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541.123.2 : 546.321.61 : 546.461.61 : 546.351.61 DIE ZUSTANDSDIAGRAMME DER SYSTEME VON H. REMY und W. SEEMANN, KF-MgFz UND RbF-MgFZ Auf Grund von Abkiihlungskurven. Ujseriickstandsanalysen und kristal- bgraphisch-optischen Untersuchungen wurden die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgFz und RbF-MgFz aufgestellt. In beiden Systemen treten zwei Verbindungen, M'F, MgFz und 2 MT. MgF2 auf. Aus Schmelzen zwischen 50 und 78.5 Mol% KF scheiden sich primkir Mischkristalle von KF. MgFz mit KF ab: bei der AbkGhIung erfolgt Entmischung unter Bildung der Verbindung 2KF, MgFz. Aus Schmelzen mit mehr als 78.5 Moly0 KF schcidet sich die letztcre unmittelbar ab. In dem System RbF-MgFs treten lreine Mischkristalle auf. Die Existenz der aufgefundenen Verbindungen war auf Grund der von R e m y und P e 11 e n s entwickelten Vorstellungen iiber die Abhtlngigkeit der Zusarnmensetzung von Doppelverbindungen von den Ionenladungen und den Ionenradien zu erwarten. Magnesiumfluorid bildet mit Lithiumfluorid Mischkristalle, a b u keine Verbindung 1). Mit Natriumfluorid bildet es eine Verbindung, NaF,MgF,. und keine Mischkristalle *). Auf Grund der von R e m y und P e 11 e n s 3) entwickelten Vorstellungen iiber den Zusammen- hang zwischen den Ionenladungen. den Ionenradien und den .,stochio- metrischen Koordinationszahlen" 4) war zu erwarten, dass Magnesium- 1) G. T a c c h i n i, Gazr. chim. ital. 54, 144 (1924) ; G. B r u n i und G. R. L e v i, Atti accad. Lincei, (5) 33, II. 377 (1924): vgl. auch 0. Ruff und W. Busc h, Z. anorg. allgem. Chem. 144, 87 (1925). 2) G. G r u b e und M. S tasche. Z. Elektrochem. 33, 482 (1927). 8) H. R e m y und L. P e l l e n s . Ber. 61, 862 (1928): vgl. auch H. Remy und G. L a v e s , Ber. 66, 401, 571 (1933); H. Remy und H. Busch. Ber. 66, 961 (1933). 4) Unter der ,,stochiometrischen Koordinationszahl" zum Unterschied von der Koordinationszahl im gewohnlichen Sinn (,.geometrischen Koordinationszahl") ver- stehen wir die Zahl, die angibt, wieviel koordinativ gebundene Atome oder Gruppen stochiometrisch auf das Zentralatam, um das sie gruppiert sind, entfallen. Z.B. ist im Perowskt. CaTiOs, die ,,geometrische Koordinationszahl" des Titans gegen Sauerstoff sech, da darin jedes Ti von sechs 0 umgeben ist: dagegen ist die .,st&hio- metrische Koordinationszahl" des Titans darin drei, da jedes 0 zwei Ti-Atomen gleichzeitig angehort, auf das einzelne Ti-Atom also 6/2 = 3 O-Atome entfallen.

Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

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Page 1: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

541.123.2 : 546.321.61 : 546.461.61 : 546.351.61

DIE ZUSTANDSDIAGRAMME DER SYSTEME

VON

H. REMY und W. SEEMANN,

KF-MgFz UND RbF-MgFZ

Auf Grund von Abkiihlungskurven. Ujseriickstandsanalysen und kristal- bgraphisch-optischen Untersuchungen wurden die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgFz und RbF-MgFz aufgestellt.

In beiden Systemen treten zwei Verbindungen, M'F, MgFz und 2 M T . MgF2 auf. Aus Schmelzen zwischen 50 und 78.5 Mol% KF scheiden sich primkir Mischkristalle von KF. MgFz mit KF ab: bei der AbkGhIung erfolgt Entmischung unter Bildung der Verbindung 2KF, MgFz. Aus Schmelzen mit mehr als 78.5 Moly0 KF schcidet sich die letztcre unmittelbar ab. In dem System RbF-MgFs treten lreine Mischkristalle auf.

Die Existenz der aufgefundenen Verbindungen war auf Grund der von R e m y und P e 11 e n s entwickelten Vorstellungen iiber die Abhtlngigkeit der Zusarnmensetzung von Doppelverbindungen von den Ionenladungen und den Ionenradien zu erwarten.

Magnesiumfluorid bildet mit Lithiumfluorid Mischkristalle, a b u keine Verbindung 1). Mit Natriumfluorid bildet es eine Verbindung, NaF,MgF,. und keine Mischkristalle *). Auf Grund der von R e m y und P e 11 e n s 3) entwickelten Vorstellungen iiber den Zusammen- hang zwischen den Ionenladungen. den Ionenradien und den .,stochio- metrischen Koordinationszahlen" 4 ) war zu erwarten, dass Magnesium-

1) G. T a c c h i n i, Gazr. chim. ital. 54, 144 (1924) ; G. B r u n i und G. R. L e v i, Atti accad. Lincei, (5) 33, II. 377 (1924): vgl. auch 0. R u f f und W. B u s c h, Z. anorg. allgem. Chem. 144, 87 (1925).

2) G. G r u b e und M. S t a s c h e . Z. Elektrochem. 33, 482 (1927). 8 ) H. R e m y und L. P e l l e n s . Ber. 61, 862 (1928): vgl. auch H. R e m y und

G. L a v e s , Ber. 66, 401, 571 (1933); H. R e m y und H. B u s c h . Ber. 66, 961 (1933).

4 ) Unter der ,,stochiometrischen Koordinationszahl" zum Unterschied von der Koordinationszahl im gewohnlichen Sinn (,.geometrischen Koordinationszahl") ver- stehen wir die Zahl, die angibt, wieviel koordinativ gebundene Atome oder Gruppen stochiometrisch auf das Zentralatam, um das sie gruppiert sind, entfallen. Z.B. ist im Perowskt. CaTiOs, die ,,geometrische Koordinationszahl" des Titans gegen Sauerstoff sech, da darin jedes Ti von sechs 0 umgeben ist: dagegen ist die .,st&hio- metrische Koordinationszahl" des Titans darin drei, da jedes 0 zwei Ti-Atomen gleichzeitig angehort, auf das einzelne Ti-Atom also 6/2 = 3 O-Atome entfallen.

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Die Zustandsdiagramme &r Systeme KF-MgP, und RbF-MgP,. 5 17

fluorid mit Kaliumfluorid und Rubidiumfluorid je lwei Verbindungen bildet. und zwar von der allgemeinen Formel M*F,MgF, und 2 M'F.MgF,. Die von uns aufgestellten Zustandsdiagramme be- statigen diese Voraussage.

Die Verbindung KF,MgF, ist durch Fallung aus wasseriger Losung bereits von v a n A r k e l 5 ) erhalten worden, der auch rontgeno- metrisch ihre Struktur bestimmte (Perowskittyp). D u b o i n 6) erhielt durch Eintragen von MgO in geschmolzenes KF und Auslaugen der erstarrten Schmelzen mit Wasser Ruckstande, denen er auf Grund ihrer analytischen Zusammensetzung die Formeln KF,MgF, und 2KF,MgF, zuerteilte. Das Zustandsdiagramm des Systems KF-MgF, war bisher nicht bekannt. Uber das Verhalten von RbF zu MgF, lagen uberhaupt noch keine Angaben vor.

I. Die Zustandsdiagramme auf Grund der Abkuhlungskurven.

Die wasserfreien Fluoride wurden in einem Platintiegel geschmol- Zen. Die Temperaturmessung erfolg'te mit einem Platin-Platinrhodium- Thermoelement, das, wegen der Aggressivitat der Schmelzen den Materialien der Schutzhullen gegenuber, ohne Schutzhulle in die Schmelze tauchte. Die Konstantz der Thermokraft wurde im Laufe der Arbeit ofters nachgepruft. Die Temperaturablesungen erfolgten in Intervallen von je 15 sec. In den Tabellen I und I1 sind die beobach- teten Knick- und Haltepunkte der Abkuhlungskurven in Celsiusgrad verzeichnet. Hinter den Haltepunkten ( fettgedruckte Zahlen) sind eingeklammert die Haltezeiten in Minuten angegeben.

In den Zustandsdiagrammen, Abb. 1 und 2, sind auf der Abszisse die Gehalte der Schmelzen an KF bzw. RbF in Molprozenten ein- getragen, auf der Ordinate die Temperaturen in Celsiusgrad. Die Haltezeiten sind von den die Haltepunkte verbindenden Geraden aus nach unten abgetragen.

Mit Kaliumfluorid bildet Magnesiumfluorid. wie Abb. 1 zeigt, zwei Verbindungen. Die eine hat die Zusammensetzung KF,MgF,. Sie schmiltzt kongruent bei 1080O (Punkt C) und bildet mit iiberschus- sigem MgF, keine Mischkristalle, sondern ein bei 1020' erstarrendes Eutektikum von der Zusammensetzung 68 Mol% MgF, und 32 Mol% KF. Als Erstarrungspunkt des MgF, (Punkt A) fanden wir 1260' C (nach G r u b e und S t a s c h e a.a.0.: 1270' C) . Die Existenz und Zusammensetzung der Verbindung KF,MgF, ergibt sich ausser aus dem Maximum bei C und dem Verlauf der Kurve der eutektischen

6 , A. E. v a n A r k e 1. Physica 5, 162 (1925). 6 ) A. D u b o i n, Compt. rend. 120, 678 (1895).

Page 3: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

518 H. Aemy und W. Seemann.

Haltezeiten, a b c, auch aus der Ruckstandsanalyse (s. Abschnitt 11) und aus der kristallographischen Untersuchung der Schmelze (Abschnitt 111).

20 3

Abb. 1. Zustandsdiagramm MgF2-KF.

In dem Gebiet zwischen 50 und 78.5 Mol% KF besitzen die Ab- kuhlungskurven in ihrem oberen Teil zwei Knickpunkte. Die diese verbindenden Kurven CKE und CDE des Diagramms der Abb. 1 sind als liquidus- und solidus-Kurve anzusprechen. Die Vorgange in diesem Gebiet, in dem sich aus den Schmelzen zunachst Mischkristalle abscheiden, werden nachher noch naher besprochen.

In dem Gebiet zwischen 78.5 und 100 Mol% KF ist die Misch- barkeit im festen Zustande wieder verschwunden. Bei H (87.5 Mol% KF) liegt wieder ein eutektischer Punkt. Die eine Komponente dieses Eutektikums ist das reine Kaliumfluorid, dessen Erstarrungspunkt (I) wir zu 848' C bestimmten (nach v o n W a r t e n b e r g und

Page 4: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF, und AbF-MgF,. 5 19

S c h u 1 z 7 ) 846' C) . Die andere Komponente ist, wie sich aus der Kurve i h e der eutektischen Haltezeiten ergibt und wie durch Riick- standsanalyse und kristallographische Untersuchung (s. Ahschnitt I1 und 111) bestatigt werden konnte, die Verbindung 2KF,MgF,. Die Erstarrungstemperatur des aus dieser Verbindung und KF gebildeten Eutektikunb betragt 781 '.

Die Abkiihlungskurven von Schmelzen, deren KF-Gehalt zwischen 50 und 78.5 Mol% lag, wiesen ausser den der liquidus- und der solidus-Kurve entsprechenden Knickpunkten auch noch Haltepunkte auf, die durch die Geraden g r und f d E miteinander verbunden sind. Die Langen der Haltezeiten sind von diesen Geraden aus wieder nach unten abgetragen. Aus den Schmelzen, deren Zusammensetzung zwischen 50 und 66.7 Mol% KF liegt, scheiden sich, wie das Diagramm zeigt, zunachst Mischkristalle der Verbindung KF,MgF, mit iiber- schiissigem KF ab. Die Haltezeiten bei 861' (Linie g r ) lassen sich vielleicht deuten als bedingt durch eine exotherm verlaufende Um- wandlung jener Mischkristalle in Mischkristalle der Verbindung KF,MgF, mit solchen der Verbindung 2 KF,MgF,. Die Haltezeiten bei 840' (Gerade f d ) konnen dann gedeutet werden, als hervor- gerufen durch den Zerfall der aus den beiden Verbindungen KF,MgF, und 2 KF,MgF, bestehenden Mischkristalle in ein eutek- toides Gemenge der beiden genannten Verbindungen. Dabei muss man annehmen, dass die beiden Verbindungen KF,MgF, und 2 KF,MgF, nicht in jedem Verhaltnis Mischkristalle miteinander bilden, sondern dass in der Gegend von 60 Mol% KF eine Mischungs- liicke besteht; denn eine Schmelze von dieser Zusammensetzung hat nur bei 861' und nicht bei 840' eine Haltezeit.

Es ist aber auch die Moglichkeit in Betracht zu ziehen, dass bei einern Gehalt von 60 Mol% KF aus den primar abgeschiedenen Mischkristallen von KF,MgF, mit KF bei 861 O die Doppelverbindung 3 KF,2 MgF, entsteht und dass diese bei weiterer Abkuhlung erhalten bleibt. Wenn man dies annimmt, ist bei einem Gehalt von 55 Mol% KF die Haltezeit bei 861" zu deuten, als bedingt durch die Bildung von Mischkristallen dieser Doppelverbindung mit solchen der Ver- bindung KF,MgF, aus den primar abgeschiedenen Mischkristallen, und die Haltezeit bei 840G als hedingt durch den Zerfall der sekun- daren Mischkristalle in ein eutektoides Gemenge von KF,MgF, und 3KF,2MgF,. Bei einem Gehalt von 65 Mol% KF wird man dann bei 861 O die Bildung von Mischkristallen der Verbindung 3KF,2MgF2 mit solchen der Verbindung 2KF,MgF, aus den primar abgeschie-

7 ) H. v o n W a r t e n b e r g und H. S c h u l z , Z. Elektrochem. 27, 568 (1921).

Page 5: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

520 ff. Remy und W. Seemtinn.

denen (von KF,MgF, mit KF) anzunehmen haben und bei 840' den Zerfall der sekundaren Mischkristalle in ein Gemenge von 3KF,2MgFE und 2KF,MgF,.

Die Annahme, dass die bei 840' beobachteten Haltezeiten auf Ent- mischung zuruckzufuhren sind, wird durch die Beobachtung nahe- gelegt, dass bei der gleichen Temperatur die Abscheidung von Misch- kristallen aus der Schmelze ihr Ende findet (Punkt E des Diagramms) . Auffallenderweise trat in einer erstarrten Schmelze mit 50 Mol% KF bei 840' gleichfalls noch eine kurze Haltezeit auf und ebenso auch noch in einer Schmelze mif 40 Mol% KF. Es scheint hiernach die bei 840° auftretende Entmischung damit in Zusammenhang zu stehen, dass die Verbindung KF,MgF, bei 840' eine Modifikationsanderung erfahrt. Sichergestellt erscheint uns dies aber noch nicht, da in den Schmelzen mit 40 und 50 Mol% KF die Haltepunkte bei 840' nur sehr schwach auftreten.

Die ziemlich ausgedehnten Haltezeiten bei 800' in den Schmelzen mit 55 und 65 MoI% KF ( 1.75 bzw. 2.0 Minuten bei einer Abkuhlungs- geschwindigkeit von 36' bzw. 24' pro Minute oberhalb und unterhalb dieser Haltezeiten) scheinen mit den bei 840' beobachteten Halte- zeiten in Zusammenhang zu stehen: denn in der Schmelze rnit 60 Mol% KF, in der die Haltezeit bei 840' verschwunden ist, ist auch die bei 800' verschwunden bzw. nur noch durch einen Knickpunkt in den Abkuhlungskurven angedeutet. Auf welchen Vorgang diese Halte- zeiten bei 800' zuruckzufuhren sind. lasst sich noch nicht sagen. Erwahnt mag werden, dass ganz schwach angedeutete Haltezeiten f unterhalb 0.2 Minuten) oder Andeutungen von Knickpunkten bei 800' auch bei einigen Schmelzen mit niedrigeren KF-Gehalten als 50 Mol% beobachtet wurden, zum Teil neben ebenfalls nur schwach angedeuteten Haltezeiten oder Knickpunkten bei 820'.

Bei der Abkuhlung einer Schmelze mit 66.7 Mol% KF, also einer Schmelze. deren Zusammensetzung derjenigen der Verbindung ZKF,MgF, entspricht, scheiden sich zunachst gleichfalls Misch- kristalle van KF,MgF, mit KF ab. Da diese Mischkristalle, wie das Diagramm ( Abb. 1 ) zeigt, tirmer an K F sind als die Schmelze, reichert sich letztere an KF an. Mit absinkender Temperatur werden sich die bereits abgeschiedenen Mischkristalle durch Umsetzung mit der Schmelze auch noch an K F anreichern, sodass sie in dem Augenblick, in dem die Erstarrung beendet ist. d.h. bei 869' (Punkt D des Diagramms) im wesentlichen die Zusammensetzung der Verbindung 2KF,MgF, angenommen haben werden. Daraus, dass bei 869' nicht ein zweiter Knickpunkt. sondern eine deutliche Haltezeit auftritt, ist zu schliessen. dass bei dieser Temperatur oder in ihrer unmittelbaren

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Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2. 521

Nahe Umwandlung der Mischkristalle in die Verbindung 2KF,MgF, erfolgt. Die Temperatur bei der aus den primar abgeschiedenen Mischkristallen die reine Verbindung 2KF,MgF2 gebildet wird, liegt deutlich hoher als die Temperatur, bei der die niedrigeren KF-Gehalten die erste Haltezeit auftritt (861 '), die wir auf Umwandlung der primar abgeschiedenen Mischkristalle in sekundare zuriickgefuhrt haben. Bei 840' tritt in dem System, das die Zusammensetzung der reinen Ver- bindung 2KF,MgF, besitzt, keine Haltezeit auf. Dies beweist, dass die in den erstarrten Schmelzen mit niedrigeren KF-Gehalten bei 840' auf- tretenden Haltezeiten nicht durch eine blosse Modifikationsanderung von bei hoherer Temperatur gebildetem 2KF,MgF, hervorgerufen sein konnen.

Aus einer Schmelze mit 70 Mol% K F scheiden sich zunachst in geringer Menge Mischkristalle von KF,MgF, mit KF ab. Diese wandeln sich aber mit fortschreitender Abkiihlung der Schmelze als- bald in die Verbindung ZKF,MgF, und anschliessend in Mischkristalle der letzteren mit uberschiissigem KF um. Die Kristallisation ist im Punkt L beendet. Bei weiterer Abkiihlung tritt nun wieder eine Halte- zeit auf (bei 840'), entsprechend wie links vom Punkt 'd. jedoch mit dem Unterschied, dass hier die Mischkristalle nicht unter Bildung eines eutektoiden Gemenges zerfallen, sondern in reine Kristalle der Verbindung 2KF,MgF, und in fliissige Schmelze. Die letztere erstarrt erst bei weiterer Abkuhlung, namlich bei 781°, der Erstarrungs- temperatur des Eutektikums von 2KF,MgF, mit KF. Die Erstarrung der Schmelze mit 75 Mol% KF erfolgt in analoger Weise wie die der zuletzt beschriebenen, nur mit dem Unterschied, dass sich aus dieser Schmelze von vornherein Mischkristalle von 2KF,MgF2 mit KF ab- scheiden.

Im Punkt E des Diagramms endet das Gebiet der Mischkristall- bildung. Aus einer Schmelze von der diesem Punkt entsprechenden Zusammensetzung (78.5 Mol% KF) scheidet sich zunachst die reine Verbindung MgF2,2KF und dann bei 781' das eutektische Gemenge derselben mit K F ab.

Die Schmelzen, deren Zusammensetzung zwischen 50 und 75 Mol% K F lag, d. h. also diejenigen, aus denen primar Abscheidung von Mischkristallen erfolgte, besassen im Gegensatz zu den iibrigen, die rein weiss waren, nach der Erstarrung blass-griine Farbung. F e d o t i e f f und T i m o f e e f f 8 ) haben bei der Untersuchung der Schmelzen von KF-AlF, Gemischen gefunden. dass die der eutek- tischen Zusammensetzung naheliegenden Schmelzen griinliche Farbe besassen.

8 ) P. P. F e d o t i e f f und K. T i m o f e e f f . 2. anorg. Chem. 206, 263 (1923).

Page 7: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

522 H . Remy und W. Seemann.

Molprozent

KF : MgFz

0 : 100 10 : 90 20 : 80 30 : 70 32 : 68 40 . 60 50 : 50 55 : 45 60 : 40 65 : 35 66.7 : 33.3 70 : 30 75 : 25 78.5 : 21.5 80 : 20 82.5 : 17.5 85 : 15

90 : 10 91.5 : 8.5 95 : 5 100 : 0

87.5 : ia.5

T a b e l l e I.

Knickpunkte und Haltepunkte in Celsiusgrad. (Die eingeklammerten Zahlen geben die Haltezeiten

in Minuten an).

1260 (3.0) 1215 I020 (0.5) 1145 1020 (1.25) 1045 1019 (5.0)

1068 1010 (1.25) 840 (0.1) 1080 (3.0) 840 (0.25) 1072 1060 863 (0.5) 840(0.5) SOO(1.75) 1055 1040 860 (0.75) 800 1004 940 862 (1.5) 840 (0.51 800 (2.0)

1020 (7 0)

970 869 (0.51 842 ? 812 (0.75) 800 890 850 840 (0.25) 780 (0.5) 850 840 (0.25) 830 ? 780 (0.75) 840 78211.51 822 782 (2.0) 805 782 (2.75) 792 781 (3.0) 780 (3.25, 793 780 (1 5) 797 780 1.25) 810 780 (0.5) 848 (2.0)

Das Zustandsdiagramm des Systems RbF-MgF, (s. Abb. 2) ist sehr einfach und bedarf keiner naheren Erlauterung. Es treten zwei Verbindungen auf: RbF,MgF, und 2RbF,MgF, mit den Schrnelz- punkten 881 O und 784' (Punkte C und D). Sie bilden keine Misch- kristalle miteinander. Die eutektischen Punkte (B, R und H) liegen bei 35 Mol% RbF (875'). 65 Mol% RbF (781O) und 78 MolO/o RbF (700'). Der Schmelzpunkt J des reinen RbF (775O) wurde der Arbeit von v o n W a r t e n b e r g und S c h u l z g ) entnommen. In dem Gebiet zwischen 50 und 70 Mol% RbF waren die erstarrten Schmelzen griinlich gefarbt, sonst rein weiss. Bemerkenswert ist die Flachheit der beiden den Verbindungen RbF,MgF, und 2RbF,MgF, entsprechenden Maxima.

11. Riickstandsanalysen. Schmelzen mit den unten angegebenen Mengenverhaltnissen der

Bestandteile wurden nach Erkalten fein pulverisiert ( ungepulvert waren sie in Wasser praktisch unloslich) und mit kaltem Wasser

9) H. v o n W a r t e n b e r g und H. S c h u l z . 2. Elektrochem. 27, 568 (1921).

Page 8: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

Die Zusfandsdiagramme der Systeme KF-MgF, und RbF-MgF,. 523

ausgelaugt. Ein Teil der Ruckstande wurde durch mehrfach wieder- holtes Abrauchen mit konz. Schwefelsaure in die Sulfate ubergefuhrt, darauf das Magnesium als Ammoniummagnesiumphosphat gefallt und

0 10 20 30 ' MY4

Abb. 2. Zustandsdiagramm MgF,-RbF.

als Pyrophosphat gewogen. In einem anderen Teil der Riickstande wurde der F'-Gehalt nach der Methode von P e n f i e 1 d - T r e a d- w e l l - K o c h bestimmt.

Molverhaltnis KF : MgFz in der Schmelze: 6 : 1 3 : 1 1.5 : 1 1.2 : 1 MgFz-Gehalt der Schmelze in Molprozent: 14.5 25 40 45 Mg"-Gehalt der Schmelze in Gewichtsprozent: 6.0 10.3 16.3 18.2 Mg"-Gehalt des Auslaugeriickstands. gef: 14.07 14.28 19.05 19.45 I?-Gehalt des Auslaugeriickstands. gef: 42.76 42.25 47.07 47.12

Die Verbindung 2KF,MgF, enthalt 13.62 % Mg" und 42.57 "/o F', die Verbindung KF,MgF, enthalt 20.20 % Mg" und 47.34 % F'.

Page 9: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

524 H. Remy und W. Seemann.

Molprozent

RbF : MgFz

Knickpunkte und Haltepunkte in Celsiusgrad. (Die eingeklammerten Zahlen gcben die Haltezeiten in

Minuten an). -_

10 : 90 20 : 80 25 : 75 30 : 70 35 : 65 37 : 63 40 : 60 45 : 55 50 : 50 55 : 45 60 : 40 62.5 : 37.5 65 : 35 66.7 : 33.3 70 : 30 75 : 25 76 : 24 78 : 22 80 : 20 85 : 15 90 : 10

1192 1 1 0 0 1060 980 875 (t.25) 875 (4.0) 878 880 881 (3.5) 860 840 815 783 (2.251 784 (2.25) 782 753

875 (2.0) 875 (2.25) 875 (3.25) 875 (3.75)

875 (3.5) 875 ( I .O)

780 (0.5) 783 (1 .O) 780 (1.5)

700 (0.5) 700 (0.75)

738 700 ii.0)’ 700(1.5) 722 700 (1.5) 740 700 (1.25) 754 700 (0.75)

Die Ergebnisse der Ruckstandsanalysen bestatigen also die Existenz der aus den Abkuhlungskurven gefolgerten Verbindungen. Dass fur die Riickstande aus den Schmelzen mit dem Molverhaltnis KF : MgF, = 1.5 : 1 und 1.2 : 1 etwas niedrigere Mg”-Werte ge- funden wurden, als der Formel KF,MgF, entspricht. erklart sich aus der Mischkristallbildung mit KF. Da die Schmelzen durch Eintauchen des Platintiegels in Wasser abgeschreckt werden mussten, um den Schmelzkuchen aus dem Tiegel entfernen zu konnen’haben die durch die Haltepunkte bei 861 O und 840° charakterisierten Umwandlungen bzw. Entmischungen offenbar. nur unvollstandig stattgefunden. Zur Entscheidung der Frage, ob Bildung einer Verbindung 3KF,2MgF2 erfolgt, Iassen sich also die Ergebnisse der Ruckstandsanalysen nicht heranziehen.

Ruckstandsanalysen von RbF-MgF,-Schmelzen ergaben folgendes: Molverhaltnis RbF : MgF2 in der Schmelze: MgFz-Gehalt der Schmelze in Molprozent: 25 40

Mg”-Gehalt des Auslaugeriickstands, gef.: 13.24 15.05 Rb’-Gehalt des Auslaugeriickstands, gef.: 54.82 50.75

3: 1 1.5: 1

Mg”-Gehalt der Schmelze in Gewichtsprozent: 6.5 11.1

Der Rb-Gehalt ergab sich aus der Gewichtsanderung bei der

Page 10: Die Zustandsdiagramme der Systeme KF-MgF2 und RbF-MgF2

Die Zustandsdiagramrne der Systeme KF-MgF, und RbF-MgF2. 525

Uberfuhrung der Fluoride in die Sulfate und aus dem Verhaltnis des Gewichts der Sulfate zu dem daraus erhaltenen Mg,P,O,.

Der Auslaugeruckstand der Schmelze mit dem Molverhaltnis RbF : MgF, = 1.5 : 1 bestand nach dem Ergebnis der Analyse aus RbF,MgF, (ber.: 14.56 % Mg", 51.24 % Rb'). Fur die Verbindung 2RbF,MgF,, die sich aus der Schmelze mit dem Molverhaltnis 3: 1 (neben KF) abscheidet, berechnet sich ein Gehalt von 8.96 76 Mg" und 63.02 % RE Wie die Analysendaten zeigen, erfahrt diese Ver- bindung beim Behandeln mit Wasser weitgehende Zersetzung.

111. Krisfallographische Untersuchung.

Von Schmelzkuchen mit dem Molverhaltnis KF : MgF, = 50 : 50 und 78.5 : 2 1.5 wurden unter Petroleum Dunnschliffe hergestellt. Diese wurden mikroskopisch untersucht.

Die Schmelze mit dem Molverhaltnis 50 : 50 bestand zur Haupt- sache aus einem optisch isotropen Stoff, entsprechend dem Befund von v a n A r k e l , dass die Verbindung KF,MgF, kubisch kristal- lisiert. Im polarisierten Licht sah man in geringen Mengen (weniger als 1 %) einen hell leuchtenden Stoff gesetzmassig dazwischen ein- gelagert, und zwar in Spaltrissen parallel Rhombendodekaederflachen. Messungen ergaben, dass es sich dabei um tetragonales Magnesium- fluorid (S e 1 1 a i t ) handelte. Dass in der erstarrten Schmelze ein geringer Uberschuss an MgF, vorhanden war, erklart sich aus der Fluchtigkeit des K F bei hohen Temperaturen 0 ) .

Die Schrnelze mit dem Molverhaltnis 78.5 : 21.5 enthielt, wie die mikroskopische Untersuchung zeigte, grosse, wohlausgebildete, tafelige Kristalle, die in ein ausserst feinkorniges Kristalliten-Gemenge (Eutektikum) eingebettet waren. Im polarisierten Licht leuchteten die tafeligen Kristalle (2KF,MgF,) hell auf, wahrend das Eutektikum deutlich als ein Gemenge aus einem optisch isotropen Stoff (KP, kubisch) und einem anisotropen Stoff (2KF,MgF,) zu erkennen war.

H a m b u r g, Hansische Universitaf, Cheniisches Sfaatsinstitut.

(Eingegangen am 26. Februar 1940).

8, Bet der Herstellung der Schmelzen fur die Aufnahme der Abkiihlungskurven wurde auf diese Verdampfung Riicksicht genornmen. indem wir KF in solchem Uberschuss zugaben. dass nach dem zur Homogenisierung der Schmelze notwendigen Erhltzen die Schmelze die gewiinschte Zusammensetzung auhvies. Die dafur erforder- lichen Mengen wurden durch besondere Versuche festgestellt.