftskonferenz als
soziale Interventionsstrategie zur Förderung des ÖPNVs zu beurteilen. 13 Die Ergebnisse
der Untersuchung dienen der Einschätzung von Potenzialen und Defiziten bei der An-
wendung von Zukunftskonferenzen im ÖPNV.
Um die möglichen Beiträge der Zukunftskonferenz zur Ausgestaltung des ÖPNVs rich-
tig einordnen zu können, werden in Kapitel 2 zunächst verschiedene formelle und in-
formelle Planungs- und Dialoginstrumente gegenübergestellt. Im Anschluss wird in
Kapitel 3 auf das Fallbeispiel des Beteiligungsprozesses der Rheinbahn eingegangen
sowie die Inhalte und das methodische Vorgehen bei der Evaluation erläutert. Diese
gliedert sich grob in die drei Themenblöcke Interventionsstrategie, Mobilisierungsef-
fekte und inhaltliche Ergebnisse der Zukunftskonferenz, die in den Kapiteln 4 bis 6 dar-
gestellt werden. Abschließend erfolgt in Kapitel 7 ein Gesamtfazit, in dem die
Bedeutung der Erkenntnisse aus der Evaluation im Zusammenhang mit der im Titel
vermuteten Funktion der Zukunftskonferenz als Katalysator für die Ausgestaltung eines
zukunftsfähigen ÖPNVs noch einmal reflektiert wird.
12 Vgl. Selle 2000: 169-17213 Zur Charakterisierung der Evaluationsforschung vgl. Bortz & Döring 1995: 95-97
6 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen
Der Entwurf eines ÖPNV-Systems umfasst verschiedene Planungsaufgaben: Die räum-
liche Netz- und Infrastrukturplanung muss mit der zeitlichen Fahrplanbildung abge-
stimmt werden. Für die konkrete Leistungserstellung werden der Einsatz von Personal
und Fahrzeugen sowie die Tarifgestaltung festgelegt. Die damit verbundenen Kosten
und die erwarteten Einnahmen müssen für die Finanzierungsplanung ermittelt werden,
um den Zuschussbedarf für den ÖPNV abschätzen zu können. 14 Zur Koordination all
dieser Komponenten während des Planungsprozesses werden effektive Organisations-
strukturen im ÖPNV benötigt, deren politisch-rechtlich definierten Rahmenbedingun-
gen sich zur Zeit im Wandel befinden.
Bundesebene
Zum 1. Januar 1996 trat das so genannte Regionalisierungsgesetz des Bundes (RegG) in
Kraft, mit dem die politische Verantwortung für den ÖPNV den Bundesländern über-
tragen wurde. Erstmals wird in §1 Abs.1 RegG die Sicherstellung einer ausreichenden
Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV als Aufgabe der Da-
seinsvorsorge definiert und den Ländern für diesen Zweck finanzielle Mittel zugewie-
sen. Im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) stellt der Bund
weitere Finanzierungsmöglichkeiten für diverse Gestaltungsaufgaben in Planung und
Betrieb des ÖPNVs zur Verfügung, die häufig durch eigene Förderprogramme der Län-
der ergänzt werden. 15
Das ebenfalls 1996 novellierte Personenbeförderungsgesetz (PbefG) des Bundes be-
stimmt die drei wesentlichen Akteure der Nahverkehrsplanung: die Genehmigungsbe-
hörde, den Aufgabenträger und die Verkehrsunternehmen. Es lässt aber Fragen bezüg-
lich der genauen Aufgabenverteilung weitgehend offen, um deren Regelung im Rahmen
von Landesgesetzen zum ÖPNV zu ermöglichen. Im PBefG wird im Wesentlichen das
Verfahren zur Genehmigung von Verkehrsleistungen im ÖPNV geregelt, bezogen auf
den Antrag eines Unternehmens und den Betrieb von bestimmten Linien (-bündeln).
Die zuständigen Genehmigungsbehörden des jeweiligen Bundeslandes haben dabei die
Pflicht, zusammen mit den Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen im ÖPNV
für eine ausreichende, wirtschaftliche und integrierte Nahverkehrsbedienung sowie für
14 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: C 4815 Vgl. Strang 1996: 6-12, 19-20
2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen 7
abgestimmte Tarife und Fahrpläne zu sorgen. Ein vom Aufgabenträger beschlossener
Nahverkehrsplan soll dazu den Rahmen für die weitere Entwicklung im ÖPNV vorge-
ben und ist in die Entscheidung über die Konzessionsvergabe für die Verkehrsunter-
nehmen einzubeziehen. Dabei hat die Genehmigungsbehörde sowohl dessen Inhalt als
auch andere rechtliche und planerische Zielsetzungen und Vorgaben sowie die im Rah-
men des PBefG geschützten unternehmerischen Belange nach pflichtgemäßem Ermes-
sen gegeneinander abzuwägen.16
Die Entwicklung des europäischen Rechts wird allerdings dahingehend interpretiert,
dass in Zukunft die meisten Verkehrsleistungen im ÖPNV vom zuständigen Aufgaben-
träger im offenen Wettbewerb unter konkurrierenden Unternehmen vergeben werden.
Dadurch soll die ausreichende ÖPNV-Bedienung möglichst effizient sichergestellt wer-
den. Deutschland hat in der jetzigen Fassung des PBefG mit dem stark erweiterten Be-
griff der Eigenwirtschaftlichkeit von Verkehren eine Übergangsregelung getroffen, die
vor allem dem Bestandsschutz der vorhandenen Unternehmen dient und in gleichem
Maße den Einfluss des Aufgabenträgers auf die Gewährleistung des eigenen Nahve r-
kehrsplans beschränkt. Damit soll den Verkehrsunternehmen ein Zeitgewinn verschafft
werden, um sich an die Bedingungen im künftigen ÖPNV-Wettbewerbsmarkt strate-
gisch anpassen zu können. 17
Landesebene
Im Folgenden wird auf die gegenwärtige Situation im ÖPNV eingegangen, auch wenn
die Diskussion um die Eignung der jetzigen Organisationsformen und Planungsinstru-
mente für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs noch Veränderungsbedarf
signalisiert. Dabei wird im Wesentlichen auf die Verhältnisse in Nordrhein-Westralen
(NW) und im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) Bezug genommen, weil sie für das
Fallbeispiel des Beteiligungsprozesses der Rheinbahn AG in Düsseldorf relevant sind.
Auf der Landesebene legt das Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Schienen-
personennahverkehrs sowie zur Weiterentwicklung des ÖPNV (Regionalisierungsgesetz
NW – Stand: 2. Juli 1996) die Aufgabenträger für den ÖPNV fest und enthält inhaltlich-
methodische Anforderungen an die Nahverkehrsplanung. Die in §2 enthaltenen allge-
meinen Grundsätze sind Leitideen der Verkehrspolitik in NW, die z.B. in Form von
landesweit koordinierten ÖPNV-Bedarfs- und Ausbauplänen für die Infrastruktur (§7)
und der finanziellen Förderung des ÖPNVs (§§10 ff) zum Tragen kommen. Durch die
16 Vgl. hierzu z.B. Recker 2000: 20-22 sowie Strang 1996: 15-1817 Vgl. Will 1999: 20 sowie Strang 1996: 142-144
8 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
Zusammenführung der Aufgaben- und Finanzverantwortung auf der kommunalen Ebe-
ne (§3 Abs.1) und die Verpflichtung von Kreisen, kreisfreien Städten und Zweckver-
bänden zur Aufstellung von Nahverkehrsplänen (§§8,9) wird „künftig vor Ort über das
gewünschte und finanzierbare Nahverkehrsangebot entschieden“.18
Kommunale Ebene
Die kommunalpolitische Ebene ist häufig in Form eines Zweckverbandes für den
ÖPNV organisiert, bedient sich aber auf der Management-Ebene i.d.R. einer eigenen
Nahverkehrsgesellschaft, die als Bindeglied zu den betriebsführenden Verkehrsunter-
nehmen (Betreiber-Ebene) fungiert. Die Funktionen, Ziele und Aufgaben der einzelnen
Akteure im Rahmen des so genannten 3-Ebenen-Modells sind in der Tabelle 1 am Be i-
spiel des Verkehrsverbundes VRR zusammengefasst.
Tabelle 1: Organisation des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr im 3-Ebenen-Modell(Eigene Darstellung nach VRR GmbH o.J.)
1. Die politische EbeneZusammenschluss von19 Städten und 5 Kreisen zumZweckverband VRRFunktion: Entscheidungsgremiumfür Tarife, Umfang des Leistungs-angebotes und FinanzierungZiel: Entwicklung des ÖPNVsnach einheitlichen Grundsätzenim gesamten Bedienungsgebiet
Aufgaben (Auswahl):• Planung, Organisation & Finanzierung
des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV)• Aufstellung, Abstimmung & Beschluss
eines Nahverkehrsplanes für den SPNV• Weiterentwicklung des Verbundtarifs und
Angebotskoordination im gesamten ÖPNV• Finanzierung der Infrastrukturkosten &
der Restdefizite der kommunalenVerkehrsunternehmen
2. Management-EbeneVRR GmbH als Tochtergesellschaftdes ZweckverbandesFunktion: Beratung, Vorbereitung &Umsetzung von Entscheidungen desZweckverbandesZiel: Organisation & Koordinationdes Verkehrsangebotes sowiedessen gemeinsame Ve rmarktung
Aufgaben (Auswahl):• Konzeptentwicklung & Ausgestaltung
des Schienenpersonennahverkehrs (z.B.Standards für Service, Sicherheit & Qualität)
• Unterstützung des Zweckverbandes beider Aufstellung des Nahverkehrsplanes
• Zentrales Marketing, Öffentlichkeitsarbeit,Werbung, Verkaufsförderung für den ÖPNV
• Verbundbezogene Marktforschung
3. Betreiber-Ebene24 Unternehmen in kommunalerTrägerschaft & Deutsche Bahn AGFunktion: Umsetzung der verein-barten VerkehrsleistungenZiel: privatwirtschaftlicheDienstleistungserstellung
Aufgaben (Auswahl):• Einsatzplanung und Betriebsdurchführung• Wahrnehmung aller unternehmerischen
Maßnahmen wie Kostenrechnung, Investi-tionsprogramm, Controlling, Marketing etc.
• Betriebsplanung vor Ort(Detailkonzepte für Angebot & Infrastruktur)
Im Mittelpunkt der kommunalen Verkehrspolitik stand bisher - soweit vorhanden - ent-
weder ein Generalverkehrsplan (GVP) oder ein Verkehrsentwicklungsplan (VEP). Auf
dieser Ebene einer verkehrlichen Fachplanung werden zunehmend auch für den ÖPNV
relevante Ziel-Maßnahmen-Systeme entworfen, die i.d.R. auf einer umfassenden
18 Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW 1996: 3
2.1 Rechtliche, organisatorische und politische Rahmenbedingungen 9
Bestandsanalyse und Problemerfassung beruhen. Von zentraler Bedeutung für die Wei-
terentwicklung des ÖPNVs ist aber der von den Kommunen gesondert aufzustellende
Nahverkehrsplan. Die dort angestrebten Qualitätsverbesserungen im ÖPNV sind aber
weiterhin im Kontext der Gesamtstrategie in der kommunalen Verkehrsplanung zu be-
urteilen (siehe Abbildung 3).19
Abbildung 3: Ziel-Maßnahmen-System der Verkehrsplanung im Personenverkehr(aus Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: A 17)
Während GVP und VEP den Charakter eines kommunalpolitischen Handlungsleitfadens
mit selbstbindener Wirkung haben, verfügt der Nahverkehrsplan über eigene gesetzliche
Grundlagen, die die wesentlichen Inhalte und das Aufstellungsverfahren näher bestim-
men. So kann z.B. aus den Anforderungen der §§8,9 Regionalisierungsgesetz NW eine
inhaltliche Systematik für den Nahverkehrsplan abgeleitet werden: Ziele und Rahmen-
19 Vgl. Pez 1997: 258-260, 263-264 sowie Strang 1996: 87
10 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
vorgaben, Bestandsaufnahme, Bewertung des Ist-Zustandes und Festlegung kurzfristig
wirksamer Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Abschätzung der Verkehrsentwicklung,
mittel- und langfristige Vorhaben zur Verbesserung und Weiterentwicklung des
ÖPNVs, Investitionsplanung, Finanzierung des Leistungsangebotes.20
Insbesondere zwischen Verkehrsunternehmen und kommunalen Spitzenverbänden ist
aber umstritten, wie detailliert Liniennetz, Anschlussbeziehungen, Betriebszeiten, Be-
dienungshäufigkeiten, Tarifgestaltung, Ausrüstungsstandards etc. im Nahverkehrsplan
vorgegeben werden dürfen, ohne die unternehmerische Eigenverantwortung bei der
Ausgestaltung und der Durchführung der einzelnen ÖPNV-Angebote einzuschränken.
Bei der Aufstellung sind daher eine Mitwirkung der vorhandenen Verkehrsunternehmen
sowie Abstimmungen mit diversen Trägern öffentlicher Belange, den betroffenen Ge-
bietskörperschaften und benachbarten Aufgabenträgern sowie eine Unterrichtung der
Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde vorgeschrieben. Durch die Gewährleistung
dieser Anforderungen soll der Nahverkehrsplan Steuerungs-, Deregulierungs-, Integra-
tions- und Koordinationsfunktionen bei der Ausgestaltung des ÖPNVs entfalten (vgl.
Abbildung 4).21
Abbildung 4: Spannungsfeld Nahverkehrsplan(Eigene Darstellung nach Landkreis Kulmbach 1999: 20)
Fazit
Die stark regulierte Organisation des ÖPNVs und der Nahverkehrsplanung wird bisher
v.a. durch die vielfältigen Kooperationsbeziehungen zwischen Aufgabenträgern und
Verkehrsunternehmen geprägt. Dazu trägt auch die Zweistufigkeit von Aufstellung der
20 Vgl. Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW 1996: 23ff21 Vgl. Voigt 1997: 92-102
Nah-verkehrsplan
Aufgabenträger Verkehrsunternehmer
Genehmigungsbehörde
ÖPNV-Gesetzeder Länder
PBefG des Bundes
Berücksichtigung bei Konzessions-vergabe für ÖPNV-Leistungen
Konzeptionelle Vorgabenfür ÖPNV-Entwicklung
Konkrete Ausgestaltung& Durchführung des ÖPNVs
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 11
Nahverkehrspläne und deren Umsetzung durch die Genehmigung von einzelnen Ver-
kehrsleistungen bei. Ob sich im Zuge der Einführung von angepassten Wettbewerbs-
strukturen im ÖPNV die strategische Planung von der operativen Umsetzung klar und
sinnvoll trennen lässt, bleibt fraglich. Denn sowohl das Handeln der politischen Aufga-
benträger als auch der Verkehrsunternehmen muss sich künftig immer stärker an den
Erwartungen der ÖPNV-Kunden orientieren (vgl. Kapitel 1.2 und 1.3), um das gemein-
same Ziel der Schaffung eines attraktiven Angebots bei Verbesserung von Produktivität
und Wirtschaftlichkeit und unter Ausnutzung der Synergieeffekte in Verkehrsverbünden
zu erreichen. 22 Zu diesem Zweck werden im folgenden Kapitel verschiedene informelle
Beteiligungsverfahren, die im ÖPNV bereits zum Einsatz gekommen sind, vorgestellt
und miteinander verglichen.
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren
Mit dem Begriff der informellen Beteiligung sind solche Verfahren gemeint, die recht-
lich nicht normiert sind und den formellen Entscheidungsprozess ergänzen, aber nicht
ersetzen sollen. Daher liegt auch die Verantwortung für den Einsatz und die Gestaltung
der Rahmenbedingungen von Beteiligung sowie den Umgang mit den erzielten Ergeb-
nissen weiterhin bei den oben genannten Akteuren, die in der formellen Organisation
für die ÖPNV-Planung zuständig sind.
Voraussetzungen für Verständigung
Häufig sind die jeweiligen Plan- oder Projektverantwortlichen daran interessiert, ihre
Vorschläge und Ideen mit Unterstützung von fachlichen Experten und Gutachtern mög-
lichst ohne große Veränderungen im Rahmen einer Beteiligung bestätigen zu lassen, um
deren Akzeptanzfähigkeit bei den Adressaten der Planungen zu vergrößern. Auf der
anderen Seite erhoffen sich die auf diesem Wege Beteiligten, ihre „eigenen Interessen,
die auf dem üblichen Verfahrensweg unberücksichtigt bleiben, zum Ausdruck zu brin-
gen und wo möglich durchzusetzen.“23 Für die Durchführung von verständigungsorien-
tierten Beteiligungsverfahren sind daher einige Grundvoraussetzungen zu beachten:24
• Vorhandensein von realen Mitgestaltungsspielräumen,• Zugang zu benötigten Info rmationen,• Ergebnisoffenheit des Beteiligungsverfahrens,• Faire Kommunikation durch gleiche Rechte und Pflichten für alle Beteiligten,
22 Vgl. hierzu die Beiträge von Freitag 2000 und Will 199923 Bischoff, Selle & Sinning 1995: 1424 Vgl. Beckmann & Keck 1999: 2-3
12 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
• Rückkopplung von Zwischen- und Endergebnissen mit den für die UmsetzungVerantwortlichen, den beteiligten Gruppen und der Öffentlichkeit,
• Transparenz von relevanten Verfahrensabläufen und Entscheidungsprozessen.
Inzwischen ist eine Vielzahl von Methoden entwickelt worden, die durch Berücksicht i-
gung der oben genannten Regeln zum Gelingen von Beteiligungsverfahren beitragen
sollen. Deren Arbeits- und Funktionsweise beruht v.a. darauf, dass Treffen mit den je-
weils relevanten Akteuren organisiert, angeleitet und betreut werden müssen. Da die
Auftraggeber von Beteiligungsverfahren i.d.R. nicht über die dafür notwendigen
kommunikativen Kompetenzen und die entsprechende inhaltliche Neutralität verfügen,
wird ein externer Moderator benötigt, der u.a. für die Strukturierung der Sitzungen, die
gleichberechtigte Teilnahme aller am Gruppenprozess und die Visualisierung der ein-
zelnen Diskussionsbeiträge verantwortlich ist. Moderation wird dabei häufig als die
Kunst, Gruppen zu produktiven Ergebnissen zu führen, bezeichnet. Prinzipien und Ar-
beitsweisen der Moderation spielen bei fast allen informellen Beteiligungsverfahren
eine entscheidende Rolle, weil sie für einen fairen Ausgleich zwischen den Teilneh-
menden, eine stärkere Ergebnisorientierung und die Optimierung von Gruppenarbeits-
prozessen sorgen.25
Im Folgenden werden vier Fallbeispiele für Beteiligungsverfahren zur Ausgestaltung
des ÖPNVs, bei denen verschiedene Methoden eingesetzt wurden, nacheinander vorge-
stellt, bevor ihre wesentlichen Charakteristika als Planungs- und Dialoginstrumente
miteinander verglichen werden.
Das Kundenforum der Stadtwerke Dortmund26
Als Dienstleistungsunternehmen sind die Dortmunder Stadtwerke (DSW) auf eine in-
tensive Kundenbindung als Grundlage für ihren Unternehmenserfolg angewiesen. Daher
wurde 1999 ein Laien-Fahrgastbeirat als neues Instrument der Kommunikationspolitik
etabliert, um Führungsverantwortlichen aus allen Fachbereichen die Möglichkeit zu
geben, sich direkt mit den Nahverkehrskunden auseinanderzusetzen. Durch die im
Rahmen des so genannten Kundenforums und einer begleitenden Befragung geäußerten
Einschätzungen, Bedürfnisse, Wünsche und Kritik wird eine Identifizierung von Stär-
ken und Schwächen des ÖPNVs in Dortmund als Grundlage für die Verbesserung der
Angebots- und Servicequalität angestrebt. Pro Jahr finden vier Kundenforen statt, an
denen jeweils der Verkehrsvorstand der DSW, die Leiter der einzelnen Fachbereiche
25 Vgl. Apel 1998: 17-2526 Die folgenden Informationen des Auftraggebers sind zu finden bei Schrameyer & Frittgen 1999: 25-28. Zu Fahrgastbeiräten allgemein siehe Meyer-Liesenfeld 1997: 19-22.
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 13
und ein Vertreter der FahrerInnen sowie ca. 60 ausgewählte Kundinnen und Kunden
teilnehmen.
Die Akquise von potenziellen Teilnahmekandidaten erfolgt schriftlich wie mündlich
nach dem Zufallsprinzip. Aus diesem Pool werden für die Einladung zum Kundenforum
je ein Drittel Käufer von Einzelfahrausweisen, von Monatskarten und Abonnenten nach
soziodemographischen Kriterien ausgewählt. Im Gegensatz zum stark verbreiteten An-
satz der Expertenbeiräte, die i.d.R. dauerhaft mit Vertretern der gleichen Interessen-
gruppen besetzt sind, werden beim Kundenforum negative Effekte einer langfristigen
Mitgliedschaft bewusst durch ein rollendes Teilnahmesystem vermieden. Da nach je-
dem Kundenforum 20 Teilnehmende durch neue Kandidaten ersetzt werden, erhöht sich
auch entsprechend die Vielfalt der eingebundenen Kundenmeinungen. Eine Aufwands-
entschädigung für die Teilnahme wird nicht gezahlt, allerdings bedanken sich die DSW
bei ihren Kunden mit kleinen Präsenten. Bei jedem Kundenforum werden während der
ca. dreistündigen Veranstaltung immer zwei Schwerpunktthemen wie z.B. Anschlüsse,
Fahrpläne, Service und Sicherheit, Tarife oder Technik behandelt. Nach der Information
über aktuelle oder geplante Maßnahmen sowie der Vorstellung von Befragungsergeb-
nissen zum jeweiligen Schwerpunktthema durch die DSW übernimmt das Institut
Kommunikation & Umweltplanung (iku) GmbH die Moderation der anschließenden
Diskussion. Zu den vorgebrachten Kritikpunkten und Anregungen der Kunden geben
die Verantwortlichen der DSW im Anschluss ein kurzes Statement ab. Eine ausführli-
chere Stellungnahme erfolgt in schriftlicher Form, die zusammen mit der Dokumentati-
on des Kundenforums an alle Teilnehmenden ve rschickt wird.
Das Bürgergutachten der ÜSTRA-Verkehrsbetriebe Hannover
Die ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG beauftragte die Stiftung Mitarbeit mit
der Durchführung von 12 so genannten Planungszellen, bei denen sich im Laufe des
Sommers 1995 insgesamt 297 Bürgerinnen und Bürger mit dem Nahverkehrsangebot in
Hannover auseinandersetzten. Der Wuppertaler Soziologieprofessor Peter C. Dienel
entwickelte das Modell der Planungszelle bereits in den siebziger Jahren. Nach seiner
Definition sind die Zufallsauswahl der Teilnehmenden, deren Freistellung und Vergü-
tung, die Arbeit in ständig wechselnden Kleingruppen, die Prozessbegleitung und Un-
terstützung durch Fachleute, die vorgegebene Problemstellung und Programmstruktur
sowie die Dokumentation der Ergebnisse in Form des besagten Bürgergutachtens die
zentralen Merkmale der Methode.27
27 Vgl. Reinert 1998: 115-126
14 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
Durch die Ziehung einer Zufallsstichprobe aus der Einwohnermeldekartei sollte die so-
ziale Zusammensetzung der Teilnehmerschaft weitestgehend der Heterogenität der Ge-
samtbevölkerung in Hannover entsprechen. Auf diese Weise arbeiteten Frauen und
Männer aus unterschiedlichen sozialen Stellungen und Berufsgruppen, junge und alte
Menschen, Stammkunden der ÜSTRA und überzeugte Autofahrer jeweils 4 Tage lang
zusammen an Möglichkeiten zur Attraktivitätssteigerung für den ÖPNV in Hannover.
Dazu wurden insgesamt 16 thematische Arbeitseinheiten z.B. zu Mobilität und
Reiseverhalten, Sicherheitsaspekten, Reisezeiten und Fragen der Tarifgestaltung vorge-
geben. Die einzelnen Einheiten bestanden i.d.R. aus Informationseingaben (z.T. in Form
von Impulsreferaten externer Sachverständiger), Beratungen oder Praxistests in ständig
wechselnden Kleingruppen, Bewertungsvorgängen (Einzelstellungnahme oder Grup-
penvotum) und Austauschphasen im Plenum. Weder die Prozessbegleitung noch die
Fachleute durften sich dabei in die Diskussionen der Kleingruppen und bei den Bewer-
tungsvorgängen einmischen. Nach einem Pretest wurde dieser Ablauf in vergleichbarer
Form für alle 12 Planungszellen mit jeweils ca. 25 Teilnehmenden wiederholt. Vor
Veröffentlichung als Bürgergutachten wurde die Übereinstimmung aller an den Pla-
nungszellen Beteiligten mit den ausgewerteten und aufbereiteten Ergebnissen mit Hilfe
eines Rückmeldeverfahrens überprüft. Auch in den Umsetzungsprozess waren noch ca.
90 aktive Bürger weiterhin einbezogen. Die ÜSTRA verpflichtete sich außerdem, fort-
laufend über den Stand der Umsetzung bzw. die Gründe, warum sie einzelne Empfeh-
lungen (noch) nicht umsetzen kann, zu informieren. Ende 1998 wurde schließlich ein
vorläufiger Abschlussbericht vorgelegt.28
Das Verkehrsforum der Stadt Heidelberg 29
Die Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg rief im März 1991 das Verkehrsforum als
Modell zur Bürgerbeteiligung im Rahmen der Vorbereitung eines gesamtstädtischen
Verkehrsentwicklungsplanes ins Leben. Das Kernelement war dabei ein Arbeitskreis
aus Vertretern organisierter gesellschaftlicher Gruppen, der insgesamt 34 Mal in
26 Monaten tagte. Die Arbeit des Verkehrsforums wurde ergänzt bzw. unterstützt durch
öffentliche Bürgerversammlungen sowie durch eine Projektgruppe zur fortlaufenden
Planung und Durchführung der einzelnen Sitzungen. Ziel dieses Beteiligungsmodells
war es, in einem offenen und transparenten Verfahren einen breit angelegten
28 Das gesamte Bürgergutachten wurde veröffentlicht unter Stiftung Mitarbeit 1996. Über den Umsetzungsprozess berichtet Röhrleff 2001.29 Diese Informationen sind zu finden bei Sellnow 1998: 38-48 und Sellnow 2000. Neben der Sicht des Moderators gibt auch der Auftraggeber Einblick in das Verfahren (vgl. Stadt Heidelberg 1999).
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 15
Informationsaustausch auf kommunaler Ebene zu organisieren sowie den Versuch einer
Verständigung unter den Beteiligten über eine am Gemeinwohl orientierte Verkehrspo-
litik zu machen. Nicht zuletzt ging es darum, Empfehlungen für Maßnahmen zur Ver-
besserung der Verkehrssituation an die Bürger, die Verwaltung und den Gemeinderat
der Stadt Heidelberg zu tragen.
Von insgesamt 128 interessierten Gruppen, Initiativen, Verbänden, Institutionen und
Parteien in Heidelberg nahmen durchschnittlich 66 Vertreter an den drei bis vier-
stündigen Sitzungen des Verkehrsforums teil. Mitglieder der Stadtverwaltung und ex-
terne Sachverständige hatten dabei eine Sonderrolle inne, indem sie einerseits ihre
Fachkenntnisse als Berater aktiv zur Verfügung stellten und andererseits die Diskussio-
nen der Interessenvertreter als Informationsquelle für Anregungen und Bedenken nutzen
sollten. Besonders hervorzuheben ist dabei die Zusammenarbeit mit einem von der
Stadt beauftragten Gutachter, der inhaltliche Vorgaben des Verkehrsforums in seinen
Szenarien für eine Computersimulation des Verkehrs in Heidelberg berücksichtigte, um
die Auswirkungen von Vorschlägen sachlich diskutieren zu können. Während der
zweijährigen Arbeit gehörten v.a. die ausführliche Bestandsaufnahme der Verkehrspro-
bleme in Heidelberg, die Aufstellung von Bewertungskriterien für entsprechende
Lösungsansätze, die Erarbeitung eines Verkehrsleitbildes und verschiedener Maßnah-
menpakete zu den inhaltlichen Aufgaben des Verkehrsforums. Diese Arbeitsergebnisse
wurden von einem privaten Planungsbüro für den Verkehrsentwicklungsplan, der im
Mai 1994 vom Gemeinderat mehrheitlich beschlossen wurde, fachlich überarbeitet.
Für den methodischen Rahmen des Verkehrsforums war ein persönlich unabhängiger
und neutraler Moderator zuständig, der dabei insbesondere für einen Interessenausgleich
bei der Meinungsbildung sorgen sollte und auftretende Konflikte zwischen den Betei-
ligten im Wege eines gesonderten Vermittlungsverfahrens beizulegen hatte. Bei Ab-
stimmungen wurde weitgehend ein Konsens im Verkehrsforum angestrebt. Ansonsten
wurde ein mehrheitliches Meinungsbild mit den davon abweichenden Voten formuliert.
Obwohl längst nicht jedes Verhandlungsergebnis im Verkehrsforum von allen Interes-
sengruppen akzeptiert wurde, sollte die verständigungsorientierte Vorgehensweise zur
Entstehung einer neuen Streitkultur in Heidelberg beitragen.
Die Zukunftskonferenz der Rheinbahn Düsseldorf
Durch die öffentliche Diskussion um die Planung einer neuen U-Bahn-Linie durch die
Düsseldorfer Innenstadt sah sich die Rheinbahn veranlasst, in einen aktiven Dialogpro-
zess mit den eigenen Kunden, den Entscheidungsträgern der Stadt und anderen wicht i-
gen Interessengruppen einzutreten. Nach einem öffentlichen Aufruf nahmen
16 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
53 Bürgerinnen und Bürger an einer Auftaktveranstaltung im Juni 2000 teil. Seitdem
wurde in vier Plenums- und zwölf Arbeitsgruppensitzungen dieses Bürgerforums zu-
nächst die gegenwärtige Situation beschrieben, um anschließend auf dieser Grundlage
Fragestellungen und Empfehlungen für die Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf zu
erarbeiten. Gemeinsam mit dem Auftraggeber Rheinbahn und dem Moderationsteam
der iku GmbH bereitete das Bürgerforum für Januar 2001 eine abschließende Zukunfts-
konferenz vor, um zusammen mit wichtigen Interessengruppen gemeinsam getragene
Ziele und Maßnahmenvorschläge zum Nahverkehr in Düsseldorf zu entwickeln.
Für die Einladung eines möglichst umfassenden Teilnehmerspektrums aus Politik, Ver-
waltung, Verbänden, Unternehmen, Vereinen und anderen Institutionen wurde vorab
versucht, das System Nahverkehr mit Hilfe von acht Hauptinteressen zu beschreiben, zu
denen sich jeweils auch Vertreter des Bürgerforums zuordneten. Während der zweiein-
halb Tage dauernden Zukunftskonferenz arbeiteten 53 Personen in der Gesamtgruppe,
an nach diesen Interessen sortierten Tischen und in gemischten Kleingruppen unter Be-
rücksichtigung möglichst vieler verschiedener Blickwinkel in einem Raum zusammen.
Nach einem von der Moderation klar strukturierten Ablauf legten die Teilnehmer weit-
gehend eigenständig die notwendigen Informationsgrundlagen, entwarfen den aus ihrer
Sicht wünschenswerten Zustand des Düsseldorfer ÖPNVs im Jahre 2010, einigten sich
auf gemeinsame Ziele und entwickelten schließlich Vorschläge für ein Handlungspro-
gramm zu deren Umsetzung. Für Rückfragen waren Verantwortliche der Rheinbahn in
einer passiven Beraterrolle anwesend. Die Rheinbahn plant, die Ergebnisse der Zu-
kunftskonferenz an den Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf zu übergeben und
selbst im Rahmen eines erneuten Treffens zum Stand der Umsetzung Stellung zu neh-
men.30
Im Anschluss wird exemplarisch auf einzelne Stärken und Schwächen der vorgestellten
Beteiligungsverfahren eingegangen, um ihre jeweiligen Beiträge zur Ausgestaltung des
ÖPNVs hervorzuheben. In der Tabelle 2 werden dazu die wesentlichen Charakteristika
noch einmal zusammengefasst und gegenübergestellt.
30 Diese Informationen sind der Gesamtdokumentation der Moderation entnommen: iku GmbH 2001. In Kapitel 3.1 findet sich eine ausführlichere Vorstellung des Fallbeispiels.
2.2 Ausgewählte informelle Beteiligungsverfahren 17
Tabelle 2: Informelle Beteiligungsverfahren im ÖPNV (Eigene Darstellung)
Vergleichs-kriterium
KundenforumStadtwerkeDortmund (DSW)
BürgergutachtenÜSTRA-Verkehrs-betriebe Hannover
VerkehrsforumStadt Heidelberg
ZukunftskonferenzRheinbahn Düssel-dorf
Anlass,Ziel/Zweck
direkten & kontinu-ierlichen Kunden-kontakt schaffen
Bürger- & Fahrgast-beteiligung imÖPNV stärken
Verständigung überstrittige verkehrspo-litische Fragen
Reaktion auf öffent-liche Debatte überU-Bahn-Planungen
Kurzbe-schreibung(Merkmale& Ablauf)
zu 2 Schwerpunkt-themen: VorstellungBefragungsergebnis-se, Diskussion imPlenum, Feedback
vergütete Bearbei-tung von Planungs-aufgaben durchLaien als angeleite-ter Gruppenprozess
Beteiligungsmodellfür Verkehrsplanung(Bestandsaufnahme,Bewertung, Ziele,Maßnahmenpakete)
Planungs- & Dia-loginstrument fürGroßgruppen zurIntegration verschie-dener Interessen
PlanerischeDimension
Angebots-&Service-qualität auf DSW-Betriebssebene
zukünftige Ausge-staltung des ÖPNVin Hannover
gesamtstädtischeVerkehrsentwick-lung in Heidelberg
zukünftige Ausge-staltung des ÖPNVin Düsseldorf
ZeitlicherUmfang(Dauer &Häufigkeit)
Vorabbefragung &deren Auswertung;Foren: 4x im Jahr –jeweils ca. 3 Stunden
12 Planungszellen,die jeweils 4 Tagedauern (z.T. paralleldurchführbar)
34 Treffen in 26Monaten (d.b. ca.alle 3 Wochen),jeweils 3-4 Stunden
umfangreiche Vo r-bereitungsphase, 2 ½Tage Veranstaltung,Umsetzungsprozess
Teilnahme-Auswahl-verfahren
Ansprache v.Kundenper Zufallsprinzip;bei Einladung:3 Fahrgastgruppen &soziodemographi-sche Kriterien
Zufallsstichprobedes Einwohnerme l-deamtes Hannover,Kontaktaufnahmezur Klärung d. Teil-nahmebereitschaft
Einladung der Ober-bürgermeisterin nachStellvertreterprinzipan 128 ausgewählteGruppen, Vereine,Initiativen, Parteien
Identifizierung von8 Hauptinteressenzum Nahverkehr,Einladung von max.8 Vertretern proInteresse
Gruppen-zusammen-setzung &-größe
ca. 60 Kunden (je1/3 Abonnenten,Käufer von Monats-karten bzw. Einze l-fahrausweisen) +Fachbereichsleiter
12x25 Bürgerinnen& Bürger (möglichstfür Gesamtbevölke-rung repräsentativeZusammensetzungangestrebt)
durchschnittlich 66Interessenvertreterpro Treffen anwe-send, plus einzelneöffentliche Informa-tionsveranstaltungen
22 Mitglieder desBürgerforums plus31 Interessenvertre-ter aus Politik, Ve r-waltung, Wirtschaft,Verbänden etc.
Arbeitswe i-se: Steue-rungs- &Strukturie-rungsgrad
Themenvorgabe,konkrete Fragestel-lungen für Diskus-sion & Bewertun-gen, Freiräume vor-handen
16 stark strukturierteArbeitseinheiten mitvorgegebenen The-men, Kleingruppen-arbeit, Praxistests &Bewertungsaufgaben
Vorbereitung derSitzungen durchProjektgruppe, Teil-nehmerorientierungdurch flexible Mode-rationsmethoden
festes Ablaufschema& Regieanweisun-gen für Kleingrup-penarbeit, aber keineinhaltlichen Vorga-ben
FachlicherInput/ Ex-pertenun-terstützung
Bereitstellung vonMaterialien&Plänen/bei Rückfragen &Statements zu Vo r-schlägen
Gezielte Informati-onseingabe durchSachverständige/Fachleute für Rück-fragen anwesend
Qualifikation & Be-ratung durch interne& externe Fachleute,Einbindung einesGutachters
nicht beabsichtigt,bei Bedarf Vertreterder Rheinbahn alsBerater anwesend
Konfliktbe-arbeitung/Konsens-orientierung
nicht beabsichtigt,unterschiedlicheMeinungen werdenzu Kenntnis ge-nommen
nicht beabsichtigtwg. quantitativerAuswertung & Do-kumentation abwei-chender Voten
Konsens angestrebt,Dokumentationabweichender Voten,eigenes Verfahrenfür Konfliktmittlung
Fokus auf Gemein-samkeiten statt aufKonflikte, Konsensüber Ziele für dieZukunft
Ergebnisse Gegenwärtige Stär-ken & Schwächender Unternehmens-dienstleistung sowieVerbesserungsvor-schläge aus Kunden-sicht
mehr als 100 Aussa-gen & Empfehlun-gen zum ÖPNV plusEinzelstellungnah-men & Gruppenvo-ten zu Bewertungs-fragen
neue „Streitkultur“,Verkehrsleitbild,Maßnahmenemp-fehlungen fürÖffentlichkeit, Ver-waltung & Politikzur Umsetzung
Mobilisierung allerBeteiligten für ge-meinsame Ziele undMaßnahmenvor-schläge zur Optimie-rung des ÖPNVs
Verbind-lichkeit/Feedbackzur Umset-zung
Selbstverpflichtungzur Überprüfung vonKritik&Anregungen,mündl. & schriftl.Stellungnahme
Fortlaufende Infor-mation über Standder Umsetzung,Begründung im Falleder Nichtumsetzung
FachlicheÜberarbeitung derErgebnisse für einenVerkehrsentwick-lungsplan
Stellungnahme zumStand der Umset-zung durch Auftrag-geber bei erneutemTreffen zugesagt
18 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs
Obwohl alle vier Fallbeispiele von den jeweils beteiligten Akteuren als erfolgreich be-
zeichnet werden, bleibt die Frage nach den Maßstäben für diese Bewertung offen. All-
gemein wird mit der Durchführung von informellen Beteiligungsverfahren die
Verknüpfung von drei wesentlichen Zielen angestrebt: Legitimation von Entscheidun-
gen, Steigerung der Planungseffizienz und Identifikation mit den Ergebnissen31.
Grundsätzliche Ziele von informellen Beteiligungsverfahren
Zum einen soll die Mitwirkung weiterer Akteure zur Legitimation von späteren Ent-
scheidungen der Verantwortlichen beitragen. Auf den ÖPNV bezogen könnte die expli-
zite Berücksichtigung der Kundensicht zur Vermittlung zwischen politischen und
unternehmerischen Interessen geeignet sein. Dies spielt sowohl für die Aufstellung des
Nahverkehrsplans als auch bei der späteren Konkretisierung der einzelnen Mobilitäts-
dienstleistungen eine wichtige Rolle.
Zum anderen zielt Beteiligung auf die Erhöhung der Effizienz ab, indem die Planungs-
vorhaben auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse und die Verhältnisse vor Ort abge-
stimmt werden. Auch wenn professionelle Verkehrsplaner mit ihren Entwürfen
sicherlich in kürzerer Zeit eine höhere fachliche Qualität vorweisen könnten, sind die
Ergebnisse informeller Beteiligung als Abwägungsbaustein z.B. für Mängelanalyse,
Zielsystem, Maßnahmenbewertung und Prioritätensetzung in formellen Planungspro-
zessen sehr wichtig, um kostenträchtige Fehlplanungen zu vermeiden. 32
Außerdem erfahren die Entscheidungsträger mehr über die Kompromissbereitschaft der
einzelnen Akteure, ihre eigenen Positionen „in Anerkennung anderer berechtigter Inter-
essen oder gar eines »Gemeinwohlinteresses« zu verändern“33. Als drittes Ziel lässt sich
somit die Identifikation der Beteiligten mit den erarbeiteten Ergebnissen festhalten.
Die Erreichung dieser Ziele ist für die Planung und Koordination eines attraktiven
ÖPNV-Angebots entscheidend. Dazu können die vorgestellten Beteiligungsverfahren
auf den unterschiedlichen Ebenen von (Kommunal-)Politik, Verkehrsverbund oder Un-
ternehmen angesiedelt werden. Spätestens für die Umsetzung der Ergebnisse sind
jedoch Abstimmung und Kooperation mit den anderen Akteuren aus dem 3-Ebenen-
Modell erforderlich. Es empfiehlt sich daher deren frühzeitige Einbindung in das jewei-
lige Verfahren, weil die von Laien erarbeiteten Vorschläge i.d.R. nicht auf die komplexe
31 Vgl. hierzu Bischoff, Selle & Sinning 1995: 17-1832 Vgl. Sellnow 1998: 4733 Sellnow 1998: 47
2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs 19
Organisation der Zuständigkeiten im ÖPNV Rücksicht nehmen. Relevant für die Aus-
wahl eines geeigneten Planungs- und Dialoginstrumentes sollten somit v.a. dessen po-
tenzielle Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs sein. Dabei sind die unterschiedlichen
Charakteristika der Fallbeispiele zu berücksichtigen. Dies wird im Folgenden exempla-
risch an der Teilnehmerzusammensetzung, der Rolle von Experten und dem Aufwand-
Ertrags-Verhältnis erläutert.
Die Zusammensetzung der Teilnehmer
Im Gegensatz zur bisherigen Praxis darf sich die ÖPNV-Planung nicht mehr aus-
schließlich auf die Deckung des vorhandenen Bedarfs konzentrieren, sondern muss sich
im Rahmen eines zukunftsfähigen ÖPNVs stärker an den Mobilitätsbedürfnissen (vgl.
Kapitel 1.2) orientieren, um zusätzliche Nachfragepotenziale erschließen zu können. 34
Mit der Konzeption des Kundenforums lassen sich aber nur die Wahrnehmungen der
heutigen Kunden zum derzeitigen Angebot erfassen. Um die Anforderungen von zu-
künftigen Kunden unter einer eher mittel- bis langfristigen Perspektive berücksichtigen
zu können, müssen zumindest auch bisherige Nicht-Nutzer des ÖPNVs einbezogen
werden. Beim Bürgergutachten geschieht dies über die Zufallsstichprobe des
Einwohnermeldeamtes, während bei der Zukunftskonferenz dieser Aspekt bei der Iden-
tifizierung von Interessen zum ÖPNV als Grundlage für die Teilnehmerauswahl zur
Geltung kommt. Durch das Stellvertreterprinzip ist allerdings auf der Zukunftskonfe-
renz genauso wie im Verkehrsforum das Problem der sozialen Selektivität (d.h. die
Überrepräsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen) noch nicht zufrieden stellend
gelöst.35
Die Rolle der Experten
Damit der ÖPNV nicht eine „schwer begreifbare Insider-Veranstaltung“ 36 bleibt, sollten
v.a. die Laien im Rahmen von informellen Beteiligungsverfahren ihre Wissenspoten-
ziale zu denen der Fachleute beisteuern können. Beim Bürgergutachten und beim Ver-
kehrsforum wird davon ausgegangen, dass die Teilnehmenden erst durch die ÖPNV-
Experten fachlich qualifiziert werden müssen, bevor sie ihren eigentlichen Arbeitsauf-
trag erfüllen können. Beim Kundenforum und bei der Zukunftskonferenz kommen da-
gegen zuerst die Beteiligten mit ihren Vorstellungen zu Wort, für die im Anschluss die
jeweils Verantwortlichen die konkreten Umsetzungsmöglichkeiten zu überprüfen
34 Zur Problematik der potenziellen ÖPNV-Nachfrage siehe Landkreis Kulmbach 1999: 114ff.35 Vgl. Reinert 1998: 11536 Werner 2000: 86
20 2. Planungs- und Dialoginstrumente im ÖPNV
haben.37 Auch über die Vorgabe von Inhalten und Themen für die Beteiligung beim
Bürgergutachten und beim Kundenforum wird eine hervorgehobene Stellung der Ex-
perten im Verfahren deutlich, während darüber die Teilnehmenden beim Verkehrsforum
und bei der Zukunftskonferenz im Wesentlichen selbst entscheiden können.
Das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag
Nicht zuletzt wird von potenziellen Auftraggebern immer wieder nach dem Verhältnis
von Aufwand zu Ertrag bei Beteiligungsverfahren gefragt, das sich aber zumindest in
monetären Einheiten nicht sinnvoll beschreiben lässt. Wird dagegen die Bereitschaft der
Beteiligten zur Kommunikation als knappe Ressource betrachtet38, so stellt sich die
Frage, ob eine intensive und dauerhafte Mitwirkung über zwei Jahre in einem Verkehrs-
forum nicht zuviel verlangt ist. Hinzu kommt die hohe Beteiligungsschwelle für Laien
in großen Plenumsveranstaltungen wie beim Kunden- und dem Verkehrsforum. Durch
die Arbeit in Kleingruppen mit wechselnder Zusammensetzung wird es jedem Einzel-
nen beim Bürgergutachten genauso wie bei der Zukunftskonferenz erleichtert, die eige-
ne Perspektive aktiv und gleichberechtigt einbringen zu können. Die Zukunftskonferenz
ist in diesem Zusammenhang auch deshalb attraktiv, weil die Teilnehmenden innerhalb
von zweieinhalb Tagen weitgehend eigenständig konstruktive Ergebnisse produzieren,
die nicht durch eine Vielzahl von abweichenden Voten verwässert werden, sondern auf
den vorher identifizierten Gemeinsamkeiten aufbauen. 39
Fazit
Abschließend sei aber auch auf die Grenzen der vorgestellten Methoden hingewiesen,
weil sie „weder Allheilmittel noch beliebig einsetzbare Steuerungsinstrumente“40 sein
können. Es handelt sich vielmehr um Hilfsmittel zur Verknüpfung von Personen und
Sachthemen bzw. Planungsaufgaben. Um der Exklusivität der Teilnahme an einem iso-
lierten Beteiligungsverfahren zu begegnen, sind i.d.R. eine auf den Einzelfall abge-
stimmte Kombination von verschiedenen Methoden zu entwickeln. Neben den
vorgestellten Planungs- und Dialoginstrumenten kommen hier insbesondere eine be-
gleitende Öffentlichkeitsarbeit, offene Beteiligungsmöglichkeiten sowie die ergänzende
Aktivierung besonderer Zielgruppen in Betracht.41 Aus Sicht des Verfassers verspre-
chen Zukunftskonferenzen in diesem Kontext u.a. deshalb interessante Beiträge zur
37 Zum Verhältnis von Laien- und Expertenwissen siehe bei Selle 2000: 160-161.38 Vgl. Selle 2000: 1839 Vgl. Weisbord 1996: 1340 Bischoff, Selle & Sinning 1995: 14841 Vgl. Reinert 1998: 126 und Bischoff, Selle & Sinning 1995: 15+17
2.3 Mögliche Beiträge zur Ausgestaltung des ÖPNVs 21
Ausgestaltung des ÖPNVs, weil sie sich durch eine heterogene Zusammensetzung der
Teilnehmer, den Verzicht auf Experten für die Informationsbereitstellung, selbstgesteu-
erte Arbeit in Kleingruppen, eine zeitlich-kompakte Veranstaltungsform und nicht zu-
letzt durch die Orientierung auf eine gemeinsame Basis und konstruktive Ergebnisse
auszeichnen. Daher wird nun die konkrete Durchführung der Zukunftskonferenz im
Beteiligungsprozess Nahverkehr21 in Düsseldorf etwas ausführlicher dargestellt, um
anschließend die Konzeption und die Fragestellungen sowie das methodische Vorgehen
für die beabsichtigte Evaluation entwickeln und begründen zu können.
22 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf
Die Einbindung einer Zukunftskonferenz in ein informelles Beteiligungsverfahren zur
Planung des zukünftigen ÖPNVs fand nach Kenntnis des Verfassers zum ersten Mal in
Deutschland statt. Daher wird im Folgenden näher auf das Fallbeispiel der Initiative
Nahverkehr21 der Rheinbahn in Düsseldorf eingegangen als das in Kapitel 2.2 bereits
geschehen ist. Das dort schon erwähnte Bürgerforum war neben Auftraggeber und Mo-
derationsteam v.a. an der konzeptionellen Vorbereitung der Zukunftskonferenz beteiligt,
wie auch aus der Darstellung der Prozessstruktur in Abbildung 5 hervorgeht.
Abbildung 5: Struktur des Beteiligungsprozesses Nahverkehr21 (aus iku GmbH 2001: 5)
Die Auswahl der Teilnehmer
Das gemeinsame Ziel war es, die im Rahmen des Bürgerforums diskutierten Frage- und
Problemstellungen im ÖPNV mit Hilfe der Zukunftskonferenz in konsensorientierte
Empfehlungen zu überführen. Dazu sollten neben Mitgliedern des Bürgerforums Ver-
treter von wichtigen Entscheidungsträgern und Interessengruppen in Düsseldorf für die
Teilnahme gewonnen werden. 42 Um dem häufigen Problem der unvernetzten Bearbei-
tung von komplexen Planungsaufgaben zu begegnen, wird bei der Zusammensetzung
der Teilnehmer versucht, das ganze System in einen Raum zu bringen. 43 Dieser allge-
meine Grundsatz der Zukunftskonferenz musste zunächst für den ÖPNV konkretisiert
werden, um für eine zielorientierte Arbeit alle relevanten themen- und akteurs-
42 Vgl. iku GmbH 2001: 5, 743 Siehe hierzu die Ausführungen von Häusler & Schadt 2000: 59ff, 150ff zu Zukunftskonferenzen sowie zum Umgang mit komplexen Systemen und vernetzten Denken.
BürgerforumBürgerforum
AG 2AG 2
AG 3AG 3
BeiratBeirat
Zukunfts-Zukunfts-
konferenzkonferenz
konsensorientiertekonsensorientierteEmpfehlungenEmpfehlungen
FragestellungenFragestellungen
AG 1AG 1
AuftaktAuftakt
AntwortenAntworten
3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf 23
bezogenen Aspekte berücksichtigen zu können. Für die Auswahl von Teilnehmern wur-
de daher mit der Formulierung von acht Hauptinteressen versucht, das System Nahver-
kehr möglichst vollständig und sinnvoll abzubilden. In enger Abstimmung zwischen
Bürgerforum, Rheinbahn und dem Moderationsteam wurden Vorschläge zu Vertretern
von Institutionen aus Düsseldorf gemacht, die aus einem dieser Blickwinkel heraus an
der Zukunftskonferenz mitwirken sollten. Da die Arbeitsweise in Kleingruppen auf der
bewussten Durchmischung bzw. Trennung der acht Interessen beruht, konnten jeweils
bis zu acht Vertreter eingeladen werden. Bei Absagen durften weitere Mitglieder aus
dem Bürgerforum unter Zuordnung eines bestimmten Blickwinkels teilnehmen. 44 Die
Struktur der endgültigen Teilnehmerzusammensetzung ist Abbildung 6 zu entnehmen.
Abbildung 6: Teilnehmer der Zukunftskonferenz nach Blickwinkeln sortiert(Eigene Darstellung nach iku GmbH 2001: 7, 40-42)
Allgemeine Prinzipien der Methode Zukunftskonferenz
Neben den besonderen Anforderungen an die Teilnehmergewinnung sind bei der Durch-
führung von Zukunftskonferenzen weitere grundlegende Prinzipien zu beachten:45
• Fokus auf Zukunft statt auf Probleme, um eine konstruktive Diskussion über wün-schenswerte Ziele zu ermöglichen und die Teilnehmer für deren Realisierung zumobilisieren;
• Gemeinsamkeiten finden statt Konflikte bearbeiten, um Energie und Motivation derTeilnehmer für gemeinsame Anliegen zu nutzen und unproduktive Polarisierungenzu vermeiden;
44 Siehe Darstellung des Auswahlverfahrens und Teilnehmerliste in iku GmbH 2001: 7, 40-43.45 Vgl. Hünecke 1998: 85-86
Ich möchte Vorrangfür den ÖPNV.
Ich möchte mich auch ohneOrtskenntnisse im ÖPNV in Düsseldorf einfach zurecht findenkönnen.
Ich möchte ohneBelästigungen & Übergriffeden ÖPNV nutzen können.
Ich möchte schnell und ohneStress zur Arbeit bzw. Schulekommen und Einkäufe erledigenkönnen.
Ich möchte einenwirtschaftlicheren ÖPNV.
Ich möchte eineoptimale Verknüpfungaller Verkehrssysteme. Ich möchte, dass der ÖPNV
für jeden nutzbar ist.
Ich möchte eine gute Verknüpfung der Stadtteile untereinander und mit der City.
Das ganze Systemin einem Raum
Bund für Umwelt und Naturschutz(Landesverband Düsseldorf)
Pro Bahn
Deutsche Bahn AG,Regionalbahn Rhein-Ruhr
Regiobahn GmbH
Bürgerforum (3 Pers.)
Hotel- und Gaststättenverband
Bürgerforum (6 Pers.)
Bundesgrenzschutz,Abt. Öffentlichkeitsarbeit
Polizeipräsidium Düsseldorf (2 Pers.)
Altstadt-Armenküche(Obdachlosenhilfe)
Weißer Ring
Ordnungsamt Stadt Düsseldorf
Bürgerforum (1 Pers.)
Daimler Chrysler(Werk Düsseldorf)
Einzelhandelsverband
Deutscher Hausfrauenbund
Bürgerforum (2 Pers.)
Industrie- und Handelskammer
Stadt Düsseldorf,Verkehrsentwicklungsplanung
Bündnis90/ Die Grünen (2 Pers.)
Bürgerforum (3 Pers.)
Messe Düsseldorf GmbH
Verkehrsclub Deutschland,Kreisverband Düsseldorf
Automobil Club Europa
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr GmbH
ADAC Nordrhein
Bürgerforum (2 Pers.)
Verbraucherzentrale NRW
Seniorenbeirat
Haus der Kirche
SPD-Ratsfraktion
Bürgerforum (4 Pers.)
ArbeitsgemeinschaftDüsseldorfer Bürger-und Heimatvereine
Bezirksvertretung 2
Bezirksvertretung 3
Bezirksvertretung 4
Bürgerforum (1 Pers.)
24 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
• Das ganze, offene System untersuchen, um eine vernetzte Bearbeitung der Pla-nungsaufgabe zu gewährleisten und die Vielfältigkeit der Interessen, Werte und An-sichten in den Entwurf gemeinsamer Zukünfte einfließen zu lassen;
• In selbststeuernden Kleingruppen arbeiten, um die Beteiligungsmöglichkeiten fürden Einzelnen zu stärken und ihre Verantwortung für Inhalte und Ergebnisse zu be-tonen;
• Maßnahmen erst planen, wenn Konsens über Ziele erreicht ist, um Widerständenund Widersprüchen bei der Erarbeitung des Handlungsprogrammes und der Gefahrvon unnötigen Detaildiskussionen vorzubeugen.
Der Veranstaltungsablauf
Vom 26. bis zum 28. Januar 2001 kamen insgesamt 31 Vertreter von Interessengruppen
und 22 Mitglieder des Bürgerforums in den Düsseldorfer Rheinterrassen zusammen, um
an der Zukunftskonferenz Nahverkehr21 der Rheinbahn teilzunehmen. Im Folgenden
wird der Ablauf der Veranstaltung beschrieben und kurz auf die Funktion der einzelnen
Arbeitsphasen (siehe Abbildung 7) eingegangen46. Das vollständige Programm ist im
Anhang beigefügt. Auf eine ausführliche Ergebnisdarstellung wird an dieser Stelle ver-
zichtet, weil diese im Rahmen der Evaluation bei der Frage nach der inhaltlichen Qua-
lität in Kapitel 6 erfolgt.
Abbildung 7: Ablauf einer Zukunftskonferenz (Eigene Darstellung nach Hüneke 1998: 86-87)
Die Zukunftskonferenz begann am Freitag Nachmittag mit einer Einführung durch den
Auftraggeber und die Moderation. Für das erste Kennenlernen saßen die Teilnehmer in
acht gemischten Tischgruppen zusammen, die jeweils einen Querschnitt der
46 Eine ähnliche Zusammenfassung findet sich in einem noch unveröffentlichten Zeitschriftenartikel, der voraussichtlich in Der Nahverkehr 9/2001 erscheinen wird. Da der Verfasser maßgeblich daran mitgewirkt hat, sind textliche Überschneidungen nicht vollständig auszuschließen.
1. Rückblick in die 1. Rückblick in die VergangenheitVergangenheit
2. Gegenwart 2. Gegenwart erkundenerkunden
3. Zukunftsbilder 3. Zukunftsbilder
entwickelnentwickeln
4. Gemeinsamkeiten 4. Gemeinsamkeiten
identifizierenidentifizieren
5. Maßnahmen 5. Maßnahmen
planenplanen
* Entwicklung und Meilensteine* Darstellung auf Zeitleiste
* Blick nach außen: Trends und Entwicklungen* Blick nach innen: Stärken und Schwächen
* Brainstorming* Kreative Gruppenarbeit * Verhandlungen
und Konsenssuche * Liste ungelöster Differenzen
* Handlungsprogramm erarbeiten* Gemeinsamer Abschluss
3.1 Der Beteiligungsprozess Nahverkehr21 Düsseldorf 25
Gesamtgruppe darstellten, um das Prinzip des ganzen Systems in einem Raum zu ver-
deutlichen. In dieser Konstellation sollten die Teilnehmer in der folgenden Arbeitsphase
Meilensteine aus der Geschichte des ÖPNVs in Düsseldorf von 1970 bis 2000 auf Kar-
ten sammeln. Durch die Übertragung der persönlichen Wahrnehmungen und Kenntnisse
auf eine große Zeitleiste im Plenum wurden alle Teilnehmer auf einen gemeinsamen
Ausgangspunkt für die anstehenden Aufgaben gebracht. Darüber hinaus diente dieser
Rückblick in die Vergangenheit dazu, ein gemeinsames Verständnis für bisherige Ent-
wicklungen und ein Zeitgefühl für Veränderungsprozesse zu bekommen. 47
In einem nächsten Schritt wurde nach den bereits heute erkennbaren Rahmenbedingun-
gen und Trends gefragt, die auf die weitere Entwicklung des ÖPNVs einwirken. Dieser
Blick nach außen sollte aus den acht verschiedenen Blickwinkeln heraus erfolgen, so
dass die Sitzordnung in dieser Phase nach Interessen sortierte Tische vorsah. Die Be i-
träge wurden in den Gruppen auf Karten gesammelt, anschließend im Plenum gemein-
sam sortiert, mit Oberbegriffen versehen und von den Teilnehmern mit Klebepunkten
hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Zukunft des ÖPNVs in Düsseldorf gewichtet. Mit
dieser Vorgehensweise konnten die subjektiven, handlungsleitenden Zukunftserwartun-
gen für die Fortsetzung der Arbeit am nächsten Tag transparent gemacht werden. 48
Am Samstag Vormittag setzten die Tischgruppen ihre Analyse der gegenwärtigen Si-
tuation fort, indem sie vor dem Hintergrund des von ihnen zu vertretenen Interesses die
jeweils fünf wichtigsten Stärken und fünf wichtigsten Schwächen des ÖPNVs in Düs-
seldorf für eine anschließende Diskussion im Plenum benennen sollten. Im Gegensatz
zu den sonst üblichen Expertendiagnosen erhöht sich dadurch die Chance, dass sich die
Teilnehmer diese selbst erarbeitete Ausgangsbasis für ihre Zukunftsentwürfe aneig-
nen.49
Noch vor der Mittagspause wurden die Teilnehmer aufgefordert, den aus ihrer Sicht
wünschenswerten Zustand des ÖPNVs in Düsseldorf im Jahre 2010 zu beschreiben. Um
dabei nicht nur die Rahmenbedingungen und Trends sowie die vorhandenen Stärken
und Schwächen, sondern auch die im System vertretenen Blickwinkel zu berücksichti-
gen, mussten die Teilnehmer in dieser entscheidenden Phase an gemischten Tischen
erarbeiten, was sie gemeinsam für die Zukunft erreichen wollten. Die Ergebnisse dieser
Gestaltungsprozesse in den Kleingruppen sollten am Nachmittag im Plenum möglichst
47 Vgl. iku GmbH 2001: 5, 11-1348 Vgl. Burow 2000: 175-176 sowie iku GmbH 2001: 5-6, 13-1549 Vgl. Burow 2000: 177-178 sowie iku GmbH 2001: 6, 15-19
26 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
kreativ präsentiert werden. In einer hochmotivierten und produktiven Arbeits- und
Dialogatmosphäre entstanden auf diese Weise u.a. ein nachgestelltes Fernsehinterview,
zwei Gedichte über die Rheinbahn und weitere Rollenspiele.50 Parallel versuchte die
Moderation, die in den Präsentationen implizit artikulierten Ziele für den ÖPNV der
Zukunft auf Karten festzuhalten, die im anschließenden Plenum von den Teilnehmern
sortiert, ergänzt bzw. geändert werden konnten. Nach der Formulierung von Oberbegrif-
fen ging es in dieser Phase darum, durch die Identifizierung von Gemeinsamkeiten und
Differenzen einen Konsens über diese Ziele in der Gesamtgruppe zu erreichen. 51
Am Sonntag Vormittag mussten zunächst noch einmal alle Teilnehmer die gemeinsa-
men Ziele der Zukunftskonferenz bestätigen, bevor diese zur Erarbeitung eines Hand-
lungsprogramms auf acht thematische Kleingruppen verteilt wurden. Insgesamt
entwickelten die Teilnehmer 67 Maßnahmenvorschläge zur Attraktivierung des Nah-
verkehrs in Düsseldorf, meist sogar unter Benennung von Verantwortlichkeiten und
Zeithorizont für die Realisierung, die zum Abschluss der Zukunftskonferenz im Plenum
vorgestellt wurden. 52
3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation
Da bisher noch keine weiteren Zukunftskonferenzen zur Ausgestaltung des ÖPNVs do-
kumentiert sowie Rahmenbedingungen und Datenlage für einen Vergleich mit anderen
informellen Beteiligungsverfahren zu unterschiedlich sind (vgl. Kapitel 2.2), bedient
sich die vorliegende Arbeit des Ansatzes einer strukturierenden, aber überwiegend de-
skriptiven Einzelfalluntersuchung. Nachdem der Kontext für dieses Vorhaben in den
bisherigen Kapiteln dargestellt worden ist, folgt nun eine entwicklungsorientierte Eva-
luation. Dazu werden die im Fallbeispiel gemachten Erfahrungen mit Hilfe von sozial-
wissenschaftlichen Methoden systematisch aufbereitet, um daraus Empfehlungen für
den Einsatz von Zukunftskonferenzen im ÖPNV abzuleiten. Auf absolute Bewertungs-
maßstäbe sowie auf statistisch überprüfbare Aussagen über kausale Zusammenhänge
muss bei dieser Konzeption allerdings verzichtet werden. 53
Theoriegeleitetes Vorgehen
Die Entwicklung der Fragestellungen soll anhand eines Grundschemas theoriegeleiteter
Evaluationsforschung erfolgen, bei dem die Zukunftskonferenz als soziale
50 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 20-2351 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 23-2652 Vgl. Burow 2000: 181 sowie iku GmbH 2001: 26-3253 Zu sozialwissenschaftlich gestützter Evaluation siehe bei Wottawa & Thierau 1998: 22, 32-35, 38. Zur Begründung von Einzelfalluntersuchungen in der Evaluation siehe bei Yin 1993: 59, 75.
3.2 Konzeption und Fragestellungen für die Evaluation 27
Interventionsstrategie charakterisiert wird. Diese soll im Folgenden als „organized ef-
fort to intervene in an ongoing social process for the purpose of solving a problem or
providing a service“54 verstanden werden. Grundlage für die Evaluation einer solchen
organisierten Anstrengung muss daher eine explizite Programmtheorie sein, die Be-
gründungen für das Veranstaltungskonzept, die methodische Umsetzung und die Wirk-
samkeit zur Erreichung der angestrebten Ergebnisse enthält. Die Struktur einer
Programmtheorie für den Einsatz von Zukunftskonferenzen im ÖPNV ist in Abbildung
8 dargestellt. Diese wird in den folgenden Kapiteln inhaltlich ausgearbeitet, um begrün-
dete Bewertungskriterien für die Evaluation des Fallbeispiels zu erhalten. 55
Abbildung 8: Struktur der Programmtheorie für die Evaluation(Eigene Darstellung in Anlehnung an Bamberg, Gumble & Schmidt: 37)
Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie?
In einem ersten Schritt ist zunächst die Frage zu klären, inwieweit das Veranstaltungs-
konzept und die methodische Umsetzung der Zukunftskonferenz der Rheinbahn über-
haupt als soziale Interventionsstrategie zur Förderung des ÖPNVs angelegt sind
(Kapitel 4). Dazu werden unterschiedliche Möglichkeiten zur Gestaltung von sozialpsy-
chologischen Interventionen erläutert (Kapitel 4.1), aus denen sich Anforderungen für
die anschließende Analyse des Veranstaltungskonzepts der Zukunftskonferenz ergeben
(Kapitel 4.2).56 Bei der Vorstellung des Fallbeispiels wurde bereits darauf hingewiesen,
dass die Funktionsweise der Zukunftskonferenz u.a. auf der Heterogenität der Teilneh-
mer und der Gruppe als Kommunikationssystem basiert. Dadurch werden erkennt-
nistheoretische Bezüge zum Konstruktivismus impliziert, die Auswirkungen auf
54 Chen 1990: 3955 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 14, 35-4856 Siehe hierzu z.B. Matthies 2000 sowie Homburg & Matthies 1998: 187-202.
Zukunftskonferenz Zukunftskonferenz als sozialeals soziale
InterventionsstrategieInterventionsstrategieim ÖPNVim ÖPNV
Mobilisierung für Mobilisierung für gemeinsame Ziele gemeinsame Ziele
& Maßnahmen& Maßnahmen
Beiträge zurBeiträge zurAusgestaltung eines Ausgestaltung eines
zukunftsfähigen ÖPNVs zukunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorfin Düsseldorf
Veranstaltungs-Veranstaltungs-konzeptkonzept
Methodische Methodische UmsetzungUmsetzung
DistaleDistaleErgebnisseErgebnisse
ProximaleProximaleErgebnisseErgebnisse
WirkungsmodellWirkungsmodell
Perspektiven• der Teilnehmer• des Auftraggebers
Kriterien• Inhaltliche Qualität• Katalytisches Potenzial
28 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
didaktische Kriterien für die methodische Umsetzung durch die Moderation haben (Ka-
pitel 4.3).57
Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte?
Als unmittelbare bzw. proximale Ergebnisse einer Zukunftskonferenz werden in der
Literatur und auch im Fallbeispiel eine Mobilisierung für gemeinsame Ziele und Maß-
nahmen genannt.58 Die Wirksamkeit kollektiver Planungsprozesse, wie sie im Rahmen
der Zukunftskonferenz stattfinden, beruht demzufolge auf den motivierten Handlungen
der individuellen Akteure, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge zur Op-
timierung des ÖPNVs einzusetzen. Für die Evaluation stellt sich daher die Frage, ob die
postulierten sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte tatsächlich eingetreten sind
(Kapitel 5). Zu deren Analyse ist eine weitere Strukturierung und Spezifizierung der zu
untersuchenden Variablen notwendig, für die das Wirkungsmodell der Theorie des ge-
planten Verhaltens (Kapitel 5.1) zu Grunde gelegt wird.59 Außerdem sind die Perspekti-
ven der Teilnehmer (Kapitel 5.2 bis 5.4) und des Auftraggebers (Kapitel 5.5) zu
unterscheiden, weil beim Letzteren die Hauptverantwortung für den Problemlösungs-
prozess60 bei der konkreten Ausgestaltung des ÖPNVs in Düsseldorf liegt.
Qualität der inhaltlichen Ergebnisse und Katalysatorfunktion?
Darüber hinaus interessieren vor dem thematischen Hintergrund der vorliegenden Ar-
beit auch die letztendlichen bzw. distalen Ergebnisse. Es geht also um die Frage, welche
Beiträge zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs zu erwarten sind. Da die
Evaluation des Fallbeispiels etwa vier Monate nach Durchführung der Zukunftskonfe-
renz ansetzt, hat die Rheinbahn mit der Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge gerade
erst begonnen, so dass eine Bewertung erzielter Verbesserungen im Düsseldorfer ÖPNV
nicht sinnvoll erfolgen kann. Stattdessen wird zum Einen die inhaltliche Qualität der
Ziele und Maßnahmen charakterisiert (Kapitel 6)61 und zum Anderen das katalytische
Potenzial der Zukunftskonferenz zur Förderung des ÖPNVs aufgezeigt (Kapitel 7).62
Die an dieser Stelle erfolgte Ausdifferenzierung der Fragestellungen für die Evaluation
lässt sich mit der Formulierung im Titel der Diplomarbeit zusammenfassen: Die Zu-
kunftskonferenz – ein Planungs- und Dialoginstrument als Katalysator zur Ausgestal-
tung eines zukunftsfähigen Öffentlichen Personen-Nahverkehrs?
57 Siehe hierzu z.B. Schüßler & Bauerdick 1997: 43-52 sowie Siebert 199758 Vgl. zur Bonsen 2000 sowie iku GmbH 2001: 559 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 97-99 sowie Ajzen 1988: 112ff60 Vgl. Rost 1992: 145-14961 Ansätze u.a. bei Werner 2000: 87ff; Pez 1998: 240ff + 284ff; Homburg & Matthies 1998: 173ff62 Beispiele hierfür liefern v.a. Weisbord & Janoff 2000: 30-45 sowie Weisbord 1996: 5.
3.3 Methodisches Vorgehen 29
3.3 Methodisches Vorgehen
Die Auswahl wissenschaftlicher Forschungsmethoden muss sich an den Besonderheiten
des oben skizzierten Evaluationsvorhabens orientieren. Da in diesem Falle die Anforde-
rungen an das Messniveau gering sind und stattdessen die Kompatibilität zu verbalen
Interpretationen im Vordergrund steht, wird auf das methodische Prinzip der Schatten-
kontrollen zurückgegriffen. 63 Dazu nimmt der Verfasser eine Begutachtung von Kon-
zept und methodischer Umsetzung sowie der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse der
Zukunftskonferernz anhand begründeter Bewertungskriterien aus der Literatur vor. Auf
die Untersuchung der sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte wird im Rahmen
der summativen Evaluation ein Schwerpunkt gelegt, der eine Befragung von ausge-
wählten Teilnehmern und des Auftraggebers umfasst.
Die Gesprächspartner bei den Teilnehmern
Die Gruppe der 53 Teilnehmer der Zukunftskonferenz lässt sich zum Einen nach den
acht Blickwinkeln und zum Anderen nach Vertretern von Interessengruppen und des
Bürgerforums differenzieren. Außer dem Geschlecht sind keine weiteren soziodemo-
graphischen Angaben der Teilnehmer erfasst.64 In einer kleinen Zufallsstichprobe wären
diese Kontrollmerkmale nicht gleichverteilt. Daher wird für die Befragung der Teil-
nehmer anstatt der üblichen Repräsentativität eine Typisierung mit Hilfe eines so ge-
nannten Quotaverfahrens angestrebt. In Tabelle 3 ist für diesen Zweck die Verteilung
der genannten Merkmale in der Grundgesamtheit aufgelistet, um entsprechende Quoten
für die Stichprobe (in Klammern jeweils dahinter) festlegen zu können. Innerhalb dieser
Quoten bleibt die endgültige Auswahl der Personen dem Interviewer überlassen. 65
Um für jeden Blickwinkel zum Nahverkehr zumindest zwei Personen befragen zu kön-
nen, ergeben sich fast alle weiteren Quoten für die zu berücksichtigenden Vertreter von
Bürgerforum und organisierten Interessengruppen. Die Geschlechterverteilung der so
ermittelten Interviewpartner dient dabei lediglich als Kontrollvariable. Mit diesem Ver-
fahren einer bewussten Auswahl wird die Gefahr eingeschränkt, dass bei der Befragung
nur Personen erfasst werden, die sich kooperativ verhalten. Die Überrepräsentierung der
Frauen in der Gesamtsumme der Befragten kommt u.a. durch den fehlenden männlichen
Vertreter des Bürgerforums in der Gruppe `Ich möchte schnell und ohne Stress zur Ar-
beit bzw. Schule kommen bzw. Einkäufe erledigen können´ zu Stande. Einer der beiden
63 Vgl. Wottawa & Thierau 1998: 36-38, 140ff sowie Rossi, Freeman & Hofmann 1988: 158-16364 Vgl. iku GmbH 2001: 40-4265 Vgl. Schnell 1993: 306, 309-314
30 3. Fallbeispiel und Evaluationsvorhaben
möglichen Kandidaten lehnte die Teilnahme am Telefoninterview ohne Angabe von
besonderen Gründen ab, zu dem Anderen konnte leider unter der angegebenen Adresse
kein Kontakt hergestellt werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass drei Vertreter
von Interessengruppen gleichzeitig dem Bürgerforum angehörten. Davon wurde eine
Person ebenfalls befragt, so dass insgesamt die Gruppe aller Teilnehmer der Zukunft s-
konferenz durch die gewählte Stichprobe gut abgebildet wird (vgl. Tabelle 3/ Anhang).
Tabelle 3: Struktur von Grundgesamtheit und Stichprobe für die Befragung der Teilnehmer(Daten aus iku GmbH 2001:40ff)
Anzahl/Blickwinkel
Interessen-vertreter
Bürgerfo-rumsvertreter
davonFrauen
davonMänner
Summe
1. Ich möchte Vorrang fürden ÖPNV 4 (1) 3 (1) 0 (0) 7 (2) 7 (2)2. Ich möchte einen wir t-schaftlicheren ÖPNV 4 (1) 3 (1) 1 (0) 6 (2) 7 (2)3. Ich möchte ohne Beläs-tigungen und Übergriffeden ÖPNV nutzen können
6 (2) 1 (0) 2 (1) 5 (1) 7 (2)
4. Ich möchte, dass derÖPNV für jeden nutzbar ist 4 (1) 4 (1) 3 (1) 5 (1) 8 (2)5. Ich möchte eineoptimale Verknüpfungaller Verkehrssysteme
5 (2) 2 (0) 1 (0) 6 (2) 7 (2)
6. Ich möchte schnell undohne Stress zur Arbeitbzw. Schule kommen undEinkäufe erledigen können
3 (1) 2 (0) 1 (1) 4 (0) 5 (1)
7. Ich möchte eine guteVerknüpfung der Stadtteileuntereinander/mit der City
4 (2) 1 (0) 3 (2) 2 (0) 5 (2)
8. Ich möchte mich auchohne Ortskenntnisse inDüsseldorf einfach zurechtfinden können
1 (0) 6 (2) 1 (0) 6 (2) 7 (2)
Summe 31 (10) 22 (5) 12 (5) 41 (10) 53 (15)
Die Durchführung der Interviews
Für die Interviewsituation selbst ist eine Strukturierung in Form eines Fragebogens und
eine Standardisierung der Antwortkategorien erforderlich, weil die subjektiven Ein-
schätzungen von Teilnehmern und Auftraggeber kognitiven Konstrukten aus dem Wir-
kungsmodell zugeordnet werden müssen, um aggregierte Aussagen über die erzielten
Mobilisierungseffekte machen zu können. Allerdings werden die dazu im Wesentlichen
verwendeten Polaritätsprofile66 gezielt um offene Fragestellungen ergänzt, um die Voll-
ständigkeit der Kategorienbildung für die einzelnen Variablen zu überprüfen. 67
Die Befragung der ausgewählten Teilnehmer der Zukunftskonferenz wird in Form von
Telefoninterviews durchgeführt, weil diese sich u.a. durch eine erleichterte Erreichbar-
keit und eine erhöhte Teilnahmebereitschaft der Interviewpartner sowie vereinfachte
66 Beispiele siehe Ajzen 1988: 122-125, 135-136 sowie Atteslander 1995: 269-27267 Vgl. Atteslander 1995: 177-186, 344-346 sowie Wottawa & Thierau 1998: 133-134
3.3 Methodisches Vorgehen 31
Verarbeitungsmöglichkeiten der erhaltenen Daten auszeichnen. Dem häufig angeführten
Nachteil der eingeschränkten Anwendbarkeit auf komplexe Fragestellungen wird mit
einer schriftlichen und telefonischen Vorab-Kontaktaufnahme begegnet, so dass die
Teilnehmer den Fragebogen bereits einsehen und sich auf die Gesprächssituation ein-
stellen können. Weitere Klärungs- und Rückfragemöglichkeiten bestehen auch im Rah-
men des eigentlichen Telefoninterviews. Darüber hinaus finden zwei Gesprächstermine
bei der Rheinbahn statt, in denen der gleiche Fragebogen in angepasster und erweiterter
Form für ein leitfadengestütztes Interview verwendet wird. Damit wird es den Befragten
ermöglicht, die zusätzlichen Freiräume im persönlichen Gespräch zu nutzen, um aus
ihrer Sicht als Auftraggeber und Verkehrsunternehmen zum beabsichtigten Umgang mit
den erarbeiteten Vorschlägen Stellung zu nehmen, den Problemlösungsprozess bei der
ÖPNV-Ausgestaltung zu charakterisieren und in diesem Zusammenhang die Beiträge
der Zukunftskonferenz einzuschä tzen.68
Die Entwicklung des Fragebogens für die Teilnehmer und des Gesprächsleitfadens für
die Rheinbahn wird in den Kapitel 5.1 bzw. 5.5 erläutert. Als Grundlage für die Aus-
wertung der Interviews wird eine stichwortartige Protokollierung der Gesprächsinhalte
angefertigt. Um durch den Verzicht auf eine vollständige Transkription keine wesentli-
chen Daten zu verlieren, wird ein Verfahren zur kommunikativen Validierung ange-
wendet, indem die Gesprächsprotokolle den Befragten zum Gegenlesen vorgelegt
werden und die Möglichkeit zu nachträglichen Korrekturen besteht.69
Zusammenfassung
Das hier skizzierte methodische Vorgehen entspricht nicht immer den üblichen wissen-
schaftlichen Standards, versucht aber eine pragmatische Annäherung an das Erkennt-
nisinteresse im Rahmen der weiter oben skizzierten Programmtheorie. Dabei wird v.a.
eine dem Untersuchungsgegenstand angemessene Strukturierung angestrebt, die auch
als Grundlage für weitere Evaluationsprojekte geeignet sein könnte.70 Darüber hinaus ist
für das vorliegende Fallbeispiel eine Identifizierung von Potenzialen und Defiziten der
Zukunftskonferenz der Rheinbahn AG zum Düsseldorfer Nahverkehr beabsichtigt, die
jeweils in Form einer Zusammenfassung am Ende der einzelnen Kapitel erfolgt. Die
daraus gewonnenen Erkenntnisse werden im abschließenden Kapitel 7 kommentiert und
entsprechende Schlussfolgerungen zur Weiterentwicklung des Einsatzes von Zukunft s-
konferenzen im ÖPNV gezogen.
68 Vgl. Frey 1990: 37-57, 70-71, 121-125; Atteslander 1995: 169-171, 193-198; Hron 1994: 119-12769 Zum Problem der Validität siehe bei Flick 1995: 243ff.70 Vgl. Flick 1995: 57-59, 63-67 sowie Wottawa & Thierau 1998: 35
32 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen
Der Schwerpunkt der bisherigen Interventionsforschung lag v.a. auf Techniken zur Ver-
änderung von Einstellungen, Motivationen und konkreten Verhaltensweisen einzelner
Personen, die nur begrenzt auf größere Gruppen und soziale Systeme übertragbar sind.
Diese individuelle Ebene der Sozialpsychologie muss daher um eine Makroperspektive
für die Entwicklung umfassender Interventionsstrategien ergänzt werden, die auch die
Verbreitung von neuen Ideen mit einbeziehen und kollektives Handeln stimulieren. 71
Hier liegen bereits sozialwissenschaftliche Erkenntnisse z.B. aus dem Bereich von
Energiespar- bzw. Klimaschutzaktivitäten72 vor, die auch für Strategien zur Förderung
des ÖPNVs nutzbar sind. Die hierfür entwickelten Heuristiken zur Planung und Ge-
staltung von Interventionen73 bieten die Möglichkeit, den Ansatz der Zukunftskonferenz
in diesen Kontext einzuordnen und entsprechend zu analysieren. Als Grundlage werden
dazu im Folgenden die verschiedenen sozialpsychologischen Interventionsformen und
die Anforderungen für ihre erfolgreiche Implementation dargestellt.
Individuumsbezogene Interventionstechniken können gemäß der in Tabelle 4 vorge-
stellten Systematik danach unterschieden werden, ob sie an den externen oder an den
internen Handlungsbedingungen einer Person ansetzen.
Tabelle 4: Übersicht über individuumsbezogene Interventionsformen zur Verhaltensänderung(veränderte Darstellung nach Homburg & Matthies 1998: 173)
Ansatzpunkt Situation(externe Handlungsbedingungen)
Ansatzpunkt Person(interne Handlungsbedingungen)
• Verhaltensangebote• Technische Veränderungen und
Designstrategien (zur Verhaltens-erleichterung bzw. –erschwernis)
• Belohnungen(positive Handlungsanreize)
• Bestrafungen(negative Handlungsanreize)
Wissenszentrierte Techniken:• Schriftliche Vermittlung von
Problem- und Handlungswissen• Rückmeldungen zum eigenen Ver-
halten und dessen Konsequenzen(Feedback/ Selbstüberwachung)
Normzentrierte Techniken:• Persönliche Vermittlung von
Problem- und Handlungswissen• Zielsetzung & Selbstverpflichtung• Soziale Modelle (Demonstration)• Blockleader
71 Vgl. Prose, Hübner & Kupfer 1994: 65-66 sowie Homburg & Matthies 1998: 187-18872 Siehe hierzu v.a. Hennicke, Jochem & Prose 199973 z.B von Geller 1989: 30-32 und Matthies 2000: 92-95
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 33
Situationsbezogene Strategien
Die Schaffung von Verhaltensangeboten dient dabei der Erweiterung der individuellen
Handlungsmöglichkeiten in einer bestimmten Situation. Bezogen auf den ÖPNV ist
damit nicht nur der faktische Transport von A nach B, sondern vielmehr die Gewährle i-
stung einer Mobilitätsversorgung an wechselnden Orten gemeint.74 Diese komplexe
Dienstleistung setzt sich wiederum aus vielen Einzelangeboten zusammen, die durch
Interventionen entsprechend gestaltet werden können.
Hier setzen auch technische Veränderungen und Designstrategien „mit dem Ziel einer
Erleichterung des erwünschten Verhaltens, bzw. der Erschwernis unerwünschten Ver-
haltens“75 an. So können u.a. eine leichte Zugänglichkeit und eine optisch ansprechende
sowie funktionale Gestaltung von Haltestellen und Fahrzeugen die Nutzung des ÖPNVs
fördern. 76 Auf der anderen Seite wird immer wieder betont, dass eine Attraktivitätsstei-
gerung im ÖPNV ohne gleichzeitige Einschränkungen im MIV kaum zusätzliche Um-
steigeeffekte bewirke. Interventionen müssten daher die Nutzung des Autos als
konkurrierendes Verkehrsmittel unattraktiver machen, z.B. durch Ampelvorrangscha l-
tungen für den ÖPNV, Einrichtung von Busspuren, Verringerung des Parkplatzangebots
oder bauliche Maßnahmen der Verkehrsberuhigung. Allerdings stellt sich bei dieser
Vorgehensweise häufig das Problem der psychologischen Reaktanz, weil die persönli-
che Freiheit bei der Verkehrsmittelwahl beeinträchtigt wird. Die damit verbundene Ver-
haltenslimitierung kann negative Einstellungen zum ÖPNV und ein Festhalten am
Autofahren als Protesthandlung bewirken. 77
Neben diesen physischen Veränderungen lassen sich die situativen Bedingungen auch
durch positive und negative Anreizsysteme beeinflussen. Bestimmte Verhaltensweisen
werden dabei mit Belohnungen verknüpft, die finanzieller, materieller oder symboli-
scher Art sein können. Für den ÖPNV sind z.B. verbilligte Tarife zu Schwachlastzeiten,
die Teilnahme von Stammkunden an Wettbewerben bzw. Verlosungen oder Sonderleis-
tungen und Vorteilsangebote für ÖPNV-Nutzer denkbar.78 Wenn aber das erwünschte
Verhalten nur mit der Aussicht auf die versprochene Belohnung gerechtfertigt wird,
bleibt die Wirksamkeit auf den Zeitraum der Intervention beschränkt. Bei negativen An-
reizen (wie z.B. bei der Parkraumbewirtschaftung in Innenstädten), die als Bestrafung
74 Vgl. Mayr 2001: 1875 Homburg & Matthies 1998: 17476 Vgl. Werner 2000:109-11277 Siehe hierzu bei Schahn 1993: 148-15678 Vgl. Priewasser & Höfler 2000: 26
34 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
für unerwünschtes Verhalten empfunden werden, kommt zusätzlich die oben bereits
erläuterte Reaktanz der Betroffenen hinzu. 79 Wegen hoher Kosten, Problemen der Ver-
teilungsgerechtigkeit und fehlender Langzeitwirkung von externen Anreizen wird daher
empfohlen, auch die internen Handlungsbedingungen einer Person bei der Interven-
tionsplanung zu berücksichtigen. Solche Strategien zielen auf die Veränderung von in-
dividuellen kognitiven Konstrukten ab. Dabei beschränken sie sich entweder auf die
Vermittlung handlungsrelevanten Wissens oder beziehen zusätzlich die Anregung von
sozialen Normen und Verantwortungsübernahme mit ein. 80
Informations-Strategien
Wissenszentrierte Techniken basieren auf der Annahme, dass einer Person bestimmte
Informationen für eine Problemlösung bzw. zur Handlungsdurchführung fehlen. Man-
gelndes Wissen über Fahrzeiten, Tarife und Verbindungen im ÖPNV soll u.a. mit Hilfe
von schriftlichen Informationen wie Fahrplänen, Linien- und Tarifübersichten, Wegbe-
schilderungen und Haltestellenanzeigen beseitigt werden. Für deren inhaltliche Ausge-
staltung gilt aus Kundensicht der Leitsatz: „So ausführlich wie nötig und so einfach wie
möglich“81. Um den Aufmerksamkeitswert für diese Informationen zu erhöhen, können
sie mit so genannten Prompts für die jeweilige Handlungssituation versehen werden. 82
Diese kurzen Hinweise, Bitten oder Aufforderungen unterbrechen den gewohnten
Handlungsablauf und vermitteln den Adressaten an Ort und Stelle, welches einfache
und spezifische Verhalten von ihnen gerade erwartet wird: z.B. zu Hause das Interne-
tangebot der Verkehrsbetriebe zu nutzen, am Kiosk das Fahrplanheft mitzunehmen, in
der Mobilitätszentrale eine neue Monatsfahrkarte zu kaufen oder in der Einkaufspassage
einen Blick auf den Infoscreen mit den nächsten Abfahrtszeiten zu werfen. 83 Auch
Rückmeldungen über das eigene Verhalten und dessen Konsequenzen können als Inter-
ventionstechnik zur Förderung des ÖPNVs eingesetzt werden. Denkbar ist z.B. eine
individuelle Auflistung aller durchgeführten Fahrten im ÖPNV, ggf. mit Ergänzung um
die eingesparten PKW-Kilometer, Benzinkosten oder Kohlendioxid-Emissionen: Die
Nutzer von kostenlosen Schnupperangeboten werden zu einer eigenständigen Protokol-
lierung verpflichtet, um eine Selbstüberwachung bei der Verkehrsmittelwahl anzuregen.
Beim Einsatz von Chipkarten im Rahmen der Fahrpreisabrechnung erfolgt dieses Feed-
back durch die Verkehrsbetriebe, wobei die ÖPNV-Kunden gleichzeitig in den Vorteil
79 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 69-70 sowie bei Homburg & Matthies 1998: 175-17780 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 17881 Werner 2000: 9682 Zur Gestaltung von Prompts siehe bei Mosler & Gutscher 1998: 68 und Wortmann 1995: 983 Zu Informationen im ÖPNV vgl. Priewasser & Höfler 2000: 23-24 und Werner 2000: 95-103
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 35
des jeweils günstigsten Tarifs kämen. Schon diese beiden Beispiele für Rückmeldungen
zeigen die enge Verknüpfung mit materiellen Belohnungen. 84 Insgesamt lässt sich fest-
halten, dass wissenszentrierte Strategien alleine im Vergleich mit anderen Techniken
nur schwache Effekte bewirken, aber z.T. „notwendige Bedingungen für dauerhafte
Verhaltensänderungen darstellen bzw. eine wichtige Unterstützungsfunktion haben“ 85.
Normaktivierende Strategien
Bei den normzentrierten Techniken werden neben Wissen auch soziale Normen ver-
mittelt. Dies ist z.B. der Fall, wenn Informationen nicht schriftlich, sondern von einer
vertrauenswürdigen Person mit einem gewissen Status überzeugend weitergegeben
werden. 86 Im ÖPNV kann die persönliche Präsenz von Servicekräften an Haltestellen
oder in Fahrzeugen entsprechend genutzt werden: u.a. zur Vandalismusvorbeugung,
zum Verkauf der passenden Fahrkarten und zur Auskunft über die aktuellen Anschlüs-
se. Auch bei der Ansprache von Neukunden kann der persönliche Kontakt z.B. im Ein-
wohnermeldeamt, am Infopunkt im Einkaufsviertel oder bei Hausbesuchen eingesetzt
werden. 87
Eine einfache Interventionstechnik zur Normvermittlung besteht darin, dass in der Vor-
gabe einer konkreten Zielsetzung für das individuelle Verhalten, z.B. mindestens zwei
Fahrten pro Woche mit dem ÖPNV durchzuführen. Zusätzlich können bestimmte Per-
sonen oder Gruppen zu einer Selbstverpflichtung auf dieses Verhaltensziel aufgefordert
werden. Wenn diese schriftlich und öffentlich erfolgt, ist sie i.d.R. besser überprüfbar
und damit wirksamer, als wenn sie mündlich und privat bleibt.88 Im Rahmen von sozia-
len Modellen wird vorbildliches Verhalten demonstriert, um möglichst viele Leute zur
Nachahmung zu motivieren. Dies kann direkt im Alltag geschehen, im Fernsehen, auf
Plakaten oder in anderen Medien. Die Ausstrahlung des gewählten Modells hängt von
der jeweiligen Zielgruppe ab. Neben Mitarbeitern des Verkehrsunternehmens kommen
auch prominente Persönlichkeiten, Multiplikatoren, Comicfiguren oder Maskottchen als
mögliche Modellpersonen in Betracht.89 Außerdem können auch Personen aus der Ziel-
gruppe selbst, z.B. Nachbarn, Arbeitskollegen oder sonstige Bekannte als so genannte
Blockleader in eine Interventionstechnik einbezogen werden. Die Informationsvermitt-
lung durch einen direkten Ansprechpartner aus dem persönlichen Umfeld bewirkt u.a.
84 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 179-181 und Mosler & Gutscher 1998: 68 sowie Priewasser & Höfler 2000: 25-2685 Homburg & Matthies 1998: 18186 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 71-7287 Vgl. Werner 2000: 77-78, 10888 Vgl. Wortmann 1995: 10; Mosler & Gutscher 1998: 70-71 sowie Homburg & Matthies 1998: 182-18389 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 71 und Geller 1989: 21-22
36 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
eine stärkere Übernahme von Verantwortung für das jeweilige Verhalten. Die letztge-
nannten normzentrierten Techniken (Selbstverpflichtung, Soziale Modelle, Blockleader)
zeichnen sich v.a. dadurch aus, dass sie über den Zeitraum der Intervention hinaus
wirksam bleiben. Im Vergleich mit den situationsbezogenen und den wissenszentrierten
Techniken erscheinen sie als überlegende Interventionsstrategie, die allerdings personell
auch sehr aufwändig ist.90
Um Reaktanz bei den Betroffenen zu vermeiden, empfiehlt sich v.a. bei normzentrierten
Interventionsformen der Einsatz der so genannten Foot in the Door-Technik. Dabei
wird zunächst eine relativ einfache Anforderung an die jeweiligen Adressaten gestellt,
die als `Türöffner´ für deren weitere Beteiligung genutzt werden kann. Mit der leichten
Durchführbarkeit ist eine positive Erfahrung verbunden, die sich begünstigend auf die
intrinsische Motivation auswirkt, nachfolgend auch anspruchsvollere Aufgaben zu be-
wältigen. In diesem Sinne können einfache Test-Angebote im ÖPNV (z.B. ein kostenlo-
ser Transfer zu bestimmten Großveranstaltungen) dazu beitragen, dass probeweise auch
die weitgehend habitualisierte Verkehrsmittelnutzung in anderen Lebensbereichen (z.B.
Einkaufen) aufgebrochen wird.91
Social Marketing als Rahmenkonzept für die Gestaltung von Interventionen
Diese individuumsbezogenen Interventionstechniken wurden häufig in Form von wis-
senschaftlichen Experimenten getestet, bei denen verschiedene Ansätze kombiniert zur
Anwendung kamen und die Versuchspersonen freiwillig teilnahmen. Für eine Übertra-
gung auf Hunderttausende von ÖPNV-Kunden können daher zwar nicht die einzelnen
Ansätze selbst, wohl aber ihre psychologischen Prinzipien genutzt werden. 92 Die Zu-
kunftskonferenz dient in diesem Kontext als ein mögliches Instrument zur Planung und
Gestaltung von Interventionen im ÖPNV. Aus der Praxis der Interventionsforschung
heraus sind dazu bereits verschiedene Empfehlungen und Heuristiken entwickelt wor-
den. So können z.B. mit Hilfe der Applied Behaviour Analysis die bisherigen verha l-
tenstheoretischen Erkenntnisse zu Interventionsstrategien zusammengefasst werden,
während das Social Marketing einen geeigneten Rahmen für den schrittweisen Prozess
zur Implementation einer sozialen Idee bietet.93 Aus der Verknüpfung von Elementen
beider Konzepte ergibt sich ein integrativer Ansatz, mit dessen Hilfe psychologisch be-
gründete Programme zur Einführung, Verbreitung und Vermarktung von Innovationen
in sozialen Systemen geplant, durchgeführt und evaluiert werden können (vgl. Abb. 9).
90 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 18591 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 72 und Priewasser & Höfler 2000: 2592 Vgl. Wortmann 1995: 11-1293 Vgl. Darstellung in Homburg & Matthies 1998: 188-191
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 37
Abbildung 9: Zusammenführung von Applied Behaviour Analysis und Social Marketing(aus Geller 1989: 31)
In Anlehnung an das betriebswirtschaftliche Produktmarketing ist zunächst eine Markt-
analyse notwendig, um die strukturellen, situativen, sozialen und individuellen Bedin-
gungen im Kontext der Interventionsplanung zu erkunden. Wenn die Förderung des
ÖPNVs als geplante soziale Veränderung verstanden wird, sind z.B. Informationen über
Wünsche, Bedürfnisse, Wahrnehmungen, Einstellungen und Zufriedenheitsgrade der
verschiedenen Akteure und Zielgruppen im Mobilitätsmarkt erforderlich94. Die Markt-
analyse dient auch dazu, bestehende Stärken und Schwächen des ÖPNVs und die damit
verbundenen Chancen und Risiken für die Zukunft zu identifizieren.
Auf dieser Grundlage kann dann in einem zweiten Schritt eine entsprechende Markt-
segmentierung verbunden mit einer Zielauswahl für die Interventionsstrategie erfo l-
gen.95 Die Operationalisierung einer globalen Zielsetzung wie z.B. die Ausgestaltung
eines zukunftsfähigen ÖPNVs verlangt eine eindeutige Präzisierung hinsichtlich der
Inhalte und des Ausmaßes von Teilzielen sowie des jeweiligen Zeitbezugs. Dabei wird
deutlich, dass der Mobilitätsmarkt segmentspezifisch bearbeitet werden muss, um Effi-
zienz und Effektivität von Interventionen zur Förderung des ÖPNVs zu erhöhen. Die
Abgrenzung von möglichst homogenen Teilmärkten im ÖPNV ist besonders komplex,
weil verschiedene Merkmale zur Charakterisierung berücksichtigt werden müssen: u.a.
die Lebens- und Mobilitätsstile der Bevölkerung, die räumlichen und zeitlichen Ver-
kehrsbeziehungen, der Fahrtzweck. Für die einzelnen Marktsegmente ist jeweils zu klä-
ren, welche Verhaltensänderung angestrebt wird, welche situativen Bedingungen dafür
vorliegen und welche Zielgruppen dabei erreicht werden sollen. 96 Da die zur Verfügung
stehenden Mittel i.d.R. begrenzt sind, können nicht alle potenziellen Nutzer des ÖPNVs
94 Vgl. Geller 1989: 28 sowie Ecolog-Institut 1999: 24-2895 Als Beispiel siehe hierzu den Beitrag von Prose, Hübner & Kupfer 1994.96 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 199
38 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
gleichzeitig angesprochen werden. Stattdessen ist für die Durchführung von Interven-
tionen eine Beschränkung auf wichtige Zielgruppen erforderlich, um eine konsequente
Marketing-Strategie verfolgen zu können. Dazu bieten sich verschiedene Auswahlkrite-
rien an: z.B. die gesellschaftliche Leit- oder Multiplikationsfunktion bestimmter Bevö l-
kerungsgruppen, die bisherige Fixierung auf das Auto als Verkehrsmittel oder die
grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber einer ÖPNV-Nutzung. 97
Für die ausgewählten Ziel-Segmente des Mobilitätsmarkts werden im nächsten Schritt
spezifische Marketing-Interventionen entwickelt. Dabei sind die vier Komponenten des
so genannten Marketing-Mix auszuarbeiten: Product, Promotion, Place, Price:98
• Product – Damit ist nicht das materielle Produkt an sich (z.B. Busse und Bahnen)
gemeint, sondern eine soziale Idee (z.B. ein kundenorientierter und attraktiver
ÖPNV bzw. eine intelligente Verkehrsmittelnutzung), die entsprechend den Er-
kenntnissen aus der Marktanalyse verpackt sein muss.
• Promotion – Für die erfolgreiche Vermarktung der sozialen Idee ist eine Kommuni-
kationspolitik erforderlich, die verschiedene Instrumente (z.B. Werbung, Öffent-
lichkeitsarbeit, persönliche Kontakte, etc.) zur Gestaltung der einzelnen Botschaften
umfasst.
• Place – Hier sind die Distributionswege bzw. Absatzkanäle für die Einbindung der
unterschiedlichen Zielgruppen zu identifizieren, um das Produkt am jeweils richt i-
gen Ort bereit stellen zu können.
• Price – Darin sind die mit der Umsetzung der sozialen Idee für den Einzelnen ve r-
bundenen finanziellen, zeitlichen und psychologischen Kosten und Anreize entha l-
ten. Eine bewusste Preisdifferenzierung beeinflusst die Teilnahmemotivation und
damit den Ziele rreichungsgrad.
Für die systematische Planung, Durchführung und Kontrolle von Marketing-
Interventionen wird das so genannte ABC-Modell zu Grunde gelegt: Antedecent (Aus-
gangssituation) – Behaviour (Handlungssituation) – Consequence (Ergebnissituation).
Auf dieser Basis kann auch die fortlaufende Evaluation erfolgen, die neben der Selbst-
auskunft von Mitgliedern der Zielgruppe auch eine direkte Beobachtung beinhalten
sollte. Daraus sind Erkenntnisse zur Funktionsweise, Wirkungsdauer und Übertragbar-
keit von Interventionen ableitbar.99
97 Vgl. Ecolog-Institut 1999: 14, 29-3198 Vgl. Geller 1989: 28-2999 Vgl. Geller: 20, 26, 30, 31
4.1 Zur Gestaltung von sozialpsychologischen Interventionen 39
Schließlich dient eine vollständige Dokumentation und Verbreitung (Dissemination) des
strategischen Vorgehens, der einzelnen Schritte und eingesetzten Instrumente sowie der
jeweils erzielten Ergebnisse der Wiederholung, Optimierung bzw. Ausweitung der
Social Marketing - Strategie.100
Partizipative Interventionsplanung
Der soeben erläuterte Ansatz wurde im Konzept des Partizipativen Sozialen Marketings
weiterentwickelt, um möglichst viele Akteure und soziale Netzwerke sowie Multipli-
katoren und Meinungsführer zum Weitertragen der sozialen Idee zu bewegen. Durch die
Einbeziehung von Teilen der Zielgruppe in die Interventionsgestaltung und –durchfüh-
rung kann deren persönliches Umfeld für neue Kontakte genutzt werden (`Schneeballef-
fekt´).101 Partizipative Interventionsstrategien zeichnen sich durch eine besonders gute
Effektivität und oft dauerhafte Wirksamkeit aus, weil sie durch die Beteiligung von Be-
troffenen u.a.
• eine optimale Anpassung der Maßnahmen und Vermeidung von Reaktanz,
• eine Anregung von sozialen Normen und stützenden Gruppenprozessen,
• eine öffentliche Selbstverpflichtung und aktive Verantwortungsübernahme,
• ein selbstbestimmtes Handeln der Beteiligten sowie
• eine erleichterte Übertragung auf benachbarte Verhaltensbereiche
ermöglichen. 102
Vor diesem Hintergrund ist das in Abbildung 10 dargestellte Phasenmodell für die Ini-
tiierung und Steuerung partizipativer Interventionsplanung entstanden, das besonders
den Prozess der Problembearbeitung hervorhebt. Im Idealfall werden dabei schon im
Rahmen der Ist- bzw. Marktanalyse (s.o.) die Sichtweisen und relevanten Diskurse der
partizipierenden Zielgruppe für eine gemeinsame Situationsbeschreibung und Aufga-
bendefinition genutzt. Aus Teilen der Zielgruppe wird eine Planungsgruppe gebildet,
deren Mitglieder durch Beratung und Moderation zur Planung und Durchführung der
Interventionen befähigt werden sollen. Schließlich wird ein enger Kontakt bzw. ein
ständiger Austausch mit der gesamten Zielgruppe angestrebt, um den Diskussionspro-
zess um die Weiterentwicklung der Maßnahmen fortlaufend zu unterstützen. Eine Eva-
luation bildet den vorläufigen Abschluss der Aktion, über deren Ausbau oder
Wiederholung die Planungsgruppe selbst entscheiden kann. 103
100 Siehe hierzu ausführlicher bei Geller 1989: 26, 27, 31101 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 191-193102 Vgl. Matthies 2000: 86-91103 Vgl. Matthies 2000: 92-95
40 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
Abbildung 10: Prozessmodell zur Steuerung partizipativer Interventionen (aus Matthies 2000: 93)
4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts
Aus den vorgestellten Empfehlungen zur Gestaltung von sozialpsychologischen Inter-
ventionen ergeben sich Anforderungen an eine Interventionsstrategie im ÖPNV, die
auch bei den in diesem Rahmen eingesetzten Planungs- und Dialoginstrumenten zu
berücksichtigen sind. Die dafür wesentlichen Erfolgsfaktoren sind in Tabelle 5 zusam-
mengefasst und werden für den anschließenden Abgleich mit dem Veranstaltungskon-
zept der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf herangezogen.
Tabelle 5: Erfolgsfaktoren für die Interventionsplanung (Eigene Darstellung)
Strategisches Vorgehen Ausarbeitung eines Marketing-Mix
Orientierung auf Langzeitwirkungen Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme
Zielgruppen, Entscheidungsträger,Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen
Beratung bei Planung & Durchführungvon ABC-Interventionen
Marktanalyse & -segmentierung Berücksichtigung emotionaler Faktoren
Konkretisierung der Interventionsziele Prozessorientierung
4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts 41
Strategisches Vorgehen
Aus dem im vorigen Abschnitt skizzierten integrierten Ansatz aus Applied Behaviour
Analysis und Social Marketing lässt sich die generelle Forderung nach einem strategi-
schen Vorgehen bei der Interventionsplanung ableiten. Damit ist im Wesentlichen ein
Phasenverlauf von der Analyse über die Zielvereinbarung zur Umsetzung sowie die
anschließende Evaluation und Rückmeldung gemeint.104 Diese Schritte spiegeln sich
auch in den einzelnen Arbeitsphasen auf der Zukunftskonferenz wider (siehe hierzu
Abbildung 7 in Kapitel 3.1): Dabei diente der Rückblick in die Vergangenheit und die
Beschäftigung mit gegenwärtigen Trends und Entwicklungen sowie Stärken und
Schwächen v.a. der gemeinsamen Analyse der Problemsituation und des Handlungsbe-
darfs im Düsseldorfer ÖPNV. Die anschließende Entwicklung von Zukunftsbildern
stellte die Grundlage für die gemeinsamen Zielvereinbarungen zum künftigen ÖPNV
dar. Deren Umsetzung wurde durch die Maßnahmenplanung am letzten Tag zumindest
vorbereitet. Zur Evaluation und Rückmeldung gab es lediglich eine allgemeine Zusage
der Rheinbahn zur Prüfung der Vorschläge und zur Information über die ggf. bereits
erfolgte Realisierung im Rahmen von Folgeveranstaltungen. 105
Orientierung auf Langzeitwirkungen
Damit Interventionen im ÖPNV nicht nur kurzfristige Effekte erzielen, sondern auch
eine dauerhafte Qualitätsverbesserung und Kundenbindung erreicht wird, empfiehlt sich
bei der Entwicklung von Zielen und Maßnahmenvorschlägen eine Orientierung auf
Langzeitwirkungen. Auf der Zukunftskonferenz wurde dem mit einem zeitlichen Pla-
nungshorizont bis zum Jahr 2010 Rechnung getragen, der für die Beschreibung eines
wünschenswerten Zustands des Düsseldorfer ÖPNVs vorgegeben und von den Teil-
nehmern bei der Benennung von Zeiträumen für die Umsetzung der Ergebnisse wieder
aufgegriffen wurde. Zum Abschluss der Zukunftskonferenz haben die Teilnehmer bei
der Erarbeitung des Handlungsprogramms zusätzlich die jeweiligen Verantwortlichkei-
ten der Beteiligten für die Umsetzung festgelegt. Dabei waren neben Rheinbahn, Stadt
Düsseldorf und Verkehrsverbund VRR auch weitere Akteure wie z.B. Schulen und Po-
lizei sowie die Fahrgäste selbst als Adressaten mit eingeschlossen, um eine langfristig
effektive Förderung des ÖPNVs von verschiedenen Seiten zu ermöglichen. 106 Inwieweit
sich das auch in der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse niedergeschlagen hat, wird in
Kapitel 6 genauer untersucht.
104 Vgl. Hennicke, Jochem & Prose 1999: 2105 Vgl. iku GmbH 2001: 33106 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 199 sowie iku GmbH 2001: 20ff, 27ff
42 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
Zielgruppen, Entscheidungsträger, Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen
Da die Teilnehmer der Zukunftskonferenz über ihre Zuordnung zu den acht Haupt-
interessen zur Weiterentwicklung des Nahverkehrs ausgewählt und eingeladen wurden,
kann deren endgültige Zusammensetzung weder die Vollständigkeit aller relevanten
Akteure noch die Repräsentativität für alle Zielgruppen der ÖPNV-Nutzung beanspru-
chen (vgl. Abbildung 6 in Kapitel 3.1). Allerdings waren die jetzigen und potenziellen
Fahrgäste über die Vertreter des Bürgerforums und weiterer Interessengruppen sehr
umfassend in die Zukunftskonferenz eingebunden, um die Kundenorientierung bei der
Erarbeitung von Vorschlägen für Interventionen im ÖPNV zu gewährleisten und somit
Reaktanz vorzubeugen. Für die Umsetzung der Ergebnisse der Zukunftskonferenz soll-
ten aber auch Menschen eingeladen werden, „die etwas bewegen können, Autorität ha-
ben, selbständig handeln und andere motivieren können.“107 Daher waren wichtige
Entscheidungsträger aus Parteien, Stadtverwaltung, Bezirksvertretungen, Verkehrsun-
ternehmen und Verkehrsverbund beteiligt. Dagegen wurden z.B. engagierte Persönlich-
keiten, Bildungsinstitutionen und Medien als Meinungsführer und Multiplikatoren in
Düsseldorf bei der Teilnehmerauswahl nicht explizit berücksichtigt.108
Das oben skizzierte Verständnis einer partizipativen Interventionsplanung umfasst
allerdings mehr als das bloße Einbeziehen möglichst vieler Betroffener: „Partizipation
geht sowohl über einseitige Kommunikation als auch über einfaches Erkunden von In-
teressen und Meinungen hinaus [...]. Ein Partizipationsprozeß liegt dann vor, wenn
Dritten die Möglichkeit gegeben wird, an einem zentralen Planungs-, Entscheidungs-
oder Umsetzungsprozeß aktiv teilzuhaben.“109 Die Rheinbahn hat dem mit der Zu-
kunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf Rechnung getragen, indem sie die Teilneh-
mer weitgehend eigenständig ein Handlungsprogramm erarbeiten ließ und dieses zur
Realisierung von weiteren Verbesserungen im ÖPNV nutzen will.110
Marktanalyse & -segmentierung
Auch wenn keine systematische Marktanalyse für den Düsseldorfer ÖPNV erfolgte,
haben sowohl die Teilnehmer des Bürgerforums als auch der Zukunftskonferenz we-
sentliche Rahmenbedingungen sowie Stärken und Schwächen als Grundlage für ihre
weitere Arbeit identifiziert. Zusätzlich wurden Szenarien und Fragestellungen für den
Nahverkehr der Zukunft entwickelt, die sich z.B. in der Interessensmatrix für die
107 Weisbord & Flower 1996: 18108 Vgl. iku GmbH 2001: 40-43109 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11110 Vgl. Honsberg 2001: 4-5
4.2 Analyse des Veranstaltungskonzepts 43
Teilnehmerauswahl widerspiegeln. Allerdings reichten die Ergebnisse dieser Analysen
nicht für eine entsprechende Marktsegmentierung aus. Stattdessen wurden die Zu-
kunftsbilder für den Düsseldorfer ÖPNV sogar in gemischten Kleingruppen entworfen,
um dabei möglichst das gesamte Nahverkehrssystem zu berücksichtigen. Dieses Vorge-
hen diente auf der Zukunftskonferenz zunächst der Konsensfindung bei der Suche nach
gemeinsamen Zielen. Eine Bearbeitung einzelner Marktsegmente war zu diesem Zeit-
punkt weder möglich noch vorgesehen. 111 Die für die Ausarbeitung einer Marketing-
Strategie erforderliche Abgrenzung und Auswahl von zu bearbeitenden Teilmärkten im
ÖPNV bleibt daher eine wesentliche Aufgabe im Anschluss an die Zukunftskonferenz.
Konkretisierung der Interventionsziele
Die Interventionsziele zur Förderung des ÖPNVs in Düsseldorf sollten so konkret wie
möglich formuliert werden, dabei realistisch hinsichtlich der Umsetzbarkeit bleiben und
verschiedene Handlungsmöglichkeiten einschließen. Auf der Zukunftskonferenz wird
dem mit zwei aufeinander folgenden Arbeitsschritten Rechnung getragen: Zunächst
musste in der Gesamtgruppe der Teilnehmer ein Konsens darüber gefunden werden,
welche Ziele überhaupt weiter verfolgt werden sollen. Anschließend wurden zu jedem
Ziel Maßnahmenvorschläge entwickelt sowie Verantwortliche und Zeiträume für die
Umsetzung benannt.112
Ausarbeitung eines Marketing-Mix
Das auf der Zukunftskonferenz erarbeitete Handlungsprogramm für den Düsseldorfer
ÖPNV kann aufgrund der fehlenden Marktsegmentierung (siehe oben) noch keinen
ausdifferenzierten Marketing-Mix (Product, Promotion, Place, Price) enthalten. Die in
diesem Rahmen erfolgte Konkretisierung der Interventionsziele bietet aber eine gute
Grundlage für eine detailliertere und auf die jeweiligen Marktsegmente zugeschnittene
Interventionsplanung im Anschluss an die Zukunftskonferenz. 113
Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme
„Unter Vernetzung wird der Prozeß des Vermittelns/Verbindens zwischen mehreren
Akteuren oder Organisationseinheiten mittels Kommunikation/Interaktion verstanden.
Hieraus kann ein soziales Netzwerk entstehen.“114 Dabei geht es u.a. um die Bereitstel-
lung von direkten Gesprächssituationen, damit die Beteiligten auf dem Wege der Norm-
aktivierung zur persönlichen Verantwortungsübernahme für die Verbreitung der Inhalte
111 Zur Erläuterung des Ablaufs der Zukunftskonferenz vgl. Kapitel 3.1112 Vgl. Kals 1996: 141-142 sowie iku GmbH 2001: 23, 26ff113 Vgl. Prose 1994: 18-19114 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11
44 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
angeregt werden. Auf dieser Idee basieren die Grundprinzipien der Zukunftskonferenz
(vgl. Kapitel 3.1). Insbesondere durch die Diversität der Teilnehmer und ihre Zusam-
menarbeit in gemischten Kleingruppen in wechselnder Zusammensetzung wurden so
neue Kontakte sowie gemeinsame Sichtweisen und Handlungsperspektiven eröffnet.115
Beratung bei Planung & Durchführung von ABC-Interventionen
Im Rahmen des Modells zur Steuerung partizipativer Interventionen (siehe Kapitel 4.1)
wird eine professionelle Beratung für erforderlich gehalten, um den Beteiligten z.B.
Wissen über Möglichkeiten und Wirkungsweisen von Maßnahmen zur Verfügung zu
stellen und sie bei deren Auswahl, Gestaltung und Durchführung zu unterstützen. 116 Die
Zukunftskonferenz beschränkt sich aber auf die Planungsphase und baut dabei auf die
Fähigkeiten und das Wissen auf, „die die Menschen bereits haben – ohne Übung, Mah-
nungen und Ratschläge.“117 Allerdings war in Düsseldorf an jedem Tisch ein Vertreter
der Rheinbahn in einer passiven Beratungsfunktion anwesend, um ggf. auf den Infor-
mationsbedarf der Teilnehmer reagieren zu können. 118 Die Frage, ob zusätzlich eine
Interventionsberatung eingebunden werden sollte, wird in Kapitel 7 wieder aufgegrif-
fen. Die Antwort hängt u.a. davon ab, inwieweit bei den von der Zukunftskonferenz
erarbeiteten Ziele und Maßnahmen auch die Empfehlungen zur Gestaltung sozialpsy-
chologischer Interventionen berücksichtigt worden sind (vgl. Kapitel 6.2).
Berücksichtigung emotionaler Faktoren
Bei der Planung partizipativer Interventionen im ÖPNV spielen auch emotionale Fakto-
ren v.a. im Hinblick auf die Teilnahmemotivation für die einzelnen Zielgruppen eine
bedeutsame Rolle. Es ist daher erforderlich, den ggf. vorhandenen negativen Erfahrun-
gen mit der bisherigen Auseinandersetzung in Düsseldorf um das Thema ÖPNV mit
einer Gegenkonditionierung zu begegnen. Damit ist gemeint, mit der Verknüpfung von
positiven Gefühlsqualitäten wie z.B. Prestige, Wohlbefinden und Spaß ein Engagement
der Beteiligten für den ÖPNV zu stimulieren. 119 Das Konzept der Zukunftskonferenz
stellte für die Teilnehmer ein attraktives Beteiligungsangebot dar, weil es auf eine er-
gebnisorientierte Zusammenarbeit mit wichtigen Entscheidungsträgern und Interessen-
gruppen in Düsseldorf angelegt war. Um in relativ kurzer Zeit eine motivierende und
produktive Arbeitsatmosphäre aufzubauen, wurde mit dem vorgegebenen Phasenverlauf
115 Vgl. Häusler & Schadt 2000: 59 sowie Weisbord & Janoff 2000: 50ff116 Vgl. Matthies 2000: 94117 Weisbord 1996: 10118 Vgl. iku GmbH 2001: 8119 Siehe hierzu bei Preuss 1997: 68-69; Matthies 2000: 95-96 sowie Werner 2000: 88ff
4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 45
der Zukunftskonferenz auch eine emotionale Dynamik bewirkt. Diese reichte von einer
Verunsicherung der Teilnehmer zu Beginn der Veranstaltung über eine Begeisterung für
die kreativen Zukunftsentwürfe bis hin zu einer allgemeinen Zufriedenheit mit den ge-
meinsam erreichten Ergebnissen. 120
Prozessorientierung
Bei allen Heuristiken zur Interventionsplanung wird betont, dass die zu entwickelnden
Konzepte nicht statisch sein dürfen, sondern prozessorientiertes Denken, flexibles Han-
deln und eine schrittweise Umsetzung erfordern. 121 Strategisches Vorgehen beinhaltet
daher insbesondere die „Überprüfung des Prozeßfortschritts und Anstoßen weiterer Ak-
tivitäten über eine breite Rückmeldung der Prozeßergebnisse“122. Im Sinne der weiter
oben erläuterten `Foot-in-the-Door Technik´ kommt daher der Zukunftskonferenz der
Charakter einer Auftaktveranstaltung für einen umfangreicheren Dialogprozess zur
künftigen Ausgestaltung des Düsseldorfer ÖPNVs zu, während sie im Fallbeispiel den
vorläufigen Abschluss des Bürgerforums bildet (siehe Kapitel 2.2 und 3.1).123 Eine Er-
gänzung und Einbindung der Zukunftskonferenz erscheint auch deshalb notwendig,
weil sie als Interventionsstrategie im ÖPNV erst dann wirksam wird, wenn die erarbei-
teten Ergebnisse entsprechend aufbereitet, verbreitet und umgesetzt werden. 124 Daher
wird bei den Schlussfolgerungen aus der Evaluation (Kapitel 7.1) zu diskutieren sein,
ob und ggf. welche Veränderungen bei der Prozessorientierung angebracht sind.
4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation
Über die zur Umsetzung des Veranstaltungskonzepts eingesetzten Moderationsmetho-
den wird „der Zugang zu und der Umgang mit Inhalten sowie ein Großteil des Bezie-
hungsgefüges – in qualitativer und quantitativer Hinsicht – aller Beteiligten geregelt.“125
Die Hauptaufgabe der Moderatoren besteht bei der Zukunftskonferenz darin, den Wech-
sel der verschiedenen Arbeitsweisen (Gesamtgruppe, homogene Interessengruppen,
gemischte Tischgruppen) anzuleiten, den Teilnehmern Hilfen und Instruktionen zur
eigenständigen Bearbeitung von Aufgaben der zukünftigen Gestaltung des Düsseldorfer
ÖPNVs zu geben sowie Zwischenergebnisse zusammenzufassen, zu strukturieren,
zu visualisieren und ggf. nochmals zur Diskussion zu stellen. 126 Dabei geht es im
120 Vgl. Weisbord & Janoff 2000: 24-27, Burow 2000: 179 und iku GmbH 2001: 32-33121 Siehe z.B. bei Homburg & Matthies 1998: 198-200 und Prose 1995: 43122 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 2123 Vgl. Honsberg 2001: 4124 Vgl. Mosler & Gutscher 1998: 72-76125 Becher 1998: 16126 Vgl. iku GmbH 2001: 5-6 sowie Häusler & Schadt 2000: 161-167
46 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
Wesentlichen um die erfolgreiche Steuerung von Gruppenprozessen, für die eine Be-
rücksichtigung wichtiger didaktischer Kriterien aus der Erwachsenenbildung erforder-
lich ist. Um beurteilen zu können, welchen Anforderungen das methodische Vorgehen
der Moderation gerecht werden muss, wird im Folgenden kurz auf die konstruktivisti-
schen Grundlagen für die Kommunikation und Zusammenarbeit in Gruppen und die
damit verbundenen didaktischen Konsequenzen eingegangen.
Konstruktivistische Kernaussagen im Überblick
Ohne weiter zwischen den verschiedenen Denkmodellen und Theorien in der Konstruk-
tivismus-Debatte zu differenzieren, werden die zentralen Aussagen zu den Mechanis-
men individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion zusammengefasst und in
Bezug zueinander gesetzt (siehe hierzu auch die Darstellung in Abbildung 10):127
• Das menschliche Gehirn verfügt über keinen direkten Zugang zur externalen Welt.
Innerhalb des psychischen Systems kann daher keine Abbildung einer objektiven
Realität erfolgen. Stattdessen werden die Wahrnehmungen von Ereignissen und Er-
scheinungen der Umwelt lediglich auf Grundlage früherer Erfahrungen interpretiert.
Wegen dieser informationellen Geschlossenheit erfolgen Wirklichkeitskonstruktio-
nen zunächst individuell und selbstreferenziell (Autopoiesis).
• Gleichzeitig steht jedes Individuum ständig im Austausch mit anderen Menschen.
Die externale Welt wird somit auch Gegenstand eines Diskurses und in diesem
Kontext entsprechend interpretiert bzw. als Wirklichkeit sozial konstruiert.
• Alle Wirklichkeitskonstruktionen werden darauf überprüft, ob sie zum eigenen
Denken und Handeln sowie zu den sozialen Normen der Umwelt passen (Viabili-
tätsprüfung). Eine Weiterentwicklung kognitiver Strukturen findet erst bei einer Dif-
ferenzerfahrung zu den bisher vertrauten Deutungsmustern statt. Solche Ereignisse
stellen eine Perturbation dar, weil die individuelle Handlungs- und soziale Diskur s-
fähigkeit gefährdet ist. Störungen dieser Art müssen daher durch kognitive Opera-
tionen ausgeglichen werden.
• Eine strukturelle Kopplung zwischen dem Menschen als internen Beobachter und
dem Menschen im Diskurs ist möglich, so dass individuelle Konstruktionen über-
wiegend in sozialen Systemen entwickelt werden. Die Wirksamkeit sozialer Normen
kann aber durch die kognitive Autonomie des Einzelnen gebrochen werden.
127 Die Kernaussagen sind den beiden folgenden Beiträgen entnommen, die eine gute Einführung in das Thema bieten: vgl. Schüßler & Bauerdick 1997: 43-54 sowie Adomßent 1998: 5-9.
4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 47
Abbildung 11: Mechanismen individueller und sozialer Wirklichkeitskonstruktion(aus Frindte 1995: 114)
Konsequenzen für didaktische Kriterien in der Erwachsenenbildung
Die Bedeutung der soeben vorgestellten Kernaussagen der Konstruktivismusdebatte für
das methodische Vorgehen auf der Zukunftskonferenz erschließt sich über den Begriff
der Didaktik. Aus didaktischer Sicht geht es generell darum, zwischen den thematischen
Strukturen bzw. Zusammenhängen und den Lern- bzw. Motivationsstrukturen der
Adressaten zu vermitteln. Da sich die Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 Düsseldorf
sowohl durch komplexe Inhalte als auch durch eine sehr heterogene Zusammensetzung
der Teilnehmer auszeichnet, sollten sich die eingesetzten Moderationsmethoden an
wichtigen didaktischen Kriterien für die Erwachsenenbildung orientieren. Insbesondere
für die Steuerung der Kommunikation und Zusammenarbeit in Gruppen sind dabei eini-
ge konstruktivistische Implikationen zu beachten:128
• Anschlussfähigkeit129
Bei Erwachsenen geht es selten darum, völlig neues Wissen zu erwerben, sondern an
bereits vorhandenen Wissensnetzen und kognitiven Strukturen anzuknüpfen und diese
schrittweise weiterzuentwickeln. Didaktisch gesehen muss dieses Anschließen jedem
128 Vgl. Siebert 1997: 1-5, 16-22129 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Siebert 1999: 87-94 sowie Siebert 1997: 103-110
48 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
Teilnehmer für sich ermöglicht werden, weil es nur individuell erfolgen kann. Um den-
noch in Gruppen produktiv miteinander kommunizieren zu können, ist eine Verständ i-
gung über gemeinsame Ziele, Inhalte und Umgangsformen herbeizuführen, die aber
eine strukturelle Kopplung des Einzelnen erfordert. Anschlussfähigkeit alleine begün-
stigt allerdings nur „ein Assimilationslernen, bei dem nur das aufgegriffen wird, was in
vorhandene Schemata passt.“130
• Perspektivverschränkung131
Viele Menschen neigen dazu, ihre eigene Wirklichkeitskonstruktion für die einzig mög-
liche zu halten. Um einen Realitätsverlust zu verhindern, ist es immer wieder notwen-
dig, durch eine Verschränkung verschiedener Perspektiven die Wahrnehmung von
Differenzen zu schärfen. Obwohl mit dieser Perturbation zunächst einmal das Missve r-
stehen als kommunikativer Normalfall vorprogrammiert ist, wird gleichzeitig Neugie r-
de, Interesse und Nachdenken über die Konstrukte der Anderen gefördert. Durch die
damit herausgeforderte Überprüfung der eigenen Position wachsen auch die Chancen
für neue Erkenntnisse und für die Wahrnehmung von Gemeinsamkeiten.
• Handlungsrelevanz132
Die individuelle Erkenntnissuche ist nicht auf objektive Wahrheiten ausgerichtet, son-
dern auf funktionierende Handlungen, die zur eigenen Wirklichkeitskonstruktion passen
und gesellschaftlich nicht sanktioniert werden. Viabilität meint somit einen Suchprozess
nach gangbaren Wegen und bedeutet daher notwendigerweise auch eine Reduktion von
Komplexität. Als didaktische Konsequenz muss daher für die Teilnehmer ein Bezug
zwischen Lern- und Verwendungssituation herstellbar sein. Methodisch angeleitet wird
durch entsprechende Deutungsmuster ein Probedenken ermöglicht, das neue Spielräume
auch für spätere Handlungen eröffnet (sleeper-Effekt).
• Selbstorganisation133
Da Erkenntnisse und Bedeutungen meistens individuell, spontan und intuitiv entstehen,
entwickeln soziale Systeme und Gruppenprozesse eine Eigendynamik, die durch Steue-
rung und Informationsvermittlung von außen nur bedingt zu beeinflussen ist. Methodi-
sches Vorgehen muss sich daher v.a. durch Gelassenheit, Ambiguitätstoleranz, situative
Flexibilität und Ergebnisoffenheit auszeichnen. Bei der Inszenierung förderlicher
130 Siebert 1999: 89131 Vgl. Siebert 1997: 127-132 und Siebert 1999: 94-96132 Vgl. Siebert 1997: 157-164, 111-16 sowie Siebert 1999: 79-81133 Vgl. Siebert 1997: 175-181; Siebert 1999: 82-87, 106-111, 117-121 und Delhees 1994: 369-371, 376ff
4.3 Methodische Umsetzung durch die Moderation 49
Rahmenbedingungen ermöglicht die Selbstorganisation der Teilnehmer ein entdecken-
des Lernen, das zu einer Erweiterung und Ausdifferenzierung der individuellen kogniti-
ven Netze sowie zum Aufbau von entsprechenden Kompetenzen zur Erschließung neuer
und relevanter Inhalte beiträgt. In selbstorganisierten Gruppen besteht also ein großes
Potenzial für Kreativität, z.B. in Form von zweckmäßigeren Problemsichten und inno-
vativen Lösungen, aber auch die Gefahr von zu hohem Konformitätsdruck und daraus
resultierenden Fehleinschätzungen.
• Reflexion134
Da individuelle und soziale Wirklichkeitskonstruktionen immer durch selektive Wahr-
nehmungen geprägt sind, ist eine Reflexion der so gewonnenen Erkenntnisse notwen-
dig. Diese dient dazu, die abgelaufenen kognitiven Prozesse zu hinterfragen, sich selbst
bzw. gemeinsam in der Gruppe ihrer Relevanz zu vergewissern oder ggf. auf blinde
Flecken aufmerksam zu machen.
Berücksichtigung beim methodischen Vorgehen auf der Zukunftskonferenz
Von Beginn der Zukunftskonferenz an wurde versucht, an den Voraussetzungen der
Teilnehmer anzuknüpfen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der thematischen
Vorarbeit des Bürgerforums zum Düsseldorfer ÖPNV wurde im Rahmen einer Ein-
gangsbefragung bereits bestätigt. Bei der Vorstellungsrunde an gemischten Tischen
konnten die Teilnehmer auch selbst ihren persönlichen Bezug zu dem Blickwinkel er-
läutern, unter dem sie zur Zukunftskonferenz eingeladen worden waren. Auf einen In-
formationsinput durch Fachleute wurde bewusst verzichtet.135 Stattdessen konnten
durch die Bereitstellung von Stiften und Moderationskarten in den ersten Arbeitsphasen
der Kleingruppen zur Vergangenheit und Gegenwart des Nahverkehrs in Düsseldorf die
individuellen Perspektiven festgehalten werden. Durch die jeweils anschließende Über-
tragung auf die Pinnwände im Plenum wurde die Vielfalt der Wirklichkeitskonstruktio-
nen anschaulich visualisiert. Ein Clustern der Karten (auf der Zeitleiste, in der Mind-
Map bzw. in Tabellenform) ermöglichte eine Strukturierung der Beiträge, die den Blick
für Differenzen aber auch für die vorhandenen Gemeinsamkeiten schärfte.136
Das Verständnis von Viabilität als Suchprozess spiegelt sich bereits in der englischen
Bezeichnung Future Search Conference wider und findet seinen Niederschlag im Ent-
werfen von Zukunftsbildern als Probedenken und in der Konsensfindung über die Ziele
zur Weiterentwicklung des ÖPNVs. Deren Handlungsrelevanz wurde nicht zuletzt
134 Vgl. Siebert 1999: 101-106 und Siebert 1997: 142-146135 Vgl. iku GmbH 2001: 8-10136 Vgl. iku GmbH 2001: 11-19 sowie Häusler & Schadt 2000: 116ff
50 4. Die Zukunftskonferenz als Interventionsstrategie
durch die am letzten Tag erfolgte Konkretisierung in Form von Maßnahmenvorschlägen
verdeutlicht.137 Der überwiegende Teil der inhaltlichen Arbeit auf der Zukunftskonfe-
renz fand in Kleingruppen statt, wobei der Umgang mit Themen, Diskussionsführung,
Ergebnissicherung und Präsentation von den Teilnehmern selbst organisiert werden
musste. Die Moderation (lateinisch: Mäßigung)138 beschränkte sich deshalb auf die Er-
läuterung des jeweiligen Arbeitsauftrages, die Beantwortung von Rückfragen und die
Bereitstellung unterstützender Materialien. Um eine Verfestigung der Gruppenstruktu-
ren zu vermeiden, wechselte mehrfach während der Veranstaltung die Zusammenset-
zung der Teilnehmer an den Tischen. Vor dem Übergang zur jeweils nächsten
Arbeitsphase fand mit der Gesamtgruppe im Plenum eine Reflexionsphase statt, bei der
nochmals Gelegenheit zur Kommentierung, Befragung, Erläuterung und Korrektur der
erarbeiteten Ergebnisse bestand. Außerdem bildeten die beiden Nächte jeweils eine
wichtige Zäsur für die Teilnehmer, um die Komplexität der Rahmenbedingungen bzw.
die gemeinsamen Ziele in Ruhe verarbeiten zu können. Diese z.T. unbewusst ablaufen-
den Prozesse konnten im Rahmen der Einführung der Moderation am folgenden
Morgen für die weitere Arbeit reflektiert werden (siehe auch Programm der Zukunfts-
konferenz im Anhang).139
Aus Sicht des Verfassers sind damit im Wesentlichen alle oben erläuterten didaktischen
Kriterien bei der methodischen Umsetzung durch die Moderation berücksichtigt wor-
den. Eine detailliertere Evaluation in Form dieses theoretischen Abgleichs ist nicht
sinnvoll möglich, weil die didaktische und methodische Inszenierung der Zukunftskon-
ferenz von jedem Einzelnen unterschiedlich wahrgenommen und empfunden wurde. Als
beobachterabhängige und interpretierte Wirklichkeit kann daher die Veranstaltung
nachträglich auch wissenschaftlich nicht eindeutig beschrieben und bewertet werden. 140
4.4 Zusammenfassung
Als Zwischenfazit lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass die Zukunftskonferenz
Nahverkehr 21 Düsseldorf durchaus als soziale Interventionsstrategie im ÖPNV ange-
legt ist (vgl. Abbildung 12).
Das zu Grunde liegende Veranstaltungskonzept bietet v.a. hinsichtlich des strategischen
Vorgehens, der Orientierung auf Langzeitwirkungen, des Einbezugs relevanter Akteure,
137 Vgl. Burow 2000: 169, 180-181138 Zum Verständnis von Moderation siehe bei Seifert 1996: 77ff.139 Vgl. iku GmbH 2001: 6, 9-11, 13-15, 20, 23 sowie Weisbord & Janoff 2000: 55140 Vgl. Siebert 1999: 171-174
4.4 Zusammenfassung 51
einer angemessenen Konkretisierung der Interventionziele, der Nutzung von sozialen
Netzen als Verstärkersysteme und der Berücksichtigung von emotionalen Faktoren ent-
sprechende Erfolgspotenziale. Allerdings sind insbesondere bei den Anforderungen an
eine Marktanalyse und –segmentierung im ÖPNV auch Defizite zu verzeichnen, die
sich in der fehlenden Ausarbeitung eines spezifischen Marketing-Mix niederschlagen
(vgl. Kapitel 4.1 und 4.2). Da diese Aufgaben sinnvollerweise im Anschluss an die Ver-
anstaltung nachgeholt werden sollten, wird bereits hier die Notwendigkeit einer Ergän-
zung der Zukunftskonferenz bzw. einer Einbettung in einen weiteren Beteiligungs- und
Ausgestaltungsprozess für einen zukunftsfähigen ÖPNV in Düsseldorf deutlich. In die-
sem Rahmen sind auch noch weitere offene Fragen zu klären: z.B. wie eine professio-
nelle Beratung zur Interventionsplanung und –durchführung eingebunden werden kann
und ob die Prozessstruktur im Fallbeispiel dem katalytischen Potenzial der Zukunft s-
konferenz gerecht wird (siehe hierzu Kapitel 7).
Unter Berücksichtigung wichtiger didaktischer Kriterien aus der Erwachsenenbildung
ist das methodische Vorgehen der Moderation bei der Umsetzung des Veranstaltungs-
konzepts durchgängig als angemessen zu betrachten (vgl. Kapitel 4.3). Damit sind zu-
mindest aus konzeptioneller und methodischer Sicht die wesentlichen Voraussetzungen
für die postulierten sozialpsychologischen Mobilisierungeffekte der Zukunftskonferenz
gegeben. Diese werden nun im folgenden Kapitel auf Grundlage der Befragungsergeb-
nisse ausgewählter Teilnehmern und des Auftraggebers differenzierter betrachtet.
Abbildung 12: Ergebniszusammenfassung der EvaluationsbereicheVeranstaltungskonzept und methodische Umsetzung (Eigene Darstellung)
Veranstaltungskonzept
Methodische Umsetzung
Die Zukunftskonferenzals Interventionsstrategie
Strategisches Vorgehen
Orientierung auf Langzeitwirkungen
Zielgruppen, Entscheidungsträger,Meinungsführer, Multiplikatoren einbeziehen
Marktanalyse & -segmentierung
Konkretisierung der Interventionsziele
Ausarbeitung eines Marketing-Mix
Nutzung sozialer Netze als Verstärkersysteme
Beratung bei Planung undDurchführung von ABC-Interventionen
Berücksichtigung emotionaler Faktoren
ProzessorientierungAnschlussfähigkeit
Perspektivverschränkung
Handlungsrelevanz
Selbstorganisation
Reflexion
Positive Bewertung wegen Berücksichtigung der meisten Kriterien, nur einzelne Defizite & offene Fragen
Generelle Tendenz:
52 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell
Um die Mobilisierung von Teilnehmern und Auftraggeber für die gemeinsamen Anlie-
gen der Zukunftskonferenz untersuchen zu können, wird ein Wirkungsmodell zur ind i-
viduellen Handlungsmotivierung benötigt (vgl. Kapitel 3.2). Dieses muss über die
Ausdifferenzierung von kognitiven Überzeugungen, die mit der beabsichtigten Förde-
rung des ÖPNVs in Düsseldorf verbunden sind, auch einen empirisch nachvollziehbaren
Erklärungsansatz bieten. Dafür eignet sich die Theorie des geplanten Verhaltens, die aus
der psychologischen Forschung über den Zusammenhang von Einstellungen und Ver-
halten hervorgegangen ist und die zentrale Aussage beinhaltet: „people intend to per-
form a behaviour if their personal evaluations of it are favorable, if they think that
important others would approve of it, and if they believe that the requisite resources
and opportunities will be available“141. Mit der Einführung des vermittelnden Kon-
strukts der Intention, das im Wesentlichen einer Motivation zum Handeln entspricht,
wird in diesem Wirkungsmodell der häufige Kurzschluss von Wissen und Einstellungen
auf manifestes Verhalten aufgebrochen (vgl. Abbildung 13).142
Abbildung 13: Die Theorie des geplanten Verhaltens (aus Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 96)
141 Ajzen 1988: 144142 Vgl. Rost 1992: 144, 148-149 sowie Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 97-99
5.1 Die Theorie des geplanten Verhaltens als Wirkungsmodell 53
Die zunächst theoretisch postulierten Beziehungen zwischen den einzelnen Variablen
wurden bereits vielfach empirisch getestet und durch entsprechend hohe und signifi-
kante Korrelationskoeffizienten bestätigt.143 Als Wirkungsmodell bietet die Theorie des
geplanten Verhaltens daher im Rahmen der Evaluation eine solide Grundlage für die
Konzeption der Befragung, auf der die verbal-argumentative Interpretation der empiri-
schen Ergebnisse aufbauen kann. Im Folgenden steht dabei zunächst die Perspektive der
Teilnehmer im Vordergrund, weil bei der Rheinbahn zusätzlich die Sonderrolle als zu-
ständiges Verkehrsunternehmen und Auftraggeber der Zukunftskonferenz zu berück-
sichtigen ist (siehe auch Kapitel 5.5).144
Allerdings wurde die Theorie des geplanten Verhaltens bisher v.a. zur Erklärung einze l-
ner und konkreter Verhaltensweisen angewendet145, so dass die Begrifflichkeiten aus
Abbildung 13 erst auf die zu untersuchende Situation im Fallbeispiel übertragen werden
müssen: Die Interventionsstrategie der Zukunftskonferenz zielt dabei nicht direkt auf
eine verstärkte individuelle Nutzung des ÖPNVs in Düsseldorf ab, sondern strebt zu-
nächst dessen kundenorientierte Ausgestaltung für die Zukunft an. Das Verhalten der
beteiligten Akteure soll daher auf eine Optimierung des ÖPNVs im Sinne der Empfeh-
lungen der Zukunftskonferenz ausgerichtet sein, wobei die unterschiedlichen Kompe-
tenzen und Handlungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind.146 Dazu müssten aber die
Teilnehmer persönlich motiviert sein, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Ergebnis-
se einzusetzen. Diese zentrale Funktion einer sozialpsychologischen Mobilisierung ent-
spricht damit dem Konstrukt der Intention, für das in der Theorie des geplanten
Verhaltens drei wesentliche Einflussfaktoren als Prädiktoren definiert werden: Einstel-
lung, subjektive Norm und wahrgenommene Verhaltenskontrolle.147
Die Einflussfaktoren des Wirkungsmodells
Die Einstellungen der Teilnehmer übernehmen im Wirkungsmodell erst dann eine erklä-
rende Funktion, wenn sie möglichst weitgehend mit dem Intentions- und Verhaltensmaß
korrespondieren. 148 Bezogen auf den Beteiligungsprozess Nahverkehr 21 Düsseldorf ist
daher zu klären, ob die Teilnehmer mit Konzeption, Arbeitsweise und Ergebnissen der
Zukunftskonferenz zufrieden sind und die damit verbundenen Konsequenzen positiv
bewerten (vgl. Kapitel 5.2).
143 Entsprechende Befunde werden in Form von Metaanalysen dargestellt in Ajzen 1988: 113-119, 136-143 sowie bei Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 92-94, 97.144 Vgl. iku GmbH 2001: 33145 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 140-141 oder Ajzen 1988: 137-142146 Vgl. iku GmbH 2001: 3, 5, 33147 Vgl. Ajzen 1988: 132-133 bzw. Rost 1992: 144148 Vgl. Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 88-89
54 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
„Die subjektive Norm repräsentiert die Überzeugung einer Person, dass für sie wichtige
Dritte von ihr erwarten, in einer spezifischen Situation eine spezifische Verhaltensweise
auszuführen bzw. nicht auszuführen.“149 Der Erfolg der Zukunftskonferenz hängt somit
davon ab, inwieweit im Anschluss ein Engagement für die Verbreitung und Umsetzung
der Ergebnisse sichtbar wird, um eine möglichst hohe Akzeptanz für die erarbeiteten
Vorschläge zu erzielen und vielseitige Anstrengungen zur Förderung des ÖPNVs in
Düsseldorf zu stimulieren. Da nicht für jeden einzelnen Befragten alle relevanten Be-
zugsgruppen und deren Erwartungshaltungen im Detail erfasst werden können, wird im
Folgenden allgemeiner von der Anregung sozialer Normen gesprochen (siehe Kapi-
tel 5.3). Damit sind auch Aktivitäten von Akteuren eingeschlossen, die nicht an der Zu-
kunftskonferenz beteiligt waren. Normative Faktoren sind im Rahmen der Evaluation
auch für die längerfristige Aufgabe der Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs
von großer Bedeutung, weil sie über die Dauer der eigentlichen Intervention hinaus
wirksam bleiben. 150
Da die kollektiven Planungsprozesse im ÖPNV nicht unter vollständiger willentlicher
Kontrolle der einzelnen Akteure stehen, reichen Einstellungen und subjektive Normen
als Einflussfaktoren zur Erklärung der Mobilisierungseffekte der Zukunftskonferenz
nicht aus. Daher werden über die wahrgenommene Verhaltenskontrolle auch Überzeu-
gungen der Teilnehmer zu internen und externen Ressourcen bzw. Barrieren für eine
Umsetzung der inhaltlichen Ergebnisse in das Wirkungsmodell einbezogen (Kapitel
5.4). Diese spiegeln darüber hinaus den Einfluss situationaler Rahmenbedingungen bei
der Ausgestaltung des ÖPNVs in Düsseldorf wider, die insbesondere für das letztend-
liche Handeln der Rheinbahn und anderer Entscheidungsträger prägend sein können.151
Die Erfassung individueller Überzeugungen
Die soeben erläuterten Einflussfaktoren geben auch die Struktur für die drei Themen-
bereiche der Interviews mit den 15 ausgewählten Teilnehmern und den 2 Vertretern des
Auftraggebers der Zukunftskonferenz vor. Dabei kommen, wie bereits in Kapitel 3.3
erwähnt, Polaritätsprofile im Wechsel mit offenen Fragen zum Einsatz, um die ve r-
schiedenen Merkmalsausprägungen und deren Intensität bzw. Relevanz für die einze l-
nen Variablen erfassen zu können. Als Assoziationsverfahren dienen die verwendeten
Polaritätsprofile der Bedeutungsanalyse derjenigen individuellen Überzeugungen, die
dem Wirkungsmodell zufolge auf die Mobilisierung für die gemeinsamen Anliegen der
149 Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 89150 Vgl. Homburg & Matthies 1998: 173, 178, 181-185151 Vgl. Rost 1992: 144; Bamberg, Gumble & Schmidt 2000: 94-97 sowie Ajzen 1988: 132-134
5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz 55
Zukunftskonferenz bezogen sind. Dazu werden jeweils zwei möglichst gegensätzliche
Aussagen vorgegeben, zu denen der Grad der persönlichen Zustimmung auf einer
7stufigen Skala von –3 bis +3 erfragt wird. Die ausgewählten Eigenschaftsdimensionen
strukturieren die Befragung entsprechend dem oben skizzierten Verständnis der Ein-
flussfaktoren aus der Theorie des geplanten Verhaltens vor.152 Der damit verbundene
Ausstrahlungseffekt auf die jeweils anschließenden offenen Fragestellungen ermöglicht
ggf. eine Präzisierung, Überprüfung, Gewichtung oder Ergänzung der Polaritätsprofile
in Form von subjektiven Erklärungen. Bei der Entwicklung des Fragebogens für die
Teilnehmer und des Gesprächsleitfadens für den Auftraggeber wurde insbesondere auf
die sprachliche und inhaltliche Verständlichkeit der Fragen sowie Eindeutigkeit, Aus-
schließlichkeit und Vollständigkeit der Kategorien geachtet. Diese Kriterien wurden bei
den ersten vier durchgeführten Interviews in Form eines Pretests noch einmal überprüft.
Dabei hat sich jedoch kein weiterer Änderungsbedarf mehr ergeben. 153
Für die Auswertung wurden die Ergebnisse der Polaritätsprofile so transformiert, dass
alle Bewertungen mit einem positiven Einfluss auf eine sozialpsychologische Mobilisie-
rung auch ein positives Vorzeichen erhalten und umgekehrt genauso. Dadurch lassen
sich die Häufigkeitsverteilungen zu den einzelnen Punkten besser vergleichen. Bei den
offenen Fragen wurden induktiv Kategorien gebildet, die Antworten entsprechend ko-
diert und ebenfalls die absoluten Häufigkeiten der Nennungen ermittelt.154 In den fol-
genden Kapiteln 5.2 bis 5.4 werden zunächst die Ergebnisse aus der Befragung der
Teilnehmer vorgestellt, bevor in Kapitel 5.5 auf die Perspektive des Auftraggebers ein-
gegangen wird. Schließlich werden die empirisch gewonnenen Erkenntnisse über die
von der Zukunftskonferenz erzielten Mobilisierungseffekte auf Grundlage des Wir-
kungsmodells in Kapitel 5.6 zusammengefasst. Die verwendeten Fassungen des Frage-
bogens/ Gesprächsleitfadens, eine Liste aller Interviewpartner und –termine sowie
sämtliche Gesprächsprotokolle und der Auswertungsbogen sind im Anhang beigefügt.
5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz
Bereits bei der Einstiegsfrage wird deutlich, dass die Teilnehmer auch mehr als vier
Monate nach der Zukunftskonferenz155 fast ausnahmslos eine positive Grundhaltung
152 Vgl. Atteslander 1995: 269-272153 Zu Kriterien der Fragebogenkonstruktion siehe z.B.: Schnell, Hill & Esser 1993: 352-359 und Atteslander 1995: 343-346154 Diese Vorgehensweise orientiert sich an der Beschreibung bei Mayring 1996: 92-94155 Anmerkung des Verfassers: Die telefonischen Befragungen wurden im Juni 2001 durchgeführt.
56 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...
0
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9
3
-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht ausgewogen.
Abs
olut
e H
äufig
keit
(n=1
5)
... spiegelte die wichtigsten Interessen zur Weiterentwicklung des ÖPNVs wider.
Abbildung 14: Einstiegsfrage (Eigene Darstellung)
gegenüber der Veranstaltung selbst einnehmen: Die Teilnahme hat ihnen Spaß gemacht
und wird nicht als lästige Verpflichtung angesehen (vgl. Abbildung 14). Besonders her-
vorgehoben werden dabei der gelun-
gene Ablauf (8 Nennungen), die inter-
essante Arbeitsweise, die diversen
Diskussionen, das breite und hetero-
gene Teilnehmer-Spektrum (je 4 Nen-
nungen) sowie die angenehme Atmo-
sphäre und die Dialogbereitschaft
unter den Teilnehmern (jeweils
3 Nennungen). Unter den 9 Ein-
zelnennungen befand sich nur eine
negative Äußerung, die sich auf die
vertretene Inkompetenz auf der Zukunftskonferenz bezog (Interview-Nr. 4). Mit den
folgenden Fragen werden diese Einstellungen der Teilnehmer zur Veranstaltung diffe-
renzierter unter dem Aspekt der möglichen Beeinflussung der Mobilisierung für die
gemeinsamen Anliegen betrachtet.
Eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Identifikation der Beteiligten mit der
Zukunftskonferenz ist die Überzeugung jedes Einzelnen, dass die Zusammensetzung der
Teilnehmer der inhaltlichen Arbeit angemessen war. Diese spiegelte aus Sicht der mei-
sten Befragten die wichtigsten Interessen zur Weiterentwicklung des ÖPNVs wider, nur
2 Leute waren der Meinung, dass sie nicht ausgewogen war (vgl. Abbildung 15). Den-
noch haben aus Sicht von 11 Teilneh-
mern Vertreter weiterer Interessengrup-
pen gefehlt: Am häufigsten werden
dabei die Mehrheitsfraktionen von CDU
und FDP im Stadtrat erwähnt (5 Nen-
nungen), aber auch Ausländer (2 Nen-
nungen) und Einzelhandel, Radfahrer,
Wohnungsbaugesellschaften, Messe,
Flughafen, Medien, Schüler sowie wei-
tere Einzelnennungen. Außerdem sind
mehr Vertreter aus Verwaltung und Po-
litik sowie Bürger aus den Stadtteilen bzw. Bezirksvertretungen gewünscht (je 2 Nen-
nungen).
Abbildung 15: Teilnehmer-Zusammensetzung(Eigene Darstellung)
Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...
0 0 0
1
0
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8
-3 -2 -1 0 1 2 3... war eine lästigeVerpflichtung für mich.
Abs
olut
e H
äufig
keit
(n=1
5)
... hat mir Spaß gemacht.
5.2 Einstellungen zur Zukunftskonferenz 57
Auch bei der Beurteilung von Ablauf
und Arbeitsweise der Zukunftskonferenz
zeigt sich die überwiegende Zufrieden-
heit der Teilnehmer: Während die Steue-
rung durch die Moderation als eindeutig
ergebnisorientiert empfunden wurde
(vgl. Abbildung 16), fallen die Erfahrun-
gen mit der Zusammenarbeit in den
Kleingruppen etwas differenzierter, aber
dennoch positiv aus (vgl. Abbildung 17).
So haben 5 der Befragten auch keine
eigenen Verbesserungsvorschläge. Hinsichtlich der verschiedenen Arbeitsphasen ist in
den Äußerungen einzelner Teilnehmer (Interview-Nr. 7, 12 & 15) eine Präferenz für
eine Straffung der Vorbereitungs- und
Analysephase feststellbar, um mehr Zeit
für die gemeinsame Weiterentwicklung
und Gestaltung des ÖPNVs auf der Zu-
kunftskonferenz zur Verfügung zu ha-
ben. Dazu sei es aber auch erforderlich,
Ergebnisse aus früheren Arbeitsphasen
im weiteren Verlauf wieder aufzugreifen
(vgl. Interview-Nr. 6 & 9). Für die Ar-
beit der Kleingruppen an den Tischen wird eine Moderation sowie eine häufigere bzw.
bessere Durchmischung der Teilnehmer vorgeschlagen. Außerdem besteht das Bedürf-
nis nach mehr Freiraum für die Fortführung der Gespräche in den Pausen (jeweils
2 Nennungen). Unter den 11 Einzelnennungen sind wegen ihrer strategischen Bedeu-
tung v.a. die Forderungen nach einer stärkeren Selbstverpflichtung von Rheinbahn und
Stadt zur Umsetzung im Vorfeld der Zukunftskonferenz, einer besseren Verknüpfung
mit formellen Entscheidungsprozessen sowie einer Einbindung von Fachleuten hervor-
zuheben.
Die Einstellungen der Teilnehmer zu den inhaltlichen Ergebnissen umfasst verschiedene
Aspekte: Fast alle der Befragten sind davon überzeugt, dass die erarbeiteten Ziele und
Maßnahmenvorschläge für einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düssel-
dorf von großer Bedeutung sind (vgl. Abbildung 18). Allerdings seien dabei nur z.T.
Der Ablauf der Veranstaltung ...
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10
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-3 -2 -1 0 1 2 3... hat die Erarbeitung kon-kreter Ergebnisse behindert.
Abs
olut
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(n=1
5)
... war stark ergebnis-orientiert angelegt.
Abbildung 16: Ablauf (Eigene Darstellung)
Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend...
1 1
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6
4
-3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf gegen-sätzlichen Positionen geprägt.
Abs
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keit
(n=1
5)
... konstruktiv.
Abbildung 17: Arbeitsweise (Eigene Darstellung)
58 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
wirklich neue Ideen diskutiert worden
(vgl. Abbildung 19)156. Diese werden
neben den Zukunftsvisionen und dem
Bewusstsein für die Nutzung neuer
Techniken zwar überwiegend positiv
beurteilt (3 Nennungen), vereinzelt aber
auch als zu übertrieben bzw. elek-
troniklastig angesehen (siehe Interview-
Nr. 4). Die Qualität der Ergebnisse liegt
für die Befragten vielmehr in der Beto-
nung von Bürger- bzw. Kundeninteres-
sen, im Konsens über anzustrebene
Verbesserungen und in der Umsetzbarkeit der Vorschläge (je 3 Nennungen). Erneut
wird das offene Dialogklima bei allen Beteiligten erwähnt (3 Nennungen). Dadurch
habe die Zukunftskonferenz zwar ge-
zeigt, dass es durchaus wichtigere Maß-
nahmen und Themen für den künftigen
Nahverkehr als den U-Bahn-Bau gebe,
diese aber in der Praxis eher vernachläs-
sigt würden (2 Nennungen). Inhaltlich
gesehen reicht die Bandbreite der 13
weiteren Einzelnennungen bei den zen-
tralen Ergebnissen der Zukunftskonfe-
renz von der Gestaltung der Fahrzeuge
über die Abstimmung der Verkehrsträger und die Relevanz von Informationen bis hin
zur Nutzbarkeit auch für Mobilitätseingeschränkte. Generell würde mit diesen Vor-
schlägen von Bürgern und Rheinbahn gemeinsam die große Bedeutung des ÖPNVs
sowie die Erfordernis zusätzlicher Investitionen für dessen Ausbau und Nutzung gegen-
über der Stadt dokumentiert.
5.3 Anregung von sozialen Normen
Damit die Empfehlungen der Zukunftskonferenz als soziale Normen bei der Ausgestal-
tung des ÖPNVs in Düsseldorf überhaupt wirksam werden können, sind eine aktive
156 So wurden hier z.B. bei Interview-Nr. 14 gleich zwei Bewertungen (-2 & +2) abgegeben (daher n=16).
Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sind für einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...
1
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-3 -2 -1 0 1 2 3... nebensächlich.
Abs
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(n=1
5)
... von entscheidender Bedeutung.
Abbildung 18: Bedeutung der Ergebnisse(Eigene Darstellung)
Geredet wurde dabei v.a. über ...
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... altbekannte Themen.
Abs
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6)
... neue Ideen für den Nahverkehr der Zukunft.
Abbildung 19: Altbekanntes/ Innovationen(Eigene Darstellung)
5.3 Anregung von sozialen Normen 59
Verbreitung der Ergebnisse und ein breites Engagement zu deren Umsetzung erforder-
lich. Ein wichtiger Multiplikator für die öffentliche Wahrnehmung der Zukunftskonfe-
renz ist die Berichterstattung in den Medien. Diese scheint zumindest in der Beurteilung
der Befragten nicht wirklich überzeugend gewesen zu sein. Im Vergleich zu Kapitel 5.2
liegen hier die meisten Bewertungen im neutralen und immerhin 4 Bewertungen im
negativen Bereich der Skala (siehe Abbildung 20). Viele Teilnehmer halten die Bericht-
erstattung für unzureichend in dem Sin-
ne, dass unbeteiligte Dritte wie z.B. ihre
Nachbarn nichts über die Zukunftskon-
ferenz erzählen könnten, wenn sie da-
nach gefragt würden (8 Nennungen).
Allenfalls sei bekannt, dass überhaupt
etwas stattgefunden hat (4 Nennungen).
Inhaltlich gesehen blieben nur Schlag-
worte, Themenblöcke und Vorschläge
mit konkretem Bezug zur ÖPNV-
Nutzung wie z.B. die Niederflurbusbestellung in der Öffentlichkeit präsent (3 Nennun-
gen). Dagegen sei die besondere Bedeutung der Zukunftskonferenz hinsichtlich
Zielsetzung, vertretenen Interessen, Struktur und Ablauf nicht deutlich geworden
(3 Nennungen).
Neben den Medien kommt v.a. den an der Zukunftskonferenz beteiligten Personen, Ins-
titutionen und Organisationen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der gemeinsamen
Anliegen zu. Auch hier fällt die Bewertung durch die Teilnehmer eher verhalten, von
der Tendenz her aber eindeutig positiv aus (vgl. Abbildung 21). Bei dieser Frage ist
zwischen Selbst- und Fremdwahrneh-
mung zu unterscheiden und das Problem
der sozialen Erwünschtheit zu berück-
sichtigen: So sind immerhin 8 der 15
hier erwähnten Interessenvertreter
Selbstnennungen. Dagegen haben 7 der
Befragten kein entsprechendes Engage-
ment bei anderen Akteuren mitbekom-
men. Demnach wären die Themen der
Zukunftskonferenz zumindest innerhalb
Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...
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... völlig unzureichend.
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... überzeugend.
Abbildung 20: Medien-Berichterstattung(Eigene Darstellung)
Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz wurden von den beteiligten Institutionen ...
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... weiter verbreitet.
Abbildung 21: Weiterverbreitung der Ergebnisse(Eigene Darstellung)
60 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
der beteiligten Institutionen und Organisationen präsent, sind aber weniger nach außen
weitergetragen worden. Allerdings haben einige Teilnehmer im persönlichen Umfeld
bei Freunden, Verwandten, Kollegen und im Rahmen von ehrenamtlichem Engagement
über die Zukunftskonferenz berichtet (6 Nennungen). Aktivitäten des Auftraggebers
Rheinbahn wie z.B. der Versand der Dokumentation, Aussagen und Artikel in Zeitun-
gen/ Zeitschriften sowie ein Bericht über die ersten Schritte zur Umsetzung bei einem
erneuten Treffen aller Teilnehmer werden insgesamt 5-mal erwähnt. Dabei wird aber
auch von 2 der Befragten bemängelt, dass eine zeitnahe und kompakte Präsentation der
Ergebnisse für die Kommunikation mit Medien und den politischen Fraktionen gefehlt
habe. In diesem Zusammenhang wird eine stärkere Allianz der ÖPNV-Verantwortlichen
bei der Durchführung der Zukunftskonferenz und bei der Verbreitung der Ergebnisse
für sinnvoll gehalten. Wegen der damit verbundenen Multiplikationseffekte sind noch
folgende Einzelnennungen hervorzuheben: die beabsichtigte Information des Verkehr-
sausschusses durch die Stadtverwaltung, die Kontakte zu anderen politischen Parteien
und Interessengruppen im Rahmen der Fraktionsarbeit der SPD im Stadtrat sowie die
Anregung von Diskussionen über die Verbesserungsvorschläge für den ÖPNV unter
den Mitgliedern des Hausfrauenbundes und der Arbeitsgemeinschaft Düsseldorfer Bür-
ger- und Heimatvereine.
Einen weiteren Hinweis auf die Anregung sozialer Normen bietet die Frage nach der
persönlichen Verantwortungsübernahme für die Umsetzung der Ergebnisse. So stimmen
zwei Drittel der Befragten darin überein, dass auf der Zukunftskonferenz ein breites
Bündnis zur Förderung des ÖPNVs geschaffen und nicht nur wenigen Akteuren die
Verantwortung dafür zugeschrieben wurde (vgl. Abbildung 22). Allerdings hat dabei
kein Teilnehmer die maximale positive
Bewertung gewählt, dafür ist 4-mal eine
negative Bewertung auf der Skala ver-
treten. Dennoch sehen 8 Befragte eine
generelle und 6 weitere eine einge-
schränkte Verpflichtung, sich selbst
(weiter) für die Umsetzung der Ergeb-
nisse einzusetzen. Lediglich eine Person
stimmt dem nicht zu, weil man als Ein-
zelner gegen den vorherrschenden Lobbyismus nichts bewegen könne (Interview-Nr. 4).
Im Rahmen der eigenen Möglichkeiten und Interessens- bzw. Aufgabenbereiche halten
10 Teilnehmer einen aktiven persönlichen Einsatz für angebracht. Andere wollen den
Auf der Zukunftskonferenz wurde ...
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-3 -2 -1 0 1 2 3... nur wenigen Akteuren Verantwor-tung für den ÖPNV zugeschrieben.
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... ein breites Bündnis zur För-derung des ÖPNV geschaffen.
Abbildung 22: Verantwortung für den ÖPNV(Eigene Darstellung)
5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung 61
Umsetzungsprozess eher passiv beobachten und kritisch begleiten (4 Nennungen) bzw.
ihre Kontakte zur Rheinbahn für Rückmeldungen und eigene Vorschläge nutzen (3
Nennungen). Auf Seite der Teilnehmer ist auch die Bereitschaft zu weiteren Gesprächen
und persönlicher Mitarbeit vorhanden. In einem Fall sollen die Erfahrungen mit der Zu-
kunftskonferenz sogar in die eigene Öffentlichkeitsarbeit einfließen (Interview-Nr. 7).
5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung
Die sozialpsychologischen Mobilisierungseffekte werden wesentlich durch die subjekti-
ven Erwartungen der Teilnehmer an die Umsetzbarkeit der erarbeiteten Ziele und Maß-
nahmenvorschläge für den künftigen ÖPNV in Düsseldorf mitbestimmt. Daher wird im
Folgenden auf Einschätzungen zu verschiedenen Kontrollfaktoren in Form von Res-
sourcen und Barrieren für eine Realisierung des Handlungsprogramms eingegangen. So
ist die Mehrzahl der Befragten, wenn auch nur eingeschränkt, davon überzeugt, dass sie
auf die Umsetzung der Ergebnisse persönlich Einfluss nehmen kann (Abbildung 23).
Die Vertreter der eingeladenen Interes-
sengruppen sehen dazu vielfältige Mög-
lichkeiten im Rahmen der laufenden
Aktivitäten ihrer jeweiligen Institution
bzw. Organisation (insgesamt 9 Nen-
nungen), während alle 5 Vertreter des
Bürgerforums eine Mitarbeit bei Folge-
veranstaltungen in den Mittelpunkt stel-
len. Dabei könnten Missstände und Ver-
besserungsvorschläge konkretisiert, die
Umsetzung kontinuierlich begleitet und/ oder mit Fachleuten bzw. Entscheidungsträ-
gern diskutiert werden. Als weitere Handlungsoptionen werden genannt: die Kontakt-
aufnahme zur Rheinbahn bei Anliegen und Problemen im ÖPNV (6 Nennungen); das
Einmischen in die politische Diskussion in Form von Gremienarbeit und Einflussnahme
auf Ausschüsse, Aufsichtsräte von Rheinbahn und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr oder
Bezirksvertretungen (4 Nennungen); die Aufnahme der geforderten Standards in den
Nahverkehrsplan der Stadt Düsseldorf (2 Nennungen) sowie die Mitwirkung durch Ko-
operation mit anderen Beteiligten (1 Nennung).
Eine Umsetzung ist stark vom Umgang der Entscheidungsträger im ÖPNV mit den
Ergebnissen abhängig (siehe hierzu Kapitel 2.1). Auch hier überwiegt die vorsichtig
Auf die Umsetzung der Ergebnisse ...
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-3 -2 -1 0 1 2 3... habe ich persönlichkeinen Einfluss.
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... kann ich selbst hinwirken.
Abbildung 23: Persönlicher Einfluss auf Umsetzung(Eigene Darstellung)
62 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
positive Einschätzung der Teilnehmer, dass diese tendenziell die Empfehlungen der
Zukunftskonferenz aufgreifen werden (siehe Abbildung 24). Unterstützung für die ge-
meinsamen Anliegen wird dabei v.a. von
der Rheinbahn (5 Nennungen), betroffe-
nen Interessenverbänden (3 Nennungen),
ÖPNV-Kunden, SPD sowie der
Industrie- und Handelskammer (jeweils
2 Nennungen) erwartet. Wegen der Be-
rücksichtigung der verschiedenen Inter-
essen sei generell eine breite Unterstüt-
zung möglich (3 Nennungen). Daher
gibt es auch nur 2 Einzelnennungen, die
von einer fehlenden Unterstützung ausgehen, und zwar zum Einen durch die Mehrheits-
fraktionen von CDU und FDP im Stadtrat sowie zum Anderen durch stark betroffene
Gruppen vor Ort wie z.B. Bürgerinitiativen oder Einzelhändler. Doch auch bei den an-
deren Befragten gibt es zumindest Zweifel an der Unterstützung: Wegen der reservier-
ten Haltung von Politik und Stadtverwaltung bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen
entstehe eine Unsicherheit, ob die Umsetzung nicht verschleppt werde bzw. vom öf-
fentlichen Druck, auch durch die Presse, abhänge (6 Nennungen). Außerdem würden
verschiedene Akteure trotz des Konsens auf der Zukunftskonferenz primär ihre Eigen-
interessen im ÖPNV verfolgen (4 Nennungen). Es wird von einigen Teilnehmern be-
fürchtet, dass außer der Rheinbahn kein anderer Entscheidungsträger tätig werde
(3 Nennungen) und auch diese die Unterstützung nur eingeschränkt bzw. nicht mit ge-
nügend Nachdruck betreibe (2 Nennungen).
Vor diesem Hintergrund halten die meisten Befragten das Handlungsprogramm der Zu-
kunftskonferenz zwar nicht für vollständig, aber im Wesentlichen doch für umsetzbar.
Negative Bewertungen, die von gar keiner Realisierbarkeit ausgehen, fehlen dagegen
fast ganz (vgl. Abbildung 25). Dafür wird stärker nach den einzelnen Maßnahmenvor-
schlägen differenziert: Nach Meinung der Teilnehmer wird v.a. der bereits geplante
Netzausbau mit der Wehrhahnlinie umgesetzt werden (6 Nennungen). Darüber hinaus
könnten viele kleine Verbesserungen, die allerdings auch keine großen Veränderungen
bewirken, kurz- bis mittelfristig realisiert werden (5 Nennungen). Neben 5 Einzelnen-
nungen werden wahrscheinlich v.a. technische Verbesserungen, insbesondere die Ein-
führung von Niederflurfahrzeugen, umgesetzt (4 Nennungen), die Möglichkeiten der
Telematik für dynamische Fahrgastinformationen genutzt (3 Nennungen), Sicherheits-
Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...
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... nicht mitgetragen.
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... bereitwillig aufgegriffen.
Abbildung 24: Unterstützung Entscheidungsträger(Eigene Darstellung)
5.4 Einschätzung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung 63
maßnahmen wie z.B. Notrufmöglich-
keiten verstärkt (3 Nennungen), das
Electronic Ticketing eingeführt (2 Nen-
nungen), Anschlüsse und Ergänzungs-
linien (2 Nennungen) sowie die behin-
dertengerechte Ausstattung (2 Nennun-
gen) verbessert. Als ausschlaggebende
Gründe für die Umsetzung werden am
häufigsten genannt, dass die Maßnahmen
ohnehin schon vorgesehen waren bzw. an
ihnen bereits gearbeitet wird (9 Nennungen). Der U-Bahn-Bau für die Wehrhahnlinie
werde darüber hinaus von den Parteien unterstützt und sei bereits in den Nahverkehr-
splan aufgenommen worden (2 Nennungen). Wegen des Konsensprinzips seien die
meisten Vorschläge sehr realitätsbezogen gewesen (2 Nennungen). Generell habe die
durch das Handlungsprogramm eingeforderte Kundenorientierung eine große Bedeu-
tung für die Innovations- und Zukunftsfähigkeit des ÖPNVs, die durch positive Anreize
aus der Wettbewerbssituation und der Kooperationsbereitschaft im Verkehrsverbund
unterstützt werde (2 Nennungen). Weiterhin erfolge eine Umsetzung nur dann, wenn die
Ergebnisse der Zukunftskonferenz der Legitimation eigener Forderungen dienten oder
wenn sie in der alleinigen Zuständigkeit der Rheinbahn lägen (je 1 Nennung).
Keine Umsetzung ist dagegen nach Meinung der Befragten bei den Ampelvorrang-
schaltungen für den ÖPNV zu erwarten (4 Nennungen). Auch bei der Verbesserung der
Zugänglichkeit für Mobilitätsbehinderte, den Vorschlägen um die Wehrhahnlinie he r-
um, der Ausweitung der Nachtverkehre, der weiteren Individualisierung des ÖPNVs
(jeweils 2 Nennungen) sowie bei 4 weiteren Einzelnennungen werden keine Chancen
für eine Realisierung gesehen. Als Hauptgründe für eine mögliche Nicht-Umsetzung
werden genannt: die hohen Kosten und geringen Erträge bei einem generell zu knappen
Finanzrahmen für den ÖPNV (7 Nennungen); zu viele Widerstände in Politik und Ver-
waltung, insbesondere bei Behinderungen des Autoverkehrs (4 Nennungen); überzoge-
ne Forderungen bzw. Utopien (2 Nennungen); zu große Zeitvorgaben für die
Umsetzung (2 Nennungen). Unter den 8 weiteren Einzelnennungen sind noch folgende
Einschätzungen hervorzuheben: dass die Zukunftskonferenz v.a. eine Public-Relations-
Veranstaltung gewesen sei, dass die Umsetzung auch von der Resonanz der Fahrgäste
abhänge und dass die Rücksichtnahme bei formellen Entscheidungsprozessen nicht si-
cher gestellt sei.
Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...
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... vollständig umsetzbar.
Abbildung 25: Umsetzbarkeit Handlungsprogramm(Eigene Darstellung)
64 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
Trotz dieser eher vorsichtigen und sehr differenzierten Einschätzungen von Kontroll-
faktoren zur Umsetzung wird die Zukunftskonferenz bei der Abschlussbewertung durch
die Teilnehmer als eine effektive Beteiligungsmöglichkeit bei der Ausgestaltung des
künftigen ÖPNVs in Düsseldorf wahrgenommen und fast durchgängig positiv beurteilt
(vgl. Abbildung 26). Bei den meisten Befragten (14 Nennungen) wird diese Einschä t-
zung durch einen individuellen Nutzen
begünstigt, den sie mit ihrer Teilnahme
an der Zukunftskonferenz verbinden.
Dazu zählt insbesondere die breite Dis-
kussion und spannende Auseinanderset-
zung mit der Thematik des ÖPNVs
(8 Nennungen). Darüber hinaus betonen
knapp die Hälfte der befragten Teilneh-
mer, dass sie durch die Verständigung
über Probleme, Möglichkeiten und
Grenzen dazugelernt haben (7 Nennungen). Weitere 7 Nennungen beziehen sich auf die
Nutzung der direkten Kontakte zu Institutionen, Organisationen und ÖPNV-Kunden für
persönliche Gespräche. Die Teilnahme habe sich auch wegen der breiten Beteiligung
und Öffnung für verschiedene Interessen (6 Nennungen), der anregenden Arbeitsweise
und der ergebnisorientierten Steuerung (4 Nennungen) sowie der Möglichkeit zum Ein-
bringen der eigenen Anliegen (3 Nennungen) gelohnt. Unter den 7 weiteren Nennungen
ist besonders die beabsichtigte Nutzung der Erfahrungen für die Aufstellung des Ver-
kehrsentwicklungsplans der Stadt Düsseldorf zu erwähnen. Lediglich für einen der Be-
fragten (Interview-Nr. 4) hat sich die Teilnahme an der Zukunftskonferenz nicht
gelohnt, weil die Umsetzung außer bei den bereits vorher beschlossenen Maßnahmen
wegen der fehlenden Finanzierung ausbleibe und ansonsten nur unbedeutende Themen
verhandelt worden seien.
Zum Abschluss des Telefoninterviews bestand für die Teilnehmer noch die Möglich-
keit, ihre bisherigen Aussagen zu ergänzen. Davon machten insgesamt 6 Befragte Ge-
brauch, wobei sich 4 Nennungen auf ein prozesshaftes Vorgehen beziehen, das eine
Fortsetzung des Dialogs notwendig mache: Vorgeschlagen wird u.a. ein informeller
Austausch über die Umsetzung der Ergebnisse, ein Treffen zur Evaluierung oder eine
Wiederholung der Zukunftskonferenz.
Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorf war die Zukunftskonferenz eine ...
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-3 -2 -1 0 1 2 3... unbedeutende Dialogveranstaltung.
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... effektive Beteiligungsmöglichkeit.
Abbildung 26: Abschlussbewertung(Eigene Darstellung)
5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 65
5.5 Die Perspektive des Auftraggebers
Der Rheinbahn wird als Auftraggeber der Zukunftskonferenz und als zuständiges Ver-
kehrsunternehmen eine besondere Verantwortung für die künftige Ausgestaltung des
ÖPNVs in Düsseldorf zugeschrieben. In einer passiven Beraterrolle waren insgesamt
sieben Vertreter, einschließlich des Vorstandsvorsitzenden, während der gesamten Zeit
auf der Zukunftskonferenz anwesend und haben die Teilnehmer bei besonderem Infor-
mationsbedarf unterstützt, sich aber nicht aktiv an der Erarbeitung der inhaltlichen
Ergebnisse beteiligt.157 Die Rheinbahn steht nun vor dem Problem, ob und inwieweit sie
die Diskrepanz zwischen dem derzeitigen Ist-Zustand und dem von der Zukunftskonfe-
renz definierten Soll-Zustand des Düsseldorfer Nahverkehrs überwinden kann und will.
Die Motivation, sich für die Umsetzung der erarbeiteten Empfehlungen einzusetzen,
beruht zum Einen auf den gleichen Einflussfaktoren wie bei den Teilnehmern. Zum
Anderen hängt die Bedeutung der Zukunftskonferenz für die Rheinbahn von den Be i-
trägen zum Problemlösungsprozess bei Planungen im ÖPNV ab.158 Für die Konzeption
und Auswertung der Interviews mit der Rheinbahn wird daher das Wirkungsmodell der
Theorie des geplanten Verhaltens an späterer Stelle noch weiter ausdifferenziert.
Gegenüberstellung der Antworten von Auftraggeber und Teilnehmern
Die Gesprächspartner bei der Rheinbahn waren beide auf der Zukunftskonferenz anwe-
send und vertreten in leitenden Funktionen die Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit und
Betriebsplanung. Während bei der ersten die Federführung für die Konzeption und
Durchführung liegt, ist die zweite eher für die Umsetzung der Ergebnisse verantwort-
lich. Um die Perspektiven von Auftraggeber und Teilnehmern miteinander vergleichen
zu können, wurden in Abbildung 27 für die Rangskala bei den Polaritätsprofilen die
Mediane aus den Bewertungen der Teilnehmer ermittelt159 (linke Darstellung mit Rau-
ten) und den Bewertungen aus den beiden Rheinbahn-Interviews (rechte Darstellung mit
Kreisen und Dreiecken) gegenübergestellt. Auf die Frage nach dem persönlichen Ein-
fluss auf die Umsetzung wurde beim Auftraggeber verzichtet.
So stimmen Auftraggeber und Teilnehmer in ihren positiven Einstellungen gegenüber
der Zukunftskonferenz weitestgehend überein (vgl. Kapitel 5.2). Dabei wird von Seiten
der Rheinbahn besonders das persönliche Engagement und das große Interesse aller
Beteiligten hervorgehoben. Konzeptionell gesehen sei auch die Zusammensetzung der
157 Vgl. iku GmbH 2001: 8158 Siehe hierzu ausführlicher bei Rost 1992: 145-149159 Als Median oder Zentralwert wird derjenige Merkmalswert bezeichnet, der eine der Größe nach geordnete Reihe von Merkmalswerten halbiert. Bei 15 Bewertungen ist das jeweils der 8. Wert.
66 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
Teilnehmer ausgewogen gewesen. Obwohl kurzfristig einige Ersatzkandidaten insbe-
sondere aus dem Bürgerforum gewonnen werden mussten, sei durch die Orientierung an
den vorformulierten Interessen das Nahverkehrssystem ausreichend repräsentiert gewe-
sen. Durch weitere Absagen hätten allerdings die Befürworter einer ÖPNV-Förderung
auf der Zukunftskonferenz überwogen. Wegen der Außenwirkung wäre auch die Teil-
nahme der fehlenden Vertreter der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP im Stadtrat
als Entscheidungsträger wichtig gewesen. Mit dem ergebnisorientierten Ablauf zeigt
sich die Rheinbahn zufrieden. Aufgrund des Vorlaufs durch das Bürgerforum sei in den
Kleingruppen auch eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Laien und Fachleuten
möglich gewesen. Zur besseren Orientierung bräuchten die Teilnehmer aus Sicht der
Rheinbahn im Vorfeld und während der Veranstaltung mehr Informationsinput. Auch
eine Straffung des Programms wird für möglich gehalten. Beide Interviewpartner beto-
nen aber ansonsten die guten Moderationsleistungen. Die erarbeiteten Ziele und Maß-
nahmenvorschläge halten sie genau so wie die Teilnehmer bezogen auf Verbesserungen
bei Kundenorientierung und Attraktivität des Düsseldorfer ÖPNVs für bedeutsam. Al-
lerdings besteht für die Rheinbahn das zentrale Ergebnis der Zukunftskonferenz v.a. in
der Bestätigung und Unterstützung der eigenen Anliegen und Projekte sowie in deren
Gewichtung bzw. Priorisierung durch die Teilnehmer. Zwar habe es auch überraschend
Mediane der Teilnehmer-Bewertungen Bewertungen des Auftraggebers
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Teilnahme alslästige Verpflichtung
TN-Zusammensetzungnicht ausgewogen
Erarbeitung konkreterErgebnisse behindert
Beharren auf gegen-sätzlichen Positionen
Inhaltliche Ergebnissenebensächlich
V.a. über altbekannteThemen geredet
Medien-Berichterstat-tung völlig unzureichend
Anliegen werdennicht beachtet
Nur wenigen AkteurenVerantwortung zugeschrieben
Kein persönlicherEinfluss auf Umsetzung
Entscheidungsträger tragenEmpfehlungen nicht mit
Handlungsprogrammgar nicht realisierbar
Zukunftskonferenz: unbedeu-tende Dialogveranstaltung
Medien-Berichterstat-tung überzeugend
WichtigsteInteressen vertreten
Ablauf starkergebnisorientiert
Konstruktive Zusam-menarbeit der TN
Inhaltliche Ergebnissevon großer Bedeutung
V.a. über neueIdeen geredet
Eigene Hinwirkung aufUmsetzung möglich
Anliegen werdenweiter verbreitet
Breites Bündnis f. ÖPNV-Förderung geschaffen
Teilnahme hatSpaß gemacht
Entscheidungsträgergreifen Empfehlungen auf
Handlungsprogrammvollständig umsetzbar
Zukunftskonferenz: effek-tive Beteiligungsmöglichkeit
Einstellungen
Soziale
Norm
enK
ontroll-faktoren
Abbildung 27: Die Polaritätsprofile von Teilnehmern und Auftraggeber im Vergleich(Eigene Darstellung)
5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 67
viele neue Ideen für den Nahverkehr gegeben (Bewertung 1 bzw. 2). Zum überwiegen-
den Teil sei aber über altbekannte Themen (Bewertung –2 bzw. –3)160 geredet worden.
Dies werde z.B. an den Bereichen Fahrgastinformation und Ausstattungskomfort deut-
lich, denen die Teilnehmer einen unerwartet höheren Stellenwert beigemessen hätten als
dem eigentlichen Kerngeschäft wie der Planung von Linienführungen, Takten und Be-
triebszeiten (vgl. Rheinbahn-Interview Nr. 2).
Auch bei den Fragen bezüglich der Anregung sozialer Normen ist eine Übereinstim-
mung der Einschätzungen von Auftraggeber und Teilnehmern zu erkennen (vgl. Kapi-
tel 5.3). Die Qualität der Berichterstattung in den Medien wird von der Rheinbahn eben-
falls als nicht besonders überzeugend empfunden. Die unbeteiligte Öffentlichkeit habe
daher die besondere Konzeption der Zukunftskonferenz und das hohe Engagement der
Beteiligten nicht wahrgenommen und könne, falls überhaupt, nur sehr vage von der
Veranstaltung und den Ergebnissen berichten. Ein Engagement zur Weiterverbreitung
der Anliegen der Zukunftskonferenz werde durch Anrufe und Gespräche mit einzelnen
Teilnehmern und durch eigene Aktivitäten der Rheinbahn belegt. Dabei würden v.a. die
Vertreter des Bürgerforums die Forderungen nach einer Attraktivierung des ÖPNVs
aufgreifen, während das Engagement von Dritten etwas vermisst werde. Die Rheinbahn
habe sich zunächst auf klassische Pressearbeit und die Erstellung einer Dokumentation
sowie einer Broschüre konzentriert. Die interne Verbreitung der Ergebnisse stehe dage-
gen noch aus. Einen Multiplikationseffekt habe auch ein Gespräch zwischen dem
Rheinbahn-Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden gebracht, weil dieser auch die
Mehrheitsfraktion im Stadtrat und den Verkehrsausschuss leite. Unklar bleibt die Be-
wertung des Auftraggebers bezüglich der Zuschreibung von Verantwortung für die För-
derung des ÖPNVs auf der Zukunftskonferenz: liegt sie bei wenigen Akteuren (-2) oder
wurde ein breites Bündnis geschaffen (2)? Auf jeden Fall sehen beide Gesprächspartner
zumindest eine latente Verpflichtung der Rheinbahn, sich für die fortlaufende Prüfung
der Umsetzung im eigenen Betrieb einzusetzen. Zu der Selbstverpflichtung des Vor-
stands komme eine Erwartungshaltung von außen, die aber nicht zu einem Aktionismus
führen, sondern für eine strategische Durchsetzung von Veränderungen im ÖPNV ge-
nutzt werden solle, um bei passender Gelegenheit Akzente setzen zu können.
Der Auftraggeber teilt im Wesentlichen die Einschätzungen der Teilnehmer von einzel-
nen Kontrollfaktoren zur Umsetzung (vgl. Kapitel 5.4). Insbesondere die Unterstützung
160 Beide Gesprächspartner wollten sich bei dieser Frage nicht auf einen Wert festlegen. Zur besseren Übersichtlichkeit der Darstellung in Abbildung 27 wurden daher die einzelnen Bewertungen auf der Skala zu –3 + 2= –1 bzw. –2 + 1 = –1 zusammengefasst.
68 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
von Empfehlungen der Zukunftskonferenz durch andere Entscheidungsträger wird ähn-
lich skeptisch beurteilt: Das derzeitige politische Klima in Düsseldorf sei nicht förder-
lich für den ÖPNV. Insbesondere bei konkreten Projekten vor Ort seien häufig andere
Interessen ausschlaggebend. Offenheit und Interesse gebe es aber durchaus bei der
Fachverwaltung, der SPD und Bündnis90/ Die Grünen. Entsprechend zurückhaltend
erfolgt die Beurteilung der Umsetzbarkeit des Handlungsprogramms: Umgesetzt werde
hauptsächlich, wo die Realisierung in den Händen der Rheinbahn liege oder Koopera-
tionsbereitschaft vorhanden sei (z.B. Beschaffung, Informationssysteme). Dagegen
würden größere Maßnahmen, die in die Infrastruktur der Stadt eingreifen und/ oder de-
ren Finanzierung politisch umstritten sein dürfte (z.B. Takthalbierung, Rheinquerung),
eher nicht umgesetzt werden. Daher werden die Handlungsmöglichkeiten, um die An-
liegen der Zukunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düssel-
dorf einzubringen, vorrangig im eigenen Unternehmen gesehen. Hier solle die
Umsetzbarkeit in Form der Einbindung in eigene Konzepte unmittelbar geprüft werden.
Im Rahmen der ständigen Kontakte könnten darüber hinaus die Ergebnisse auch mit der
Stadtverwaltung und den politischen Fraktionen verhandelt werden, um ggf. eine Be-
rücksichtigung bei der Fortschreibung des Nahverkehrsplans zu erreichen. Hier sei die
Selbstsicherheit der Rheinbahn, bestimmte Dinge zu fordern, durch die Zukunftskonfe-
renz gestiegen. Diese wird daher vom Auftraggeber auch insgesamt als eine effektive
Beteiligungsmöglichkeit im ÖPNV angesehen, einmal mit völliger und einmal mit ten-
denzieller Zustimmung. Für die Rheinbahn könne der Nutzen nicht nur an den Inhalten
festgemacht werden. Diese hätten zwar Prioritäten für die eigene Unternehmenstätigkeit
gesetzt und Botschaften in Richtung Politik formuliert. Wegen des prospektiven und
allgemeinen Charakters der erarbeiteten Empfehlungen fehle aber der konkrete Bezug
zum Tagesgeschäft. Zusammen mit dem Bürgerforum habe die Zukunftskonferenz als
positives Ereignis daher v.a. wichtige Image- und Public-Relations-Effekte erzielt, mit
denen auch skeptische Meinungsbildner und Multiplikatoren erreicht worden seien.
Erweitertes Wirkungsmodell zur Handlungsmotivierung der Rheinbahn
Die oben dargestellten drei Einflussfaktoren aus der Theorie des geplanten Verhaltens
finden sich auch im erweiterten Wirkungsmodell für die Handlungsmotivierung der
Rheinbahn wieder (vgl. Abbildung 28): Die weitgehend positiven Einstellungen zur Zu-
kunftskonferenz ermöglichen eine entsprechende Wertschätzung der dort artikulierten
Kundenbedürfnisse durch den Auftraggeber beim Problemlöseprozess im Düsseldorfer
ÖPNV. Die Zusammenarbeit mit den Teilnehmern habe diesbezüglich aber nur wenig
neue Erkenntnisse gebracht (Bewertung -1 bzw. 1). Dafür seien bei der Beschreibung
5.5 Die Perspektive des Auftraggebers 69
der Rahmenbedingungen und des Ist-Zustands die wesentlichen Problemstellungen für
den ÖPNV in Düsseldorf identifiziert worden (Bewertung 2 bzw. 3). Beide Inter-
viewpartner sind sich auch bei der Bedeutung der erarbeiteten Ziele und Maßnahmen-
vorschläge einig, dass diese für die Prioritätensetzung bei der Rheinbahn hilfreich seien
(2x Bewertung 2), obwohl vereinzelt neue Entscheidungs- und Abwägungskonflikte
provoziert worden seien (zusätzliche Bewertung –1).
Abbildung 28: Erweiterung des Wirkungsmodells zur Handlungsmotivierung (aus Rost 1992: 147)
Die Anregung sozialer Normen schlägt sich v.a. in der Zuschreibung von Verantwor-
tung für den Umgang mit den Ergebnissen der Zukunftskonferenz nieder. Diese wird
beim Auftraggeber zumindest in der Verpflichtung zur Prüfung der Umsetzbarkeit der
Empfehlungen im eigenen Unternehmen wahrgenommen. Darüber hinaus solle der
Dialog mit den Teilnehmern weitergeführt werden (Bewertung 1 bzw. 2). Die Rhein-
bahn kann sich dazu weitere Gesprächsgelegenheiten bei Folgetreffen zur Information
über den aktuellen Stand der Umsetzung vorstellen. Auch zur Konkretisierung der In-
halte müssten Kunden, Verbände etc. noch mehr eingebunden werden. Dafür kämen
aber eher andere Beteiligungsformen wie z.B. ein Fahrgastbeirat in Betracht. Für die
Erzielung von Imageverbesserungen habe sich bei der Zukunftskonferenz die Einbin-
dung einer Agentur bei Vorbereitung, Abstimmungen und Durchführung bewährt, auch
wenn die dabei verfolgte Public Relations - Strategie durchaus selbstkritisch beurteilt
wird (vgl. Rheinbahn-Interview Nr. 1).
Die Handlungsmotivierung des Auftraggebers ergibt sich gemäß dem erweiterten Wir-
kungsmodell nicht automatisch aus dem verfügbaren Wissen für Problemlösungen im
70 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
Rahmen von ÖPNV-Planungen. Durch die formulierten Ansprüche an den Nahverkehr
der Zukunft ist eine kognitive Diskrepanz zwischen dem normativen Soll-Zustand und
dem wahrgenommenen Ist-Zustand in Düsseldorf entstanden. Die beiden Gesprächs-
partner sehen aber die bisherigen Bemühungen der Rheinbahn zur Erreichung entspre-
chender Qualitätsverbesserungen durch die Zukunftskonferenz eindeutig gestärkt (2x
die maximale positive Bewertung 3). Der damit verbundene Mobilisierungseffekt wird
allerdings durch die eher vorsichtigen Kontrollüberzeugungen zur Umsetzung der Er-
gebnisse relativiert (siehe oben), insbesondere was die unsichere Unterstützung durch
politische Entscheidungsträger betrifft. Auch der Einfluss weiterer situationaler Fakto-
ren auf die Handlungsmöglichkeiten des Auftraggebers zur Ausgestaltung eines zu-
kunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorf bleibt unklar. Aus Sicht der Rheinbahn sei aber
zumindest der Arbeits- und Kostenaufwand für die Umsetzung bezogen auf die damit
erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV tendenziell gerechtfertigt (Bewertung 1 bzw. 3).
5.6 Zusammenfassung
Als wesentliches Ergebnis der Untersuchung der sozialpsychologischen Mobilisie-
rungseffekte (vgl. Abbildung 29) lassen sich zunächst einige generelle Tendenzen fest-
halten: Fast alle Befragten nehmen eine positive Grundhaltung gegenüber der
Zukunftskonferenz ein. Diese wird v.a. durch die persönliche Überzeugung geprägt,
dass für sie mit der effektiven Beteiligungsmöglichkeit zur Ausgestaltung des künftigen
ÖPNVs in Düsseldorf auch ein individueller Nutzen verbunden war. Bei den einzelnen
Einschätzungen besteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Teilnehmern und
Auftraggeber. Auf beiden Seiten gibt es darüber hinaus eine Bereitschaft zur weiteren
Zusammenarbeit.
Bei der Auswertung der Befragungen wurde nach den verschiedenen Einflussfaktoren
aus der Theorie des geplanten Verhaltens differenziert (siehe Kapitel 5.1): Während die
Einstellungen zu Teilnehmer-Zusammensetzung, Ablauf und Arbeitsweise sowie den
inhaltlichen Ergebnissen der Zukunftskonferenz durchgängig positiv ausfallen (vgl.
Kapitel 5.2), hält sich das Meinungsbild zur erfolgten Anregung sozialer Normen eher
die Waage (siehe Kapitel 5.3). Übereinstimmend wird die Wahrnehmung der Zukunft s-
konferenz in der Öffentlichkeit als unzureichend empfunden, was sich u.a. auf die mä-
ßige Berichterstattung in den Medien zurückführen lässt. Auch das Engagement zur
Weiterverbreitung der Ergebnisse muss eher zurückhaltend beurteilt werden, weil es
kaum mit einer Außenwirkung verbunden war. Positiv dagegen ist hervorzuheben, dass
fast alle Befragten sich eine gewisse Verantwortung für die Umsetzung der Ergebnisse
5.6 Zusammenfassung 71
zuschreiben. Allerdings deuten die Einschätzungen von Kontrollfaktoren auch auf er-
hebliche Barrieren für eine Umsetzung hin (vgl. Kapitel 5.4): Die eigenen Handlungs-
möglichkeiten sind beschränkt und eine Unterstützung durch Entscheidungsträger
zumindest unsicher, so dass begründete Zweifel an der Umsetzbarkeit des Handlungs-
programm bestehen.
Abbildung 29: Ergebniszusammenfassung der Befragungenvon Teilnehmern und Auftraggeber (Eigene Darstellung)
72 5. Sozialpsychologische Mobilisierungseffekte
Aus Sicht des Auftraggebers kommen allerdings weitere positiv unterstützende Fakto-
ren einer Mobilisierung für die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz hinzu
(siehe Kapitel 5.5): Zwar gab es nur z.T. neue Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse im
ÖPNV. Dafür wurden aber diesbezüglich die wesentlichen Problemstellungen in Düs-
seldorf identifiziert. Außerdem werden die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschlä-
ge als hilfreich für die Prioritätensetzung bei der Rheinbahn erachtet. Neben diesen
Beiträgen zum Problemlösungsprozess im ÖPNV tragen auch die Stärkung der eigenen
Bemühungen durch die Zukunftskonferenz wesentlich zur Handlungsmotivierung des
Auftraggebers bei. Hinzu kommen eine positive Bewertung des Aufwand-Nutzen-
Verhältnisses für die Umsetzung wegen der erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV.
Nicht zuletzt motivieren die erreichten Image- und Public Relations - Effekte der Zu-
kunftskonferenz die Rheinbahn zu einer Fortsetzung des Dialogs.
Auf Grundlage des vorgestellten Wirkungsmodells lässt sich somit durchaus das Fazit
ziehen, dass sowohl bei den Teilnehmern als auch beim Auftraggeber sozialpsychologi-
sche Mobilisierungseffekte eingetreten sind. Knackpunkte ergeben sich allerdings v.a.
aus der fehlenden Einbindung der Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP im Stadtrat.
Auch die Multiplikationswirkung im Anschluss an die Zukunftskonferenz hätte größer
sein können. Schließlich bleiben erhebliche Unsicherheiten bei der Umsetzung der Er-
gebnisse bestehen. Dabei bietet die positive Grundhaltung aller Beteiligten ein großes
Potenzial für die weitere Zusammenarbeit zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen
ÖPNVs in Düsseldorf. Dieses ist im Anschluss an die Zukunftskonferenz vom Auftrag-
geber nicht für eine Weiterverbreitung der gemeinsamen Anliegen genutzt worden. Ein
weiteres Defizit im Fallbeispiel ist die erwartete Beschränkung der Umsetzung auf die
Prüfung der Realisierbarkeit von erarbeiteten Maßnahmenvorschlägen allein durch die
Rheinbahn. Dadurch wird bei der Einschätzung der entsprechenden Kontrollfaktoren
eine gewisse Skepsis erzeugt, die sich tendenziell negativ auf die Mobilisierung weiterer
Beteiligter für ein aktives Engagement zur Förderung des ÖPNVs in Düsseldorf aus-
wirkt.
So ergeben sich aus diesen Evaluationsergebnissen im Zusammenhang mit den Mobili-
sierungseffekten der Zukunftskonferenz Fragen nach einer verstärkten Anregung sozia-
ler Normen und der Entwicklung einer angemessenen Public Relations - Strategie für
den weiteren Umsetzungsprozess (siehe hierzu Kapitel 7). Im folgenden Kapitel wird
aber zunächst die Qualität der in Düsseldorf erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvor-
schläge charakterisiert, um beurteilen zu können, inwieweit sie eine geeignete inhalt-
liche Grundlage für die Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs darstellen.
6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick 73
6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse
6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick
Um die inhaltlichen Beiträge der Zukunftskonferenz zur Ausgestaltung eines zukunft s-
fähigen ÖPNVs in Düsseldorf besser einschätzen zu können, werden zunächst die
erarbeiteten Ziele und Maßnahmen kurz vorgestellt. Ob deren Umsetzung tatsächlich
eine wirksame ÖPNV-Förderung ermöglichen wird, kann im Rahmen dieser Evaluation
nicht abschließend bewertet werden. Stattdessen werden zur Charakterisierung der
Qualität des Handlungsprogramms folgende Kriterien herangezogen:
Ø Neuigkeitswert der inhaltlichen Ergebnisse,
Ø gewählte Interventionsformen und
Ø angestrebte Verbesserungen im Nahverkehrssystem.
Die Konsensziele zur Weiterentwicklung des ÖPNVs in Düsseldorf wurden von den
Teilnehmern bei der Erarbeitung von Maßnahmenbausteinen wieder aufgegriffen und
konkretisiert. Die Liste in Tabelle 6 ist nach den entsprechenden Oberbegriffen sor-
tiert.161 Hinter jedem Vorschlag ist vermerkt, ob die dahinter stehende Idee bereits im
ersten Nahverkehrsplan (kurz: NVP) erwähnt wird, den der Rat der Stadt Düsseldorf im
Dezember 1997 beschlossen hat. Ebenso wird ergänzt, wenn die Maßnahme in der
Fachliteratur zur ÖPNV-Förderung (kurz: Lit.) dokumentiert ist.
Tabelle 6: Die Vorschläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21(Eigene Darstellung, Daten aus iku GmbH 2001: 27-32)
Vorschlag SeiteNVP?162
Lit.?163
Wirtschaftlichkeit, Preise, Finanzierung
(a1) Festlegung der Versorgungsqualität durch die Politik bis zur Wettbewerbseinführung: Fahrzeuge, Bedienungshäufigkeit, Sozialstandards, Service
(ü)164
(a2) Preisstabilisierung durch verstärkte Wirtschaftlichkeit und ... 28, 64 X: 195
(a3) ... durch Werbung, z.B. mit interaktiven Info-Screens an Haltestellen und in Fahrzeugen - Z165
(a4) Mobilitätsabgabe von Unternehmen und Bürgern - Y: 63166
(a5) Kooperation mit Veranstaltern, anderen Mobilitätsdienstleistern und Unternehmen 58-60 Z167
161 Vgl. iku GmbH 2001: 26162 Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf Landeshauptstadt Düsseldorf 1998.163 Legende der verwendeten Literaturquellen: X = Werner 2000 und Y = Pez 1998 (jeweils mit Seitenangaben); Z = Sonstige (einzelne Fußnoten)164 Sollte im Rahmen der Aufstellung von Nahverkehrsplänen erfolgen (vgl. Kapitel 2.1).165 Siehe z.B. Reinertz 2001: 65-66166 Zu diesem Finanzierungsinstrument für den ÖPNV liegt auch eine Dissertation vor: Klein 1998.167 Vgl. Sterzenbach 1995: 196-199 sowie Czako 2001: 40-42
74 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse
Vorschlag SeiteNVP?162
Lit.?163
Fahrzeit und Fahrplan
(b1) Vorrangschaltungen an Ampeln mit An- und Abmeldung 24, 45, 103, 107 Y: 68, 286
(b2) Optimale Umsteigebeziehungen (max. 2 Minuten Wartezeit) 78, 104 X: 114ff
(b3) Schnelle Quer- und Zielverbindungen 107-114 Y: 67f,287
(b4) Mehr Fahrzeuge zu Stoßzeiten - Y: 68
(b5) Ausreichend Fahrzeuge bei Events - -
(b6) Sehr guter Nachtverkehr (Hauptverkehrszeit bis 21 Uhr, danach stündlich) - Z168
(b7) Integration des Nachtverkehrsplans in den Fahrplan - -
(b8) Gestaffelter Beginn von Arbeit und Schule - -
(b9) Einzelhandel erst ab 10 Uhr - -
(b10) Zeitmanagement in der Innenstadt 132 -
Fahrzeuge und Haltestellen
(c1) Vergrößerung der Nutzfläche für Mobilitätsbehinderte (Klappsitze) 27, 86 Y: 74
(c2) Niederflurbusse/ Niederflurstraßenbahnen einsetzen oder niveaugleicher Einstieg 27, 83, 85, 103ff X: 132
(c3) Umrüstung von S-Bahn-Fahrzeugen ? ? 169
(c4) Zusätzliche Einstiegsrampen für Mobilitätsbehinderte 27 Y: 74
(c5) Begegnungsverkehr (z.B. von Kinderwagen) ermöglichen, ansonsten Zeitinseln einführen 84-86 -
(c6) Digitale Haltestellenansage in allen Fahrzeugen 84-86 X: 102ff
(c7) Ausbau weiterer Hochbahnsteige auf Straßenbahnstrecken für Mobilitätsbehinderte 27, 103, 104,107 -
(c8) Bau von Haltestellencaps an kritischen Haltepunkten 103, 104 Y: 69, 288
(c9) Zusammenlegung von Haltestellen an Verknüpfungspunkten 23, 25, 78, 103 -
(c10) Gefahrloser Zugang zu den und Verbreiterung der Haltestelleninseln 18, 82, 104, 132 Y: 289
(c11) Erhöhung der Funktionsfähigkeit der Anzeigen an den Haltestellen - -
Aktive Kunden, Sicherheit, Service, Sicherheit
(d1) Eigenverantwortung & Bewusstseinswandel bei Kunden durch Programm für Zivilcourage - Z170
(d2) Mobilitätsschulungen für Kinder, Jugendliche, Erwachsene - -
(d3) Sichtbare Hausordnung anbringen - Z: s.o.
(d4) allg.: Bau & Gestaltung von Haltestellen & Fahrzeugen nach kriminalpräventiven Aspekten 26, 82, 104, 132 X: 111f
(d5) Abbau von Angsträumen, Schaffung von Notrufmöglichkeiten 26, 85 Z: s.o.
(d6) Fahrer sichtbar/ ansprechbar, übersichtliches Wageninnere 26, 85 Z: s.o.
(d7) Einstellung von Fahrzeugbegleitern als Ansprechpartner für Kunden und zur Sicherheit - X: 108
(d8) Einrichtung von Toiletten in S-Bahnen und an Knotenpunkten 26 X: 110
(d9) Entfernung und Reinigung von Graffiti an Fahrzeugen und Haltestellen - X: 112
(d10) Verwendung pflegeleichter Materialien - -
168 Siehe hierzu bei Winter & Zöllner 2000: 8-14.169 Anmerkung: Dem Verfasser ist unklar, was damit genau gemeint ist.170 Vgl. Meyer 1999: 8-13
6.1 Die Konsensziele und Maßnahmenvorschläge im Überblick 75
Vorschlag SeiteNVP?162
Lit.?163
Informationen, einfach reisen
(e1) Information über Reiseketten einrichten (einschließlich Fußwege, Auto & Öffentl. Verkehr)) - X: 96-98
(e2) Berechnung von Preisen und Zeitbedarf für gesamte Wegekette - Y: 254ff
(e3) Individuelle Reiseketteninformation während der Fahrt - Z171
(e4) Lautsprecheransage bei Störungen einrichten (im Fahrzeug und an Haltestellen) - X: 102, 109
(e5) Dynamische Abfahrinformation an Haltestellen 58 X: 102, 109
(e6) Umgebungspläne an jeder Haltestelle - X: 98
(e7) Aushangfahrplan/ Anzeigetafel für alle Linien am Verknüpfungsort 26 X: 98
(e8) Optimal lesbare Fahrpläne - X: 98ff
(e9) Aktualisierbare Aushangfahrpläne (im Haushalt, in Gaststätten, ...) 60, 61 Y: 76
(e10) Handliche Stadtteilfahrpläne mit wichtigsten Anschlüssen (Verteilung an alle Haushalte) - Y: 76
(e11) Betriebliche Mobilitätsberatung 25, 58, 59 Z172
Fahrscheine
(f1) Familienfreundlichen Tarif einrichten (Kinderalter auf 16 Jahre) - -
(f2) Tagesticket Fahrrad (für Verbundzone 2 und 3) - -
(f3) Schülerticket und verbundübergreifendes Semesterticket - -
(f4) Optimale Übergangstarife in Verkehrsverbünden Rhein-Ruhr und Rhein-Sieg - -
(f5) Electronic Ticketing mit Anwesenheitserfassung und günstigstem Preis, aber Datenschutz! - Z173
(f6) Electronic Ticketing für Zeitkarten einführen, sowohl Papier als auch Chipkarte nutzbar - Z: s.o.
Neue Linien und regionale Vernetzung
(g1) Optimale Verbindung aller Aus- und Einstiege am Verkehrsknoten Graf-Adolf-Platz 103
(g2) Anschluss des Düsseldorfer Hafens mit der Stadtbahn 99, 112, 113
(g3) Bessere Anbindung Universität Süd 102
(g4) Engere Verknüpfung zwischen Stadtentwicklung und ÖPNV-Erschließung 17,18, 3,87,107ff Y: 286
(g5) Ausbau der U-Bahn-Linie 78 bis zum Flughafen -
(g6) Rheinquerung: Flughafen, Messe, Lörick (109, 111)
(g7) Reaktivieren von S-Bahn-Strecken 20, 21, 117-119 Y: 286
Schon dieser erste Abgleich bestätigt die Einschätzung des Auftraggebers zum Neuig-
keitswert der inhaltlichen Ergebnisse: „Das Rad kann nicht neu erfunden werden“174.
Die meisten Vorschläge der Zukunftskonferenz sind bereits in den verschiedenen fach-
lichen Kontexten des ÖPNVs diskutiert worden und haben so auch Eingang in den Düs-
seldorfer NVP gefunden. Hinzu kommt, dass bestimmte Probleme zwar nicht in der
171 Siehe z.B. Völkening 1995: 278172 Siehe z.B. Probst 1999: 48173 Vgl. Ackermann 2001: 8-15174 Siehe Rheinbahn-Interview Nr. 1 im Anhang
76 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse
gesichteten Literatur auftauchen (z.B. c11, d10), mit denen man aber dennoch in der
ÖPNV-Praxis vertraut ist. Zumindest im Bekanntheitsgrad scheint es auch einzelne
Lücken z.B. hinsichtlich der Wünsche nach zeitlicher Differenzierung des Fahrplans für
Schüler-/ Berufs-/ Einkaufs-/ Freizeit- und Nachtverkehre (b4-b10), Förderung von ak-
tiven Kunden und Zivilcourage (d1-d3), Informationen zu individuellen Reiseketten
(e1-e3) sowie nach besonderen Fahrscheinen (f1-f4) zu geben. Außerdem tauchen viele
der genannten Empfehlungen im Umsetzungsprogramm des NVPs nicht mehr auf bzw.
ist deren Finanzierung unzureichend oder gar nicht gesichert.175
Da mit der Aufstellung des zweiten NVPs stärker die Weiterentwicklung und Aktuali-
sierung der bisherigen Planungsvorstellungen für den ÖPNV beabsichtigt ist176, bietet
sich dabei für eine effektive Prioritätensetzung eine Orientierung an den Konsenszielen
und Maßnahmenvorschlägen der Zukunftskonferenz an. Voraussetzung dafür wäre, dass
das von den beteiligten Akteuren erarbeitete Handlungsprogramm ein sinnvolles und in
sich ausgewogenes Konzept zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf darstellt.
6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf
Die Qualität der inhaltlichen Ergebnisse wird im Folgenden weiter ausdifferenziert:
Dazu werden in Tabelle 7 alle oben genannten Vorschläge durch die zu Grunde liegen-
den Interventionsformen177 und die damit angestrebten Verbesserungen im ÖPNV-
System178 näher charakterisiert.
Die von den Teilnehmern der Zukunftskonferenz gewählten Ansatzpunkte zur Optimie-
rung des ÖPNVs in Düsseldorf legen einen methodischen Schwerpunkt auf situations-
bezogene Strategien wie die Schaffung von Verhaltensangeboten und technischen
Verbesserungen sowie Anreizen, die v.a. durch eine schriftliche bzw. persönliche Wis-
sensvermittlung ergänzt werden. Inhaltlich gesehen umfasst das Handlungsprogramm
alle wichtigen nutzerbezogenen Komponenten im ÖPNV-System. Insbesondere werden
Verbesserungen bei Verfügbarkeit, Zeitaufwand, Beförderungskomfort und Handhab-
barkeit, vereinzelt aber auch bei Zuverlässigkeit, Zugangskomfort, Sicherheit und
Tarifsystem angestrebt. Mit vielen dieser Maßnahmen lassen sich außerdem positive
Imageeffekte für den ÖPNV erzielen. Lediglich zu den Bereichen Wirtschaftlichkeit
und Umweltfreundlichkeit gibt es kaum oder gar keine expliziten Vorschläge.
175 Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf 1998: 120-130176 Vgl. Landeshauptstadt Düsseldorf 1998: 132-133177 Siehe hierzu die Ausführungen zu Beginn von Kapitel 4.1 und bei Mosler & Gutscher 1998: 68-72.178 Die dafür gewählten Kategorien entsprechen den beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen 1999: A 27-30 dokumentierten Anforderungen an die Nahverkehrsplanung.
6.2 Ansatzpunkte zur Optimierung des ÖPNVs in Düsseldorf 77
Tabelle 7: Charakterisierung der inhaltlichen Qualität der Vorschläge (Eigene Darstellung)
Interventionsform/angestrebte Verbesse-rung im ÖPNV-System
Verhal-tensan-gebote
TechnischeVerände-rungen
Anreize SchriftlicheWissens-
vermittlung
Prompts Rück-meldun-
gen
PersönlicheWissens-
vermittlung
Zielsetzung/Selbstver-pflichtung
SozialeModelle
Foot inthe Door-Technik
Verfügbarkeit a5, b3,b6, g2,g3, g5,g6, g7
a1, g4
Zeitaufwand b3, g2,g3, g5,g6, g7
b1, b2, c8, c9,g1
e6, e7, e9,e10
g4
Zuverlässigkeit b2, b8, b9,b10
Zugangskomfort c2, c4, c5, c7,c10
Beförderungskomfort b4, b5,g2
b1, b8, b9,b10, c2, c3,c8, d8, d9,
d10
d3 d3 a1 d1 d2
Sicherheit d4, d5, d6, d9 d3 d3 d2, d7 d1
Handhabbarkeit a5 b2, b7, c1, c2,c6, c9, c11,
e4, e5, e8, f5,g1
a4, f4, f5 e1, e2, e3, e6,e7, e9, e10
e7, e9,e10
d2, d7, e1, e2,e3, e11
a1 f6
Image g2, g3,g5, g6
d9, d10, f5 a3, f1, f2,f3, f5
d3, e1, e2, e3,e9, e10
d2, d7, e1, e2,e3, e11
a1 d1 a5, b5, b6
Tarifsystem f5 a4, a5,f1, f2, f3,
f4, f5
f5 f6
Wirtschaftlichkeit a2, a5
Umweltfreundlichkeit
Inwieweit diese Ansätze zur Gewinnung bzw. Bindung von Kunden im ÖPNV geeignet
sind, wird anhand eines Modells für die individuelle Entscheidung bei der Verkehrs-
mittelwahl (siehe Abbildung 30) erläutert: Besteht keine Möglichkeit einer Bedürfnisbe-
friedigung durch Fernkommunikation, hängt die Wahl des dann erforderlichen
Verkehrsmittels insbesondere von dessen Verfügbarkeit ab. Hier setzen v.a. die Vor-
schläge aus dem Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz zur Schaffung neuer
ÖPNV-Angebote an. Damit diese aber auch tatsächlich genutzt werden können, müssen
sie durch die potenziellen Kunden erst einmal als handhabbare Alternative zu anderen
Verkehrsmitteln wahrgenommen werden. Dafür sind sicherlich die Forderungen nach
verstärkter schriftlicher und persönlicher Wissensvermittlung zum ÖPNV dienlich.
Allerdings könnten in diesem Zusammenhang noch viel mehr Prompts und Foot in the
Door-Techniken oder auch Rückmeldungen zum Einsatz kommen, um auch eine
gewohnheitsbedingte Verkehrsmittelfixierung aufzubrechen (vgl. Kapitel 4.1). Der
Großteil der Vorschläge zielt schließlich auf Qualitäts- und Imageverbesserungen im
ÖPNV ab, um die Bewertung von dessen Eigenschaften als Verkehrsmittel v.a. über
78 6. Qualität der inhaltlichen Ergebnisse
technische Veränderungen und Anreize positiv zu beeinflussen. Die einzelnen Ansatz-
punkte hierzu könnten noch stärker als bisher vorgesehen durch normaktivierende Stra-
tegien wie Zielsetzung und Selbstverpflichtung sowie soziale Modelle unterstützt
werden, um auch dauerhaft wirksam zu bleiben (siehe hierzu ebenfalls in Kapitel 4.1).
Die diesbezüglich bereits vorhandenen Vorschläge zur Festlegung der Versorgungsqua-
lität (a1, g4) sowie zur Förderung von aktiven Kunden und Zivilcourage (d1) sind daher
durchaus als innovativ zu bezeichnen.
Abbildung 30: Entscheidungsmodell zur Verkehrsmittelwahl (aus Pez 1998: 242)
6.3 Zusammenfassung 79
6.3 Zusammenfassung
Eine Bewertung der erarbeiteten Ziele und Maßnahmen der Zukunftskonferenz kann
wegen der noch ausstehenden Erfahrungen mit der Umsetzung nicht auf Grundlage von
tatsächlich realisierten Effekten für die Förderung des Düsseldorfer ÖPNV erfolgen.
Dennoch ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Vorschläge eine
Kommentierung der Qualität der inhaltlichen Ergebnisse (vgl. Abbildung 31): So macht
weniger deren Neuigkeitswert als die Ausgewogenheit des gesamten Handlungspro-
gramms den innovativen Charakter aus. Bei allen wichtigen nutzerbezogenen Kompo-
nenten im ÖPNV-System werden Verbesserungen angestrebt. Um die individuellen
Entscheidungen bei der Verkehrsmittelwahl zugunsten des ÖPNVs wirksam beeinflus-
sen zu können, wird zwar die Priorität richtig bei einer höheren Verfügbarkeit gesehen.
Die meisten der gewählten Ansatzpunkte basieren dabei auf Veränderungen der situati-
ven Rahmenbedingungen oder auf Wissensvermittlung zur ÖPNV-Nutzung. Da die
Verkehrsmittelwahl aber weitgehend habitualisiert abläuft, müssen verstärkt auch
Prompts, Rückmeldungen und Foot in the Door-Techniken sowie dauerhaft wirksame
normaktivierende Interventionsformen bei der Förderung des ÖPNVs eingesetzt wer-
den. Erste Ideen dazu sind bereits im Handlungsprogramm enthalten.
Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge bieten in Verbindung mit den Mobi-
lisierungseffekten der Zukunftskonferenz ein katalytisches Potenzial, das für die Ausge-
staltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs in Düsseldorf genutzt werden kann (siehe
Kapitel 7). Allerdings reicht die Qualität der inhaltlichen Ergebnisse dafür alleine nicht
aus, weil das Handlungsprogramm in wichtigen Punkten, z.B. bei den Themen Wirt-
schaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit sowie bei den Interventionsformen, noch er-
gänzungsbedürftig ist.
Neuigkeitswert
Angestrebte Verbesserungen
GewählteInterventionsformen
Qualität derinhaltlichen Ergebnisse
Viele Vorschläge bereits imNahverkehrsplan bzw. in derFachliteratur dokumentiert,aber Umsetzung im DüsseldorferÖPNV in vielen Bereichen noch nicht erfolgt bzw. unsicherEinzelne Lücken im Bekannt-heitsgrad durchaus vorhanden
Bessere Verfügbarkeit fördert Verkehrs-mittelwahl zu Gunsten des ÖPNVsAlle wichtigen nutzerbezogenen Komponenten im ÖPNV-System erfasst
Viele Maßnahmen erzielen zusätzlich positive Imageeffekte für den ÖPNV
Kaum explizite Vorschläge zu den Bereichen Wirtschaftlichkeit & Umweltfreudlichkeit
Situationsbezogene Strategien& Wissensvermittlung stehenim VordergrundVerstärkter Einsatz von Prompts,Rückmeldungen & Foot in the Door-Techniken zur Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl erforderlichUnterstützung durch dauerhafte Wirksamkeit von normaktivierendenStrategien vereinzelt bereits ausgenutzt
Handlungsprogramm insgesamt sinnvoll und in sich ausgewogen, aber ergänzungsbedürftig & nicht völlig neu
Generelle Tendenz:
Abbildung 31: Ergebniszusammenfassung der Charakterisierung der inhaltlichen Qualität(Eigene Darstellung)
80 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs
7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs
7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation
Der Zukunftskonferenz muss als Planungs- und Dialoginstrument eine Katalysator-
funktion zukommen, wenn mit der von ihr beabsichtigten ÖPNV-Förderung in Düssel-
dorf ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ausgelöst werden soll179. In der Chemie
wird ein Stoff als Katalysator bezeichnet, der durch seine Anwesenheit Reaktionen he r-
beiführt oder in ihrem Verlauf beeinflusst, selbst aber unverändert bleibt.180 Bei kataly-
tischen Elementen in Planungsprozessen zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen
ÖPNVs ist daher eine gezielte Gestaltung von Kommunikation notwendig (siehe auch
Kapitel 1). Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die wesentlichen Schlussfo l-
gerungen aus der Evaluation des Fallbeispiels dargestellt.
Meilenstein auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen ÖPNV
Die positiven Grundtendenzen bei der Bewertung von Veranstaltungskonzept und
methodischer Umsetzung (vgl. Kapitel 4.4) sowie bei den erzielten Mobilisierungswir-
kungen für gemeinsame Anliegen (vgl. Kapitel 5.6) bestätigen den Charakter der Zu-
kunftskonferenz als Meilenstein im Dialog über die künftige Ausgestaltung des ÖPNVs
in Düsseldorf. So hat der von allen Beteiligten als anregend empfundene informelle
Austausch bereits zu ersten Reaktionen durch die Rheinbahn geführt: das Vorziehen der
Bestellung von Niederflurbussen, die fortlaufende Verbesserung der Notrufmöglich-
keiten an Haltestellen und die kurzfristige Einführung eines Informationsservices zu
Verspätungen. 181
Allerdings ist auch festzuhalten, dass das Handlungsprogramm hauptsächlich allgemei-
ne Forderungen der Teilnehmer beinhaltet, für deren Umsetzung i.d.R. noch eine Erar-
beitung von Detailkonzepten erforderlich ist (vgl. Kapitel 4.1, 4.2 und 4.4). Thematisch
liegt der Schwerpunkt der inhaltlichen Ergebnisse auf den nutzerbezogenen Kompo-
nenten des ÖPNV-Systems, während ökologische und ökonomische Leitziele für die
Weiterentwicklung des Nahverkehrs in Düsseldorf nur indirekt über eine erhöhte Kun-
dengewinnung bzw. -bindung berücksichtigt werden (vgl. Kapitel 1.2 und 6.2). Dabei
kommen v.a. situationsbezogene Strategien und Wissensvermittlung zum Einsatz, wäh-
rend andere Interventionsformen eher vernachlässigt werden (vgl. Kapitel 4.1 und 6.3).
179 Vgl. Röhrleff 2001: 162-163180 Vgl. Duden-Fremdwörterbuch, 6. Auflage, Lizenzausgabe für den Weltbild-Verlag, Augsburg 1999181 Vgl. Honsberg 2001: 4
7.1 Schlussfolgerungen aus der Evaluation 81
Als einzelnes Planungs- und Dialoginstrument bleibt die Zukunftskonferenz daher
sowohl hinsichtlich wichtiger Inhalte als auch bei der Einbindung weiterer Akteure für
einen zukunftsfähigen ÖPNV unbedingt ergänzungsbedürftig (vgl. Kapitel 2.3).
Erweiterung des Netzwerk-Systems
Die Konzeption der Zukunftskonferenz baut auf der Nutzung von sozialen Netzen als
Verstärkersysteme auf, um ein kollektives Handeln zur Förderung des ÖPNVs zu sti-
mulieren (siehe hierzu Kapitel 4.2 sowie Abbildung 32). Das Teilnehmer-Spektrum
spiegelt dabei insbesondere das Zielgruppensystem wider, indem über den jeweiligen
Interessenbezug Repräsentanten von Organisationen und ÖPNV-Kunden aus dem Bür-
gerforum als Adressaten im engeren Sinne eingebunden sind (vgl. Kapitel 3.1). Aus
strategischer Sicht werden aber zusätzlich prominente Persönlichkeiten als Meinungs-
führer sowie Vertreter von bisherigen Nicht-Nutzern des ÖPNVs und von Mitarbeitern
aus den Verkehrsunternehmen für eine größere Multiplikationswirkung und die ver-
stärkte Anregung von sozialen Normen benötigt (siehe auch Kapitel 5.6).182
Im Fallbeispiel übernimmt die Rheinbahn als Initiator der Zukunftskonferenz die Rolle
des Promotorensystems, indem sie sich weitgehend alleine um die Kernaktivitäten wie
182 Vgl. Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 34ff; Stiftung Mitarbeit 1996: 44f, 189; Werner 2000: 48f, 57f
Abbildung 32: Netzwerksystem als Katalysator(aus Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 28)
82 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs
Organisation, Durchführung, Ergebnissicherung, Öffentlichkeitsarbeit und Prüfung der
Umsetzbarkeit kümmert. Angesichts der komplexen Rahmenbedingungen im ÖPNV
(siehe Kapitel 2.1) werden dadurch die Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung des
Handlungsprogramms geschmälert und die Mobilisierung weiterer Beteiligter eher ge-
hemmt (vgl. Kapitel 5.4 bis 5.6). Bei Zukunftskonferenzen zur Ausgestaltung des
ÖPNVs ist daher eine enge Kooperation zwischen den Verkehrsunternehmen und den
kommunalen Aufgabenträger bzw. dem Verkehrsverbund anzustreben:
Kooperation liegt dann vor, wenn mindestens zwei, prinzipiell gleichberechtigte Akteure sich ge-meinsam dazu entschließen, etwas auszuhandeln, abzustimmen, zu planen, zu entscheiden undumzusetzen, d.h. etwas gemeinsam zu gestalten (natürlich mit unterschiedlichen Rollen und Ge-wichten/Machtpotential, je nach Bereich, aus dem die Akteure kommen).183
In diesem Falle könnten die Ergebnisse z.B. leichter als Grundlage für die Überarbei-
tung des Nahverkehrsplans bzw. bei der Erstellung des Verkehrsentwicklungsplans in
Düsseldorf herangezogen werden. Auch eine Nutzung als Zielvorgaben für die Be-
triebsplanung im Rahmen von künftigen Ausschreibungen von Dienstleistungen im
ÖPNV wäre denkbar.
Zur Begleitung der Umsetzungsaktivitäten empfiehlt sich neben einem weiteren Einbe-
zug von Teilnehmern der Zukunftskonferenz der Aufbau eines Unterstützungssystems
aus Vertretern vergleichbarer Kommunen, externen Experten und politischen Akteu-
ren.184
Veränderungen bei Prozessorientierung
In der für das Fallbeispiel vorgesehenen Struktur stellt die Zukunftskonferenz den vor-
läufigen Abschluss des Beteiligungsprozesses Nahverkehr 21 in Düsseldorf dar (vgl.
Kapitel 3.1), obwohl von fast allen Beteiligten eine Fortsetzung der aktiven Zusammen-
arbeit bei der Umsetzung des Handlungsprogramms für sinnvoll gehalten wird (siehe
Kapitel 4.4 und 5.6). Als Grundlage für eine veränderte Prozessorientierung erscheint
daher das Phasenmodell in Abbildung 33 geeignet.
Die Zukunftskonferenz sollte demnach erst nach Klärung der Handlungsbereitschaft der
wichtigen Entscheidungsträger und Akteure im ÖPNV initiiert und zu Beginn der Phase
Planung/ Konkretisierung angesiedelt werden. Zur Realisierungsvorbereitung und Be-
gleitung der Handlungsdurchführung empfiehlt es sich, ergänzend eine professionelle
Interventionsberatung hinzuziehen (vgl. Kapitel 4.4 bzw. 6.3). Für die Implementation
von Strategien zur Ausgestaltung eines zukunftsfähigen ÖPNVs ist die positive Beein-
flussung von Kontrollfaktoren zur Umsetzung und ein dauerhaftes Engagement der
183 Hennicke, Jochem & Prose 1999: 11184 Siehe hierzu den Beitrag von Röhrleff 2001.
7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing 83
Beteiligten für die Förderung des ÖPNVs entscheidend (siehe Kapitel 5.1). Das Pha-
senmodell schließt daher eine Bewertung der Umsetzung und eine entsprechende Rück-
kopplung sowie die Entscheidung über eine Fortführung bzw. Anpassung der
Interventionen bei Folgehandlungen mit ein. Bei dieser veränderten Prozessorientierung
bietet sich außerdem eine Verknüpfung mit dem strategischen Konzept des Social Mar-
keting an (vgl. auch Kapitel 4.1, 4.2 und 4.4), um das katalytische Potenzial des Einsat-
zes von Zukunftskonferenzen im ÖPNV noch effektiver zu nutzen.
7.2 Zur Verknüpfung von Zukunftskonferenzen und Social Marketing
Während die Perspektive des klassischen Marketings v.a. auf die Absatzförderung für
Produkte und Dienstle istungen ausgerichtet ist, bezeichnet das Social Marketing
die Planung, Durchführung und Kontrolle von Programmen zur Beeinflussung der Akzeptanz vonsozialen Vorstellungen, und zwar unter Berücksichtigung der Dimensionen Produkt, Preis, Distri-bution und Kommunikation. Soziale Vorstellungen sind insbesondere Wertmaßstäbe und Verhal-tensnormen, die sich auf das menschliche Zusammenleben auswirken. Durch soziales Marketingwird die wechselseitige Stimulation von Angebot und Nachfrage im Bereich sozialer Vorstellun-gen für die Zielsetzungen einer Organisation fruchtbar gemacht.185
Nicht nur Nonprofit-Organisationen, sondern auch Wirtschaftsunternehmen und andere
Institutionen können die Synergieeffekte aus diesem Marketing-Ansatz nutzen. Im Be-
reich des ÖPNVs ergeben sich insbesondere Chancen zu einer besseren Positionierung
im Mobilitätsmarkt. Dazu werden z.B. bereits im Rahmen des so genannten Mega-
Marketings eine öffentliche Bewusstseinsbildung hinsichtlich der Bedeutung des
185 Krzeminski & Neck 1994: 18
Abbildung 33: Phasenmodell zur Prozessorientierung(aus Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 19)
84 7. Katalysatoren zur Förderung des ÖPNVs
Nahverkehrs, seines gesellschaftlichen Nutzens und der Erfüllung politischer Zielset-
zungen angestrebt186 sowie Interessenpolitik zur Schaffung förderlicher Rahmenbedin-
gungen für den ÖPNV betrieben. Dagegen wird von einem individualisierten bzw.
Dialog- oder Beziehungsmarketing gesprochen, wenn die Kommunikation zur Gewin-
nung und Bindung von Kunden im Mittelpunkt der Bemühungen steht.187
Durch die Einbindung von Zukunftskonferenzen in Social Marketing - Prozesse kann
auf der Basis von Marktanalyse und –segmentierung die Erarbeitung eines kunden- und
ereignisorientierten Konzepts gelingen, das neben differenzierten Qualitätsverbesserun-
gen auch eine Förderung der Akzeptanz des ÖPNVs ermöglicht.188 Eine entsprechende
Kampagne, die von möglichst vielen Beteiligten getragen wird, bringt aus Sicht der
Verkehrsunternehmen durch die kontinuierliche und systematische Beziehungspflege
mit den unterschiedlichen Anspruchsgruppen im ÖPNV zusätzliche Public Relations -
Effekte. Der damit verbundene öffentliche Aufbau eines positiven sozialen Images für
den ÖPNV wirkt aber auch auf die innerbetriebliche Organisation der z.B. in Form einer
verbesserten Koordination der Bereiche Betriebsplanung, Marketing, Personalentwick-
lung und Öffentlichkeitsarbeit zurück.189
7.3 Fazit und Ausblick
Aus Sicht des Verfassers konnte im Rahmen der Evaluation gezeigt werden, dass die
Zukunftskonferenz als soziale Interventionsstrategie zur Ausgestaltung eines zukunfts-
fähigen ÖPNVs grundsätzlich geeignet ist, wenn dabei ihre Ergänzungsbedürftigkeit
hinsichtlich einer adäquaten Prozessorientierung berücksichtigt wird. Allerdings hat der
Auftraggeber im Fallbeispiel das oben skizzierte katalytische Potenzial für eine effekti-
ve ÖPNV-Förderung in Düsseldorf bisher nur in Ansätzen ausgenutzt.
Die vorliegende Arbeit hat durch die Orientierung an einer Programmtheorie versucht,
eine dem Untersuchungsgegenstand angemessene Struktur für die Evaluation von Pla-
nungs- und Dialoginstrumenten in Beteiligungsprozessen zur Optimierung des ÖPNVs
zu entwickeln (vgl. Kapitel 3). Aus methodischer Sicht wäre ein Evaluationsdesign, das
auf sinnvollen Vergleichsmöglichkeiten beruht, für die Untersuchung von Kausalzu-
sammenhängen und für die Ableitung von Erfolgsfaktoren wünschenswert gewesen.
Stattdessen musste auf theoretisch begründete Bewertungskriterien zurückgegriffen
186 Vgl. Bihn 1995: o.S.187 Siehe hierzu die Beiträge von Mahr & Lang 1999 und Priewasser & Höfler 2000.188 Vgl. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 1990: 61-65189 Vgl. Krzeminski & Neck 1994: 19-22
7.3 Fazit und Ausblick 85
werden, die aber untereinander nicht gewichtet werden konnten. Wegen dieser Ein-
schränkungen sind die Ergebnisse aus einer Einzelfalluntersuchung auch nicht generali-
sierbar. Die im Fallbeispiel identifizierten Potenziale und Defizite bieten aber dennoch
eine gute argumentative Grundlage für Empfehlungen zur Verbesserung des Einsatzes
von Zukunftskonferenzen im ÖPNV (siehe oben).
Allerdings werfen die hier behandelten Inhalte eine Reihe weiterer Forschungsfragen
auf, die im Rahmen dieser Arbeit nicht ausreichend behandelt werden konnten: So ist
z.B. zu klären, wie eine Verknüpfung von Laien- und Expertenwissen aussehen könnte,
die den vernetzten Umgang mit komplexen Systemen bei Beteiligungsprozessen im
ÖPNV optimiert.190 Da die Möglichkeiten und Grenzen der eingesetzten Planungs- und
Dialoginstrumente erheblich von den nachgeordneten Umsetzungsaktivitäten abhängen,
sind auch die förderlichen und hemmenden Mechanismen beim Innovationstransfer im
ÖPNV-System weiter zu analysieren. Dabei gilt es u.a. neue Erkenntnisse darüber zu
gewinnen, welche Rolle dabei im Einzelnen die jeweiligen Fach-, Macht-, Prozess- und
Beziehungspromotoren spielen, inwieweit die betrieblich-technische Orientierung der
Nahverkehrsunternehmen in Verbindung mit neuen Marketing-Instrumenten aufgebro-
chen werden kann und wie eine bessere Vermittlung zwischen formellen und informel-
len Organisationsstrukturen zur Förderung des ÖPNVs unter Beachtung der
Verfahrensgerechtigkeit gestaltet werden muss.191
190 Siehe hierzu z.B. Vester 1999191 Vgl. Röhrleff 2001: 163, 166 und Prose, Engellandt & Bendrien 2000: 40-47
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Anhang
Anhang
• Programm und Zeitplan der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21 der Rhein-
bahn AG vom 26. bis 28. Januar 2001 in den Rheinterrassen Düsseldorf
• Liste aller Interviewpartner und Termine
sowie das verwendete Anschreiben als Muster
• Fragebogen / Leitfaden für die Interviews mit Teilnehmern und Auftraggeber
• Gesprächsprotokolle von 15 Telefonbefragungen und 2 persönlichen Interviews
• Auswertungsbogen
• Eidesstattliche Erklärung
Diplomarbeit Carsten Wachholz
Programm und Zeitplan der Zukunftskonferenz Nahverkehr 21
(Quelle: iku-GmbH 2001: 10-11)
Uhrzeit Thema
16.15 Begrüßung16.20 Einführung, Ziele, Ablauf, Arbeitsweise, Ergebnisse des Bürgerforums16.40 Kennenlernen der TeilnehmerInnen an gemischten Tischen17.00 „Das ganze System in einem Raum“ (Wandelgang mit Vorstellungspinnwänden)
17.30 Rückblick in die VergangenheitGruppenarbeit an gemischten Tischen, Präsentation an Zeitleiste im Plenum
18.30 Pause mit Imbiss
19.00 Gegenwart- Rahmenbedingungen und TrendsGruppenarbeit an homogenen Tischen, Präsentation an Mind-Map im Plenum
19.50 Zusammenfassung und Ausblick20.00 Ende 1. Tag
Uhrzeit Thema
09.00 Einführung in den Tag09.10 Diskussion und Reflexion der Rahmenbedingungen und Trends für den ÖPNV09.30 Bewertung der Gegenwart aus verschiedenen Blickwinkeln
Gruppenarbeit an homogenen Tischen, Präsentation der Ergebnisse im Plenum10.40 Pause
11.00 Gegenwart bewerten11.15 Zukunftsentwürfe entwickeln (Gruppenarbeit an gemischten Tischen)12.30 Mittagspause
13.30 Präsentation der Zukunftsentwürfe im Plenum14.30 Pause15.00 Gemeinsamkeiten herausarbeiten16.00 Zusammenfassung und Ausblick16.10 Ende 2. Tag
Uhrzeit Thema10.00 Einführung und Gemeinsamkeiten vom Vortag bestätigen10.30 Maßnahmen entwickeln (Gruppenarbeit an gemischten Tischen)11.15 Pause11.30 Präsentation der Ergebnisse für das Handlungsprogramm im Plenum12.30 Resümee, gemeinsamer Abschluss und Verabschiedung13.00 Ende der Veranstaltung
Freitag,26.01.2001
Samstag,27.01.2001
Sonntag,28.01.2001
Anhang
Liste aller Interviewpartner und Termine
Gruppe 1: Ich möchte Vorrang für den ÖPNV.
Gruppe 2: Ich möchte einen wirtschaftlicheren ÖPNV.
Gruppe 3: Ich möchte ohne Belästigungen und Übergriffe den ÖPNV nutzen können.
Gruppe 4: Ich möchte, dass der ÖPNV für jeden nutzbar ist.
Gruppe 5: Ich möchte eine optimale Verknüpfung aller Verkehrssysteme.
Gruppe 6: Ich möchte schnell & ohne Stress zur Arbeit/ Schule kommen und Einkäufe erledigen können.
Gruppe 7: Ich möchte eine gute Verknüpfung der Stadtteile untereinander und mit der City.
Gruppe 8: Ich möchte mich auch ohne Ortskenntnisse in Düsseldorf einfach zurecht finden können.
termineGrup-
peInstitution & Funktion Name Alter Derzeit ausgeübte
TätigkeitInterview
durchgeführtam
RückmeldungenGesprächs-protokoll?
1 Bürgerforum Lars Templin 39 Möbelrestaurator 29. Juni 2001,21:15 Uhr
Nein
1 Regionale Bahngesellschaft mbH Axel Keimling 40 Dipl.-Ing., Vekehrsplaner 11. Juni 2001,8 Uhr (Pretest)
Nein
2 Amt für VerkehrsmanagementAbteilungsleiter Verkehrsplanung
Lorenz, Klaus 42 Stadt- und Verkehrsplaner bei derStadtverwaltung Düsseldorf
12. Juni 2001,16.30 Uhr
Nein
2 Bürgerforum Karl-Friedrich Hof-mann
52 Prokurist West LB 3. Juli 2001,20 Uhr
Nein
3 Bundesgrenzschutz,Inspektion Düsseldorf
Stefan Beckmann 32 Öffentlichkeitsarbeit,Grundsatz & Entwicklung
6. Juni 2001,14 Uhr (Pretest)
Nein
3 Weißer Ring Eva-Maria Goelden 54 Kriminalbeamtin 18. Juni 200117:15 Uhr
Ja
4 Bürgerforum Kaete Bartels 62 Hausfrau, ehrenamtlich in derSuchtberatung tätig
28. Juni 200118 Uhr
Nein
4 SPD Ratsfraktion Alfred Syska 52 Regierungsbeamter 18. Juni 2001,21:45 Uhr
Nein
5 Verkehrsclub DeutschlandKreisverband Düsseldorf
Werner Simon 43 Selbstständiger 20. Juni 2001,22 Uhr
Nein
5 Verkehrsverbund Rhein-RuhrGmbH (VRR)
Dr. Klaus Vorgang 52 Geschäftsführer VRR 27. Juni 2001,13 Uhr
Nein
6 Dt. Hausfrauenbund,Vorsitzende Ortsverband
Hannelore Ginsberg 59 Hausfrau 11. Juni 2001,14 Uhr (Pretest)
Nein
7 Stellv. VorsteherinBezirksvertretung 3
Erika Worbs 53 bei der Telecom beschäftigt 25. Juni 2001,19:30 Uhr
Nein
7 Arbeitsgemeinschaft DüsseldorferBürger- und Heima tvereine
Gabriele Berndt 38 Juristin 13. Juni 2001,14 Uhr
Nein
8 Bürgerforum Lothar Minske 61 Dipl.-Ing. Machinenbau,Datenverarbeitung, Logistik
5. Juni 2001,18 Uhr (Pretest)
Nein
8 Bürgerforum Josef Kürten 45 Elektro-Ingenieur 12. Juni 2001,18 Uhr
Nein
Rheinbahn AG Eckhard Lander 47 Dipl.-Journalist, Leiter derAbteilung Öffentlichkeitsa rbeit
8. Juni 2001,13:45 Uhr
Nein
Rheinbahn AG Christoph Lademann 40 Leiter Abteilung Betriebsplanung(Fahrplanangebot, Infrastruktur,
Fahrzeugbeschaffung,Infosysteme)
8. Juni 2001,15 Uhr
Ja
Diplomarbeit Carsten Wachholz
Anschreiben zur Vereinbarung eines Gesprächstermins (Muster)
Carsten Wachholz
Carsten Wachholz, Arneckestr. 1, 44139 Dortmund
An«Institution»«Anrede» «Vorname» «Name»«StraßeHausnr»«PLZOrt»
Dortmund, den 25.05.01
Telefonische Befragung von Teilnehmer/innen der Zukunftskonferenz der Rheinbahn AG
«Briefanrede» «Anrede» «Name»,
ich studiere an der Universität Lüneburg und beschäftige mich im Rahmen meinerDiplomarbeit mit der Auswertung der Zukunftskonferenz zum Nahverkehr in Düsseldorf,an der Sie Ende Januar 2001 teilgenommen haben. Durch meine Tätigkeit als Assistent derModeration bei der Firma iku GmbH aus Dortmund war ich auch in die Vorbereitung undDurchführung der Veranstaltung eingebunden. Die Erfahrungen aus diesem Fallbeispielmöchte ich dazu nutzen, die Konzeption, methodische Umsetzung und Wirksamkeit derAnwendung von Zukunftskonferenzen im ÖPNV näher zu untersuchen. Dabei werdeninsbesondere auch die Einschätzungen von ausgewählten Teilnehmer/innen und derRheinbahn AG berücksichtigt.
Ich möchte in diesem Zusammenhang insgesamt 16 Telefoninterviews mit Vertretern desBürgerforums und der beteiligten Interessengruppen durchführen, die jeweils max. 30Minuten dauern. Mit diesem Schreiben ist daher die Anfrage verbunden, ob Sie für einsolches Gespräch über die Zukunftskonferenz zur Verfügung stehen. Zu Ihrer Informationhabe ich den dafür erstellten Fragebogen bereits beigelegt. Ich melde mich noch vor Pfingstentelefonisch bei Ihnen, um Ihre grundsätzliche Bereitschaft zu klären und dann ggf. einenTermin für unser Interview zu vereinbaren. Die telefonischen Befragungen sollen imZeitraum vom 11. bis zum 29. Juni stattfinden. Nach Rückfrage bei der Rheinbahn AGbesteht die Chance, dass Sie bis dahin auch eine Dokumentation der Zukunftskonferenz alsGesprächsgrundlage erhalten haben.
Es folgen noch einige Anmerkungen zum Ablauf der Telefoninterviews. Die Gliederungsieht einen Einführungsteil, drei Themenblöcke zur Zukunftskonferenz und einen Schlussteilvor. Nach der Begrüßung haben Sie die Möglichkeit, allgemeine Rückfragen zu stellen.Außerdem werden die beiden während des Interviews verwendeten Frageformen noch einmalerläutert:
- bitte wenden -
Kontakt bis 6. Juli 2001 unter:
Arneckestr. 144139 Dortmund
Tel.: 0231/ 125823email: [email protected]
Informationen zur Diplomarbeit:http://www.dialog-im-oepnv.de
Anhang
1. Dazu werden zunächst vom Interviewer zwei gegensätzliche Aussagen gemacht, zu denender Grad Ihrer Zustimmung auf einer Skala von –3 bis +3 erfragt wird. Wenn Sie beidenAussagen keine Bedeutung zumessen, wählen Sie die Bewertung 0.
2. Danach haben Sie jeweils bei den anschließenden offenen Fragestellungen dieMöglichkeit, Ihre Einschätzungen weiter auszuführen. Es wäre hilfreich, wenn Sie sich zudiesen Fragen bereits vor dem Interview wichtige Stichworte notieren, um die Dauer dertelefonischen Befragung verkürzen zu können.
Ihre Antworten werden von mir stichwortartig mitprotokolliert. Damit Sie deren Richtigkeit undVollständigkeit im Anschluss überprüfen können, schicke ich Ihnen die Protokollbögen noch einmalzu, um Ihnen eine Rückmeldung mit Änderungen bzw. Ergänzungen zu ermöglichen. DieAuswertung der Ergebnisse erfolgt anonymisiert, allerdings wird eine Namensliste allerInterviewpartner/innen und –termine mit Angaben zu Alter und derzeitiger Tätigkeit im Anhang derDiplomarbeit als Datenbeleg veröffentlicht.
Die komplette Diplomarbeit wird im Spätherbst 2001 über das Internet verfügbar gemacht.Auf Wunsch erhalten Sie auch eine Kurzfassung der Ergebnisse. Sollten Sie noch weitereFragen haben, können Sie jederzeit gerne Kontakt zu mir aufnehmen. Neben der umseitigangegebenen privaten Adresse besteht auch die Möglichkeit, mich bei der iku GmbH (Tel.:0231/ 31891 oder Fax 0231/31894) zu erreichen. Ansonsten hoffe ich, dass ich Sie mit denganzen Formalia nicht zu sehr belästigt habe. Ich melde mich dann in den nächsten Tagentelefonisch bei Ihnen zwecks weiterer Absprachen.
Schöne Grüße aus Dortmund,
Carsten Wachholz
Anlage: Fragebogen zu Einschätzungen der Teilnehmer/innen der Zukunftskonferenz
Diplomarbeit Carsten Wachholz
Zukunftskonferenz Nahverkehr21 Düsseldorf (Januar 2001) –Telefoninterviews zu Einschätzungen der Teilnehmer/innen
im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Lüneburg
Bitte hier Ihren Termin eintragen: ____________ (Dauer: ca. 30 Min.)
Einführung
• Begrüßung• Zum Hintergrund der Befragungen: Es geht um die Erkundung von Potenzialen und Defiziten
der Zukunftskonferenz als Planungs- und Dialoginstrument im ÖPNV.• Gelegenheit für allgemeine Rückfragen• Hinweise zum Ablauf des Interviews• Erläuterung der verwendeten Frageformen am Be ispiel:
Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...... war eine lästige
Verpflichtung für mich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... hat mir Spaß gemacht.
• Woran erinnern Sie sich besonders gut, wenn Sie an die Zukunftskonferenzzurückdenken?
1. Zur Veranstaltung
Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...... spiegelte die
wichtigsten Interessenzur Weiterentwicklung
des ÖPNVs wider.
-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht
ausgewogen.
• Gab es Ihrer Ansicht nach Vertreter/innen bestimmter Interessengruppen,die für die inhaltliche Arbeit auf der Zukunftskonferenz gefehlt haben?Falls ja, welche?
Der Ablauf der Veranstaltung ...... hat die Erarbeitungkonkreter Ergebnisse
behindert.-3 -2 -1 0 1 2 3
... war stark ergebnisori-entiert angelegt.
Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend ...
... konstruktiv. -3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf
gegensätzlichen Positio-nen geprägt.
• Wie könnten aus Ihrer Sicht Ablauf und Arbeitsweise der Zukunftskonferenzverbessert werden?
Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sindfür einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...
... nebensächlich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... von entscheidenderBedeutung.
Anhang
Geredet wurde dabei v.a. über ...
... altbekannte Themen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... neue Ideen für denNahverkehr der Zukunft.
• Was ist für Sie das zentrale inhaltliche Ergebnis der Zukunftskonferenz?
2. Zu Aktivitäten im Anschluss
Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...... überzeugend. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... völlig unzureichend.
• Was könnten uns Ihre Nachbarn über die Zukunftskonferenz erzählen, wennwir sie danach fragen würden?
Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz werdenvon den beteiligten Institutionen ...
... nicht beachtet. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... weiter verbreitet.
• Welches Engagement zur Verbreitung der Ergebnisse haben Sie bisherwahrgenommen? Was haben Sie ggf. selbst dazu beigetragen?
Auf der Zukunftskonferenz wurde ...... nur wenigen AkteurenVerantwortung für denÖPNV zugeschrieben.
-3 -2 -1 0 1 2 3... ein breites Bündnis
zur Förderung desÖPNVs geschaffen.
• Inwieweit sehen Sie eine eigene Verpflichtung, sich (weiter) für die Umset-zung der erarbeiteten Ergebnisse einzusetzen?
3. Zur Umsetzung der Ergebnisse
Auf die Umsetzung der Ergebnisse ...... habe ich persönlich
keinen Einfluss. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... kann ich selbst hinwir-ken.
• Worin bestehen für Sie Handlungsmöglichkeiten, um die Anliegen der Zu-kunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfeinzubringen? Was möchten Sie selbst dafür tun?
Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...
..bereitwillig aufgegriffen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... nicht mitgetragen.
• Wer wird aus Ihrer Sicht die Anliegen der Zukunftskonferenz (nicht) unter-stützen?
Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...... vollständig umsetzbar. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gar nicht realisierbar.
• Welche der Maßnahmenvorschläge werden Ihrer Meinung nach wahr-scheinlich umgesetzt? Welche eher nicht? Warum?
Diplomarbeit Carsten Wachholz
Abschluss
Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfwar die Zukunftskonferenz eine ...
... unbedeutende Dia-logveranstaltung. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... effektive Beteili-
gungsmöglichkeit.
• Hat sich für Sie persönlich die Teilnahme an der Zukunftskonferenz gelohnt?Warum?
• Freiraum für weitere Anmerkungen zur Zukunftskonferenz:Habe ich etwas vergessen zu fragen? Gibt es noch etwas, was Sie gerne ergänzen möchten?
• Angaben zu Alter und derzeit ausgeübter Tätigkeit• Vereinbarung über Rückmeldung zur Protokollierung des Interviews• Interesse an Information über Ergebnisse der Diplomarbeit?• Verabschiedung
Anhang
Zukunftskonferenz Nahverkehr21 Düsseldorf (Januar 2001) –2 Interviews zu Einschätzungen des Auftraggebers
im Rahmen einer Diplomarbeit an der Universität Lüneburg
Bitte hier Ihren Termin eintragen: ____________ (Dauer: ca. 45 Min.)
Einführung
• Begrüßung• Zum Hintergrund des Interviews: Es geht um die Erkundung von Potenzialen und Defiziten
der Zukunftskonferenz als Planungs- und Dialoginstrument im ÖPNV.• Gelegenheit für allgemeine Rückfragen• Hinweise zum Ablauf des Interviews• Erläuterung der verwendeten Frageformen am Be ispiel:
Die Teilnahme an der Zukunftskonferenz ...... war eine lästige
Verpflichtung für mich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... hat mir Spaß gemacht.
• Woran erinnern Sie sich besonders gut, wenn Sie an die Zukunftskonferenzzurückdenken?
1. Zur Veranstaltung
Die Zusammensetzung der Teilnehmer/innen ...... spiegelte die
wichtigsten Interessenzur Weiterentwicklung
des ÖPNVs wider.
-3 -2 -1 0 1 2 3... war nicht
ausgewogen.
• Gab es Ihrer Ansicht nach Vertreter/innen bestimmter Interessengruppen,die für die inhaltliche Arbeit auf der Zukunftskonferenz gefehlt haben?Falls ja, welche?
Der Ablauf der Veranstaltung war ...... hat die Erarbeitungkonkreter Ergebnisse
behindert.-3 -2 -1 0 1 2 3
... stark ergebnisorien-tiert angelegt.
Die Zusammenarbeit in den Kleingruppen war überwiegend ...
... konstruktiv. -3 -2 -1 0 1 2 3... vom Beharren auf
gegensätzlichen Positio-nen geprägt.
• Wie könnten aus Ihrer Sicht Ablauf und Arbeitsweise der Zukunftskonferenzverbessert werden?
Bei der Beschreibung der Rahmenbedingungen und des Ist-Zustands wurdendie wesentlichen Problemstellungen im Düsseldorfer ÖPNV ...
... vernachlässigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... identifiziert.
Diplomarbeit Carsten Wachholz
Auf der Zukunftskonferenz wurden die bisherigen Erkenntnisse der Rheinbahnüber die Kundenbedürfnisse im Düsseldorfer ÖPNV ...
... lediglich bestätigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... stark erweitert.
Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz ...... sind hilfreich für diePrioritätensetzung bei
der Rheinbahn.-3 -2 -1 0 1 2 3
... provozieren neueEntscheidungs- undAbwägungskonflikte.
Die erarbeiteten Ziele und Maßnahmenvorschläge sindfür einen attraktiven und kundenorientierten ÖPNV in Düsseldorf ...
... nebensächlich. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... von entscheidenderBedeutung.
Geredet wurde dabei v.a. über ...
... altbekannte Themen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... neue Ideen für denNahverkehr der Zukunft.
• Was ist für Sie das zentrale inhaltliche Ergebnis der Zukunftskonferenz?
2. Zu Aktivitäten im Anschluss
Die Berichterstattung über die Zukunftskonferenz in den Medien war ...... überzeugend. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... völlig unzureichend.
• Was könnten uns Ihre Nachbarn über die Zukunftskonferenz erzählen, wennwir sie danach fragen würden?
Die gemeinsamen Anliegen der Zukunftskonferenz werdenvon den beteiligten Institutionen ...
... nicht beachtet. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... weiter verbreitet.
• Welches Engagement zur Verbreitung der Ergebnisse haben Sie bisherwahrgenommen? Was hat die Rheinbahn selbst dazu beigetragen?
Auf der Zukunftskonferenz wurde ...... nur wenigen AkteurenVerantwortung für denÖPNV zugeschrieben.
-3 -2 -1 0 1 2 3... ein breites Bündnis
zur Förderung desÖPNVs geschaffen.
• Inwieweit sehen Sie eine Verpflichtung der Rheinbahn, sich (weiter) für dieUmsetzung der erarbeiteten Ergebnisse einzusetzen?
Nach Prüfung der Umsetzbarkeit der Empfehlungen ...... ist der Beteiligungs-
prozess abgeschlossen. -3 -2 -1 0 1 2 3... soll der Dialog mit denTeilnehmer/innen weiter-
geführt werden.
• Wie könnten ggf. die nächsten Schritte im Dialog über die künftige Ausge-staltung des Düsseldorfer ÖPNVs aussehen?
Anhang
3. Zur Umsetzung der Ergebnisse
Durch die von der Zukunftskonferenz formulierten Ansprüchewerden die bisherigen Bemühungen der Rheinbahn ...
... in Frage gestellt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gestärkt.
• Worin bestehen für Sie Handlungsmöglichkeiten, um die Anliegen der Zu-kunftskonferenz bei der Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfeinzubringen? Was möchte die Rheinbahn selbst dafür tun?
Die Empfehlungen der Zukunftskonferenz werdenvon anderen wichtigen Entscheidungsträgern im ÖPNV ...
..bereitwillig aufgegriffen. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... nicht mitgetragen.
• Wer wird aus Ihrer Sicht die Anliegen der Zukunftskonferenz (nicht) unter-stützen?
Das Handlungsprogramm der Zukunftskonferenz halte ich für ...... vollständig umsetzbar. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... gar nicht realisierbar.
Der Arbeits- und Kostenaufwand für die Umsetzung istbezogen auf die damit erzielbaren Verbesserungen im ÖPNV ...
... gerechtfertigt. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... zu hoch.
• Welche der Maßnahmenvorschläge werden Ihrer Meinung nach wahr-scheinlich umgesetzt? Welche eher nicht? Warum?
Abschluss
Für die Ausgestaltung des künftigen ÖPNVs in Düsseldorfwar die Zukunftskonferenz eine ...
... unbedeutende Dia-logveranstaltung. -3 -2 -1 0 1 2 3 ... effektive Beteili-
gungsmöglichkeit.
• Hat sich aus Sicht der Rheinbahn die Durchführung der Zukunftskonferenzgelohnt? Warum?
• Freiraum für weitere Anmerkungen zur Zukunftskonferenz:Habe ich etwas vergessen zu fragen? Gibt es noch etwas, was Sie gerne ergänzen möchten?
• Angaben zu Alter und derzeit ausgeübter Tätigkeit• Vereinbarung über Rückmeldung zur Protokollierung des Interviews• Interesse an Information über Ergebnisse der Diplomarbeit?• Verabschiedung