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Die Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten nach dem neuen IDW S 6 Dr. Utz Brömmekamp / Bozidar Radner* * Dr. Utz Brömmekamp, Rechtsanwalt, Partner der bb [sozietät] Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte und Steuerberater und geschäftsführender Gesellschafter der mbb [consult] GmbH; Dipl. Betriebswirt Bozidar Radner , geschäftsführender Gesellschafter der mbb [consult] GmbH. I. Einleitung Unternehmenskrisen sind kein neues Phänomen. Es gibt sie, seitdem es Unternehmen gibt. Aber die Zeiten, in denen Unternehmenskrisen noch stigmatisiert, Konkurse ehrenrüh- rig waren und in der Regel mit Liquidation und Marktaustritt endeten, sind lange vorbei. In den letzten Jahren ist eine zunehmende Sensibilisierung für Sanierungs-, Restrukturie- rungs- und Insolvenzthemen bei allen von der Wirtschafts- krise Betroffenen, in Fachliteratur, Medien und Politik sowie in der Banken- und Beraterwelt zu beobachten. Die Notwendigkeit strukturierter Sanierungskonzepte und damit der Ruf nach einer Standardisierung von Sanierungs- prozessen wurde insbesondere im Zuge der deutschen Wie- dervereinigung laut. Seinerzeit fielen eine große Anzahl plan- wirtschaftlich geführter, maroder Staatsbetriebe in das Eigen- tum der Treuhandanstalt, die über deren Liquidation oder Fortführung zu befinden hatte. Die Stunde der Beratungs- standards war gekommen. Aus dieser Zeit stammen die vom Institut der Wirtschaftsprü- fer (IDW) noch etwas schüchtern als bloße Stellungnahme bezeichneten »Anforderungen an Sanierungskonzepte« (IDW FAR 1/1991). 1 1 FN-IDW 1991, S. 319 ff. Seinerzeit gab es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur entsprechende Rahmenbedingungen für ganzheitliche Sanierungskonzepte. Im Jahre 2000 ließ das IDW nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der Insolvenzordnung den IDW S 2 »Anforde- rungen an Insolvenzpläne« 2 2 FN-IDW 3/2000, 81 ff.; WPg 2000, 285 ff. folgen. Der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) veröf- fentlichte im Jahr 2007 die »Grundsätze ordnungsgemäßer Planung« (GoP). 3 3 Nachzulesen unter www.bdu.de/GoP. Das Institut für die Standardisierung von Unternehmenssa- nierungen (ISU) wartete mit »Grundsätzen ordnungsgemä- ßer Sanierungskonzepte« (GoS) 4 4 Finanz Colloquium Heidelberg »Standard für das Erstellen, Umsetzen und Prüfen von Sanierungskonzepten«, 2007. sowie den »Mindestanforde- rungen an Sanierungskonzepte« (MaS) 5 5 Finanz Colloquium Heidelberg »Mindestanforderungen an Sanierungskon- zepte«, 2007. auf. Im vergangenen Jahr schließlich wurden die in Fortführung der FAR 1/1991 vom IDW entwickelten »Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten« (IDW S 6) 6 6 FN-IDW, 578ff. verab- schiedet, die bereits im Entwurfsstadium ungeahnt große Pra- xisrelevanz besaßen. Die globale Wirtschaftskrise ließ die Zahl von in Not geratenen Unternehmen sprunghaft ansteigen. Zudem verlangte die Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht (BaFin) von Kreditinstituten in den »Mindest- anforderungen an das Risikomanagement« (MaRisk) 7 7 Nachzulesen unter www.bafin.de bei Rechtliche Grundlagen/Rundschreiben. belast- bare Sanierungskonzepte für die Gewährung oder Prolonga- tion von Problemkrediten. Dem folgend fordern involvierte Banken von Krisenunter- nehmen vermehrt standardisierte Sanierungsgutachten ein, wobei in der Regel der IDW-Standard bevorzugt wird. Dieser Beitrag stellt die Neuregelungen des IDW S 6 in Fort- setzung und Erweiterung von FAR 1/1991 dar, befasst sich mit deren rechtlichen Vorgaben und Haftungsrisiken und behandelt deren Tragweite und Praxisrelevanz. II. Vergleich IDW S 6 mit IDW FAR 1/1991 In den Vorbemerkungen zu IDW S 6 8 8 FN-IDW 2009, 578 (579). heißt es, dass die Anfor- derungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten »vor dem Hintergrund der in Theorie, Praxis und Rechtspre- chung vertretenen Auffassungen« entwickelt worden seien. Damit wird bereits deutlich, dass die betagten Standards FAR 1/1991 im Lichte der Sanierungspraxis der letzten Jahre wei- terentwickelt und aktualisiert worden sind. Nach Rn. 6 der Vorbemerkungen 9 9 FN-IDW 2009, 578 (579). ersetzt der IDW S 6 die IDW Stellung- nahme FAR 1/1991. Begnügte sich FAR 1/1991 noch mit einigen wenigen Gliede- rungspunkten, bestehend aus der Beschreibung und Analyse des Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung der Krisenursachen, der Entwicklung eines Leitbildes für das sanierte Unternehmen, den zur Krisenbeseitigung geeignet erscheinenden Maßnahmen sowie deren Verprobung, ist der Prüfungskatalog des IDW S 6 wesentlich detaillierter und umfassender. FAR 1/1991 machte den Krisenfall, in den Vorbemerkungen definiert als »die Störung des finanziellen Gleichgewichts eines Unternehmens oder die nachhaltige Beeinträchtigung seiner Ertragskraft«, am Vorliegen drohender oder eingetrete- ner Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung fest. 10 10 S. Vorbemerkungen FN-IDW 1991, 319ff. IDW S 6 hingegen differenziert ausdrücklich zwischen Konzepten zur Beseitigung der Insolvenzreife auf der einen und zur betriebswirt- schaftlichen Neuausrichtung eines Unternehmens auf der ande- ren Seite. Hierin liegt die inhaltlich bedeutendste Neuerung des Standards. Anders als FAR 1/1991 verlangt IDW S 6 nicht zwin- gend ein Vollkonzept, das sich neben Liquiditätssicherung und Vermögensstabilisierung auch über die in einer Planung 11 11 Entgegen Groß WpG 2009, 231 spricht FAR 1/1991 noch nicht von der Er- forderlichkeit einer »integrierten« Planung; vgl. Ziff. 5. Planverprobungsrech- nung FN-IDW 1991, 319ff. abge- bildete Neuausrichtung des Unternehmens verhalten muss. Der gedruckt am: Fr 26.03.2010 z:/wk/InsVZ/ts/InsVZ-10-04 Nr. 36 Sanierungs- und Insolvenzberatung Die Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten InsVZ 4 · 2010 152

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Die Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzeptennach dem neuen IDW S 6

Dr. Utz Brömmekamp / Bozidar Radner*

* Dr. Utz Brömmekamp, Rechtsanwalt, Partner der bb [sozietät] BuchalikBrömmekamp Rechtsanwälte und Steuerberater und geschäftsführenderGesellschafter der mbb [consult] GmbH; Dipl. Betriebswirt Bozidar Radner,geschäftsführender Gesellschafter der mbb [consult] GmbH.

I. EinleitungUnternehmenskrisen sind kein neues Phänomen. Es gibt sie,seitdem es Unternehmen gibt. Aber die Zeiten, in denenUnternehmenskrisen noch stigmatisiert, Konkurse ehrenrüh-rig waren und in der Regel mit Liquidation und Marktaustrittendeten, sind lange vorbei. In den letzten Jahren ist einezunehmende Sensibilisierung für Sanierungs-, Restrukturie-rungs- und Insolvenzthemen bei allen von der Wirtschafts-krise Betroffenen, in Fachliteratur, Medien und Politik sowiein der Banken- und Beraterwelt zu beobachten.

Die Notwendigkeit strukturierter Sanierungskonzepte unddamit der Ruf nach einer Standardisierung von Sanierungs-prozessen wurde insbesondere im Zuge der deutschen Wie-dervereinigung laut. Seinerzeit fielen eine große Anzahl plan-wirtschaftlich geführter, maroder Staatsbetriebe in das Eigen-tum der Treuhandanstalt, die über deren Liquidation oderFortführung zu befinden hatte. Die Stunde der Beratungs-standards war gekommen.

Aus dieser Zeit stammen die vom Institut der Wirtschaftsprü-fer (IDW) noch etwas schüchtern als bloße Stellungnahmebezeichneten »Anforderungen an Sanierungskonzepte« (IDWFAR 1/1991).1

1 FN-IDW 1991, S.319ff.

Seinerzeit gab es weder in der Rechtsprechungnoch in der Literatur entsprechende Rahmenbedingungen fürganzheitliche Sanierungskonzepte.

Im Jahre 2000 ließ das IDW nach dem zwischenzeitlichenInkrafttreten der Insolvenzordnung den IDW S 2 »Anforde-rungen an Insolvenzpläne«2

2 FN-IDW 3/2000, 81ff.; WPg 2000, 285ff.

folgen.

Der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) veröf-fentlichte im Jahr 2007 die »Grundsätze ordnungsgemäßerPlanung« (GoP).3

3 Nachzulesen unter www.bdu.de/GoP.

Das Institut für die Standardisierung von Unternehmenssa-nierungen (ISU) wartete mit »Grundsätzen ordnungsgemä-ßer Sanierungskonzepte« (GoS)4

4 Finanz Colloquium Heidelberg »Standard für das Erstellen, Umsetzen undPrüfen von Sanierungskonzepten«, 2007.

sowie den »Mindestanforde-rungen an Sanierungskonzepte« (MaS)5

5 Finanz Colloquium Heidelberg »Mindestanforderungen an Sanierungskon-zepte«, 2007.

auf.

Im vergangenen Jahr schließlich wurden die in Fortführungder FAR 1/1991 vom IDW entwickelten »Anforderungen andie Erstellung von Sanierungskonzepten« (IDW S 6)6

6 FN-IDW, 578ff.

verab-schiedet, die bereits im Entwurfsstadium ungeahnt große Pra-xisrelevanz besaßen. Die globale Wirtschaftskrise ließ die Zahlvon in Not geratenen Unternehmen sprunghaft ansteigen.Zudem verlangte die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht (BaFin) von Kreditinstituten in den »Mindest-anforderungen an das Risikomanagement« (MaRisk)7

7 Nachzulesen unter www.bafin.de bei Rechtliche Grundlagen/Rundschreiben.

belast-bare Sanierungskonzepte für die Gewährung oder Prolonga-tion von Problemkrediten.

Dem folgend fordern involvierte Banken von Krisenunter-nehmen vermehrt standardisierte Sanierungsgutachten ein,wobei in der Regel der IDW-Standard bevorzugt wird.

Dieser Beitrag stellt die Neuregelungen des IDW S 6 in Fort-setzung und Erweiterung von FAR 1/1991 dar, befasst sichmit deren rechtlichen Vorgaben und Haftungsrisiken undbehandelt deren Tragweite und Praxisrelevanz.

II. Vergleich IDW S 6 mit IDW FAR 1/1991In den Vorbemerkungen zu IDW S 68

8 FN-IDW 2009, 578 (579).

heißt es, dass die Anfor-derungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten »vordem Hintergrund der in Theorie, Praxis und Rechtspre-chung vertretenen Auffassungen« entwickelt worden seien.Damit wird bereits deutlich, dass die betagten Standards FAR1/1991 im Lichte der Sanierungspraxis der letzten Jahre wei-terentwickelt und aktualisiert worden sind. Nach Rn. 6 derVorbemerkungen9

9 FN-IDW 2009, 578 (579).

ersetzt der IDW S 6 die IDW Stellung-nahme FAR 1/1991.

Begnügte sich FAR 1/1991 noch mit einigen wenigen Gliede-rungspunkten, bestehend aus der Beschreibung und Analysedes Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung derKrisenursachen, der Entwicklung eines Leitbildes für dassanierte Unternehmen, den zur Krisenbeseitigung geeigneterscheinenden Maßnahmen sowie deren Verprobung, ist derPrüfungskatalog des IDW S 6 wesentlich detaillierter undumfassender.

FAR 1/1991 machte den Krisenfall, in den Vorbemerkungendefiniert als »die Störung des finanziellen Gleichgewichtseines Unternehmens oder die nachhaltige Beeinträchtigungseiner Ertragskraft«, am Vorliegen drohender oder eingetrete-ner Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung fest.10

10 S. Vorbemerkungen FN-IDW 1991, 319ff.

IDWS 6 hingegen differenziert ausdrücklich zwischen Konzepten zurBeseitigungder Insolvenzreifeaufdereinenundzurbetriebswirt-schaftlichen Neuausrichtung eines Unternehmens auf der ande-ren Seite. Hierin liegt die inhaltlich bedeutendste Neuerung desStandards. Anders als FAR 1/1991 verlangt IDW S 6 nicht zwin-gend ein Vollkonzept, das sich neben Liquiditätssicherung undVermögensstabilisierung auch über die in einer Planung11

11 Entgegen Groß WpG 2009, 231 spricht FAR 1/1991 noch nicht von der Er-forderlichkeit einer »integrierten« Planung; vgl. Ziff. 5. Planverprobungsrech-nung FN-IDW 1991, 319ff.

abge-bildete Neuausrichtung des Unternehmens verhalten muss. Der

gedruckt am: Fr 26.03.2010 z:/wk/InsVZ/ts/InsVZ-10-04 Nr. 36

Sanierungs- und Insolvenzberatung Die Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten

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neue Standard eröffnet vielmehr ein stufenweises Vorgehen inForm aufeinander abgestimmter Teilkonzepte. Dies wiederumsetzt folgerichtig die Definition von Krisenstadien voraus, umabhängig von deren Feststellung »maßgeschneiderte« (Teil-)Konzeptemit stadiengerechtenSanierungsmaßnahmenerstellenzu können. Diese Neuerung in IDW S 6 trägt dem UmstandRechnung, dass Unternehmenskrisen trotz mittlerweile ge-schärftem Risikobewusstsein auf Stakeholderseite meist erst inderakutenLiquiditätskrisemanifestwerden.Konsequenterweiseverlangen die neuen Standards auch ausdrücklich eine Aussagezum Vorliegen von Insolvenzgründen und eine jedenfalls für dasVorliegeneineretwaigenÜberschuldungmaßgeblichenFortfüh-rungsprognose.

Bei einem Vollkonzept, wie es FAR 1/1991 regelmäßig ver-langte, ergab sich der Auftragsgegenstand und Auftragsinhaltvon selbst. Die nach IDW S 6 vorgesehene stadiengerechte Vor-gehensweise mit der Möglichkeit einer Aufteilung in Teilkon-zepte verlangt hingegen vom Konzeptersteller eine klare Festle-gung des Auftragsumfangs und der Verantwortlichkeiten.

III. Anforderungen und Inhalte von IDW S 6Im Folgenden werden die maßgeblichen Regelungsinhaltevon IDW S 612

12 FN-IDW 2009, 578ff.

entsprechend der vorgegebenen Gliederungs-struktur zusammengefasst dargestellt.

[1. Vorbemerkungen]

2. Grundlagen13

13 FN-IDW 2009, 578 (579–582).

2.1. Kernanforderungen an Sanierungskonzepte

2.2. Abhängigkeit des Sanierungskonzeptes vomKrisenstadium

2.3. Festlegung des Auftragsinhalts und derVerantwortung

Die Kernbestandteile eines Sanierungskonzeptes im Sinne desIDW S 6 bleiben in Anlehnung an FAR 1/1991

– die Beschreibung von Auftragsgegenstand und -umfang– die Darstellung der wirtschaftlichen Ausgangslage– die Analyse von Krisenstadium und -ursachen– die Darstellung des Leitbildes des sanierten Unternehmens– die Maßnahmen zur Bewältigung der Unternehmenskrise– der Unternehmensplan.

Die stadiengerechte und von der jeweiligen Art der Kriseabhängige Vorgehensweise, die eine abgestufte Erstellung vonTeilkonzepten ermöglicht, ändert nichts daran, dass eine Aus-sage zur Sanierungsfähigkeit des in die Krise geratenen Unter-nehmens nur auf der Grundlage eines Vollkonzeptes getroffenwerden kann, in dem die Probleme aller bereits durchlaufenenKrisenstadien aufgearbeitet werden. Folgerichtig ist bei beauf-tragten Teilkonzepten in der gutachterlichen Stellungnahmeausdrücklich auf entsprechende Beschränkungen hinzuweisen.

Sanierungsfähigkeit nach IDW S 6 setzt in einem erstenSchritt voraus, dass eine positive Fortführungsprognose imSinne des §252 Abs.1 Nr.2 HGB besteht. Insoweit gehen dieAnforderungen über die rein liquiditätsorientierte Feststel-lung einer positiven Fortbestehensprognose hinaus und ver-

langen eine Aussage dazu, ob rechtliche oder tatsächlicheGegebenheiten der Fortführung der Unternehmenstätigkeitentgegenstehen.

Die Annahme der Sanierungsfähigkeit verlangt in einem wei-teren Schritt, dass in einem verlängerten Prognosezeitraumsowohl Wettbewerbsfähigkeit als auch Renditefähigkeit wie-dererlangt werden können (nachhaltige Fortführungsfähig-keit).

Die Notwendigkeit dieses zweistufigen Vorgehens betontIDW S 6 ausdrücklich für den in der Praxis häufigen Fall einerbereits vorliegenden Insolvenzgefahr. Diese gilt es im Rahmender Feststellung einer positiven Fortführungsprognose imoben beschriebenen Sinne zunächst kurzfristig durch geeig-nete Maßnahmen auf Liquiditäts- und ggf. Vermögensseiteabzuwenden, und zwar prognostisch mindestens für den Zeit-raum des laufenden und folgenden Jahres.

Die gerade von Bankenseite neben der Frage der Sanierungs-fähigkeit häufig verlangte Aussage zur Sanierungswürdigkeitspielt bei IDW S 6 keine Rolle mehr. Denn bei der Erstellungeines Sanierungskonzeptes können nur objektive oder zumin-dest objektivierbare Kriterien zugrunde gelegt werden. Sub-jektive und an die individuelle Interessenlage einzelner Stake-holder geknüpfte Kriterien dürfen nach IDW S 6 dabei keineRolle spielen, sodass für die Frage der Sanierungswürdigkeitkein Platz mehr ist.

3. Darstellung und Analyse des Unternehmens14

14 FN-IDW 2009, 578 (582–588).

3.1. Anforderung an die Qualität der Informationen

3.2. Basisinformationen über das UnternehmenIm Rahmen der Darstellung des Unternehmens gilt es zuBeginn, die rechtlichen und wirtschaftlichen Ausgangsdatenzum Zeitpunkt der Konzepterstellung korrekt wiederzugeben.Wichtig für die Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit istdaher bereits hier eine adäquate Spiegelung der Marktpositiondes Unternehmens aus Produkt-, Kunden- und Wettbewerbs-sicht. Nur so kann eine Beurteilung des Krisenstadiums undder Krisenursachen sinnvoll abgeleitet werden. Ansonstenwird sich niemals sachlich beurteilen lassen, ob das Unterneh-men derzeit wirklich nur ein Opfer der Wirtschaftskrise ist.

3.3. Analyse der UnternehmenslageFür die Betrachtung der Marktposition ist es zwingend erfor-derlich zu verstehen, auf welchem Markt, mit welchen Pro-dukten und mit welchem Erfolg das Unternehmen tätig ist. Ineinem nächsten Schritt gilt es zu erarbeiten, welche Erfolgs-faktoren beherrscht werden müssen. Dies muss sich nichtimmer nur auf Qualität und Preis beschränken, sondern kannauch Servicegrad, Innovationfähigkeit oder ähnliche Attri-bute betreffen. Gute Hinweise liefern hier regelmäßig die Lie-ferantenbewertungen von Kunden, da diese naturgemäß dieaus ihrer Sicht relevanten Kriterien zur Bewertungsgrundlagemachen. Auf Basis der so ermittelten Anforderungen an dieLeistungs- und Betriebswirtschaft des Unternehmens müssen

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Sanierungs- und InsolvenzberatungDie Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten

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diese mit dem Istzustand abgeglichen werden, um die Fragenach der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit zu beantworten.Unter Berücksichtigung von Stärken und Schwächen einer-seits sowie Chancen und Risiken andererseits (»SWOT-Ana-lyse«) gilt es letztlich, ein realistisches Maßnahmenbündel zuschnüren und zu bewerten (s. unter III. 4. und 5.), welches inder Sanierungsplanung aufgeht (s. unter III. 6.).

3.3.1. Analyse des UmfeldesIm Wesentlichen sollen hier das makroökonomische Umfelddargestellt und Einflussfaktoren für die zukünftige Entwick-lung des Unternehmens hervorgehoben werden. Klassischer-weise bedient man sich zu diesem Zwecke einer »PESTLE-Analyse« (Political, Economical, Social, Technological,Legal, Environmental). Diese kann fallweise durch Studien,Prognosen oder Gutachten ergänzt werden.

3.3.2. Analyse der BranchenentwicklungDie Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens ergibt sichentweder aus einem vergleichbaren Produkt (bspw. Automo-bilbranche), einem vergleichbaren Herstellungsverfahren(bspw. Baubranche) oder vergleichbaren Ausgangsrohstoffen(bspw. Chemiebranche/Mineralölbranche). Innerhalb der sodefinierten Branche des Unternehmens ist es über die Be-trachtung der Wettbewerber möglich, die Positionierunginnerhalb der Wertschöpfungskette der Branche zu definie-ren; bspw. ein »Tier 1«-Automobilzulieferer oder ein Kunst-stoffhersteller in der Chemiebranche.

Steht die beschriebene Zuordnung fest, kann man über Bran-chenverbände oder ähnliche Institutionen Entwicklungsda-ten und Aussagen generieren.15

15 Im Automobilsektor bspw. über die weit verbreiteten und anerkanntenMarktinformationen des Informationsdienstleisters POLK.

Diese bilden zumeist dieGrundlage strategischer Unternehmensplanungen und sindauch im Rahmen der Erstellung von Sanierungskonzeptenzwingender Bestandteil der Betrachtung. Im Abgleich mit der»SWOT-Analyse« und unter Berücksichtigung der Marktpo-sition des Unternehmens sind hieraus realistische Langfrist-szenarien zu planen.

3.3.3. Analyse der internen UnternehmensverhältnisseAuf der Grundlage der Ergebnis-, Finanz- und Vermögenslagegilt es festzustellen, wie die Potenziale des Unternehmens alsLeistungseinheit zu bewerten sind. Besonderes Augenmerksollte hierbei auf die Feststellung der Werterzeuger/-vernichtergelegt werden, was zumeist eine produkt- und kundenorien-tierte Deckungsbeitragsrechnung voraussetzt. Leistungsrele-vante Verträge, insbesondere auf den Ebenen Personal, Mieten,Lieferanten, Darlehen sowie gesellschaftsrechtliche Grundla-gen und Verbindungen sind in die Prüfung einzubeziehen.

Eine Beurteilung der Organisation, der humanen sowie tech-nologischen Ressourcen und Prozesse ist notwendig, um dieheutige und zukünftige Marktpositionierung beurteilen zukönnen. Hierbei muss der Fokus der Analyse auf die Primär-funktionen gelegt werden. Es geht um die Frage, wie sich dieWertschöpfung vom Einkauf über die Produktion bis hinzum Vertrieb an den Kunden gestaltet.

Um die vorgenannten Aufgaben effizient zum Abschluss zubringen und die identifizierten Maßnahmen auch nachhaltigumsetzen zu können, sind die Mitarbeiter des Unternehmens,insbesondere die Führungskräfte einzubinden.

3.4. Feststellung des KrisenstadiumsDie stadiengerechte Vorgehensweise basiert auf der in denneuen Standards zugrunde gelegten Annahme, dass Unter-nehmen in der Krise regelmäßig verschiedene Stadien durch-laufen können, nämlich

– Stakeholderkrise– Strategiekrise– Produkt- und Absatzkrise– Erfolgskrise– Liquiditätskrise bis hin zur Insolvenzreife.

Dabei wird von IDW S 6 ein ganzheitlicher Prüfungsansatzverlangt. Denn Krisenstadien müssen sich nicht zwingend inder soeben genannten Verlaufsfolge entwickeln. Zum Beispielkann eine Liquiditätskrise durch ein anderes, vorgeschaltetesKrisenszenario verursacht worden sein.

3.4.1. Feststellungen zur StakeholderkriseKrisen auf Ebene der Stakeholder, zu denen neben der Unter-nehmensleitung und anderen Organmitgliedern insbeson-dere Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger gehören,entstehen zumeist durch Konflikte zwischen diesen Gruppen,häufig unter Gesellschaftern bzw. Gesellschafterstämmen.Die Corporate-Governance-Regeln können in ihrer Ausge-staltung und Anwendung Konfliktpotenzial bieten. Somitsind Stakeholderkrisen auch häufig Kommunikations- undMotivationskrisen, deren Tücke darin besteht, dass siezumeist schleichend verlaufen.

3.4.2. Feststellungen zur StrategiekriseHäufig als Folge einer Stakeholderkrise kennzeichnet die Stra-tegiekrise eine unklare oder fehlende strategische Ausrich-tung, verbunden mit einer Fehleinschätzung der Wettbe-werbssituation, und dies zulasten der Wettbewerbsfähigkeit.

3.4.3. Feststellungen zur Produktions- und AbsatzkriseEtwa als Folge einer Strategiekrise kann sich eine Produktions-und Absatzkrise entwickeln, bei der die Nachfrage nicht nurvorübergehend stark zurück geht. Wird produktionsseitig nichtgegengesteuert, resultiert hieraus ein steigender Vorratsbestandund dem folgend eine höhere Kapitalbindung. Die Gründedafür sind häufig »hausgemacht« und liegen bspw. in einemunzureichenden Marketing- und Vertriebskonzept, in Quali-täts-bzw.Sortimentsschwächenodereiner falschenPreispolitik.

3.4.4. Feststellungen zur ErfolgskriseNachfragerückgänge, Preisverfall und Kostensteigerungenführen über kurz oder lang zu einer Erfolgskrise. Zunächstkönnen die Eigenkapitalkosten nicht mehr erwirtschaftetwerden. Es folgen starke Gewinnrückgänge und schließlichVerluste bis zum vollständigen Verzehr des Eigenkapitals. Inweiterer Folge büßt das Unternehmen an Kreditwürdigkeitein, was wiederum negative Auswirkungen auf die Liquidi-tätssituation zeitigt. Mag in diesem Stadium die Zahlungsfä-higkeit durch geschicktes Liquiditätsmanagement noch auf-rechterhalten werden, fehlen gleichwohl Mittel für investiveoder strategische Zwecke.

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Sanierungs- und Insolvenzberatung Die Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten

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3.4.5. Feststellungen zur LiquiditätskriseMit Eintritt der Liquiditätskrise ist ein Insolvenzrisiko zumin-dest initiiert und der Weg zur Feststellung der Insolvenzreifewegen drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeitnicht mehr weit. Häufig liegen die Gründe für eine Liquidi-tätskrise im fehlenden oder unzureichenden Working-Capi-tal-Management bzw. in einer ungesunden, weil unausgewo-genen oder zu komplexen Finanzierungsstruktur.

[3.4.6. Feststellungen zur Insolvenzreife]

3.5. Analyse der KrisenursachenGrundsätzlich muss zwischen internen und externen Krisen-ursachen unterschieden werden. Da es zumeist nicht nur dieeine Krisenursache gibt, sind Krisenursachen den sie betref-fenden Bereichen, wie bspw. dem Geschäftsbereich oder demFunktionsbereich, zuzuordnen. Nicht minder bedeutend istdie Offenlegung von Ursachen und Wirkungen.

Eine fehlerhafte oder unzureichende Ursachenanalyse kannzu einem unangebrachten oder unvollständigen Maßnah-menbündel führen. Die Gefahr liegt dann ähnlich wie in derMedizin in der falschen Behandlung.

3.6. Aussagen zur Unternehmensfortführung

3.6.1. Aussagen zur Zahlungsunfähigkeit nach §17 InsO

3.6.2. Aussagen zur Überschuldung nach § 19 InsO

3.6.3. Aussagen zur Annahme der Fortführung derUnternehmenstätigkeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 2HGB

Anders als noch FAR 1/1991 verlangt IDW S 6 Aussagen zuden Insolvenzgründen der §§17, 19 InsO sowie zur Fortfüh-rung der Unternehmenstätigkeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 2HGB. Spätestens nach Eintritt der Liquiditätskrise ist imRahmen eines Liquiditätsstatus die Zahlungsfähigkeit desUnternehmens zu untersuchen. Liegt keine insolvenzrele-vante Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine Zahlungs-stockung16

16 Zur Abgrenzung vgl. BGH, Urt. v. 24.05.2005, IX ZR 123/04, ZIP 2005,1426ff.

vor, ist die Möglichkeit deren kurzfristiger Beseiti-gung aufzuzeigen.

Bereits der Eintritt einer Erfolgskrise gebietet grundsätzlichdie Erstellung eines Überschuldungsstatus. Dessen Wertan-sätze hängen vom Ergebnis einer insolvenzrechtlichen Fort-führungsprognose ab. Fällt diese negativ aus, ist für die Frageder Insolvenzreife zwingend ein Überschuldungsstatus zuerstellen. Bei positiver Fortführungsprognose bedarf es derzeitwegen der durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz17

17 BGBl. I 2008, 1982 (1989).

zunächst bis zum 31.12.2010 befristeten und durch dasGesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen18

18 BGBl. I 2009, 3151.

bis zum 31.12.2013 verlängerten Änderung des § 19 Abs. 2InsO keines Überschuldungsstatus. Denn eine positive Fort-führungsprognose schließt danach grundsätzlich den Insol-venzgrund der Überschuldung aus.19

19 kritisch hierzu Dahl NZI 2008, 719; Hölzle ZIP 2008, 2003.

Soweit indes nachAblauf der Befristung die derzeit suspendierte Regelung des§ 19 Abs. 2 InsO wieder in Kraft tritt, ist auch bei positiverFortführungsprognose ein Überschuldungsstatus zu erstellen,da Insolvenzreife auch unter Zugrundelegung von Going-Concern-Werten im Überschuldungsstatus gegeben seinkann.

IDW S 6 weist an dieser Stelle wie schon in den Vorbemer-kungen erneut darauf hin, dass sich das Konzept nicht auf eineinsolvenzrechtliche Fortbestehensprognose beschränkendarf, sondern sich vielmehr über eine zum Zwecke der han-delsrechtlichen Bewertung zu erstellende Fortführungspro-gnose verhalten muss.

Zusammenfassend ist eine positive Fortführungsprognosesomit nur dann gegeben, wenn weder Insolvenzgründe vorlie-gen noch andere rechtliche oder tatsächliche Gegebenheitender Annahme der Unternehmensfortführung in dem Progno-sezeitraum entgegenstehen.

4. Ausrichtung am Leitbild des saniertenUnternehmens20

20 FN-IDW 2009, 578 (588–590).

4.1. Bedeutung des Leitbildes des saniertenUnternehmens

4.2. Beschreibung der Unternehmensstrukturen

4.3. Beschreibung von WettbewerbsvorteilenWie schon FAR 1/1991 verlangt der neue Standard eine Dar-stellung des Leitbildes des sanierten Unternehmens. NachIDW S 6 muss diese Bestandteil eines umfassendes Sanie-rungskonzeptes, also eines Vollkonzeptes sein. AngestrebtesZiel ist ein Unternehmen, das in wirtschaftlicher Hinsichtmindestens eine nachhaltige, durchschnittliche und bran-chenübliche Umsatzrendite und Eigenkapitalquote aufweist.Es soll ein zukünftiges Unternehmen abgebildet werden, dassowohl für Eigen- als auch für Fremdkapitalgeber wiederattraktiv ist. Dies wird im Zweifel in kaum einem Krisensta-dium der Fall sein. Damit wird die Messlatte wesentlich höhergelegt, als dies bei FAR 1/1991 der Fall war. Bis dato stellte dasLeitbild nur darauf ab, dem Unternehmen (wieder) Wettbe-werbsfähigkeit zu verleihen, um damit nachhaltige Einnah-meüberschüsse zu erwirtschaften und das finanzielle Gleich-gewicht zu sichern.21

21 Ziff. 3 Leitbild des sanierten Unternehmens FN-IDW 1991, 319.

Nach IDW S 6 beschreibt das Leitbild ein realisierbares undzukunftsfähiges Geschäftsmodell in allen seinen Facetten undmuss den Weg zur Wiedererlangung der Wettbewerbs- undRenditefähigkeit aufzeigen.

5. Stadiengerechte Bewältigung derUnternehmenskrise22

22 FN-IDW 2009, 578 (590–593).

Besonders in diesem Punkt sind in den neuen Standard dieErkenntnisse und Erfahrungen der Sanierungspraxis der letz-ten Jahre eingeflossen. Dabei gilt der Obersatz, dass das jewei-lige Krisenstadium Inhalt und Maßnahmen des Sanierungs-konzeptes bestimmt. Daraus ergibt sich eine der jeweiligenDringlichkeit angepasste Prüfungsreihenfolge.

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Sanierungs- und InsolvenzberatungDie Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten

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IDW S 6 betont ausdrücklich, dass sich eine nachhaltigeSanierung nicht auf kurz- und mittelfristige Maßnahmenbeschränken darf. Deshalb bedarf es eines klar strukturiertenund langfristig angelegten Maßnahmen-Managements.

Ebenso sieht IDW S 6 vor, dass jedenfalls bei fortgeschrittenerUnternehmenskrise auch Sanierungsstrategien im Rahmeneines möglichen Insolvenzszenarios zu untersuchen und eineraußergerichtlichen Sanierung vergleichend gegenüber zu stel-len sind.

5.1. Überwindung der InsolvenzDie in IDW S 6 genannten und empfohlenen Maßnahmensetzen im Stadium der bereits eingetretenen Insolvenz an undnennen ausdrücklich neben dem bislang nach wie vor verhal-ten eingesetzten Insolvenzplanverfahren die praxisbewährteübertragende Sanierung.

5.2. Vermeidung der InsolvenzIDW S 6 spricht nur allgemein von der Darstellung geeigneterSanierungsmaßnahmen, um die Einleitung eines Insolvenz-verfahrens noch innerhalb einer Frist von höchstens dreiWochen nach Feststellung eines Insolvenzgrundes abzuwen-den.23

23 Der Gesetzeswortlaut des §15a InsO stellt hingegen auf den objektiven Ein-tritt und nicht auf die subjektive Feststellung des Insolvenzgrundes ab.Zustimmung verdient die vermittelnde Meinung, die auf die Erkennbarkeitdes Insolvenzgrundes abstellt; so BGH, Urt. v. 09.07.1979, II ZR 118/77,BGHZ 75, 96; HambKomm/Wehr, 3. Aufl., Rn. 16 zu § 15a InsO; Uhlen-bruck, InsO, 12.Aufl., §13 Rn.34.

Konkrete Maßnahmen zur Beseitigung einer Zahlungs-unfähigkeit und/oder Überschuldung erwähnt IDW S 6nicht, stellt aber klar, dass die Fortführungsfähigkeit einesUnternehmens ausschließlich auf bestehende »Realoptio-nen« einschließlich zugesagter und ernsthaft in Aussichtgestellter Stakeholder-Beiträge gestützt werden kann, nichthingegen auf bloße Hoffnungswerte, namentlich auf nurabstrakt mögliche Handlungsalternativen.

5.3. Überwindung der LiquiditätskriseNach IDW S 6 bedarf es zur Überwindung der Liquiditäts-krise eines intelligenten Liquiditätsmanagements unter Mobi-lisierung interner Reserven, der Zuführung externer Mittelund/oder der Vereinbarung von Zahlungsmoratorien.

Liquiditätspotenziale werden mit der Optimierung der Lager-haltung, der Reduzierung von Forderungslaufzeiten, Forde-rungsfactoring, dem Outsourcing von Randfunktionen/Randgeschäften sowie Sale-and-Lease-Back von Anlagegüternbeispielhaft genannt.

Mit der wiedergewonnenen Kreditfähigkeit ist eine Rating-verbesserung verbunden, womit wieder ausreichende Sicher-heiten seitens des Unternehmens, deren Gesellschafter oderauch der öffentlichen Hand gestellt werden können.

5.4. Überwindung der ErfolgskriseZur Erzielung einer nachhaltigen, branchenüblichen Umsatz-rendite empfiehlt IDW S 6 insbesondere eine Bereinigung desProduktportfolios, eine Reduzierung der Fertigungstiefesowie die Ergreifung weiterer Prozessoptimierungsmaßnah-men. Letztlich soll das Maßnahmenpaket durch Steigerungder Umsatzerlöse und Verbesserung der Kostenstruktur sämt-liche Wertschöpfungsprozesse betreffen, um das Unterneh-men wieder ertragsfähig und profitabel zu machen.

5.5. Überwindung der Produkt- und AbsatzkriseEs wird nach Intensität und Dauer der Produkt- und Absatz-krise unterschieden. Ist diese von nur vorübergehender Natur,

sind kurzfristig von einem strikten Kostenmanagementbegleitete Maßnahmen zu ergreifen, um diese Schwächephasedurchzustehen.

Bei einer tiefergreifenden Produkt- und Absatzkrise sind hin-gegen umfassende strukturelle Anpassungen im Leistungsbe-reich vorzunehmen.

5.6. Überwindung der StrategiekriseZur Überwindung der Strategiekrise nennt IDW S 6 den Aus-bau der Wettbewerbsfähigkeit oder die Generierung vonWettbewerbsvorteilen, wobei auch an strategische Allianzenoder Fusionen/Übernahmen gedacht werden kann. Letztlichsoll mit geeigneten Produkt-, Markt- und Ressourcen-Strate-gien die Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt, abgesichertoder verbessert werden.

5.7. Überwindung der StakeholderkriseEine Stakeholderkrise kann letztlich nur überwunden wer-den, wenn es gelingt, einen Konsens mit allen betreffendenInteressengruppen mit dem Ziel einer vertrauensvollenZusammenarbeit zu finden, um zu einer gemeinsam getrage-nen und gelebten Unternehmens- und Zielstruktur zurück zugelangen. Im Rahmen geeigneter Corporate-Governance-Regeln ist letztlich eine Organisations- und Führungsstrukturzu schaffen, die das Unternehmensleitbild trägt.

6. Integrierte Sanierungsplanung24

24 FN-IDW 2009, 578 (593–595).

Wesentlicher Inhalt und Ergebnis des Sanierungskonzeptes istdie rechnerische Planung des Sanierungsverlaufes. Die Sanie-rungsplanung ist integriert abzubilden. Dies bedeutet eine insich schlüssige, verprobte und miteinander verbundene Pla-nung von Bilanz, GuV und Liquidität. In der Regel werdenverschiedene Sanierungsverläufe im Rahmen eines Best-, Real-und Worst-Case simuliert, wobei der Real-Case das Sanie-rungsszenario darstellen sollte. Der Begriff »Worst-Case-Sze-nario« wird derzeit vielfach durch das Schlagwort »Stresstest«ersetzt. Basis einer jeden Sanierungsplanung ist die eigentlicheUnternehmensplanung, die sich aus den Teilplänen, wieUmsatzplanung, Personalplanung, Investitionsplanung u.a.ergibt. Diese Teilpläne sind kritisch zu plausibilisieren.

6.1. Darstellung der Problem- und VerlustbereicheDer Schwerpunkt der Darstellung soll auf die zukünftigenfinanziellen Auswirkungen der Behebung heutiger Problem-und Verlustbereiche gelegt werden. Konkret kann dies bspw.die planerische Abbildung einer Werksschließung oder dieEinstellung bestimmter Produkte bedeuten.

6.2. Darstellung der MaßnahmeneffekteEs ist darzulegen, welche Auswirkungen die erarbeitetenSanierungsmaßnahmen auf die zukünftige Ergebnis-, Finanz-und Vermögenslage des Unternehmens haben. Von besonde-rer Bedeutung ist hierbei eine Integration der Maßnahmen-

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effekte und deren Wechselwirkung untereinander. Um wäh-rend der Umsetzung ein zeitnahes und proaktives Umset-zungscontrolling zu gewährleisten, ist auf den jeweiligen(geplanten) Umsetzungsgrad und die zeitliche Abgrenzungüber den Sanierungszeitraum zu achten. In der Regel werdendie Maßnahmeneffekte für die ersten 12-18 Monate aufMonatsebene, anschließend auf Quartalsebene beschrieben.Die Konkretisierung der Maßnahmen, insbesondere die Fest-legung der Maßnahmenverantwortlichen, stellt ein weiteresKernelement dar. Zusammenfassend kann man auch voneinem integrierten Sanierungs-Projektplan im Sinne des klas-sischen Projektmanagements reden.

6.3. Aufbau des integrierten Sanierungsplans(Ergebnis-, Finanz- und Vermögensplan)

Ergänzend zu den vorgenannten Attributen einer integriertenSanierungsplanung ist die explizite Darstellung wesentlicherPlanungsprämissen hervorzuheben. Solche können operativerNatur sein, wie bspw. die Entwicklung von Rohstoffpreisenoder Wechselkursen. Weitere Prämissen können hingegensanierungsbedingt sein. Insbesondere zusätzlicher Beratungs-und Umsetzungsaufwand, aber auch Sanierungsbeiträge vonStakeholderseite, die zum Zeitpunkt der Planung noch nichtverbindlich sind (Tilgungsaussetzungen, Stundungen, Mitar-beiterbeiträge etc.), sind aufzuzeigen. Dabei ist explizit her-vorzuheben, dass die Analyse von Planabweichungen sowiedie Planfortschreibung nicht Bestandteil des Sanierungskon-zeptes ist.

6.4. KennzahlenAnders als noch in FAR 1/1991 sind aus dem integriertenSanierungsplan Kennzahlen über den gesamten Planungszeit-raum abzubilden, die das Urteil zur Sanierungsfähigkeit stüt-zen. Darüber hinaus bietet sich die Definition bestimmterKPI’s (»Key Performance Indicators«) zu Kontrollzwecken imSanierungsverlauf an. Ebenfalls von Wichtigkeit kann dieDarstellung bestimmter vertraglich vereinbarter Ziel-Kenn-zahlen (»covenants«) sein.

Zu vorgenannten Zwecken werden zumeist Liquiditätskenn-zahlen (bspw. Cash-Flow), Ertragskennzahlen (bspw. Umsatz-rentabilität) oder auch Vermögenskennzahlen (bspw. Eigen-kapitalquote) herangezogen. Im Rahmen der operativenSanierung können aber auch Kundenzufriedenheit, Liefer-treue oder Neukundenanteil weitere Kenngrößen sein.

7. Berichterstattung und zusammenfassendeSchlussbemerkung25

25 FN-IDW 2009, 578 (595).

Über die Durchführung des Auftrages zur Erstellung einesSanierungskonzeptes ist selbstverständlich schriftlich zuberichten. Abhängig vom jeweiligen Auftragsumfang solltensich Aufbau und Inhalt an der in IDW S 6 vorgesehenen Glie-derung orientieren.

Überraschend unverbindlich spricht IDW S 6 davon, dass dieErstellung eines Sanierungskonzeptes mit einer – ggfs. auchkritischen – Schlussbemerkung darüber abschließen könne,ob das betreffende Unternehmen voraussichtlich sanierungs-fähig sei. Bedenkt man Tragweite, Bedeutung und Aussage-kraft eines Sanierungsgutachtens nach IDW S 6, sollte überdas Ergebnis der Begutachtung auch oder gerade in seinerZusammenfassung obligatorisch zu berichten sein.

IV. Kritische Würdigung

1. Rechtliche Grundlagen und Haftungsfragen»There is only little law in this field«, lautet eine Standardant-wort amerikanischer Juristen, wenn ihrem Rechtsrat dienötige Präzision fehlt, weil ein bestimmtes Thema (noch)einer ausreichend belastbaren richterlichen Klärung entbehrt.So liegt es hier. Die Rechtsprechung hat sich bislang nur ver-einzelt zu den Anforderungen an Inhalt, Umfang und Quali-tät von Sanierungskonzepten geäußert.

In der insoweit aussagekräftigsten Entscheidung vom04.12.199726

26 BGH, Urt. v. 04.12.1997, IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 ff.

führte der BGH zur Ernsthaftigkeit eines Sanie-rungsversuches aus:

»Ein derartiger Sanierungsversuch setzt nämlich mindestensein in sich schlüssiges Konzept voraus, das von den erkanntenund erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht undnicht offensichtlich undurchführbar ist. [...] Sowohl für dieFrage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für diePrognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung einesunvoreingenommenen – nicht notwendigerweise unbeteilig-ten –, branchenkundigen Fachmanns abzustellen, dem dievorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagenzeitnah vorliegen. [...] Eine solche Prüfung muss die wirt-schaftliche Lage des Schuldners im Rahmen seiner Wirt-schaftsbranche analysieren und die Krisenursachen sowie dieVermögens-, Ertrags- und Finanzlage erfassen. Das gilt [...]grundsätzlich auch für den Versuch der Sanierung eines klei-neren Unternehmens, weil dabei ebenfalls Gläubiger in für siebeträchtlichem Umfang geschädigt werden können; lediglichdas Ausmaß der Prüfung kann dem Umfang des Unterneh-mens und der verfügbaren Zeit angepasst werden. [...] Im Ver-gleich damit hat sich die Klägerin (Anm. des Verfassers: dieBank) mit Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschul-dung sowie zur kurzfristigen Herstellung der Liquidität undim Übrigen mit der günstigen Zukunftserwartung desGeschäftsführers der GmbH persönlich begnügt. Das mag füreinen Überbrückungskredit ausreichen, nicht aber für einensachgerechten Sanierungsversuch.«27

27 BGH, Urt. v. 04.12.1997, IX ZR 47/97, ZIP 1198, 248 ff. (251/252); diesbestätigend BGH, Urt. v. 03.12.1998, IX ZR 313/97, NJW 1999, 645, 646;OLG Köln, Urt. v. 24.09.2009, 18 U 134/05; OLG Celle, Urt. v. 23.10.2003,16 U 199/02 nimmt in einem Honorarprozess des Beraters eine detaillierteNegativabgrenzung vor.

Dass dies im Rahmen eines Konkursanfechtungsprozessesauch nur ein Randthema in den Urteilsgründen war, verdeut-licht, dass es zumindest bedeutende und rechtsfortbildendehöchstrichterliche Entscheidungen über die Frage des Inhaltsund der Qualität von Sanierungskonzepten bislang nichtgegeben hat. Dies wird sich vermutlich ändern, sobald sichder neue IDW-Standard endgültig als verbindlicher und obli-gatorischer Maßstab für die Erstellung von Sanierungskon-zepten durchgesetzt hat28

28 Das OLG Köln, Urt. v. 24.09.2009, 18 U 134/05, bezeichnet die Prüfpunkteim IDW-Standard als »Zusammenfassung einleuchtender Vernunfterwägun-gen, die bei jeder geplanten Sanierung angestellt werden müssen«.

und Stakeholder im Vertrauen aufdie Richtigkeit und Belastbarkeit eines solchen KonzeptesSchaden nehmen sollten. Zu denken wäre dabei sowohl an

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eine sanierungskreditgebende Bank, die im Falle des Schei-terns der Sanierung ausfällt, als auch an einen Investor, dermit Eigenmitteln bei dem Krisenunternehmen einsteigt undim Falle des Scheiterns seinen »Einsatz« verliert29

29 Mit diesem Sachverhalt befasst sich die Entscheidung des OLG Köln, Urt. v.24.09.2009, 18 U 134/05.

undanschließend den Konzeptersteller auf Schadenersatz inAnspruch nimmt.30

30 Zur Frage der Verantwortlichkeit des Konzepterstellers ggü. Dritten vgl. KussWPg 2009, 326 (337, 338); BGH, Urt. v. 20.04.2004, X ZR 250/02, NJW2004, 3035.

Immerhin ist durch höchstrichterliche Rechtsprechunggeklärt, dass es für den Haftungsmaßstab auf die objektive ex-ante-Sicht zum Zeitpunkt der Konzepterstellung ankommtund das Scheitern eines Sanierungsversuches als solches nichtohne Weiteres die Mangelhaftigkeit des Konzeptes indiziert.31

31 BGH, Urt. v. 21.11.2005, II ZR 277/03, NJW 2006, 1283 (1284ff.); BGH,Urt. v. 04.12.1997, IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 (251); BGH, Urt. v.06.06.1994, II ZR 292/91, NJW 1994, 2220 (2224); Frege NZI 2006, 545(547).

Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen; erst recht in den Fäl-len, bei denen der Ersteller die Umsetzung seines Konzeptesgar nicht begleitet hat.

Für Haftungsrisiken des Konzepterstellers ergeben sich ausIDW S 6 keine maßgeblichen Neuerungen. Da von ihm imRahmen seines Konzeptes nur eine – wenngleich fundierte undfachgerecht hergeleitete – Prognoseentscheidung, keinesfallsaber der Eintritt eines Sanierungserfolges geschuldet wird,32

32 FN-IDW 2009, 578ff. Rn.14.

hater gegenüber seinem Auftraggeber und ggfs. auch gegenüberDritten33

33 Vgl. Fn.30.

lediglich »handwerkliche«, nämlich inhaltliche undplanerische Fehler zum Zeitpunkt der Konzepterstellung zuverantworten. Dies war in der Vergangenheit nicht anders. Neumag für ihn Umfang und Präzisierung seiner Prüfungspflichtensein. Deshalb ist jedem Berater zu empfehlen, eingangs seinesKonzeptes deutlich darauf hinzuweisen, ob es sich um ein sol-ches nach IDW S 6 handelt. Ist dies der Fall, muss dem Beraterklar sein, dass seine Leistung am engen und strengen Maßstabdes neuen Standards gemessen wird.

Für die Unternehmensführung können sich indes aus erweiter-ten Handlungspflichten durchaus Haftungsverschärfungenergeben. Sprach FAR 1/1991 noch recht allgemein und weniggreifbar von der Beurteilbarkeit der Sanierungsfähigkeit anhandder Feststellung eines »positiven Einnahmeüberschusses«,34

34 S. Vorbemerkungen FN-IDW 1991, S.319ff.

ver-langt IDW S 6 hierfür die Orientierung am Leitbild eines wett-bewerbs- und renditefähigen Unternehmens.

»Dazu muss die Unternehmensleitung über den Willen, dieFähigkeiten und die Möglichkeiten verfügen, das Unterneh-men in einem überschaubaren Betrachtungszeitraum so wei-terzuentwickeln, dass es zu einer Marktstellung gelangt, dieihm zum einen nachhaltig eine branchenübliche Rendite, undzum anderen durch permanente Wandlung und Anpassunglangfristig den Bestand des Unternehmens sichert (Wand-lungs- und Adaptionsfähigkeit). Auf dieser Stufe ist der Pla-nungszeitraum entsprechend auszuweiten.«35

35 FN-IDW 2009, 578ff. Rn.13.

Legt man die Messlatte für die Beurteilung der Sanierungsfä-higkeit derartig hoch, kommt der Länge des Planungszeit-raums eine ganz zentrale Bedeutung zu. Hierzu gibt IDW S 6aber nicht einmal einen Anhaltspunkt. Ebenso wenig gibt esdazu eine gesetzliche Regelung oder belastbare Rechtspre-chung.36

36 Steffan sprach als Mitglied im Fachausschuss Sanierung und Insolvenz desIDW (FAS) anlässlich eines Vortrages beim Arbeitskreis für Insolvenzwesene.V. in Köln im März 2010 von einem drei- bis fünfjährigen Betrachtungszeit-raum; J.-S. Schröder (InsVZ 2010, 3 [7]) sieht die Obergrenze bei 24 Monatenund zitiert den Fall Dornier, bei dem es um einen Zeitraum von nur fünfMonaten gegangen sei.

Deshalb kann die mit dieser Frage befasste Unter-nehmensleitung nur auf ihre eigene Einschätzung und Beur-teilung im Einzelfall vertrauen. In der Sanierungspraxis dürftejedenfalls jede Planung über einen Zeitraum von zwei bis dreiJahren hinaus deutlich an Schärfe verlieren und der »Blick indie Glaskugel« beginnen. Dies führt zumindest im Stadiumder Erfolgs- und Liquiditätskrise zu einem Dilemma. Denn es

wird – von Ausnahmen abgesehen – schwerlich gelingen, ineinem solchen Zeitfenster planerisch bereits die Wiedererlan-gung einer wettbewerbsfähigen Marktstellung sowie eine aus-kömmliche Renditefähigkeit und Eigenkapitalverzinsungseriös darzustellen. Dies wird aber in IDW S 6 zur Annahmeder Sanierungsfähigkeit verlangt.

Planung und Früherkennung müssen für jede Unternehmens-leitung mehr denn je höchste Priorität besitzen. Eine fortlau-fende Planerstellung, -überprüfung und -anpassung gehörenzu den Kernaufgaben, und dies nicht nur in der akut existenz-bedrohenden Krise. IDW S 6 beschreibt sämtliche Krisensta-dien als Sanierungsfälle, sodass das Management, gemessenam Haftungsmaßstab des ordentlich und gewissenhaft han-delnden Geschäftsleiters,37

37 So geregelt in §43 Abs.1 GmbHG, §93 Abs.1 AktG.

bereits in einer Stakeholder- oderStrategiekrise Haftungsrisiken ausgesetzt ist, wenn es schuld-haft unterlässt, bereits einem solchen »Sanierungsfall« plane-risch zu begegnen. Dies muss nicht zwingend im Rahmeneines Sanierungskonzeptes nach IDW S 6 erfolgen. Beschrei-tet die Unternehmensleitung andere Wege und misslingtdamit die Beseitigung der Krise im oben beschriebenen Sinne,wird sie dem Vorwurf ausgesetzt sein, nicht den strengen Vor-gaben von IDW S 6 gefolgt zu sein und eben kein Vollkonzepterstellt zu haben. In der Literatur wird in diesem Zusammen-hang durchaus zutreffend von einer »Rechtspflicht zurSanierung« gesprochen und festgestellt, dass Sanierungspro-zesse und Change-Management-Prozesse stets Hand in Handzu gehen haben.38

38 Kuss WPg 2009, 326ff.; Frege NZI 2006, 545 (546).

Die Konsequenzen einer wortgetreuen Anwendung von IDWS 6 wären weitreichend. Einem geschäftsführenden Gesell-schafter wird bspw. nur schwer zu vermitteln sein, dass seinUnternehmen bereits ein Sanierungsfall ist, dem äußersten-falls gar mit der Einholung eines IDW-Gutachtens zu begeg-nen wäre, sobald aufgrund von Dissonanzen zwischen ihmund seinem Mitgesellschafter eine Stakeholderkrise eintritt.Was die Ausweitung des handlungsrelevanten Krisenbegriffsanbetrifft, schießt der neue Standard über sein Ziel hinaus.Eine Pflicht zur Sanierung sollte die Unternehmensleitungerst und nur dann treffen, wenn der Fortbestand des Unter-nehmens konkret gefährdet ist. Darauf stellt auch der im Ak-tienrecht durch das KontraG39

39 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, BGBl. I1998, 786.

eingeführte § 91 Abs. 2 AktG

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ab, der dem Vorstand insbesondere die Einrichtung einesÜberwachungssystems auferlegt, damit »den Fortbestandder Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkanntwerden«. Die Regierungsbegründung definiert eine Be-standsgefährdung mit »nachteiligen Veränderungen, die sichauf die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage der Gesellschaftwesentlich auswirken können«.40

40 RegBegr BT-Drucks. 13/9712, S. 15; vgl. auch Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 91Rn.6.

Mit dieser Ab- und Eingrenzung wird die Praxis wesentlichbesser leben können.

2. Praxisrelevanz und Tragweite von IDW S 6Dass der Fachausschuss Sanierung und Insolvenz nach lan-gen, zum Teil kontroversen Diskussionen den neuen IDW-Standard nunmehr, sei es als Ersatz, Neuauflage oder Fort-schreibung der IDW FAR 1/1991 verabschiedet hat, ist zwei-fellos zu begrüßen.

Das Restrukturierungs-, Sanierungs- und Krisengeschäft istaus dem Schattendasein früherer Jahre herausgetreten undinsbesondere aufgrund einiger spektakulärer Großinsolven-zen ins Licht einer breiten Öffentlichkeit gerückt.

Banken bildeten auf der Grundlage der MaRisk von der Kre-ditabwicklung streng getrennte Spezialabteilungen zur Befas-sung mit gestörten oder notleidenden Engagements undgaben diesen vielsagende Namen, wie »Work out«, »Inten-siv- oder Sonderbetreuung«, »Problemkredite« o.ä. Unter-nehmer lernten aufgrund von gesetzlich geforderter Implan-tierung von Risikomanagement-Systemen Früherkennungund Umgang mit der Krise.

Etliche früher nicht oder kaum im Krisengeschäft involvierteUnternehmensberater, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer undauch Insolvenzverwalter stürzten sich in den letzten Jahren aufdieses zwar nicht neue, aber ausgesprochen stark wachsendeBeratungsfeld. Gerade der »distressed debt-Markt« mit seinerVielzahl an Unternehmensübernahmen durch in- und auslän-dische Private Equity-Investoren rückte die Krisenberatungund -begleitung in den (öffentlichen) Fokus.

Vor diesem Hintergrund war es nicht nur willkommen, son-dern sogar an der Zeit, Sanierungsgutachten als Kernstückeiner jeden Sanierung einer aktuellen Standardisierung und derdamit verbundenen Qualitätskontrolle zu unterwerfen. Wennder Weg zu einer Zertifizierung auch noch weit sein mag, ist eineinheitlicher Leitfaden geschaffen, der Orientierungshilfeanbietet und sich zwischenzeitlich offenbar auch als der »herr-schende« Standard etabliert zu haben scheint. Entsprechendeiner aktuellen Studie über »den Einsatz externer Sanierungs-berater aus Bankensicht«41

41 KSI 2010, 63 (65).

gaben 78 % der Befragten an, alsbetroffenes Institut in Sanierungsfällen ein Konzept nach IDWzu erwarten. Allerdings gaben 60 % der Befragten, die sichzuvor für Konzepte nach dem IDW-Standard ausgesprochenhatten, hinsichtlich des konkreten Standards an, fallweise zuentscheiden.42

42 KSI 2010, 63 (65).

Die Beratungspraxis bestätigt dies. Banken set-zen und vertrauen auf die Seriosität und Bekanntheit des IDW,zuweilen ohne die Inhalte und auch Differenzierungen seinerStandards im Einzelnen zu kennen. Dies mag auch daran lie-gen, dass IDW S 6 erst kürzlich das Stadium einer bloßen Ent-wurfsfassung verlassen hat und nunmehr eine verbindlicheHandlungsempfehlung darstellt.

Ob sich Banken allerdings der Tragweite ihres Petitumsimmer im Klaren sind, erscheint fraglich.

Nach dem Ergebnis der o.g. Studie43

43 Vgl. Fn.41.

sind die seitens der Ban-ken am stärksten beachteten Inhalte eines Sanierungskon-zeptes

– die Aussage zur Sanierungsfähigkeit,– die Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens,– eine integrierte Sanierungsplanung.

Geringe Beachtung finden hingegen

– das Leitbild des sanierten Unternehmens,– die Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse,– eine Beschreibung von Auftragsgegenstand und Umfang.

Übersehen wird dabei, dass nach IDW S 6 »nur auf derGrundlage der Kernbestandteile eine Aussage zur Sanie-rungsfähigkeit abgeleitet werden kann und die Beurtei-lung nur einzelner Problembereiche und Maßnahmenhierfür nicht ausreicht.«44

44 FN-IDW 2009, 578ff. Rn.8; so auch Rn.9, 19.

Da die Banken aber nach den MaRisk für Kreditentscheidun-gen in Krisenfällen eine klare Aussage zur Sanierungsfähigkeitbenötigen, werden sie konsequenterweise ein Vollkonzeptverlangen müssen. Damit wiederum droht eine entschei-dende Neuerung durch IDW S 6 von vorneherein an Bedeu-tung zu verlieren, nämlich die Möglichkeit der Beschränkungauf Teilkonzepte sowie ein schrittweises, stadiengerechtesVorgehen. Um auf der sicheren Seite zu sein, wird die Bankdeshalb regelmäßig die umfassendste aller denkbaren Begut-achtungen präferieren. Die jüngste Praxis bestätigt dies.

Daran mag neben dem Segen eines einheitlichen, allseits aner-kannten und bewährten Standards auch sein Fluch liegen.Letztlich werden vor einer Finanzierungsentscheidung Kon-zepte von Umfang und Größe erwartet werden (müssen), fürdie zumindest in einer bedrohlichen Krisensituation wederZeit noch Geld vorhanden ist. In der akuten Liquiditätskriseund bei drohender Insolvenzreife wird aus Unternehmens-sicht somit allenfalls ein auf der Grundlage eines Teilkonzep-tes zur kurzfristigen Liquiditätssicherung gewährtes, nachgefestigter Rechtsprechung auch grundsätzlich insolvenzfestesÜberbrückungsdarlehen45

45 Hierzu Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7.Aufl. 2007, Rn.5.134m.w.RsprN.

erlangbar sein, dem die Erstellungeines Vollkonzeptes zu folgen hätte. Eine gewisse Flexibilitäthinsichtlich des Umfangs und der Prüfungsintensität bestehtdanach wohl nur noch in dem jeweiligen Detaillierungsgrad,bei dem IDW S 6 einen gewissen Ermessensspielraum ein-räumt. Dies stellt aber keine echte Neuerung gegenüber derbisherigen Sanierungspraxis dar.

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V. FazitIDW S 6 wird sich gegenüber den eingangs erwähnten Sanie-rungsstandards als der führende etablieren. An ihm wird sichdie Sanierungspraxis künftig noch stärker orientieren müssen.Dessen Regelungswerk ist ausgesprochen umfangreich, und esist zu beobachten, dass als IDW-Gutachten titulierte Kon-zepte verschiedentlich den hohen Anforderungen an Inhaltund Aussagekraft nicht genügen. Unternehmensleitung,Konzepterstellern und auch Banken muss klar sein, dass ein inden meisten Fällen gefordertes und erforderliches Vollkon-zept einen höheren Zeit- und Kostenaufwand als bisher verur-sachen und für den einen oder anderen Mittelständler garnicht verkraftbar sein wird. In solchen Fällen werden bei derFinanzierung ggfs. weitere Stakeholder einzubinden sein.

Möglicherweise wird sich der Kreis potenzieller Konzepter-steller verkleinern. IDW S 6 legt einen stärkeren Fokus auf die

Darstellung betriebs- und leistungswirtschaftlicher Sachver-halte und Aussagen, da die Sanierungsfähigkeit künftig insbe-sondere auch von der Wettbewerbs- und Renditefähigkeitabhängen wird. Dies prädestiniert eher den betriebswirt-schaftlich ausgebildeten Konzeptersteller.

Auf der anderen Seite verlangt IDW S 6 anders als sein Vor-gänger eine ausdrückliche Stellungnahme zur Insolvenzreifedes Unternehmens im Sinne der §§17, 19 InsO. Dies werdenBetriebswirte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater nichtohne Weiteres leisten können, ohne in den Verdacht unzuläs-siger Rechtsberatung zu geraten.

Letztlich werden alle am Sanierungsprozess Beteiligte bei derpraktischen Anwendung des neuen Standards ihre Erfahrun-gen sammeln und im Rahmen legislativer und judikativerVorgaben für sachgerechte Weiterentwicklungen sorgen.

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BGH: Haftung des Geschäftsführerswegen des Nichtabführens vonArbeitnehmeranteilen zurSozialversicherung bei Zahlungen anandere Gläubiger nach Eintritt dermateriellen InsolvenzGericht: BGH

m: 18.01.2010AZ: II ZA 4/09

§ 823 Abs.2 BGB; §266a StGB

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führt dasNichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversi-cherung im Stadium der Insolvenzreife einer GmbH zueinem Schadensersatzanspruch der Einzugsstelle gegen denGeschäftsführer aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB,wenn dieser an andere Gesellschaftsgläubiger trotz derInsolvenzreife Zahlungen geleistet hat, die nicht mit derSorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbarwaren. In einem solchen Fall konnte sich der Geschäftsfüh-rer schon nach der früheren und kann er sich auch nach derneueren Senatsrechtsprechung nicht auf eine Pflichtenkolli-sion berufen (siehe nur Sen.Urt. v. 29.09.2008 – II ZR 162/07, ZIP 2008, 2220 Tz. 6 ff.).

BGH, Beschl. v. 18.01.2010, II ZA 4/09(Vorinstanzen: OLG Braunschweig, 07.01.2009, 3 U 32/08;LG Braunschweig, 18.02.2008, 4 O 2279/07)

Gründe: [1] Der Antrag des Beklagten, ihm für das beabsich-tigte Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, istabzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hin-reichende Aussicht auf Erfolg bietet, weil der Senat im Falleeiner Revisionseinlegung nach §552a ZPO verfahren müsste(Sen.Beschl. v. 26.11.2007 – II ZA 17/06, juris Tz. 1; BGH,Beschl. v. 27.09.2007 – V ZR 113/07, juris Tz. 1). DieErfolgsaussicht des Rechtsmittels muss auch bei einer zugelas-senen Revision gegeben sein (BGH, Beschl. v. 24.06.2003 –VI ZR 130/03, juris Tz.2).

[2] 1. Ein Grund, die Revision gegen das angefochtene Urteilwegen einer höchstrichterlich zu klärenden Rechtsfrage zuzu-

lassen, besteht nicht mehr. Nach Erlass des Berufungsurteilshat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Frage,derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassenhat, dahingehend entschieden, dass mit der unanfechtbarenVerurteilung des Geschäftsführers einer GmbH zum Scha-densersatz für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile vonSozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Einzugsstelle imWege des Versäumnisurteils noch nicht rechtskräftig fest-stehe, dass der zuerkannte Anspruch auf einer vorsätzlichbegangenen unerlaubten Handlung beruht und deshalb voneiner etwaigen Restschuldbefreiung des Beklagten nichtergriffen wird (BGH, Urt. v. 05.11.2009 – IX ZR 239/07, DB2010, 47 Tz.9 ff., z.V.b. in BGHZ).

[3] 2. Die Rechtsverfolgung des Beklagten bietet auch imÜbrigen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

[4] Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats führt dasNichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversiche-rung im Stadium der Insolvenzreife einer GmbH zu einemSchadensersatzanspruch der Einzugsstelle aus § 823 Abs. 2BGB i.V.m. § 266a StGB, wenn der Geschäftsführer anandere Gesellschaftsgläubiger trotz der Insolvenzreife Zahlun-gen geleistet hat, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichenGeschäftsmanns vereinbar waren. In einem solchen Fallkonnte sich der Geschäftsführer schon nach der früherenSenatsrechtsprechung und auch nach der neueren Senats-rechtsprechung nicht auf eine Pflichtenkollision berufen(siehe nur Sen.Urt. v. 29.09.2008 – II ZR 162/07, ZIP 2008,2220 Tz.6ff.).

[5] So liegt der Fall hier. Die Klägerin hatte bereits erstinstanz-lich (GA 8 ff.) und unter Vertiefung dieses Vortrags aufGA 63 f. sowie erneut in der Berufungsinstanz (GA 141 f.,144 ff.) vorgetragen, dass der Beklagte in der Zeit, in der er dieArbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung im Stadium derInsolvenzreife der GmbH an die Klägerin nicht abgeführt hat,gleichwohl Nettolöhne ausgezahlt hat. Das hat der Beklagtenicht etwa bestritten, sondern zugestanden (GA 73, 174 f.).Angesichts dessen bedurfte es entgegen der Ansicht des Beru-fungsgerichts (BU 6f.) hierzu keiner Beweisaufnahme.

gedruckt am: Fr 26.03.2010 z:/wk/InsVZ/ts/InsVZ-10-04 Nr. 44

Sanierungs- und Insolvenzberatung Rechtsprechung

InsVZ 4 · 2010160